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Secundaer Literatur : Quratu'l-Ayn (TAHIRIH)
QURRATU'L-'AYN
Tahirih

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#1

Tahirih bedeutet �Die Reine�. Diesen Namen verlieh Bahá'u'lláh der ersten Frau, die an den B�b glaubte, und der B�b best�tigte diesen Namen. Aus der Geschichte Tahirihs, die wir hier erz�hlen, werdet ihr erfahren, weshalb man sie �Die Reine� nannte.

Tahirih wurde 1817 in Qazvin im Iran (Persien) geboren, im gleichen Jahr wie Bahá'u'lláh. Qazvin war damals eine Hochburg des Islam. Ihr Vater war Geistlicher und Lehrer, im Iran ein sehr ber�hmter, kluger Mann. Ihr Onkel v�terlicherseits war ebenfalls Geistlicher und ebenso bekannt. Tahirihs Bruder �hnelte sehr dem Vater, und die drei M�nner sprachen im Hause st�ndig �ber religi�se Themen. So h�rte Tahirih schon von fr�her Kindheit an viel �ber Religion.

Tahirih war anders als die meisten Kinder, die lieber spielen als B�cher studieren. Begierig h�rte sie den Gespr�chen ihrer Angeh�rigen �ber Gott und den Islam zu. Sie lernte viel beim Zuh�ren und merkte auch, da� ihre Familie in Wahrheit von Religion nichts verstand, da� ihnen die geistige Bedeutung der Religion verborgen war. Als sie dies entdeckte, begann sie, die Religion selbst zu erforschen.

Schon fr�h war sie in Qazvin als Wunderkind bekannt, begabter und kl�ger als die meisten anderen. Ihr eigentlicher Name war Fatimih Umm-Salamih, aber so wurde sie nie gerufen. Sie war ein solch au�ergew�hnliches Kind, da� ihre Familie sie �Zarrin-Taj� nannte, was �goldene Krone� bedeutet. Wenn ihr Vater Religion unterrichtete, h�rten Hunderte von Studenten zu, aber keine Frauen. Zu jener Zeit behandelte man die Frauen fast wie Vieh, besonders im Orient. Die M�nner waren der Ansicht, Frauen w�ren gerade recht f�r die Hausarbeit und die Aufzucht der Kinder. In der �ffentlichkeit mu�ten Frauen stets einen Schleier tragen.

Die kleine Zarrin-Taj erhielt von ihrem Vater die Erlaubnis, seinen Unterrichtsstunden zuzuh�ren. Sie durfte zuh�ren, mu�te aber hinter einem Vorhang sitzen, so da� die M�nner nicht merkten, da� sie im Raum war. Zarrin-Tajs Vater sagte einmal, er w�nschte, seine Tochter w�re ein Sohn, denn dann k�nnte sie in seine Fu�stapfen treten und den Ruhm der Familie mehren. Er konnte nicht wissen, welch gro�en Ruhm sie in Zukunft auf seinen Namen h�ufen w�rde!

Die kleine Zarrin-Taj war gl�cklich, da� sie den Vorlesungen ihres Vaters hinter dem Vorhang zuh�ren durfte. Manchmal aber konnte sie nicht ganz ruhig bleiben. Einmal war sie so erregt �ber das, was ihr Vater sagte, da� sie ohne nachzudenken hinter ihrem Vorhang einen Fehler r�gte. Ihr Vater war zugleich �berrascht wie ver�rgert. Aber Zarrin-Taj konnte beweisen, da� seine Ausf�hrungen falsch gewesen waren. Von da an wu�ten alle, da� sie hinter dem Vorhang sa�, und sie durfte an allen Er�rterungen teilnehmen.

Mit dreizehn Jahren wurde Zarrin-Taj mit Mull� Muhammad, einem Vetter, verheiratet. Ihre Eltern hatten die Heirat vereinbart, wie es damals �blich war. Sie hatte Mull� Muhammad nicht als Ehemann gew�hlt, aber sie lebte eine Zeitlang mit ihm und gebar ihm drei Kinder. Die meiste Zeit jedoch verbrachte sie bei ihren Eltern, bis sie eine Anh�ngerin Siyyid Kazims wurde und Qazvin verlie�.

Zarrin-Taj h�rte durch Zufall von Siyyid Kazim. Sie besuchte eines Tages einen Vetter, und wohin sie auch kam, interessierte sie sich sehr daf�r, welche B�cher die Menschen lasen und was in ihren B�cherschr�nken stand. Bei dem Vetter sah sie B�cher von zwei gro�en Gelehrten: Shaykh Ahmad und Siyyid Kazim. Sie bl�tterte in diesen B�chern und fragte, ob sie sie ausleihen d�rfte. Der Vetter sagte ihr, da� ihr Vater bestimmt nicht erfreut w�re, wenn sie diese B�cher l�se, da sie von sehr modernen Denkern verfa�t seien. Ihr Inhalt stimme nicht mit der Richtung im Islam �berein, die ihr Vater lehrte. Das gefiel Zarrin-Taj, denn auch sie stimmte mit ihrem Vater nicht �berein. Sie versprach, auf die B�cher sorgf�ltig achtzugeben, und durfte sie mitnehmen.

In einem der B�cher las sie, da� die Zeit nahe sei, da ein neuer Prophet Gottes erscheine. Dieser Prophet werde die Verhei�ungen aller Religionen erf�llen, besonders aber die Verhei�ungen Muhammads im Quran. Das Buch war von so zwingender Logik, da� Zarrin-Taj unbedingt diese Lehrer treffen wollte. Shaykh Ahmad aber war vor einigen Jahren gestorben, und Siyyid Kazim lebte weit weg in Karbila, im 'Ir�q. Auch war es in diesen L�ndern Frauen nicht gestattet, alleine zu reisen.

Zarrin-Taj interessierte sich immer mehr f�r die neuen Lehren von Shaykh Ahmad und Siyyid Kazim und erz�hlte allen davon. Ihre Familie und ihr Mann schalten sie deswegen, doch ihre Gedanken waren immer bei dem neuen Lehrer, der auf diese Erde kommen werde. Sie sagte sogar ihrem Onkel, da� sie die erste Frau sein m�chte, die dem neuen Offenbarer, sobald Er erscheine, dient, wu�te sie doch, wie tief der Ir�n gesunken war, und wie d�rftig die Erziehung der Frauen, denen sie helfen wollte. Sie sagte ihrem Onkel: �Wann kommt nur der Tag, an dem neue Gesetze offenbart werden! Ich werde die erste sein, die diesen neuen Lehren folgt, und werde mein Leben f�r meine Schwestern geben.�

Zarr�n-T�j versuchte, �ber die neuen Lehren mit ihrem Vater zu sprechen, aber er schenkte ihr kein Geh�r. So schrieb sie Briefe an Siyyid K�zim selbst, in denen sie Antwort auf ihre vielen Fragen erbat. Siyyid K�zim beantwortete ihre Fragen so gut, da� Zarr�n-T�js Bewunderung f�r ihn noch gr��er wurde. Sie war so gl�cklich �ber seine Antworten, da� sie eine lange Abhandlung schrieb, in der sie die Lehren Shaykh Ahmads pries und sie verteidigte gegen diejenigen, die sie als falsch hinstellten. Ihre Abhandlung war klug verfa�t und erkl�rt die Lehren Shaykh Ahmads so unmi�verst�ndlich, da� Siyyid K�zim ihr einen Brief schrieb, der mit diesen Worten begann: �0 du, die du der Trost meiner Augen und die Wonne meines Herzens bist!� �Trost meiner Augen� hei�t in Persien �Qurratu'l-'Ayn�, und unter diesem Namen wurde Zarr�n-T�j bekannt.

#2

Nachdem Qurratu'l-'Ayn den Brief Siyyid K�zims erhalten hatte, beschlo� sie, ihn unbedingt in Karbil� aufzusuchen. Aber wie sollte sie die Reise begr�nden? Ihr Vater w�rde ihr zu diesem Vorhaben nie seine Einwilligung geben, noch viel weniger, Hunderte von Kilometern allein durch die W�ste zu reisen! So dachte sich Qurratu'l-'Ayn einen Plan aus.

Karbil� ist eine der heiligen St�dte des Islam. Viele Pilger besuchen jedes Jahr die dortigen Schreine - wenn sie nicht nach Mekka oder Medina reisen k�nnen. Qurratu'l-'Ayn hatte schon immer diese Schreine aufsuchen wollen, wenn man es von ihr als Frau auch nicht erwartete. Sie sprach mit ihrer Schwester dar�ber und sie beschlossen, ihren Vater f�r den Besuch der Schreine in Karbil� um Erlaubnis zu bitten. Ihr Vater wu�te, da� sie, wenn sie nach Karbil� ging, auch Siyyid Kazim aufsuchen w�rde. Aber er beschlo�, sie auf jeden Fall gehen zu lassen. Er hoffte, da� sie beim Anblick der heiligen Schreine des Islam ihren Sinn �ndern und wieder eine echte Muslimin werden w�rde.

