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Secundaer Literatur : Und zu Ihm kehren wir zurück
... UND ZU IHM KEHREN WIR ZURÜCK

Über die Seele des Menschen, ihre Wirklichkeit und ihre Unsterblichkeit

________________________________________________________________________________

aus den Schriften der Bahá'í-Religion
zusammengestellt von Hushidar Motlagh

Deutsch aufgrund der englischen Ausgabe »UNTO HIM SHALL WE RETURN«

(c) NSA of USA 1985 (c) Bahá'í-Verlag 1989 ISBN 3-87037-243-5

INHALT
VORWORT
I AUS DEN SCHRIFTEN Bahá'u'lláhS
1. Das wahre Leben der Menschheit S. 13
2. Die Seele im Jenseits S. 16
3. Aspekte des geistigen Lebens S. 31
II AUS DEN SCHRIFTEN DES Báb
4. Rückkehr zu Gott S. 43
5. Das Paradies und wie man es erlangt S. 49
6. Der Lohn der Gläubigen S. 53
III AUS DEN SCHRIFTEN `Abdu'l-BaháS
7. Beweise für das Leben nach dem Tod S. 57
8. Die Seele als wahre Wirklichkeit S. 66

9. Fortschritt und Zustand der Seele in dieser und künftigen Welt S. 87

10. Die Beziehungen zwischen den Lebenden und den Toten S.111

11. Die unvergängliche Gabe S.123
IV PERLEN DER ANDACHT
12:1 aus den Verborgenen Worten S.127
12:2 Gebete für die Verstorbenen S.133
+0:1 #5
VORWORT

Sind die Menschen sterblich oder unsterblich? Ist der Tod das Tor zum Untergang oder die Pforte zu einem neuen, reichen, ewigen Leben? Sind Himmel und Hölle Wirklichkeiten? Wie sieht es im Himmelreich aus? Ist es beständig oder unterliegt es einer Entwicklung? Was bedeutet das »Höllenfeuer«? Was ist der Sinn des irdischen Lebens? Ist die Erde die Pflanzstätte für eine himmlische Ernte? Welche Tugenden müssen wir hier erwerben, um für das Jenseits vorbereitet zu sein? Wer wird früh verstorbene Kinder beschützen? Was ist die Seele? Kann ihre Wirklichkeit und ihre Unsterblichkeit durch den Verstand bestätigt werden?

+0:2

Das sind nur wenige derjenigen Fragen, welche die Menschen seit Anbeginn der Geschichte über sich selbst und über ihre Bestimmung stellen. Die Antworten, die wir finden, üben einen weitreichenden Einfluß auf unser Leben aus. Wer ist in der Lage, solche Geheimnisse zu lösen? Wer kann behaupten, wahres Wissen über die menschliche Seele und ihre letzte Bestimmung zu haben? Die Bahá'í-Anhänger der jüngsten unabhängigen Weltreligion, glauben, daß solches Wissen nur den großen Lehrern oder Gottesboten gewährt wird, die in regelmäßigen Abständen erscheinen, um neue Wahrheiten in vorbestimmtem Maße entsprechend einer ständig fortschreitenden Kultur zu offenbaren.

+0:3

Gott hat, so glauben die Bahá'í, wiederum zu uns gesprochen: durch einen neuen Seiner großen Lehrer oder Boten, Bahá'u'lláh. Er offenbarte neue Lehren mit dem Ziel, unser Leben als Individuum und in der Gemeinschaft zu bereichern. Diese Lehren betonen eine gemeinsame, ewige Bestimmung, an der jeder teilhat.

+0:4

Bahá'u'lláhs Schriften, die über hundert Bände füllen, beleuchten und erläutern jeden Aspekt des menschlichen Lebens. Die vorliegende Zusammenstellung richtet sich hauptsächlich auf Seine Lehren über die Wirklichkeit und Unsterblichkeit der menschlichen Seele, über den Sinn unseres Lebens hier auf diesem Planeten und das Weiterbestehen dieses Sinnes in den geheimnisvollen jenseitigen Sphären. Sie umfaßt Auszüge aus Seinen Schriften, ebenso aus denen Seines Vorläufers, des Báb, und Seines Nachfolgers, des bevollmächtigten Auslegers Seiner Lehren, Abdu'l-Bahá.

+0:5

Die vorliegenden Auszüge sind auch anderswo veröffentlicht. Sie wurden in diesem Band zusammengestellt und geordnet, um einen besseren Einblick in den Sinn und die Bedeutung unseres Lebens, hier wie danach, zu gewähren. Die Zusammenstellung bringt Erkenntnis in einem Umfang, der unserem Zeitalter der Reife angemessen ist - Wahrheiten, deren Offenbarung alle großen Boten der Vergangenheit vorhergesagt haben. Der Gegenstand ist so alt wie der Mensch, die Botschaft so frisch wie der junge Morgen.

+0:6

Bahá'u'lláhs Lehren beschäftigen sich nicht nur mit dem Leben nach dem Tod, sondern viel ausführlicher mit dem Leben hier auf diesem Planeten. Im Lichte Seiner Erkenntnis leuchtet unser Leben mit einer Hoffnung, einem Zielbewußtsein, das vom Begrenzten bis ins Grenzenlose reicht. Durch die Kraft Seiner Worte verwandeln sich unsere Gedanken in feine Fäden, die uns dem letzten Ursprung und dem Wesen unseres Seins verbinden.

+0:7

Wie uns Bahá'u'lláh durch eine Vision, durch die Hoffnung auf ein herrliches jenseitiges Reich aufrüttelt, so gewährt Er uns auch das Wissen für die Errichtung eines großartigen, dauerhaften Friedensreiches hier auf diesem Planeten. Die Verwirklichung des »Dein Reich komme auf Erden wie im Himmel« ist Seine bedeutendste Botschaft. Er bietet durchführbare Lösungen für die Nöte der Menschheit, mindestens für die nächsten tausend Jahre. Er führt uns in eine herrliche, ständig fortschreitende Kultur, wie sie alle Propheten der Vergangenheit verheißen haben.

+0:8

Tragpfeiler dieser neuen Kultur sind die vereinigten Völker und Rassen der Erde, die im Geiste der Liebe und Kameradschaft zusammenarbeiten, inspiriert durch die Ergebung an einen weltumspannenden Glauben. Um das Ziel der Einheit zu erreichen, hat Bahá'u'lláh vielerlei Lehren verkündet:

+0:9

* Es gibt nur eine Wahrheit, aber mannigfache überlieferungen. Niemand darf blindlings den Wegen seiner Vorfahren folgen, jeder sollte selbst nach der Wahrheit suchen.

* Alle Religionen haben den gleichen Ursprung. Sie alle drücken Aspekte der gleichen Wahrheit aus und spiegeln alle die göttliche Weisheit wider, die entsprechend den Bedürfnissen der Menschheit und ihrer Reife fortschreitend offenbart wurde.

* Religion ist die Ursache von Einheit, Harmonie und Frieden. Wenn sie zum Instrument des Streites und der Vorurteile wird, it es besser, sie zu meiden.

* Religion und Wissenschaft sind ideale Partner. Ihre Kräfte, Bemühungen und Einflüsse müssen in völligen Einklang gebracht werden.

* Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes muß aufgehoben werden.

* Vorurteile müssen ausgerottet werden.
* Der Weltfriede muß errichtet werden.

* Eine universale Erziehung muß zur allgemeinen Pflicht werden.

* Extremer Reichtum und extreme Armut müssen beseitigt werden, sowohl durch Gesetze als auch dadurch, daß jeder einzelne seine geistige Verantwortung erkennt.

* Eine Welteinheitssprache muß angenommen und auf der ganzen Welt gelehrt werden.

* Eine Weltregierung muß herrschen und alle internationalen Beziehungen regeln.

+0:10

Als Bahá'u'lláh diese Lehren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verkündete, war die Menschheit als Ganzes noch nicht reif dafür, ihre dringende Notwendigkeit zu erkennen. Jetzt aber bewegt sich die Welt schrittweise ihrer Verwirklichung entgegen. Wir wollen hoffen, daß die Menschheit Bahá'u'lláhs Ruf nach Einheit und Frieden noch rechtzeitig erwidern wird, bevor die bestehende Weltordnung unter der Last von Krieg, Armut, Vorurteil und geistigem Hunger zusammengebrochen ist.

+0:11

»O Freunde! Es geziemt euch, eure Seele zu erquicken und wiederzubeleben durch die gnädigen Gunstbeweise, die in dieser göttlichen, dieser herzerquickenden Frühlingszeit auf euch herabströmen. Die Sonne Seiner großen Herrlichkeit verbreitet ihren Glanz über euch und die Wolken Seiner grenzenlosen Gnade beschatten euch. Wie erhaben ist der Lohn dessen, der sich einer so großen Wohltat nicht beraubt noch versäumt, die Schönheit seines Meistgeliebten in diesem Seinem neuen Gewande zu erkennen.« (ÄL 43:5)

+0:12

»Würdest du nur einen Tautropfen der kristallklaren Wasser göttlicher Erkenntnis erlangen, so würdest du alsbald gewahr werden, daß wahres Leben nicht das Leben des Fleisches, sondern das Leben des Geistes ist. Denn das Leben des Fleisches ist sowohl den Menschen als auch den Tieren gemeinsam, während das Leben des Geistes nur den Reinen im Herzen eigen ist, die aus dem Meere des Glaubens getrunken und sich von der Frucht der Gewißheit ihren Teil erworben haben. Ein solches Leben kennt keinen Tod, und ein solches Dasein ist von Unsterblichkeit gekrönt. So ist gesagt worden: `Wer ein wahrer Gläubiger ist, der lebt sowohl in dieser Welt als auch in der künftigen`.« (Iqán S.85)

+0:13

»Wer in der Todesstunde Mein gedenkend scheidet aus dem Leib, der gehet in Mein Wesen ein.« (Bhagavadgita 8:5)

+0:14

»Denn der Staub muß wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat. (Prediger Salomo 12:7)

+0:15

»Alsdann ist eure Heimkehr zu Uns und ansagen werden Wir euch, was ihr getan.« (Quran 10:24)

+0:16

»Alle Menschen kommen von Gott, und zu ihm kehren sie zurück.« ( Báb kl.Auswahl 38)

+0:17

»Wahrlich, wir sind Gottes, und zu ihm werden wir zurückkehren.« (ÄL 164:1 , Quran 2:157)

+1:1 #11
ABSCHNITT 1
AUS DEN SCHRIFTEN Bahá'u'lláhS
DAS WAHRE LEBEN DER MENSCHHEIT
Freude ist der Menschheit bestimmt

O Meine Diener! Grämt euch nicht, wenn Gott in diesen Tagen und auf diesem Erdenrund Dinge verordnet und verkündet, die eueren Wünschen zuwiderlaufen, denn Tage seliger Freude und himmlischen Entzückens stehen euch sicherlich bevor. Welten, heilig und voll geistiger Herrlichkeit, werden vor eueren Augen enthüllt werden. Ihr seid von Ihm ausersehen, in dieser Welt und in der kommenden ihre Wohltaten und Freuden zu genießen und einen Anteil von ihrer stärkenden Gnade zu empfangen. Dies alles werdet ihr zweifellos erreichen. (ÄL 153:9)

+1:2
Das wahre Leben des Geistes

Würdest du nur einen Tautropfen der kristallklaren Wasser göttlicher Erkenntnis erlangen, so würdest du alsbald gewahr werden, daß wahres Leben nicht das Leben des Fleisches, sondern das Leben des Geistes ist. Denn das Leben des Fleisches ist sowohl den Menschen als auch den Tieren gemeinsam, während das Leben des Geistes nur den Reinen im Herzen eigen ist, die aus dem Meere des Glaubens getrunken und sich von der Frucht der Gewißheit ihren Teil erworben haben. Ein solches Leben kennt keinen Tod, und ein solches Dasein ist von Unsterblichkeit gekrönt. So ist gesagt worden: »Wer ein wahrer Gläubiger ist, der lebt sowohl in dieser Welt als auch in der künftigen.« Wäre mit »eben« dieses irdische Leben gemeint, so müßte es der Tod hinwegraffen, das ist klar. (IQAN S.85)

+1:3

Einzigartige Fähigkeiten sind der Menschheit verliehen

Nachdem Er die Welt und alles, was darin lebt und webt, erschaffen hatte, wünschte Er durch das unmittelbare Wirken Seines unumschränkten, höchsten Willens, dem Menschen die einzigartige Auszeichnung und Fähigkeit zu verleihen, Ihn zu erkennen und zu lieben - eine Fähigkeit, die notwendigerweise als der gesamten Schöpfung zugrunde liegender schöpferischer Antrieb und Hauptzweck anzusehen ist ... Auf die innerste Wirklichkeit jedes erschaffenen Dings hat Er das Licht eines Seiner Namen ergossen; jedes hat Er zum Empfänger der Herrlichkeit einer Seiner Eigenschaften gemacht. Die Wirklichkeit des Menschen jedoch hat Er zum Brennpunkt für das Strahlen aller Seiner Namen und Eigenschaften und zum Spiegel Seines eigenen Selbstes erkoren. Aus allem Erschaffenen ist allein der Mensch zu einer so großen Gunst, einer so dauerhaften Gabe auserwählt worden. (ÄL 27:2)

Aller Lobpreis und alle Herrlichkeit seien Gott, der durch die Kraft Seiner Macht Seine Schöpfung aus der Nacktheit des Nichtseins befreite und sie mit dem Mantel des Lebens bekleidete. Aus allem Erschaffenen hat Er durch Sein besonderes Wohlwollen die reine, edelsteingleiche Wirklichkeit des Menschen auserwählt und mit der einzigartigen Fähigkeit ausgestattet, Ihn zu erkennen und die Größe Seiner Herrlichkeit widerzuspiegeln. Diese zweifache Auszeichnung, die dem Menschen zuteil wurde, hat den Rost jedes eitlen Begehrens aus seinem Herzen getilgt und ihn des Gewandes, mit dem sein Schöpfer ihn zu bekleiden geruhte, würdig gemacht. Sie hat dazu geführt, seine Seele aus dem Elend der Unwissenheit zu erretten.

Dieses Gewand, mit dem Leib und Seele des Menschen geschmückt sind, ist die wahre Grundlage seines Wohlergehens und seiner Entwicklung. O, wie gesegnet ist der Tag, da sich der Mensch mit Hilfe der Gnade und Kraft des einen, wahren Gottes befreit haben wird von der Knechtschaft und Verderbtheit der Welt und allem, was darin ist, da er zu wahrer, dauernder Ruhe im Schatten des Baumes der Erkenntnis gelangt sein wird! (ÄL 34:1-2)

+1:4
Die Herausforderung verborgener Möglichkeiten

Und nun zu deiner Frage nach der Erschaffung des Menschen. Wisse, daß alle Menschen in der von Gott, dem Bewahrer, dem Selbstbestehenden, bestimmten Art erschaffen sind. Jedem ist, wie auf Gottes mächtigen, wohlverwahrten Tafeln verfügt, ein vorbestimmtes Maß zugewiesen. Alles, was ihr an Anlagen besitzt, kann jedoch nur als Ergebnis eueres eigenen Wollens offenbar werden. Euere Taten bezeugen diese Wahrheit. (ÄL 77)

+2:1 #16
DIE SEELE IM JENSEITS
Das Wesen der Seele

Du hast Mich nach dem Wesen der Seele gefragt. Wisse wahrlich, daß die Seele ein Zeichen Gottes ist, ein himmlischer Edelstein, dessen Wirklichkeit die gelehrtesten Menschen nicht zu begreifen vermögen, und dessen Geheimnis kein noch so scharfer Verstand je zu enträtseln hoffen kann. Sie ist von allen erschaffenen Dingen das erste, das die Vollkommenheit des Schöpfers verkündet, Seine Herrlichkeit anerkennt, sich an Seine Wahrheit hält und sich in Anbetung vor Ihm niederbeugt. Wenn sie Gott treu ist, wird sie Sein Licht widerstrahlen und schließlich zu Ihm zurückkehren. Wenn sie jedoch die Treuepflicht gegenüber ihrem Schöpfer vergißt, wird sie ein Opfer des Selbstes und der Leidenschaften werden und am Ende in deren Abgründen versinken.

Wer immer an diesem Tage den Zweifeln und Einbildungen der Menschen verwehrt, ihn von der Wahrheit des Urewigen abzuhalten, wer dem Aufruhr durch geistliche und weltliche Mächte nicht verstattet, ihn von der Anerkennung Seiner Botschaft abzulenken, der wird von Gott, dem Herrn aller Menschen, als eines Seiner mächtigen Zeichen betrachtet und zu denen gezählt, deren Namen die Feder des Höchsten in Seinem Buche verzeichnet hat. Gesegnet ist, wer die wahre Gestalt einer solchen Seele sieht, ihre Stufe anerkennt und ihre Tugenden entdeckt.

In den alten Büchern steht vieles über die verschiedenen Zustände in der Entwicklung der Seele, wie Fleischeslust, Jähzorn, Eingebung, Wohlwollen, Genügsamkeit, göttliches Wohlgefallen und dergleichen; die Feder des Höchsten will jedoch nicht dabei verweilen. Jede Seele, die an diesem Tage demütig mit ihrem Gott wandelt und sich an Ihn hält, wird sich mit der Ehre und Herrlichkeit aller schönen Namen und Stufen begabt finden.

Wenn ein Mensch schläft, kann man von seiner Seele keinesfalls behaupten, sie sei in ihrem Wesen von äußeren Dingen beeinflußt. Sie neigt von sich aus zu keinem Wechsel ihres ursprünglichen Zustandes oder ihrer Beschaffenheit. Jede Änderung in ihren Funktionen muß äußeren Ursachen zugeschrieben werden. Diese äußeren Einflüsse sind es, auf die alle Veränderungen in ihrer Umwelt, ihrem Verständnis und Wahrnehmungsvermögen zurückgeführt werden sollten.

Denke an das menschliche Auge. Obwohl es die Fähigkeit besitzt, alles Erschaffene wahrzunehmen, kann doch das kleinste Hindernis sein Sehvermögen so hemmen, daß es ihm unmöglich wird, überhaupt noch einen Gegenstand zu erkennen. Verherrlicht sei der Name Dessen, der diese Ursachen erschaffen hat und ihr Urheber ist, der verfügt hat, daß jeder Wechsel und Wandel in der Welt des Seins von ihnen abhängig sei. Alles Erschaffene im ganzen All ist nur ein Tor zu Seiner Erkenntnis, ein Zeichen Seiner Herrschaft, eine Offenbarung Seiner Namen, ein Sinnbild Seiner Erhabenheit, ein Beweis Seiner Macht, ein Zugang zu Seinem geraden Pfade ...

Wahrlich, Ich sage, die menschliche Seele ist in ihrem Wesen eines der Zeichen Gottes, ein Geheimnis unter Seinen Geheimnissen. Sie it ein mächtiges Zeichen des Allmächtigen, der Herold, der die Wirklichkeit aller Welten Gottes verkündet. In ihr liegt verborgen, was die Welt jetzt unmöglich begreifen kann. Sinne im Herzen über die Offenbarung der Seele Gottes nach, wie sie alle Seine Gesetze durchdringt, und stelle sie dem niedrigen, begehrlichen Wesen gegenüber, das sich gegen Ihn auflehnt, das den Menschen verbietet, sich dem Herrn der Namen zuzuwenden, und sie antreibt, ihren verderbten Lüsten zu folgen. Eine solche Seele ist wahrlich weit auf dem Pfade des Irrtums dahingewandert ...

Du fragst mich ferner über den Zustand der Seele nach ihrer Trennung vom Leib. Wisse wahrlich, daß die Seele des Menschen, wenn sie auf den Wegen Gottes gewandelt ist, gewiß zurückkehrt und zur Herrlichkeit des Geliebten versammelt wird. Bei der Gerechtigkeit Gottes! Sie wird eine Stufe erreichen, die keine Feder beschreiben, keine Zunge schildern kann. Die Seele, die der Sache Gottes treu bleibt und unbeirrbar Seinem Pfade folgt, wird nach ihrem Aufstieg solche Kraft besitzen, daß alle Welten, die der Allmächtige erschaffen hat, durch sie gefördert werden können. Eine solche Seele sorgt auf Geheiß des wahren Königs und göttlichen Erziehers für den reinen Sauerteig, der die Welt des Seins durchdringt und jene Kraft spendet, durch welche die Künste und Wunderwerke der Welt offenbar werden. Bedenke, wie das Mehl den Sauerteig braucht, damit er es durchsetzt. Diese Seelen, die Sinnbilder der Loslösung, sind der Sauerteig der Welt. Denke darüber nach und gehöre zu den Dankbaren.

In mehreren Unserer Tablets haben Wir dieses Thema berührt und die verschiedenen Entwicklungsstufen der Seele aufgezeigt. Wahrlich, Ich sage, die menschliche Seele ist über allen Austritt und alle Rückkehr erhaben. Sie ist in Ruhe und doch schwingt sie sich auf; sie schreitet fort, und doch ist sie in Ruhe. Sie ist in sich selbst Beweis für das Dasein einer bedingten Welt wie auch für die Wirklichkeit einer Welt, die weder Anfang noch Ende hat. Siehe, wie dein Traum nach vielen Jahren vor deinen Augen wieder abrollt. Bedenke, wie seltsam das Geheimnis der Welt ist, die dir im Traum erscheint. Bewege die unerforschliche Weisheit Gottes in deinem Herzen und versenke dich in ihre mannigfaltigen Offenbarungen. (ÄL 82:1-8)

+2:2
Die Seele nach dem Tod

Nun zu deiner Frage über die Seele des Menschen und ihr Fortleben nachdem Tode. Wisse wahrlich, daß die Seele nach ihrer Trennung vom Leibe weiter fortschreitet, bis sie die Gegenwart Gottes erreicht, in einem Zustand und einer Beschaffenheit, die weder der Lauf der Zeiten und Jahrhunderte noch der Wechsel und Wandel dieser Welt ändern können. Sie wird so lange bestehen, wie das Reich Gottes, Seine Allgewalt, Seine Herrschaft und Macht bestehen werden. Sie wird die Zeichen Gottes und Seine Eigenschaften offenbaren, Seine Gnade und Huld enthüllen. Meine Feder stockt, wenn sie die Höhe und Herrlichkeit einer so erhabenen Stufe gebührend zu beschreiben sucht. Mit solcher Ehre wird die Hand der Barmherzigkeit die Seele bekleiden, daß keine Zunge es gebührend schildern noch ein anderes irdisches Mittel es beschreiben kann. Gesegnet die Seele, die zur Stunde ihrer Trennung vom Leibe über die eitlen Vorstellungen der Völker dieser Welt geheiligt ist. Eine solche Seele lebt und wirkt im Einklang mit dem Willen ihres Schöpfers und geht in das allhöchste Paradies ein. Die Himmelsdienerinnen, Bewohnerinnen der erhabensten Stätten, werden sie umschreiten, und die Propheten Gottes und Seine Auserwählten werden ihre Gesellschaft suchen. Mit ihnen wird die Seele frei verkehren und ihnen berichten, was sie auf ihrem Wege zu Gott, dem Herrn aller Welten, erdulden mußte. Erführe ein Mensch, was einer solchen Seele in den Welten Gottes, des Herrn des Thrones in der Höhe und auf Erden hienieden, verordnet ist, er entflammte sogleich mit seinem ganzen Wesen im überwältigenden Verlangen, diese erhabenste, diese geheiligte, strahlende Stufe zu erreichen ...

Das Wesen der Seele nach dem Tode läßt sich niemals beschreiben, noch ist es angemessen und erlaubt, ihre ganze Beschaffenheit den Augen der Menschen zu enthüllen. Die Propheten und Boten Gottes wurden zu dem einzigen Zweck herabgesandt, die Menschheit auf den geraden Pfad der Wahrheit zu führen. Ihre Offenbarung hat den Zweck, alle Menschen zu erziehen, damit sie zur Todesstunde in größter Reinheit und Heiligkeit, in völliger Loslösung zum Throne des Höchsten aufsteigen. Das Licht, das diese Seelen ausstrahlen, bewirkt den Fortschritt der Welt und den Aufstieg ihrer Völker. Sie sind wie Sauerteig, der die Welt des Seins durchdringt, und bilden die Lebenskraft, welche die Künste und Wunder der Welt zustande bringt. Durch sie regnen die Wolken ihre Segensgaben auf die Menschen nieder, bringt die Erde ihre Früchte hervor. Alle Dinge haben zwangsläufig eine Ursache, eine treibende Kraft, einen belebenden Grund. Diese Seelen, Sinnbilder der Loslösung, haben der Welt des Daseins den höchsten belebenden Antrieb gegeben und werden ihn auch weiterhin geben.

