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Secundaer Literatur : Ian Semple - Wissen-Bund

Konferenz �Wissen und Gelehrsamkeit� 5. - 6. Dezember 1997

Vortrag von Ian Semple �ber
�Wissen und der Bund Bahau�ll�hs�

Bei seinem Vortrag �Wissen als Grundlage f�r eine Kultur des Geistes� hat Dr. Arbab gestern Abend

unser Gespr�ch �ber die grundlegende Bedeutung des Wissens f�r den Fortschritt der Menschheit er�ffnet.

Er betrachtete Wissen vom Standpunkt des einzelnen wie der Gesellschaft, sprach �ber Offenbarung und

Wissenschaft und warf einen Blick auf die Beziehung zwischen Wissenschaft und Religion. Diese Themen

werden bei den heutigen Sitzungen wiederkehren und heute Morgen werden wir besonders das Verh�ltnis

von Wissen und dem Bund Bahau�ll�hs betrachten. Das Wesen dieser Beziehung erfordert ein neues Ver-

st�ndnis, das eine ganze Reihe von BahaWissenschaftlern M�he haben, sich anzueigenen, denn es lie-

fert eine best�ndige Quelle der unfehlbaren g�ttlichen F�hrung f�r eine Religion, die �ihren Anh�ngern auch

die uneingeschr�nkte Suche nach Wahrheit als die erste Pflicht auferlegt. �Einigen scheint diese Nebenein-

anderstellung ein Widerspruch zu sein, den sie zu �berwinden versuchen, indem sie ein Prinzip dem ande-

ren unterordnen. Dies ist besonders f�r jene Baha ein akutes Problem, die sich f�r das Studium des Glau-

bens besser ausr�sten wollen, indem sie wissenschaftliche F�cher wie Geschichte oder Orientalistik studie-

ren, die ihnen f�r ihren Zweck besonders dienlich erscheinen. Sie sehen sich aber dem Problem gegen�ber,

dass zur jetzigen Zeit jedes wissenschaftliche Fach fordert, dass Forschung und Ver�ffentlichung in einem

fest definierten Rahmen und unter gegenw�rtig als wissenschaftlich erachteten Voraussetzungen erfolgt. Ein

Wissenschaftler kann nur hoffen, Karriere zu machen, wenn er sich an diese Methoden h�lt. Und doch se-

hen sich Baha-Wissenschaftler immer wieder vor den Ermahnungen des Universalen Hauses der Gerech-

tigkeit, die Forderungen der etablierten Methoden zu �berpr�fen und ihre Vision zu erweitern, damit sich

zwischen dem, was sie als Baha glauben und dem, was sie als Wissenschaftler schreiben, keine Dichoto-

mie ergibt.

Neben seiner Relevanz f�r Baha-Wissenschaftler ist ein klares Verst�ndnis dieser Besonderheit des

Bahatums f�r alle Baha wichtig, und wir m�ssen es Fragenden gegen�ber erkl�ren k�nnen. Ich schlage

daher vor, dass ich diesen Gegenstand durch Anmerkungen zu den folgenden Problemen anspreche.:

* Die Bedeutung der Methode beim Erwerb von Wissen.

* Die kulturell bedingte Schieflage bei den bestehenden Methoden des Studiums der Religio-

nen und das Baha-Prinzip der �bereinstimmung von Religion und Wissenschaft.

* Die Idee des Paradigmenwechsels.

* Abdu�l-Bahas Analyse der Zug�nge, durch wie wir Wissen erwerben k�nnen, und die zentra-

le Stellung der g�ttlichen Offenbarung bei diesem Prozess.

* Das Verh�ltnis zwischen dem durch Offenbarung vermittelten Wissen und dem durch For-

schung erworbenen.

* Schlussfolgerung daraus f�r die Einstellung und die ethischen Ma�st�be von Gelehrte

* Die Rolle des Universalen Hauses der Gerechtigkeit in Bezug auf die Arbeit von Wissen-

schaftlern.

Manche, die durch ihre Ausbildung davon �berzeugt sind, dass die gegenw�rtigen konventio-

nellen Methoden wissenschaftlich und der zuverl�ssigste Weg zur Wahrheit sind, missverstehen die

Ermahnungen des Hauses der Gerechtigkeit als Ergebnis eines Wunsches, unangenehme Tatsachen

zu verschleiern oder als einen R�ckfall in mittelalterliche Praktiken, die Forschung einem kirchli-

chen Dogma unterzuordnen. Es besteht daher die Versuchung, Wissenschaft und Religion in zwei

sich erg�nzende aber gegenseitig ausschlie�ende Bereiche zu verweisen. Dies w�rde die Spaltung

zwischen Religion und Wissenschaft fortbestehen lassen, die lange das westliche Denken be-

herrscht hat. Baha-Wissenschaftler m�ssen die Auswirkungen des Prinzips der �bereinstimmung

von Wissenschaft und Religion studieren und Forschungsmethoden entwickeln, die diesem Prinzip

entsprechen. Ich glaube nicht, dass das Universale Haus der Gerechtigkeit diese Aufgabe f�r sie

erledigen wird. Wir wollen einige der einschl�gigen Probleme betrachten.

Jedes Streben nach Wissen und Erkenntnis erfordert, dass der Sucher seine Tatsachen gewissen Ka-

tegorien zuordnet. Man k�nnte sogar sagen, dass die Beziehungen zwischen den Tatsachen ebenso erhel-

lend und wichtig sind wie die Entdeckung der Tatsachen selbst. Einer der M�ngel, den viele Baha bei ihrem

Studium der Lehren unterliegen, besteht gerade darin, dass sie diese Beziehungen nicht wahrnehmen. Nur

zu oft sehen die Freunde in der Vertiefung in die Lehren ein Studium einzelner Themen und isolierter Geset-

ze und Prinzipien. Aber gerade durch den Prozess der deduktiven Schl�sse gelingt es wahrzunehmen, wie

die Lehren, Gesetze und Prinzipien der Offenbarung ineinander greifen und einander erhellen und dabei ein

Muster von au�ergew�hnlicher Sch�nheit und Vollkommenheit erzeugen.

So wahr ich z.B. eines Abends bei einer Diskussion anwesend, bei der �ber die Beziehung zwischen

Mann und Frau in einer Baha-Ehe gesprochen wurde. Es wurde viel Bezug genommen auf Texte, die be-

sonders auf die Ehe und die Familie sowie auf das Prinzip der Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau

verwiesen. Aber erst nach einer ganzen Zeit wies jemand darauf hin, dass gem�� Abdu�l-Bahá die wahre

Stufe des Menschen in der Dienstbarkeit besteht und dass jeder Mensch allen anderen ein Diener sein soll-

te. Zweifellos gilt dies auch f�r die Beziehung zwischen Mann und Frau. Sicher muss Gleichwertigkeit herr-

schen, aber jeder sollte sich auch jeweils als Diener des anderen sehen. Diese Erkenntnis warf auch auf alle

anderen Aspekte ein helles Licht.

Beim konventionellen Studium der Relgionen besteht eine nat�rliche Tendenz, auch das Ba-

h��tum in die verschiedenen Kategorien einzupassen, die von Europ�ern und Amerikanern beim

Studium des Christentums und der verschiedenen nicht-christlichen Religionen entwickelt wurden.

Das ist dann der Standpunkt der auf dem Christentum basierenden westlichen Kultur. Nat�rlich hat

das die Art der entwickelten Kategorien beeinflusst.