Die Reise nach Karbila wurde im Jahre 1843 unternommen. Qurratu'l-'Ayn war 26 Jahre alt und Mutter von zwei S�hnen und einer Tochter. Im ganzen Iran war sie als die sch�nste und gebildetste Frau des Landes ber�hmt. Wie sch�n w�re es, wenn man von dieser gro�en lranischen Frau ein Bild h�tte, aber niemand machte ein Foto von ihr, und kein Maler portr�tierte sie zu Lebzeiten. Das Bild von ihr lebt deshalb nur in unserer Vorstellung.

Nach der langen Reise von Qazvin nach Karbila ging Qurratu'l-'Ayn sogleich zu dem Haus, in dem Siyyid Kazim wohnte. Aber wie gro� war ihre Entt�uschung! Siyyid Kazim war vor zehn Tagen aus dieser Welt geschieden. Gro�e Traurigkeit �berkam sie, und sie weinte viele Tage lang. Sie war so traurig, ihren neuen Lehrer nicht mehr sprechen zu k�nnen, da� die Familie Siyyid Kazims sie zu sich einlud. Sie durfte alle seine Schriften lesen, von denen erst wenige ver�ffentlicht waren. Mit gro�em Eifer studierte sie die Schriften, ja, sie lehrte unter den Studenten Siyyid Kazims. W�hrend ihrer Vortr�ge sa� sie hinter einem Vorhang, wie sie es schon in Qazvin bei den Vorlesungen ihres Vaters getan hatte. Den Studenten Siyyid Kazims- alle waren M�nner-mu� es seltsam vorgekommen sein, eine weibliche Stimme zu h�ren, die sie hinter einem dichten Vorhang lehrte.

#3

Qurratu'l-'Ayn blieb drei Jahre lang in Karbila. Viel geschah w�hrend dieser Zeit. Eines der wichtigsten Ereignisse erlebte sie eines Nachts, nachdem sie gefastet und den Tag mit Meditation verbracht hatte. Sie hatte einen Traum, in dem sie einen jungen Mann hoch am Himmel sah, einen Nachkommen des Propheten Muhammad. Dieser junge Mann stand in der Luft, sprach immer wieder bestimmte Worte und betete. Qurratu'l-'Ayn erinnerte sich an einige dieser Worte und schrieb sie beim Erwachen nieder.

Wenige Tage sp�ter erfuhr sie, da� ihr Schwager Mirza Muhammad Al�, der Mann ihrer Schwester, bald Qazvin verlassen wollte, um den Verhei�enen zu suchen. Kaum hatte sie davon geh�rt, da sandte sie ihm einen versiegelten Brief und bat ihn, denselben dem Verhei�enen zu �bergeben, sobald er Ihn gefunden h�tte. Sie schrieb: �Du bist auf dem sicheren Weg, den Verhei�enen im Laufe deiner Reise zu finden. Sage Ihm von mir: `Das Licht Deines Antlitzes strahlte vor meinen Augen und sein Strahlenglanz erhob sich �ber mir.` Dann sprich die Worte: `Bin Ich nicht dein Herr?` und: `Du bist es, Du bist es, soll unsere Antwort sein.`�

Mirza Muhammad Al� nahm den Brief von Qurratu'l-'Ayn und brach zu seiner Reise auf. In Sh�raz erkannte er den B�b und wurde der sechzehnte Buchstabe des Lebendigen. Sogleich �bergab er dem B�b den Brief mit Qurratu'l-'Ayns Botschaft. Als der B�b ihn gelesen hatte, erkl�rte Er sie sofort zum siebzehnten Buchstaben des Lebendigen. So wurde Qurratu'l-'Ayn der einzige Buchstabe des Lebendigen, der nie in die Gegenwart des B�b gelangte. Allein durch ihren Traum hatte sie Ihn erkannt!

Als Mull� Ali, der vierte Buchstabe des Lebendigen, Sh�raz verlie�, wies der B�b ihn an, den neuen Glauben nach Karbila zu bringen. Der B�b gab ihm einige Seiner Sendschreiben in arabischer Sprache mit. Als Qurratu'l-'Ayn diese Sendschreiben las, entdeckte sie darin die Worte, die sie in ihrem Traum vernommen und niedergeschrieben hatte. Sie war nun ganz sicher, da� der B�b in Sh�raz der Mann war, den sie im Traum erblickt hatte.

Qurratu'l-'Ayn war so begierig auf Nachrichten �ber den B�b, da� Mull� 'Ali sehr lange bei ihr bleiben und ihre Fragen beantworten mu�te. Sie g�nnte ihm erst Ruhe, als sie alles erfahren hatte. Die Sendschreiben des B�b studierte sie gr�ndlich und begann dann, sie ins Persische zu �bersetzen. Au�erdem schrieb sie selbst B�cher und Gedichte in persischer Sprache �ber den B�b und Seine Lehren.

#4

Qurratu'l-'Ayn war nicht alleine in Karbila. Sie wurde begleitet von einigen Frauen, die euch vielleicht interessieren: die Mutter und Schwester von Mull� Husayn, au�erdem eine Frau, bekannt als Shams-i-Duha, was �Morgensonne� bedeutet. Shams-i-Duhas richtiger Name war Khurshid Bagum, aber diesen gebrauchten die meisten Leute nicht. Sp�ter wurde sie die Gro�mutter von Mirza Jalal, der Abdu'l-Bahás Tochter Ruha Khanum heiratete.

Bald wu�te jeder in Karbila, da� sich Qurratu'l-'Ayn zum B�b bekannte und Seinen Glauben in der heiligen Stadt des Islam �ffentlich lehrte. Sie lehrte nicht nur Seinen Glauben, sondern weigerte sich auch, die heiligen Tage der islamischen Religion weiterhin zu feiern. Am Jahrestag von Husayns M�rtyrertod, dies ist ein hoher Feiertag im Islam, bat Qurratu'l-'Ayn ihre Schwester und ihre Verwandten, nicht wie �blich schwarze, sondern helle, farbenfrohe Kleider anzulegen. Warum? Es war auch der Geburtstag des B�b und deshalb ein Tag des Gl�cks und der Freude, kein Tag, um Schwarz zu tragen.

Als die Geistlichen von Karbila erfuhren, was Qurratu'l-'Ayn dem Islam an diesem heiligen Tage angetan hatte, verklagten sie sie bei der Regierung und verlangten, da� sie vor den Gouverneur gebracht und bestraft w�rde. Die Regierungsbeamten suchten nach ihr, verhafteten aber f�lschlicherweise Shams-i-Duha. Sobald Qurratu'l-'Ayn dies erfuhr, schrieb sie an den Gouverneur und teilte ihm mit, da� sie die falsche Frau festgenommen hatten, sie sollten kommen und sie statt Shams-i-Duha festnehmen. Der Gouverneur war sehr emp�rt �ber diese Frauen und ordnete an, Qurratu'l-'Ayn in ihrem Hause zu bewachen. Drei Monate lang durfte sie keine Menschenseele sehen. Niemand durfte das Haus betreten, und sie durfte es nicht verlassen.

Bald darauf h�rte Qurratu'l-'Ayn, da� der B�b eine Zusammenkunft der f�hrenden B�bi in der lranischen Provinz Khurasan einberufen habe. Sie war �bergl�cklich! Aber sie war gefangen in ihrem eigenen Haus: wie sollte sie dorthin kommen? Nichts sollte sie vom Besuch dieser Zusammenkunft abhalten! So schrieb sie an den Gouverneur und teilte ihm mit, da� sie Karbila verlassen wolle, um nach Baghdad zu reisen. Baghdad lag noch im Ir�q, aber der Iranischen Grenze n�her und daher auf dem Weg zu diesem Treffen.

Die Geistlichen Karbilas versuchten, die Abreise Qurratu'l-'Ayns zu verhindern und gaben vor, die Reise nach Baghdad sei zur Zeit zu schwierig und gef�hrlich. Der wahre Grund aber war der, da� der Gouverneur noch nicht verk�ndet hatte, wie er bestrafen wollte, da� sie den Geburtstag des B�b gefeiert hatte, statt des heiligen Tages der Muslime zu gedenken. Sie hofften noch, da� sie �ffentlich bestraft w�rde. Nat�rlich lie� sich Qurratu'l-'Ayn von ihren Vorhaltungen nicht beeindrucken. Stattdessen schrieb sie jedem einzelnen einen ausf�hrlichen Brief, in dem sie begr�ndete, warum sie weggehen wollte, und da� sie die Reise durchaus unternehmen k�nne-denn es gibt keine Gefahren, wenn man den Willen Gottes befolgt.

Bald darauf erhielt sie vom Gouverneur die Erlaubnis, Karbila zu verlassen, allerdings mit der Einschr�nkung, so lange in Baghdad zu bleiben, bis eine endg�ltige Entscheidung getroffen w�re. Die Damen packten ihre Sachen, und unter dem Schutz einiger M�nner verlie�en sie die Stadt. Einer der Reisegef�hrten war Mirza Muhammad 'Ali, der sechzehnte Buchstabe des Lebendigen, der dem B�b das Schreiben Qurratu'l-'Ayns �bergeben hatte. Beim Verlassen der Stadt wurde Qurratu'l-'Ayn einige Male von Steinen getroffen, die die Leute nach ihr warfen.

