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GBS : Bijan Sobhani, Swedenborg
Das fiktive Interview mit
EMANUEL SWEDENBORG

Ernanuel Swedenborg wurde 1688 In Stockholm geboren, beschäftigte sich bis zu seinem 56.

Lebensjahr intensiv mit verschiedensten Wissenschaften, darunter Mathematik, Chemie, Physik,

Astronomie, Geologie, Biologie, Physiologie, Psychologie, in welchen er zum Teil Erkenntnisse

des 19. und 20. Jahrhunderts vorwegnahm. Er sprach die europäischen und antiken sowie meh-

rere orientalische Sprachen. Im Jahre 1745 wurde er durch eine Vision vom Herrn zum Seher

berufen und mit der Aufgabe betraut, den Menschen den geistigen Inhalt der Heiligen Schrift

auszulegen. Nach diesem Erlebnis gab er seine wissenschaftliche Tätigkeit völlig auf. Er selbst

sagt in diesem Zusammenhang:

'Ich kann heilig beteuern, daß mir der Herr selbst erschienen ist und daß Er mich gesandt hat zu

tun, was ich tue. Daher hat es dem Herrn gefallen, mir das Gesicht meines Geistes zu öffnen und

mich zu lehren. Ich entsagte aller weltlichen Gelehrsamkeit und Ruhmsucht und arbeitete in geis-

tigen Dingen, wie mir der Herr befahl zu schreiben. Diese Dinge sind: die Öffnung der geistigen

Welt und die Erklärung des inneren Sinnes der Bibel.'

Shoghi Effendi sagt über Swedenborg:

'The teachings of such spiritually enlightened souls as Swedenborg, Emerson, and others

should be considered as the advanced stirrings in the minds of great souls foreshadowing

that Revelation which was to break upon the world through the Báb and Bahá’u’lláh. A-

nything they say which is not substantiated by the Teachings, however, we cannot regard as

absolute truth, but merely as the reflections of their own thoughts.

(Aus einem Brief im Auftrage Shoghi Effendis geschrieben an einen einzelnen Gläubigen

vorn 6.5.1943)

J: Wir freuen uns , daß Sie bereit sind, uns einige Fragen zum Inhalt Ihrer Lehre, die heutzutage kaum

jemandem bekannt ist, zu beantworten. Ich möchte Sie bitten, uns zu Beginn mit dem Gedanken ver-

traut zu machen, den Sie für besonders wichtig halten.

S: Die himmlische, die geistige und die natürliche Welt entsprechen einander. Ohne die Wissenschaft

der Entsprechungen, den goldenen Schlüssel, der die Pforte zu den geistigen Dingen öffnet, kann man

weder die Erscheinungen in der geistigen Welt, noch den

Die himmlische, die geistige und die natürliche Welt entsprechen einander.

Zustand der Seelen nach dem Tode, noch die Heilige Schrift verstehen. Es gibt nichts im erschaffenen

Weltall, das nicht im Entsprechungsverhältnis mit irgend etwas im Menschen steht nicht nur mit seinen

Gefühlen und Gedanken, sondern auch mit den Organen und Eingeweiden seines Körpers. Die geisti-

ge Welt ist der natürlichen ganz ähnlich.

J: Das hört sich äußerst interssant an. Bitte geben Sie einige Beispiele für derartige Entsprechungen .

S: Die beseelten Wesen, die Tiere auf Erden, entsprechen im allgemeinen den Neigungen. Die Bäume

je nach ihren Arten entsprechen den Wahrnehmungen und Erkenntnissen des Guten und Wahren, aus

welchen Einsicht und Weisheit kommt. Das Wort ist in lauter Entsprechungen geschrieben, und von

daher ist auch sein innerer und geistiger Sinn; und ohne die Kenntnis der Entsprechungen kann man

weder wissen, daß er existiert, noch wie das Wort beschaffen ist.

Ich möchte Ihnen, um es verständlicher zu machen, die folgende Prophezeiung näher erläutern:

'Gleich nach der Trübsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden und der Mond

sein Licht nicht geben und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des

Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man sehen des Menschen Sohn, kom-

mend in des Himmels Wolken mit Kraft und Herrlichkeit 2

Unter der Sonne wird verstanden der Herr als Liebe, unter dem Mond der Herr als Weisheit, unter den

Sternen die Erkenntnisse des Guten und Wahren, unter der Wolke der Buchstabensinn des Wortes,

unter der Herrlichkeit der geistige Sinn des Wortes (der Bibel) und sein Durchscheinen durch dessen

Buchstabensinn, unter den Kräften dessen Macht.

J: Ich muß zugeben, daß mir Ihre Interpretation des Bibelzitates sehr zusagt. So scheinen sich viele

Stellen, die wörtlich genommen keinen Sinn ergeben, zu klären.

S: So ist es! Viele Dinge im Buchstabensinn des Wortes sind Schein-Wahrheiten, in welchen die ech-

ten Wahrheiten verborgen liegen. So werden Gott im Wort an vielen Stellen Zorn, Grimm und Rache

zugeschrieben. Es heißt dort, Er strafe, werfe in die Hölle und dergleichen mehr. In Wahrheit ist Gott

die Liebe selbst, das Gute selbst, die Barmherzigkeit selbst. Er kann nicht zürnen, ergrimmen, sich

rächen, in die Hölle werfen. Diese Aussagen werden gemacht, weil es so erscheint. Es sind

Schein-Wahrheiten.