Viel vom Geist und der Praxis der modernen Wissenschaft entwickelte sich in scharfer Oppo-

sition zur Kirche. Da das Studium der Philosophie durch Christen dem ekklesiastischen Dogma

unterlag, entwickelte sich als Reaktion darauf die Tendenz, alle Ph�nomene ohne Bezug auf Gott

oder die Religion zu erkl�ren. Das f�hrte zu bewundernswert fruchtbaren Ergebnissen, und machte

die wissenschaftliche Methode, bei der jede Hypothese durch beliebig wiederholbare Experimente

�berpr�ft werden musste, was zum Aufbau von neuen Theorien auf vorhandene f�hrte und die

Kenntnisse st�ndig zunehmen lie�, zum Ideal f�r alle Forscher. Man war entschlossen bem�ht, alle

Wissensbereiche einschlie�lich der Geschichte, der Wirtschaft, der Medizin, Psychologie und So-

ziologie in dieses Muster einzupassen, wobei die Erfolge unterschiedlich waren. Die Erfolge waren

deshalb begrenzt, weil Menschen nicht mechanistisch strukturiert sind, die auf �u�ere Stimuli im-

mer in gleicher Weise reagieren. Menschen sind f�hlende und denkende Wesen von nicht-

determinierter Komplexit�t und daher bietet das Studium der Menschen als Klasse oder auch nur als

Individuum ein so �berw�ltigendes Ma� an Faktoren, dass es bei jedem wissenschaftlichen Studium

des menschlichen Verhaltens unm�glich ist, alle Informationen einzubeziehen, die f�r v�llig zuver-

l�ssige Schlussfolgerungen wesentlich sind. Das war auch der entscheidende Grund f�r den Zu-

sammenbruch des kommunistischen Systems. Ihre atheistische Philosophie vertrat die Ansicht, dass

Menschen auf gewisse wirtschaftliche Bedingungen eindeutig determiniert reagieren. Das tun sie

aber nicht, und die Ereignisse zeigten, dass es unm�glich ist, die Wirtschaft einer ganzen Nation

durch zentrale Planung wirksam zu steuern. Beim Funktionieren einer Wirtschaft sind so viele Ele-

mente autonom und unvorhersagbar, dass der Einfluss einer zentralen Autorit�t sich bestenfalls

darauf beschr�nken muss, in einem frei flie�enden Prozess Anpassungen vorzunehmen.

Wir leben nun in einer Zeit, da die rigide modernistische Sicht der Wissenschaft durch Philo-

sophen des Postmodernismus in Frage gestellt wird. Sie haben erkannt, dass viel von dem, was als

eine objektive Norm in einer Gesellschaft akzeptiert wird, ein Ausflu� der Kultur ist, einschlie�lich

der Kategorien, in die Tatsachen eingeordnet werden. Einer der herausragenden Autoren auf diesem

Gebiet ist Thomas Kuhn, und ich m�chte Ihnen einen Abschnitt aus dem Buch Reality Isn�t What It

Used To Be von Walter Truett Anderson vorlesen, der sich auf Kuhns Ansichten bezieht:

Kuhn stellt die Art, wie wissenschaftlicher Fortschritt stattfindet, anders dar. Nach ihm

produzieren Wissenschaftler den Fortschritt nicht, indem sie in mechanistisch objektiver Wei-

se eine Tatsache an die andere reihen, sondern sie st�rmen von Zeit zu Zeit in pl�tzlichen kre-

ativen Ausbr�chen ruckartig vor, was er Paradigmenwechsel nennt. Ein Paradigma ist eine

soziale Konstruktion der Wirklichkeit, ein in einer bestimmten wissenschaftlichen Gemein-

schaft vorherrschendes Glaubensschema.

Nach Kuhn erkl�ren diese Glaubenschemata nie alle Tatsachen ganz. Forscher sto�en

immer wieder auf Anomalien, die die vorherrschende Theorie nicht erkl�ren kann. Trotzdem

bleibt die Theorie eine Zeitlang vorherrschend (zum Teil, weil manche Forscher Ergebnisse

ignorieren, die nicht dazu passen), aber mit fortschreitender Forschung steigt die Zahl der

Anomalien. Schlie�lich bietet jemand ein neues System der Erkl�rungen, das das alte ersetzt...

Kuhn bezeichnet einen bedeutenderen wissenschaftlichen Paradigmenwechsel als einen

Sprung in ein neues Denkmuster, eine andere Weltsicht. Er dr�ckt das so aus:

Wenn Paradigmen wechseln, ver�ndert sich die sogar Welt mit ihnen. Von dem

neuen Pradigma veranla�t, benutzen Wissenschaftler neue Instrumente und schauen in

neue Ecken. Noch wichtiger ist, dass Wissenschaftler w�hrend solcher Revolutionen

mit bekannten Instrumenten Neues und Anderes dort sehen, wo sie schon fr�her hinge-

schaut haben. Es ist als ob ein ganzer Berufsverband pl�tzlich auf einen anderen Plane-

ten transportiert wurde, wo bekannte Gegenst�nde in anderem Licht erscheinen und wo

Unbekanntes dazukommt. Nat�rlich ist das nicht w�rtlich zu verstehen, es findet keine

r�umliche Verpflanzung statt; au�erhalb des Laboratoriums verl�uft der Alltag gew�hn-

lich weiter wie bisher. Trotzdem veranla�t der Paradigmenwechsel die Wissenschaftler

die Welt ihres Forschungsbereiches anders zu sehen.

Eine der einzigartigen Besonderheiten des menschlichen Lebens, die von der westlichen Wis-

senschaft nie zufriedenstellend erkl�rt wurdenn, ist das periodische Erscheinen von Manifestationen

Gottes und ihr nachhaltiger Einflu� auf die Gesellschaft. Mit den Vorstellungen der Religionswis-

senschaft erkl�rt man dieses Ph�nomen als Ergebnis sozialer Einfl�sse. Aber diese gleiche Religi-

onswissenschaft wurde in einer Gesellschaft entwickelt, die im Grunde irreligi�s war, und sie erar-

beitet ihre Erkl�rungen in �bereinstimmung mit Vorstellungen und Theorien von der menschlichen

Gesellschaft, die von Anfang an die M�glichkeit einer Existenz Gottes ignorierte und daher den

Aussagen dieser Geistesriesen wenig Hochachtung entgegenbrachte.

Forscher auf dem Gebiet der Religionswissenschaft sahen sich gewaltigen Schwierigkeiten

gegen�ber, weil seit der Entstehen der Relgionen eine lange Zeit vergangen war und weil sie es mit

einer Masse verwirrenden und widerspr�chlichen Materials zu tun hatten. So trennen uns z.B. 2000

Jahre von der Zeit des Lebens Jesu. Soweit wir wissen, lehrte Er in Aram�isch. Was Seinen ur-

spr�nglichen Lehren am n�chsten kommt, ist uns in einer griechischen �bersetzung der B�cher des

Neuen Testaments erhalten. Es ist daher nicht �berraschend, dass moderne Forscher der christlichen

Religion gro�e M�he darauf verwenden, herauszufinden, was Er eigentlich gelehrt hat und wieviel

davon in den Doktrinen der vielen Kirchen zuverl�ssig erhalten ist. Da sie dabei nicht sehr erfolg-

reich waren, wurden manche Theologen sogar zu der Schlu�folgerung verleitet, dass es nicht darauf

ankomme, was Er gelehrt hat; wichtig w�re nur, fanden sie, was seine Anh�nger meinten, dass Er

gelehrt habe, denn nur das habe den Lauf der Menschheitsgeschichte beeinflusst. Die Vorstellungen

der Anh�nger sind f�r solche Wissenschaftler zur Wirklichkeit der christlichen Religion geworden.

