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Secundaer Literatur : BahiyyihKhanum Inhalt PrePress070831
Bahayyih Kh�num
herausragende Frauengestalt
des Baha-glauBens,
ihr leBen und Verm�chtnis
Janet a. Khan
ProphetsDaughter.indb 1 31.08.2007 10:42:04
Nach der englischen Vorlage �Prophet�s Daughter�,

Copyright 2005 by the National Spiritual Assembly of the

Bahas of the United States,
ins Deutsche �bertragen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet �ber http://dnb.ddb.de abrufbar.

� Baha-Verlag GmbH
D�65719 Hofheim 2007 164
ISBN 978�3�87037�459�4
Titelnummer 428�611
ProphetsDaughter.indb 2 31.08.2007 10:42:05
F�r Peter

in immerw�hrender Dankbarkeit
ProphetsDaughter.indb 3 31.08.2007 10:42:05
Eine Anmerkung f�r den Leser

Das in diesem Buch angewandte System der Umschrift persischer

und arabischer Begriffe ist eines der zur Zeit �blichen

Systeme. Shoghi Effendi, der H�ter des Baha-Glaubens, bef�rwortete

es, um eine einheitliche Umschrift in den Baha-
Schriften gewahrt zu wissen.

Ortsnamen jedoch und andere Begriffe, die im Deutschen

�bliche und feststehende Entsprechungen kennen, (wie z. B. Teheran,

Bagdad, Sulaimania) werden wie gewohnt geschrieben,

sofern sie nicht in Zitaten vorkommen, in denen das Baha-

System der Umschrift angewandt wird (Tihr�n, Baghdad, Sulayman�yy�h).

Dasselbe trifft auf Ehrentitel wie Sultan, Schah

oder Mullah zu, die in ihrer �blichen Art geschrieben werden,

wenn sie nicht als Teil eines Eigennamens oder in einem Zitat

erscheinen, die entsprechend des Baha-Systems �bersetzt

werden (z.B. Sultan, �Abdu�l-�Az�z, Mull� Husayn).

4
ProphetsDaughter.indb 4 31.08.2007 10:42:05
Inhalt
Eine Anmerkung f�r den Leser 4
Vorwort 9
1. Kapitel
Bahayy�h Kh�num, Nachfahrin Bahau�ll�hs 19
Ihre Rolle in der Baha-Geschichte 20
Rang und Stufe 24

Bahayyih Kh�num herausragende Heldin und Urbild 25

Erforschung 27
2. Kapitel
Bahau�ll�hs edle Tochter 29
Ihre Beziehung zu Bahau�ll�h 30
Ihre einzigartige Rolle w�hrend der Amtszeit
Bahau�ll�hs 33
Teheran 33
Bagdad 39
Konstantinopel 44
Adrianopel 48
�Akka 55
3. Kapitel
�Abdu�l-Bahas brillante Schwester 69
Unterst�tzung des Mittelpunkts des Bundes 71
Aufstieg des Glaubens im Westen und Ankunft
der ersten westlichen Pilger 78
Ihre Rolle w�hrend der erneuten Gefangennahme 86
Das Begr�bnis der sterblichen �berreste des B�b
am Berg Karmel 95

�Abdu�l Bahas Reisen nach �gypten und in den Westen 98

ProphetsDaughter.indb 5 31.08.2007 10:42:05
inhaltsVerzeichnis
Managerin des Haushalts und Gastgeberin
f�r die Pilger 107
Die Kriegsjahre von 1914-1918 116
4. Kapitel
Die �letzte Spur Bahas� 123
Das Hinscheiden �Abdu�l-Bahas 125
Die �letzte �berlebende� 127
Eine Zeit erneuter Sorgen 135
Die Bekanntgabe von Shoghi Effendis Ernennung 138
5. Kapitel

Ihre Rolle w�hrend Shoghi Effendis Abwesenheit 149

Reaktionen auf ihre Ernennung 151
Leitung der Belange der Sache Gottes 153
Ermutigung der Baha 154
Bildung der Gemeinde in den Bestimmungen
des Bundes 161
Die Leitung der laufenden Arbeit der
Baha-Gemeinde 173
F�rderung der Ausbreitung des Baha-Glaubens 180
Das Bewusstsein sch�rfen f�r die
Funktionsf�higkeit der Baha-Administration 183
Der Geistige Rat von Haifa 189
Schutz des Baha-Glaubens 194
6. Kapitel
Shoghi Effendis ruhmreiche Gef�hrtin 205
Das Band zwischen dem H�ter und dem
Gr��ten Heiligen Blatt 206
Die vertraute Gef�hrtin Shoghi Effendis 209
Shoghi Effendis Mitarbeiterin 212
Die t�gliche Arbeit f�r den Glauben 213
K�nigin Marie von Rum�nien 214
Der Bau des Hauses der Andacht in Wilmette 218
Am Abend ihres Lebens 223
6
ProphetsDaughter.indb 6 31.08.2007 10:42:05
InhaltsverzeIchnIs
Ihre Briefe 223
Betreuung der Pilger 225
7. Kapitel
Der Berg Gottes jubelt 233
Das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes 235
Die Beisetzung 23
Neunmonatige Zeit der Trauer 240
Versand heiliger Sendschreiben 242
Verhalten der Baha in der Trauerzeit 243
Der Schmerz der Gl�ubigen 248
Die Ruhest�tte des Gr��ten Heiligen Blattes
und die Entstehung der Institutionen am
Weltzentrum des Glaubens 251
Die Bedeutung von Bahayyih Kh�nums Ruhest�tte 251
Die Entstehung des Baha-Weltzentrums 255
Der Bogen und die Terrassen auf dem Karmel 258
8. Kapitel
Urbild des Volkes von Bahá 263
Vorbild f�r beide Geschlechter 264

Durchhaltekraft und Flexibilit�t in einer Welt voller

Schwierigkeiten 26
Die Dynamik der Widerstandskraft 2 0
Das Gr��te Heilige Blatt Urbild der Flexibilit�t
und Durchhaltekraft 2 3

Ausdauer, Tatkraft und Flexibilit�t anderer f�rdern 2 8

Administrative Verantwortung 280

Die geistige Grundlage der Gesellschaftsordnung 281

Eine Laienreligion 284
Die Natur von F�hrerschaft 286
Die Mitwirkung der Frauen 288
Die Rolle des Gr��ten Heiligen Blattes in der
Administration des Glaubens 289
PD_Inhalt.indd 7 03.09.2007 17:02:21
inhaltsVerzeichnis
Eigenschaften f�r den Dienst in der
Administration 292
Verantwortung durch hohen Rang 296
Das Dilemma mit Rang 297
Das Baha-Konzept von Rang 299
Suche nach neuen F�hrungskonzepten 305
Rang und Stufe des Gr��ten Heiligen Blattes 308
Funktionen in Verbindung mit ihrem Rang 310
Die Natur ihrer Beziehungen 311
Umgang mit Ver�nderung 317
Eine st�ndig fortschreitende Kultur 318
Eine Kultur des Wachstums 322
Das Gr��te Heilige Blatt Vermittlerin
zwischen zwei Epochen 325
Eine Kultur des Wandels f�rdern 329
Ihr bleibendes Verm�chtnis 330
Anhang
Zu den geschichtlichen Quellen 332
Glossar 337
Grundlagen-Literatur 352
Werke Bahau�ll�hs 352
Werke �Abdu�l-Bahas 352
Werke Shoghi Effendis 353

Werke des Universalen Hauses der Gerechtigkeit 354

Weitere Publikationen 354
Index 357
8
ProphetsDaughter.indb 8 31.08.2007 10:42:05
Vorwort

Dieses Buch handelt von einer au�ergew�hnlichen, wenn

auch wenig bekannten Frau, Bahayyih Kh�num, die die Begrenzungen

eines kulturellen Hintergrunds �berwunden hat,

der f�r seinen blinden Fanatismus, seine engstirnige Weltanschauung

und seinen unbeugsamen Widerstand gegen jeglichen

Fortschritt bekannt und ber�chtigt war. Ihre Lebensgeschichte

beweist, dass die Kraft des menschlichen Geistes �ber

die Widrigkeiten des Lebens triumphieren kann. Der Bericht

�ber ihr Leben und Wirken gibt all jenen erneut Hoffnung und

Zuversicht, die sich fragen, ob der Mensch die M�chte von

Unwissenheit und Unterdr�ckung, unter denen die Welt heute

so leidet, �berwinden kann.