In unserer Lehre werden wir auf die sonderbaren Erscheinungen zu sprechen kommen, die sich nicht

nur bei den lebenden Körpem, sondern überhaupt im ganzen Bereiche der Natur zeigen und die so

genau den erhabensten und geistigen Erscheinungen entsprechen, daß einer schwören möchte, die

physische Welt sei nur ein Symbol der geistigen Welt. Dies geht so weit, daß, wenn wir irgendeine

Naturwahrheit

Die Sonne der geistigen Welt ist reine, lautere Liebe.

in sinnlichen und scharf begrenzten Tönen ausdrücken und wiedergeben und dann diese Ausdrücke

mit den entsprechenden geistigen Ausdrücken vertauschen, wir auf diese Weise eine geistige Wahr-

heit an Stelle der physischen Wahrheit oder Regel erhalten, obwohl niemand vorher daran gedacht

haben würde, daß etwas Derartiges sich aus einer einfachen wörtlichen Transposition ergeben könnte.

Der menschliche Körper ist voll dieses Symbolismus.

J: Die Sonne spielt in Ihrer Lehre von den Entsprechungen offenbar eine zentrale Rolle. Ich fand sie in

Ihren Büchern als Symbol für den Urquell allen Seins. Würden Sie uns diesen Symbolismus etwas

näher erläutern?

S: Die geistige Welt entstand und besteht aus ihrer Sonne ebenso wie die natürliche aus der ihrigen.

(Würde ihre Sonne weggenommen, dann zerfiele die Welt in ein Chaos und dieses ins Nichts.) Die

Sonne der geistigen Welt ist reine, lautere Liebe, ausgehend von Gott, der in ihrer Mitte ist. Aus dieser

Sonne gehen hervor Wärme und Licht; sie sind ihrem Grundwesen nach Liebe und Weisheit. Beide

fließen in den Menschen ein: die Wärme in sein Wollen, hervorbringend das Gute der Liebe, das

Eine ewige Verbindung des Schöpfers mit dem erschaffenen Weltall ist der

universelle Endzweck aller Teile der Schöpfung.

Licht in sein Denken, hervorbringend das Wahre der Weisheit. Sie selbst, jene Sonne, ist nicht Gott,

sondern sie ist von Gott, die nächste, erste Sphäre von Ihm um Ihn. Mittels dieser Sonne hat Er das

Weltall geschaffen, nämlich alle Weltkörper, unsere Erde und alle Gestirne, die am Firmamente pran-

gen. Es ist demnach richtig, daß die natürliche Sonne ihr Dasein aus der geistigen Sonne hat.

J: Aus dem, was Sie zuletzt erwähnen, entnehme ich, daß nicht Gott selbst das Weltall erschuf, son-

dern daß

Jeder Mensch wird in die Fähigkeit geboren, die Wahrheit einzusehen.

er die schöpferische Kraft einem Mittler übertragen hat. Doch worin liegt der Sinn der Schöpfung? Wo-

zu wurde die Welt erschaffen?

S: Gott hat das Weltall zu keinem anderen Zwecke erschaffen, als daß ein Menschengeschlecht und

aus diesem ein Himmel entstehe. Denn das Menschengeschlecht ist die Pflanzschule des Himmels.

Und alles Erschaffene ist am Ende um des Menschen willen da. Eine ewige Verbindung des Schöpfers

mit dem erschaffenen Weltall ist der universelle Endzweck aller Teile der Schöpfung.

J: Wenn ich Sie richtig verstehe, bedeutet das, daß alle Wesen im Jenseits früher als Mensch auf Er-

den gelebt haben müssen?

S: Es gibt keinen Engel oder Geist, und kann keinen geben, der nicht als Mensch auf der Welt geboren

wäre. Der Mensch wiederum ist geschaffen, daß er sich selbst und die Welt liebe, daß er den Nächs-

ten und den Himmel liebe und daß er den Herrn liebe. Die Folge hiervon ist, daß der Mensch, wenn er

auf die Welt kommt, erst sich selbst und die Welt liebt; dann nach dem Maße zunehmender Weisheit,

den Nächsten und den Himmel, und dann, wenn seine Weisheit noch höher steigt, den Herrn.

J: Sie beschreiben das Neugeborene als ein Wesen, das allein seinen natürlichen Trieben folgt. Wie

aber erlangt der Mensch die Fähigkeit, die Sie als Weisheit bezeichnen, und durch die der Mensch

letztlich veranlaßt wird zu lieben?

S: Richtigl Der Mensch liebt von Geburt her bloß sich und die Welt. Doch dieser Trieb könnte nicht von

seiner Unreinlichkeit gesäubert werden, wenn der Mensch nicht das Vermögen hätte, seinen Verstand

in das Licht des Himmels zu erheben, und zu sehen, wie er leben muß, auf daß sein Trieb zugleich mit

seinem Verstand in die Weisheit erhoben werden könne. Jeder Mensch wird in die Fähigkeit geboren,

die Wahrheit einzusehen.

i: Demnach sehen Sie eine enge Verbindung zwischen Liebe und Ver-

Alles Freie gehört der Liebe an, denn was der Mensch liebt das tut er mit Freiheit.

stand. Viele Menschen halten Liebe und Verstand für einander widersprechende Prinzipien. Würden

Sie diese besondere Beziehung bitte näher erklären?

S: Gerne! Am besten, ich erkläre zuvor jeden dieser beiden Begriffe getrennt So wird es leichter sein,

die Abhängigkeit zwischen beiden zu verstehen.

Die Liebe ist eine geistige Verbindung. Das Wesen der Liebe besteht dahn, andere außer sich zu

lieben, eins mit ihnen zu sein und sie aus sich zu beglücken. Die Liebe geht von der geistigen Sonne

als geistige Wärme aus und fließt vermöge der Entsprechung in das Herz. Dazu ein anschauliches

Beispiel: Die Wärme steigt von der Erde nach oben. So empfinden auch wir unsere Lebenswärme als

unsere eigene, die nach oben strebt. Aber wie die irdische Wärme ihren Ursprung aus der Sonne hat

und ständig wieder hinaufstrebt, um sich von dort zu emeuem, so stammt auch unsere Liebeswärme

vom Herrn und will zurück zu ihrer Quelle, sich neue Kraft holen.