Im Falle des Bahatums haben wir jedoch eine v�llig andere Situation. Wir sind der Lebens-

zeit Bahau�ll�hs so nahe, dass viele noch lebende Menschen mit der Hand der Sache Tar�z�u�ll�h

Samandar� gesprochen haben, der als junger Mann auf Pilgerreise in der Gegenwart Bahau�ll�hs

war. Wir haben umfangreiche Schriften aus der eigenen Feder Bahau�ll�hs. Wir haben die authen-

tischen Schriften und �u�erungen Abdu�l-Bahas, dem ernannten Mittelpunkt des Bundes und auch

noch sechsunddrei�ig Jahre der F�hrung durch Shoghi Effendi.

Wenn das, was Bahau�ll�h uns �ber die Wirkungsweise der Manifestationen Gottes auf die

Menscheitsgeschichte lehrt, wahr ist und dies ist die fundamentale �berzeugung, die alle Baha

teilen dann erzeugt das Erscheinen einer Manifestation Gottes im menschlichen Denken einen

Paradigmenwechsel von unberechenbaren Ausma�en. Daher kommt es gewiss, dass, wenn man

jemandem, dessen Denken durch nicht-Baha Vorstellung begrenzt ist, die Baha-Lehren zu erkl�-

ren versucht, man oft das Gef�hl hat, einen dreidimensionalen Gegenstand jemandem zu erkl�ren,

der nicht nur jedes Gespr�ch auf zwei Dimensionen eingrenzt, sondern der sich sogar weigert, die

M�glichkeit einer dritten Dimension auch nur anzunehmen. Das erinnert einen an die Abschieds-

worte des B�b an die Buchstaben des Lebendigen: �Das neugeborene Kind jenes Tages �bertrifft

die weisesten und geachtetsten M�nner dieser Zeit, und der Niedrigste und Ungelehrteste jener Zeit

wird an Verst�ndnis die gelehrtesten und vollendetsten Geistlichen diese Zeitalters �bertreffen.�

(Nabil, Bd. 1, S.127)

Wenn man das Erscheinen einer Manifestation in dieser Weise sieht, kann man verstehen,

dass Bahau�ll�h ein gro�es Gewicht auf das Erkennen Seiner Mission legt. Jemand der ganz ohne

Bildung ist, aber dadurch Zugang zum neuen Paradigma gefunden hat, kann tiefgreifende Wahrhei-

ten verstehen, die jenseits der F�higkeit derer liegen, die noch an das alte Paradigma gebunden sind.

Ist es daher erstaunlich, dass Bahau�ll�h gegen Ende Seiner Amtszeit im Tablet der Weisheit

schreibt:

Bei Meinem Leben! An diesem Tage ist es der himmlische Baum leid, der Welt anderes

zu verk�nden als die Versicherung: Wahrlich, es gibt keinen Gott aus Mir, dem Unvergleich-

lichen, dem Allunterrichteten.
Botschaften 9:32

Im Bahatum sind es die Lehren Bahau�ll�hs, die h�chst wichtig sind. Was Seine Anh�nger

zu irgendeiner Zeit denken, hat viel weniger Bedeutung und man kann davon ausgehen, dass es in

irgendeiner Weise von der Wirklichkeit des Glaubens selbst abweicht. Diese Unterscheidung zwi-

schen dem Bahatum, das aus der klaren und nicht angezweifelten Offenbarung Bahau�ll�hs mit

den autoritativen �u�erungen Abdu�l-Bahas, des H�ters und des Universalen Hauses der Gerech-

tigkeit auf der einen Seite besteht und der Baha-Gemeinde, zu der alle Anh�nger des Glaubens mit

ihrem verschiedenartigen und nur teilweise richtigen Verst�ndnis des Glauben auf der anderen Seite

geh�ren, ist ein neuer und h�chst bedeutsamer Faktor beim Religionsstudium.

Wie sollen wir also die Folgerungen aus Bahau�ll�hs Offenbarung und dem von Ihm errich-

teten Bund in unsere Suche nach Erkenntnis und unsere Forschung integrieren?

Im Kapitel 83 der Beantworteten Fragen sagt Abdu�l-Baha:

Es gibt nur vier anerkannte Wege zur Einsicht, das hei�t, die Wirklichekti der Dinge

wird durch diese vier Methoden verstanden.
Und Er z�hlt dann diese Methoden auf.

Die erste Methode liegt in den Sinnen, das hei�t, alles was Auge, Ohr, Geschmack, Ge-

ruch und Tastgef�hl wahrnehmen, wird durch diese Methode erkannt.....

Die zweite Methode ist die des Verstandes; sie wurde von den alten Philosophen, den

S�ulen der Weisheit, angewandt und ist der Weg zum Verst�ndnis. Mit dem Verstand wiesen

sie Dinge nach und hielten sich streng an logische Beweise; alle ihre Argumente waren Vers-

tandesbeweise......

Die dritte Methode des Verstehens liegt in der Tradition, das hei�t in der �berlieferung

durch den Wortlaut der heiligen Schriften; denn man sagt: So und so sprach Gott im Alten

und Neuen Testament.....

Abdu�l-Bahá zeigt dann, dass man sich auf keine einzige dieser Methoden verlassen kann.

Unsere Sinne k�nnen uns t�uschen; das ist uns durch unsere t�gliche Erfahrung offensichtlich. Un-

sere Beweisf�hrung durch den Verstand kann fehlerhaft sein, entweder weil die Voraussetzungen

falsch sind, oder weil die Logik nicht lupenrein ist. So wird eine sorgf�ltig begr�ndete Schlu�folge-

rung sp�ter durch einen anderen Denkproze� umgeworfen. Auch die Tradition ist keine sichere

Grundlage, denn Traditionen m�ssen mit Hilfe der Vernunft verstanden werden. �Der Verstand�,

bemerkt Abdu�l-Baha, �gleicht einer Waage, und die Bedeutung, die im Text der Heiligen B�chern

enthalten ist, gleicht dem Gewogenen. Wenn die Waage ungenau ist, wie kann das Gewicht festge-

stellt werden?�
Beantwortete Fragen, S. 286
Und Er schlie� dann:

Denn wisse, alles, was in den H�nden der Menschen liegt, und alles, was sie glauben, ist

dem Irrtum unterworfen. Wenn wir etwas beweisen oder widerlegen wollen und der Beweis

durch das Zeugnis unserer Sinne erbracht wird, so ist diese Methode, wie wohl klar geworden

ist, nicht vollkommen; dasselbe gilt f�r verstandesm��ige Beweise, und sie sind auch dann

nicht vollkommen, wenn sie aus der �berlieferung kommen. Somit gibt es in den H�nden der

Menschen keinen Ma�stab, auf den sie sich verlassen k�nnen.

Aber die Gnade des Heiligen Geistes verleiht die wahre Methode der Erkenntnis, die

unfehlbar ist und nicht angezweifelt werden kann. Sie kommt durch die Hilfe des Heiligen

Geistes, der dem Menschen erscheint, und ist die einzige Stufe, auf der Gewi�heit erlangt

werden kann.
Beantwortete Fragen , Kap 83

Was m�ssen wir unter der �Gnade des Heiligen Geistes� verstehen? Mit einem rein christli-

chen Verst�ndnis werden wir darunter die g�ttliche Inspiration verstehen, die jemand empf�ngt,

wenn er sein Herz Gott zuwendet. Zweifellos ist das eine seiner Bedeutungen, aber diese Bedeutung

entspricht nur unzureichend der Aussage Abdu�l-Bahas, denn wir wissen aus eigener Erfahrung wie

auch aus den Erl�uterungen Shoghi Effendis, dass es f�r einen Gl�ubigen keine M�glichkeit gibt,

sicher zu sein, ob die Erkenntnis, die er durch Inspiration erh�lt, von Gott kommt, oder ein Produkt

seiner Einbildung ist. Vom Baha-Standpunkt, jedoch ist �Gnade des Heiligen Geistes� ein Aus-

druck, der auch die Ausgie�ung der F�hrung beinhaltet, die wir durch die Manifestationen Gottes

erhalten, und nur durch einen Vergleich unseres intuitiven Verst�ndnisses mit jener F�hrung k�n-

nen wir von ihrer Richtigkeit �berzeugt sein.