Das Jenseits ist so verschieden vom Diesseits wie diese Welt von der des Kindes, das noch im Mutterleib ist. Wenn die Seele in die Gegenwart Gottes gelangt, wird sie die Gestalt annehmen, die ihrer Unsterblichkeit am besten ansteht und ihrer himmlischen Wohnstatt würdig ist. Solches Dasein ist ein bedingtes, kein absolutes Dasein, insofern als ersterem eine Ursache zugrunde liegt, während letzteres unabhängig davon ist. Absolutes Dasein kommt nur Gott zu, gepriesen sei Seine Herrlichkeit! Wohl denen, die diese Wahrheit erfassen. Wolltest du im Herzen über das Verhalten der Propheten Gottes nachdenken, du würdest sicherlich bereitwillig bezeugen, daß es außer dieser Welt unbedingt andere Welten geben muß. Die meisten der wahrhaft Weisen und Gelehrten haben alle Zeitalter hindurch, wie es die Feder der Herrlichkeit im Tablet der Weisheit aufgezeichnet hat, die Wahrheit dessen bezeugt, was Gottes heilige Schrift offenbart hat. Selbst die Materialisten haben in ihren Schriften die Weisheit dieser gottberufenen Boten bezeugt und die Hinweise der Propheten auf Paradies, Höllenfeuer, künftige Belohnung und Bestrafung dem Wunsche zugeschrieben, die Seelen der Menschen zu erziehen und zu erheben. Beachte darum, wie die Menschheit allgemein, was immer ihr Glaube oder Weltbild sei, die Vortrefflichkeit der Propheten Gottes erkannt und ihre Überlegenheit zugegeben hat. Diese Perlen der Loslösung werden von den einen als Verkörperungen der Weisheit begrüßt, während andere sie für das Sprachrohr Gottes selbst halten. Nie hätten diese Seelen sich ihren Feinden ausliefern lassen, wenn sie geglaubt hätten, daß alle Welten Gottes auf dieses irdische Leben beschränkt seien? Würden sie freiwillig solche Not und Qual ertragen haben, wie kein Mensch sie je erlitten oder erlebt hat? (ÄL 81)

+2:3
Das Bewußtsein besteht fort

Nun zu deiner Frage, ob die Menschenseelen nach ihrer Trennung vom Leibe einander weiterhin erkennen können. Wisse, daß die Seelen des Volkes Bahá, die in die Rote Arche eingegangen sind und darin wohnen, sich vereinigen, innig miteinander verbinden und in ihrem Leben, ihren Wünschen, Zielen und Bestrebungen so eng verwachsen, als wären sie eine Seele. Sie sind wirklich die Wohlunterrichteten, die Scharfsichtigen und Verständigen. So ist es von Ihm, dem Allwissenden, dem Allweisen, bestimmt.

Vom Volke Bahá, das die Arche Gottes bewohnt, ist jeder einzelne über Zustand und Lage der anderen wohl unterrichtet; sie sind vereint durch die Bande vertrauter Freundschaft. Ein solcher Zustand muß jedoch von ihrem Glauben und Wandel abhängen. Die von gleichem Grad und Rang sind gegenseitig ihrer Fähigkeiten, ihrer Wesensart, ihrer Leistungen und Verdienste völlig gewahr. Die von niedrigerem Rang sind jedoch unfähig, die Stufe der über ihnen Stehenden zu begreifen oder ihre Verdienste zu beurteilen. Jeder wird seinen Anteil von deinem Herrn empfangen. Selig der Mensch, der sein Angesicht Gott zuwendet und unerschütterlich in Seiner Liebe wandert, bis sich seine Seele zu Gott aufschwingt, dem höchsten Herrn über alles, dem Machtvollsten, dem Immervergebenden, dem Allerbarmer.

Aber den Seelen der Ungläubigen wird beim letzten Atemzug, dies bezeuge Ich, alles Gute zum Bewußtsein kommen, das ihnen entgangen ist, sie werden ihren Zustand beklagen und sich vor Gott demütigen. Damit werden sie nach der Trennung ihrer Seele vom Leib fortfahren.

Es ist klar und einleuchtend, daß alle Menschen nach ihrem leiblichen Tode den Wert ihrer Taten abschätzen und alles erkennen werden, was ihre Hände bewirkt haben. Ich schwöre bei der Sonne, die über dem Horizonte göttlicher Macht strahlt! Wer dem einen, wahren Gott folgt, wird, wenn er aus diesem Leben scheidet, unbeschreibliche Freude und Fröhlichkeit empfinden, während jene, die im Irrtum leben, von Furcht und Zittern ergriffen und von einer Bestürzung erfüllt sein werden, die nichts übertreffen kann. Wohl dem, der durch die gnädige Gunst und die mannigfaltigen Wohltaten des Herrn über alle Bekenntnisse den erlesenen, unverderblichen Wein des Glaubens getrunken hat. (ÄL 86:1-4)

+2:4

Die Seele ist von körperlichen Begrenzungen unabhängig

Du hast Mich gefragt, ob der Mensch, abgesehen von Gottes Propheten und Seinen Auserwählten, nach dem körperlichen Tode dieselbe Eigenart und Persönlichkeit, dasselbe Bewußtsein, denselben Verstand beibehalte, die sein Leben in dieser Welt auszeichnen. Wäre dies der Fall, wie kommt es dann, so wendest du ein, daß leichte Schädigungen der geistigen Fähigkeiten wie Ohnmacht und schwere Krankheit dem Menschen Verstand und Bewußtsein rauben, während sein Tod, der den Zerfall seines Leibes und die Auflösung seiner Bestandteile mit sich bringt, machtlos ist, diesen Verstand zu zerstören und dieses Bewußtsein auszulöschen? Wie kann man sich vorstellen, daß Bewußtsein und Persönlichkeit des Menschen erhalten bleiben, wenn gerade die für ihr Bestehen und Wirken notwendigen Werkzeuge völlig aufgelöst sein werden?

Wisse, daß die Seele des Menschen über alle Gebrechlichkeit des Leibes und des Verstandes erhaben und davon unabhängig ist. Daß ein Kranker Zeichen der Schwäche aufweist, ist den Hindernissen zuzuschreiben, die sich bei ihm zwischen Seele und Leib legen; denn die Seele selbst bleibt unberührt von jedem körperlichen Leiden. Denke an das Licht der Lampe. Wenn auch ein Gegenstand von außen ihr Strahlen beeinträchtigen kann, so scheint das Licht selbst doch mit unverminderter Stärke weiter. Ebenso ist jedes Gebrechen des menschlichen Leibes ein Hindernis für die Seele, das sie davon abhält, ihre innere Kraft und Stärke zu zeigen. Wenn sie jedoch den Leib verläßt, wird sie solche überlegenheit beweisen, solchen Einfluß entfalten, daß keine Macht der Erde dem gleichkommen kann. Jede reine, jede geläuterte und geheiligte Seele wird mit gewaltiger Macht begabt sein und in überschäumender Freude jubeln.

Denke an die Lampe, die unter einem Scheffel verborgen ist. Wenn auch ihr Licht leuchtet, ihr Schein dringt nicht zu den Menschen. Denke ebenso an die Sonne, die von Wolken verdunkelt wird. Beachte, wie ihr Glanz scheinbar abnimmt, während die Quelle jenes Lichtes in Wirklichkeit unverändert bleibt. Die Seele des Menschen gleiche dieser Sonne und alle Dinge auf Erden entsprechen seinem Leib. Solange kein äußeres Hindernis sie trennt, wird der Leib in seiner Gesamtheit das Licht der Seele widerspiegeln und von ihrer Kraft unterstützt werden. Aber sobald sich ein Schleier zwischen beide legt, scheint die Helligkeit des Lichtes abzunehmen.

Denke wiederum an die Sonne, wenn sie völlig hinter Wolken verborgen ist. Obwohl die Erde noch von ihrem Licht erhellt wird, ist doch die Menge Lichtes, die sie empfängt, viel geringer geworden. Erst wenn sich die Wolken verzogen haben, kann die Sonne wieder in voller Pracht erstrahlen. Die natürliche Leuchtkraft der Sonne wird jedoch nicht davon berührt, ob nun Wolken da sind oder nicht. Die Seele des Menschen ist die Sonne, die seinen Leib erleuchtet und ihm Nahrung spendet, und sollte auch dafür angesehen werden. (ÄL 80:1-4)

+2:5
Zahllos sind die Welten Gottes

Nun zu deiner Frage über die Welten Gottes. Wisse wahrlich, daß die Welten Gottes zahllos und unendlich weit sind. Keiner kann sie zählen oder erfassen außer Gott, dem Allwissenden, dem Allweisen. Denke an deinen Zustand im Schlafe. Wahrlich, Ich sage, diese Erscheinung ist das geheimnisvollste der Zeichen Gottes unter den Menschen, wollten sie doch im Herzen darüber nachsinnen. Siehe, wie das, was du im Traume geschaut hast, nach langer Zeit voll verwirklicht wird. Wäre die Welt, wo du dich im Traum befunden hast, dieselbe wie die Welt, in der du lebst, dann hätte die Begebenheit jenes Traumes im Augenblick ihres Geschehens zwangsläufig in dieser Welt bekannt werden müssen. Wäre es so, dann wärest du selbst dessen Zeuge. Da dies jedoch nicht der Fall ist, muß notwendigerweise daraus folgen, daß die Welt, in der du lebst, von jener, die du im Traum erlebt hast, verschieden und gesondert ist. Diese letztere Welt hat weder Anfang noch Ende. Es wäre wahr, wenn du behaupten wolltest, daß diese Traumwelt nach dem Ratschluß des allherrlichen und allmächtigen Gottes in deinem eigenen Selbst liegt und ganz in dir aufgeht. Es wäre ebenso wahr zu sagen, daß dein Geist, wenn er die Grenzen des Schlafes überschritten und sich von allen irdischen Bedingungen befreit hat, durch Gottes Ratschluß ein Reich durchwandert, das in der innersten Wirklichkeit dieser Welt verborgen liegt. Wahrlich, Ich sage, die Schöpfung Gottes umfaßt Welten neben dieser Welt und Geschöpfe außer diesen Geschöpfen. In jeder dieser Welten hat Er Dinge verordnet, die niemand erforschen kann außer Ihm, dem Allerforschenden, dem Allweisen. Denke nach über das, was Wir dir enthüllt haben, damit du die Absicht Gottes, deines Herrn und des Herrn aller Welten, erkennest. In diesen Worten sind die Geheimnisse göttlicher Weisheit verwahrt. Wir wollen nicht bei diesem Thema verweilen, weil der Kummer über die Taten derer, die durch Unsere Worte erschaffen worden sind, Uns umgibt, wäret ihr doch unter denen, die auf Unsere Stimme hören. (ÄL 79)

+2:6
Träume sind Anzeichen für das Leben nach dem Tode

Eine der erschaffenen Erscheinungen ist der Traum: Sieh, wie viele Geheimnisse er birgt, welche Weisheiten er enthält, und wie groß die Zahl der Welten ist, die er einschließt. Du schläfst in einer verschlossenen Wohnung und weilst doch plötzlich weitab in einer Stadt, in die du eintrittst, ohne die Glieder zu rühren oder dich des Körpers zu bedienen, du siehst ohne Augen, hörst ohne Ohren und sprichst ohne Zunge. Und vielleicht geschieht es, daß du zehn Jahre danach in der äußeren Welt dem, was du nächtlich im Traum geschaut hast, begegnest.

Viele Weisheiten sind im Traum, dessen wahren Sinn niemand sonst als der Wanderer in diesem Tale wirklich verstehen kann. Vor allem, was ist das für eine Welt, in der wir uns ohne Auge, Ohr, Hand oder Zunge dieser Sinne bedienen? Sodann, wie kommt es, daß sich dir heute in der äußeren Welt ein Traum verwirklicht, den du vielleicht zehn Jahre vorher geträumt hast? Denke über den Unterschied zwischen diesen beiden Welten nach und über die Geheimnisse, die darin verborgen liegen, damit dir göttliche Bestätigung und himmlische Entdeckung zuteil werden und du die Welten der Heiligkeit begreifest.

Gott, der Erhabene, hat diese Zeichen in die Menschen gelegt, damit die Philosophen die Geheimnisse des Fortlebens nicht zu leugnen vermögen, noch herabsetzen, was ihnen verheißen ist. (Tal des Staunens S.50f)

+2:7
Die Gabe des Verstandes

Bedenke die Gabe des Verstandes, die Gott dem Wesen des Menschen verliehen hat. Prüfe dein eigenes Selbst und sieh, wie deine Bewegung und Ruhe, dein Wille und deine Absicht, dein Gesicht und Gehör, dein Geruchsinn und Sprachvermögen und alles, was sonst mit deinen leiblichen Sinnen oder deinen geistigen Wahrnehmungen zusammenhängt oder was diese überragt, aus eben jener Gabe hervorgeht und ihr sein Dasein verdankt. So eng ist dies alles mit der Verstandesgabe verbunden, daß dann, wenn ihre Verbindung zum menschlichen Körper auch nur für einen Augenblick unterbrochen wird, jede sinnliche Wahrnehmung sofort aufhört und die Kraft verliert, Beweise ihrer Tätigkeit zu geben. Es ist ohne Zweifel klar und offenkundig, daß jedes der genannten Werkzeuge, um seinen Zweck erfüllen zu können, von der Verstandesgabe abhängig ist und immer abhängig sein wird. Die Verstandesgabe muß als ein Zeichen der Offenbarung Dessen angesehen werden, der der höchste Herr über alles ist. Die Manifestation der Verstandesgabe hat alle Namen und Eigenschaften enthüllt, und mit der Einstellung ihrer Tätigkeit werden sie alle zunichte und gehen unter.

Es wäre völlig falsch zu behaupten, diese Gabe sei dasselbe wie die Sehkraft, da die Sehkraft von ihr abgeleitet ist und in Abhängigkeit von ihr wirkt. Ebenso wäre es müßig zu meinen, diese Gabe sei dem Gehörsinn gleichzusetzen, da der Gehörsinn die nötige Kraft zur Ausübung seiner Tätigkeit von der Verstandesgabe erhält.

Der gleiche Zusammenhang verbindet die Verstandesgabe mit allem, was im menschlichen Körper Empfänger von Namen und Eigenschaften ist. Die verschiedenen Namen und offenbarten Eigenschaften sind durch dieses Zeichen Gottes bewirkt. Unermeßlich erhaben in Wesen und Wirklichkeit ist dieses Zeichen über alle Namen und Eigenschaften. Verglichen mit seiner Herrlichkeit, verblaßt alles andere zu bloßem Nichts und fällt dem Vergessen anheim.

Würdest du in deinem Herzen von nun an bis zum Ende, das kein Ende hat, mit dem gesammelten Begriffsvermögen und Verständnis, das die größten Geister in der Vergangenheit erreicht haben oder in der Zukunft erreichen werden, über diese gottgefügte, tiefgründige Wirklichkeit, dieses Zeichen der Offenbarung des allewigen, allherrlichen Gottes nachdenken, du würdest dennoch weder sein Geheimnis verstehen noch seinen Wert ermessen können. Wenn du deine Machtlosigkeit erkannt hast, diese in dir ruhende Wirklichkeit hinreichend zu verstehen, dann wirst du bereitwillig zugeben, daß du oder jedes andere Geschöpf sich vergeblich mühen würde, das Geheimnis des lebendigen Gottes, der Sonne unvergänglicher Herrlichkeit, des Altehrwürdigen ewiger Tage, zu ergründen. Dieses Eingeständnis der Hilflosigkeit, zu dem reife Überlegung schließlich jeden Geist führen muß, ist in sich selbst der Höhepunkt menschlichen Verstehens, der Gipfel der menschlichen Entwicklung. (ÄL 83_1:4)

+2:8
Tod, Schicksal und Vorherbestimmung

O du, der du die Frucht und das Blatt Meines Baumes bist! Auf dir ruhe Meine Herrlichkeit und Mein Erbarmen. Dein Herz gräme sich nicht um das, was dich befallen hat. Prüftest du das Buch des Lebens Seite für Seite, du würdest gewiß entdecken, was dein Leid zerstreute und deine Qual hinwegnähme.

Wisse, o Frucht Meines Baumes, daß des Höchsten Verordners Ratschlüsse über Schicksal und Vorherbestimmung von zweierlei Art sind. Beide müssen befolgt und angenommen werden. Die eine Art ist unabänderlich, die andere, wie die Menschen sagen, in der Schwebe. Den Ratschlüssen der ersten Art müssen sich alle vorbehaltlos unterwerfen, da sie festgesetzt und abgemacht sind. Gott kann sie zwar abändern und widerrufen. Weil der Schaden einer solchen Veränderung jedoch größer wäre, als wenn der Ratschluß unverändert bliebe, sollten sich alle willig in das fügen, was Gott gewollt hat, und sich vertrauensvoll damit abfinden. Ein Ratschluß in der Schwebe jedoch ist von solcher Art, daß Gebet und Fürbitten ihn abwenden können.

Gott gebe, daß du, der du die Frucht Meines Baumes bist, und jene, die dir verbunden sind, vor seinen bösen Folgen bewahrt bleiben.

Sprich: O Gott, mein Gott! Du hast mir ein Pfand von Dir anvertraut, und nach dem Wohlgefallen Deines Willens hast Du es nun zu Dir zurückgerufen. Es steht mir, Deiner Magd, nicht zu, zu fragen, weshalb mich das traf oder wozu es geschah, denn Du wirst verherrlicht in allen Deinen Taten, und Dir muß gehorcht werden in Deinem Ratschluß. (ÄL 68:1-5)

+3:1 #31
ASPEKTE DES GEISTIGEN LEBENS
Die hohe Bestimmung des wahren Gläubigen

Es ist klar und einleuchtend: Wenn die hüllenden Schleier um die Wirklichkeiten der Offenbarungen der Namen und Eigenschaften Gottes, ja alles Erschaffenen, sichtbar und unsichtbar, zerrissen worden sind, wird nichts bleiben als das Zeichen Gottes, - ein Zeichen, das Er selbst in diese Wirklichkeiten gelegt hat. Dieses Zeichen wird so lange bestehen, wie es der Herr, dein Gott, Herr der Himmel und der Erde, wünscht. Wenn die Segnungen, die allem Erschaffenen zuteil wurden, so groß sind, wie hoch überlegen muß da das Schicksal des wahren Gläubigen sein, dessen Sein und Leben als ursächlicher Zweck aller Schöpfung anzusehen ist. Wie der Begriff des Glaubens seit dem Anfang, der keinen Anfang hat, bestand und bis zum Ende, das kein Ende hat, dauern wird, so wird der wahre Gläubige gleichfalls ewig leben und bestehen. Sein Geist wird ewiglich den Willen Gottes umkreisen. Er wird so lange bestehen, wie Gott selbst bestehen wird. Er ist offenbart durch die Offenbarung Gottes und ist verborgen auf Sein Geheiß. Es ist klar, daß die hehrsten Wohnungen im Reiche der Unsterblichkeit denen zur Stätte bestimmt sind, die wahrhaft an Gott und Seine Zeichen geglaubt haben. Der Tod kann niemals zu dieser heiligen Stätte dringen. So haben Wir dir die Zeichen deines Herrn anvertraut, damit du in der Liebe zu Ihm ausharrest und zu denen gehörest, die diese Wahrheit begreifen. (ÄL 73)

+3:2
Erwerb des Paradieses

Was das Paradies anbelangt, so ist es eine Wirklichkeit, an der es keinen Zweifel geben kann. Hier und heute in dieser Welt ist es in der Liebe zu Mir und in Meinem Wohlgefallen verwirklicht. Wer das erreicht, dem wird Gott in dieser Welt hienieden helfen, und nach dem Tode wird Er ihn befähigen, Zutritt in das Paradies zu erlangen, das so weit ist wie Himmel und Erde. Dort werden ihm die Jungfrauen der Herrlichkeit und der Heiligkeit aufwarten des Tages und zur Nachtzeit, während die Sonne der unvergänglichen Schönheit seines Herrn allezeit ihren Glanz über ihn ergießt und er so hell erstrahlt, daß keiner seinen Anblick ertragen kann. So fügt es die Vorsehung, und doch ist das Volk ausgeschlossen durch einen schweren Schleier. Begreife gleichermaßen das Wesen des Höllenfeuers und gehöre zu denen, die wahrhaft glauben. Für jede Tat gibt es eine Vergeltung nach dem Urteil Gottes; dafür sind die Gebote und Verbote, wie sie der Allmächtige verschrieben hat, Zeugnis zur Genüge. Denn gewiß würde sich, wenn die Taten nicht belohnt würden und keine Früchte zeitigten, die Sache Gottes - erhaben ist Er - als nichtig erweisen. Unermeßlich erhaben ist Er über solche Gotteslästerungen! Denen jedoch, die frei sind von allen Bindungen, ist eine Tat ihr eigener Lohn. (AKKA 12:24)

+3:3
Die Bedeutung der geistigen Wiedergeburt

Jesus sprach: »Ihr müßt von neuem geboren werden.« Und wiederum sagte Er: »Es sei denn, daß jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren wird, das ist Geist.« Der Sinn dieser Worte ist: Wer immer in jeder Sendung aus dem Geiste geboren und durch den Hauch der Manifestation der Heiligkeit beseelt ist, der gehört wahrlich zu denen, die zum »Leben« und zur »Auferstehung« gelangt und in das »Paradies« der Liebe Gottes eingegangen sind. Und wer immer nicht zu ihnen gehört, der ist zum »Tod« und zur »Gottferne«, zum »Feuer« des Unglaubens und zum »Zorn« Gottes verurteilt. In allen Schriften, Büchern und Chroniken ist das Urteil auf Tod, Feuer, Blindheit, Mangel an Verständnis und Gehör gegen die ausgesprochen worden, deren Lippen nicht vom lieblich reinen Kelche wahrer Erkenntnis gekostet haben und deren Herzen der Gnade des Heiligen Geistes an ihrem Tage beraubt waren. (Iqán S.84)

+3:4
Ferne von Gott

Wer versäumt, Ihn zu erkennen, verdammt sich selbst zum Elend des Fernseins, das nichts ist als völliges Nichtsein, der Inbegriff des niedersten Feuers. Dies wird sein Schicksal sein, möge er auch dem äußeren Anschein nach die höchsten Stellen der Erde innehaben und ihren erhabensten Thron einnehmen. (ÄL 29:1)

+3:5
Die Nichtigkeit der Welt

Die Welt ist nur Schein, eitel und leer, ein bloßes Nichts, das der Wirklichkeit ähnelt. Hängt euere Liebe nicht an sie. Zerreißt nicht das Band, das euch mit euerem Schöpfer verbindet, und gehört nicht zu denen, die in die Irre gehen und von Seinen Wegen abirren. Wahrlich, Ich sage, die Welt ist wie die Luftspiegelung in der Wüste, von der der Durstige wähnt, sie sei Wasser, und zu der er mit aller Kraft hinstrebt, bis er sie im Näherkommen als reine Sinnestäuschung erkennt. (ÄL 153:8)

+3:6
Ein Port gegen die Wechselfälle des Lebens

Die Geschlechter vor euch - wohin sind sie entschwunden? Und jene, um die sich zu ihren Lebzeiten die Schönsten und Lieblichsten des Landes bewegten, wo sind sie jetzt? Lernt aus ihrem Beispiel, o Menschen, und gehört nicht zu denen, die in die Irre gehen!

Bald werden andere euere Habe in Besitz nehmen und in euere Wohnungen ziehen. Neigt euer Ohr Meinen Worten, und zählt nicht zu den Törichten.

Es ist die höchste Pflicht eines jeden von euch, für sich selbst zu wählen, was kein anderer beeinträchtigen, keiner ihm entreißen kann. Das aber - und dafür ist der Allmächtige Mein Zeuge - ist die Liebe Gottes, könntet ihres doch begreifen!!

Baut euch Häuser, die Regen und Flut niemals zerstören können und die euch vor dem Wechsel und Wandel dieses Lebens beschützen. Dies ist die Weisung Dessen, dem die Welt Unrecht tat und den sie im Stich ließ. (ÄL 123)

+3:7
Die Vergänglichkeit der Schätze der Erde

Frohlockst du über die Schätze, die du besitzest, wo du doch weißt, daß sie vergehen werden? Freust du dich darüber, daß du ein Stückchen Erde beherrschst, während die ganze Welt nach der Schätzung des Volkes Bahás soviel wert ist wie das Schwarze im Auge einer toten Ameise? Überlasse dies denen, die ihre Lust dareinsetzten, und wende dich Ihm, der Sehnsucht der Welt, zu. Wohin sind die Stolzen und ihre Paläste gekommen? Blicke in ihre Gräber, damit du an diesem Beispiel lernst, denn Wir machten dies zur Lehre für jeden Betrachter. Würde der Windhauch der Offenbarung dich erfassen, du würdest die Welt fliehen, würdest dich dem Reiche Gottes zuwenden und alles hingeben, was du besitzest, um dieser erhabenen Schau nahezukommen. (WOLF S.61)

+3:8
Wie rasch die Tage vergehen

Die Nacht folgt dem Tag und der Tag folgt der Nacht, und die Stunden und Augenblicke eueres Lebens kommen und gehen, aber keiner von euch ist bereit, sich nur einen Augenblick lang vom Vergänglichen zu lösen. Regt euch, damit die kurzen Augenblicke, die euch noch verbleiben, nicht zerrinnen und verloren gehen. Blitzschnell werden euere Tage vorüber sein, und euere Leiber werden in einem Bett von Staub zur Ruhe gelegt. Was könnt ihr dann noch vollbringen? Wie könnt ihr dann euer früheres Versagen sühnen?