Bahayyih Kh�num wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts

in Persien, dem heutigen Iran1 geboren, als Tochter

von Mirza Husayn-�Al� (1817 92), bekannt als Bahau�ll�h,

dem Begr�nder und Offenbarer des Baha Glaubens.

Bahau�ll�hs mutige und offene Darlegungen �ber Gleichberechtigung,

Einheit und Harmonie riefen in den L�ndern

des Mittleren Ostens Hass und schonungslose Verfolgung

hervor. Dies hatte zur Folge, dass Bahayyih Kh�num sechs

Jahrzehnte ihres Lebens in Gefangenschaft oder Hausarrest

verbrachte.

Die in diesem Buch beschriebenen Ereignisse aus ihrem

Leben und die in den Baha-Schriften erw�hnten Lebensabschnitte

lassen sich am besten verstehen, wenn man einige

grundlegende Inhalte des Baha-Glaubens kennt. Daher ist es

angebracht, die Begleitumst�nde der Entstehung der Baha-

Religion zu schildern und die Entwicklung der Baha-Ge

1

Persien erhielt offiziell den Namen Iran im Jahre 1935 in den Baha-

Schriften werden beide Namen benutzt, daher sind beide abwechselnd

in diesem Buch zu finden.
9
ProphetsDaughter.indb 9 31.08.2007 10:42:06
Vorwort

meinde nach dem Hinscheiden Bahau�ll�hs aufzuzeichnen2.

Einige Grundz�ge der Geschichte des Baha-Glaubens m�ssen

im Lichte des persischen Kulturraums betrachtet werden,

in dem er entstanden ist.

Als ein besonderes Kennzeichen der Kultur im 19. Jahrhundert

galt eine gewisse Verfeinerung von Sprache und H�flichkeit

des Ausdrucks, der den Gebrauch differenzierter Titel und

Anreden zur Folge hatte. Diese Form des Ausdrucks mag Menschen

westlicher Herkunft fremd oder merkw�rdig erscheinen,

die in der Tradition pr�ziser, ungeschminkter Sprache und mit

einem Vorzug f�r informelle Anreden aufgewachsen sind. In

der persischen Kultur des 19. Jahrhunderts wurde es als eine

ungeh�rige Form der Vertraulichkeit angesehen, Personen

mit einem gewissen Ansehen in der Gesellschaft mit ihrem

Geburtsnamen zu bezeichnen oder gar direkt anzusprechen.

Daher finden wir den Titel �Bahau�ll�h� mit der Bedeutung

�Herrlichkeit Gottes� und andere Bezeichnungen wie �die Gesegnete

Sch�nheit� oder �die Abha Sch�nheit�, wenn von Ihm

gesprochen wird. Mit dem Titel ��Abdu�l-Bahá �, was �Diener

der Herrlichkeit� bedeutet, und mit �der Meister� wird Sein

�ltester Sohn und von Ihm ernannter autorisierter Nachfolger

bezeichnet .

Die Bezeichnung �Diener� (wenn m�nnlich) und �M�gde�

oder �Dienerinnen� (wenn weiblich) ist ein Ehrentitel f�r die

Anh�nger Bahau�ll�hs und dr�ckt ihre Ergebenheit aus, in

�bereinstimmung mit den Lehren ihrer Religion zu leben. Bei

manchen Lesern m�gen diese Bezeichnungen anf�nglich einen

negativen Eindruck erwecken, n�mlich das Bild leichtgl�ubiger

Eiferer, die selbst ernannten, charismatisch-religi�sen

Pers�nlichkeiten, die �berspannte Anspr�che auf g�ttliche

Autorit�t erheben, unterw�rfigen Gehorsam leisten. Weiterf�hrende

Untersuchungen und sorgf�ltige Pr�fung werden jedoch

zeigen, dass ein solches Bild weit vom wirklichen Baha-Leben

entfernt ist, mit seiner Betonung der W�rde und Freiheit

2

Wegen Fragen und Informationen �ber Details der Geschichte und der

Lehren des Baha-Glaubens beachten Sie bitte die Liste zur Grundlagenliteratur

am Ende dieses Buches.
10
ProphetsDaughter.indb 10 31.08.2007 10:42:06
Vorwort

des Individuums, der F�rderung des menschlichen Strebens,

der Entwicklung der intellektuellen Kr�fte aller Menschen und

der Wahrung der pers�nlichen Initiative innerhalb der weiten

Grenzen des sozialen Gef�ges.

Auch manche aus der Natur �bernommenen Bilder in den

Baha-Schriften k�nnten den Leser aus westlichen L�ndern verwirren.

Zum Beispiel erscheint in den Baha-Schriften der Baum

als ein machtvolles Symbol, wobeiAusdr�cke wie �der G�ttliche

Lotusbaum� als Bezeichnung f�r Bahau�ll�h gebraucht werden.

Vor allem Menschen, die f�r die Sch�nheiten und Wunder der

Natur einen Sinn haben, wird dieses Symbol, das zugleich f�r

Kraft, Ausdauer, Flexibilit�t und Wohltat f�r alle Menschen

steht, besonders ansprechen. Die m�nnlichen Mitglieder der Familie

Bahau�ll�hs werden als ��ste� oder �Zweige� bezeichnet,

�Abdu�l-Bahá als �der Gr��te Ast� oder als �der Gr��te Zweig�.

Die weiblichen Mitglieder der Familie werden mit der Bezeichnung

�Bl�tter� geehrt, und der Titel �Gr��tes Heiliges Blatt� erscheint

an vielen Stellen dieses Buches im Zusammenhang mit

der Person Bahayyih Kh�nums.

Nach der Weltanschauung der Baha entwickelt sich die

Menschheit evolution�r und zielgerichtet von den Anf�ngen

der geschriebenen Geschichte durch die heutige Zeit hin zu einer

k�nftigen Welteinheit und bl�henden Weltzivilisation, die

sich in kommenden Jahrtausenden entfalten wird. Die konstruktive

Wechselwirkung der Kr�fte aus Religion und Wissenschaft

stellt beides, Motivation und Mittel, f�r diesen Prozess

bereit. Religion vermittelt geistige Werte und Verhaltensregeln,

die eine kreative und geeinte Gesellschaft f�rdern; Wissenschaft

tr�gt zu einem immer tiefer gehenden Verst�ndnis �ber

das Wirken des Universums bei und ruft neue Technologien

hervor, einschlie�lich neuer Energiequellen, Kommunikationsm�glichkeiten

und Bef�rderungsmitteln. Diese neuen Technologien

ihrerseits beschleunigen die Entwicklung der Gesellschaft.

Der gesamte Evolutionsprozess entsteht durch das fortw�hrende

Zusammenspiel zwischen Gott und der Menschheit. Die

Baha glauben, dass der g�ttliche Wille der Menschheit durch

11
ProphetsDaughter.indb 11 31.08.2007 10:42:06
Vorwort

eine Reihe von Gottesboten �berbracht wird, die im Abstand

von hunderten von Jahren erschienen sind, und die in Abst�nden

von tausend oder mehr Jahren immer wieder erscheinen.

In den Baha-Schriften wird dieser Prozess als fortschreitende

Gottesoffenbarung bezeichnet; die Boten werden Manifestationen

Gottes, bzw. Gottesoffenbarer genannt. Vergleicht man die

Botschaften der verschiedenen Offenbarer in ihrer urspr�nglich

reinen Form miteinander, so sind sie in ihren grundlegenden

geistigen Werten sehr �hnlich, jedoch unterscheiden sie sich

wesentlich in den sozialen Gesetzen, die f�r den Zeitraum, in

dem der Offenbarer erscheint, ihre G�ltigkeit haben.

Im Baha-Glauben wird die Zeitspanne von Jahrtausenden

aufgezeichneter Geschichte, in der Gottesoffenbarer zur

Menschheit gesandt wurden, als prophetischer Zyklus bezeichnet.

Ein besonderes Merkmal dieser Zeitspanne besteht darin,

dass jeder Offenbarer Gottes w�hrend Seiner eigenen Sendung

das Kommen eines neuen Offenbarers vorhersagte, der

entweder als Bote, der die Prophezeiung erf�llen sollte, oder

als eigene religi�se Wesenheit wiederkehren w�rde, um durch

Seine Lehren die Menschheit zu einigen und �ber einen langen

Zeitraum hinaus die Grundlagen f�r eine Weltzivilisation

zu schaffen. Diese Zeitspanne wird als Zyklus der Erf�llung

bezeichnet. So erwarten alle in der heutigen Welt bestehenden

gro�en Religionen in ihrer urspr�nglichen Form das Kommen

eines Verhei�enen.