J: Entschuldigen Sie, daß ich unterbreche. Mir scheint ein Aspekt der Liebe außerordentlich wichtig,

und zwar denke ich dabei an die Freiheit. Wie lassen sich Ihrer Meinung nach Liebe und Freiheit ver-

einbaren?

S: Alles Freie gehört der Liebe an, denn was der Mensch liebt, das tut er mit Freiheit; daher ist auch

alles Freie Sache des Willens, denn was der Mensch liebt, das will er auch. Aus dem Freien heraus

Böses zu tun, erscheint als Freiheit, ist aber Sklaverei, weil dieses Freie aus der Liebe zu sich und aus

der Liebe zur Welt stammt.

J: Ein wirklich interessanter Gesichtspunkt! Man könnte jetzt, sofern man Ihre Lehren nicht näher

kennt, meinen, daß Sie die Liebe zu sich selbst und zur Welt verurteilen. Darum scheint es mir

angebracht, Sie um eine Einordnung und Bewertung dieser Arten von Liebe zu bitten.

S: Auch die Selbstliebe und die Weltliebe sind von Gott geschaffen, da sie die Grundtriebe des

natürlichen Menschen sind, welche den geistigen Theben dienen, wie die Fundamente den Häusern.

Der Mensch will vermöge der Selbst- und Weltliebe seinem Körper wohl, er will ernährt, bekleidet

werden, eine Wohnung haben, für sein Haus sorgen, sich um Ämter bewerben des Nutzens wegen, ja

geehrt werden je nach der Würde des Amtes, das er verwaltet, um des Gehorsams willen. Er will auch

an den Freuden der Welt sich ergötzen und erholen. Doch dies alles um des Endzweckes willen, der

Brauchbarkeit sein soll, denn durch diese Dinge erhält er sich imstande, dem Herrn zu dienen und dem

Nächsten zu dienen. Ist hingegen keine Liebe da, dem Herrn zu dienen und dem Nächsten zu dienen,

sondern nur die Liebe, sich und der Weft zu dienen, dann wird jene Liebe aus einer himmlischen zu

einer höllischen. Diese bewirkt, daß der Mensch seinen Geist und sein Gemüt in sein Eigenes ver-

senkt, das wenn es nicht die Richtung zum Herrn hat, durchaus böse ist.

Was aber die Weltentsagung betrifft, so

Der Mensch kann nicht anders zum Himmel gebildet werden, als durch die Welt.

wird von vielen geglaubt, daß der Welt entsagen und im Geiste und nicht im Fleische leben, sei, die

weltlichen Dinge verwerfen und das Leben beständig in frommem Nachsinnen über Gott, über das

Seelenheil und über das ewige Leben zuzubringen. Allein dieses heißt nicht der Welt entsagen. Der

Welt entsagen heißt Gott lieben und den Nächsten lieben; und Gott wird geliebt, wenn man nach

Seinen Geboten lebt, und der Nächste wird geliebt, wenn der Mensch Nutzen schafft; damit also der

Mensch das Leben des Himmels empfange, muß er durchaus in der Welt leben, und zwar in Ämtern

und Geschäften in ihr. Viele glauben, das geistige Leben oder das Leben, das zum Himmel führt,

bestehe in der Frömmigkeit, in äußerer Heiligkeit und in der Weltentsagung. Allein Frömmigkeit ohne

Liebestätigkeit und äußere Heiligkeit ohne innere Heiligkeit und Weltentsagung ohne ein Leben in der

Welt machen nicht das geistige Leben aus, sondern Frömmigkeit aus Nächstenliebe, äußere Heiligkeit

aus innerer Heiligkeit und Weltentsagung mit dem Leben in der Welt. Kurz gesagt: Der Mensch kann

nicht anders zum Himmel gebildet werden, als durch die Welt.

J: Lassen Sie uns nun zurückkommen zur Beziehung zwischen Liebe und Vernunft. Bis jetzt er-

läuterten Sie die Liebe. Wozu aber dient Ihrer Meinung nach dem Menschen seine Vernunft?

S: Das geistige Licht des Menschen besteht im Licht seines Verstandes, und dessen Objekte sind

Wahrheiten, die er in diesem Licht zergliedert und ordnet, in das Verhältnis von Grund und Folge

zueinander setzt und aus denen er der Reihe nach Schlüsse zieht. Für den Verstand ist Erleuchtung

das Licht aus dem Himmel, so wie für das Gesicht das Licht aus der Welt.

J: Es ist eine sehr schöne Definition. An dieser Stelle, wie auch an manch anderer, sieht man

besonders deutlich, daß Sie ein begeisterter Wissenschaftler waren. Wozu aber benötigt der religiöse

Mensch seinen Verstand?

S: Der Mensch muß ausgestattet werden mit Kenntnissen und Erkenntnissen, weil er durch sie lernt zu

denken, und dann einzusehen, was wahr und gut ist, und endlich weise zu sein - das ist, diesem

gemäß zu leben. Denn der Mensch ist Mensch, weil sein

der Mensch ist Mensch, weil sein Verstand über seinen Willen und dessen Neigungen erhoben

werden kann.

Verstand über seinen Willen und dessen Neigungen erhoben werden kann, weil sein Wille unter dem

Gebote des Verstandes sein kann. Das Tier hin gegen ist Tier, weil sein Verstand unter dem Gebote

seines Willens ist, weil seine Begierden es antreiben, zu tun, was es tut.