Das ewige Licht leuchtet in seiner reinen Herrlichkeit. Seht, wie es jeden vergänglichen Schleier verbrennt. O ihr Liebenden Seines Lichtes, die ihr den Nachtfaltern gleicht! Trotzet jeder Gefahr, weiht euere Seele seiner verzehrenden Flamme. O ihr, die ihr nach Ihm dürstet! Legt jede irdische Neigung ab und eilt, eueren Geliebten zu umarmen. Eilt euch mit unvergleichlicher Freude, zu Ihm zu gelangen. Die Blume, die den Blicken der Menschen bisher verborgen war, ist eueren Augen enthüllt. Im offenen Glanze Seiner Herrlichkeit steht Er vor euch. Seine Stimme fordert alle heiligen, geläuterten Wesen auf, zu kommen und mit Ihm vereint zu werden. Glücklich ist, wer sich dorthin wendet, und gut steht es um den, der das Licht eines so wunderbaren Antlitzes erreicht und schaut. (ÄL 151:4-5)

+3:9
Die Vergänglichkeit des irdischen Lebens

Hütet euch, daß euch nicht die Vergänglichkeiten dieses Lebens davon abhalten, euch Gott, dem Wahren, zuzuwenden. Denket in euren Herzen nach über die Welt mit ihrem Hader und ihren Wechselfällen, damit ihr den Wert der Welt und die Stufe derer erkennt, die ihr Herz an sie hängen und verwerfen, was auf Unserer verwahrten Tafel herniedergesandt ißt. (AKKA 17:128)

+3:10
Aufruf, jede Tat zu wägen

Halte dir Gottes unfehlbare Waage vor Augen und wäge, als stündest du in Seiner Gegenwart, deine Taten auf dieser Waage jeden Tag, jeden Augenblick deines Lebens. Ziehe dich selbst zur Rechenschaft, ehe du zur Abrechnung gerufen wirst an dem Tage, da aus Furcht vor Gott kein Mensch die Kraft haben wird, aufrecht zu stehen, dem Tage, an dem die Herzen der Achtlosen erzittern werden. (ÄL 114:12)

+3:11
Der Tag der Rechenschaft

Wisset, daß die Armen das Pfand Gottes in euerer Mitte sind. Seid achtsam, daß ihr Sein Pfand nicht veruntreut, daß ihr nicht ungerecht an ihnen handelt und auf den Wegen der Treulosen wandelt. Ihr werdet ganz gewiß über Sein Pfand zur Rechenschaft gezogen werden an dem Tage, da die Waage der Gerechtigkeit aufgestellt ist, dem Tage, da jedem nach Gebühr vergolten wird, da die Taten aller Menschen, ob reich oder arm, gewogen werden. (ÄL 118:5)

Ihr werdet mit allem, was ihr besitzet, vergehen. Ihr werdet ganz gewiß zu Gott zurückkehren und in der Gegenwart Dessen, der die ganze Schöpfung zusammenrufen wird, für euere Taten zur Rechenschaft gezogen werden. (ÄL 116:1)

+3:12
Segnungen für die Reinen und Heiligen

Wahrlich, Wir sehen euere Taten. Wenn Wir von ihnen den süßen Duft der Reinheit und Heiligkeit verspüren, werden Wir euch ganz gewiß segnen. Dann werden die Paradiesbewohner euch Lob zollen und euere Namen verherrlichen unter denen, die Gott nahe gekommen sind. (ÄL 141:4)

+3:13
Das Gebot, auf den Wegen Gottes zu wandeln

Wandelt nicht auf den Pfaden des Bösen. Wandelt während der wenigen verbleibenden Tage eueres Lebens auf den Wegen des einen, wahren Gottes. Euere Tage werden dahinschwinden wie die Tage derer, die vor euch lebten. Zum Staube werdet ihr zurückkehren, wie euere Vorväter zum Staube zurückgekehrt sind. (ÄL 66:1)

+3:14
Die Stufe der Gläubigen

Was die Menschen betrifft, die von der Frucht des irdischen Daseins gekostet haben, welche die Anerkennung des einen, wahren Gottes ist - gepriesen sei Seine Herrlichkeit - so wird ihr Leben nach dem Tode dergestalt sein, daß wir es unmöglich beschreiben können. Das Wissen darüber ist allein bei Gott, dem Herrn aller Welten. (ÄL 164:3)

+3:15
Die ewige Anerkennung derer, die Gott lieben

Sprich: Ich schwöre bei der Gerechtigkeit Gottes! Binnen kurzem werden die Minister mit ihrem Pomp und die Herrscher in ihrer Machtfülle vergehen; die Paläste der Potentaten werden verwüstet, zu Staub verfallen die Prunkschlösser der Kaiser, aber fortbestehen wird, was Wir im Reiche Gottes für euch verordnet haben. Euch ziemt, o Volk, der höchste Eifer, damit eure Namen vor Seinem Thron erwähnt werden und ihr dartut, was euer Gedenken unsterblich machen wird in aller Ewigkeit Gottes, des Herrn allen Seins. (AKKA 17:123)

+3:16
Die Segnung der Tage, die Gott gewidmet wurden

Sprich: Freut euch nicht der Dinge, die ihr besitzt; heute sind sie euer, morgen werden andere sie besitzen. So warnt euch der Allwissende, der Allunterrichtete. Sprich: Könnt ihr behaupten, euer Besitz sei dauerhaft oder sicher? Nein, bei Mir, dem Allbarmherzigen! Die Tage eueres Lebens verfliegen wie ein Windhauch, und all euere Pracht und Herrlichkeit wird vergehen wie die Pracht und Herrlichkeit derer, die vor euch dahingingen. Denkt darüber nach, ihr Menschen! Was ist aus eueren vergangenen Tagen geworden, was aus eueren verlorenen Jahrhunderten? Glücklich die Tage, die dem Gedenken Gottes gewidmet waren, und selig die Stunden, die Seinem, des Allweisen, Lobpreis galten. Bei Meinem Leben! Weder die Pracht der Mächtigen noch das Gut der Reichen oder gar die Überlegenheit der Gottlosen werden dauern. Alles wird auf ein Wort von Ihm vergehen. Wahrlich, Er ist der Allmachtvolle, der Allbezwingende, der Allmächtige. Was nützen die irdischen Dinge, die die Menschen besitzen? Was ihnen Gewinn bringen sollte, haben sie völlig vernachlässigt. Bald werden sie aus ihrem Schlaf erwachen und gewahr werden, daß sie nicht zurückholen können, was ihnen in den Tagen ihres Herrn, des Allmächtigen, des Allgepriesenen, entgangen ist. Wenn sie es nur wüßten, sie würden allem entsagen, damit ihre Namen vor Seinem Thron genannt würden. Sie zählen wahrlich zu den Toten. (ÄL 71:3)

+3:17
Hingabe an den Geliebten

Höret auf Mich, ihr sterblichen Vögel! Im Rosengarten unvergänglicher Pracht begann eine Blume zu blühen, mit der verglichen jede andere Blume nur ein Dorn ist und vor deren strahlender Herrlichkeit das wahre Wesen der Schönheit verblassen und vergehen muß. So erhebet euch und trachtet mit aller Begeisterung eueres Herzens, mit allem Verlangen euerer Seele, mit der ganzen Inbrunst eueres Willens und mit dem gesamten Bemühen eueres ganzen Seins danach, zum Paradiese Seiner Gegenwart zu gelangen, und strebet danach, den Duft der nie verwelkenden Blume zu spüren, die süßen Düfte der Heiligkeit zu atmen und euer Teil an diesem Dufthauch himmlischer Herrlichkeit zu erlangen. Wer diesem Rate folgt, wird seine Ketten sprengen, wird die Hingabe seliger Liebe kosten, seines Herzens Sehnsucht erreichen und seine Seele in die Hand seines Geliebten geben. Er wird aus seinem Käfig ausbrechen und, dem Vogel des Geistes gleich, den Flug zu seinem heiligen, ewigen Neste nehmen. (ÄL 151:3)

+4:1 #45
ABSCHNITT II
AUS DEN SCHRIFTEN DES Báb
RÜCKKEHR ZU GOTT
In Gottes Gegenwart

Dies sterbliche Leben wird gewiß vergehen, seine Freuden müssen dahinschwinden, und bald werdet ihr zu Gott zurückkehren, bedrängt von Gewissenspein, denn plötzlich werdet ihr aus eurem Schlummer aufgerüttelt, und ihr werdet euch sogleich in der Gegenwart Gottes finden und werdet nach eurem Tun gefragt. (BÁB 6:11:7)

+4:2
Das Ende des Erdenlebens

Sprich: Dieses Erdenleben wird enden, und jeder wird vergehen und zurückkehren zu Gott, meinem Herrn, der die Taten derer, die geduldig ausharren, mit auserlesenen Gaben lohnen wird. Wahrlich, dein Gott weist allem Erschaffenen das Maß zu, wie Er kraft Seines Geheißes will, und selig sind fürwahr, die sich nach dem Wohlgefallen deines Herrn richten. (BÁB 6:11:3)

+4:3
Das künftige Leben ist besser

Fürwahr, das künftige Leben birgt für Dich und jene, die Deiner Sache folgen, weit größeren Segen als dieses Erdenleben und seine Freuden. So wurde es bestimmt durch das Walten der Vorsehung ... (Báb 2:14:2)

+4:4
Leib und Geist

Die stoffliche Gestalt ist der Thron des inneren Tempels; deshalb empfindet dieser alles, was dem Leib geschieht. In Wirklichkeit ist es des Leibes innerer Tempel, der durch Freude erhoben und durch Leid bedrückt wird, nicht der Leib selbst. Da der stoffliche Leib der Thron ist, auf dem der innere Tempel ruht, hat Gott bestimmt, daß der Leib, so gut es geht, erhalten wird, damit nichts geschieht, was Unstimmigkeit hervorruft. Der innere Tempel sieht seinen Thron, die stoffliche Gestalt. Wenn dieser Achtung entgegengebracht wird, ist es, als ob der innere Tempel sie empfängt. Das Gegenteil trifft ebenso zu.

Deshalb wurde bestimmt, daß dem Leichnam höchste Ehrerbietung und Achtung entgegengebracht wird. (BÁB 3:23:1-2)

+4:5
Rückkehr zu Gott

Alle Menschen kommen von Gott, und zu Ihm kehren sie zurück. Alle erscheinen vor Ihm zum Gericht. Er ist der Herr am Tage der Auferstehung, der Herr der Wiedergeburt und der Abrechnung, und Sein offenbartes Wort ist die Waage. (BÁB 6:8:1)

+4:6
Tod, Auferstehung und Paradies

Wahren Tod erlangt, wer zur Zeit Seiner Offenbarung sich selbst so stirbt, daß er nichts sucht außer Ihm.

Wahre Auferstehung von den Toten bedeutet, belebt zu werden durch die Macht Seines Wortes in übereinstimmung mit Seinem Willen.

Das Paradies ist, Sein Wohlgefallen zu gewinnen, und ewiges Höllenfeuer, nach Gerechtigkeit von Ihm gerichtet zu werden.

Der Tag, da Er sich offenbart, ist der Tag der Auferstehung und er wird so lange währen, wie Er verordnet.

Alles ist Ihm zu eigen und von Ihm gestaltet. Alle außer Ihm sind Seine Geschöpfe. (BÁB 6:8:2-6)

+4:7
Tag der Auferstehung

Der Tag der Auferstehung ist ein Tag, an dem die Sonne auf- und untergeht wie an jedem anderen Tag. Wie oft dämmerte der Tag der Auferstehung, und die Menschen des Landes, wo dies geschah, haben es nicht bemerkt. Hätten sie davon gehört, sie hätten es nicht geglaubt, und so wurde es ihnen nicht gesagt. (BÁB 3:3:1)

... Mit dem Tag der Auferstehung [ist] die Zeit gemeint, die Von der Erscheinung Dessen, Der der Baum göttlicher Wirklichkeit ist, - in welcher Epoche und unter welchem Namen es auch sei - bis zur Stunde Seines Scheidens dauert.

Zum Beispiel währte von Beginn der Sendung Jesu Friede ruhe auf Ihm - bis zum Tag Seiner Himmelfahrt die Auferstehung Mose. Denn während dieser Zeit erstrahlte die Offenbarung Gottes durch das Kommen dieser göttlichen Wirklichkeit, und Er belohnte durch Sein Wort jeden, der an Moses glaubte, und bestrafte durch Sein Wort jeden, der nicht glaubte; war doch Gottes Zeugnis für jenen Tag, was Er feierlich im Evangelium verkündete. Und von Anbeginn der Offenbarung des Gesandten Gottes - Gottes Segen ruhe auf Ihm - bis zum Tag Seiner Himmelfahrt dauerte die Auferstehung Jesu - Friede sei auf Ihm - als der Baum göttlicher Wirklichkeit in der Person Muhammads erschien und durch Sein Wort jeden belohnte, der an Jesus glaubte, und durch Sein Wort jeden bestrafte, der nicht an Ihn glaubte. (BÁB 3:35:1-2)

+5:1 #49
DAS PARADIES UND WIE MAN ES ERLANGT
Das Paradies erlangen

Nichts Erschaffenes wird je sein Paradies erlangen, solange es sich nicht in seinem höchsten vorherbestimmten Grade der Vollkommenheit zeigt. Zum Beispiel ist dieser Kristall das Paradies des Steines, aus dem seine Elemente bestehen. Ebenso gibt es für den Kristall selbst verschiedene Stufen des Paradieses ... Solange er ein Stein war, war er wertlos, aber wenn er die Vortrefflichkeit des Rubins erlangt - eine Möglichkeit, die in ihm ruht, - wieviel Karat wird er dann wert sein? Betrachte alles Erschaffene in gleicher Weise.

Der Mensch jedoch erlangt seine höchste Stufe in jeder Sendung durch den Glauben an Gott und durch die Annahme dessen, was von Ihm offenbart wurde, nicht durch Gelehrsamkeit; denn in jeder Nation gibt es gelehrte, in mannigfachen Wissenschaften bewanderte Menschen.

Diese Stufe ist auch nicht durch Reichtum zu erlangen, denn genauso offensichtlich gibt e in jedem Volk unter den verschiedenen Klassen Begüterte. Ebenso ist es mit anderen vergänglichen Dingen.

Wahres Wissen ist darum das Wissen um Gott, und dies ist nichts anderes als die Anerkennung Seiner Manifestation in jeder Sendung. Auch gibt es keinen Reichtum außer der Anmut in allem außer Gott und in der Heiligung von allem außer Ihm - ein Zustand, der nur verwirklicht werden kann, wenn er gegenüber Ihm, dem Tagesanbruch Seiner Offenbarung, bekundet wird. (BÁB 3:15:1-3)

+5:2
Was bedeuten Paradies und Feuer?

Und wisse mit Gewißheit, daß Paradies die Erkenntnis Dessen und die Hingabe an Ihn, Den Gott offenbaren wird, bedeutet, und Feuer die Gemeinschaft solcher Seelen, die es versäumen, sich Ihm zu unterwerfen oder Seinem Wohlgefallen zu fügen. (BÁB 3:8:1)

+5:3

Das Paradies durch die Anerkennung der Manifestation Gottes erlangen

Es gibt kein wundersameres Paradies für eine Seele, als vor Ihm, Gottes Manifestation, zu stehen an Seinem Tage, Seine Verse zu hören und an sie zu glauben, in Seine Gegenwart zu gelangen, die nichts als die Gegenwart Gottes ist, auf dem Meere des himmlischen Königreiches Seines Wohlgefallens zu fahren und teilzuhaben an den erlesenen Früchten des Paradieses Seiner göttlichen Einheit. (BÁB 3:1:2)

+5:4

Das Paradies durch den Gehorsam gegen die Gebote Gottes erlangen

Für die, die an die Einheit Gottes glauben, ist kein Paradies erhabener als der Gehorsam gegenüber Gottes Geboten, und in den Augen derer, die Gott und Seine Zeichen erkennen, ist kein Feuer verzehrender als der Verstoß gegen Seine Gesetze und die Bedrückung einer anderen Seele, und sei es nur mit der Last eines Senfkorns. Am Tag der Auferstehung wird Gott gewiß alle Menschen richten. Und wahrlich, wir alle werden um Seine Gnade flehen. (BÁB 3:4)

+5:5

Das Paradies durch den Glauben an Gottes Wort erlangen

So lege Ich an diesem Tage Zeugnis ab vor Meinen Geschöpfen, denn keines anderen Zeugnis als Mein eigenes ist der Erwähnung in Meiner Gegenwart wert oder wird es je sein. Ich erkläre feierlich, daß kein Paradies erhabener für Meine Geschöpfe ist, als vor Meinem Angesicht zu stehen und an Meine heiligen Worte zu glauben, während für sie kein Feuer grimmiger ist oder sein wird als vor der Manifestation Meines erhabenen Selbstes verhüllt zu sein und nicht an Meine Worte zu glauben. (BÁB 3:13:2)

+5:6
Den Zutritt ins Paradies erstreben

Wahrlich, am Ersten Tag öffneten Wir allen Völkern der Welt die Tore des Paradieses und riefen aus: »O all ihr erschaffenen Dinge! Müht euch, Zutritt zum Paradies zu erlangen, denn ihr habt euer Leben lang tugendhafte Taten verrichtet, um es zu erlangen!« Sicherlich sehnen sich alle Menschen danach, es zu betreten, aber ach, sie können es nicht aufgrund dessen, was ihre Hände wirkten. Solltest du aber in deinem innersten Herzen ein wahres Verstehen Gottes erlangen, bevor Er sich offenbart, so könntest du Ihn erkennen, offenbar und strahlend, wenn Er sich vor aller Augen enthüllt. (BÁB 5:16)

+5:7
Was Leben und Tod bedeuten

Sprich, die Kraft Gottes ruht in den Herzen derer, die an die Einheit Gottes glauben und bezeugen, daß es keinen Gott gibt als Ihn; die Herzen jener aber, die Gott Gefährten zugesellen, sind ohnmächtig und leblos auf dieser Erde, sie sind ohne Zweifel tot. (BÁB 6:2:3)

+6:1 #53
DER LOHN DER GLÄUBIGEN
Der Friede der Vollendung

Immer, wenn die Gläubigen hören, wie die Verse dieses Buches vorgetragen werden, fließen ihre Augen über von Tränen, und ihre Herzen werden tief berührt durch Ihn, das größte Gedenken, in ihrer Liebe zu Gott, dem Allgepriesenen. Er ist Gott, der Allwissende, der Ewige. Sie sind fürwahr die Bewohner des allhöchsten Paradieses, ihrer ewigen Heimat. Wahrlich, dort werden sie nur erblicken, was von Gott kommt, nichts, was ihr Verständnis übersteigt. Dort im Paradies werden sie den Gläubigen begegnen, die sie anreden mit den Worten »Frieden, Frieden«, welche auf ihren Lippen nachklingen ... (BÁB 2:34:1)

+6:2
Ewige Vereinigung

O Quratu'l-'Ayn!¹ Richte den Ruf des erhabensten Wortes an die Mägde aus Deinem Geschlecht, warne sie vor dem Größten Feuer und künde ihnen die frohe Botschaft, daß diesem mächtigen Bündnis ewige Vereinigung folgt mit Gott, im Paradiese Seines Wohlgefallens, nahe dem Thron der Heiligkeit. Wahrlich, Gott, der Herr der Schöpfung, ist mächtig über alle Dinge. (BÁB 2:17:2)

¹ Trost der Augen, hier der Báb
+6:3
Verheißener Lohn

Wahrlich, bald wird Gott dich und die, so an Seine Zeichen glauben, aus Seiner Gegenwart reich belohnen. Ohne Zweifel gibt es keinen Gott als Ihn, den Allbesitzenden, den Freigebigsten. Die Offenbarungen Seiner Großmut durchdringen alles Erschaffene; Er ist der Gnädige, der Mitleidvolle. (BÁB 6:14:2)

+6:4
Bewahrte Opfer

O Völker der Welt! Alles, was ihr auf dem Pfade des einen wahren Gottes opfert, werdet ihr fürwahr wohlbehütet durch Gott, den Bewahrer, an Gottes Heiligem Tore finden. (BÁB 2:11:2)

+7:1 #57
ABSCHNITT III
AUS DEN SCHRIFTEN Abdu'l-BaháS
BEWEISE FÜR DAS LEBEN NACH DEM TOD
Die unsterbliche Seele

Die ganze physische Schöpfung ist vergänglich. Diese materiellen Körper sind aus Atomen zusammengesetzt. Wenn ihre Atome anfangen, sich zu trennen, beginnt die Zersetzung. Dann ereignet sich das, was wir als Tod bezeichnen. Diese Zusammensetzung von Atomen, die den Körper, den sterblichen Teil eines jeden erschaffenen Wesens ausmacht, ist nur zeitlich. Wenn die Anziehungskraft, die diese Atome zusammenhält, zurückgezogen wird, so hört der Körper als solcher auf zu bestehen.

Mit der Seele ist es anders. Die Seele ist keine Verbindung von Elementen. Sie it nicht aus vielen Atomen zusammengesetzt. Sie besteht aus etwas Unteilbarem und ist daher ewig. Sie steht gänzlich außerhalb des Ordnungsbereiches der physischen Schöpfung. Sie ist unsterblich.

Die naturwissenschaftliche Philosophie hat dargetan, daß ein einfaches Element (`einfach` in der Bedeutung von `nicht zusammengesetzt`) unzerstörbar, ewig ist. Die Seele, die Zusammensetzung von Elementen ist, hat den Charakter eines einfachen Elementes und kann daher nicht aufhören zu bestehen.

Da die Seele aus jener einen unteilbaren Substanz besteht, läßt sie sich weder auflösen noch zerstören. Es gibt daher keinen Grund für ihr Ende. Alles Lebende gibt Zeichen eines Daseins. Dementsprechend könnten diese Zeichen nicht aus sich selbst bestehen, wenn das, was sie ausdrücken oder bezeugen, ohne Dasein wäre. Ein Ding, das nicht vorhanden ist, kann in der Tat kein Zeichen seines Daseins geben. Die mannigfachen Zeichen für das vorhandensein des Geistes sind uns stets vor Augen.

Die Spuren des Geistes Jesu Christi, der Einfluß Seiner göttlichen Lehre, sind heute unter uns gegenwärtig und ewig. Etwas Nichtbestehendes kann nach unserer übereinstimmenden Meinung nicht durch Anzeichen erkannt werden. Um zu schreiben, muß ein Mensch vorhanden sein. Jemand, der nicht vorhanden ist, kann auch nicht schreiben. Das Schreiben an sich ist ein Zeichen für die Seele und die Intelligenz des Schreibers. Die Heiligen Schriften (mit der immer gleichbleibenden Lehre) beweisen die Fortdauer des Geistes.

Betrachtet den Zweck der Schöpfung: wäre es möglich, daß alles nur erschaffen wurde, um sich durch zahllose Zeitalter hindurch mit einem so kleinen Ziel von ein paar Jahren menschlichen Erdenlebens zu entwickeln und zu entfalten? Ist es nicht undenkbar, daß dies der letzte Zweck des Daseins wäre?

Das Mineral entwickelt sich, bis es im Leben der Pflanze aufgeht. Die Pflanze wächst, bis sich ihr Leben im Tier verliert. Das Tier, das einen Bestandteil der menschlichen Nahrung bildet, geht wiederum im Leben des Menschen auf. So zeigt sich, daß der Mensch die Summe der ganzen Schöpfung ist, das höchste aller erschaffenen Wesen, das Ziel, dem zahllose Daseinszeitalter entgegendrängten. Der Mensch verbringt günstigenfalls viermal zwanzig und zehn Jahre in dieser Welt - fürwahr eine kurze Spanne!

Hört der Mensch zu bestehen auf, wenn er aus dem Körper scheidet? Wenn sein Leben ein Ende hat, ist alle vorangegangene Entwicklung nutzlos, alles umsonst gewesen. Können wir uns vorstellen, daß die Schöpfung kein höheres Ziel als dieses hat?

Die Seele ist ewig, unvergänglich.

Die Materialisten sagen: »Wo ist die Seele? Was ist sie? Wir können sie nicht sehen und nicht fühlen.«

Wir müssen ihnen folgendermaßen erwidern: Wie große Fortschritte das Mineral auch machen mag, es kann die Pflanzenwelt nicht verstehen. Aber dieser Mangel an Verständnis beweist nicht etwa, daß die Pflanze nicht besteht. Zu einem wie hohen Grade sich die Pflanze auch entfaltet haben mag, sie bleibt doch unfähig, die Tierwelt zu begreifen. Dieses Nichtwissen ist kein Beweis dafür, daß es kein Tier gibt. Wie hoch sich das Tier auch entwickelt haben mag, es kann sich weder den Verstand des Menschen vorstellen, noch die Natur seiner Seele erfassen. Doch beweist das wiederum nicht, daß der Mensch keinen Verstand oder keine Seele hätte. Es beweist nur, daß jede Daseinsform außerstande ist, eine höhere Form als die eigene zu begreifen. Diese Blume mag sich eines Wesens von der Art des Menschen nicht bewußt werden, aber die Tatsache ihrer Unwissenheit ist kein Hemmnis für das vorhandensein der Menschheit.

Wenn nun in gleicher Weise die Materialisten nicht an ein Vorhandensein der Seele glauben, so beweist ihr Unglaube dennoch nicht, daß es kein Reich wie die Welt des Geistes gibt. Der Umstand, daß der Mensch Verstand besitzt, beweist seine Unsterblichkeit. Auch die Dunkelheit beweist die Anwesenheit des Lichte, denn ohne Licht würde kein Schatten sein. Armut beweist das Vorhandensein von Reichtum; wie vermöchten wir sonst die Armut zu ermessen? Unwissenheit beweist, daß Wissen vorhanden ist; denn wie könnte es Unwissenheit ohne Wissen geben?

Der Gedanke der Sterblichkeit setzt daher voraus, daß es eine Unsterblichkeit gibt; denn, wenn es kein ewiges Leben gäbe, würde es auch keine Möglichkeit geben, das Leben dieser Welt zu ermessen.