Der fesselndste Aspekt des Baha-Glaubens besteht darin,

dass die Baha in Bahau�ll�h den Gottesoffenbarer sehen, der

die Prophezeiung �ber das Kommen dieses Verhei�enen erf�llt,

und dass der Aufruhr der heutigen Zeit mit der �berleitung zur

langerwarteten Vereinigung der Menschheit in Zusammenhang

steht. Menschen, die dem nat�rlichen Bestreben, einen so au�ergew�hnlichen

Anspruch allzu schnell ablehnen zu wollen,

widerstehen k�nnen, werden nach Beweisen suchen, um diesen

Anspruch entweder zu untermauern oder zu widerlegen. Sie

werden nicht nur sorgf�ltig pr�fen, ob Bahau�ll�h die Prophezeiungen

erf�llt, sondern sich dar�ber hinaus auch mit Seiner

Lebensgeschichte besch�ftigen, sowie mit der Gr��e Seiner

12
ProphetsDaughter.indb 12 31.08.2007 10:42:06
Vorwort

Lehren und auch mit der Frage, in wieweit die Anwendung Seiner

Lehren die vielen tief verwurzelten Hindernisse auf dem

Weg zur Einheit beseitigen kann. Diejenigen, die Seinen Anspruch

sorgf�ltig pr�fen, erlangen schlie�lich eine Erkenntnis,

die, �ber eine verstandesm��ige Analyse hinausgehend, die

Stufe geistiger �berzeugung erreicht.

Die Sendung Bahau�ll�hs ist f�r die Dauer von nicht weniger

als tausend Jahren bestimmt. Sie teilt sich auf in drei Zeitabschnitte:

Das Heroische Zeitalter, das Gestaltende Zeitalter

und das Goldene Zeitalter.

Das Heroische Zeitalter begann im Jahre 1844. Es wurde

durch die Erkl�rung von Siyyid �Al�-Muhammad, bekannt als

der B�b (�das Tor�), in Persien eingeleitet, dass Er der Tr�ger

einer g�ttlichen Botschaft war, die das prophetische Zeitalter

beendete und das nahe Kommen des Verhei�enen ank�ndigte.

Seine Darstellungen fanden in den Seelen Tausender von Menschen

in Persien Widerhall und bald auch breite Unterst�tzung,

verursachten aber zugleich bei einer fanatischen Geistlichkeit,

die Regierung und Volk in ihrem Griff hielt, tiefe Emp�rung.

Die fr�he Geschichte des Baha-Glaubens ist mit dem Blut

von �ber zwanzigtausend M�rtyrern getr�nkt, und selbst der

M�rtyrertod des B�b im Jahre 1850 konnte den Rachedurst

nicht stillen.

Bahau�ll�h, den die Anh�nger des B�b nach dessen M�rtyrertod

um F�hrung baten, wurde im Jahre 1852 in einem unterirdischen

Verlie� in Teheran eingekerkert und bald danach

nach Bagdad verbannt. Mit diesen traumatischen Ereignissen

beginnt die in diesem Buch geschilderte Leidensgeschichte

von Bahayyih Kh�num, die damals ein kleines Kind war.

Bahau�ll�hs Erkl�rung Seiner Sendung im Jahre 1863 entlud

die ganze Macht der geistlichen Opposition auf Ihn und Seine

Anh�nger. Er blieb lebenslang ein Gefangener und Verbannter,

zun�chst in der osmanischen Stadt Konstantinopel (Istanbul)

und kurz darauf in Adrianopel (Edirne). Schlie�lich wurde Er

mit Seiner Familie in der ber�chtigten Gef�ngnisstadt �Akka

an der Mittelmeerk�ste eingekerkert. Er verschied im Jahre

1892, und Seine sterbliche H�lle wurde in Bahj�, in der N�he

13
ProphetsDaughter.indb 13 31.08.2007 10:42:06
Vorwort

von �Akka, beigesetzt. Das Baha-Weltzentrum befindet sich

in den Zwillingsst�dten Haifa und �Akka im heutigen Israel.

Unterdr�ckung und Verfolgung der Baha durch islamische

Geistliche dauern bis heute an und werden durch die falsche

Anschuldigung gesch�rt, die Baha seien in die politischen

Spannungen der Region involviert, da sich das Weltzentrum

der Baha in Israel befinde. Jeder Appell an die Vernunft, der

darauf hinweist, dass Bahau�ll�h als Gefangener der damals

herrschenden osmanisch-t�rkischen Regierung unfreiwillig

nach �Akka kam, ist angesichts blinden religi�sen Fanatismus�

fruchtlos.

Im Baha-Glauben sind einzigartige Vorkehrungen getroffen

worden, um die andauernden Spaltungen zu verhindern,

die den Zusammenhalt und die Kraft der fr�heren Religionen

des prophetischen Zyklus� so schMirzaich geschw�cht haben.

Diese Spaltungen waren nach dem Hinscheiden der Offenbarer

entstanden durch verschiedene Auffassungen der Gl�ubigen

�ber Amtsgewalt und Organisation der Gemeinde. Diese Vorkehrungen

Bahau�ll�hs sind Teil Seines Bundes, in dem ausdr�cklich

und schriftlich die Arrangements niedergelegt sind

f�r Amtsgewalt und Gemeinde-Organisation nach Seinem Hinscheiden.

Sie konzentrieren sich an erster Stelle auf �Abdu�l-

Baha, den �ltesten Sohn Bahau�ll�hs, der zum Mittelpunkt des

Bundes und zum autorisierten Ausleger der Baha-Schriften

ernannt wurde. Obwohl �Abdu�l-Bahá in diesem Buch eher eine

erg�nzende Rolle im Vergleich zu Seiner Schwester Bahayyih

Kh�num spielt, so treten doch Seine Weisheit und Charakterst�rke

offen zu Tage. Mit dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas im

Jahre 1921 endet das Heroische Zeitalter.

Das zweite der drei Zeitalter in der Sendung Bahau�ll�hs

wird als das Gestaltende Zeitalter bezeichnet, in dessen Verlauf

die Baha auf der ganzen Welt eine Gemeindeordnung

innerhalb ihres Glaubens aufbauen. Die Organisation und Administration

der Baha-Gemeinde beruht auf Prinzipien, die

Bahau�ll�h festlegte und �Abdu�l-Bahá in Seinem Testament

weiterhin ausarbeitete. Er war als autorisierter Ausleger der

Schriften Seines Vaters dazu berechtigt.
14
ProphetsDaughter.indb 14 31.08.2007 10:42:06
Vorwort

Der Baha-Glaube hat keine Priesterschaft und ist frei von

den Privilegien, den Vorrechten und Ritualen, die gew�hnlich

mit kirchlichen Strukturen verbunden sind. Die Baha-Gemeindeordnung

beruht auf zwei S�ulen, einer gew�hlten und einer

ernannten. Die gew�hlte S�ule besteht aus Einzelpersonen, die

als Mitglieder in Geistigen R�ten dienen. Diese �rtlichen und

Nationalen R�te sind autorisiert, die Angelegenheiten ihrer Gemeinde

zu verwalten und �ben in Fragen des religi�sen Rechts

die gesetzgebende, richterliche und aus�bende Gewalt aus. Das

Universale Haus der Gerechtigkeit, als eine international gew�hlte

K�rperschaft, wurde 1963 gebildet und stellt das Oberhaupt

des Baha-Glaubens dar, an das sich alle Baha mit der

Bitte um F�hrung wenden.

Die ernannte S�ule innerhalb der Gemeindeordnung setzt

sich aus in der Gemeinde hoch angesehenen Personen zusammen,

die ernannt wurden, um sowohl den R�ten als auch

einzelnen Gl�ubigen in ihrer Funktion als Berater beizustehen.