Sobald sie in Baghdad angekommen waren, begann Qurratu'l-'Ayn tagt�glich die Religion des B�b zu lehren. Menschen, die sie von fr�her kannten, lauschten ihren Vortr�gen und waren erstaunt �ber die Kraft und Macht ihrer Worte. �Dies ist nicht die Frau, die wir vorher kannten�, meinten sie. Zu ihren Vortr�gen kamen viele Menschen, und viele davon, besonders Frauen, suchten von da an selbst�ndig nach der Wahrheit. Innerhalb kurzer Zeit kamen viele ihrer fr�heren Studenten, M�nner und Frauen, aus Karbila nach Baghdad, um an ihren Vorlesungen teilnehmen zu k�nnen. So gro� war ihre Anziehungskraft.

Wie in Karbila, lud sie auch in Baghdad die Geistlichen ein zu einer �ffentlichen Diskussion �ber die neuen religi�sen Lehren. Doch die Geistlichen machten Ausfl�chte und kamen nicht. Aber sie erhoben ein heftiges Geschrei gegen sie, so laut, da� es dem Gouverneur zu Ohren kam. Um sie zu sch�tzen, ordnete der Gouverneur an, da� alle Damen im Hause des Richters von Baghdad wohnen sollten.

Tahirih lebte mit ihren Damen eine Zeitlang bei diesem Richter, der von ihrer Geistigkeit sehr beeindruckt war. Einige Jahre sp�ter erw�hnte er in seiner Lebensbeschreibung Qurratu'l-'Ayns Aufenthalt in seinem Haus. Er schrieb, da� sie jeden Morgen in der fr�hen D�mmerung aufstand, um zu beten und zu meditieren. Sehr oft fastete sie auch. Niemals, schrieb er, habe er eine reinere Frau gesehen, niemals eine Frau mit gr��erem Wissen kennengelernt. Nie h�tte er eine Frau tapferer oder bereitwilliger gefunden, ihr Leben f�r ihre �berzeugung zu opfern. An einer Stelle sagte er: �Sie verk�rpert solches Wissen, solche Bildung und Vornehmheit und solch guten Charakter, wie ich sie selbst bei gro�en M�nnern dieses Jahrhunderts nicht feststellen konnte.�

Das war im Jahr 1847, und sie blieb drei Monate im Hause des Richters. Die ganze Zeit �ber wartete sie auf Anweisungen. Eines Tages brachte ihr der Richter ein Schreiben des Gouverneurs. Er sagte: �Sie sind jetzt frei, aber morgen m�ssen Sie den Ir�q verlassen. Richten Sie Ihre Angelegenheiten f�r die Reise in den Iran, denn der Sultan befiehlt es.� Qurratu'l-'Ayn war dar�ber sehr gl�cklich, denn sie war begierig, in die Provinz Khurasan zu der Konferenz des B�b aufzubrechen.

#5

Qurratu'l-'Ayn traf nun Vorbereitungen f�r die R�ckreise in ihre Heimat. �ber drei�ig Freunde wollten sie begleiten, einige stammten aus dem 'Ir�q, andere waren mit ihr zusammen aus dem Iran gekommen. Sie erwirkte die Erlaubnis, da� die Freunde mit ihr gehen durften. Der Richter sandte zehn Reiter unter dem Befehl eines Kommandanten, um sie auf der Reise zu besch�tzen.

Mit diesem k�niglichen Geleit brachen sie auf, und innerhalb weniger Tage erreichten sie die Grenze zum Iran. Von da aus mu�ten sie ohne den Schutz der Reiter weiterreisen nach der Stadt Kirmanshah. Im Dorf Karand legten sie eine Rast ein von drei Tagen. Als sie von dort wieder aufbrachen, boten sich zw�lfhundert Menschen an, Qurratu'l-'Ayn zu begleiten und ihr zu Diensten zu sein.

In Kirmanshah wohnten die M�nner der Gruppe in einem Haus, und die Frauen in einem anderen. Sobald die Bewohner der Stadt erfuhren, da� Qurratu'l-'Ayn angekommen war, eilten sie zu ihrem Hause, sogar Adlige, Geistliche und Regierungsangestellte wollten sie sehen. Sie lauschten ihren Worten und waren beeindruckt von ihrem Wissen, von ihrer Ausstrahlungskraft und ihrem herrlichen Wesen. Sie schien keine Furcht zu kennen, las allen, die herbeigestr�mt waren, aus den Schriften des B�b vor und beantwortete alle Fragen. Sogar die Gattin des Gouverneurs war unter den Frauen. Als der Gouverneur h�rte, wie sie die Botschaft des B�b erkl�rte, nahm er Dessen Sache an und lie� alle wissen, wie sehr er Qurratu'l-'Ayn sch�tze und verehre.

Einige der Geistlichen von Kirmanshah allerdings waren nicht so wohlwollend wie der Gouverneur und die Adligen. Sie liefen zum B�rgermeister und machten falsche Anschuldigungen. Daraufhin warf dieser die B�bi aus der Stadt. Er erlaubte sogar, da� der Mob ihre H�user st�rmte und ihnen den Besitz raubte. Dann wurden die B�b in einen Pferdewagen gepfercht und in die W�ste hinausgejagt. Dort wurden sie aus dem Wagen geworfen und blieben ohne Nahrung, ohne ausreichende Kleidung, ohne T�cher und Decken. Es war bitterkalt.

Qurratu'l-'Ayn schrieb an den Gouverneur von Kirmanshah und berichtete, wie der B�rgermeister mit ihnen verfahren war. �Wir waren Eure G�ste in dieser Stadt�, schrieb sie, �meint Ihr, es sei richtig, uns so zu behandeln?� Einer der Gruppe ging nach Kirmanshah, um den Brief zu �berbringen. Der Gouverneur war sehr �berrascht, als er den Brief empfing, denn er hatte nichts von dem Befehl gewu�t. Er lud die ganze Gruppe ein, nach Kirmanshah als seine G�ste zur�ckzukehren, aber Qurratu'l-'Ayn ging nicht darauf ein. Ihr wichtigstes Ziel war, der Konferenz beizuwohnen, die der B�b einberufen hatte.

W�hrend die Gruppe im Dorf Hamadan weilte, stie�en Qurratu'l-'Ayns Br�der aus Qazvin zu ihnen und �berbrachten ihr eine Botschaft ihres Vaters. Ihr Vater w�nschte, da� sie nach Hause k�me und dort eine Zeitlang bliebe. Sie ging nicht gern, aber sie stimmte zu, da es der Wunsch ihres Vaters war. Bevor sie von Hamadan aufbrach, bat sie einige ihrer Gefolgsleute, in den 'Ir�q zur�ckzukehren, andere lie� sie in Hamadan. Nur wenige ihrer Gef�hrten gingen mit ihr: Shaykh Salik und Mull� Ibrahim, die beide sp�ter als M�rtyrer starben, der erste in Tihr�n, der andere in Qazvin, au�erdem Shams-i-Duha, Mirza Muhammad-'Ali, ein Buchstabe des Lebendigen, und Siyyid 'Abdu'l-Hadi, der der Tochter von Qurratu'l-'Ayn versprochen war, die beiden letzteren legten den ganzen Weg von Karbila mit ihr zur�ck.

#6

Als Qurratu'l-'Ayn in ihres Vaters Haus kam, wurde die Familie zu einem Gespr�ch zusammengerufen, an dem ihr Vater, ihr Ehemann und ihr Onkel, der gleichzeitig auch ihr Schwiegervater war, teilnahmen. Sie berichtete nun ihrer Familie, da� ihre ganze Liebe den Lehren des B�b gelte. Ihr Vater regte sich sehr dar�ber auf und versuchte, ihr klarzumachen, f�r wie klug er sie hielte. Er sagte: `Wenn du, bei all deiner Bildung und deiner Intelligenz behaupten w�rdest, der B�b zu sein oder mehr, w�rde ich dir sofort zustimmen und an dich glauben - aber wie k�nnte es richtig sein, da� du dich daf�r entschieden hast, diesem jungen Mann aus Sh�raz nachzufolgen?`

Qurratu'l-'Ayn antwortete ihrem Vater: �Nach allem, was ich wei�, kann ich mich unm�glich t�uschen, Ihn erkannt zu haben, Ihn, den Herrn der Welten, Ihn, den alle Menschen erwarten. Vernunft und Wissen best�tigen mir, da� ich Ihn erkannt habe. Aber mein Wissen ist nur ein Tropfen, verglichen mit dem gewaltigen Meer des Wissens, �ber das der B�b verf�gt.�

Der Vater war sehr beeindruckt, aber er konnte seiner Tochter nicht folgen. Er sprach: �Wenn du mein Sohn gewesen w�rest, nicht meine Tochter, und den Anspruch erhoben h�ttest, selbst der B�b zu sein, so h�tte ich dies geglaubt.�

Qurratu'l-'Ayns Onkel, Mulla Taqi, wurde im Verlauf des Abends sehr gereizt und schm�hte den B�b. In seiner Wut verlor er die Beherrschung und schlug Qurratu'l-'Ayn sogar mehrmals. Diese blieb ganz ruhig, wandte sich ihm zu und sprach die prophetischen Worte: �Ach Onkel, ich sehe, wie sich dein Mund mit Blut f�llt.�

Am n�chsten Tag schickte ihr Ehemann einige Damen zu ihr mit der Aufforderung, in sein Haus zur�ckzukehren und mit ihm zu leben. Qurratu'l-'Ayn wollte nicht l�nger mit ihrem Ehemann zusammenleben, da es zwischen ihnen keine Gemeinsamkeiten mehr gab. Sie sagte zu den Frauen: �Sagt meinem unaufrichtigen, stolzen, Mann: `Wenn du wirklich den Wunsch gehabt h�ttest, mir ein aufrichtiger Gatte und Gef�hrte zu sein, dann w�rst du eilends zu mir nach Karbila gekommen und h�ttest zu Fu� meine S�nfte auf dem Weg nach Qazvin begleitet. Ich h�tte dich auf dieser Reise aus dem Schlaf der Nachl�ssigkeit aufger�ttelt und dir den Weg der Wahrheit gezeigt. Doch es sollte nicht sein. Drei Jahre sind seit unserer Trennung vergangen. Weder in dieser noch in der n�chsten Welt kann ich je mit dir vereinigt sein. Ich habe dich f�r immer aus meinem Leben versto�en.`�

Ihre Antwort an den Ehemann war hart und endg�ltig, und dies versetzte ihn und seinen Vater in Wut. Unverz�glich versuchten sie zu beweisen, da� sie eine schlechte Frau und alles, was sie den Menschen erz�hle, L�ge sei. Qurratu'l-'Ayn konnte sich v�llig rechtfertigen und bewies durch ihre Taten, da� ihr Charakter edel war, nicht aber der ihres Ehemannes.

Qurratu'l-'Ayns Vater war ein friedfertiger, aufrichtiger Mann. So versuchte er, seine Tochter und ihren Ehemann zu vers�hnen, aber ohne Erfolg. Ein paar Wochen sp�ter lie� ihr Mann sich scheiden.

In dieser schweren Zeit ver�bte ein gewisser Mull� 'Abdu'llah in Qazvin einen Mord, der Qurratu'l-'Ayn in gro�e Schwierigkeiten brachte . Mulla 'Abdu'llah t�tete Mulla Taqi, ihren Onkel, weil dieser die Verfolgung und den Tod Mull� Ibrahims angeordnet hatte, eines ihrer Gef�hrten auf der letzten Reise. Dieser Mord erf�llte die Familie Mull� Taqis mit noch heftigerem Ha�, gr��erer Wut auf Qurratu'l-'Ayn als zuvor. Sie beschuldigten sie, den Mordbefehl gegeben zu haben. Man erinnere sich, wie sie zu Mull� Taqi am Tage der Familienzusammenkunft gesagt hatte: �Ach Onkel, ich sehe, wie sich dein Mund mit Blut f�llt.� Daran dachte die Familie und behauptete: �Niemand anders als du bist schuld am Tod unseres Vaters. Du gabst den Befehl zum Mord.�

Nat�rlich war das Gerede falsch. Trotzdem erreichte die Familie, da� Tahirih im Hause ihres Vaters unter strengen Arrest gestellt wurde. Die Frauen, die sie bewachen sollten, waren angewiesen, sie nur zum Waschen einmal am Tage und sonst nicht aus dem Zimmer zu lassen.

Viele andere B�bi wurden nach diesem Mord festgenommen. Die Geistlichen fanden, da� die Zeit g�nstig sei, so viele B�bi wie m�glich zu beseitigen. Alle Bábi wurden deshalb in das Gef�ngnis der Hauptstadt, nach Tihr�n gebracht. Die Familie Mull� Taqis war aber nicht damit zufrieden, da� sie nur ins Gef�ngnis geworfen wurden. Sie wollten, da� sie get�tet w�rden, weil einer von ihnen ihren Vater umgebracht hatte.

Die Sache wurde vor den Sh�h gebracht, der befahl, da� nur der M�rder get�tet, die �brigen aber freigelassen werden sollten. Die Familie jedoch konnte des M�rders nicht habhaft werden, da er sich verborgen hielt. Sie behaupteten deshalb, ein anderer Bábi, Shayk Salih, sei der M�rder. Wir erinnern uns, da� er mit Qurratu'l-'Ayn von ihrer Reise nach Hause gekommen war.

Shayk Salih wurde festgenommen und erfuhr, da� er f�r den Mord an Mull� Taqi sterben solle. Als er an die St�tte gef�hrt wurde, an der er geh�ngt werden sollte, strahlte sein Gesicht vor Freude, denn er f�rchtete das Sterben nicht. Er war gl�cklich und eilte seinem Henker wie einem lieben alten Freund entgegen. Bevor man ihn t�tete, sprach er in begeisternden Worten �ber den B�b und sagte: �Was Menschen erhoffen und glauben, habe ich dahingegeben in dem Augenblick, da ich Dich erkannte, o Du meine Hoffnung und mein Glaube!� Shayk Salih wurde im Hof eines muslimischen Schreins in Tihr�n beigesetzt.

Der Tod Shayk Salih stellte die Familie Mull� Taqis nicht zufrieden. Sobald die unschuldigen Bábi nach Qazvin zur�ckgebracht waren, wurden alle umgebracht. Ein zusammengerotteter Haufen, bewaffnet mit Messern, Schwertern, Spie�en und �xten, fiel �ber die schutzlosen Bábi her und ri� sie in St�cke. Ihre Glieder wurden in alle Winde zerstreut, so da� es unm�glich war, die K�rper angemessen zu bestatten. Dies geschah im Namen Muhammads, in der Stadt Qazvin, wo mehr als hundert der h�chsten geistlichen W�rdentr�ger des Islam wohnten und ihr Leben verbrachten!

Und noch immer war die Familie Mull� Taqis nicht zufrieden. Jetzt lenkten sie ihre Aufmerksamkeit auf Qurratu'l-'Ayn. Sie bestanden darauf, da� sie dasselbe Schicksal wie die �brigen erdulden m�sse.

W�hrend dieser Unruhen war Mull� Muhammad, der fr�here Ehemann Qurratu'l-'Ayns, in die Fu�stapfen seines Vaters getreten und der h�chste religi�se F�hrer in Qazvin geworden. Als Qurratu'l-'Ayn erfuhr, da� ihre Feinde sie ebenfalls t�ten wollten, schrieb sie ihrem Mann: �Wenn meine Sache die Sache der Wahrheit ist, wenn der Herr, den ich anbete, kein anderer ist als der eine wahre Gott, dann wird Er mich, ehe neun Tage um sind, aus diesem Hause befreien. Befreit mich Gott aber nicht, dann steht es euch frei zu tun, was euch beliebt.�

Bahá'u'lláh hatte erfahren, in welcher Gefahr sich Qurratu'l-'Ayn befand, und wie furchtlos sie an ihren Ehemann geschrieben hatte. Er sandte sofort Muhammad-Had� nach Qazvin, damit er ihr zu entkommen helfe. Bahá'u'lláh gab ihm einen Brief an Qurratu'l-'Ayn mit, den seine Frau, Khatun-Jan, �berbringen sollte.

Khatun-Jan war eine treue Freundin Qurratu'l-'Ayns und die einzige, die mit ihr w�hrend ihres Arrestes in ihres Vaters Haus Kontakt hatte. Sie erfand viele Ausfl�chte, um Qurratu'l-'Ayn besuchen zu d�rfen. Sie gab vor, ihre Kleider waschen zu m�ssen, oder erfand �hnliche Gr�nde. Auf diese Weise brachte sie ihr Nahrungsmittel und konnte Qurratu'l-'Ayn in der schweren Zeit helfen.

Bahá'u'lláh hatte Khatun-Jan angewiesen, Qurratu'l-'Ayn in den Kleidern einer Bettlerin aufzusuchen. Sie sollte ihr den Brief pers�nlich aush�ndigen, am Hauseingang warten, bis Qurratu'l-'Ayn zu ihr kam, und dann zu Muhammad-Hadi eilen.