Wenn der Geist nicht unsterblich wäre, wie könnten dann wohl die Manifestationen Gottes so furchtbare Prüfungen erdulden?

Warum hat Christus Jesus den furchtbaren Kreuzestod erlitten?

Warum hat Muhammad die Verfolgung ertragen?

Warum hat der Báb das höchste Opfer dargebracht, und warum verbrachte Bahá'u'lláh die Jahre Seines Lebens im Gefängnis?

Warum sollte sich all dies Leiden zugetragen haben, wenn nicht, um das ewige Leben des Geistes zu beweisen?

Christus litt. Er nahm alle Seine Prüfungen um der Unsterblichkeit Seines Geistes willen hin. Ein Mensch, der nachdenkt, wird die geistige Bedeutung des Gesetzes der Fortentwicklung verstehen, wie alles sich von der niederen Stufe zur höheren bewegt.

Nur ein Mensch, der kein Verständnis hat, kann bei Betrachtung dieser Dinge meinen, der große Schöpfungsplan könnte sich plötzlich nicht weiter entfalten, die Entwicklung zu einem so unangemessenen Ende kommen.

Materialisten, die so urteilen und bestreiten, daß wir fähig sind, die Welt des Geistes zu sehen oder die Segnungen Gottes wahrzunehmen, sind sicher wie Tiere, die keinen Verstand besitzen. Sie haben Augen und sehen nicht. Sie haben Ohren und hören nicht. Und dieser Mangel an Sehen und Hören ist für nichts sonst ein Beweis als für ihre eigene Minderwertigkeit, von der wir im Quran lesen: »Sie sind Menschen, die blind und taub für den Geist sind.« Sie bedienen sich nicht der großen Gabe Gottes, der Kraft des Verstandes, durch die sie mit den Augen des Geistes sehen, mit geistigen Ohren hören und mit göttlich erleuchteten Herzen verstehen könnten.

Die Unfähigkeit des materialistischen Geistes, den Gedanken des ewigen Lebens zu erfassen, ist kein Beweis für das Nichtvorhandensein jenes Lebens.

Das Begreifen jenes anderen Lebens hängt von unserer geistigen Geburt ab.

Es ist mein Gebet für euch, daß eure geistigen Fähigkeiten und euer geistiges Trachten täglich zunehmen mögen und daß ihr den materiellen Sinnen nie erlaubt, die Herrlichkeit der himmlischen Erleuchtung vor euren Augen zu verhüllen. (PARIS S.70)

+7:2
Die Unsterblichkeit des Geistes

Der logische Beweis für die Unsterblichkeit des Geistes ist, daß von einem nicht existierenden Ding kein Zeichen ausgehen kann; das heißt, es ist unmöglich, daß aus reinem Nichtsein Zeichen erscheinen, denn Zeichen sind die Wirkung eines Daseins, und die Wirkung hängt vom Dasein der Ursache ab. So kann von einer nichtexistierenden Sonne kein Licht ausstrahlen, können keine Wellen aus einem nicht vorhandenen Meer erscheinen, und aus einer nicht existierenden Wolke fällt kein Regen; ein nicht vorhandener Baum trägt keine Früchte, und ein nicht existierender Mensch kann weder etwas kundtun noch hervorbringen. Solange also Zeichen eines Daseins erscheinen, sind sie ein Beweis dafür, daß es einen Eigner des Zeichens gibt.

Bedenke, daß das Königreich Christi noch heute besteht. Wie könnte von einem nicht existierenden König ein Reich von solcher Größe errichtet werden? Wie können aus einem nicht vorhandenen Meer die Wogen sich so hoch erheben? Wie können von einem nicht existierenden Garten solch wohlriechende Düfte hervorgebracht werden? Beachte, daß von keinem Dasein, sei es ein Mineral, eine Pflanze oder ein Tier, irgendein Zeichen, eine Wirkung oder ein Einfluß zurückbleibt, nachdem seine Teile zerstreut und seine Elemente aufgelöst sind. Nur die menschliche Wirklichkeit und der menschliche Geist sind es, die auch nach dem Zerfall der Teile, der Zersetzung der Elemente und der Auflösung der Zusammensetzung fortbestehen, weiterhandeln und Kräfte besitzen.

Diese Frage ist sehr tiefgründig, denke genau über sie nach! Es ist ein verstandesmäßiger Beweis, den wir geben, damit ihn die Klugen auf der Waage der Einsicht und Gerechtigkeit prüfen. Wenn aber der menschliche Geist sich am Reiche Gottes erfreut und zu ihm hingezogen wird, wenn sich die innere Sicht auftut, das geistige Hören erstarkt und die geistigen Gefühle vorherrschen, dann wird er die Unsterblichkeit des Geistes so deutlich wie die Sonne erkennen, und die frohen Botschaften und Zeichen Gottes werden ihn umfassen. (FRAGEN S.220)

+7:3
Das Leben hier und danach

Alle göttlichen Philosophen, alle Menschen von Weisheit und Einsicht erkennen, wenn sie die unendliche Vielzahl der Lebewesen betrachten, daß in diesem großen, unermeßlichen Weltall alle Dinge im Mineralreich ihr Ende finden, daß aber das Ergebnis des Mineralreiches das Pflanzenreich, das Ergebnis des Pflanzenreiches das Tierreich, das Ergebnis des Tierreiches die Welt des Menschen ist. Die Vollendung dieses grenzenlosen Weltalls in seiner ganzen Größe und Herrlichkeit ist der Mensch, der sich in dieser Welt eine Zeitlang müht und von verschiedensten Leiden und SchMirzan quälen läßt; dann zerfällt er, ohne Spuren und Früchte zu hinterlassen. Wäre dem so, würde dieses unendliche Weltall zweifellos mit all seinen Vollkommenheiten zu nichts anderem führen als zu Wahn und Trug, ohne Ergebnis, ohne Frucht, ohne Beständigkeit, ohne Wirkung. Es wäre völlig sinnlos. Sie (die Philosophen) gewannen hieraus die Überzeugung, daß dem nicht so ist: Diese große Werkstatt mit all ihrer Macht, ihrer verwirrenden Großartigkeit und ihren unendlichen Vollkommenheiten kann nicht einfach in ein Nichts versinken. Somit ist sicher, daß es noch ein anderes Leben gibt, und wie das Pflanzenreich das Menschenreich nicht erahnen kann, so wissen auch wir nicht um das hehre Leben, das dem menschlichen Dasein hienieden folgt. Unser Nichtwissen um jenes Leben ist jedoch kein Beweis für sein Nichtsein. Auch das Mineralreich weiß zum Beispiel nichts von der Menschenwelt und kann sie nicht begreifen; aber Unkenntnis ist niemals ein Beweis für Nichtsein. Es gibt zahlreiche schlüssige Beweise dafür, daß diese unendliche Welt mit dem Menschenleben nicht aufhören kann. (FOREL S.20)

+7:4
Das zukünftige Leben als Frucht dieses Lebens

Wenn du dich scharfsichtigen Auges umschaust, merkst du, daß in dieser Welt des Staubes alle Menschen leiden ... Wäre ein Menschenleben mit seinem geistigen Sein auf diese irdische Zeitspanne beschränkt, was wäre dann die Frucht der Schöpfung? Fürwahr, wozu führte dann das Wirken und Walten der Gottheit? Wäre solch eine Auffassung richtig, so wären alle erschaffenen Dinge, alle abhängigen Wirklichkeiten, ja die ganze Welt des Seins ohne jede Bedeutung. Gott behüte, daß jemand an solch einem Hirngespinst, solch einem schweren Irrtum festhält!

Wie die Wirkungen und der Nutzen des Lebens im Mutterleib nicht an jenem dunklen, engen Ort zu suchen sind, wie der Zweck und Nutzen des Wachstums und der Entwicklung in jener vorherigen Welt erst dann offenbar werden, wenn das Kind in unsere weite Welt eintritt, so werden Lohn und Strafe, Himmel und Hölle, Vergeltung und ausgleichende Gerechtigkeit für die im gegenwärtigen Leben begangenen Taten in jener anderen Welt offenbar werden. Und wie das Leben im Mutterleib, für sich genommen, ein unsinniges Leben ohne Bedeutung wäre, so wäre der gesamte Vorgang des Lebens sinnlos und töricht, trügen das Dasein in dieser Welt und die hier vollbrachten Taten nicht in der jenseitigen Welt ihre Frucht.

So wisse denn, daß Gott, der Herr, über unsichtbare Reiche gebietet, die des Menschen Verstand niemals erfassen, des Menschen Geist niemals begreifen kann. Hast du erst den Kanal deiner geistigen Wahrnehmung vom Schmutz des weltlichen Lebens gereinigt, so wirst du die süßen Düfte der Heiligkeit atmen, die aus den seligen Gemächern des Himmelsreiches wehen. (BRIEFE 156:9-11)

+8:1 #66
DIE SEELE ALS WAHRE WIRKLICHKEIT
Die Wirklichkeit der Menschheit

Der Mensch - der wahre Mensch - ist Seele und nicht Körper. Obwohl der Mensch dem Körper nach zum Tierreich zählt, erhebt ihn seine Seele doch über die übrige Schöpfung. Sieh, wie die Welt des Stoffes durch das Sonnenlicht erleuchtet wird! In gleicher Weise ergießt das göttliche Licht seine Strahlen in das Reich der Seele. Es ist die Seele, die das menschliche Geschöpf zu einem himmlischen Wesen macht.

Durch die Macht des Heiligen Geistes, der durch die Seele wirkt, ist der Mensch imstande, die göttliche Wirklichkeit der Dinge wahrzunehmen. Alle großen Werke der Kunst und Wissenschaft sind Zeugen dieser Macht des Geistes.

Der gleiche Geist verleiht uns ewiges Leben. (PARIS S.65)

+8:2
Die Summe alles Erschaffenen

Die Überlegenheit des Menschen über die übrige erschaffene Welt zeigt sich auch darin, daß der Mensch eine Seele hat, in der der göttliche Geist wohnt. Die Seelen der niederen Geschöpfe stehen ihrem Wesen nach tiefer.

Demnach ist zweifellos der Mensch unter allen Geschöpfen dem Wesen Gottes am nächsten, und darum fließt ihm auch die göttliche Gnadenfülle reicher zu.

Das Mineralreich hat die Kraft des Bestandes. Die Pflanze hat die Kraft des Bestandes und des Wachstums. Das Tier hat außer Bestand und Wachstum die Möglichkeit der freien Bewegung und die Wahrnehmungsfähigkeit der Sinne. Im Menschenreich finden wir alle Eigenschaften der niederen Welten und viele andere, die noch hinzukommen. Der Mensch ist die Summe alles Erschaffenen vor ihm, weil er all das in sich schließt.

Dem Menschen ist die besondere Gabe der geistigen Fähigkeiten verliehen, durch die er einen größeren Anteil des göttlichen Lichtes zu empfangen vermag. Der vollkommene Mensch ist ein klargeschliffener Spiegel, der die Sonne der Wahrheit und die in ihr offenbarten Eigenschaften Gottes widerstrahlt. (PARIS S.15

+8:3
Die Beziehung zwischen Leib und Seele

Manche glauben, daß der Körper das Wesentliche sei und aus sich selbst heraus bestehe und daß der Geist nebensächlich sei und von der Wesenheit des Körpers abhänge, obgleich im Gegenteil die vernünftige Seele das Wesentliche ist und der Körper von ihr abhängt. Wenn die Nebensache, das heißt der Körper, zugrunde geht, bleibt das Wesentliche, der Geist, bestehen.

Zweitens steigt die mit Vernunft begabte Seele, also der Menschengeist, nicht in den Körper herab, das heißt, sie tritt nicht in ihn ein, denn Herabkommen und Eintreten gehören zu den Kennzeichen der Körper, die mit Vernunft begabte Seele aber ist davon frei. Der Geist ist nie in diesen Körper eingetreten und braucht auch keine Wohnstätte, wenn er sich vom Körper löst; nein, der Geist ist mit dem Körper nur so verbunden wie dieses Licht mit diesem Spiegel. Wenn der Spiegel rein und vollkommen ist, wird das Licht der Lampe darin sichtbar, und wenn der Spiegel sich mit Staub bedeckt oder zerbricht, verschwindet das Licht.

Die mit Vernunft begabte Seele, das heißt der Menschengeist, ist weder in diesen Körper eingetreten, noch besteht sie durch ihn; warum sollte sie dann nach der Auflösung der Zusammensetzung des Körpers eine Wesenheit brauchen, durch die sie fortbestehen könnte? Im Gegenteil, die mit Vernunft begabte Seele ist die Wesenheit, durch die der Körper besteht.

Die Individualität der mit Vernunft begabten Seele besteht von Anfang an und ist nicht auf die Vermittlung des Körpers zurückzuführen; aber die Stufe und das persönliche Wesen der mit Vernunft begabten Seele können in dieser Welt vervollkommnet werden; entweder macht sie Fortschritte und erreicht die Grade der Vollendung, oder bleibt sie im tiefsten Abgrund der Unwissenheit, verschleiert und des Anblicks der Zeichen Gottes beraubt. (FRAGEN S.232)

+8:4
Der Anfang der Menschenseele

Wisse, daß die menschliche Seele erschaffen wurde, obwohl sie seit undenkbar langen Zeiten auf der Erde lebt. Da sie ein göttliches Zeichen ist, ist sie, einmal ins Leben gerufen, unvergänglich. Der Menschengeist hat einen Anfang, aber kein Ende; er lebt in alle Ewigkeit. Auch die auf der Erde lebenden Arten sind erschaffen, denn es steht fest, daß es eine Zeit gab, in der diese Arten nicht auf der Erdoberfläche lebten. Nicht einmal die Erde hat immer bestanden, nur die Welt des Daseins ist von jeher dagewesen, denn das Weltall ist nicht auf diese Erdkugel beschränkt. Damit soll gesagt werden, daß menschliche Seelen, obwohl sie erschaffen sind, doch unsterblich, unvergänglich und ewig sind. Denn die Welt des Stoffes ist die Welt der Unvollkommenheit in Bezug auf den Menschen, und die menschliche Welt ist die der Vollkommenheit verglichen mit der Welt des Stoffes. Wenn die Unvollkommenheit zur Stufe der Vollkommenheit aufsteigt, wird sie unvergänglich. Dies ist ein Beispiel, dessen Bedeutung du verstehen mußt. (FRAGEN Kap.38)

+8:5
Kraft und Wirksamkeit der reinen Seele

Seelen sind wie Spiegel, Gottes Gnade ist wie die Sonne. Wenn die Spiegel frei sind von allen Farben, wenn sie reinen Glanz erlangen und der Sonne gegenübergestellt sind, dann geben sie deren leuchtende Herrlichkeit vollkommen wieder. Dabei darf man nicht den Spiegel sehen, sondern die Kraft des Sonnenlichts, das den Spiegel durchflutet und zum Mittler himmlischer Herrlichkeit macht. (BWF S.367)

+8:6
Die Beziehung zwischen Körper, Seele und Geist

In der Menschenwelt gibt es drei Stufen: die des Körpers, die der Seele und die des Geistes.

Der Körper ist die physische oder tierische Stufe des Menschen. Vom Gesichtspunkt des Körpers aus betrachtet, hat der Mensch am Tierreich teil. Die Körper der Menschen und der Tiere bestehen gleichermaßen aus Grundstoffen, die durch das Gesetz der Anziehung zusammengehalten werden.

Gleich dem Tier besitzt der Mensch die Fähigkeit der Sinne. Er ist Hitze, Kälte, Hunger, Durst und so weiter unterworfen. Ungleich dem Tier jedoch hat der Mensch eine mit Vernunft begabte Seele, die menschliche Intelligenz. Diese Intelligenz des Menschen ist der Mittler zwischen seinem Körper und seinem Geiste.

Wenn der Mensch durch seine Seele dem Geist gestattet, seinen Verstand zu erleuchten, dann umfaßt er die ganze Schöpfung. Da der Mensch der Gipfelpunkt all dessen ist, was voranging, und deshalb allen vorhergehenden Entwicklungen überlegen ist, schließt er in sich die ganze niedere Welt ein. Wenn der Mensch vom Geiste durch die Seele erleuchtet ist, so macht ihn seine strahlende Intelligenz zur Krone der Schöpfung.

Wenn der Mensch jedoch nicht Sinn und Herz den Segnungen des Geistes öffnet, sondern seine Seele der materiellen Seite, dem leiblichen Teil seines Wesens zukehrt, dann ist er von seinem hohen Platz herabgesunken und wird er geringer als die Bewohner des niedrigeren Tierreiches. In diesem Falle ist der Mensch in einem traurigen Zustand. Denn, wenn wir die geistigen Eigenschaften der Seele, die dem Odem des göttlichen Geistes offen sind, nie benutzen, schwinden sie, werden sie kraftlos und schließlich unbrauchbar, während die materiellen Eigenschaften der Seele, allein geübt, in furchtbarer Weise mächtig werden, und der unglückliche, mißleitete Mensch wird roher, ungerechter, gemeiner, grausamer, böswilliger als die niedrigeren Tiere. Wenn all sein Trachten und Begehren durch die niedrigere Seite seiner Seele Stärkung findet, wird er immer viehischer werden, bis nichts mehr in seinem Wesen dem des vergänglichen Tieres überlegen ist. Solche Menschen sinnen, Böses zu tun, zu schaden und zu zerstören. Sie ermangeln völlig des Geistes göttlichen Erbarmens, denn die himmlische Beschaffenheit der Seele ist dann unter die Herrschaft der materiellen Seite gekommen. Wenn dagegen die geistige Natur der Seele so gestärkt worden ist, daß sie die materielle bezwingt, dann nähert sich der Mensch dem Göttlichen. Sein Menschentum wird so veredelt, daß sich die Tugenden der himmlischen Gemeinschaft in ihm offenbaren. Er strahlt die Barmherzigkeit Gottes aus, er regt den geistigen Fortschritt der Menschheit an, denn er wird zu einer Lampe, die Licht auf ihren Weg ergießt.

Ihr seht, wie die Seele der Mittler zwischen dem Körper und dem Geist it. Ebenso ist dieser Baum der Mittler zwischen Saat und Früchten. Wenn die Frucht des Baumes zum Vorschein kommt und reif wird, wissen wir, daß der Baum vollkommen ist. Wenn der Baum nicht Früchte trüge, wäre er nur ein nutzloses Gewächs, das keinen Zweck hat!

Wenn eine Seele das geistige Leben in sich trägt, dann bringt sie gute Früchte hervor und wird sie zu einem göttlichen Baume. Ich wollte, ihr versuchtet, dieses Beispiel zu verstehen. Ich hoffe, daß die unaussprechliche Güte Gottes euch so stärken wird, daß die himmlische Eigenschaft eurer Seele, die sie mit dem Geist verknüpft, für immer über die materielle Seite herrschen und die Sinne in solchem Maße beinflussen wird, daß eure Seele sich den Vollkommenheiten des himmlischen Reiches nähert. Möchte euer Angesicht in unverwandtem Blick auf das göttliche Licht so strahlend werden, daß alle eure Gedanken, Worte und Handlungen in dem beherrschenden geistigen Glanze eurer Seelen leuchten, auf daß euer Leben in den Versammlungen der Welt Vollkommenheit erkennen lasse.

Das Leben mancher Menschen befaßt sich lediglich mit den Dingen dieser Welt. Ihr Sinn bewegt sich derart in äußeren Sitten und überkommenen Neigungen, daß sie für alle anderen Daseinsbereiche und die geistigen Bedeutungen der Dinge blind sind. Ihre Gedanken und Träume gelten irdischem Ruhm und materiellem Fortschritt. Sinnesfreuden und Behaglichkeit begrenzen ihren Blick. Ihr höchster Ehrgeiz kreist um weltlich gegebene und geartete Erfolge. Sie halten ihre niederen Neigungen nicht im Zaume, essen, trinken und schlafen. Gleich dem Tier beschränken sich ihre Gedanken auf das eigene körperliche Wohlergehen. Sicher müssen diese Bedürfnisse befriedigt werden. Das Leben ist eine Last, die wir tragen müssen, solange wir auf Erden sind, doch sollten wir den Sorgen um die niederen Lebensdinge nicht gestatten, daß sie allein über das menschliche Dichten und Trachten herrschen. Des Herzens Streben sollte sich zu einem herrlicheren Ziel erheben, die geistige Regsamkeit auf eine höhere Ebene steigen. Die Menschen sollten in ihrer Seele das Abbild himmlischer Vollkommenheit tragen und dort den unerschöpflichen Segnungen des göttlichen Geistes einen Ort bereiten.

Setzt euren Ehrgeiz auf die Vollendung einer himmlischen Zivilisation auf Erden! Ich bitte für euch um den höchsten Segen, damit euch die Lebenskraft des himmlischen Geistes so erfülle, daß ihr für die Welt zur Ursache des Lebens werdet! (PARIS S.74f)

+8:7

Der Unterschied zwischen Verstand, Seele und Geist

Frage: Worin liegt der Unterschied zwischen Verstand, Geist und Seele? ...

Der Menschengeist, der den Menschen vom Tier unterscheidet, ist die mit Vernunft begabte Seele; und diese zwei Begriffe - Menschengeist und mit Vernunft begabte Seele - bezeichnen dasselbe.¹ Dieser Geist, der in der Sprache der Philosophen die mit Vernunft begabte Seele ist, erfaßt alle Wesen und entdeckt - soweit es die menschlichen Fähigkeiten zulassen - die wahre Natur der Dinge; er weiß um ihre Eigentümlichkeit und ihren Sinn und um die charakteristische Eigenart und Besonderheit der Seinsformen. Wenn er aber nicht durch den Geist des Glaubens gefördert wird, kann er die himmlischen Rätsel und die göttliche Wirklichkeit nicht begreifen. Er ist wie ein Spiegel: Er mag noch so blank, feingeschliffen und blendend sein - er muß dem Lichte zugekehrt werden. Er kann die himmlischen Geheimnisse nicht eher entdecken, als bis sich ein Strahl der Sonne in ihm widerspiegelt.

Der Verstand ist die Kraft des Menschengeistes. Der Geist ist die Lampe, der Verstand das Licht, das aus ihr strahlt. Geist ist der Baum, Verstand die Frucht. Verstand ist die Krone des Geistes und seine wesentliche Eigenschaft, sowie die Strahlen die wesensmäßige Notwendigkeit der Sonne sind. (FRAGEN S.206)

¹ Wenn man das gegenwärtig verfügbare englische Bahá'í-Schrifttum zum Thema Leib, Seele und Geist studiert, wird man von einer gewissen Unklarheit behindert, weil nicht alle Texte auf denselben Übersetzer zurückgehen und bekanntlich viele Bahá'í-Schriften noch nicht übersetzt sind. Zweifellos scheinen Geist und Seele in ihrer Bedeutung manchmal vertauscht worden zu sein; auch Seele und Verstand (engl.mind) sind in der Bedeutung vertauscht worden, ohne Zweifel wegen der Schwierigkeiten, die aus verschiedenen Übersetzungen herrühren. Der Glaube der Bahá'í geht indessen dahin, daß es sozusagen drei Gesichtspunkte unseres Menschseins gibt: einen Leib, einen Verstand und eine unsterbliche Identität - Seele oder Geist. Wir glauben, daß der Verstand das Bindeglied zwischen der Seele und dem Leib ist und daß beide aufeinander einwirken. (Shoghi Effendi durch seinen Sekretär am 7. Juni 1946; vgl. Arohanui: Letters from Shoghi Effendi to New Zooland, Bahá'í Publishing Trust, Fiji 1982 p.89)

+8:8
Die Fähigkeiten des Geistes und der Seele

Nun zu der Frage, ob die Fähigkeiten des Geistes und die Seele des Menschen ein und dasselbe sind: Die Geisteskräfte sind nur Eigenbesitz der Seele, so etwa Vorstellungskraft, Denkkraft, Verständnis - alles Kräfte, die wesentliche Voraussetzungen der menschlichen Wirklichkeit sind, so wie der Sonnenstrahl Eigenbesitz der Sonne ist. Der Tempel (Körper) des Menschen ist wie ein Spiegel, seine Seele ist wie die Sonne, und seine Geisteskräfte sind wie die Strahlen, die von dieser Lichtquelle ausgehen. Der Strahl kann aufhören, auf den Spiegel zu fallen, aber er kann nicht von der Sonne getrennt werden. (FOREL S.92)

+8:9
Die Überlegenheit der menschlichen Kräfte

Was die Geisteskräfte angeht, so gehören sie wahrlich zu den angeborenen Eigenschaften der Menschenseele, wie die Leuchtkraft eine Grundeigenschaft der Sonne ist. Die Sonnenstrahlen erneuern sich, aber die Sonne selbst ist beständig und unveränderlich. Bedenken Sie, wie der menschliche Verstand sich entwickelt, wieder nachläßt und manchmal völlig schwindet, während die Seele sich nicht verändert. Damit sich der Verstand offenbare, muß der menschliche Körper heil sein. Ein gesunder Verstand kann nur in einem gesunden Körper wohnen, aber die Seele ist nicht vom Körper abhängig. Durch die Macht der Seele hat der Verstand Begriffs- und Vorstellungsvermögen, durch sie übt er seinen Einfluß aus; aber die Seele ist eine freie Macht. Der Verstand begreift das Abstrakte mit Hilfe des Konkreten, aber die Seele hat unbegrenzte, eigenständige Offenbarungen. Der Verstand ist umgrenzt, die Seele unbegrenzt. Mittels der Sinne - Gesicht, Gehör, Geschmack, Geruch, Gefühl - begreift der Verstand, aber die Seele ist frei von allen Werkzeugen. Wie Sie beobachten, ist die Seele immer in Bewegung und Tätigkeit, ob wir schlafen oder wachen. Es mag sein, daß sie im Traum ein schwieriges Problem löst, das sie im wachen Zustand nicht lösen kann. Überdies kann der Verstand nichts begreifen, wenn die Sinne zu arbeiten aufhören. Im Embryonalzustand und in der frühen Kindheit ist die Verstandesmacht noch gar nicht da, indes die Seele immer mit voller Kraft ausgestattet ist. Kurz, es gibt viele Beweise, daß die Macht der Seele fortbesteht, auch wenn der Verstand verloren geht. Der Geist jedoch hat verschiedene Grade und Stufen. (FOREL s:15f)

+8:10
Die Seele ist vom Körper unabhängig

Gott hat uns in Seiner Freigebigkeit schon hier einen Vorgeschmack bereitet und uns gewisse Beweise für den Unterschied gegeben, der zwischen dem Körper, der Seele und dem Geist besteht.