Sie erteilen Rat, achten auf die Einhaltung der geistigen

Werte der Religion und machen auf Ma�nahmen aufmerksam,

die f�r den Schutz des Baha-Glaubens vor unbeabsichtigten

Verf�lschungen seiner Lehren notwendig sind, die sich mit der

Zeit einschleichen k�nnen. Diese Personen nennt man Berater

und Hilfsamtmitglieder, die gemeinsam mit ihren Assistenten

in f�nf Berater�mter eingeteilt sind - ein Berateramt f�r jeden

Kontinent. Ihre Arbeit wird vom Internationalen Lehrzentrum,

das seinen Sitz im Weltzentrum hat und unter der F�hrung des

Universalen Hauses der Gerechtigkeit steht, koordiniert und

geleitet.
Um die Baha-Gemeindeordnung aufzubauen, ernannte

�Abdu�l-Bahá Seinen �ltesten Enkelsohn Shoghi Effendi zum

H�ter des Glaubens. In diesem Buch wird die ergreifende Beziehung

zwischen Shoghi Effendi, damals ein junger Mann von

Anfang zwanzig, und der �lteren Bahayyih Kh�num beschrieben,

die eine wesentliche Rolle in der �bergangszeit unmittelbar

nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas spielte. Indem

Shoghi Effendi seinen Aufgaben nachkam, zu denen auch sein

Amt als autorisierter Ausleger des Glaubens geh�rte, erf�llte

15
ProphetsDaughter.indb 15 31.08.2007 10:42:06
Vorwort

er bis zu seinem Hinscheiden im Jahre 1957 erfolgreich seinen

Auftrag, den jungen Glauben zu verbreiten und zu sch�tzen.

Je mehr die Baha-Gemeinde w�chst, um so gr��eren Einfluss

wird ihre Gemeindeordnung auf die Gesellschaft aus�ben.

Die Baha glauben, dass ihre Vorgehensweisen - n�mlich

ein sorgsam bedachtes Gleichgewicht zwischen zentralisierter

und dezentralisierter Funktionsweise aufrechtzuerhalten, bei

Wahlen ihrer administrativen K�rperschaften demokratische

Abl�ufe einzuhalten, individuelle Freiheit und Initiative zu

bewahren und kulturelle Vielfalt zu f�rdern und zu sch�tzen -

sowohl ein Muster als auch eine Keimzelle f�r eine zuk�nftige

Gesellschaft in der Welt darstellen. Die Baha erwarten, dass

� m�glicherweise in ferner Zukunft das Gestaltende Zeitalter,

wenn sich dessen Gemeindeordnung entfaltet hat, seinen

H�hepunkt in einer allumfassenden Entit�t findet, bekannt als

die Weltordnung Bahau�ll�hs, beseelt von den geistigen und

administrativen Baha-Prinzipien.

Nat�rlich haben Menschen, die sich in ihrem Streben nach

pers�nlicher Macht und Autorit�t durch den Bund eingeengt f�hlen,

immer wieder versucht, die im Bunde Bahau�ll�hs festgelegten

Vorkehrungen zu unterlaufen. Der Baha-Glaube macht

kein Geheimnis daraus, dass sich im Verlauf seiner Geschichte

verschiedentlich einige �u�erst ehrgeizige und egoistische Menschen

sehr bem�hten, den Bund zu ihrem eigenen Nutzen zu

verletzen. Scheitern die Versuche, sie von ihrem Bem�hen abzubringen,

die Baha-Gemeinde zu spalten, hat das Oberhaupt

des Glaubens keine andere Wahl, als sie zu Bundesbrechern zu

erkl�ren und sie aus der Glaubensgemeinschaft auszuschlie�en.

Bundesbrechern steht es frei, ihren eigenen Interessen nachzugehen.

Die Geschichte des Glaubens zeigt, dass sich die fruchtlosen

Bem�hungen der Bundesbrecher letztlich segensvoll auf die

Baha-Gemeinde auswirken, da sie die Gemeinde an ihre Verpflichtung

mahnen, eine Gesellschaft aufzubauen, die vom Geiste

der Gleichberechtigung und der liebevollen Unterst�tzung eines

jeden ihrer Anh�nger durchdrungen ist. Das pers�nliche Beispiel

von Bahayyih Kh�num als einer Pers�nlichkeit, die in der Gemeinde

hoch angesehen war, ist hierbei besonders lehrreich.

16
ProphetsDaughter.indb 16 31.08.2007 10:42:06
Vorwort

Das dritte und abschlie�ende Zeitalter innerhalb der Sendung

Bahau�ll�hs ist das Goldene Zeitalter, das noch Jahrhunderte

entfernt liegt, wenn die Umgestaltung der menschlichen

Gesellschaft durch den Einfluss der Baha Lehren eine Weltzivilisation

entstehen lassen wird, die einen f�r uns unvorstellbaren

Glanz entfalten wird.

Die Sendung Bahau�ll�hs wird ihren Abschluss mit der

Ankunft des n�chsten Gottesoffenbarers finden, dessen Lehren

auf den gleichen geistigen Grundlagen beruhen werden,

die jedoch zugleich soziale Prinzipien beinhalten, die auf die

N�te jener Zeit zutreffen. Dieser Prozess wird, innerhalb des

Zyklus der Erf�llung, �ber zuk�nftige Jahrtausende andauern

und wird einer immer weiter voranschreitenden Zivilisation

von unvergleichlicher Gr��e und Herrlichkeit Kraft und F�hrung

verleihen.

Die bedeutende Rolle, die Bahayyih Kh�num in den ersten

Tagen der Baha-Sendung spielte, als der Baha-Glaube

durch grausame und schonungslose Feinde bedroht und gef�hrdet

war, kann erst in ferner Zukunft geb�hrend gew�rdigt

werden. Dann werden die Menschen die Bedeutung ihrer Taten

und ihres Beispiels klarer erkennen und die Dankbarkeit und

Bewunderung derjenigen, die �ber die Vornehmheit ihres Lebens

nachsinnen, wird unendlich sein.
17
ProphetsDaughter.indb 17 31.08.2007 10:42:06
ProphetsDaughter.indb 18 31.08.2007 10:42:06
1. Kapitel
Bahayyih Kh�num,
Nachfahrin Bahau�ll�hs
ProphetsDaughter.indb 19 31.08.2007 10:42:07

1. Kapitel Bahayy�h Kh�num, nachFahrin Bahau�ll�hs

Bahayyih Kh�num war die �lteste Tochter Bahau�ll�hs, des Propheten

und Gr�nders des Bahai-Glaubens, einer Religion, die in

der Mitte des 19. Jahrhunderts im Iran ihren Ursprung hat. Sie war

Augenzeugin der folgenschweren Ereignisse, welche die Geburt

dieser neuen Offenbarung begleiteten und spielte in der darauffolgenden

Zeit, als der Baha-Glaube sich zu einer unAbhangigen

Weltreligion entwickelte, eine bedeutende Rolle. Bahayyih Kh�nums

Beitrag zur Entwicklung des Baha-Glaubens ist einmalig.

Ein systematisches Studium der Heldentaten und Leistungen dieser

verh�ltnism��ig unbekannten, persischen Frau ist tats�chlich

seit langem �berf�llig. �berdies ist ihr beispielhaftes Leben von

bleibender Wichtigkeit, und ihre pers�nlichen Charaktereigenschaften

haben eine spezielle Bedeutung f�r die Probleme, denen

sich die heutige Gesellschaft gegen�ber sieht.
Ihre Rolle in der Baha-Geschichte

Bahayyih Kh�num wurde 1846 in Persien (dem heutigen Iran)

geboren.Abgesehen von zwei Jahren, umfasst ihr Leben den turbulentesten

und umw�lzendsten Zeitabschnitt in der Geschichte

des Baha-Glaubens, einer Zeit, die sich durch die Heldentaten

und Pr�fungen der Zentralgestalten des Glaubens und durch die

Leiden und Opfer unz�hliger M�rtyrer auszeichnet, die sich erhoben,

den jungen Glauben zu verfechten. Die Menschen, die

mit den schriftlichen Berichten aus dieser Zeit vertraut sind,

kennen sicherlich in gro�en Z�gen das Leben von Bahayyih

Kh�num. Sie war nicht nur eine stille Beobachterin, sondern

auch eine aktive Teilnehmerin an vielen dieser st�rmischen

Geschehnisse. Nach ihrem Tod 1932 schrieb Shoghi Effendi,

der H�ter des Baha-Glaubens: �In ihrem Gesicht konnte man

leicht die Geschichte der Sache Gottes von den fr�hesten Tagen

bis zur Gegenwart lesen.�1
1

Zur Geschichte dieser ereignisreichen Zeit siehe: Shoghi Effendi, Gott

geht vor�ber; William S. Hatcher und J. Douglas Martin, Baha Faith;

Auszug aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf (Compilation) S. 89,

20
ProphetsDaughter.indb 20 31.08.2007 10:42:07
ihre rolle in der Baha-geschichte

Geboren in einer vornehmen und reichen Familie, war

Bahayyih Kh�num zwei Jahre j�nger als ihr ber�hmter Bruder

�Abdu�l-Bahá und einige Jahre �lter als ihr Bruder Mirza

Mihd�. Ihre Mutter war die erlauchte �s�yih Kh�num, genannt

�Navvab�2. Die ganze Familie wurde unweigerlich vom Strudel

der Ereignisse mitgerissen, der die Geburt der Baha-Religion

umgab.