J: Die Wissenschaft wurde von der Geistlichkeit zu Ihrer Zeit nicht sehr geschätzt. Wie ich weiß,

weisen Sie ihr jedoch einen festen Platz im menschlichen Leben zu.

S: Das ist ganz richtig! Aber von den Wahrheiten der Lehre, welche aus dem Worte sind, muß der

Ausgangspunkt genommen, und diese müssen erst an-

Es ist erlaubt, mit der Vernunft in die Geheimnisse des Glaubens einzudringen.

erkannt werden; und dann ist es erlaubt, die Wissenschaften zu Rate zu ziehen, um jene zu be-

gründen; und so erstarken sie. Etwas glauben ohne einen Begriff von der Sache und ohne Ver-

nunftanschauung, heißt bloß ein alles Lebens der Wahrnehmung und Neigung beraubtes Wort ge-

dächtnismäßig behalten, und das heißt nicht glauben. Es ist erlaubt, mit der Vernunft in die

Geheimnisse des Glaubens einzudringen. Trotz der engen Beziehung zwischen Verstand und

Wissenschaft sind die Wissenschaft, die Einsicht und die Weisheit Kinder der Liebe zum Herrn und der

Liebe gegen den Nächsten.

J: Ihr letzter Satz bringt uns wieder zu unserem Ausgangspunkt, und ich bin jetzt sehr gespannt auf

Ihre Darstellung, die uns zeigen soll, wie die Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen Liebe,

Verstand und Wissen im einzelnen aussehen.

S: Der Mensch kann Vieles wissen, denken und verstehen. Was aber nicht mit seiner Liebe über-

einstimmt, das wirft er von sich, wenn er sich selbst überlassen denkt; (Was der Mensch über alles

liebt, das ist fortwährend gegenwärtig in seinem Denken, und auch in seinem Wollen und macht sein

eigenstes Leben aus.) darum verwirft er es auch nach dem Leben des Körpers, wenn er im Geist ist;

denn bloß das bleibt im Geiste des Menschen, was in seine *Liebe eingedrungen ist; das Übrige wird

nach dem Tode als Fremdes angesehen, das er, weil es nicht Sache seiner Liebe ist, zum Hause

hinauswirft.

Wie ich schon sagte, wird jeder Mensch in die Fähigkeit geboren, die Wahrheit einzusehen. Wird aber

die Liebe, welche dem Willen zu eigen ist, nicht zugleich erhoben, so fällt die Weisheit, welche dem

Verstand eigen ist, wieder zurück zu ihrer Liebe, wie hoch der Mensch mit seinem Verstand auch ge-

stiegen sein mag.

Der Verstand ist das Licht, aus dem die Liebe sieht, und ohne das Licht des Verstandes wären auch

die Sinne des Körpers, Gesicht und Gehör wie alle übrigen blind und stumpf. Aber die Abhängigkeit gilt

genauso auch umgekehrt. Erleuchtet wird der Verstand derjenigen, die das Wort lesen aus Liebe

Der Verstand ist das Licht, aus dem die Liebe sieht.

zum Wahren und aus Liebe zur nützlichen Anwendung im Leben, nicht aber bei denen, welche es aus

Liebe zum Ruhme, zur Ehre und zum Gewinn lesen.

In der eben beschriebenen Wechselbeziehung spielt auch der Wille eine gewichtige Rolle. Der Wille

ist das eigentliche Haus, in dem der Mensch wohnt, der Verstand ist der Vorhof, durch den er ein- und

ausgeht. Es gibt keinen vereinsamten Willen, und darum bringt dieser auch nichts hervor, noch gibt es

einen vereinsamten Verstand, und dieser bringt auch nichts hervor, sondern jede Hervorbringung, jede

Handlung, geschieht von beiden zugleich.

J: So bedeutungsvoll auch die Fähigkeiten der Liebe und des Verstandes

Das Lieben und das Wollen ist die Seele der Tat.

sein mögen; das Leben in dieser Welt erfordert vor allem anderen Taten. Wie stehen Sie dazu?

S: In den Taten oder Werken stellt sich der Mensch heraus. Sein Wollen und Denken, das heißt sein

Inwendiges, haben ihre Vollständigkeit erst im Auswendigen, in Taten oder Werken. Allerdings werden

unter Taten und Werken diese nicht verstanden, wie sie äußerlich, sondern wie sie innerlich sind, je

nach der Absicht, aus der es hervorgeht. Das Lieben, das Wollen ist die Seele der Tat.

J: Ihre Überzeugung ist unmißverständlich! Lassen Sie uns jetzt übergehen zu einigen zentralen

Themen jeder Religion. Womit möchten Sie beginnen?

S: Das Erste und Wichtigste in jeder Religion ist die Anerkennung des Göttlichen. Eine Religion, die

das Göttliche nicht anerkennt, ist keine Religion.

J: Das ist wohl selbstverständlich. Das Göttliche anzuerkennen ist die Grundlage; sollte aber auf die

Erkennt nis nicht auch die Liebe zu Gott folgen? Ein Kenner Ihrer Lehren sagte: "Der Sinn des

Menschen ist, daß ein Wesen da sei, das von Gott geliebt wird, seine Aufgabe ist, Gott zu lieben."

S: Völlig richtig! Aber der Mensch kann ohne Offenbarung aus dem Göttlichen nichts wissen von dem

ewigen Leben, nicht einmal etwas von Gott, und noch weniger von der Liebe zu Ihm und dem Glauben

an Ihn. Die zum neuen Leben oder zum geistigen Leben gehörenden Dinge sind die Wahrheiten, die

man glauben, und das Gute, das man tun soll. Diese Dinge kann niemand aus sich wissen, er muß sie

aus der Offenbarung lernen.

J: Hätte Gott den Menschen nicht besser so erschaffen sollen, daß er die Liebe zu seinem Schöpfer

von Beginn seines Lebens an schon in sich trägt?