Muhammad-Had� sollte sich, so wies ihn Bahá'u'lláh an, sofort nach Tihr�n aufmachen, sobald Qurratu'l-'Ayn bei ihm war. Bahá'u'lláh w�rde in derselben Nacht jemanden mit drei Pferden nach Qazvin senden. Muhammad-Had� sollte Qurratu'l-'Ayn an eine bestimmte Stelle au�erhalb der Stadtmauer bringen, sie sollten die Pferde besteigen und versuchen, noch vor Morgengrauen nach Tihr�n zu gelangen. Sobald die Stadttore ge�ffnet w�ren, sollten sie eiligst zum Hause Bahá'u'lláhs kommen. Bahá'u'lláh sagte ihm, er m�sse �u�erst vorsichtig sein, damit sie niemand erkenne. Er f�gte hinzu: �Der Allm�chtige wird gewi�lich deine Schritte lenken und dich mit Seiner nie versagenden Hilfe umgeben.�

Alles lief so ab, wie Bahá'u'lláh es angeordnet hatte. Als Qurratu'l-'Ayn den Brief gelesen hatte, sagte sie zu Khatun-Jan: �Geh, ich werde folgen.� Keine Stunde sp�ter war sie auf dem Weg. Sie brachten sie in das Haus eines Zimmermanns, worin niemand sie suchen w�rde. Von da aus kletterten sie �ber die Stadtmauer und schlichen zu einem Schlachthaus, wo die Pferde auf sie warteten. Ohne die geringsten Schwierigkeiten erreichten sie Tihr�n, und zur festgesetzten Stunde gelangten sie zum Hause Bahá'u'lláhs.

Es waren noch keine neun Tage verstrichen, da war Qurratu'l-'Ayn aus der Gefahr in Qazvln befreit. Qazvin stand Kopf. Die ganze Nacht lang durchsuchten sie die H�user nach Qurratu'l-'Ayn. Das Haus von Khatun-Jans Vater wurde v�llig ausgepl�ndert. Da� Tahirihs Vorhersage, ihren Bewachern innerhalb von neun Tagen zu entkommen, eingetroffen war, verbl�ffte alle Welt. Einige Leute erkannten nun die Gr��e des Glaubens, den Qurratu'l-'Ayn angenommen hatte, und wurden Anh�nger des B�b.

#7

Qurratu'l-'Ayn wu�te, als sie das Haus Bahá'u'lláhs betrat, wer Er war und was Er noch sein w�rde. Sie hatte den B�b erkannt, ohne Ihn gesehen zu haben, und dieselbe geistige Gr��e lie� sie die k�nftige Herrlichkeit Bahá'u'lláhs erahnen. Schon im Jahre 1844, als sie in Karbila weilte, hatte sie Gedichte geschrieben, aus denen klar hervorgeht, da� sie wu�te, da� beide, der B�b und Bahá'u'lláh, Sendboten Gottes sind. Dieses Wissen allein verlieh ihr den Mut, so zu handeln, wie sie es w�hrend der n�chsten Monate ihres Lebens tat.

Zu dieser Zeit war 'Abdu'l-Bahá ein kleiner drei- oder vierj�hriger Junge. Eines Tages besuchte der gro�e Gelehrte Vah�d Qurratu'l-'Ayn. Er war einer der ersten Gl�ubigen und starb sp�ter in Nayriz den M�rtyrertod. Er wartete schon lange, um mit ihr zu sprechen, aber Qurratu'l-'Ayn hielt gerade Abdu'l-Bahá auf dem Scho�, wie sie es oft tat. Die Zeit verrann, und Qurratu'l-'Ayn machte keine Anstalten, mit dem gro�en Vah�d zu sprechen. Eine der Frauen im Hause fragte besorgt: `Solltest du jetzt nicht das Kind lassen und dich mit Vah�d unterhalten?` Doch Qurratu'l-'Ayn dr�ckte den kleinen `Abdu'l-Bahá nur fester an sich und sagte: �Soll ich Dich, Du Besch�tzer des Glaubens, verlassen und mit einem Anh�nger des Glaubens sprechen?�

Wer sie so sprechen h�rte, war h�chst �berrascht, denn niemand verstand, was sie meinte. Heute jedoch, obwohl das niemand nachweisen kann, vermuten einige Menschen, da� Bahá'u'lláh ihr vieles Zuk�nftige enth�llte, vor allem aber die Bedeutung 'Abdu'l-Bahás als Besch�tzer Seines Vaters gegen Seine Feinde in sp�teren Jahren.

Wenige Tage nach Qurratu'l-'Ayns Ankunft in Tihr�n beschlo� Bahá'u'lláh, sie nach Kurasan zu senden. Die langerwartete Konferenz, die der B�b einberufen hatte, sollte beginnen. Bahá'u'lláh selbst wollte einige Tage sp�ter folgen. Er rief deshalb Seinen Bruder Aqay i-Kalim in Seine Gegenwart und gab ihm Anweisungen f�r die Reise Qurratu'l-'Ayns. Er ermahnte Aqay-i-Kalim zu gr��ter Vorsicht, wenn er Qurratu'l-'Ayn durch die Stadttore geleitete, denn die W�chter hatten den Befehl, keine Frau passieren zu lassen. W�rden sie Qurratu'l-'Ayn erkennen, w�rden sie sie am Verlassen der Stadt hindern.

Aqay-i-Kalim beachtete alle Anweisungen Bahá'u'lláhs sorgf�ltig. Er und Qurratu'l-'Ayn setzten ihr Vertrauen in Gott, und als sie zum Stadttor kamen, beachtete sie keiner der W�chter. Leicht und sicher ritten sie aus der Stadt und unterbrachen ihre Reise viele Meilen weit nicht.

Nach einem zweist�ndigen Ritt erreichten sie einen lieblichen Obstgarten am Fu�e eines Berges. Inmitten dieses Gartens stand ein Haus, in dem scheinbar niemand wohnte. Als Aqay-i-Kalim nach dem H�ter des Hauses Ausschau hielt, entdeckte er einen alten Mann, der die Pflanzen go�. Aqay-i-Kalim fragte ihn nach den Besitzern des Hauses. Der alte Mann antwortete: `Niemand ist hier. Es ist ein Streit dar�ber entstanden, wem das Grundst�ck geh�rt, und bis dar�ber entschieden ist, wurde ich gebeten, hier zu wachen.`

Aqay-i-Kalim freute sich �ber diese Auskunft sehr, denn dies bedeutete, da� Qurratu'l-'Ayn an diesem Platz eine Zeitlang sicher sein w�rde. Sie luden den alten Mann ein, das Essen mit ihnen zu teilen. Dann bat ihn Aqay-i-Kalim, ein paar Stunden f�r Qurratu'l-'Ayn zu sorgen, w�hrend er Vorbereitungen f�r die Reise nach Khurasan treffe. Der alte Mann stimmte zu, und so wurde es vereinbart. Aqay-i-Kalim verlie� Qurratu'l-'Ayn und kehrte durch dasselbe Tor nach Tihr�n zur�ck. Er berichtete Bahá'u'lláh, was geschehen war, und sandte Mulla Baqir einen der Buchstaben des Lebendigen, zu Qur ratu'l-'Ayn in das Haus im Obstgarten. Bahá'u'lláh war sehr erfreut, da� alles so gut gelungen war, und nannte den Obstgarten �Garten des Paradieses�. Er f�gte hinzu: �Dieses Haus war vom Allm�chtigen f�r diesen Zweck ausersehen, damit du die Geliebten Gottes darin beherbergen kannst.� Sieben Tage blieb Qurratu'l-'Ayn dort. Dann brach sie mit anderen auf zu der gro�en Konferenz, die der B�b einberufen hatte.

#8

Diese Konferenz in der Provinz Khurasan wurde in dem kleinen Dorf Badasht abgehalten, das am Weg von Tihr�n nach Mazindaran liegt. Es war eine abgelegene Sommerfrische mit vielen G�rten und Wiesen und hatte nur wenige H�user. Der Ort war sehr geeignet f�r eine private Konferenz. In Tihr�n eine solche Konferenz abzuhalten w�re zu gef�hrlich gewesen, so hatte Bahá'u'lláh Badasht ausgew�hlt, weil es dort ruhig war.

Es war Anfang des Sommers. Bahá'u'lláh mietete, als Er nach Badasht kam, dort drei G�rten, einen f�r Quddus, den F�hrer der Bábi, den zweiten f�r Qurratu'l-'Ayn und ihre Dienerin, den dritten f�r sich selbst. In der Mitte zwischen diesen drei G�rten lag ein freier, hof�hnlicher Platz. Dort konnten sich die Gl�ubigen frei und ungest�rt unterhalten.

Der B�b konnte nicht teilnehmen, da Er im Gef�ngnis war.

Einundachtzig Menschen versammelten sich in Badasht zu dieser ersten Konferenz des neuen Zeitalters. Jeden Tag offenbarte Bahá'u'lláh ein neues Tablet, das die Bábi einander vorsangen. In diesen Tablets gab Bahá'u'lláh jedem Anwesenden einen neuen Namen f�r diesen neuen Tag. Er nahm den Namen �Bahá an, wie Ihn bereits der B�b genannt hatte. Qurratu'l-'Ayn gab Er den Ehrennamen �Tahirih�, was �Die Reine� bedeutet. Im Verlauf der Konferenztat Tahirih manches, was einigen Gl�ubigen nicht sehr rein erschien, und sie zweifelten, ob Bahá'u'lláh ihr den rechten Namen verliehen h�tte. Als der B�b sp�ter h�rte, da� einige M�nner Bahá'u'lláhs Weisheit anzweifelten, schrieb Er ihnen aus dem Gef�ngnis: �Was soll Ich sagen �ber die, welche die Zunge der Macht und Herrlichkeit `Tahirih` nannte?� In anderen Worten: Der B�b gab klar zu erkennen, da� Er die Weisheit Bahá'u'lláhs nicht in Frage stellte und den ihr verliehenen Namen billigte. Von da an wurde Qurratu'l-'Ayn Tahirih genannt.