Im Alter von sechs Jahren musste sie miterleben, wie ihre

Eltern des gesamten Besitzes beraubt wurden, und ihr Vater im

S�y�h-Ch�l, dem �schwarzen Loch� von Teheran, eingekerkert

war. Mit ihrer Mutter Navvab und ihrem Bruder �Abdu�l-Bahá

lebte sie in qu�lender Sorge, dass man Bahau�ll�h hinrichten

w�rde. Wenn ihre Mutter das Haus verlie�, um sich nach dem

Befinden des geliebten Mannes zu erkundigen und f�r den t�glichen

Bedarf der Familie zu sorgen, betreute Bahayyih Kh�num

alleine ihren kleinen Bruder.

Als Bahau�ll�h aus dem Kerker entlassen wurde, verbannte

man Ihn, Seine Familie und einige Ihm nahestehende

Gef�hrten 1853 nach Bagdad. Nun begann eine Periode der

Verbannung, die im Falle Bahayyih Kh�nums bis an ihr Lebensende

dauern sollte und zum Teil auch Gefangenschaft

bedeutete. So teilte sie mit Bahau�ll�h Gefangenschaft und

Verbannung, als Er auf Befehl der persischen und osmanischen

Beh�rden und der geistlichen Autorit�ten zun�chst

nach Bagdad, von dort nach Konstantinopel, dann nach Adrianopel

und zuletzt in die Gef�ngnisstadt �Akka verbannt
wurde.

Von fr�hester Kindheit an empfand Bahayyih Kh�num hohe

Wertsch�tzung f�r die Stufe ihres Vaters als Bote Gottes und

w�nschte sich sehnsuchtsvoll, Ihm und der von Ihm begr�ndeten

Religion zu dienen. W�hrend ihres ganzen Lebens war

sie berufen, delikate und schwierige Aufgaben zu �bernehmen

und heldenhafte Charaktereigenschaften und einen heroischen

Geist im Dienst an dieser Sache zu zeigen. Bahau�ll�h erhob

sie in einen hohen Rang und verlieh ihr den Titel �Das Gr��te

2

Ein Ehrentitel mit der Bedeutung w�rdevolle Anmut, Hoheit, Majest�t.

21
ProphetsDaughter.indb 21 31.08.2007 10:42:07

1. Kapitel Bahayy�h Kh�num, nachFahrin Bahau�ll�hs

Heilige Blatt�, eine Bezeichnung, die h�ufig von den Baha

gebraucht wird, wenn sie von ihr sprechen.

Nach dem Hinscheiden Bahau�ll�hs 1892 �bernahm �Abdu�l-

Bahá dieAufgabe als Oberhaupt des Baha-Glaubens, zu dem Er

im Testament Seines Vaters ernannt worden war. W�hrend dieser

�bergangszeit und den darauf folgenden Jahren versuchten

Feinde der Religion von innen und au�en, die Autorit�t �Abdu�l-

Bahas anzufechten und den Baha-Glauben zu ersch�ttern. Inmitten

dieses Sturms war Bahayyih Kh�num das einzige lebende

Mitglied aus Bahau�ll�hs Familie, das zu �Abdu�l-Bahá hielt

und zusammen mit Seiner Ehefrau, Munírih Khánum und deren

T�chtern, Ihm standhaft und treu ergeben zur Seite stand.

Nach dem Tod ihres Vaters lebte das Gr��te Heilige Blatt

im Haushalt �Abdu�l-Bahas, dem sie auf Grund ihrer von

Bahau�ll�h �bertragenen hohen Stufe und ihrer einzigartigen

Eigenschaften als Haushaltsvorstand diente. Sie pflegte soziale

Beziehungen, um ihren Bruder zu sch�tzen. Sie war f�r die immer

gr��er werdende Zahl von Pilgern aus Ost und West eine

gesch�tzte und hoch verehrte Gastgeberin und in allen Dingen

Seine treue Partnerin und Vertraute. Als endlich im Jahr

1908 das Sultanat gest�rzt und alle religi�sen und politischen

Gefangenen des osmanischen Reiches befreit wurden, konnte

�Abdu�l-Bahá Seine historischen Reisen in die westliche

Welt antreten. W�hrend Seiner zweij�hrigen Abwesenheit vom

Heiligen Land legte �Abdu�l-Bahá die Belange des Glaubens

vertrauensvoll in die H�nde von Bahayyih Kh�num. Nach den

Worten Shoghi Effendis war sie �Abdu�l-Bahas �sachkundige

Beauftragte, Seine kompetente Stellvertreterin und Seine Statthalterin,

der niemand gleich kam.�3

Der Tod von �Abdu�l-Bahá im Jahre 1921 war ein schwerer

Schlag f�r Bahayyih Kh�num. Trotz ihrer tiefen Trauer �ber

den Verlust traf sie die notwendigen Vorkehrungen f�r Sein Begr�bnis,

stellte Sein Testament sicher und gab bekannt, dass

nach Seinen Bestimmungen �Abdu�l-Bahas Enkelsohn, Shoghi

Effendi, zum H�ter des Glaubens, ernannt wurde.
3

Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 28

22
ProphetsDaughter.indb 22 31.08.2007 10:42:07
ihre rolle in der Baha-geschichte

Zum Zeitpunkt seiner Ernennung war Shoghi Effendi ein

Student an der Universit�t Oxford. Als er ins Heilige Land zur�ckkehrte,

wurde er sich der ungeheuren Verantwortung bewusst,

die er zu �bernehmen hatte. �berw�ltigt von der Gr��enordnung

dieser Aufgabe, fuhr er f�r eine l�ngere Zeit der

Vorbereitung und Besinnung in die Schweiz. Vor seiner Abreise

�bertrug er �die Angelegenheiten der Sache Gottes sowohl

zuhause als auch im Ausland der Obhut der Heiligen Familie

unter der obersten Leitung des Gr��ten Heiligen Blattes.�4

In ihrer Eigenschaft als amtierendes Oberhaupt des Baha-

Glaubens rief Bahayyih Kh�num die Baha weltweit auf, den

neu ernannten H�ter zu unterst�tzen und trieb die Verbreitung

und Festigung der Religion auf der ganzen Welt voran. Bis zu

ihrem Lebensende blieb sie mit den Worten Shoghi Effendis

� seine �Hauptst�tze�, seine �vielgeliebte Tr�sterin�, die

�Freude und Inspiration� seines Lebens.5

Die Rolle des Gr��ten Heiligen Blattes in der Baha-Geschichte

ist in der Religionsgeschichte einmalig. Um diese

Rolle richtig zu w�rdigen, muss man sich von den Beschr�nkungen

ein Bild machen, unter denen die Frauen im 19. und

fr�hen 20. Jahrhundert im Mittleren Osten zu leben hatten.

In der islamischen Welt waren Frauen weitgehend �unsichtbar.�

Sie erfreuten sich weniger Rechte und hatten keinen Status

in der Gemeinde. Sie gingen verschleiert und f�hrten ein

zur�ckgezogenes Leben, getrennt von allen M�nnern, sofern

diese nicht zur unmittelbaren Familie z�hlten. Da ihnen jegliche

Gelegenheit zu einer Ausbildung vorenthalten blieb, und

sie auf ein Leben im Haus beschr�nkt waren, blieben sie meist

Analphabeten. Es war ihnen nicht erlaubt, am �ffentlichen Leben

teilzunehmen, und sie spielten in der Religion keine Rolle.

Dar�ber hinaus erw�hnt die Geschichtsschreibung jener Epoche

nur selten Frauen, da es gegen die Regeln des Anstands

und der W�rde verstie�, wenn die gew�hnlich m�nnlichen

� Historiker in die Privatsph�re einer Frau eindrangen, indem

sie ihr Leben erforschten.