Die Baha-Einstellung kann man in der Weise zusammenfassen, dass man Erkenntnis auf

zwei Arten erwirbt. Durch die Anerkennung der Offenbarung der Manifestation Gottes und durch

Studium. Offenbarung schr�nkt die Suche nach Wahrheit nicht ein und widerspricht ihr nicht, sie

liefert die geistige Dynamik und die Erleuchtung, die dem Proze� und dem Ergebnis unserer For-

schung Gestalt gibt. Ohne sie k�nnen wir weit in die Irre gehen, und statt dass unsere Gelehrsam-

keit ein Licht f�r uns und andere ist, kann es unser Ich aufblasen und Verachtung f�r weniger Ge-

lehrte erzeugen.

Dieses gleiche Thema wird von Bahau�ll�h im Kitáb-i-Iq�n in anderer Weise behandelt. Er

schreibt:

Merke wohl: Wissen ist von zweierlei Art, g�ttlich und satanisch. Das eine entspringt

dem Born g�ttlicher Eingebung, das andere ist nur ein Spiegelbild eitler und verdunkelter Ge-

danken. Der Quell des einen ist Gott selbst, die Triebkraft des anderen sind die Einfl�sterun-

gen eigens�chtigen Begehrens. Das eine ist geleitet von dem Spruch: �F�rchtet Gott; Gott

wird euch lehren�, das andere best�tigt die Wahrheit: �Wissen ist der gr��te Schleier zwi-

schen dem Menschen und seinem Sch�pfer.� Die Fr�chte des einen sind Geduld, Sehnsucht,

wahre Erkenntnis und Liebe, dagegen die des anderen nur Anma�ung, Hoffahrt und D�nkel.

In den Ausspr�chen jener Meister heiligen Verk�ndens, welche den Sinn wahren Wissens er-

l�utert haben, ist der Geruch dieser unklaren Lehren, welche die Welt verfinstern, in keiner

Weise zu finden. Der Baum solcher Lehren kann nichts anderes hervorbringen als Laster und

Emp�rung, er tr�gt keine andere Frucht als Ha� und Neid, seine Frucht ist t�dliches Gift, sein

Schatten verzehrendes Feuer. Wie sch�n ist doch gesagt worden: �Halte dich an das Gewand

deiner Herzenssehnsucht und lasse alle Scheu fahren; aber lasse die Weltklugen gehen, wie

gro� auch ihr Name sei.�
Buch der Gewissheit, S. 52f

Auf Seite 13 bezieht sich ein anderer Abschnitt direkt auf dieses Thema.

Auf Gott mu� er bauen, an Ihn sich halten und auf Seinem Wege wandeln. Dann wird er

w�rdig sein, dass ihm in ihrer Glorie die Sonne g�ttlicher Erkenntnis und Einsicht strahle und

er zum Gef��e werde f�r nie geschaute Gnaden ohne Ende. Denn nie darf ein Mensch hoffen,

zur Erkenntnis des Allherrlichen zu gelangen, nie kann er vom Strome g�ttlicher Erkenntnis

und Weisheit trinken, nie kann er in den Wohnsitz der Unsterblichkeit eingehen noch teilha-

ben am Kelche g�ttlicher N�he und Gunst es sei denn, er lasse davon ab, die Worte und Ta-

ten sterblicher Menschen zum Ma�stab wahren Erfassen und Erkennens Gottes und Seiner

Propheten zu nehmen.

Auf Seite 39 steht ein weiteres Zitat, das zeigt, wie die Anerkennung g�ttlichen Wissens die

F�higkeit des Suchers f�r wahres Forschen und Verstehen befruchtet:

In gleicher Weise bem�he dich auch, den Sinn der Worte �Wandlung der Erde� zu er-

fassen. Wisse, dass die Erde all der Herzen, auf welche die G�te spendenden Regenschauer

der Barmherzigkeit vom �Himmel� g�ttlicher Offenbarung niederstr�men, sich wahrlich in

die Erde g�ttlicher Erkenntis und Weisheit verwandelt hat. Welche Myrten der Einheit hat der

Blumengarten dieser Herzen emporsprie�en lassen! Welche Bl�ten wahrer Erkenntnis und

Weisheit hat ihr erleuchtetes Innenleben uns geschenkt! W�re die Erde ihrer Herzen nicht

verwandelt worden, wie h�tten dann solche Seelen, denen nicht ein Buchstabe gelehrt worden

war, die keinen Lehrer gesehen hatten und in keine Schule gegangen waren, solche Worte und

solche Erkenntnis verk�nden k�nnen, so dass niemand imstande ist, sie zu begreifen? F�r-

wahr, sie sind aus dem Ton unbegrenzter Erkenntnis gestaltet und mit dem Wasser g�ttlicher

Weisheit geformt worden. Darum ist gesagt: �Erkenntnis ist ein Licht, das Gott, wem Er will,

in das Herz legt.� Diese Art Erkenntnis ist des Preises wert, und ist es von jeher gewesen,

nicht aber das beschr�nkte Wissen, das dem verschleierten und umw�lkten Denken entsprun-

gen ist: dieses beschr�nkte Wissen haben sie sogar heimlich voneinander ausgeborgt, und

vergebens br�sten sie sich damit.

Ach, m�chten die Menschenherzen doch von diesen allzumenschlichen Beschr�nkun-

gen und tr�ben Gedanken gel�utert werden, die auf ihnen lasten! Vielleicht werden sie er-

leuchtet werden durch das Licht der Sonne wahrer Erkenntnis und die Geheimnisse g�ttlicher

Weisheit erfassen! Bedenke nun: Bliebe die d�rre, unfruchtbare Erde dieser Herzen unver-

wandelt, wie k�nnten sie da zu Empf�ngern der Offenbarung der Gottesgeheimnisse werden,

zu Offenbarern g�ttlichen Wesens? Darum sprach Er: �Am Tage, da die Erde in eine andere

Erde verwandelt wird....�

Wir k�nen daher verstehen, wie diese Abschnitte in keiner Weise den vielen Heiligen Texten

widersprechen, die die Wichtigkeit der Erziehung betonen; jene die die Tugenden der K�nste und

Wissenschaften r�hmen; und Bahau�ll�hs eigen Ermahnung in den Verborgenen Worten:

O Sohn des Geistes!

Von allem das Meistgeliebte ist Mir die Gerechtigkeit; wende dich nicht von ihr ab,

wenn du nach Mir verlangst, und missachte sie nicht, damit Ich dir vertrauen kann. Durch ihre

Hilfe wirst du mit deinen eigenen Augen und nicht mit denen anderer sehen und durch die ei-

gene Erkenntnis und nicht durch die deines N�chsten Wissen erlangen. Erw�ge in deinem

Herzen, wie du sein solltest. Wahrlich: Gerechtigkeit ist Meine Gabe an dich und das Zeichen

Meiner G�te. Halte sie dir immer vor Augen.
Verborgene Worte, arabisch 2

Und schlie�lich die schriftliche �u�erung des H�ters, dass der Baha-Glaube �seinen An-

h�nger vor allem die Pflicht des ungehemmten Suchens nach Wahrheit auferlegt.�

Es scheint mir, dass die Baha-Lehren im Grunde besagen, dass man gleichzeitig in mehrfa-

cher Weise nach Wissen streben mu�: indem man sich in die g�ttliche Offenbarung versenkt, indem

man ungehemmt die Prozesse des menschlichen Geistes verfolgt, indem man sein Herz inspirieren

l��t und indem man die Lehren in seinem Leben und Handeln anwendet.