S: Sie können sicher sein; so wie es ist, ist es richtig. Zu Anfang sagte ich, daß der Mensch alles, was

er aus Liebe tue, als frei empfinde. Diese Abhängig-

Die Menschen müssen Gottes Liebe und Weisheit in freier Entscheidung aufnehmen können.

keit gilt jedoch auch im umgekehrten Sinne: Liebe setzt Freiheit voraus. Die Menschen müssen Gottes

Liebe und Weisheit in freier Entscheidung aufnehmen können. Sie müssen wie von selber sich zum

Schöpfer erheben und sich mit Ihm verbinden können. Gott läßt den Menschen so empfinden, damit

eine Verbindung erfolgen könne. Eine solche wäre nicht möglich, wenn sie nicht wechselseitig wäre,

und wechselseitig wird sie, sobald der Mensch aus der Freiheit ganz wie aus sich selber tätig ist.

J: Sie nannten als unverzichtbare Voraussetzung für Erkenntnis und Liebe die Offenbarung des Göttli-

chen.

S: Genau! Darum gab es auch zu jeder Zeit eine Offenbarung. Was das Göttliche geoffenbart hat, ist

bei uns das Wort. Das Wort ist zu allen Zeiten auf der Erde gewesen, aber nicht das Wort, das wir

heute haben. Zu allen Zeiten ist das Wort gewesen, weil durch das Wort Verbindung des Himmels mit

der Erde besteht. Das Wort heißt darum ein Bund. Obwohl das, was aus dem Göttlichen ist, auf Erden

der Fassungskraft der Menschen, die auf ihr sind, angepaßt ist, enthält das Wort im Innern Sinn

Unzähliges, was die menschliche Fassungskraft übersteigt. Der Herr lehrt den Menschen die

Wahrheiten also nicht unmittelbar, sondern mittelbar durch das Wort (die Bibel) und durch

Nachdenken darüber. Alsdann wird der Mensch erleuchtet je nach seiner Neigung zum Wahren und

zum nützli-

Der Herr lehrt den Menschen die Wahrheiten also nicht unmittelbar, sondern mittelbar durch

das Wort und durch Nachdenken darüber.

chen Wirken. Dies folgt aus den Gesetzen der Göttlichen Vorsehung, daß der Mensch freie Ent-

scheidung haben und nicht durch Wunder und durch Visionen genötigt werden soll, etwas zu glauben

oder zu tun. Denn was nicht mit freiem Willen vom Menschen aufgenommen wird, das haftet nicht.

J: Das Wort, oder sagen wir ruhig die Bibel, stellt heute für viele Menschen ein Buch voller unver-

ständlicher Bilder und Gleichnisse dar. Wie gelingt es, den eigentlich Sinn zu ergründen?

S: Das Wort im Buchstabensinn ist wie eine Wolke, und im inneren Sinn ist die Herrlichkeit. Niemand

kann wissen, was der innere Sinn des Wortes ist, wenn er nicht weiß, was Entsprechung ist. Das Wort

in seinem geistigen Sinn ist wie ein Licht, das erleuchtet, in

Das Wort in seinem geistigen Sinn ist wie ein Licht, das erleuchtet

seinem himmlischen Sinn wie eine milde Flamme, welche entzündet. Was darin verborgen liegt,

erscheint nur denen, welche die Wahrheiten lieben, weil sie wahr sind, und die das Gute tun, weil es

gut ist.

J: Demnach hat die Beschaffenheit des Herzens - und darüber sind sich heute nur wenige Menschen

bewußt, einen bedeutenden Einfluß auf die Fähigkeit des Verstandes. Da wir gerade vom Verstehen

sprechen, möchte ich Sie um die Erklärung eines Themas bitten, das vielen Menschen dem Wortlaut

nach bekannt ist. Die Bedeutung dieser Passage aus der Johannes-Offenbarung ist jedoch nicht ohne

weiteres verständlich. Was hat es auf sich mit dem folgenden Zitat?

"Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste

Erde sind verschwunden, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das

neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen, gerüstet wie eine Braut, die

für ihren Mann geschmückt ist. (2 1: 1)

S: Unter dem neuen Himmel und der neuen Erde wird im Innern oder geistigen Sinn eine neue Kirche

verstanden, sowohl in den Himmeln als auf Erden. Unter der Stadt Jerusalem herabsteigend von Gott

aus dem Himmel wird verstanden ihre himmlische Lehre. Unter der Neuen Erde wird eine Neue Kirche

auf Erden verstanden; denn wenn die frühere Kirche zu sein aufhört, dann wird vom Herrn eine Neue

gegründet; denn von dem Herrn wird vorgesehen, daß immer eine Kirche auf Erden ist, weil durch die

Kirche eine Verbindung des Herrn mit dem Menschengeschlechte, und des Himmels mit der Welt statt

hat.

J: Wenn ich Sie recht verstehe, heißt dies, daß es in Abständen zur Erneuerung der religiösen Lehre

kommt. Ist es das, was Sie zum Ausdruck bringen möchten?

S: Alle Wechselgänge der Kirchen (der Menschheitszeitalter, die durch die Art ihrer Verbindung mit

Gott geprägt sind und mehrere Kulturkreise umfassen) sind einander abwechselnde Vollendungen,

welche natürlich und temporär sind, dennoch aber periodisch wiederkehren. Wenn das Eine von

seinem Ursprung aus zu seinem Ende gelangt ist, entsteht ein ähnliches Anderes, und so entsteht und

vergeht Jegliches und entsteht abermals und dies zu dem Ende, daß die Schöpfung sich fortsetze.

Oder, wie es ein Kenner meiner Lehre ausdrückte: 'Die verschiedenartigen Religionen sind verschie-

denartige Interpretationen dergleichen Wahrheit.