Wir sehen, daß Kälte, Hitze, Leiden und so weiter nur den Körper betreffen. Der Geist wird nicht davon berührt.

Wie oft sehen wir Menschen, die arm, krank, elend angezogen, ohne Unterhalt und dennoch geistig stark sind. Was auch der Körper leiden mag, ihr Geist ist frei und wohl. Und wiederum, wie oft sehen wir Reiche, physisch kräftig und gesund, und doch mit einer Seele, die todkrank ist.

Für den schauenden Sinn ist es ganz klar, daß der Geist des Menschen etwas ist, das sich sehr von seinem physischen Körper unterscheidet.

Der Geist ist unveränderlich, unzerstörbar. Der Fortschritt und die Entfaltung der Seele, ihre Freude und Sorge, sind vom physischen Körper unabhängig.

Wenn ein Freund uns Freude oder Leid bereitet, wenn sich eine Liebe als echt oder falsch erweist, immer ist es die Seele, die berührt wird. Wenn unsere Lieben fern von uns sind - die Seele ist es, die sich grämt, und der Gram oder der seelische Kummer mag eine Auswirkung im Körper haben.

Wird daher der Geist mit heiligen Tugenden genährt, so ist der Körper freudig, fällt die Seele in Sünden, so liegt der Körper in Qualen.

Wenn wir Wahrheit, Beständigkeit, Treue und Liebe finden, sind wir glücklich, doch wenn wir auf Lüge, Treulosigkeit und Falschheit treffen, sind wir unglücklich.

Dies alles ist der Seele eigen und keine körperliche Krankheit. Daraus ergibt sich, daß die Seele gleich dem Körper ihre besondere Eigenart besitzt. Wenn nun der Körper einen Wandel durchmacht, so braucht dadurch nicht auch der Geist berührt zu werden. Wenn ihr ein Spiegelglas zerbrecht, auf das die Sonne schien, so ist das Glas zerbrochen, die Sonne aber scheint noch immer ...

Das gleiche gilt für den Geist des Menschen. Wenn auch der Tod seinen Körper zerstört, so hat er doch keine Macht über seinen Geist, der ewig, dauernd und frei von Geburt und Tod ist. (PARIS S.48)

+8:11
Die Wirklichkeit des Denkens

Die Wirklichkeit des Menschen ist sein Denken, nicht sein stofflicher Körper. Die Kraft des Denkens und die tierischen Kräfte sind Partner. Obwohl der Mensch an der Tierwelt teilhat, so besitzt er doch eine Gedankenmacht, die allen übrigen Geschöpfen überlegen ist. (PARIS S.9)

+8:12
Die Seele und ihre beiden Hauptfähigkeiten

Der Geist kann nicht mit den stofflichen Sinnen des materiellen Körpers wahrgenommen werden, es sei denn, daß er in äußeren Zeichen und Werken zum Ausdruck kommt. Der menschliche Körper ist sichtbar, die Seele unsichtbar. Doch ist es die Seele, die die Fähigkeiten des Menschen steuert und seine menschliche Natur beherrscht.

Die Seele hat zwei Hauptfähigkeiten: Gleichwie die äußeren Umstände der Seele durch die Augen, die Ohren und das Gehirn des Menschen übermittelt werden, so teilt die Seele ihre Wünsche und Absichten durch das Gehirn den Händen und der Zunge des physischen Körpers mit und drückt sie sich dadurch aus. Der Geist in der Seele ist das wahre Wesen des Lebens. Die zweite Fähigkeit der Seele drückt sich in der Welt der Schau aus, wo die Seele, vom Geist bewohnt, ihr Dasein hat und ohne Hilfe der materiellen körperlichen Sinne wirkt. In diesem Reich des Schauens sieht die Seele ohne Hilfe des physischen Auges, hört sie ohne die Unterstützung des physischen Ohres und wandert sie unabhängig von physischer Bewegung. Es ist daher klar, daß der Geist in der Seele des Menschen durch den physischen Körper wirken kann, indem er sich der gewöhnlichen Sinnesorgane bedient, und daß er fähig ist, auch ohne ihre Hilfe in der Welt der Schau zu leben und zu handeln. Dies beweist zweifelsfrei die Überlegenheit der Seele des Menschen über seinen Körper, die Überlegenheit des Geistes über den Stoff.

Sieh beipielsweise diese Lampe an: Ist nicht das Licht in ihr der Lampe, die es in sich birgt, überlegen? Wie schön die Form der Lampe immer sein mag - wenn da kein Licht ist, wird ihr Zweck sich nicht erfüllen, wird sie ohne Leben, ein totes Ding sein. Die Lampe braucht das Licht, aber das Licht braucht nicht die Lampe.

Der Geist braucht keinen Körper, aber der Körper braucht den Geist, sonst kann er nicht leben. Die Seele kann ohne Körper leben, der Körper aber stirbt ohne die Seele.

Würde ein Mensch sein Auge, sein Gehör, die Hände oder Füße verlieren, doch seine Seele im Körper wohnen, so würde er leben und göttliche Tugenden offenbaren können. Dagegen wäre es für einen vollkommenen Körper unmöglich, ohne den Geist zu leben. (PARIS S.65)

Wisse, daß Kraft und Fassungsvermögen des menschlichen Geistes von zweierlei Art sind, das heißt, es gibt zwei verschiedene Weisen des Wahrnehmens und Handelns. Der eine Weg ist mittels Werkzeugen und Organen: Mit diesem Auge sieht er, mit diesem Ohr hört er, und mit dieser Zunge spricht er. Auf diese Weise erfolgt die Tätigkeit des Geistes und die Wahrnehmung der Wirklichkeit des Menschen mit Hilfe von Organen. Mit anderen Worten, der Geist ist durch die Augen der Sehende, durch das Ohr ist er der Hörende und durch die Zunge ist der Geist der Sprechende.

Die andere Äußerung der Kräfte und Handlungen des Geistes erfolgt ohne Werkzeuge und Organe. Zum Beispiel sieht er im Zustand des Schlafes ohne Augen, ohne ein Ohr hört er, ohne eine Zunge spricht er und ohne Füße läuft er. Kurz, diese Handlungen sind jenseits der Mittel von Werkzeugen und Organen. Wie oft kommt es vor, daß der Geist in der Welt des Schlafes einen Traum sieht, dessen Bedeutung erst zwei Jahre später durch entsprechende Ereignisse sichtbar wird. Und wie oft geschieht es, daß ein Problem, das man in der Welt des Wachseins nicht lösen kann, in der Welt der Träume gelöst wird. Im Wachsein sieht das Auge nur auf eine kurze Entfernung, in den Träumen aber sieht der, welcher sich im Osten befindet, den Westen. Im Wachen sieht er die Gegenwart, im Schlafe die Zukunft. Im Wachsein kann er mit schnellen Verkehrsmitteln höchstens zwanzig Parasange¹ in der Stunde reisen, im Schlaf durchmißt er in einem Augenblick den Osten und den Westen. Denn der Geist reist auf zwei verschiedene Arten: ohne Mittel, was gleich geistigem Reisen, und mit Hilfsmitteln, was gleich körperlichem Reisen ist, wie Vögel, die fliegen, und solche, die getragen werden.

Im Schlafe ist der Körper wie tot; er sieht und hört nicht, fühlt nicht und hat weder Bewußtsein noch Wahrnehmung, das heißt, die Kräfte des Menschen ruhen, aber der Geist ist lebendig und tätig. Ja, sein Einfluß ist stärker, sein Flug höher und seine Erkenntnis größer. Anzunehmen, daß der Geist nach dem Tod des Körpers zugrunde gehe, ist wie die Vorstellung, daß ein Vogel in einem Käfig umkäme, wenn der Käfig zerbrochen wird, obwohl ja der Vogel von der Zerstörung des Käfigs nichts zu fürchten hat. Unser Körper ist dem Käfig und der Geist dem Vogel zu vergleichen. Wir sehen, daß ohne den Käfig dieser Vogel in der Welt des Schlafes fliegt; wenn daher der Käfig zerbricht, wird der Vogel unversehrt weiterleben; seine Empfindungen werden sogar tiefer, seine Wahrnehmungen weiter und sein Glück größer sein. Er ist wahrlich von der Hölle zu einem Paradies der Freuden aufgestiegen, weil es für die dankbaren Vögel kein schöneres Paradies als die Freiheit vom Käfig gibt. Darum eilen auch die Märtyrer in höchster Freude und Glückseligkeit zur Stätte der Hingabe.

Im Wachsein sieht das menschliche Auge höchstens auf eine Wegstunde Entfernung, weil durch die Vermittlung des Körpers die Kraft des Geistes so begrenzt wird; mit der inneren Sicht und dem geistigen Auge aber sieht er Amerika, kann wahrnehmen, was dort ist, dortige Zustände entdecken und Angelegenheiten beeinflussen. Wenn nun der Geist mit dem Körper identisch wäre, müßte die Kraft der inneren Schau auch im selben Verhältnis stehen. Es ist also klar, daß dieser Geist etwas anderes ist als der Körper, daß der Vogel etwas anderes ist als der Käfig und daß Kraft und Einfluß des Geistes ohne das Werkzeug des Körpers größer sind. (FRAGEN S.221)

¹ Parasang = Farsach : türkisches Längenmaß ca. 8 Km

+8:13
Die innere Stimme

Wenn ihr eine Frage überlegt oder betrachtet, beratet ihr sie mit etwas in euch selbst. Ihr fragt: Soll ich dies tun oder lassen? Ist es besser, diese Reise zu unternehmen oder sie aufzugeben? Wen fragt ihr da um Rat? Wer ist das in euch, der diese Frage entscheidet? Sicherlich gibt es da eine besondere Kraft, ein intelligentes Ich. Wäre diese Kraft nicht von eurem Selbst unterschieden, so würdet ihr sie nicht um Rat fragen. Sie ist größer als die Denkfähigkeit. Sie ist euer Geist, der euch lehrt, euch berät und für euch entscheidet. Wer ist es, der da fragt? Wer ist es, der da antwortet? Zweifellos ist es der Geist; er kennt nicht Wandel noch Wechsel, denn er ist nicht aus Elementen zusammengesetzt, und was nicht aus Elementen zusammengesetzt ist, das ist ewig. Wandel und Wechsel sind Besonderheiten der Zusammensetzung. Im Geist gibt es weder Wandel noch Wechsel. Der Beweis dafür ist, daß der Körper von seinen Gliedern geschwächt werden kann. Er kann Glieder verlieren, ein Glied kann behindert sein. Der ganze Leib kann gelähmt sein, und doch bleibt der Verstand, der Geist, derselbe wie zuvor. Der Verstand entscheidet, der Gedanke ist vollkommen, aber die Hand ist verdorrt, die Füße sind untauglich, das Rückgrat ist gelähmt, die Muskeln bewegen sich überhaupt nicht mehr. Der Geist jedoch ist im selben Zustand wie zuvor. Wenn ein gesunder Mensch zerstückelt wird, ist sein Geist nicht zerstückelt. Wenn man seine Füße amputiert, ist sein Geist noch da. Er mag gelähmt werden; sein Geist ist nicht betroffen. Der Geist ist immer derselbe; du kannst weder Wandel noch Wechsel daran feststellen, und weil es weder Wandel noch Wechsel gibt, ist er immerwährend und ewig.

Betrachtet einen Menschen im Zustand des Schlafes. Offenkundig sind seine Teile und Glieder im Ruhezustand und ohne Aufgabe. Sein Auge sieht nicht, sein Ohr hört nicht, seine Füße und Hände sind bewegungslos; aber dennoch schaut er in die Welt der Träume. Dort hört er, spricht, geht umher, ja fliegt vielleicht in einem Flugzeug. So wird es klar, daß der Geist lebendig und dauerhaft ist, auch wenn der Körper stirbt. Nein, die Wahrnehmungen mögen schärfer sein, während der Leib des Menschen schläft, der Flug mag höher gehen, das Gehör kann feiner sein. Alle Funktionen sind da, und doch ist der Leib im Ruhezustand. Somit ist es sicher, daß es einen Geist im Menschen gibt und daß es bei diesem Geist keinen Unterschied macht, ob der Leib schläft oder völlig tot und aktionsunfähig ist. Der Geist ist von diesen Zuständen nicht behindert; er wird nicht seiner Existenz beraubt, er geht seiner Vollkommenheiten nicht verlustig. Beweise dafür gibt es unzählig viele.

Das alles sind Verstandesbeweise. Niemand kann sie widerlegen. Nachdem wir gezeigt haben, daß es einen Geist gibt und daß dieser Geist dauerhaft und ewig ist, müssen wir uns bemühen, daraus zu lernen. Werdet dieser Macht gewahr, beeilt euch, sie zu etwas Göttlichem zu machen, laßt sie hehr und heilig werden, gestaltet sie zum Licht der Welt, das den Osten wie den Westen erleuchtet! (PUP p.242)

+8:14
Geistige Entdeckungen

Du schriebst über die Frage geistiger Entdeckungen. Des Menschen Geist ist eine Kraft, welche alle Dinge umkreist und ihre Wirklichkeiten umfängt. Was immer du um dich her erblickst - wunderbare Ergebnisse menschlicher Kunstfertigkeit, Erfindungen, Entdeckungen und ähnliche Erscheinungen -, all dies war einmal ein Geheimnis, das im Reiche des Unbekannten verborgen lag. Der Menschengeist deckte dieses Geheimnis auf, holte es aus der unsichtbaren in die sichtbare Welt. So steht es zum Beispiel mit der Dampfkraft, der Photographie und dem Phonographen, der drahtlosen Telegraphie und den Fortschritten in der Mathematik: Alles war einst ein Mysterium, ein streng bewachtes Geheimnis; der Menschengeist enthüllte jedoch diese Geheimnisse und brachte sie aus dem Unsichtbaren ans Tageslicht. So ist deutlich, daß der menschliche Geist eine alles umfangende Kraft ist, die ihre Herrschaft über das innere Wesen alles Erschaffenen ausübt und die wohlverwahrten Mysterien der Erscheinungswelt aufdeckt.

Der göttliche Geist hingegen enthüllt göttliche Wirklichkeiten und allumfassende Geheimnisse, die in der geistigen Welt liegen. Ich hoffe, daß du diesen göttlichen Geist erlangen wirst, so daß du die Geheimnisse der anderen Welt ebenso entdeckst wie die Mysterien der Welt hienieden. (BRIEFE 145:1-2)

+8:15
Visionen und Verbindung zu Geistern

Überlege, daß es zwei Arten menschlicher Denkkraft gibt. Die eine Art ist richtig, wenn sie mit einer festgestellten Wahrheit übereinstimmt. Solche Vorstellungen finden ihre Verwirklichung in der äußeren Welt; richtige Meinungen, zutreffende Theorien, wissenschaftliche Entdeckungen und Erfindungen gehören dazu.

Die andere Art von Vorstellungen besteht aus eitlen Gedanken und nutzlosen Ideen, die weder Früchte noch Erfolge zeitigen und keine Wirklichkeit haben; sie branden hoch wie die Wellen des Meeres der Einbildungen und vergehen wie leere Träume.

Ebenso gibt es zwei Arten geistiger Entdeckungen. Einmal sind es die Offenbarungen der Propheten und die geistigen Entdeckungen der Auserwählten. Die Visionen der Propheten sind keine Träume; nein, sie sind geistige Entdeckungen und haben Wirklichkeit. Sie sagen zum Beispiel: »Ich sah ein Wesen von bestimmter Gestalt, ich sagte ihm dies, und es antwortete mir jenes.« Diese Vision erfolgt in der Welt des wachen Bewußtseins und nicht in der des Schlafes. Es ist vielmehr eine geistige Entdeckung, die so zum Ausdruck gebracht wird, als ob sie das Erscheinen einer Vision wäre. Die andere Art geistiger Entdeckungen setzt sich aus reinen Einbildungen zusammen; diese aber werden so dargestellt, daß viele arglose Menschen glauben, sie hätten Wirklichkeit. Der klare Beweis dafür ist, daß aus diesen Geisterzitierungen noch niemals ein Ergebnis oder ein Nutzen gewonnen wurde - sie sind nur Erzählungen und Geschichten.

Wisse, daß die Wirklichkeit des Menschen die Wirklichkeiten der Dinge umfaßt und ihre Wahrheiten, Eigentümlichkeiten und Geheimnisse entdeckt. So wurden alle diese Künste und wunderbaren Sachen, diese Wissenschaften und Kenntnisse von der menschlichen Wirklichkeit entdeckt. Diese Wissenschaften, Kenntnisse, Wunder und Künste waren einmal verborgene und verhüllte Geheimnisse. Die menschliche Wirklichkeit entdeckte sie dann nach und nach und brachte sie aus dem Bereich des Unsichtbaren zur Ebene des Sichtbaren. Es ist daher klar, daß die Wirklichkeit des Menschen die Dinge umfaßt. So ist sie in Europa und entdeckt Amerika; sie weilt auf der Erde und macht Entdeckungen am Himmel. Sie enthüllt die Geheimnisse der Dinge und kennt die Wirklichkeiten des Daseins. Diese Entdeckungen, die der Wirklichkeit entsprechen, ähneln der Offenbarung, die geistige Einsicht, göttliche Eingebung und Verbindung mit dem Menschengeist ist. Zum Beispiel sagt der Prophet: »Ich sah, ich sagte, ich hörte dies und jenes.« Daraus geht klar hervor, daß der Geist auch ohne die Vermittlung eines der fünf Sinne, wie der Augen oder Ohren, großes Wahrnehmungsvermögen hat. Unter geistigen Seelen gibt es geistiges Verstehen und Entdecken, eine Verbindung, die von Einbildung und Wahn geläutert ist, und eine Vereinigung, die über Zeit und Raum geheiligt ist. So steht im Evangelium, daß auf dem Berge Tabor Moses und Elias zu Christus kamen, und es ist offenkundig, daß dies keine körperliche Begegnung war. Es war ein geistiges Geschehen, das als leibliche Zusammenkunft dargestellt wird.

Die andere Art der Zusammenkunft, Gegenwart und Mitteilungen von Geistern ist nichts als Einbildung und Wahn, die nur so aussehen, als ob sie Wirklichkeit wären. Verstand und Denken des Menschen entdecken manchmal Wahrheiten, und von diesen Gedanken und dieser Entdeckung gehen sichtbare Zeichen und Ergebnisse aus. Dieser Gedanke hat eine Grundlage; aber viele Dinge kommen dem Menschen in den Sinn, die wie Wogen aus dem Meere der Einbildungen sind. Sie tragen keine Frucht, und keine Wirkung geht von ihnen aus. Ebenso sieht der Mensch in der Welt des Schlafes ein Traumbild, das sich später genau verwirklicht; ein andermal sieht er einen Traum, der überhaupt keine Auswirkung hat.

Was wir sagen wollen, ist, daß dieses Geschehen, das man Umgang und Unterhaltung mit Geistern nennt, von zweierlei Art ist: Die eine ist nur in der Einbildung vorhanden, und die andere ist wie die Visionen, von denen in der Heiligen Schrift berichtet wird, wie zum Beispiel die Offenbarungen von Johannes und Jesaja und die Begegnung Christi mit Moses und Elias. Diese sind Wirklichkeit, sie erzielen wunderbare Ergebnisse in den Köpfen und Gedanken der Menschen und bewirken, daß ihre Herzen angezogen werden. (FRAGEN S.244)

+9:1 #87

FORTSCHRITT UND ZUSTAND DER SEELE IN DIESER UND DER ZUKÜNFTIGEN WELT

Der Eintritt in Gottes Reich

Du fragst nach dem ewigen Leben und dem Eingehen in das Reich Gottes. Die Bezeichnung der äußeren Welt für dieses Reich ist »Himmel«; das ist aber ein Vergleich und ein Gleichnis, keine Wirklichkeit oder Tatsache, denn das Königreich ist kein stofflicher Ort, es ist über Zeit und Raum geheiligt. Es ist eine geistige Welt, eine göttliche Welt und der Mittelpunkt der Herrschaft Gottes; es ist frei vom Körperlichen und von allem, was stofflich ist, und ist geläutert und geheiligt über die Vorstellungen der menschlichen Welt. An den Ort gebunden zu sein ist eine Eigentümlichkeit des Körpers und nicht des Geistes. Ort und Zeit umfassen den Körper, nicht den Verstand und die Seele. Beachte, daß der Körper des Menschen auf einen kleinen Raum beschränkt ist; er bedeckt nur zwei Spannen Erde, aber Geist und Verstand des Menschen reisen durch alle Länder und Gegenden, sogar durch den unendlichen Raum des Himmelszeltes, sie umfassen alles Dasein und machen in hohen Regionen und unendlichen Weiten Entdeckungen. Dies kommt daher, daß der Geist an keinen Ort gebunden, sondern raumlos ist; Erde und Himmel sind für ihn gleich, da er in beiden Entdeckungen macht. Der Körper dagegen ist an einen Ort gebunden und hat keine Kenntnis von dem, was außerhalb liegt.

Denn es gibt zwei Arten von Leben, das des Körpers und das des Geistes. Das Leben des Körpers ist ein stoffliches, aber das Leben des Geistes offenbart das Sein des Königreichs, das im Empfangen des Geistes Gottes und im Lebendigwerden durch den Odem des Heiligen Geistes besteht. Obgleich das körperliche Leben existiert, ist es für die geistig Geheiligten reines Nichtsein und völliger Tod. So existiert der Mensch, und auch dieser Stein existiert, aber welch ein Unterschied zwischen dem Dasein des Menschen und dem des Steins! Obwohl der Stein ein Dasein hat, so ist es mit dem des Menschen verglichen ein NichtSein.

Die Bedeutung des ewigen Lebens ist die Gabe des Heiligen Geistes, so wie die Blume das Geschenk der Jahreszeit, der Luft und der Frühlingswinde empfängt. Beachte wohl, daß diese Blume ursprünglich ein Leben wie das des Minerals hatte; aber durch das Kommen des Frühjahrs, die Gaben der Frühlingswolken und die Wärme der strahlenden Sonne gelangte sie zu einem anderen Leben größter Frische und Feinheit und höchsten Wohlgeruchs. Das erste Leben der Blume ist im Vergleich zu ihrem zweiten Leben Tod.

Das bedeutet, daß das Leben des Königreiches das Leben des Geistes ist, das heißt ewiges Leben, und daß es vom Raum geläutert ist, wie der menschliche Geist, der keinen Ort hat. Denn wenn man den menschlichen Körper untersucht, wird man keinen besonderen Platz oder Ort für den Geist finden, denn er hat nie einen solchen gehabt; er ist nicht stofflich. Seine Verbindung mit dem Körper ist wie die der Sonne mit diesem Spiegel. Die Sonne ist nicht im Spiegel, aber sie steht in Verbindung mit ihm.

Ebenso ist die Welt des Königreichs über alles geheiligt, was mit den Augen oder anderen Sinnen, wie Gehör, Geruch, Geschmack oder Tastsinn, wahrgenommen werden kann. Wo ist der Sitz des Verstandes, dessen Vorhandensein im Menschen doch feststeht? Wenn man den Körper mit dem Auge, dem Ohr oder den anderen Sinnen untersucht, wird man ihn nicht finden; und doch ist er da. Der Verstand hat also keinen Ort, ist aber mit dem Gehirn verbunden. Mit dem Königreich it es ebenso. Auch die Liebe hat keinen Ort, ist aber mit dem Herzen verbunden; und so hat das Königreich keinen Ort, aber es ist mit dem Menschen verbunden.

Das Eingehen ins Königreich erfolgt durch die Liebe zu Gott, durch Loslösung, durch Heiligkeit und Keuschheit, durch Wahrhaftigkeit, Reinheit, Standhaftigkeit, Treue und das Opfer des Lebens.

Diese Erklärungen zeigen, daß der Mensch unsterblich ist und ewig lebt. Für die, die an Gott glauben, die Liebe und Vertrauen zu Gott haben, ist das Leben wahrhaft gut, das heißt, es ist ewig; für jene Seelen aber, die vor Gott verschleiert sind, ist es, obwohl sie Leben haben, finster, und im Vergleich mit dem Leben der Gläubigen ist es Nichtsein.

Zum Beispiel sind das Auge und der Nagel lebendig; aber das Leben des Nagels ist im Vergleich zu dem des Auges Nichtsein. Dieser Stein und dieser Mensch existieren; aber der Stein existiert im Vergleich zum Dasein des Menschen nicht, er hat kein Sein; denn wenn der Mensch stirbt und sein Körper zugrunde geht und zerfällt, wird er wie Stein und Erde. Darum ist es klar, daß das Mineral, obwohl es existiert, im Vergleich zum Menschen nicht existiert.