Gerade die Wechselbeziehung dieser Zug�nge und wahrscheinlich noch anderer, an die ich

nicht gedacht habe w�nscht das Universale Haus der Gerechtigkeit die Baha-Wissenschaftler

auszuarbeiten. Eine g�ltige Methode bedeutet keineswegs, eine blinde Annahme un�berpr�fter

Aussagen, aber sie wird sicher von dem Grad der Gewissheit beeinflu�t werden, die der einzelne

Forscher erreicht hat. Bei der Suche nach Wahrheit gibt es einen Punkt, bei dem der Sucher von der

Stufe des Zweifels auf die Ebene der Gewissheit aufgestiegen ist. Das bedeutet nicht, dass sein

Verstand nicht mehr sucht oder fragt, aber die Erfahrung und das Forschen hat dazu gef�hrt, dass er

jenen Glauben erreicht hat, den Abdu�l-Bahá als �bewu�tes Wissen� definiert. Man kann diesen

Proze� in Bereichen wirken sehen, die viel weniger erhaben als eine Religion sind. Wenn man ei-

nem primitiven Stammesangeh�ren erz�hlt, dass die Erde rund ist und im Raum schwebt, w�rde er

berechtigterma�en am Verstand des Sprechers zweifeln. Er mu� nur seine Augen benutzen, um zu

erkennen, wie l�cherlich diese Behauptung ist. Wer eine gr�ndliche moderne Bildung hat, wer in

der Schule alle Beweise f�r diese Behauptung gelernt hat, wer Aufnahmen von der Erde aus der

Raumperspektive gesehen hat, wird in dieser Beziehung keine Zweifel haben. Es war keine Ge-

hirnw�sche n�tig, um ihn einsehen zu lassen, was oberfl�chlich gesehen eine l�cherliche Behaup-

tung ist. Durch Forschung und Erfahrung ist er geschult und hat ein h�heres Niveau von Wissen

erreicht.

Es ist daher nicht logisch, dass man bei der wissenschaftlichen Untersuchung von Religionen

von einer einheitlichen atheistischen Basis ausgeht, es sei denn, man ist Atheist. Man muss akzep-

tieren, dass die Voraussetzungen sich wahrscheinlich unterscheiden werden, wenn Wissenschaftler

unterschiedlicher Herkunft ihre Studien verfolgen. Es w�re absolut vern�nftig, wenn ein nicht-

Baha Wissenschaftler das Leben und die Lehren Bahau�ll�hs erforscht, als ob er in Ihm nur einen

persischen Edelmann des 19. Jahrhunderts sieht, der allen Begrenzungen und Einfl�ssen Seiner

Umgebung ausgesetzt war. Ein Baha aber wei�, dass Bahau�ll�h als eine Manifestation Gottes

von Seiner Umgebung nicht in der Weise Abhangig war, wie es ein normaler Mensch gewesen w�-

re. Seine Kenntnisse und Sein Verst�ndnis gingen weit �ber Seine Umgebung hinaus und obgleich

er gewi� die Form Seiner Offenbarung dem Niveau und dem Wesen des Verst�ndnisses Seiner H�-

rer anpasste und die arabische und persische Sprache in einer der Zeit entsprechenden Weise be-

nutzte, so hat Er doch Seinen H�rern der damaligen Zeit wie auch f�r die zuk�nftigen Jahrhunderte

Wahrheiten �bermittelt, die sie damals und auch jetzt kaum aufzunehmen in der Lage waren.

Ein Baha-Wissenschaftler betrachtet die Taten und Worte Bahau�ll�hs mit den Augen eines

dem�tigen Sch�lers, der sich darum bem�ht, die Absichten und Methoden eines meisterhaften Leh-

rer zu verstehen. Wie sehr unterscheidet sich das von der Einstellung, die ein nicht-Baha ein-

nimmt, der sich selbst als Gelehrter im Besitz des ganzen Reichtums der modernen zivilisierten

Wissens glaubt und der daher mit einem toleranten aber herablassenden Blick auf die Taten und

�u�erungen von jemandem schaut, den er f�r einen Reformator des 19. Jahrhunderts h�lt, und der

das Produkt seiner Zeit und seiner Umgebung ist, wie revolution�r seine Ideen auch sein m�gen.

Es scheint mir, es ist dieser Unterschied in der Einstellung gegen�ber Bahau�ll�h und Seinem

Glauben und die sich aus diesem Beweismaterial ergebenden Schlu�folgerungen, durch die sich ein

Baha-Wissenschaftler von jedem anderen unterscheiden mu�.

Wir wollen z.B. den viel diskutierten Absatz im Tablet der Weisheit untersuchen. Hier

schreibt Bahau�ll�h: �Empedokles, der sich in der Philosophie hervortat, war ein Zeitgenosse Da-

vids, w�hrend Pythagoras in den Tagen Salomons, des Sohnes Davids lebte und Weisheit aus dem

Schatz des Prophetentums erwarb.� (Botschaften, 9:25) Es gibt welche, die diesen Abschnitt als ein

Argument daf�r anf�hren, dass Bahau�ll�h keineswegs allwissend war und man sich daher auf Ihn

auch in anderen Angelegenheiten nicht verlassen k�nne. Es ist jedoch bereits darauf hingewiesen

worden, dass Bahau�ll�h diesen Abschnitt mit der Aussage einleitet, dass Er �einige Berichte der

Weisen� erw�hnen wolle, und man kann durch Vergleiche feststellen, dass Er w�rtlich aus den

Werken solcher moslimischer Historiker zitiert wie Abu�l-Fath-i-Shahrist�ni und Im�du�d-Din

Abu�l-Fid�. Baha-Wissenschaftler, die wissen, dass westliche Historiker Empedokles und Pytha-

goras mehrere Jahrhunderte von David und Salomon entfernt datieren, stehen vor der Frage, warum

Bahau�ll�h beschlossen hat, gerade diesen Abschnitt zu zitieren. Hat Er nur einen Bericht zitiert,

der seinen Lesern bekannt war, weil Er die Absicht hatte, Sein Hauptargument zu verdeutlichen?

Benutzte Er diese Methode, um die Aufmerksamkeit zuk�nftiger Baha-Historiker darauf zu len-

ken, die gel�ufige Basis f�r das Datieren von Ereignissen im Nahen Osten zu �berpr�fen? Oder

m�ssen aus diesem Absatz noch andere Schlu�folgerungen gezogen werden?

Ein Baha wird diesen Abschnitt auch unter Ber�cksichtigung andere Kommentare in den

Schriften betrachten. So sagt Bahau�ll�h weiter oben im Tablet der Weisheit, als er sich �ber die

Sch�pfung und das Wesen des Wortes Gottes ausl��t:

Nur ungern verbreiten Wir uns �ber diesen Gegenstand, da die Ungl�ubigen die Ohren

auf uns richten, um Worte zu h�ren, die sie in die Lage versetzen, an Gott, dem Helfer in Ge-

fahr, dem Selbstbestehenden, herumzun�rgeln. Au�er Stande die Geheimnisse der Erkenntnis

und Weisheit zu erlangen, wie sie der Urquell g�ttlichen Glanzes entr�tselt, erheben sie ihren

Protest und machen gro�es Geschrei. Allerdings wenden sie sich gegen das, was sie begrei-

fen, nicht gegen die Darlegungen des g�ttlichen Erkl�rers oder gegen die Wahrheiten, die der

eine wahre Gott, der Kenner des Unsichtbaren, vermittelt. Alle ihre Einw�nde fallen auf sie

zur�ck, und Ich schw�re bei deinem Leben, sie sind jeden Verst�ndisses bar.