4 Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 21

5 Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 31

23
ProphetsDaughter.indb 23 31.08.2007 10:42:07

1. Kapitel Bahayy�h Kh�num, nachFahrin Bahau�ll�hs

Da die Informationsquellen �ber das Leben Bahayy�h Kh�nums

verstreut und oft sp�rlich sind, ist es besonders bemerkenswert,

dass Bahau�ll�h Selbst �den Schleier der Verborgenheit�

von Seiner Tochter l�ftete und damit den Geschichtsschreibern

den Weg ebnete, ihr Leben zu erforschen, sie aus einem Zustand

der �Unsichtbarkeit� zu befreien, ihre Rolle in der Gesellschaft

anzuerkennen, sowie ihren Beitrag zur Geschichte zu w�rdigen.6

Rang und Stufe

Bahayyih Kh�num nimmt im Baha-Glauben eine einzigartige

Stellung ein. Sie wurde von Bahau�ll�h zu einem erhabenen

Rang und auf eine einzigartige Stufe erhoben. Er wendet sich

an sie mit folgenden Worten: �Wir haben dich zu einem Rang

erhoben, der einer der ruhmreichsten unter deinem Geschlecht

ist und dir eine Stufe gew�hrt, wie sie keine andere Frau erreicht

hat. Dadurch haben Wir dich bevorzugt und �ber alle

anderen erhoben als ein Zeichen der Gnade des Herrn des

Thrones in der H�he und auf Erden.�7

Hiermit nimmt Bahayyih Kh�num eine Stellung ein, �die

unter allen ihres Geschlechtes innerhalb der Baha-Sendung

erstrangig ist.� Ihre hohe Stufe beschr�nkt sich nicht allein auf

den Bereich der Frauen. Nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas

bezeichnet Shoghi Effendi sie als die �letzte �berlebende� der

Familie Bahau�ll�hs und �ihr erhabenstes Mitglied.�8

Was bedeuten derartige Bezeichnungen? Welche Lehren f�r

die Rolle der Frau in der Religion lassen sich in der heutigen Zeit,

in der Frauen weitgehend durch traditionelle religi�se Strukturen

an den Rand der Gesellschaft gedr�ngt werden und von f�hrenden

Stellungen ausgeschlossen sind, daraus ziehen? Was sind Bedeutung

und Auswirkung von Rang und wie sieht das Konzept

von F�hrerschaft innerhalb einer Glaubensgemeinschaft aus?

6 Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.54

7 Bahau�ll�h�, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 3

8 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 63,

S. 22
24
ProphetsDaughter.indb 24 31.08.2007 10:42:07
Bahayyih Kh�num
herausragende Heldin und Urbild

In den Baha-Schriften gibt es zahlreiche Beschreibungen

der geistigen und pers�nlichen Eigenschaften Bahayyih Kh�nums.

Sie vermitteln Einsicht in ihre einzigartige Stufe, veranschaulichen

ihren hervorragenden Beitrag zur Entwicklung

der Religion und heben m�gliche Bedeutungen f�r die heutige

Gesellschaft hervor. Das Gr��te Heilige Blatt wird als �die herausragende

Heldin der Baha-Sendung� und als �letzte �berlebende

eines glorreichen und heroischen Zeitalters� beschrieben.

Sie wird auch als �Urbild, bzw. Archetyp des Volkes von

Baha9, �deren himmlische Wesensart� nach den Worten des

H�ters �ein Modell� f�r die Gl�ubigen ist, dem sie nacheifern

sollen, und deren �himmlische Eigenschaften� ihnen �Vorbild

und F�hrung� sein m�gen.10

Zu allen Zeiten haben Helden, Heilige und Philosophen,

K�nige und Gener�le, K�nstler und Politiker, Revolution�re

und Terroristen, ja selbst Rockstars das Verhalten von Frauen

und M�nnern inspiriert und beeinflusst. Als Verk�rperung gewisser

Ideale und Werte, die von der Gesellschaft gepriesen

und verehrt werden, dienen sie als Beispiel f�r richtiges Verhalten,

und ihre Leistungen sind der Stoff, aus dem Mythen und

Tr�ume gewebt werden.

Archetypen, Urbilder, spielen ebenso im Leben des Einzelnen

wie in der Religionsgeschichte eine wichtige Rolle. Die

prim�re Definition des englischen �archetype�, auf deutsch

Urbild, lautet im W�rterbuch: �Das urspr�ngliche Muster

oder Modell, von dem Kopien gemacht werden, ein Prototyp.�

Speziellere Begriffsbedeutungen beinhalten: �Eine M�nze

mit Standardgewicht, durch die andere ausgerichtet werden�

9

�Volk von Bahá bezieht sich auf die Anh�nger Bahau�ll�hs d.h. die

Baha

10 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 62;

Shoghi Effendi, Widmung in Nabils Bericht, in Bahayyih Kh�num,

The Greatest Holy Leaf, S. 30; Auszug aus einem im Auftrag Shoghi

Effendis geschriebenen Brief, in ebenda, S. 76
25
ProphetsDaughter.indb 25 31.08.2007 10:42:07

1. Kapitel Bahayy�h Kh�num, nachFahrin Bahau�ll�hs

und �ein als ideal angenommenes Muster der grundlegenden

Struktur jeder gro�en Klasse von organisierten Wesen, deren

verschiedene Arten als Modifikation angesehen werden.� In

der Literaturkritik vermittelt der Begriff die Vorstellung eines

�urspr�nglichen Bildes, Charakters oder Musters, das in der

Literatur gen�gend best�ndig wiederkehrt, so dass man es als

ein universales Konzept oder eine universale Situation betrachten

kann.�11

In den meisten Religionen findet sich eine weibliche archetypische

Gestalt, die das weibliche Ideal verk�rpert und

die weiblichen Gl�ubigen motivieren soll. Obwohl dieses Urbild

im Allgemeinen mit weiblichen Tugenden wie Reinheit,

Jungfr�ulichkeit und M�tterlichkeit assoziiert wird, gibt es

auch Beispiele f�r Frauen, die den Rahmen ihrer kulturellen

Traditionen sprengen. Die Religionsgeschichte berichtet von

f�higen Frauen wie Deborah, der Richterin und Prophetin, die

den Sieg der Israeliten �ber die Kanaaniter bewirkte; von Maria

Magdalena, die nach der Kreuzigung Christi die Zuversicht

der Apostel wiederherstellte; von der furchterregenden Jeanne

d�Arc, die unter gro�en Schwierigkeiten beachtliche Verdienste

im Namen der Religion leistete.12

Wie l�sst sich nun die Bedeutung der Bezeichnung Bahayyih

Kh�nums als �Urbild des Volkes von Bahá verstehen? In

wieweit entspricht sie bestehenden archetypischen Mustern?

In welcher Beziehung stehen die von ihr verk�rperten Ideale

und Werte zu der Richtung der sozialen Entwicklung? N�her

betrachtet ist zu erkennen, dass das Gr��te Heilige Blatt weder

ausschlie�lich der Inbegriff einer Mutterfigur noch die typische

mythische Heldin und M�rtyrerin ist. Au�erdem: W�hrend

weibliche Archetypen im allgemeinen dazu dienten, Frauen zu

inspirieren und zu motivieren, ist die Stufe des Gr��ten Heiligen

Blattes als �Urbild des Volkes von Bahá einmalig unter

11
12

siehe Oxford English Dictionary unter archetype; siehe New Encyclopaedia

Britannica, unter archetype

siehe Moojan Momen, Phenomenon of Religion, 11. Kapitel Archetypem

Myth and the Sacred. 11 siehe Adib Taherzadeh, Child of the

Covenant, S. 22-23
26
ProphetsDaughter.indb 26 31.08.2007 10:42:07
Bahayyih Kh�num herausragende heldin und urBild

den religi�sen Traditionen. Sie ist eindeutig als Modell f�r das

ganze �Volk� ausersehen, f�r Frauen ebenso wie f�r M�nner.

Bahayyih Kh�nums Eigenschaften sind per Definition sowohl

f�r Frauen als auch f�r M�nner von Bedeutung. Beide

Geschlechter werden durch das Beispiel ihres Lebens inspiriert

und richten ihr Verhalten nach ihren Eigenschaften aus. Dies alles

verlangt danach, erneut die Eigenschaften, die der Tradition

nach als m�nnlich oder weiblich angesehen werden, zu �berpr�fen

und das Konzept von Heldentum neu zu definieren.