In gleicher Weise ist das Dasein der vor Gott verschleierten Seelen, obgleich sie in dieser und in der Welt nach dem Tode existieren, im Vergleich mit dem heiligen Leben der Kinder des Reiches Gottes wie Nichtsein und Trennung von Gott. (FRAGEN S.234ff)

+9:2
Das Himmelreich

O du, der du nach dem Reich des Himmels trachtest! Diese Welt ist wie des Menschen Leib, und das Reich Gottes ist wie der Geist des Lebens. Sieh, wie dunkel und beschränkt die stoffliche Welt des Leibes ist, wie er Leiden und Krankheiten zum Opfer fällt. Wie frisch und strahlend ist dagegen das Reich des menschlichen Geistes. Schließe aus diesem Gleichnis, wie die Welt des Königreichs herniederstrahlt, wie ihre Gesetze geschaffen sind, in diesem niederen Reich zu wirken. Zwar ist der Geist dem Blick verborgen, doch strahlen seine Befehle wie der Sonnenschein auf die Welt des Menschenleibs. So ist auch für den, der mit dem inneren Auge schaut, das Himmelreich klar wie der Tag, obgleich es dem Blick dieses unwissenden Volkes verborgen bleibt.

Wohne du deshalb für immer im Königreich und vergiß diese niedere Welt. Sei so völlig aufgefangen in der Ausstrahlung des Geistes, daß nichts in der Menschenwelt dich ablenkt. (BRIEFE 161:1-2)

+9:3

Die Seelen der Kinder des Königreiches erheben sich nach ihrer Trennung vom Leibe in das Reich ewigen Lebens. Aber wenn ihr nach dem Ort fragt, so wißt, daß die Welt des Seins nur eine einzige Welt ist, wenn auch ihre Stufen verschiedenartig und voneinander getrennt sind. So nimmt zum Beispiel das mineralische Leben seine eigene Ebene ein; aber mineralisches Dasein ist sich des Pflanzenreiches in keiner Weise bewußt. Ja, es leugnet mit seiner inwendigen Zunge, daß es überhaupt so ein Reich gibt. Genauso weiß pflanzliches Dasein nichts über die tierische Welt. Es kümmert sich nicht um sie, und sie bleibt ihm verborgen; denn die Stufe des Tieres ist höher als die der Pflanze. Vor der Pflanze ist die Tierwelt verschleiert, und inwendig leugnet sie das Dasein jener Welt - das alles, obwohl Tier, Pflanze und Mineral in derselben Welt beieinander wohnen. Auch das Tier bleibt der Macht des menschlichen Verstandes völlig unbewußt - einer Macht, die weltumfassende Ideen aufnimmt und die Geheimnisse der Schöpfung enthüllt, so daß ein Mensch, der im Osten lebt, Pläne und Vorkehrungen für den Westen treffen und Geheimnisse enträtseln kann. Er kann Amerika entdecken, auch wenn er auf dem europäischen Kontinent zuhause ist; er kann die innersten Wirklichkeiten der Himmelssterne erfassen und ist doch auf der Erde. Diese Entdeckerkraft, die zum menschlichen Verstand gehört, diese Macht, abstrakte und weltumfassende Ideen aufzunehmen, bleibt dem Tier völlig verborgen; das Tier leugnet in der Tat ihr Vorhandensein.

Genauso können die Erdenbewohner die Welt des Reiches Gottes nicht erkennen und leugnen ihr Vorhandensein. Sie fragen zum Beispiel: »Wo ist das Königreich? Wo ist der Herr des Königreiches?« Diese Menschen sind wie das Mineral und die Pflanze, die über das Tierreich und das Menschenreich nichts wissen. Sie sehen es nicht, sie finden es nicht. Und doch leben sie alle, das Mineral und die Pflanze, das Tier und der Mensch, zusammen in dieser Welt des Seins. (BRIEFE 163:2-3)

+9:4

Notwendige Tugendenden für den Eintritt ins Himmelreich

In der Welt des Seins hat der Mensch aufeinanderfolgende Stufen beschritten, bis er in das Menschenreich gelangte. Auf jeder Entwicklungsstufe hat er die Fähigkeit des Fortschritts zum nächsten Zustand, zur nächsten Rahmenbedingung, entfaltet. Im Mineralreich erlangte er die Fähigkeit, sich auf die Stufe der Pflanze zu erheben. Im Pflanzenreich unterzog er sich der Vorbereitung auf die Tierwelt, und von dort schritt er fort zur Stufe oder zum Reich des Menschen. Auf dieser ganzen Reise war er aber immer seiner Anlage nach ein Mensch.

Am Anfang seines Menschenlebens war der Mensch ein Embryo in der Welt des Mutterleibes. Dort empfing er die Fähigkeiten und Anlagen für die Wirklichkeit des menschlichen Daseins. Die Energien und Kräfte, die er für diese Welt nötig hat, wurden ihm in jenem beschränkten Zustand verliehen. In dieser Welt braucht er Augen; er empfing sie der Anlage nach in der anderen. Er braucht Ohren; er erhielt sie dort, für sein neues Dasein fertig vorbereitet. Die in dieser Welt erforderlichen Kräfte wurden dem Menschen in der Welt des Mutterleibes verliehen. Als er dieses Reich wirklichen Seins betrat, besaß er nicht nur alle notwendigen Funktionen und Kräfte, sondern fand auch Vorkehrungen für seinen stofflichen Unterhalt vor.

Demnach muß sich der Mensch in dieser Welt auf das jenseitige Leben vorbereiten. Was er in der Welt des Himmelreichs benötigt, muß er hier erwerben. Wie er sich im Mutterleib vorbereitete, indem er die für diesen Lebensraum erforderlichen Kräfte erwarb, so muß er die unerläßlichen Kräfte des göttlichen Daseins in dieser Welt der Möglichkeit nach erlangen.

Was benötigt der Mensch im Reich Gottes, das über das Leben und die Grenzen des sterblichen Erdballs hinausreicht? Die jenseitige Welt ist eine Welt strahlender Heiligkeit; deshalb tut es dem Menschen not, daß er in dieser Welt solche göttlichen Eigenschaften erwirbt. In jener Welt braucht man Geistigkeit, Glauben, Gewißheit, Erkenntnis Gottes, Liebe zu Gott. Das alles muß der Mensch in dieser Welt erlangen, damit er nach seinem Aufstieg aus dem irdischen in das himmlische Reich alles, was er für jenes ewige Leben benötigt, bereitet findet.

Jene göttliche Welt ist offenbar eine Welt des Lichtes; deshalb braucht der Mensch hier Erleuchtung. Dort ist eine Welt der Liebe; die Liebe zu Gott ist wesentlich. Es ist eine Welt der Vollkommenheit. Tugenden oder Vollkommenheiten müssen erworben werden. Belebt wird jene Welt durch den Odem des Heiligen Geistes; ihn müssen wir in dieser Welt suchen. Dort ist das Reich ewigen Lebens; wir müssen es während dieses vergänglichen Daseins erreichen.

Mit welchen Mitteln kann der Mensch all dies erlangen? Wie soll er diese Gnadengaben und Kräfte gewinnen? Erstens durch die Erkenntnis Gottes. Zweitens durch die Liebe zu Gott. Drittens durch Glauben. Viertens durch Werke der Nächstenliebe. Fünftens durch Selbsthingabe. Sechstens durch Loslösung von dieser Welt. Siebtens durch Reinheit und Heiligkeit. Ehe der Mensch nicht diese Kräfte erwirbt und diesen Anforderungen genügt, geht er sicherlich des ewigen Lebens verlustig. Wenn er aber die Erkenntnis Gottes besitzt, vom Feuer der Liebe zu Gott durchglüht ist, Zeugnis für das Reich Gottes und seine großen, machtvollen Zeichen ablegt, Liebe zwischen den Menschen bewirkt, kurz, wenn er in einem Zustand höchster Reinheit und Heiligkeit lebt, dann wird er sicherlich wiedergeboren und, vom Heiligen Geiste getauft, das ewige Leben genießen.

Ist es nicht erstaunlich, daß der Mensch alledem unwissend und gleichgültig gegenübersteht, obwohl er für die Erkenntnis und Liebe Gottes erschaffen ist, für die Tugenden der Menschenwelt, für Geistigkeit, himmlische Erleuchtung und ewiges Leben? Bedenkt, wie er alles zu erkennen sucht außer Gott. Zum Beispiel ist es sein größter Wunsch, die Geheimnisse der tiefsten Erdschichten zu durchdringen. Tag für Tag müht er sich zu erforschen, was zehn Meter unter der Erdoberfläche zu finden sei, was in einem Stein zu entdecken wäre, was er durch archäologische Studien aus dem Staube lernen könnte. Große Mühsal nimmt er auf sich, um die Geheimnisse der Erde auszuloten; aber er kümmert sich keinen Deut um die Geheimnisse des Reiches Gottes, indem er etwa die unendlichen Gefilde der ewigen Welt durchmäße, sich über die göttlichen Wirklichkeiten unterrichtete, Gottes Geheimnisse entdeckte, die Erkenntnis Gottes erlangte, den Strahlenglanz der Sonne der Wahrheit bezeugte und die Herrlichkeiten des ewigen Lebens wahrnähme. All dies beachtet er nicht, denkt nicht daran. Wie stark ziehen ihn die Geheimnisse des Stofflichen an, wie unwissend ist er um die Geheimnisse des Göttlichen! Nein, er vergißt und vernachlässigt die göttlichen Geheimnisse völlig. Wie schlimm ist seine Unwissenheit! Wie tief erniedrigt ihn das! Es ist, als habe ein gütiger, liebevoller Vater seinem Sohn eine Bibliothek wundervoller Bücher bereitgestellt, damit er sich über die Geheimnisse der Schöpfung unterrichte, und habe ihn gleichzeitig mit allem umgeben, was er zu seinem Behagen und Vergnügen braucht; der Sohn aber vergnügt sich mit Kieselsteinchen und Kinderspielzeug, der Gaben und Vorkehrungen seines Vaters völlig uneingedenk. Wie unwissend, wie achtlos ist der Mensch! Der Vater will seine ewige Herrlichkeit; er aber ist zufrieden mit Blindheit und Verlust. Der Vater hat ihm einen königlichen Palast erbaut; er aber spielt mit dem Schmutz. Der Vater hat ihm seidene Kleider bereitet; er aber will lieber nackt bleiben. Der Vater bietet ihm köstliche Speisen und Früchte; er aber sucht seine Nahrung im Gras auf dem Feld. (PUP p.225)

+9:5
Lohn und Strafe

Nun heißt es, daß es zwei Arten von Bestrafung und Belohnung gibt. Erstens, die Belohnungen und Bestrafungen dieser Welt; zweitens, diejenigen der anderen Welt. Aber Paradies und Hölle des Daseins sind in allen Welten Gottes zu finden, ob in dieser Welt oder in den geistigen himmlischen Welten. Diese Belohnungen zu verdienen heißt das ewige Leben gewinnen. Darum sagte Christus: »Handelt so, daß ihr ewiges Leben ererbt und daß ihr aus Wasser und Geist geboren werdet, damit ihr ins Reich Gottes kommt.« (Joh.3:5)

Die Belohnungen dieses Lebens sind die Tugenden und Vollkommenheiten, die die Wirklichkeit des Menschen schmücken. Zum Beispiel war der Mensch unaufgeklärt und wird erleuchtet, er war unwissend und wird weise, er war unachtsam und wird wachsam, er schlief und wird erweckt, er war tot und wird lebendig, er war blind und wird sehend, er war taub und wird hörend, er war weltlich und wird himmlisch, er war materiell und wird geistig. Durch diese Belohnungen wird er geistig geboren und ein neues Geschöpf. Er wird zur Offenbarung des Verses im Evangelium, wo von den Jüngern gesagt wird, daß sie nicht von dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches noch von dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind (Joh1:13); das heißt, sie wurden von den tierischen Merkmalen und Eigenschaften, die die Kennzeichen der menschlichen Natur sind, befreit und mit den göttlichen Eigenschaften, die die Gabe Gottes sind, ausgezeichnet; dies ist die Bedeutung der zweiten Geburt. Für solche Menschen gibt es keine größere Qual, als von Gott fern zu sein, und keine schMirzaichere Strafe als Lasterhaftigkeit, schlechte Eigenschaften, niedrige Gesinnung und Verstrickung in sinnliche Genüsse. Wenn sie durch das Licht des Glaubens von der Dunkelheit dieser Laster befreit, durch das Strahlen der Sonne der Wirklichkeit erleuchtet und mit allen Tugenden geadelt werden, so halten sie dies für die größte Belohnung und wissen, daß es das wahre Paradies ist. In gleicher Weise betrachten sie es als geistige Bestrafung, das heißt als Qual und Strafe des Daseins, der natürlichen Welt unterworfen zusein, Gott fern zu sein, roh und unwissend zu sein, fleischlichen Gelüsten zu unterliegen und von sinnlichen Schwächen gefesselt zu sein; mit schlechten Eigenschaften, wie Falschheit, Herrschsucht, Grausamkeit und Abhängigkeit von den Dingen der Welt behaftet und voll teuflischer Gedanken zu sein - für sie sind dies die größten Strafen und Qualen.

Und so sind die Belohnungen der anderen Welt das ewige Leben, das in allen heiligen Büchern deutlich erwähnt wird, die göttlichen Vollkommenheiten, die immerwährenden Gnadengaben und unvergängliche Glückseligkeit. Die Belohnungen der anderen Welt sind die Vollkommenheiten und der Friede, die nach Verlassen dieser Welt in den geistigen Welten erlangt werden, während die Belohnungen dieses Lebens die wahrhaftigen, strahlenden Vollkommenheiten sind, die in dieser Welt verwirklicht werden. Sie sind die Ursache des ewigen Lebens, denn sie sind der wahre Fortschritt des Daseins. Es ist wie der Mensch, der von der embryonalen Welt zur Stufe der Reife schreitet und der zur Offenbarung dieser Worte wird: »Gepriesen sei Gott, der herrlichste Schöpfer.« (Quran 23:14) Die Belohnungen der anderen Welt sind Friede, geistige Tugenden, verschiedene geistige Gaben im Reiche Gottes, Erfüllung der Wünsche von Herz und Seele und Begegnung mit Gott in der Welt der Ewigkeit. In gleicher Weise bestehen die Strafen der anderen Welt, das heißt ihre Qualen, im Beraubtsein der besonderen göttlichen Segnungen und vollkommenen Gnadengaben und im Herabsinken auf die niedrigste Stufe des Seins. Jeder, der von diesen göttlichen Gunstbezeigungen ausgeschlossen ist, wird, obwohl er nach dem Tode weiterbesteht, vom Volk der Wahrheit als tot angesehen. (FRAGEN S.18)

+9:6
Warum reist die Seele zurück zu Gott?

Ihr fragt, warum es der Seele, die von Gott ist, not tut, diese Reise zurück zu Gott zu unternehmen ...

Dieser Frage liegt die Wirklichkeit zugrunde, daß der böse Geist, Satan oder was man immer sonst als das Böse auslegt, die niedere Natur im Menschen bezeichnet. Diese niedere Natur wird auf vielerlei Weise versinnbildlicht. Im Menschen gibt es zwei Ausdrucksformen: Die eine ist der Ausdruck der Natur, die andere der Ausdruck des geistigen Reiches. Die Welt der Natur ist fehlerhaft. Betrachtet sie klaren Auges, werft allen Aberglauben, alle Einbildung ab! Wenn ihr einen Menschen barbarisch und ohne Bildung in den Wildnissen Afrikas aussetztet, kann es dann einen Zweifel geben, daß er unwissend bleibt? Gott hat nie einen bösen Geist erschaffen. Alle solchen Vorstellungen und Benennungen sind nur Sinnbilder für die rein menschliche, irdische Natur des Menschen. Es ist ein Wesenszustand des Bodens, daß Unkräuter, Dorngestrüpp und unfruchtbare Bäume daraus hervorwachsen. Relativ betrachtet ist dies böse; es ist lediglich der niedrigere Zustand, das einfachere Erzeugnis der Natur.

Daraus erhellt, daß der Mensch göttlicher Erziehung und Eingebung bedarf, daß Gottes geistige Gnadengaben für seine Entwicklung unentbehrlich sind. Das heißt, die Lehren Christi und der Propheten sind für die menschliche Erziehung und Führung notwendig. Warum? Weil Christus und die Propheten göttliche Gärtner sind, die den Boden des menschlichen Herzens und Verstandes umgraben. Sie erziehen den Menschen, jäten das Unkraut, verbrennen das Dorngestrüpp und getalten das Ödland zu Gärten und Obsthainen mit fruchtbaren Bäumen. Sinn und Weisheit ihrer Erziehungsarbeit ist, daß der Mensch sich von Stufe zu Stufe fortschreitend entfaltet, bis er Vollkommenheit erlangt. Wenn zum Beispiel jemand sein ganzes Leben in einer einzigen Stadt verbringt, kann er kein Wissen über die ganze Welt erwerben. Um vollkommen unterrichtet zu sein, muß er andere Städte besuchen, Berge und Täler sehen, Flüsse überqueren und Ebenen durchmessen. Mit anderen Worten, ohne fortschreitende, umfassende Erziehung läßt sich keine Vollkommenheit erlangen.

In seiner Aufwärtsentwicklung muß der Mensch viele Pfade beschreiten und mancherlei Prozessen unterworfen werden. Körperlich wird er nicht in seiner vollen Größe geboren; vielmehr durchschreitet er die aufeinanderfolgenden Stufen der Leibesfrucht, des Säuglings, der Kindheit, der Jugend, der Reife und des Alters. Angenommen, er hätte die Macht, sein ganzes Leben lang jung zu bleiben; dann verstünde er die Bedeutung des Alters nicht und könnte nicht glauben, daß es das gibt. Wenn er sich den Zustand des Alters nicht vorstellen könnte, wüßte er auch nicht, daß er jung ist. Ohne die Erfahrung des Alters könnte er den Unterschied zwischen Jugend und Alter nicht erkennen. Wie könntet ihr erkennen, daß das Wesen neben euch ein Kind ist, wenn ihr nicht selbst den Zustand der Kindheit durchschritten hättet? Wie könntet ihr das Rechte erkennen, wenn es kein Unrecht gäbe? Wie könntet ihr die Tugend schätzen, wenn keine Sünde da wäre? Wie könntet ihr gute Taten empfehlen, wenn böse Taten unbekannt wären? Wie verstündet ihr, was Gesundheit ist, wenn es keine Krankheit gäbe? Das Böse hat kein Dasein; es ist die Abwesenheit des Guten. Krankheit ist der Verlust der Gesundheit, Armut der Mangel an Reichtümern. Wenn der Wohlstand verschwindet, seid ihr arm; ihr schaut in das Schatzkästlein, findet aber nichts darinnen. Ohne Wissen herrscht Unwissenheit; folglich ist Unwissenheit einfach der Mangel an Wissen. Der Tod ist die Abwesenheit von Leben. Deshalb haben wir auf der einen Seite das Dasein, auf der anderen das Nichtsein, die Verneinung oder die Abwesenheit des Daseins.

Kurz, die Reise der Seele ist notwendig. Der Weg des Lebens führt zu göttlicher Erkenntnis und göttlichen Eigenschaften. Ohne Übung und Führung könnte die Seele niemals über den Zustand ihrer niederen, unwissenden, fehlerhaften Natur hinaus fortschreiten. (PUP p.294)

+9:7
Die richtige Einstellung zum Tod

Ein Freund fragte: »Wie soll man dem Tod entgegensehen?«

Abdu'l-Bahá antwortete:

Wie sieht man dem Ende einer Reise entgegen? Mit Hoffnung und Erwartung. So ist es auch mit dem Ende dieser Erdenreise. In der nächsten Welt wird der Mensch sich von vielen Unzulänglichkeiten, unter denen er jetzt leidet, befreit fühlen. Wer durch den Tod gegangen ist, lebt in einer eigenen Sphäre. Sie ist der unsrigen nicht entrückt: ihr Wirken im Königreich ist das unsrige. Aber sie ist geheiligt von dem, was wir Raum und Zeit nennen. Unsere Zeit wird nach der Sonne gemessen. Wenn es keinen Sonnenaufgang und keinen Sonnenuntergang mehr gibt, so gibt es für den Menschen auch nicht mehr diese Art von Zeit. Die Aufgestiegenen haben Merkmale, die sich von den Eigenschaften derer unterscheiden, die noch auf Erden sind. Doch besteht keine wirkliche Trennung zwischen ihnen. (LONDON p.95 , GLK S.171)

+9:8
Der Fortschritt der Seele nach dem Tod

Was die Seele des Menschen nach dem Tod betrifft, so bewahrt sie den Grad der Reinheit, zu dem sie sich während des Lebens im physischen Körper entfaltet hat, und nach ihrer Befreiung vom Körper bleibt sie vom Meer der Gnade Gottes überflutet.

Von dem Augenblick an, da die Seele den Körper verläßt und in die himmlische Welt gelangt, ist ihre Entwicklung geistig, und diese Entwicklung ist die Annäherung zu Gott. In der physischen Schöpfung erfolgt die Entwicklung von einer Stufe der Vervollkommnung zur anderen. Das Mineral geht mit seinen mineralischen Vollkommenheiten ins Pflanzliche über, die Pflanze geht mit ihren Vervollkommnungen in die Tierwelt und weiter in die Welt des Menschen ein. Diese Welt ist voll von scheinbaren Widersprüchen: in jedem dieser Reiche (dem mineralischen, dem pflanzlichen und dem tierischen) besteht das Leben auf seiner Stufe, und obgleich die Erde im Vergleich zum Leben des Menschen tot erscheint, lebt doch auch sie und hat sie ein Leben, das ihrer Art entspricht. In dieser Welt hier leben und sterben die Dinge und leben sie aufs neue in anderen Formen des Lebens, aber in der Welt des Geistes ist es völlig anders.

Die Seele entwickelt sich nicht gesetzmäßig von Stufe zu Stufe, sie entfaltet sich durch Gottes Gnade und Freigebigkeit nur näher zu Gott hin. (PARIS S.49)

+9:9
Fortschritt in der nächsten Welt

Wisse, daß keine Daseinsform im Zustand der Ruhe verharrt, sondern alles in Bewegung ist. Alles befindet sich entweder im Werden oder im Vergehen, alle Dinge kommen entweder vom Nichtsein ins Dasein oder gehen vom Dasein ins Nichtsein. So ist diese Blume, diese Hyazinthe, während eines bestimmten Zeitabschnitts aus der Welt des Nichtseins entstanden und geht jetzt vom Dasein ins Nichtsein zurück. Diese Art der Bewegung nennt man wesenhaft, das heißt natürlich; sie kann vom Dasein nicht getrennt werden, weil sie seine Wesensnotwendigkeit ist, wie es die Wesensnotwendigkeit des Feuers ist, zu brennen.

Damit ist festgestellt, daß diese Bewegung für das Dasein notwendig ist, das entweder ein Werden oder ein Vergehen ist. Weil der Geist nun nach dem Tode weiterlebt, macht er notwendigerweise Fortschritte oder Rückschritte; und in der anderen Welt ist das Aufhören des Fortschritts dasselbe wie Rückschritt; aber er verläßt nie seine eigene Stufe, auf der er sich weiter entfaltet. Wie weit zum Beispiel die Wirklichkeit des Geistes Petri auch Fortschritte machen mag, die Stufe der Wirklichkeit Christi wird sie nicht erreichen; sie macht nur in ihrer eigenen Umgebung Fortschritte.

Sieh dieses Mineral: So weit es sich auch entfalten mag, es entfaltet sich nur auf seiner eigenen Stufe; man kann dem Kristall keine Stufe verleihen, in der er Sehkraft erlangen kann, dies it unmöglich. So kann der Mond am Himmel, so sehr er sich auch entwickeln mag, nie eine leuchtende Sonne werden; aber auf seiner eigenen Stufe hat er Höhepunkt und Tiefstand. Wie groß die Fortschritte der Jünger sein mögen, sie können nie Christus werden. Es ist wahr, daß Kohle zum Diamant werden kann, aber beide stehen auf der Stufe des Minerals, und ihre Bestandteile sind die gleichen. (FRAGEN S.227)

+9:10
Der Fortschritt des Geistes

Vollkommene Ruhe ist nicht in der Natur. Alles macht entweder Fortschritte oder es verliert sich. Alles bewegt sich vorwärts oder rückwärts. Nichts ist ohne Bewegung. Von seiner Geburt an entwickelt der Mensch sich körperlich, bis er die Reife erlangt. Wenn er dann die Höhe seines Lebens erreicht hat, beginnt er abzunehmen, Stärke und Kraft des Körpers lassen nach, und allmählich nähert er sich der Todesstunde.

Genau so schreitet eine Pflanze von der Saat zur Reife fort. Dann setzt ein Nachlassen des Lebens ein, sie geht dahin und stirbt zuletzt. Der Vogel steigt bis zu einer gewissen Höhe auf und läßt sich, wenn er den höchsten möglichen Punkt des Fluges erreicht hat, wieder zur Erde nieder.

So zeigt sich, daß die Bewegung allem Dasein eigen ist. Alle materiellen Dinge entwickeln sich bis zu einem gewissen Punkte, dann beginnen sie abzunehmen. Das ist das Gesetz, das in der ganzen physischen Schöpfung herrscht.