(Tablet der Weisheit, 9:11)

Wissenschaftler, die die alten Paradigmen benutzen, werden dahin tendieren, das Bahatum

in die eine oder andere der Kategorien einzuordnen, die jene Paradigmen geschaffen haben, und

werden es auf diese Weise zu verstehen versuchen. Aber es pa�t keine dieser Kategorien genau,

und wenn solche Vergleiche in mancher Beziehung auch richtig sein m�gen, so sind sie doch

h�chst irref�hrend. Ein Baha-Wissenschaftler, der ein tiefes Verst�ndnis des Glaubens hat, wird

das erkennen und nicht in diese Falle tappen.

Wir m�ssen zu der vorigen Frage zur�ckkehren: Wie kann ein Baha-Gelehrter, der durch die

gegenw�rtige Ausbildung in seinem Fach veranla�t ist, gewisse Methoden zu befolgen, sein eigenes

Verst�ndnis zum Ausdruck bringen? Mir scheint, dass in dem Ma�e wie ein Baha-Wissenschaftler

in seinem Fach Bedeutung erlangt, er genau so wie jeder andere bedeutende Wissenschaftler die

Fesseln des gegenw�rtige Paradigmas durchbrechen und entsprechend schreiben kann. Ein Student

oder ein junger Wissenschaftler wird sich jedoch im Rahmen des gegenw�rtigen Paradigmas halten

m�ssen, wenn er sein Examen bestehen oder in Fachzeitschriften ver�ffentlichen will. Sogar ein

Baha-Schulkind steht vor �hnlichen Herausforderungen, wenn es �ber viele Dinge mehr wei� als

sein Lehrer zu h�ren bereit sein wird. Es ist in der gleiche Lage wie jemand, der den Glauben lehrt,

der auch das Gesagte einfacher darstellen muss, um die Aufnahmef�higkeit seiner H�rer nicht zu

sehr zu beanspruchen. Die Ansprachen Abdu�l-Bahas sind ein vollkommenes Beispiel daf�r, wie

man das macht, ohne im geringsten den Lehren des Glaubens Gewalt anzutun. Es ist so etwa wie

wenn ein Mathematik-professor in einer Grundschulklasse eine Stunde gibt. Er wird seine Erkl�-

rungen drastisch vereinfachen m�ssen, aber er wird nichts lehren, was den Grundprinzipien der

Mathematik widerspricht. So geh�rt zum Beispiel zu historischer Forschung die Sicherstellung der

Tatsachen, worauf man Schlu�folgerung zieht, die diese Tatsachen in vern�nftiger Weise verbin-

den. Beide Prozesse erfordern die Anwendung der Vernunft, um die Vertrauensw�rdigkeit der vor-

liegenden Beweise zu pr�fen und die Motive zu beurteilen und beides wird bei einem Baha-

Gelehrten von seiner Kenntnis des Wesens Bahau�ll�hs und Seiner Offenbarung beeinflu�t sein.

Selbst wenn er durch die Umst�nde gezwungen ist, nur Beweismaterial vorzulegen, das bei der ge-

genw�rtig gelehrten Methodologie akzeptabel ist, wird er es bei dieser Beschr�nkung nicht zulas-

sen, dass er Schlussfolgerungen zieht, von denen er als Baha wei�, dass sie falsch sind.

Dieses Dilemma ist nat�rlich nur ein Nebenproblem der grunds�tzlicheren Frage des Zusam-

menspiels von Offenbarung und den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung. Ich glaube es gibt

ein Zitat im Kitáb-i-Iq�n, das den Schl�ssel liefert. Es findet sich in dem Abschnitt, der da beginnt:

�Aber, O mein Bruder, wenn ein wahre Sucher sich entschlie�t, mit forschendem Schritt den Pfad

zu betreten, der zur Erkenntnis des Altehrw�rdigen der Tage f�hrt, so mu� er....� (Buch der Ge-

wissheit, S. 129) Es gibt so viele Edelsteine an Ratschl�gen in diesem Abschnitt, dass er Material

f�r viele eigene Seminare liefern k�nnte. Ein bemerkenswertes Charaktieristikum besteht darin,

dass viele Erfordernisse genannt werden, die man normalerweise eher der Ethik und der Moral zu-

ordnen w�rde als der Forschung. Hier ist ein Satz, der f�r die �ffentliche Baha-Diskussion �ber

die Lehren besonders relevant ist:

Nie darf er (der wahre Sucher) sich erheben wollen �ber irgendwen, und jede Spur von

Stolz und D�nkel mu� er von der Tafel seines Herzens waschen. Er mu� in Geduld und in

Ergebung harren, Schweigen �ben und sich eitler Rede enthalten. Denn die Zunge ist ein

schwelend Feuer, und zuviel der Rede ist ein t�dlich Gift. Das irdische Feuer verbrennt den

K�rper, das Feuer der Zunge aber verzehrt das Herz wie die Seele. Die Kraft von jenem w�hrt

nur eine Weile, aber die Wirkung von diesem dauert ein Jahrhundert lang.

Buch der Gewissheit, S. 130

Ich verstehe dies nicht so, dass der Sucher nie etwas sagen sollte, sondern vielmehr dass er

seine Zunge im Zaum halten, streits�chtiges Argumentieren vermeiden und sich eitler Rede enthal-

ten sollte und immer den Zweck seiner Bemerkungen im Auge haben.

Dieser Abschnitt, der auch das �Tablet des wahren Suchers� genannt wird, zeigt uns, dass un-

ser ganzes Wesen, unsere Einstellung zu anderen, unser �u�eres Verhalten ebenso wie unser innerer

Geist bei unserer Suche nach Wahrheit wichtige Elemente sind. Auch hier werden wir wieder daran

erinnert, dass alle Elemente der Baha-Offenbarung miteinenader verflochten sind. Wenn wir die

vielen Abschnitte studieren, die in den Schriften auf den Erwerb von Wissen Bezug nehmen, so

sehen wir, dass es keinen Konflikt zwischen g�ttlicher Offenbarung und ungehemmter Suche nach

Wahrheit gibt, ja nicht geben kann. Die Offenbarung hebt uns auf ein h�heres Niveau des Ver-

st�ndnisses und wirft ein Licht auf alles, was wir nur jemals zu wissen w�nschen k�nnen. Es erin-

nert mich an Jesu Rat �Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, alles andere wird euch zufallen.�

Jetzt m�ssen wir untersuchen, welche Auswirkungen das Wirken des Bundes und seiner Insti-

tutionen auf die Suche nach Erkenntnis haben.

Da ihnen ein so klarer und verbindlicher Bund wie der von Bahau�ll�h fehlte, war jede Reli-

gion der Vergangenheit in Spaltungen und Irrt�mer verfallen, weil es den Anh�ngern nicht m�glich

war, den Lehren der Stifter treu zu bleiben. Wie es Abdu�l-Bahá im Kapitel 83 der Beantworteten

Fragen, aus dem ich schon fr�her zitiert habe, erkl�rt, ist der Besitz einer Sammlung von Heiligen

Schriften kein sicherer Weg zu wahrer Erkenntnis.

Aber auch diese Methode ist nicht vollkommen, weil die �berlieferungen durch den

Verstand erfa�t werden. Da der Verstand selber dem Irrtum unterworfen ist, wie k�nnte man

da sagen, dass er sich bei der Auslegung der Bedeutung der �berlieferungen nicht irre, wo es

doch m�glich ist, dass er Fehler macht, und Gewissheit nicht erreicht werden kann. Dies ist

die Methode der kirchlichen F�hrer; was sie aus dem Text der B�cher verstehen und begrei-

fen, ist das, was ihr Verstand aus dem Wortlaut erfa�t, nicht aber unbedingt die Wahrheit.