J: Das ist ein Gedanke, der mir im Christentum in dieser klaren Form noch nie begegnet ist. Ich meine,

er hat vor allem für die Toleranz gegenüber Andersgläubigen eine sehr große Bedeutung.

S: So ist es! Würde anerkannt, daß es die Liebe zum Herrn und zum Nächsten ist, wovon die Pro-

pheten reden und daß dies das Wesentliche aller Lehre und Gottesverehrung sei, dann würden alle

wie ein Mensch vom Herrn regiert, denn sie wären wie Glieder und Organe eines Leibes.

J: Leider hört man aber immer wieder von der 'allein seligmachenden christlichen Kirche', die sich nicht

in der Lage sieht, die Wahrheit in anderen Religionen zu entdecken und demzufolge Nichtchristen von

der Möglichkeit, 'errettet' zu werden, ausschließt. Sie sehen diesen Punkt offenbar anders.

S: Die, welche außerhalb der Kirche sind, und Einen Gott anerkennen, und ihrer Religionsart gemäß in

einiger Liebestätigkeit gegen den Nächsten leben, sind in Gemeinschaft mit den Angehörigen der

Kirche, weil niemand, der an Gott glaubt und rechtschaffen lebt, verdammt wird. Die Kirche des Herrn

ist bei allen, welche auf dem ganzen Erdkreis im Guten leben je nach ihrer Religion. Wer weiß, was

den Himmel beim Menschen ausmacht, kann auch erkennen, daß die Heiden ebenso gerettet werden

können wie die Christen, und daß der Himmel ebenso aus Heiden als aus Christen gebildet wird.

J: Eine sehr vernünftige Vorstellung, die Sie hier vortragen. Lassen Sie uns jetzt noch zu einem

weiteren wichtigen, ja vielleicht sogar zu dem wichtigsten Thema kommen, nämlich zum Wesen des

Menschen. Was ist der Mensch nach Ihrem Verständnis?

Der Mensch ist so geschaffen, daß er zugleich in der geistigen Welt und in der natürlichen Welt

ist.

S: Der Mensch ist nicht Mensch durch seine Gestalt, sondern durch das Gute und Wahre, welche

Angehörige seines Willens und Verstandes sind. Der Mensch ist Mensch, weil er Geist ist, nur ist der

Geist des Menschen auf der Erde mit einem Leib umkleidet wegen seiner Tätigkeit in der Welt. Durch

den Menschen wird die natürliche Welt mit der geistigen verbunden, er ist das Mittel der Verbindung, in

ihm ist die natürliche Welt und gleichzeitig auch die geistige Welt.

J: Könnte man den Menschen also als Bewohner zweier Welten ansehen?

S: Richtig! Der Mensch ist so geschaffen, daß er zugleich in der geistigen Welt und in der natürlichen

Welt ist. Der innere Mensch befindet sich immer in der geistigen Welt. Diese ist durchaus nicht entfernt

von ihm. Jeder Mensch ist als Geistwesen in jener Welt. Er denkt aus dem Licht jener Welt. Der

Geistige Mensch ist es, der im Worte der Lebendige heißt, der Natürliche Mensch hingegen, welcher

der Tote hei ßt.

J: Bleiben wir bei dem für jeden Menschen unausweichlichen Ereignis, das wir den Tod nennen. Was

bedeutet der Tod für einen Menschen, so wie Sie ihn beschreiben?

S: Der Mensch stirbt nicht, sondern wird bloß vom Körperlichen getrennt, das ihm in der Welt zum Ge-

brauch

Der Mensch geht, wenn er stirbt, nur von der einen Welt in die andere über.

gedient hatte. Der Mensch geht, wenn er stirbt, nur von der einen Welt in die andere über. Der Mensch

ist so beschaffen, daß er seinem Innern nach nicht sterben kann, denn er kann an Gott glauben und

auch Gott lieben, und so mit Gott verbunden werden durch Glauben und Liebe. Und mit Gott ver-

bunden werden, heißt ewiges Leben.

J: Ist die Rede vom Menschen, so erwarten gewiß viele, daß auch über seine Seele gesprochen wird.

Was hat es mit der Seele des Menschen auf sich?
S: Die Seele ist die Form des

Was die Seele ist und wie sie beschaffen ist. hat sich noch keinem offenbart. Es ist ein Ge-

heimnis Gottes allein.

menschlichen Geistes. Sie ist unsterblich nach allem, was ihm angehört, und sie ist es auch, die im

Körper denkt, denn sie ist geistig und nimmt das Geistige in sich auf. Nichts vom Leben, das im Körper

erscheint, gehört dem Körper an. Der Körper ist materiell und das Materielle ist dem Geiste beigefügt,

auf daß der Geist des Menschen dadurch in der natürlichen Welt sein Leben führen und Nutzen

schaffen könne. Mehr kann ich über die Seele nicht sagen, denn was die Seele ist und wie sie

beschaffen ist, hat sich noch keinem offenbart. Es ist ein Geheimnis Gottes allein.

J: Sie haben sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, daß der Mensch nach dem körperlichen Tod ein

ewiges Leben vor sich hat. Doch wie sieht ein solches Leben in der geistigen Welt aus?