Betrachten wir nun die Seele: wir sahen, daß die Bewegung ein Wesenszug des Daseins ist und daß nichts, was Leben hat, bewegungslos ist. Die ganze Schöpfung, ob Mineral-, ob Pflanzen- oder Tierreich, ist gezwungen, dem Gesetz der Bewegung zu gehorchen. Sie muß entweder aufwärts oder abwärts steigen. Aber die menschliche Seele kennt keinen Abstieg. Ihre einzige Bewegung ist auf Vervollkommnung gerichtet. Nur Wachstum und Fortschritt machen die Bewegung der Seele aus.

Die göttliche Vollkommenheit ist unendlich, daher ist der Fortschritt der Seele auch unendlich. Bereits mit der Geburt des Menschenwesens schreitet die Seele vorwärts, die Verstandeskräfte wachsen und die Erkenntnis weitet sich. Wenn dann der Körper stirbt, lebt doch die Seele weiter. All die verschiedenen Stufen der erschaffenen physischen Wesen sind begrenzt, die Seele jedoch hat keine Grenzen ...

In der Welt des Geistes gibt es keinen Rückschritt. Die sterbliche Welt ist eine Welt der Widersprüche, der Gegensätze. Da Bewegung etwas Zwangsläufiges ist, muß alles entweder vorwärts oder rückwärts gehen. Im Reich des Geistes ist kein Rückgang möglich, alle Bewegung ist daran gebunden, einem vollkommenen Zustand zuzustreben. `Fortschritt` ist der Ausdruck des Geistes in der Welt des Stoffes. Die Intelligenz des Menschen, seine Urteilskraft, seine Erkenntnis, seine wissenschaftlichen Errungenschaften, sie alle haben, da sie Offenbarungen des Geistes sind, am unausweichlichen Gesetz des geistigen Fortschritts teil und sind darum notwendigerweise unvergänglich.

Es ist meine Hoffnung für euch, daß ihr sowohl in der Welt des Geistes, als auch in der Welt des Stoffes Fortschritte machet, daß sich eure Intelligenz entfaltet, eure Erkenntnis zunehmen und euer Verständnis weiten möge. (PARIS S.68)

+9:11
Die Mittel für den Fortschritt der Seele

Frage: Durch welche Mittel wird der Menschengeist, das heißt die mit Vernunft begabte Seele, nachdem er sich von dieser vergänglichen Welt gelöst hat, Fortschritte machen?

Antwort: Der Fortschritt des Menschengeistes in der göttlichen Welt erfolgt nach der Trennung seiner Verbindung mit dem Körper aus Staub allein durch die Gnade und Barmherzigkeit Gottes oder durch die Fürsprache und aufrichtigen Gebete anderer menschlicher Seelen, oder auch durch wohltätige Einrichtungen und bedeutende gute Werke, die in seinem Namen durchgeführt werden. (FRAGEN S.233)

+9:12
Fürsprache in der nächsten Welt

Der Reichtum der anderen Welt ist die Gottnähe. Folglich ist es gewiß, daß jene, die dem göttlichen Hof nahe sind, Fürsprache einlegen dürfen, und diese Fürsprache wird von Gott gebilligt. Aber Fürbitte in der anderen Welt ist nicht gleich der Fürbitte in dieser Welt, sie ist etwas anderes, eine andere Wirklichkeit, die nicht in Worten ausgedrückt werden kann.

Wenn ein reicher Mann bei seinem Tode ein Vermächtnis für die Armen und Schwachen hinterläßt und ihnen einen Teil seines Vermögens überschreibt, kann diese Tat vielleicht zur Ursache seiner Vergebung und Verzeihung und seines Fortschritts im Reiche Gottes werden.

So tragen auch Vater und Mutter unendlich viel Sorge und Mühe um ihre Kinder; und oft, wenn die Kinder das Alter der Reife erreicht haben, gehen die Eltern in die andere Welt ein. Nicht häufig geschieht es, daß Vater und Mutter in dieser Welt den Lohn der Sorge und Mühe, die sie für ihre Kinder auf sich genommen haben, sehen. Dann sollen die Kinder als Dank für diese Sorge und Mühe Wohltätigkeit und Nächstenliebe zeigen und um Vergebung und Verzeihung für ihre Eltern flehen. So mußt du als Dank für die Liebe und Güte, die dir dein Vater gezeigt hat, ihm zuliebe den Armen geben, mit größter Unterwerfung und Demut Verzeihung und Vergebung der Sünden erflehen und um die höchste Gnade bitten.

Es ist sogar möglich, daß die Lage derer, die in Sünde und Unglauben gestorben sind, geändert werden kann; das heißt, sie mögen zum Gegenstand der Verzeihung durch die Gnade Gottes, nicht durch Seine Gerechtigkeit, werden; denn Gnade gibt ohne Verdienst, Gerechtigkeit aber gibt nach Verdienst. Wie wir hier die Kraft haben, für diese Seelen zu beten, so werden wir die gleiche Kraft auch in der anderen Welt, die das Reich Gottes ist, besitzen. Sind nicht alle Wesen jener Welt die Geschöpfe Gottes? Dann können sie auch in jener Welt Fortschritte machen. Wie sie hier durch ihre demütigen Bitten Licht empfangen können, so können sie auch dort um Vergebung flehen und durch Bitten und Beten Licht erlangen. So wie Seelen durch die Hilfe des Bittens, des Flehens und der Gebete der Heiligen in dieser Welt Entfaltung erlangen können, so ist es auch nach dem Tode. Durch ihre eigenen Gebete und demütigen Bitten können sie auch Fortschritte machen, ganz besonders aber, wenn sie Gegenstand der Fürsprache der heiligen Offenbarer sind. (FRAGEN S.225)

+9:13
Das Himmelreich in dieser Welt

Die Seelen, die an diesem Tage in das Reich Gottes eintreten und ewiges Leben erlangen, wohnen zwar körperlich auf Erden, schweben in Wirklichkeit aber in himmlischen Höhen. Ihr Leib mag auf der Erde weilen, aber ihr Geist schweift in der Unendlichkeit des Raumes. Denn wenn die Gedanken sich weiten und erleuchtet sind, wachsen ihnen mächtige Flügel, die den Menschen in das Reich Gottes tragen. (BRIEFE 173)

+9:14

Größeres Wahrnehmungsvermögen in der zukünftigen Welt

Bedenke, wie ein Wesen in der Welt des Mutterleibes taube Ohren, blinde Augen und eine stumme Zunge hat, wie es jeglicher Wahrnehmung beraubt ist. Doch sobald es aus jener dunklen Welt in diese Welt des Lichtes tritt, sehen seine Augen, hören seine Ohren und spricht seine Zunge. So wird es auch, wenn es von diesem sterblichen Ort in das Reich Gottes eilt, im Geiste wiedergeboren. Dann öffnet sich seiner Wahrnehmung Auge, seiner Seele Ohr horcht auf, und alle ihm bisher unbekannten Wahrheiten werden offenkundig.

Ein aufmerksamer Reisender wird sich seiner Entdeckungen unterwegs sicher wieder erinnern, es sei denn, er hätte einen Unfall, der seine Erinnerung auslöscht. (149:4-5)

+9:15
Geheimnisse werden entdeckt

Zu deiner Frage über Entdeckungen, welche die Seele macht, nachdem sie ihre menschliche Hülle abgelegt hat: Sicherlich ist jene Welt eine Welt der Wahrnehmungen und Entdeckungen; denn der dazwischenliegende Schleier wird weggenommen werden, und der menschliche Geist wird auf Seelen schauen, die sich über ihm, unter ihm und auf gleicher Stufe mit ihm befinden. Man kann es mit dem Zustand des Menschen im Mutterleib vergleichen, wo seine Augen verschleiert und alle Dinge vor ihm verborgen sind. Wenn er aus der Welt des Mutterleibs geboren wird und ins Leben tritt, empfindet er dieses Leben verglichen mit dem im Mutterleib als einen Ort der Wahrnehmungen und Entdeckungen, nimmt er doch alle Dinge mit seinem äußeren Auge wahr. Genauso wird er, wenn er dieses Leben hinter sich läßt, in jener Welt alles sehen, was ihm hier verborgen war; aber dort wird er alles mit seinem inneren Auge sehen und verstehen. Dort wird er seine Gefährten und Ebenbürtigen schauen und diejenigen, die sich auf den Stufen über und unter ihm befinden. (BRIEFE 145:4)

+9:16
Seelen erkennen einander wieder

Zur Frage, ob die Seelen einander in der geistigen Welt wiedererkennen: Dies ist gewiß, denn das Gottesreich ist die Welt der Schau, wo alle verborgenen Wirklichkeiten erschlossen werden. Die Geheimnisse, die der Mensch in dieser irdischen Welt nicht beachtet, wird er in der himmlischen Welt entdecken, und dort wird ihm das Geheimnis der Wahrheit kund. Wieviel mehr noch wird er Personen, mit denen er zusammengewesen ist, wiedererkennen oder entdecken! Ohne Zweifel werden die heiligen Seelen, die zu reinem Schauen gelangen und mit Einblick begnadet sind, im Königreich des Lichts mit allen Geheimnissen vertraut, und sie werden nach der Gabe trachten, die Wirklichkeit jeder großen Seele zu bezeugen. Ja, sie werden die Schönheit Gottes in jener Welt deutlich schauen. Ebenso werden sie alle Freunde Gottes aus alten und jüngsten Zeiten in der himmlischen Versammlung vorfinden ...

Die Verschiedenheit der Art und der Stufe wird bei allen Menschen naturgemäß wahrgenommen, wenn sie aus dieser sterblichen Welt gegangen sind. Sie bezieht sich jedoch nicht auf den Raum, sondern auf die Seele und ihr Bewußtsein. Das Königreich Gottes ist über Raum und Zeit geheiligt; es ist eine andere Welt und ein anderes Weltall. Aber den heiligen Seelen ist die Gabe der Vermittlung verheißen. Wisse mit Bestimmtheit, daß in den göttlichen Welten die geistig Geliebten einander erkennen und Vereinigung miteinander suchen werden - eine geistige Vereinigung. Ebenso wird eine Liebe, die jemand für einen andern gehegt hat, in der Welt des Königreiches nicht vergessen werden. Desgleichen wirst du dort das Leben, das du in dieser irdischen Welt geführt hast, nicht vergessen. (ESSLEMONT S.216)

+10:1 #111

DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DEN LEBENDEN UND DEN TOTEN

Keine Trennung zwischen Verstorbenen und Lebenden

Die Dahingegangenen haben Eigenschaften, die sich von denen der Erdenbewohner unterscheiden; aber es gibt keine wirkliche Trennung.

»Im Gebet liegt eine Vermischung der Stufe, eine Vermischung des Zustandes beschlossen. Betet für sie, wie sie für euch beten!« (ESSLEMONT S.221)

+10:2
Die Hilfe der Verstorbenen für die Lebenden

Als Abdu'l-Bahá gefragt wurde, wie es zugehe, daß sich das Herz öfters instinktiv an Freunde wende, die in das nächste Leben eingegangen sind, antwortete Er:

»Es ist ein Gesetz in Gottes Schöpfung, daß sich der Schwache an den Starken lehnt. Die, zu denen du dich wendest, mögen Vermittler der göttlichen Kraft für dich sein, wie wenn sie auf Erden wären. Aber es ist der eine Heilige Geist, der allen Menschen Kraft verleiht.« (Esslemont S.222)

+10:3
Die Verstorbenen den Glauben lehren

Auf die Frage, Ob es möglich sei, durch Glauben und Liebe die neue Offenbarung zur Kenntnis der Abgeschiedenen zu bringen, die nicht bei Lebzeiten von ihr gehört haben, erwiderte Abdu'l-Bahá:

»Ja sicherlich! Weil aufrichtiges Gebet immer seine Wirkung hat, und es hat einen großen Einfluß in der anderen Welt. Wir sind nie abgeschnitten von jenen, die dort sind. Der wahre und wirkliche Einfluß liegt nicht in dieser, sondern in der anderen Welt.« (Esslemont S.221)

+10:4
Das Gespräch mit den Verstorbenen

Kann eine dahin gegangene Seele mit jemandem, der noch auf Erden ist, Gespräche führen? - Abdu'l-Bahá:

»Ein Gespräch ist möglich, aber nicht wie unsere Gespräche. Zweifellos greifen die Kräfte der höheren Welten und die Kräfte dieses Planeten ineinander. Des Menschen Herz ist der Eingebung geöffnet; sie ist geistige Kommunikation. Wie man im Traum mit einem Freund spricht, während der Mund schweigt, so ist es auch mit dem Gespräch des Geistes. Ein Mensch kann mit dem Ich in ihm selbst sprechen und sagen: `Soll ich dies tun? Ist es ratsam für mich, diese Arbeit aufzugreifen?` Dieser Art ist das Gespräch mit dem höheren Selbst.« (PARIS S.179)

+10:5
Medien und Trancezustände sind unwirksam

Was du jenseits der Gnade des Heiligen Geiste über die Wirkungen von Entrückungszuständen oder über Medien als Sprachrohr hörst, welche die singenden Stimmen der Toten vermitteln, ist reine, schlichte Einbildung. Über die Gabenfülle des Heiligen Geistes erzähle, was du willst, es kann nicht übertrieben sein. Glaube deshalb, was immer du darüber hörst. Die Menschen hingegen, auf die du dich beziehst, diese Sprachrohrleute sind von jener Gabenfülle völlig ausgeschlossen und erhalten keinen Anteil daran; ihr Weg ist ein Hirngepinst. (BRIEFE S.139)

+10:6

Die Beschäftigung mit übersinnlichen Kräften ist gefährlich

Sich mit übersinnlichen Kräften abzugeben, während man auf dieser Welt weilt, wirkt störend auf den Zustand der Seele in der nächsten Welt. Diese Kräfte sind wirklich, treten aber normalerweise auf dieser Ebene nicht in Tätigkeit. Das Kind im Mutterleib hat seine Augen, Ohren, Hände, Füße usw., aber sie treten nicht in Tätigkeit. Der ganze Zweck des Lebens in der materiellen Welt ist, hindurchzudringen zur Welt der Wirklichkeit, wo diese Kräfte dann in Tätigkeit treten. Sie gehören jener Welt an. (Esslemont S.220)

+10:7
Wenn Kinder sterben

Frage: Welches ist die Stufe von Kindern, die vor Erreichen des gesetzten, mündigen Alters oder vor dem normalen Zeitpunkt der Geburt sterben? - Antwort:

Diese Kinder stehen unter dem Schutz der Gnade Gottes; und da sie keine Sünde begangen haben und sich nicht mit den Unreinheiten der natürlichen Welt beschmutzt haben, sind sie der Mittelpunkt der Offenbarung der Großmut, und das Auge des Erbarmens ruht auf ihnen. (FRAGEN S.233)

+10:8
Zum Tod eines Kindes

Der Verlust eines Sohnes bricht einem Menschen das Herz und ist unerträglich. Wer aber Erkenntnis und Verständnis hat, ist sicher, daß der Sohn nicht verloren ging, vielmehr aus dieser Welt in eine andere ging und im Reich Gottes wiederzufinden ist. Diese Wiedervereinigung wird für die Ewigkeit sein, nur in dieser Welt ist die Trennung unvermeidlich und bringt brennenden SchMirza

Preis sei Gott, daß du Gewißheit hast, dein Angesicht dem ewigen Königreich zuwendest und an die Existenz einer himmlischen Welt glaubst. Sei deshalb nicht verzweifelt, laß dich nicht niederdrücken, seufze nicht, Wehklage und weine nicht; denn aufbegehrendes Klagen beeinträchtigt seine Seele im himmlischen Reich zutiefst.

Aus der verborgenen Welt spricht dieses geliebte Kind zu dir: »O du liebe Mutter, danke der göttlichen Vorsehung, daß ich befreit wurde aus einem engen, dunklen Käfig und mich wie die Vögel auf den Feldern aufgeschwungen habe in die himmlische Welt - eine Welt, die weit, erleuchtet, allzeit froh und jauchzend ist. Deshalb, o Mutter, Wehklage nicht und sei nicht traurig. Ich bin weder verloren, noch bin ich zuschanden und ausgelöscht. Ich habe meine sterbliche Gestalt abgeschüttelt und mein Banner in dieser geistigen Welt gehißt. Dieser Trennung folgt ewige Vereinigung. Du wirst mich im Himmel des Herrn wiederfinden, versunken in einem Meer von Licht.« (BRIEFE 171:1-3)

+10:9
Zum Tod eines Jugendlichen

Der Tod dieses jungen Menschen und seine Trennung von euch haben Kummer und große Trauer über euch gebracht; denn in der Blüte seiner Jugend nahm er seinen Flug zum himmlischen Nest. Aber er wurde befreit aus dieser kummervollen Stätte und wandte sein Antlitz seinem ewigen Nest im Königreich zu. Befreit aus einer dunklen, engen Welt, eilte er ins geheiligte Reich des Lichtes. Darin liegt der Trost für unsere Herzen.

Solche herzzerreißenden Geschehnisse unterliegen Gottes unerforschlicher Weisheit. Es ist, als pflanze ein liebevoller Gärtner einen jungen, zarten Busch von einem engen Platz weg in ein weites, offenes Feld. Diese Verpflanzung bedeutet nicht, daß der Busch welkt, schrumpft oder eingeht. Im Gegenteil, sie läßt ihn wachsen und gedeihen, verleiht ihm köstliche Frische, läßt ihn ergrünen und Frucht tragen. Dieses verborgene Geheimnis ist dem Gärtner wohl bekannt; nur Seelen, die solcher Gnadengaben unbewußt sind, wähnen, der Gärtner entwurzele den Busch aus Ärger und Zorn. Allen verständigen jedoch ist die verborgene Tatsache offenkundig; der vorherbestimmte Ratschluß gilt ihnen als ein Segen. Seid darum nicht traurig und verzweifelt über den Aufstieg dieses Vogels der Treue; nein betet unter allen Umständen für diesen jungen Menschen. Bittet, daß er Vergebung finde und seine Stufe erhöht werde.

Ich hoffe, daß ihr höchste Geduld, Gelassenheit und Ergebenheit erlanget, und an der Schwelle der Einheit bitte ich flehentlich um Vergebung und Verzeihung. Von Gottes ewigen Gnadengaben erhoffe ich, daß Er diese Taube aus dem Garten des Glaubens beschütze und sie auf dem Zweig der himmlischen Herscharen herberge, damit sie zum Ruhm und Preis des Herrn der Namen und Tugenden ihr schönstes Lied singe. (BRIEFE 169:1-3)

+10:10
Zum Tod eines Ehegatten

Sei nicht traurig über den Tod deines verehrten Gatten. Er hat wahrlich die Begegnung mit seinem Herrn an der Stätte der Wahrheit in des mächtigen Königs Gegenwart erlangt. Wähe nicht, du hättest ihn verloren. Der Schleier wird hinweggetan und du wirst sein Antlitz inmitten der höchsten Heerscharen leuchten sehen, wie Gott, der Erhabene, spricht: »Wir werden ihn gewiß zu einem glücklichen Leben erwecken.« Höchste Bedeutung ist deshalb nicht dieser ersten Erschaffung beizumessen, sondern dem künftigen Leben. (BRIEFE 165:4)

Du schreibst über den großen Kummer, der dich getroffen hat - den Tod deines verehrten Gatten. Dieser ehrenhafte Mann unterlag dem Druck und der Spannung dieser Welt derart, daß es sein größter Wunsch war, daraus befreit zu werden. Das ist die sterbliche Wohnstatt: ein Vorratslager voll Kummer und Leid. Was den Menschen daran bindet, ist Unwissenheit; denn keine Seele vom Monarchen bis hinunter zum einfachsten Untertanen kann in dieser Welt Genüge finden. So dieses Leben dem Menschen einmal einen süßen Becher reicht, werden sicher hundert bittere folgen. Das ist der Zustand dieser Welt. Der Weise bindet sich deshalb nicht an dieses vergängliche Leben und macht sich nicht davon abhängig. Manchmal wünscht er sich sogar sehnsüchtig den Tod, damit er frei werde von diesen Leiden und Heimsuchungen. So kommt es auch, daß manche unter starker Seelenqual Selbstmord verüben.

Was deinen Gatten angeht, so sei ganz sicher. Er wird in das Meer der Vergebung getaucht; er wird Gnade und Gunst empfangen. Bemühe dich sehr, seinem Kind eine Bahá'í-Erziehung zu geben, damit es als Erwachsener barmherzig, erleuchtet und himmlisch sei. (BRIEFE 170:1-2)

+10:11
Zum Tod eines Behinderten

Wenn Seelen, die als vergeistigte, strahlende Wesen in dieses Leben geboren werden, dann aber durch Belastungen und Versuchungen wahrhafter Vorzüge verlustig gehen und schließlich die Welt verlassen, ohne ihr Leben ausgeschöpft zu haben, so ist dies wahrlich ein Grund, traurig zu sein. Die allumfassenden Manifestationen Gottes enthüllen dem Menschen ihr Antlitz, nehmen jedes Elend, jede Heimsuchung auf sich und bringen ihr Leben zum Opfer, damit gerade diese vorbereiteten, aufnahmefähigen Menschen zu Aufgangsorten des Lichtes werden und das unvergängliche Leben erlangen. Das ist das wahre Opfer: sich selbst hinzugeben, wie es Christus tat, als ein Lösegeld für das Lebender Welt. (BRIEFE 31:8)

+10:12
Opfer von Katastrophen

... Wenn ich dieses Unglück (Untergang der Titanic) unter einem anderen Gesichtspunkt betrachte, tröstet mich die Einsicht, daß Gottes Welten unbegrenzt sind. Jene Menschen gingen dieses Daseins verlustig, sie haben aber andere Möglichkeiten im jenseitigen Leben, wie Christus sagte: »In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen.« Aus dem Zeitlichen wurden sie abberufen und in die Ewigkeit versetzt; sie haben dieses stoffliche Dasein aufgegeben und die Tore der geistigen Welt durchschritten. Das Vergnügen und Behagen der Irdischen hinter sich lassend, sind sie jetzt einer viel dauerhafteren Freude, eines weit wirklicheren Glücks teilhaftig, denn sie sind ins Reich Gottes geeilt. Gottes Gnade ist grenzenlos, und unsere Pflicht ist es, dieser verstorbenen Seelen in unseren Gebeten und Fürsprachen zu gedenken, damit sie immer näher zum eigentlichen Quell gelangen.

Die menschlichen Zustände lassen sich dem Mutterleib vergleichen, aus dem das Kind in die weite Außenwelt hineingeboren wird. Zunächst fällt es dem Kind schwer, sich mit seinem neuen Dasein abzufinden. Es schreit, als wolle es nicht aus seiner engen Wohnung entfernt werden, als stelle es sich vor, das Leben sei auf diesen umgrenzten Raum beschränkt. Es mag seine Heimstatt nicht verlassen, aber die Natur zwingt es in die Welt hinaus. Nachdem es in seinen neuen Zustand eingetreten it, erfährt es, daß es aus dem Dunkel in eine Sphäre des Glanzes, aus düsteren, beengten Verhältnissen in eine geräumige, angenehme Umgebung gelangt ist. Seine Nahrung war das Blut der Mutter; nun freut es sich an köstlichen Speisen. Sein neues Leben ist von Glanz und Schönheit erfüllt. Freudig und verwundert schaut das Kind auf Berge, Auen und grüne Felder, Flüsse und Quellen, die herrlichen Sterne. Es atmet die erquickende Luft, und schließlich preist es Gott dafür, daß Er es aus dem Kerker seines vorherigen Zustandes erlöste und die Freiheit einer neuen Welt erlangen ließ. Dieses Gleichnis drückt das Verhältnis der zeitlichen Welt zum jenseitigen Leben aus, den Übergang der Menschenseele aus dunkler Unsicherheit in die helle Wirklichkeit des ewigen Reiches. Zuerst fällt es der Seele schwer, den Tod willkommen zu heißen; aber wenn sie ihren neuen Zustand erreicht hat, ist sie dankbar, ist sie doch der Bande des Begrenzten ledig und kann die Freiheiten des Unbegrenzten genießen. Aus einer Welt des Leides, des SchMirzas und der Heimsuchung ist sie entlassen, um in einer Welt unaufhörlicher Freude und Wonne zu leben. Das vergängliche und das Natürliche gibt sie auf, um zu den Möglichkeiten des Idealen und des Geistigen zu gelangen. So sind die Seelen derer, die von der Erde geschieden sind und die Zeitspanne ihrer irdischen Pilgerreise mit dem Untergang der Titanic vollendet haben, in eine höhere Welt enteilt. Sie haben sich aus diesem Zustand trüben Dunkels emporgeschwungen in das Reich des Lichtes. Das sind die einzigen Überlegungen, welche die Hinterbliebenen trösten und stärken können. (PUP p.47f)

+10:13
Reinkarnation

Du schriebst über die Reinkarnation. Der Glaube an die Reinkarnation geht weit zurück in die alte Geschichte der meisten Völker; er behauptete sich sogar bei den griechischen Philosophen, den römischen Weisen, den alten Ägyptern und den großen Assyrern. Trotzdem sind dieser Aberglaube und solche Redensarten in der Sicht Gottes barer Unsinn.