Denn der Verstand gleicht einer Waage, und die Bedeutung, die im Text der heiligen B�cher

enthalten ist, gleicht dem Gewogenen. Wenn die Waage ungenau ist, wie kann das Gewicht

festgestellt werden?
Beantwortete Fragen, Kap. 83

Baha w�rden sich in dieser Beziehung von den Anh�ngern anderer Religionen nicht unter-

scheiden, wenn es nicht den Bund g�be, der daf�r sorgt, dass wir zuerst in Abdu�l-Bahá und dann

im H�ter und im Universalen Haus der Gerechtigkeit g�ttlich gesch�tzte und gef�hrte Mittelpunkte

haben. Das Wesen und den inneren Zusammenhang zwischen den beiden Institutionen des H�ter-

tums und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit ganz zu verstehen, ist zu dieser Zeit jenseits

unserer M�glichkeiten, aber wir k�nnen sehr wohl ihre wesentlichen Funktionen w�rdigen und

k�nnen verstehen, wie selbst in Abwesenheit eines H�ters, wodurch dem Glauben ein Mittelpunktes

der autorisierten Interpretation entzogen ist, der Bund immer noch unverletzlich bleibt.

Einige Freunde haben gesagt, dass in Abwesenheit eines H�ters das Universale Haus der Ge-

rechtigkeit selbst gezwungen sein w�rde autoritative Interpretationen zu liefern, aber das Haus der

Gerechtigkeit selbst hat das ausgeschlossen. Ich will hier nicht ausf�hrlich aus den Briefen des

Hauses der Gerechtigkeit zu diesem Thema zitieren, Sie k�nnen das selbst nachlesen. Es wird dort

erkl�rt, dass es zwei Arten von Interpretationen gibt. Auf der einen Seite gibt es die g�ttlich inspi-

rierten autoritativen Interpretationen, die allein Abdu�l-Bahá und dem H�ter eigen waren. Sie konn-

ten sagen, was die Ansicht und Absicht von Bahau�ll�h waren und niemand hat das Recht, das Ge-

genteil zu sagen. Wenn es daher nach dem begrenzten Verst�ndnis eines Anh�ngers des Glaubens

einen Widerspruch zwischen dem Heiligen Text und der autoritativen Interpretation gab, so muss er

sein Verst�ndnis nach der Aussage des letzteren richten.

Wir haben eine Schatzkammer voller F�hrung durch Abdu�l-Bahá und Shoghi Effendi, die

nicht nur die Offenbarung interpretiert haben, sondern uns auch durch Beispiele zeigten, wie wir

selbst die Schriften verstehen und unsere eigenen Schlu�folgerungen dort ziehen k�nnen, wo es

keine autoritative Interpretation gibt. Obgleich unsere Schlu�folgerungen m�glicherweise immer

fehlerhaft sein werden, k�nnen uns diese Beispiele helfen, die gr�beren Fehler zu vermeiden.

Wie dem auch sei, die Baha haben diese riesige Sammlung von Schriften vor sich, sowohl

die Offenbarung wie auch die autoritativen Interpretationen, aus denen sie ihre eigene Kenntnis und

ihr Verst�ndnis der Lehren Bahau�ll�hs aufbauen m�ssen. Es gibt nur einen einzigen Weg dies zu

tun: Sie m�ssen ihre eigenen auf den Texten basierenden Ideen und Schlu�folgerungen entwickeln.

Was sollen sie also tun, wenn ihre eigenen zugegebenerma�en fehlbaren Interpretationen von denen

anderer abweichen, was sie unweigerlich tun werden? Das Universale Haus der Gerechtigkeit kann

keine autoritative Interpretation erlassen, ebensowenig wie das ein einzelner Baha tun kann. Es

verf�gt jedoch �ber eine andere Autorit�t, die den Bund in ausreichender Weise besch�tzt.

Nach den Worten Abdu�l-Bahas m�ssen die Mitglieder des Universalen Hauses der Gerech-

tigkeit ��ber alle Fragen beraten, die Meinungsverschiedenheiten verursacht haben, unklar und

nicht ausdr�cklich im Buche verzeichnet sind.� (W & T. S. 33) Es ist �brigens bemerkenswert, dass

dieser Absatz im zweiten Teil des Willens und Testaments erscheint, der zu einer Zeit geschrieben

wurde, als Abdu�l-Bahá in gro�er Gefahr und Shoghi Effendi noch ein Kind war. Er bezieht sich

ausdr�cklich auf die gew�hlten Mitglieder des Universale Hauses der Gerechtigkeit, von denen Er

schreibt �Was immer sie entscheiden, hat die gleiche Geltung wie der Text.� (W. & T., S. 33)

Es sind verschiedene Fragen bez�glich der Unfehlbarkeit des Universalen Hauses der Gerech-

tigkeit in Abwesenheit eines H�ters gestellt worden. Ich will dieses Problem hier nicht im Einzelen

ansprechen, weil es schon in Briefen des Universalen Hauses der Gerechtigkeit behandelt wurde,

die Sie alle lesen k�nnen. Ich m�chte allerdings den einen Punkt betonen, dass nur das Universale

Haus der Gerechtigkeit das autoritative Antworten auf solche Fragen geben kann. Manchmal wird

die Antwort dadurch deutlich, was das Haus der Gerechtigkeit schreibt, manchmal durch die Art

und Weise, wie es handelt.

Anders als in fr�heren religi�sen Systenem hat Bahau�ll�h direkt und durch die Abdu�l-Bahá

verliehene Autorit�t allen Gl�ubigen, sie m�gen auch noch so gelehrt sein, das Recht entzogen,

autoritative Interpretationen oder Deduktionen aus den Schriften zu ziehen, und hat daf�r die Auto-

rit�t zentral in zwei Institutionen konzentriert: dem H�ter und dem Universalen Haus der Gerech-

tigkeit. Er hat alle Baha verpflichtet, die Wahrheit selbst zu erforschen, Er hat uns aufgerufen, die

Schriften zu studieren und zu unserem eigenen Verst�ndnis zu gelangen, aber ganz am Ende Seines

Willens und Testaments hat Abdu�l-Bahá �ber die zentrale Autorit�t des Glaubens geschrieben:

Habt acht, dass niemand diese Worte falsch auslegt und gleich denen, die nach dem Ta-

ge des Aufstiegs (Bahau�ll�hs) den Bund gebrochen haben, einen Vorwand geltend macht,

um das Banner der Emp�rung zu entfalten und halsstarrig das Tor zu falschen Auslegungen

aufzurei�en. Niemandem ist das Recht gegeben, seine eigene Meinung herauszustellen oder

seine pers�nlichen �berzeugungen auszudr�cken. Alle m�ssen F�hrung suchen und sich dem

Mittelpunkt der Sache und dem Haus der Gerechtigkeit zuwenden. Und wer sich woandershin

wendet, ist f�rwahr in schMirzaichem Irrtum.
Wille und Testament S. 39

Wenn wir verstehen wollen, wie dieser ganz strenge Befehl zu dem Prinzip der unAbhangigen

Suche nach Wahrheit in Beziehung steht, brauchen wir blo� zu schauen, wie der H�ter und das U-

niversale Haus der Gerechtigkeit ihn angewandt haben.