Angesichts der ver�ffentlichten Pers�nlichkeit und All-Bekanntheit,

die mit Helden und Heldinnen von heute assoziiert

wird, ist es besonders bemerkenswert, dass Shoghi Effendi

Bahayyih Kh�num als �herausragende Heldin der Baha-Sendung�

und als �Urbild des Volkes von Bahá auszeichnete. Sie

wuchs in einem Kulturraum auf, in dem Frauen traditionsgem��

,unsichtbar� sind und war die meiste Zeit ihres Lebens

den vielen Beschr�nkungen ausgesetzt, die in moslemischen

L�ndern den Alltag der Frauen bestimmen. Sie lebte zum gr��ten

Teil �hinter dem Vorhang�, getrennt von den M�nnern, obwohl

im Haushalt Bahau�ll�hs die Gl�ubigen, die Ihm nahe

standen, mit den weiblichen Familienmitgliedern in Kontakt

kamen. Sie lebte nicht nur stark eingeschr�nkt, sondern au�erdem

wurde ihr Wirken von den orientalischen Historikern des

Baha-Glaubens, gem�� den Gebr�uchen jener Zeit und aus

Respekt vor dem Privatleben, auf das Frauen Anspruch hatten,

kaum erw�hnt.
Erforschung

In den folgenden Kapiteln wollen wir genauer die Beteiligung

des Gr��ten Heiligen Blattes an den gr��ten Ereignissen untersuchen,

die im Zusammenhang mit der Entstehung und fr�hen

Ausbreitung des Baha-Glaubens stehen. Wir wollen auch den

Wert ihrer Taten, den tieferen Sinn ihrer einzigartigen Stufe und

die Bedeutung ihres Beispiels erforschen, um zu einer tieferen

Wertsch�tzung ihres bleibenden Verm�chtnisses zu gelangen.

27
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ProphetsDaughter.indb 28 31.08.2007 10:42:07
2. Kapitel
Bahau�ll�hs edle Tochter
ProphetsDaughter.indb 29 31.08.2007 10:42:08
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

Um zu verstehen, wie sehr Bahayyih Kh�num zur Entwicklung

der Baha-Gemeinde beigetragen hat, ist zu pr�fen, welche

Rolle sie bei den Geschehnissen zu Lebzeiten ihres Vaters

Bahau�ll�h, ihres Bruders �Abdu�l-Bahá und ihres Gro�neffen

Shoghi Effendi spielte. Im Zentrum dieser Untersuchung

stehen die einzigartigen Beziehungen, die sie mit jeder dieser

Gestalten verband.

In diesem Kapitel wollen wir die Beziehung des Gr��ten

Heiligen Blattes zu Bahau�ll�h betrachten sowie ihre Teilnahme

an einigen der st�rmischen Ereignisse erforschen, die

das Heroische Zeitalter des Baha-Glaubens pr�gten, eines

Zeitalters, das mit der Amtszeit des Offenbarers Bahau�ll�h

und Seines Vorl�ufers, des B�b, zusammenfiel. Obwohl die

Geschichtsschreibung unvollst�ndig ist auch Shoghi Effendi

best�tigt, dass Historiker jener Zeitepoche nur wenig �ber

Einzelheiten ihrer Beteiligung berichteten stellte er ein allgemeines

Ger�st bereit, das es uns erm�glicht, mehr Einsicht in

das Wesen ihrer Dienstbarkeit zu gewinnen. Hinzuf�gen m�chten

wir die Beschreibungen von Bahayyih Kh�num selbst, die

sie Baha-Pilgern gab, die das Vorrecht hatten, ihr gegen Ende

ihres Lebens pers�nlich zu begegnen. Im Anhang befindet sich

eine ausf�hrliche Beschreibung der Quellen, die f�r die Zusammenstellung

der Geschichte ihres Beitrags bei der Entstehung

und Gestaltung des Baha-Glaubens herangezogen werden.

Ihre Beziehung zu Bahau�ll�h

Bahayyih Kh�num ist die innig geliebte Tochter Bahau�ll�hs.

Shoghi Effendi best�tigt in seinen Briefen die tiefe Liebe und

Zuneigung Bahayyih Kh�nums zu ihrem Vater, ihre leidenschaftliche

Sorge um Sein Wohlergehen und Seine Sicherheit

wie auch ihren untr�stlichen Kummer zur Zeit Seines Hinscheidens.

Die Beziehung zu ihrem Vater war einzigartig und

ging weit �ber die �bliche Vater-Tochter-Beziehung hinaus.

Sie war nach den Worten des H�ters �mit dem Geist ihres allm�chtigen

Vaters� durch ein �mystisches Band vereint�. Es ist

30
ProphetsDaughter.indb 30 31.08.2007 10:42:08
ihre Beziehung zu Bahau�ll�h

offensichtlich, dass sie von fr�her Kindheit an ein klares Verst�ndnis

von der Stufe ihres Vaters als der Manifestation Gottes

f�r dieses Zeitalter hatte. Ihr ganzes Leben war geweiht, Ihm

zu dienen und die von Ihm vorgestellte neue Offenbarung zu

unterst�tzen.1

Bahayyih Kh�num beschreibt die Art der Beziehungen zwischen

Bahau�ll�h und den Familienmitgliedern und erkl�rt:

�Nach Seiner Erkl�rung betrachteten wir Ihn als weit �ber

uns stehend, und stillschweigend r�umten wir Ihm in unserem

Verhalten eine dementsprechende Stellung ein. Er

wurde von uns nie behelligt mit weltlichen Angelegenheiten,

und wir f�hlten, dass wir trotz der Familienbande keinen gr��eren

Anspruch auf Ihn hatten als Seine anderen Gl�ubigen.

Wenn f�r uns alle nur zwei R�ume zur Verf�gung standen,

�berlie�en wir Ihm einen Raum. Das Beste von allem, was

wir hatten, gaben wir Ihm. Er nahm es an, gab es uns dann

wieder zur�ck und verzichtete darauf. Er schlief auf dem Boden,

weil alle kein Bett hatten, obwohl es m�glich gewesen

w�re, Ihm ein Bett zu besorgen, h�tte Er es gew�nscht.�2

Die Schriften Bahau�ll�hs legen deutlich die Einzigartigkeit

der Beziehung zu Seiner Tochter dar und erhellen die beiden

Seiten dieser Verbindung. Zum Beispiel wird das Gr��te

Heilige Blatt auf der physischen Ebene als �ein Blatt, das aus

dieser urewigen Wurzel entsprossen ist�, beschrieben, und die

folgenden Worte bezeugen die z�rtliche Liebe des Vaters zu

Seiner Tochter: �Wie s�� ist Mir deine Gegenwart; wie s�� ist

es, in dein Antlitz zu schauen, dich mit Meiner liebenden G�te

zu beschenken, dich mit meiner z�rtlichen F�rsorge zu erfreuen

und dich in diesem Meinem Tablet zu erw�hnen, einem Tablet,

das Ich als ein Zeichen Meiner verborgenen und offenbaren

Gnade f�r dich bestimmt habe.�3

1 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 58

2 Erinnerungen des Gr��ten Heiligen Blattes, aufgezeichnet in Myron H.

Phelps Master in �Akka, S. 90-91

3 Bahau�ll�h, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 4

31
ProphetsDaughter.indb 31 31.08.2007 10:42:08
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

Bahau�ll�h betont, dass �ber das Band k�rperlicher Verwandtschaft

hinausgehend, ihr Dasein einen transzendenten

Sinn hat, der darauf beruht, dass sie Seine Stufe als Gottesoffenbarer

erkannt und den Sinn ihres Lebens erf�llt hat.

Er stellt fest: �Wir haben deine Augen erschaffen, um das

Licht Meines Antlitzes zu schauen, deine Ohren, um der

Melodie Meiner Worte zu lauschen, deinen K�rper, um Mir

vor Meinem Thron Ehrerbietung zu erweisen. Danke Gott,

deinem Herrn, dem Herrn aller Welten.� Ebenso dr�ckt

Bahau�ll�h Seine Freude dar�ber aus, wie sie die geistigen

Eigenschaften verwirklicht, die der Gottesoffenbarer verk�rpert,

indem Er sagt: �Ich atme von dir den Duft Meiner

Liebe ein und den s��en Hauch, der vom Gewande Meines

Namens, der All-Heilige, der All-Strahlende, weht.� Um die

hervorragenden Eigenschaften Bahayyih Kh�nums zu bezeugen,

verleiht Bahau�ll�h ihr eine einzigartige geistige Stufe

und erhebt sie zu �dem vornehmsten Rang unter deinem

Geschlecht,� und gew�hrt ihr �eine Stufe, die keine Frau je

�bertraf.� Um diesem Rang zu entsprechen, gibt Er ihr den

Rat: �Sei aus vollem Herzen wirksam am Baume Gottes und

l�se deine Zunge, um Gott unter allen Menschen zu preisen.