Das Hauptargument der Anhänger der Reinkarnation war, daß nach Gottes Gerechtigkeit jeder seinen Teil erhalten muß: Sooft zum Beispiel ein Mensch von einem Unheil bedrückt wird, sei dies wegen eines Unrechts, das er begangen hat. Doch nimm ein Kind, das noch im Mutterleib ist. Der Embryo sei eben erst geformt, das Kind sei blind, taub, lahm und unvollkommen - welche Sünde hat ein solches Kind begangen, daß es seine Leiden verdient? Sie antworten: Obwohl das Kind im Mutterleib dem äußereren Anschein nach keiner Sünde schuldig ist, hat es doch in seiner früheren Gestalt Unrecht begangen, und deshalb verdient es jetzt Strafe. Diese Leute übersehen jedoch folgenden Punkt: Wenn die Schöpfung nach einem einzigen Grundsatz voranschritte, wie könnte dann die allumfassende Macht sich selbst wahrnehmbar machen? Wie könnte der Allmächtige Der sein, »Der tut, was Ihm gefällt, und befiehlt, was Er will«? (Quran 3:35, 2:254)

Kurz, die Heiligen Schriften sprechen von einer Wiederkehr, aber damit ist die Wiederkehr der Eigenschaften, Bedingungen, Wirkungen, Vollkommenheiten und inneren Wirklichkeiten derjenigen Geistesleuchten gemeint, die in jeder Sendung wieder auftreten. Der Hinweis bezieht sich nicht auf bestimmte Seelen und Persönlichkeiten.

Man kann zum Beispiel sagen, daß dieses Lampenlicht die Wiederkehr des Lichtes des vergangenen Abends ist oder daß die Rose des vergangenen Jahres heuer in den Garten zurückgekommen ist. Hier bezieht man sich nicht auf die individuelle Wirklichkeit, die fest umrissene Identität, das besondere Wesen jener anderen Rose, vielmehr bedeutet es, daß die Eigenschaften, die Unterscheidungsmerkmale jenes anderen Lichtes, jener anderen Blume, jetzt in diesem Licht, dieser Blume gegenwärtig sind. Die Vollkommenheiten, das heißt, die Gnadengaben eines vergangenen Frühlings sind dieses Jahr zurückgekehrt. Wir sagen zum Beispiel, diese Frucht ist die gleiche wie die des letzten Jahres; wir denken dabei aber nur an die Feinheit, Schönheit, Frische und Süße, denn offensichtlich kann der unerschütterliche Kern der Wirklichkeit, die besondere Wesenheit, niemals wiederkehren.

Welchen Frieden, welches Behagen, welchen Trost entdeckten Gottes Heilige während ihres Verweilens in dieser niederen Welt, daß sie immerfort danach streben sollten, zurückzukommen und dieses Leben noch einmal zu führen? Genügt nicht der einmalige Umgang mit dieser Angst, diesen Heimsuchungen, diesem Unheil, diesen Schlägen, diesen gräßlichen Schwierigkeiten, daß sie die mehrfache Rückkehr ins Erdenleben wünschen sollten? Dieser Becher ist nicht so süß, als daß man Lust hätte, ihn ein zweites Mal zu leeren.

Deshalb ersehnt, wer die Schönheit Abhá liebt, keinen anderen Trost als den, die Stufe zu erreichen, wo er Ihn im Reiche der Herrlichkeit schauen kann. Keinen anderen Pfad wandert er als den Pfad durch die Wüste der Sehnsucht nach diesen erhabenen Höhen. Er sucht das Behagen und den Trost, die immerdar bleiben; er sucht jene Gaben, die geheiligt sind über alle weltliche Gesinnung. (BRIEFE 156:2-8)

+11:1 #123
DIE UNVERGÄNGLICHE GABE
Zum Reich Gottes hingezogen sein

O du, der du vom Reiche Gottes angezogen bist! Jede Seele sucht etwas, hegt einen bestimmten Wunsch und müht sich Tag und Nacht, ihr Ziel zu erreichen. Der eine sehnt sich nach Reichtum, ein anderer dürstet nach Ehre, wieder andere schmachten nach Ruhm, Kunst, Wohlstand und so weiter. Am Ende jedoch sind Verlust und Enttäuschung ihr Los. Alle lassen sie zurück, was ihnen gehört; mit leeren Händen eilen sie in das jenseitige Reich, und all ihre Mühe war vergebens. Alle kehren sie zum Staub zurück, entblößt, erniedrigt, entmutigt und voller Verzweiflung.

Du aber, gelobt sei der Herr, befaßt dich mit dem, was dir ewigen Nutzen bringt, und das ist nichts anderes als dein Hingezogensein zum Reiche Gottes, es ist dein Glaube, deine Erkenntnis, die Erleuchtung deines Herzens und dein ernstes Bemühen, Gottes Lehren zu verbreiten.

Wahrlich, diese Gabe ist unvergänglich, dieser Reichtum ist ein Schatz aus der Höhe. (BRIEFE 176:1-3)

+11:2
Das ewige Reich Gottes

Jeden Augenblick ist diese äußerliche Welt dem Wandel unterworfen. Mit jeder Sekunde ist sie neuem Wechsel, neuer Veränderung ausgesetzt. Jede Grundmauer wird schließlich zusammenbrechen; jeder Ruhm, jeder Glanz wird letztlich verschwinden und vergehen. Aber das Reich Gottes ist ewig, und die himmlische Erhabenheit und Herrschaft wird fest begründet sein für alle Zeit. Darum schätzt der Weise die Strohmatte im Reiche Gottes höher ein als den Thron der Regentschaft über die ganze Welt. (göttl.Plan S.77)

+11:3
Die Schönheit, die bleibt

Sterblicher Liebreiz schwindet, die Rosen weichen den Dornen; Schönheit und Jugend haben ihre Zeit und sind dann dahin. Was aber ewig währt, ist die Schönheit des einen Wahren, denn ihr Glanz vergeht nie, ihre Herrlichkeit dauert ewig. Ihr Liebreiz ist allmächtig, ihre Anziehung grenzenlos. Gut ist es um das Antlitz bestellt, das den Lichtglanz des Geliebten widerspiegelt. Der Herr sei gelobt, du bist von diesem Licht erleuchtet, du hast die Perle wahrer Erkenntnis erworben, das Wort der Wahrheit ausgesprochen. (BRIEFE S.175)

+11:4
Das wahre Königreich

Gräme dich weder über die Mißlichkeiten und Not dieser niederen Welt noch freue dich in Zeiten ruhigen Behagens, denn beides wird vergehen. Das gegenwärtige Leben ist wie eine auflaufende Welle, eine Fata Morgana oder ein flüchtiger Schatten. Kann ein Zerrbild in der Wüste je als erquickendes Wasser dienen? Nein, bei dem Herrn der Herren! Niemals können die Wirklichkeit und ihr bloßer Schein dasselbe sein; groß ist der Unterschied zwischen Wahn und Tatsache, zwischen der Wahrheit und ihrem Trugbild.

Wisse, daß das Reich Gottes die wirkliche Welt, diese Welt hienieden aber nur sein vorausgeworfener Schatten ist. Ein Schatten hat kein eigenes Leben; sein Vorhandensein ist nur ein Hirngespinst und nichts mehr; es sind nur Bilder, vom Wasser gespiegelt, die dem Auge als Gemälde erscheinen. (BRIEFE 150:1-2)

+11:5
Das Reich eures Herrn

O ihr Geliebten Gottes! Wisset, daß die Welt wie eine Fata Morgana ist, die sich über dem Sand erhebt und die der Dürstende für Wasser hält. Der Wein dieser Welt ist nur Dunst in der Wüste, ihr Mitleid und Erbarmen nur Mühe und Arbeit, alle Erholung, die sie bietet, nur Müdigkeit und Sorge. Überlaßt sie denen, die ihr angehören, und wendet euer Angesicht zum Reich eures Herrn, des Allgütigen, damit Seine Gnade und Großmut ihr Morgenlicht auf euch strahle, damit eine himmlische Tafel zu euch herabgesandt werde, euer Herr euch segne und Seine Reichtümer über euch ergieße, um eure Brust zu erfreuen, euer Herz mit Wonne zu erfüllen, euren Geist hinanzuziehen, eure Seelen zu reinigen und eure Augen zu trösten. (BRIEFE 157:2)

+11:6
Das Leben ohne Tod

Unsere wenigen kurzen Tage gehen dahin, unser Leben schwindet vor unseren Augen. Die Rosen dieser Welt bleiben nicht frisch und schön; der Garten dieser Erde, wo Siegesfreude und Vergnügen blühen, verdorrt und verwelkt. Die Frühlingszeit des Lebens wird zum Herbst des Todes, der Jubel der Paläste weicht dem mondlosen Dunkel des Grabes. Deshalb verdient nichts von alledem unsere Liebe, und der Weise hängt sein Herz nicht daran.

Wer Erkenntnis und Kraft hat, sucht weit eher des Himmels Herrlichkeit, des Geistes Adel und das Leben, das nicht vergeht. Er sehnt sich, Gottes heiliger Schwelle näherzukommen. Denn der Gottesmann liegt nicht trunken in der Schenke dieser flüchtigen Welt herum, noch gibt er sich auch nur einen Augenblick seinem Behagen hin oder befleckt sich mit dem Hang zum irdischen Leben. (BRIEFE 188:13-14)

+12:1 #129
ABSCHNITT IV
PERLEN DER ANDACHT
Aus den Verborgenen Worten
ar.14 - ar.32 - ar.61

pers.37 - pers.40 - pers.41 - pers.44 - pers.70 - pers.75

ar.6 - ar.23 - ar.33 - ar.63 - pers.39
+12:2 #133
GEBETE FÜR DIE VERSTORBENEN

Das folgende Totengebet ist für Bahá'í zu sprechen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben. »Es ist das einzige Bahá'í-Pflichtgebet, das in Versammlung gesprochen wird. Es ist von einem Gläubigen zu sprechen, während alle Anwesenden stehen. Bei diesem Gebet ist es nicht erforderlich, sich der Qiblih zuzuwenden.«

GM 167

O mein Gott! Dies ist Dein Diener und Deines Dieners Sohn,¹ der an Dich und Deine Zeichen glaubt und Dir sein Angesicht zuwendet, völlig losgelöst von allem außer Dir. Du bist wahrlich der Barmherzigste aller Barmherzigen.

O Du, der Du den Menschen die Sünden vergibst und ihre Fehler verbirgst, verfahre mit ihm, wie es dem Himmel Deiner Freigebigkeit und dem Meere Deiner Gnade entspricht. Nimm ihn auf in das Reich Deines allüberragenden Erbarmens, das der Erschaffung von Erde und Himmel voranging. Es gibt keinen Gott außer Dir, dem Immervergebenden, dem Großmütigsten.

Der Betende wiederhole sodann sechsmal die Anrufung »Alláh'u'Abhá« und alsdann jeden der folgenden Verse neunzehn Mal:

Wahrlich, wir alle beten zu Gott.
Wahrlich, wir alle beugen uns vor Gott.
Wahrlich, wir alle sind demütig vor Gott.
Wahrlich, wir alle lobpreisen Gott.
Wahrlich, wir alle danken Gott.
Wahrlich, wir alle sind geduldig in Gott.

¹ Ist der Tote eine Frau, so sage der Betende: »Dies ist Deine Magd und die Tochter Deiner Magd ...«

+12:3
Preis sei Dir, o Herr mein Gott!

Erniedrige ihn nicht, den Du kraft Deiner unvergänglichen Herrschaft erhoben hast, und weise ihn nicht zurück, den Du die Weihstatt Deiner Ewigkeit betreten ließest. Willst Du, o mein Gott, ihn verwerfen, den Du in den Schutz Deiner Herrschaft aufgenommen, und willst Du, o mein Verlangen, ihn von Dir weisen, der bei Dir Zuflucht suchte? Kannst Du erniedrigen, wen Du aufgerichtet, oder vergessen, wem Du die Fähigkeit verliehest, Deiner zu gedenken?

Verherrlicht, unermeßlich verherrlicht bist Du! Seit aller Ewigkeit bist Du der König der ganzen Schöpfung und ihr Urheber, und immerdar wirst Du Herr und Gebieter alles Erschaffenen bleiben. Verherrlicht bist Du, o mein Gott! Wärest Du Deinen Dienern nicht länger gnädig, wer sollte ihnen dann Gnade erweisen? Und wenn Du Deinen Geliebten die Hilfe versagst, wer könnte ihnen dann beistehen?

Verherrlicht, unermeßlich verherrlicht bist Du! Du wirst angebetet in Deiner Wahrheit, und Dich, wahrlich, verehren wir alle. Du bist offenbar in Deiner Gerechtigkeit, und für Dich, fürwahr, legen wir alle Zeugnis ab. Du wirst wahrhaftig geliebt in Deiner Gnade. Es gibt keinen Gott außer Dir, dem Helfer in Gefahr, dem Selbstbestehenden. (GM 169)

+12:4

Er ist Gott, erhaben ist Er, der Herr der Güte und Großmut!

Ruhm sei Dir, o mein Gott, allmächtiger Herr! Ich bezeuge Deine Allmacht und Deine Gewalt, Deine Herrschaft und Deine Güte, Deine Gnade und Deine Stärke, die Einzigkeit Deines Seins und die Einheit Deines Wesens, Deine Heiligkeit und Erhabenheit über die Welt des Seins und alles, was darinnen ist.

O mein Gott! Du siehst mich losgelöst von allem außer Dir, an Dich mich haltend und dem Meere Deiner Großmut zugewandt, dem Himmel Deiner Gunst, der Sonne Deiner Gnade.

Herr! Ich bezeuge, daß Du in Deinen Diener Dein Vertrauen gesetzt hast, und das ist der Geist, indem Du der Welt das Leben gabst.

Ich bitte Dich bei dem Sonnenglanz Deiner Offenbarung, nimm voll Erbarmen von ihm an, was er in Deinen Tagen vollbrachte. Gewähre sodann, daß er mit der Herrlichkeit Deines Wohlgefallens belehnt und mit Deiner Annahme geschmückt werde.

O mein Herr! Ich selbst und alle erschaffenen Dinge bezeugen Deine Macht, und ich bitte Dich, weise diese Seele nicht von Dir, die zu Dir emporgestiegen ist, zu Deiner himmlischen Stätte, Deinem erhabenen Paradies und zum Zufluchtsort Deiner Nähe, o Du, der Du der Herr aller Menschen bist!

Gewähre alsdann, o mein Gott, daß Dein Diener mit Deinen Erwählten, Deinen Heiligen und Deinen Boten verkehren darf in himmlischen Gefilden, wie sie weder die Feder beschreiben noch die Zunge schildern kann.

O mein Herr, der Arme ist wahrlich zum Königreich Deines Reichtums geeilt, der Fremdling zu seiner Wohnstatt an Deinem Hofe, der Verdurstende zum himmlischen Strom Deiner Großmut. Versage ihm nicht, o Herr, sein Teil am Festmahl Deiner Gnade und an der Gunst Deiner Freigebigkeit. Du bist in Wahrheit der Allmächtige, der Gnädige, der Allgütige!

O mein Gott! Dein Unterpfand wurde Dir zurückgegeben. Es entspricht Deiner Gnade und Deiner Großmut, die Deine Herrschaft auf Erden und im Himmel umfangen, dem, den Du nun aufgenommen, Deine Gaben und Geschenke und die Früchte vom Baume Deiner Gnade zu gewähren! Mächtig bist Du, zu tun wie Du willst. Es gibt keinen Gott außer Dir, dem Gnädigen, dem Freigebigsten, dem Erbarmer, dem Wohltäter, dem Verzeihenden, dem Kostbaren, dem Allwissenden.

Ich bezeuge, o mein Herr. Du hast den Menschen zur Pflicht gemacht, ihren Gast zu ehren, und der zu Dir emporgestiegen ist, gelangte wahrlich in Deine Gegenwart. Verfahre nun mit ihm nach Deiner Gnade und Großmut! Bei Deiner Herrlichkeit! Ich weiß gewiß, daß Du selbst nicht versagen wirst, was Du Deinen Dienern befohlen hast, und daß Du den nicht ausschließest, der sich an das Seil Deiner Großmut klammert und zu Deines Reichtums Morgenröte aufgestiegen ist. Es ist kein Gott außer Dir, dem Einen, dem Einzigen, dem Mächtigen, dem Allwissenden, dem Freigebigen. (GebetBuch Nr.178)

+12:5

... Gelobt seiest Du, o mein Gott, meine Verfehlungen türmen sich hoch und meine Sünden haben ein quälendes Ausmaß erreicht. Wie schmachvoll wird sich mein Zustand in Deiner heiligen Gegenwart erweisen! Ich habe versäumt, Dich in dem Maße zu erkennen, wie Du Dich mir enthülltest; ich habe versäumt, Dich mit einer Hingabe anzubeten, die Deinem Rufe würdig ist; ich habe versäumt, Dir zu gehorchen, da ich den Pfad Deiner Liebe nicht so ging, wie Du mir eingabst.

Deine Macht bezeugt mir, o mein Gott, was Dir ziemt, ist weit größer und erhabener als was Mein Wesen hoffen könnte zu erreichen. Fürwahr, nichts kann Dich je begreifen wie es Deiner wert ist, noch kann ein dienendes Geschöpf Dich preisen wie Deiner Anbetung ziemt. So vollkommen und umfassend ist Dein Beweis, o mein Gott, daß sein Wesen die Beschreibung der Seele übersteigt, und so überreich strömen Deine Gaben, daß kein Sinn ihr grenzenloses Ausmaß schätzen kann.

O mein Gott! O mein Herr! Ich flehe zu Dir bei Deinen mannigfachen Gaben und bei den Säulen, die Deinen Thron der Herrlichkeit tragen, habe Mitleid mit diesen einfachen Menschen, die unfähig sind, die Nöte dieses flüchtigen Lebens zu ertragen; wieviel weniger können sie Deine Züchtigung im kommenden Leben ertragen - eine Züchtigung, verordnet durch Deine Gerechtigkeit, ausgelöst durch Deinen Zorn und ewig fortdauernd.

Ich bitte Dich bei Dir selbst, o mein Gott, mein Herr und mein Gebieter, bitte Du für mich. Vor Deiner Gerechtigkeit bin ich unter Deine Gnade geflohen. Als Zuflucht suche ich Dich und jene, die nicht von Deinem Pfade weichen, sei es auch nur für einen Augenblick - sie, um dererwillen Du die Schöpfung erschufest, zum Zeugnis Deiner Gunst und Großmut. (BÁB 7:32:3-6)

+12:6

Verordne für mich, o Herr, alles Gute, das Du erschaffen hast oder erschaffen wirst, und schirme mich vor allem Übel, das Du verabscheust unter den Dingen, die Du entstehen ließest oder entstehen lassen wirst. Dein Wissen umfaßt fürwahr alle Dinge. Gepriesen seiest Du. Es gibt wahrlich keinen Gott außer Dir, und nichts in den Himmeln oder auf Erden oder zwischen ihnen kann jemals Deine Absicht vereiteln. Du bist in Wahrheit mächtig über alle Dinge.

Fern sei es der Erhabenheit Deines Wesens, o mein Gott, daß jemand Deine Güte oder Gunst suche. Fern sei es Deiner überirdischen Herrlichkeit, daß jemand Dich um die Beweise Deiner Gaben und Deines zarten Erbarmens bitte. Zu hoch bist Du, als daß eine Seele von Dir die Offenbarung Deiner huldvollen Vorsehung und liebenden Fürsorge erflehte, und Deine Herrlichkeit ist zu heilig, als daß jemand Dich um das Strömen Deines Segens, um Deine himmlische Großmut und Gnade anriefe. In allen Teilen Deines Reichs, im Himmel wie auf Erden mit ihren mannigfachen Gaben, bist Du unermeßlich verherrlicht über alles, dem eigenes Sein zugeschrieben werden kann.

Was ich von Dir erbitte, o mein Gott, ist: Mache mich fähig, bevor meine Seele den Körper verläßt, Dein Wohlgefallen zu erlangen, sei es auch nur für einen Augenblick, kürzer als der kleinste Bruchteil eines Senfkorns. Denn wenn meine Seele scheidet, während Du zufrieden mit mir bist, bin ich frei von jeder Angst und Sorge; doch verließe sie mich, während Du mir zürnst, so nützte mir keine gute Tat, hätte ich auch alle vollbracht, und nichts könnte mich erhöhen, hätte ich auch alle Ehre und allen Ruhm erworben.

So flehe ich inbrünstig zu Dir, o mein Gott, gewähre mir gnädig Dein Wohlgefallen, wenn Du mich emporsteigen läßt zu Dir und mich in Deine heilige Gegenwart rufst, bist Du doch seit aller Ewigkeit der Gott grenzenloser Güte für das Volk Deines Reiches, der Herr unübertroffener Gaben für alle, die im erhabensten Himmel Deiner Allmacht weilen. (BÁB 7:18:1-4)

+12:7

Ich erbitte Deine Vergebung, o mein Gott, und erflehe Deine Verzeihung, so wie Du wünschest, daß sich Deine Diener Dir zuwenden. Ich bitte Dich, wasche unsere Sünden hinweg wie es Deiner Herrschaft entspricht, und vergib mir, meinen Eltern und denen, die nach Deinem Urteil das Heim Deiner Liebe so betreten haben, wie es Deiner allüberragenden Herrschaft würdig ist und der Herrlichkeit Deiner himmlischen Macht zukommt.

O mein Gott! Du hast meine Seele ermutigt, demütig zu Dir zu flehen, und nur um Deinetwillen rufe ich zu Dir. Gepriesen und verherrlicht seiest Du! Dir sage ich Dank, daß Du Dich mir offenbartest, und bitte Dich, mir zu vergeben, da ich meiner Pflicht nicht nachkam, Dich zu erkennen, und säumte, auf dem Pfade Deiner Liebe zu wandeln. (BÁB 7:18:1-2)

+12:8

Ruhm sei Dir, o Gott! Wie kann ich von Dir sprechen, da Du heilig bist über den Lobpreis der ganzen Menschheit? Verherrlicht sei Dein Name, o Gott! Du bist der König, die ewige Wahrheit. Du weißt, was in den Himmeln und auf Erden ist, und zu Dir müssen alle zurückkehren. Nach deutlichem Maße hast Du Deine göttlich bestimmte Offenbarung herabgesandt. Gelobt seiest Du, o Herr! Kraft Deines Befehls machst Du siegreich, wen Du willst, durch die Heerscharen des Himmels, der Erde und dessen, was dazwischen ist. Du bist der höchste Herrscher, die Ewige Wahrheit, der Herr unüberwindlicher Macht.

Verherrlicht seiest Du, o Herr! Du vergibst allezeit die Sünden jener Deiner Diener, die Deine Verzeihung erflehen. Wasche ab meine Sünden und die Sünden derer, die zur Morgendämmerung Deine Vergebung suchen, die zu Dir beten am Tage und zur Nachtzeit, die sich nach nichts sehnen außer Gott, die darbringen, was Gott ihnen gnädig gewährt, die Dein Lob preisen des Morgens und des Abends und nicht nachlässig sind in ihren Pflichten. (BÁB 7:7:1-2)

+12:9
O Du vergebender Herr!

Wenn auch manch eine Seele in Unwissenheit, Entfremdung und Selbstsucht verschied, so kann doch fürwahr eine einzige Woge aus dem Meer Deiner Vergebung den Sünder erlösen und befreien. Du erlösest, wen immer Du willst, und Du verweigerst Dich, wem Du willst. Übst Du Gerechtigkeit, so sind wir Sünder allzumal und verdienen, ausgeschlossen zu sein. Und verfährst Du nach Deiner Gnade, so wird ein jeder Sünder rein und der Fremde zum Freund. Vergib und verzeihe dann allen und erbarme Dich aller.

Du bist der Vergeber, der Lichtspender, der Mitleidvolle. (GebetBuch Nr.139)

+12:10

O mein Gott! Du Vergeber der Sünden, Verleiher der Gaben, Verbanner der Not!

Wahrlich, ich flehe Dich an, vergib die Sünden derer, die das irdische Gewand abgelegt haben und zur geistigen Welt aufgestiegen sind.

O mein Herr! Mache sie rein von Fehlern, vertreibe ihre Sorgen und wandle ihre Finsternis in Licht. Laß sie eintreten in den Garten der Glückseligkeit, wasche sie mit dem reinsten Wasser und gib, daß sie Deine Herrlichkeit auf dem erhabensten Berge schauen. (GebetBuch Nr.179)

+12:11

O mein Gott! O mein Gott! Wahrlich, Dein Diener, der demütig vor der Majestät Deiner höchsten, göttlichen Gewalt und bescheiden am Tor Deiner Einzigartigkeit steht, hat an Dich und Deine Verse geglaubt. Er hat für Dein Wort gezeugt und war entflammt vom Feuer Deiner Liebe. Tief war er in das Meer Deiner Erkenntnis eingetaucht und angezogen von Deinem Windhauch. Auf Dich hat er sich verlassen, Dir sein Angesicht zugewandt und Dir seine Gebete dargebracht, Deiner Vergebung und Verzeihung gewiß. Nun hat er dieses vergängliche Leben verlassen und sich emporgeschwungen in der Unsterblichkeit Reich, voll Sehnsucht nach der Gnade, Dir zu begegnen.

O Herr, verherrliche seine Stufe, herberge ihn unter dem Thronzelt Deines höchsten Erbarmens, gewähre ihm Einlaß in Dein herrliche Paradies und laß ihn immerdar leben in Deinem erhabenen Rosengarten, eingetaucht in die Welt der Mysterien wie in ein Lichtermeer.

Wahrlich, Du bist der Freigebige, der Gewaltige, der Vergebende und der Schenkende. (GebetBuch Nr.180)

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....UND ZU IHM KEHREN WIR ZURÜCK

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