Mit dieser Frage im Zusammenhang steht das Problem der Beschr�nkungen bei den Handlungen, die je-

mand ausf�hrt und den Gedanken die er verbreitet, was ihm erlaubt, als Baha betrachtet zu werden. Lange

gab es keine klare Unterscheidung zwischen den einen, die als Baha angesehen wurden und den anderen,

die als Sympathisanten galten. Aber als die Baha-Gemeinde mit der Errichtung der administrativen Ord-

nung anfing eine Form anzunehmen, was in �bereinstimmung mit den strengen Anweisungen im Kitáb-i-

Aqdas und im Willen und Testament von Abdu�l-Bahá geschah, mussten die Baha-Institutionen einen Un-

terschied einerseits zwischen denen machen, die sich zum Glauben bekannten, administrative Funktionen

�bernehmen konnten und dem BahaGesetz unterstanden und andererseits jenen, die den Lehren des

Glaubens sympathisch gegen�berstanden, aber Bahau�ll�h nicht als Manifestation Gottes anerkannten und

nicht die Verpflichtung f�hlten, sich dem Baha-Gesetz zu unterstellen. Fr�here Religionen haben dieses

Problem auf verschiedene Art zu l�sen versucht. Im Christentum gab es einen Versuch der L�sung, indem

die Kirche ein Glaubensbekenntnis formulierte. Die Baha-L�sung ist ganz anders, wie man dem Ratschlag

entnehmen kann, den Shoghi Effendi in einem Brief vom 24. Oktober 1925 an den Nationalen Geistigen Rat

der Vereinigten Staaten und Kanada schrieb.

Was nun die delikate und komplexe Frage anbetrifft, wie man die Anforderungen an

einen wahren Gl�ubigen festlegt, so kann ich in diesem Zusammenhang nicht stark genug

betonen, dass es dringend notwendig ist, �u�erste Diskretion, Vorsicht und Takt anzuwen-

den, wenn es darum geht, f�r uns selbst zu entscheiden, wer als wahrer Gl�ubiger angesehen

werden soll, oder nach au�en bekanntzugeben, welche �berlegungen als Grundlage f�r eine

solche Entscheidung dienten. Ich erlaube mir nur ganz kurz und so angemessen, wie es die

gegenw�rtigen Umst�nde erlauben, die haupts�chlichen Faktoren zu nennen, die in die �-

berlegungen einbezogen werden m�ssen, ehe man entscheidet, ob jemand als wahrer Gl�u-

biger angesehen werden kann oder nicht. Volle Anerkennung der Stellung des Vorl�ufers,

des Stifter und des Wahren Beispiels der Baha-Sache, wie von Abdu�l-Bahá in Seinem

Testament genannt; vorbehaltlose Anerkennung und Unterordnung unter alles, was von de-

ren Feder offenbart wurde; loyales und standhaftes Festhalten an jeder Bestimmung im hei-

ligen Willen unseres Geliebten; engen Anschlu� an den Geist und die Form der heutigen

Baha-Administration in der ganzen Welt dies, stelle ich mir vor, sind die grunds�tzlichen

und vorrangigen �berlegungen, die fair, diskret und sorgf�ltig sichergestellt werden m�sse,

ehe eine so lebenswichtige Entscheidung getroffen wird. Jeder Versuch einer weiteren Ana-

lyse und Kl�rung, wird, f�rchte ich, uns nur in fruchtlose Diskussionen und sogar ernste

Kontroversen m�nden, die nicht nur unn�tig sondern f�r die wahren Interessen einer wach-

senden Sache sogar sch�dlich sind. Ich w�rde daher all jene, die zu einer solchen Entschei-

dung aufgerufen sind, ganz dringend bitten, dieses komplizierte und immer wiederkehrende

Problem im Geiste dem�tigen Gebetes und ernster Beratung anzugehen und sich dessen zu

enthalten, eine zu starre Trennungslienie zu ziehen, es sei denn in F�llen, wo die Interessen

der Sache es unbedingt erfordern.

(Un�berpr�fte �bersetzung, Baha Administration p. 90)

Dieser Abschnitt stellt in sehr zur�ckhaltender Weise dar, wie die Baha-Institutionen be-

rechtigt sind, an die Entscheidung der delikaten Frfage heranzugehen, wann jemand als Mitglied in

der Baha-Gemeinde aufgenommen und wann er davon ausgeschlossen werden soll. Was z.B. das

Verhalten anbetrifft, so mischen sich Geistige R�te nicht in das Leben und das Tun einzelner

Freunde ein. Nur wenn das Verhalten eines Baha einen flagranten Bruch der Baha-Gesetze dar-

stellt oder Schande �ber den guten Ruf des Glaubens bringt, schreitet ein Rat ein, versucht den

Gl�ubigen zur �nderung seines Verhaltens zu bringen, und schlie�lich, wenn er die Ratschl�ge und

Warnungen nicht beachtet, entzieht er ihm die administrativen Rechte. Auf dem Gebiet des Glau-

bens haben die Institutionen die Aufgabe, die Gl�ubigen in den Lehren zu unterrichten, k�mmern

sich aber in anderer Hinsicht nicht um die Glaubensvorstellungen der einzelnen Freunde, sondern

akzeptieren, dass wir alle nur Kinder sind in unserem Bestreben, diese unendlich herrliche Offenba-

rung zu verstehen. Wenn ein Gl�ubiger aber dauernd Ansichten Ausdruck verleiht, die in krassem

Gegensatz zu den klaren Lehren stehen, haben die Institutionen die Pflicht, ihm die Unsinnigkeit

seines Verhaltens zu erkl�ren. Wenn man allerdings durch die aktive Verbreitung solcher Ideen

sehen kann, dass er versucht, die Autorit�t des Bundes zu untergraben, w�re das nat�rlich eine viel

ernstere Situation und w�rde seine Mitgliedschaft in der Baha-Gemeinde in Frage stellen.

Das Akzeptieren und Verstehen des Altehrw�rdigen Bundes zusammen mit der Vorstellung

der g�ttlichen Offenbarung wie sie in der Offenbarung Bahau�ll�hs erkl�rt wird, erweitert also un-

ser Verst�ndnis von Wissen und von Gelehrsamkeit, die das Streben nach Wissen ist auf die

Stufe eines umfassenderen Paradigmas. Ob ein Mensch diese Offenbarung anerkennt, ist eine Frage

seiner freien Entscheidung, aber wenn er sie einmal anerkannt hat, mu� es seine Auffassung von

Wissen beeinflussen. Die Baha-Lehren f�rdern nicht nur die Vorstellung einer unAbhangigen Su-

che nach Wahrheit und betonen nicht nur die Bedeutung der Erziehung, sondern sorgen auch f�r

eine Gemeinde, in der ein toleranter und undogmatischer Geist herrscht und in der der Geringere

Bund und seine zentralen Institutionen die Einheit des Ganzen sicherstellen trotz aller Vielfalt der

Ansichten und ihres Ausdrucks indem es einen autoritativen Bezugspunkt f�r die L�sung von

Streitigkeiten und Problemen gibt.

Schlie�lich, unAbhangig davon wie hoch die Stufe auch sei, die der Glaube f�r die Gelehrten

vorsieht, oder wie dringend der Ruf danach, sich in Gelehrsamkeit auszuzeichnen, jeder Baha soll-

te sich immer die Worte Bahau�ll�hs im Kitáb-i-Iqan vor Augen halten:

Das Verstehen Seiner Worte und das Begreifen der Ausspr�che der Himmelstauben

sind in keiner Weise von menschlichem Wissen Abhangig. Es h�ngt nur von der Reinheit des

Herzens ab, von der Keuschheit der Seele und der Freiheit des Geistes.

Buch der Gewissheit, S. 140

Wissen und Bund Vortrag von Ian Semple ( von Roland Zimmel)

Hamburg, den 12.06.2003 Datei: D:\Winword2\BASTU\Ian_samp_Wissen_Bund.doc Seite: 1 von 14


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