Viele bei der Konferenz anwesende M�nner staunten dar�ber, da� es Tahirih, einer Frau, erlaubt war, mit den M�nnern zu beraten, wenn auch hinter einem Vorhang verborgen. Als einer sie dar�ber befragte, gab sie zur Antwort: �Wir sprechen �ber Gott, �ber Religion, �ber geistige Dinge und vor allem dar�ber, wie wir unser Leben auf dem Pfade der Wahrheit hingeben k�nnen. Wisse, da� wir jeden Schritt auf dem Pfade Gottes tun. Bist du bereit, uns nachzufolgen?�

Zu jenem Zeitpunkt der Entwicklung des Glaubens hatte der B�b Seinen Anh�ngern noch nicht die volle Bedeutung Seiner Sendung offenbart. Er hatte sich als der B�b, das Tor, erkl�rt, aber Er hatte ihnen noch nicht enth�llt, da� mit Ihm ein v�llig neues Zeitalter beginnt, und da� die Gesetze sich notwendigerweise �ndern m��ten. Bahá'u'lláh, Tahirih und Quddus hatten die Aufgabe, die �brigen Gl�ubigen darauf vorzubereiten, diese neuen, umw�lzenden Ideen anzunehmen.

Eines Tages wurde Bahá'u'lláh krank - darin lag gewi� eine Weisheit - und blieb in Seinem Zelt. Quddus kam aus seinem Garten und ging sofort zu Bahá'u'lláh. Bald versammelten sich auch die anderen Gl�ubigen um das Zelt Bahá'u'lláhs, alle bis auf Tahirih. Als Frau durfte sie nicht in der Gegenwart von M�nnern sein, es sei denn, durch einen Vorhang vor ihnen verborgen, so da� sie niemand sehen konnte.

Als alle um Bahá'u'lláh versammelt waren, sandte Tahirih eine Nachricht an Quddus, er m�chte sie in ihrem Garten aufsuchen. Quddus weigerte sich zu gehen. Niemand wunderte sich dar�ber, aber was nun geschah, verbl�ffte alle. Weil Quddus sie nicht aufsuchen wollte, kam sie zu ihm! Und sie kam nicht nur in den Garten Bahá'u'lláhs, wo alle M�nner versammelt waren, sondern kam ohne Schleier, sehr sch�n angezogen! Ruhig, still und �beraus w�rdevoll schritt Tahirih zu Quddus und setzte sich neben ihn.

Kein Mann hatte dergleichen zuvr dielebt. Alle waren best�rzt, erschrocken, voll Wut und in tiefster Seele verwirrt. Ein Mann war so entsetzt, da� er sich selbst die Kehle durchschnitt und vor dem Angesicht Tahirihs floh. Viele folgten ihm, die �brigen standen sprachlos vor ihr. Die ganze Zeit blieb Quddus an seinem Platz, aber sein Gesichtsausdruck verriet gro�en Zorn. Es sah aus, als wollte er sein Schwert aufheben und sie t�ten.

Aber sein Zorn ber�hrte Tahirih nicht im geringsten. Siegesfreude leuchtete aus ihrem Angesicht. Sie erhob sich und begann, ohne ihrer Gef�hrten Furcht und Zorn zu beachten, zu ihnen zu sprechen, in einer Sprache, die der des Quran glich. Sie war eine Dichterin, und nie hatte sie herrlichere Worte gefunden. Sie beendete ihre Ansprache mit einem Quran-Vers: �Wahrlich, inmitten von G�rten und Fl�ssen wird der Fromme weilen, auf dem Sitz der Wahrheit, in Gegenwart des m�chtigen K�nigs.�

Wirklich, sie sa�en ja in diesem Augenblick in G�rten am Ufer von Fl�ssen! Als sie so sprach, schaute sie auf Bahá'u'lláh und auf Quddus, so da� niemand h�tte sagen k�nnen, auf welchen sie als den K�nig anspielte. Dann sprach sie: �Ich bin das Wort, das der Verhei�ene aussprechen wird, das Wort, welches die F�rsten und Edlen der Erde in Furcht versetzen wird! Die Trompete ert�nt! Der gro�e Fanfarenruf erschallt!� Mit diesen Worten erweckte Tahirih die schlafenden Seelen. Nachdem sie gesprochen hatte, lie� Bahá'u'lláh die Sure `Die Unvermeidliche` aus dem Quran lesen, die vom Tag der Auferstehung handelt. Das beweist, welch ein bedeutsamer Augenblick dies war. Der Tag der Auferstehung war angebrochen!

Tahirih wandte sich nun an Quddus mit den Worten: �Die Art, wie du dem Glauben in Khurasan dientest, war nicht sehr achtsam.� Quddus antwortete: �Ich tue, wie ich es am besten halte. Ich mu� nicht dem Willen und Wohlgefallen meiner Mitgl�ubigen folgen.� Tahirih wandte sich von Quddus ab und sprach zu den �brigen: �Dies ist der Tag, gl�cklich zu sein. An diesem Tag ist alles Vergangene vergessen. La�t alle, die dieses gro�e Ereignisdieleben, sich erheben und einander umarmen.�

Es ist sehr bedeutsam, da� eine Frau dazu auserw�hlt war, den Anh�ngern des B�b das neue Zeitalter zu verk�nden. Es beweist tats�chlich, da� das neue Zeitalter von der Vergangenheit v�llig verschieden ist. Zum ersten Mal in der Geschichte sollten die Frauen den M�nnern ebenb�rtig sein. Da� eine Frau das Ende der alten Gesetze verk�ndete, beweist, da� eine gro�e Umw�lzung in allen Bereichen bevorstand.

Aber gro�e Ver�nderungen bringen gro�e Pr�fungen mit sich. Als die alten Gesetze �ber Bord geworfen waren, wurden die M�nner mit jedem Tag der Konferenz unsicherer. Manche dachten, es sei falsch, die alten Gesetze zu �ndern, zumal der B�b nicht unter ihnen weilte. Einige wandten sich an Tahirih und sahen in ihr den einzigen Richter in diesen Angelegenheiten. Andere hielten Quddus f�r geeigneter, da er als der wahre Stellvertreter des B�b bei dieser Zusammenkunft angesehen wurde. Wieder andere erkannten beide, Quddus und Tahirih, an und meinten, da� diese Konferenz zur Glaubenspr�fung bestimmt sei.

Die Spannungen zwischen Tahirih und Quddus dauerten einige Tage an. Tahirih sagte den Bábi: �Quddus hat etliche Fehler gemacht, und der B�b hat mich hierher geschickt, um ihn zu lehren, was er tun soll.� Quddus antwortete: �Tahirih hat v�llig unrecht. Wer ihr folgt, beschreitet den falschen Pfad.� Nach einigen Tagen griff Bahá'u'lláh ein und schlichtete den ganzen Streit auf Seine unvergleichliche Art. Tahirih und Quddus vers�hnten sich, dienten der Sache und f�rderten sie.

Die Konferenz von Badasht dauerte zweiundzwanzig Tage. Dann brachen die treuen Gef�hrten auf. Tahirih und Quddus reisten zusammen. Aber der tiefgreifende Wandel im Leben der B�bi, den die Konferenz bewirkt hatte, brachte viel Volk gegen sie auf.

Im Dorf Niyala wurden die Gef�hrten angegriffen und verloren ihre Habe. Sp�ter wurde Bahá'u'lláh vom Gouverneur in Amul gefangengenommen und Tahirih unter Bewachung nach Tihr�n verbracht, wo sie im Haus des B�rgermeisters Mahmud Khan unter Arrest gestellt wurde.

#9

Eines Tages wurde Tahirih vor den K�nig Nasiri'd-Din Sh�h gebracht. Als er sie erblickte, sagte er: �Mir gef�llt ihre Sch�nheit. La�t sie gew�hren.� Aber sie mu�te weiter im Hause des Stadtoberhauptes in Gewahrsam bleiben.

Zu Beginn ihrer Gefangenschaft wurde Tahirih in einem kleinen Zimmer festgehalten, zu dem keine Treppen f�hrten. Wenn sie den Raum betrat oder verlie�, mu�te eine Leiter angelegt werden. Eine der persischen Prinzessinnen, die auch eine Dichterin war, lief an dem Haus vor�ber in der Hoffnung, Tahirih zu sehen. Sie wurde mit einem Blick belohnt, als Tahirih auf den Balkon trat. Sp�ter berichtete sie in einem ihrer B�cher, welch gl�cklichen Eindruck Tahirih machte. Gleichg�ltig, ob wir in Geschichtsb�chern oder in Erz�hlungen �ber Tahirih lesen, immer wird sie als gl�cklicher Mensch geschildert, �bergl�cklich in ihrer Religion. Stets war sie strahlend und voller Begeisterung, und selbst in der gr��ten Gefahr fl��te sie den anderen Mut ein. Sie war nicht nur M�rtyrerin, sondern eine fr�hliche, gl�ckliche und sch�ne junge Frau.