S: Wie ich schon zu Anfang erklärte, gibt es keinen Engel oder Geist, und kann keinen geben, der nicht

als Mensch auf der Erde geboren wäre. Da der wiedergeborene Mensch in Ewigkeit fort weiter

vervollkommnet wird, muß eine unendliche Entwicklung auch im Jenseits stattfinden. Der Geist des

Menschen erscheint nach dem Tode des Leibes in der geistigen Welt in menschlicher Gestalt, ganz

wie in der Welt. Er erfreut sich auch des Vermögens zu sehen, zu hören, zu sprechen, zu fühlen, wie in

der Welt, und hat alles Vermögen zu denken, zu wollen und zu tun, wie in der Welt. Mit einem Wort, er

ist Mensch nach allem und jedem, nur daß er nicht mit dem schwerfälligen Leib umgeben ist. Diesen

läßt er zurück, wenn er stirbt, und nimmt ihn nie wieder an. Der eines Leibes entkleidete Mensch ist

eines viel helleren Denkens mächtig. Solange er im Leib ist, nehmen leiblich-irdische Dinge seine

Gedanken ein, die Dunkelheit des Geistes bedingen. Der Mensch geht, wenn er stirbt, vergleichsweise

wie vom Schatten ins Licht. Der Mensch bleibt auch nach dem Tode so, wie sein Wille und der Ver-

stand aus diesem ist. Und was Sache des Verstandes und nicht zugleich des Willens ist, das

verschwindet alsdann, weil es nicht im Geiste des

Der Mensch geht, wenn er stirbt, vergleichsweise wie vom Schatten ins Licht.

Menschen ist. Die Wissenschaften bringen nach dem Tode keinen Nutzen, sondern das, was der

Mensch durch die Wissenschaften in den Verstand und in das Leben aufgenommen hat. Nicht

Kenntnisse machen den Engel, sondern nur das wirkliche Leben, zu dem die Kenntnisse helfen

können.

Ich werde versuchen, Ihnen jetzt einen Einblick in das sogenannte Jenseits zu geben. Die Geister sind

empört darüber, daß die Menschen gar keine rechte Vorstellung vom Leben der Geister und Engel

haben. Nach aller Erfahrung, die ich nun schon viele Jahre hindurch gehabt habe, kann ich sagen und

versichern, daß die Engel ihrer Gestalt nach völlig Menschen sind, daß sie Angesicht, Augen, Ohren,

Brust, Arme, Hände, Füße haben, daß sie sich gegenseitig sehen, hören, miteinander reden, mit

einem Wort, daß ihnen durchaus nichts fehlt, was zum Menschen gehört, nur daß sie nicht mit einem

matehellen Kleid überkleidet sind. Die geistige Welt ist der natürlichen ganz ähnlich. Es erscheinen

dort Länder, Berge, Felder, Flüsse wie in

Der Mensch bringt sich selbst in die Hölle.. nicht der Herr.

der natürlichen Welt, auch Bäume samt Samen und Früchten, Pflanzen, Blumen sowie auch

Tiere, Vögel und Fische, also alles, was zu Mineral-, Pflanzen- und Tierreich gehört. Alle diese

Dinge existieren gemäß den Gefühlen und den daraus hervorgehenden Gedanken der Engel.

Eines jeden Inneres liegt dort in seinem Angesicht offen zutage, ganz so wie es ist, und nicht das

geringste bleibt verborgen. Keiner kann mehr heucheln, seine Gestalt wird zum Ebenbild seiner

Neigungen und Gedanken.

S: Diese Darstellung - mag sie auch für den einen oder anderen äußerst unwahrscheinlich klingen

- stimmt weitgehend mit der Beschreibung anderer Seher überein, die es für möglich halten, daß

der gerade Verstorbene sich noch in der natürlichen Welt glaubt.

J: Wenn das Jenseits dem Diesseits äußerlich so ähnelt, wie steht es dann um Raum und Zeit?

S: Gewiß existiert im Jenseits weder Zeit noch Raum, so wie wir sie kennen. Die Engel unterscheiden

nicht Zeiten, sondern Lebenszustände, sie denken, wenn der Mensch Zeit nennt, an Zustände. Mit

dem Raum verhält es sich, wie mit dem Denken des Menschen, durch das er, obgleich es in ihm ist,

dennoch anderswo wie gegenwärtig sein kann. Von dieser Art ist der Zustand der Geister und Engel

auch ihren Leibern nach. Diese erscheinen an dem Ort, wo ihr Denken ist, weil die Räume und

Abstände in der geistigen Welt Scheinbarkeiten sind.

J: Was halten Sie vom Spiritismus? Lohnt es sich, mit Geistern Kontakt aufzunehmen?

S: Nehmen Sie sich in acht davor. Das ist ein Weg, der ins Irrenhaus führt. Wenn die Geister

anfangen, mit einem Menschen zu reden, so muß man sich hüten, ihnen Glauben zu schenken, denn

fast alles, was sie dann sagen, ist Erdichtung und Lüge. Ich rate Ihnen daher, keinerlei Wunsch nach

einem solchen Verkehr zu hegen.

J: Diese Antwort ist unmißverständlich. Nun habe ich noch ein sehr wichtiges Thema auf dem Herzen,

ein Thema, das oftmals Anlaß zu langen Diskussionen gibt. Es handelt sich um die jenseitigen Orte

'Himmel' und 'Hölle'. Würden Sie freundlicherweise mit einigen Worten hierzu Stellung nehmen.

S-. Gerne. Die Vorstellung gewöhnlicher Menschen von Himmel und Hölle ist die von etwas gleichsam

in dünner Luft oder im Äther Fliegendem und Fließendem oder auch die von einem Hauch. Viele

wußten gar nicht, was Himmel und himmlische Freuden sind. Ihnen wurde gesagt, daß der Himmel

vom Herrn niemandem verwehrt werde, und daß sie hineingelassen werden und dort verweilen

können. Als sie aber auf der ersten Schwelle waren, wurden sie beim Anwehen der himmlischen

Wärme und dem Schein des himmlischen Lichtes von solcher Herzenspein ergriffen, daß sie statt

himmlischer Freude höllische Pein empfanden.

J: Wenn es die Hölle wirklich gibt, wie kann dann Gott, der reine Liebe ist, Menschen in die Hölle wer-

fen?

S: Der Herr will das Heil aller und keines einzigen Verdammnis. Aber es ist nicht ein unvermitteltes

Erbarmen, das darin bestünde, daß alle nach Willkür selig gemacht würden, wie auch immer sie gelebt

haben. Kurz: Der Mensch ist Urheber seines Bösen, nicht, in keiner Weise, der Herr. Das Böse bei

dem Menschen ist die Hölle bei ihm. Der Mensch bringt sich selbst in die Hölle, nicht der Herr. Es ist

zweifellos richtig, daß Gott niemals sein Antlitz vom Menschen abwendet oder ihn von sich stößt, daß

er niemanden in die Hölle wirft und niemandem zürnt. Wer nur aus einer einigermaßen erleuchteten

Vernunft heraus denkt, kann erkennen, daß kein Mensch für die Hölle geboren wird; denn der Herr ist

die Liebe selbst, und seine Liebe besteht darin, alle erretten zu wollen.

Jedoch wer in der Welt das Böse will und liebt, der will und liebt es auch im anderen Leben und läßt

sich dann nicht mehr davon abbringen. Daher ist der Mensch, der sich dem Bösen ergeben hat, an die

Hölle gekettet. Was seinen Geist betrifft, so ist er auch tatsächlich schon dort, und nach dem Tode

wünscht er sich nichts sehnsüchtiger, als dorthin zu kommen, wo er sein Böses wiederfindet. Deshalb

stürzt sich der Mensch nach dem Tode selbst in die Hölle und wird nicht vom Herrn dorthin verbannt.

Keiner wurde für die Hölle geboren, sondern alle wurden für den Himmel geboren. Weil aber derjenige,

der ein böses Leben geführt hatte, in seinem Verlangen bleibt, so kann er nicht lange bei den Engeln

und guten Geistern verweilen.
will und

J: Dann muß er - wie man es allerorts hört - 'im Feuer der Hölle schmoren'.

S: So hört man es , aber niemand ist sich über die Bedeutung des Begriffs ,Feuer' im klaren. Es gibt

auch ein himmlisches Feuer. Die Wärme im Himmel wird durch das heilige und himmlische Feuer, die

Wärme der Hölle durch das unheilige und höllische Feuer bezeichnet.- Unter beiden Feuern wird Liebe

verstanden. Unter dem himmlischen die Liebe zum Herrn und zum Nächsten, sowie jede Neigung, die

zu diesen Arten der Liebe gehört. Unter höllischem Feuer dagegen ist die Selbstsucht und Weltliebe zu

verstehen, sowie jede Begierde, die diesen beiden Arten der Liebe angehört.

J: Lieber Herr Swedenborg! Ihre hier vorgetragenen Einsichten und Erkenntnisse, die Ihnen - wie Sie

selbst betonten - vom Herrn geschenkt wurden, zeigen immer wieder die enge Beziehung auf, die

zwischen der natürlichen und der geistigen Welt besteht. Sie sprachen von der Lehre der Entspre-

chungen, die uns das Verständnis der geistigen Symbolik ermöglicht. Sie

messen dieser Lehre einen großen Wert bei. Wie aber läßt sich diese innige Beziehung erklären? Wo-

durch ist sie begründet?

S: Man muß wissen, daß die natürliche Welt aus der geistigen Welt entsteht und besteht, ganz wie die

Wirkung aus ihrer wirkenden Ursache.

J: Ich möchte diese klare Aussage, die wiederum zahlreiche interessante Fragen aufwirft, jetzt nicht

weiter hinterfragen, habe aber abschließend noch eine ganz praktische Frage, mit der ich dieses für

mich hochinteressante Interview, für das ich Ihnen ganz herzlich danke, beenden möchte:

Wie können wir die geistigen Wahrheiten, die in den Heiligen Schhften enthalten sind, verstehen und

begreifen?

S: Es gibt keinen anderen Rat, als daß der Mensch sich an den Herrn Gott Heiland wende und unter

Seiner Leitung das Wort lese, denn Er ist der Gott des Wortes. Jeder, der nicht unter Seiner Leitung

das Wort liest, der liest es unter der Leitung der eigenen Einsicht und diese ist wie eine Nachteule für

Dinge, die im geistigen Licht sind.
Anmerkung zum fiktiven Interview

Die von Swedenborg gegebenen Antworten stammen ausnahmslos aus seinen Schriften und sind

wörtlich zitiert. Jedoch setzt sich eine Antwort oftmals aus mehreren Textpassagen verschiedener

Bücher zusammen. Die in einer Antwort kursiv gedruckten Wörter oder Sätze wurden, soweit ihre

Quellen nicht im Fußnotentext angegeben sind, vom Autor um des Zusammenhangs willen eingefügt.

Die Texte sind den folgenden Schriften entnommen:
Emanuel Swedenborg:

"Über die religiösen Grundlagen des Neuen Zeitalters"; "Himmel und Hölle“; "von Seele, Geist und

Leib“
G. Gollwitzer: „Die durchsichtige Welt"
Die Bibel
Matthäus 24:29
Das Beispiel stammt von G.Gollwitzer
Zitat von G. Goltwitzer

Das fiktive Interview mit Emanuel Swedenborg GBS: Bulletin 1/89 ( von Bijan Sobhani)

Hamburg, den 12.06.2003 Datei:D:\Winword2\BASTU\Swedenborg.doc Seite: 1 von 10

Das fiktive Interview mit Emanuel Swedenborg GBS: Bulletin 1/89 ( von Bijan Sobhani)

Hamburg, den 12.06.2003 Datei:D:\Winword2\BASTU\Swedenborg.doc Seite: 2 von 10


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