Au�erdem wird berichtet, da� der K�nig ihr �ber den B�rgermeister eine Botschaft sandte, die sie aufforderte, den Glauben an den B�b aufzugeben und wieder eine rechtgl�ubige Muslimin zu werden. Wenn sie dies tue, so versprach er ihr, werde er sie zur Frau nehmen, und alle Frauen des k�niglichen Haushalts st�nden unter ihrer Obhut. Tahirih aber schrieb ihre Antwort in Versen auf die R�ckseite dieses Briefes und lie� ihn zur�ckgehen. �bersetzt lautet ihre Botschaft etwa wie folgt:

Reich, Reichtum und Herrschaft seien dein,
Unstete, Armut und Ungl�ck seien mein.
Ist jene Stufe hoch, so sei sie es f�r dich,
Ist diese Stufe niedrig, so sei sie es-
Ich sehne mich danach - f�r mich!

Als der K�nig ihre Antwort las, bewunderte er ihren Mut und ihren herrlichen Geist und sagte: �Bis heute haben wir in der Geschichte noch keine solche Frau ielebt.�

Eines Tages fand im Hause des B�rgermeisters eine gro�e Versammlung statt. Es war der Hochzeitstag seines Sohnes. Nat�rlich waren viele vornehme Damen der Stadt anwesend-Prinzessinnen, Frauen von Ministern und andere hochstehende Damen. Der B�rgermeister hatte sich in gro�e Unkosten f�r Musik, Tanz und gute Unterhaltung gest�rzt. W�hrend des Festes begann Tahirih zu sprechen. Die Damen fanden, was sie sprach, so interessant, da� sie Musik und Tanz verga�en und von da an nur den Worten Tahirihs lauschten.

Bald nachdem Tahirih in das Haus des B�rgermeisters von Tihr�n gekommen war, gewannen sie die Damen des Haushaltes so lieb, da� sie f�r sie um Erlaubnisdbaten, den kleinen treppenlosen Raum verlassen und in ihren Gem�chern wohnen zu d�rfen. So bekam Tahirih ein sch�nes Zimmer mit Balkon im zweiten Stock des Hauses, und obwohl sie Gefangene war und das Haus nicht verlassen durfte, konnte sie doch jeden beliebigen Besuch empfangen.

M�nner wie Frauen kamen in Tihr�n zu ihr, um sie zu besuchen und mit ihr zu sprechen. Drei Jahre lang lebte sie auf diese Weise im Hause des B�rgermeisters. Man kann sagen, da� diese Jahre f�r ihren Dienst im Glauben die wichtigsten waren.

Sie sprach zu den Frauen und machte ihnen klar, welch niedrige Stellung sie im Islam einnahmen, und da� ihnen in der Religion des B�b gr��ere Freiheit und Achtung gew�hrt w�rde. Durch diese Gespr�che wurden viele Frauen Anh�nger des B�b.

So w�ren die Jahre in gleicher Weise dahingegangen, wenn nicht ein junger Mann einen Anschlag auf den K�nig ver�bt h�tte. Viele B�bi wurden zu Unrecht angeklagt, mitschuldig zu sein der Premierminister befahl zwei Geistlichen, Tahirih zu besuchen, um herauszufinden, was sie lehrte. Sieben Mal kamen die Geistlichen zu Tahirih. Jedesmal sprach sie mit ihnen und behauptete, da� der B�b der verhei�ene, von den Anh�ngern Muhammads erwartete Imam sei. Die Geistlichen versuchten ihr zu beweisen, da� der B�b nicht der Verhei�ene sein k�nne, denn nach den muslimischen Prophezeiungen m��te der Imams aus den St�dten Jabulqa und Jabulsa kommen, wogegen der B�b aus der Stadt Sh�raz kam. Tahirih antwortete, da� diese Voraussagen von Abschreibern gef�lscht wurden, da es St�dte wie Jabulqa und Jabulsa gar nicht g�be-dies konnte nur abergl�ubischen Gehirnen entsprungen sein! Wie sie auch immer die Lehren des B�b erkl�rte, sie stie� stets auf dieselbe Argumentation der Geistlichen: der Verhei�ene m�sse aus den St�dten Jabulqa und Jabulsa kommen!

Schlie�lich verlor sie die Geduld und rief aus: �Ihre Gr�nde sind die eines unwissenden und einf�ltigen Kindes. Wie lange noch wollen Sie diese Torheiten und L�gen wiederholen? Wann endlich wenden Sie ihre Augen der Sonne der Wahrheit zu?� Die Geistlichen waren durch diese Worte entgeistert. Sie erhoben sich und sagten: �Weshalb setzen wir unser Gespr�ch mit einer Ungl�ubigen fort?� Sie zogen ab und unterschrieben das Todesurteil -im Namen des Heiligen Quran!

Eine Verwandte Tahirihs berichtet, da� sie am Tage vor ihrer Ermordung vor den K�nig gerufen und gefragt wurde: �Warum glaubst du an den B�b?� Sie antwortete darauf mit einem Vers aus dem Quran:

Ich bete nicht an, den du anbetest,
und du betest nicht an, den ich anbete.
Nie werde ich anbeten, den du anbetest,
und nie wirst du anbeten, den ich anbete.
So erlaube, da� ich anbete, wen ich will,
wie du anbetest, wen du willst.

Als der K�nig diesen Quran-Vers h�rte, neigte er eine Weile schweigend den Kopf, erhob sich dann und ging wortlos aus dem Raum. Der K�nig gab den Befehl zum Mord an Tahirih nicht. Ohne sein Wissen wurde sie am n�chsten Tage umgebracht. Als er von der Schandtat h�rte, war er traurig und bek�mmert.

#10

Es gibt viele Geschichten �ber den Tod Tahirihs. Es ist nicht sicher, wie sie get�tet wurde. In einem jedoch stimmen die Berichte �berein, Tahirih wu�te, da� ihre Zeit gekommen war. Sie bereitete sich wie eine Braut f�r den gro�en Augenblick vor und stellte sich tapfer und furchtlos ihrem M�rder.

Nach einem Bericht sagte sie in ihrer Todesstunde zu einem W�chter: �Du kannst mich jederzeit t�ten, aber du kannst die Befreiung der Frauen nicht aufhalten.�

Die Geschichte ihres Todes wird vielleicht am getreuesten von der Frau und dem Sohn des B�rgermeisters berichtet, die in der letzten Nacht bei ihr waren.

Es war ein Tag nach Tahirihs Besuch beim K�nig. Die Geistlichen hatten insgeheim den Befehl zu ihrer T�tung gegeben. Dieser Befehl ging an den B�rgermeister und an die Polizei.

Nach dem Bericht des Sohnes des B�rgermeisters: Es war, als h�tte ihr jemand am Tage ihrer geheimen T�tung gesagt, da� es geschehen sollte. Sie badete, wechselte die Kleidung und kam die Treppe herunter zu unserer Familie. Einen nach dem anderen bat sie um Entschuldigung, da sie so lange im Hause gewohnt und uns so viel M�he bereitet habe. Sie wirkte wie eine Reisende, die sich gl�cklich und fr�hlich zur Reise bereitet. Bei Sonnenuntergang ging sie wie �blich auf dem Balkon hin und her. Sie sprach mit niemandem, nur ganz leise mit sich selbst. Dies dauerte bis drei Stunden nach Sonnenuntergang.

Am Abend kam mein Vater zu mir und sagte: �Ich habe alle notwendigen Vorkehrungen getroffen und die W�chter angewiesen, heute Nacht sehr auf der Hut zu sein, falls jemand von dem Befehl, Tahirih zu t�ten, erfahren hat und ihn unterbinden m�chte. Ich w�nsche nun, da� du mit den W�chtern und Tahirih zusammen zur Polizeiwache gehst. Du mu�t dort bleiben, bis der Fall ieledigt ist, komme dann zur�ck und berichte mir, so da� ich zum K�nig gehen und ihm Meldung machen kann.�

Die Frau des B�rgermeisters liebte Tahirih sehr, obwohl sie nie Anh�ngerin des B�b wurde. Sie berichtet �ber Tahirihs letzte Nacht:

In jener Nacht rief mich Tahirih in ihr Zimmer. Als ich es betrat, sah ich, da� sie ein Gewand aus schneewei�er Seide trug. Das Zimmer war von Duft erf�llt. Ich war erstaunt, sie so anzutreffen und fragte: `Warum tr�gst du dieses Kleid und verwendest Parfum?` Sie antwortete: �Ich bereite mich vor, meinem Geliebten zu begegnen. Ich werde nicht l�nger Gefangene in deinem Hause sein.� Ich war best�rzt, da� sie uns verlassen sollte, und meine Augen f�llten sich unwillk�rlich mit Tr�nen. Tahirih versuchte, mich zu tr�sten: �Weine nicht! Noch ist die Zeit f�r Tr�nen nicht gekommen. H�re! Ich will dir meine letzten W�nsche sagen, denn die Stunde, da ich festgenommen und get�tet werde, ist nahe. Dies ist mein Wunsch: Dein Sohn begleite mich zum Ort meines Todes, so da� er mich besch�tzen kann, wenn die W�chter versuchen sollten, mir die Kleider vom Leib zu rei�en. Ich will, da� mein K�rper in eine Grube geworfen, und da� die Grube mit Erde und Steinen gef�llt wird. Drei Tage nach meinem Tode wird eine Frau zu dir kommen und dich besuchen. Gib ihr dieses P�ckchen, das ich dir jetzt anvertraue. Mein letzter Wunsch ist, da� du niemandem gestattest, mein Zimmer zu betreten, bevor ich dieses Haus verlasse. Niemand darf mich bei meiner letzten Andacht, meinen letzten Gebeten st�ren. Ich werde an diesem Tage fasten - fasten, bis ich meinem Geliebten von Angesicht zu Angesicht begegne.�

Mit diesen Worten bat mich Tahirih, ihr Zimmer zu verlassen, die T�r zu verriegeln und sie nicht vor ihrer letzten Stunde zu �ffnen. Sie bat mich au�erdem, ihren baldigen Tod vor anderen zu verschweigen, bis ihn ihre Feinde selbst verk�nden w�rden.

Ich tat, wie sie mich gebeten hatte. Ich verschlo� die T�r ihres Zimmers und ging in meines. Ich lie� meinen Tr�nen freien Lauf. Stundenlang lag ich auf meinem Bett, dachte an die gro�e Tahirih und an ihr bevorstehendes Ende. Ich betete: �Herr, Herr, wenn es Dein Wunsch ist, so wende von ihr den Kelch, den ihre Lippen zu trinken verlangen.�

An diesem Tag, in dieser Nacht ging ich des �fteren leise an ihre T�r und lauschte. Jedesmal h�rte ich sie Gebete zu ihrem Geliebten singen. Ihre Stimme erklang so herrlich, da� ich mich kaum auf den Beinen halten konnte. Vier Stunden nach Sonnenuntergang h�rte ich ein Klopfen an die T�r. Ich eilte sofort zu meinem Sohn und berichtete ihm Tahirihs W�nsche. Er versprach mir, da� er ihnen bis ins Kleinste nachkommen werde. Mein Sohn ging zur T�r und fand die W�chter am Tore stehen. Sie verlangten, da� Tahirih ihnen ausgeliefert werde.

Gro�e Furcht erf�llte mich, als ich ihre Stimmen h�rte. Leise ging ich zu Tahirihs Zimmer, schlo� die T�re auf und fand sie verschleiert und bereit, aufzubrechen. Sie ging in ihrem Zimmer auf und ab und sang ein Gebet der Sorge und des Triumphes. Sobald sie mich sah, trat sie zu mir und k��te mich. Sie gab mir den Schl�ssel zu ihrem Schrank in die Hand und sagte: �Ich habe ein paar Kleinigkeiten im Schrank f�r dich zur�ckgelassen, als Erinnerung an den Aufenthalt in deinem Heim. Wann immer du den Schrank �ffnest und die Sachen siehst, die ich zur�cklasse, so hoffe ich, da� du an mich denken und gl�cklich sein wirst in meiner Freude.� Mit diesen Worten sprach sie ihr letztes Lebewohl und verlie� mit meinem Sohn das Haus. Ich stand an der T�r, sah sie das Pferd besteigen, das der Polizeichef f�r sie geschickt hatte. Mit meinem Sohn und ein paar W�chtern ritt sie aus meinem Hof zur St�tte ihres Martyriums.

Drei Stunden sp�ter kam der Sohn tr�nen�berstr�mt zur�ck, die Polizei und die Wachen verfluchend. Er erz�hlte folgendes:

Mutter, ich kann kaum beschreiben, was meine Augen heute nacht gesehen haben. Von unserem Hause gingen wir geradewegs zum Garten Ilkhani, au�erhalb der Stadtmauer. Ich lief zur Polizei und erstattete dem Polizeichef Meldung. Er wartete schon auf uns, war aber betrunken. `Hat euch irgend jemand unterwegs erkannt?` fragte er. �Nein, niemand�, war meine Antwort. Er rief dann einen Diener und sagte: `Nimm dieses Taschentuch, wickle es um den Hals dieser Bábi-Frau und erdrossele sie. Sie hat viele Menschen vom Pfade Muhammads abgebracht.` Der Diener verlie� das Zimmer, und ich ging mit ihm. Er ging voraus, und ich stand am Tor. Als er zu Tahirih kam, schaute sie ihn an und sprach ein paar Worte. Pl�tzlich drehte er sich um und lief zur�ck. Er hielt den Kopf geneigt und murmelte etwas auf t�rkisch vor sich hin. Er ging zur T�r hinaus und kam nicht wieder.

Tahirih rief mich und bat mich, zum Polizeichef zu gehen mit einer besonderen Bitte. �Es sieht so aus, als wollten sie mich erdrosseln�, sagte sie. �Schon vor langem legte ich mir ein seidenes Tuch bereit, in der Hoffnung, da� es zu diesem Zweck diene. Ich gebe es dir und m�chte, da� du diesen Trunkenbold bittest, es zu benutzen, um mich zu t�ten.�

Als ich zum Polizeichef kam, fand ich ihn vollst�ndig betrunken. Er br�llte mich nur an: `Unterbrich nicht unser Fest! Die Bábi-Frau soll erdrosselt und ihr K�rper in ein Loch geworfen werden!` Ich war sehr erstaunt von dieser Anordnung, denn genau das war ja ihr Wunsch gewesen! Ich fragte ihn nicht, ob er gestatten w�rde, da� der M�rder das seidene Tuch verwende. Ich ging zu den beiden W�chtern, die zustimmten, da� dieses Tuch tauglich w�re.

Ein betrunkener Diener wurde gerufen, und man h�ndigte ihm das Tuch aus. `Du bist ein tapferer Mann`, sagte der Polizist, `bringst du es fertig, diese Frau zu erdrosseln?` Der Diener bejahte es, trat auf Tahirih zu und wickelte rasch das Tuch so fest um ihren Hals, da� sie ohnm�chtig wurde und st�rzte. Es war ein langsamer Tod. Es schien sehr lange zu dauern. Schlie�lich trat er sie in die Seite, an die Rippen - die Tat war vollbracht.

Ich eilte nun zu dem zust�ndigen G�rtner und bat ihn, mir einen Platz zu zeigen, wo ich die Tote beisetzen k�nnte. Er f�hrte mich zu einem Brunnen, der erst k�rzlich gegraben war, und den man hatte liegen lassen. Mit Hilfe einiger Leute hob ich sie in ihr Grab und f�llte den Brunnen mit Erde und Steinen, wie sie es gew�nscht hatte.

So endete das Leben der herrlichen Tahirih. Am dritten Tage nach ihrem M�rtyrertod wurde die B�rgermeisterin von einer Frau besucht. `Ich fragte sie nach ihrem Namen`, sagte die Frau des B�rgermeisters, `und stellte fest, da� es derselbe war, den mir Tahirih genannt hatte. Ich �bergab ihr das mir anvertraute P�ckchen. Ich hatte diese Frau nie zuvor gesehen und begegnete ihr nie wieder.`

Tahirih starb im August 1852. Sie war 1817 geboren, im selben Jahre wie Bahá'u'lláh. Mit sechsunddrei�ig Jahren erlitt sie in Tihr�n den Tod einer M�rtyrerin. Von dem Tag, da sie zum ersten Mal vom Kommen des B�b geh�rt hatte, bis zu ihrem M�rtyrertod vergingen weniger als neun Jahre. Ihr Leben war so ersch�tternd wie kurz, so tragisch wie ereignisreich. Das Leben der meisten fr�hen Anh�nger des B�b ist der Nachwelt bis zum heutigen Tage unbekannt. Aber Tahirihs Leben wurde bald ber�hmt und selbst in den gro�en St�dten Europas bekannt. M�nner und Frauen vieler Nationen, Berufe und Kulturkreise priesen und bewunderten sie und staunten �ber ihre Taten und ihren Opfermut.

Die Welt gedenkt Tahirihs als der ersten M�rtyrerin f�r die Gleichberechtigung der Frau. Die Bahá'í erinnern sich ihrer voll Verehrung wie in anderen Religionen der Sarah, der Asiyih, der Fatimih und der Jungfrau Maria gedacht wird. Der Ruf, den sie auf der Konferenz in Badasht und in Tihr�n erschallen lie�, setzt dem zw�lfhundert Jahre alten Gesetz des Islam ein Ende und l�utet den Beginn eines neuen Zeitalters ein.

19
TAHIRIH

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