Lass die Dinge dieser Welt dich nicht bek�mmern. Halte

dich fest an diesen g�ttlichen Lotusbaum, aus dem du durch

Gottes Gnade hervorgegangen bist. Ich schw�re bei Meinem

Leben! Es geziemt dem Liebenden eng mit dem Geliebten

verbunden zu sein, und hier ist wahrlich der Meist-Geliebte

der Welt.�4

Dieser Ratschlag Bahau�ll�hs spendete dem Leben des

Gr��ten Heiligen Blattes die motivierende Kraft. Ihr ganzes

Dasein konzentrierte sich auf die Anerkennung der Stufe

Bahau�ll�hs. Sie war sich der Bedeutung Seiner Offenbarung

voll bewusst, und trotz aller damit verbundenen Pr�fungen und

Schwierigkeiten blieb sie in ihrer Ergebenheit, die Sache Gottes

zu unterst�tzen, unersch�tterlich.
4
ebenda, S.3; S. 4
32
ProphetsDaughter.indb 32 31.08.2007 10:42:08
Ihre einzigartige Rolle
w�hrend der Amtszeit Bahau�ll�hs

Es gibt nur wenige historische Einzelheiten �ber Bahayyih

Kh�nums Beteiligung an den Ereignissen in den fr�hen Tagen

der Baha-Sache. Zum Teil beruht dies auf der traditionellen

Zur�ckhaltung �stlicher Historiker, in die Privatsph�re

der weiblichen Familienmitglieder Bahau�ll�hs vorzudringen.

Wahrscheinlich mangelte es diesen Historikern jedoch auch an

Verst�ndnis daf�r, welche Rolle eine Frau m�glicherweise au�erhalb

des Hauses und auch bei religi�sen Angelegenheiten

spielen k�nnte. Zieht man jedoch die Briefe Shoghi Effendis

hinzu und seine Analyse �ber die zukunftstr�chtigen Ereignisse

bei der Entfaltung des Baha-Glaubens, gewinnt man

einen kurzen Einblick, wie bedeutend die Rolle war, die das

Gr��te Heilige Blatt in den Ereignissen w�hrend der Amtszeit

Bahau�ll�hs spielte.
Teheran

Nach dem M�rtyrertod des B�b im Jahre 1850 sank die Moral

Seiner Anh�nger so sehr, dass einige irre geleitete und verantwortungslose

junge M�nner versuchten, den Schah zu t�ten,

um sich f�r den Tod ihres Anf�hrers zu r�chen. Obwohl der

Schah nur leicht verletzt wurde, f�hrte dieser Vorfall dazu, dass

die Anh�nger des B�b weithin verfolgt wurden. Bahau�ll�h,

der vollkommen unschuldig war, wurde sofort festgenommen,

da man Ihn wegen Seiner engen Beziehung zum B�b verd�chtigte,

an dem Verbrechen beteiligt gewesen zu sein.

Bahau�ll�hs Gefangenschaft im Jahre 1852 in Teherans unterirdischem

Kerker, bekannt als das S�y�h-Ch�l (das schwarze

Loch), setzte eine Kette von Ereignissen in Gang, die sich

sowohl auf die Geschicke des Baha-Glaubens, als auch auf

das Leben Seiner Familienmitglieder nachhaltig auswirkten.

Bahayyih Kh�num war �noch in ihrer fr�hen Kindheit,� als ihr

Vater eingekerkert wurde; dennoch so versichert der H�ter

war dieses Ereignis der Anfang ihrer einzigartigen Teilnahme

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ProphetsDaughter.indb 33 31.08.2007 10:42:08
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

an der Entfaltung der neuen Religion. Der H�ter schreibt: �Seit

Beginn ihres Lebens, von ihrer fr�hen Kindheit an, kostete

sie den Kelch des Leidens; sie ertrug die Heimsuchungen und

Schwierigkeiten w�hrend der fr�hesten Jahre der gro�en Sache

Gottes.�5

Als Bahau�ll�h gefangen genommen wurde, beschlagnahmte

und pl�nderte man Sein Eigentum. Die Eltern des

Gr��ten Heiligen Blattes verloren pl�tzlich ihren gesamten

irdischen Besitz, und die Familie st�rzte innerhalb eines einzigen

Tages in �u�erste Armut. Bahau�ll�hs geliebte Frau

Navvab und ihre Kinder wurden aus ihrem Heim vertrieben.

Sie konnte als letzte Rettung noch einige pers�nliche Sachen

verkaufen, um ihre Familie zu ern�hren. Noch mehr als durch

diese �berw�ltigenden finanziellen Sorgen wurden die �Herzen

der Familienmitglieder von der qu�lenden Ungewissheit befallen,�

da sie jeden Augenblick darauf gefasst sein mussten,� die

Nachricht von Bahau�ll�hs bevorstehender Hinrichtung� zu

erhalten.6

Shoghi Effendi beschreibt ausf�hrlich, wie Bahayyih Kh�num

damals litt und nennt einige der geistigen Lehren, die sie

aus diesen fr�hen Erfahrungen zog. Er erkl�rt, dass sie j�h �auf

die Stufe einer wahren Notleidenden herabsank,� nachdem sie

�das privilegierte Mitglied einer der reichsten Familien Te-

herans� gewesen war. Er f�hrt weiter aus, dass als Folge der

�Beschlagnahme und Pl�nderung des Reichtums und Besitzes

ihres erhabenen Vaters sie die Bitternis �u�erster Not und Entbehrung

erfuhr.�7

In ihren m�ndlichen Berichten erinnert sich Bahayyih Kh�num

lebhaft daran, wie sich die Lebensverh�ltnisse der Familie

so pl�tzlich ver�nderten. Ihre sorglose Kindheit wurde von

Angst und Sorge �berschattet. Nachdem die Familie aus ihrem

Heim vertrieben worden war, wohnte sie in einem kleinen Haus,

nicht weit entfernt von dem Gef�ngnis, in dem Bahau�ll�h gefangen

gehalten wurde. Ihrer Mutter war es gelungen, einige

5 Shoghi Effendi, in ebenda, S. 32, S. 26
6 ebenda, S. 32
7 ebenda, S. 33, S. 2
34
ProphetsDaughter.indb 34 31.08.2007 10:42:08

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

ihrer Schmuckst�cke zu retten, die sie zur Hochzeit geschenkt

bekommen hatte und sie nach und nach zu verkaufen, um mit

dem Geld die Gef�ngnisw�rter zu bezahlen, damit Bahau�ll�h

etwas zu essen gebracht werden konnte und um die Ausgaben

f�r das t�gliche Leben zu bestreiten. Doch in ihren Erinnerungen

an jene Zeit spricht Bahayyih Kh�num wenig �ber

ihre pers�nliche Situation, sondern beschreibt eingehend die

entsetzlichen Bedingungen, unter denen Bahau�ll�h lebte, die

Bef�rchtung der Familie, dass Er hingerichtet werden w�rde

und die Anstrengungen ihrer Mutter, die Leiden ihres geliebten

Ehemannes zu erleichtern.

Bahayyih Kh�num beschreibt die Bedingungen, unter denen

ihr Vater im Gef�ngnis, dem S�y�h-Ch�l, lebte:

�Das Gef�ngnis, in das mein Vater geworfen wurde, war ein

gr�sslicher Ort, sieben Stufen unterhalb der Erde; kn�cheltief

reichte der Morast, der Ort war verseucht mit abscheulichem

Ungeziefer und unbeschreiblich ekelhaft. Hinzu

kam, dass kein Schimmer Licht diesen widerlichen Ort erreichte.

Innerhalb seiner Mauern dr�ngten sich vierzig Anh�nger

des B�b, sowie M�rder und Stra�enr�uber, die dort
auch eingekerkert waren.

Mein edlerVater wurde in dieses schwarze Loch gesto�en, beladen

mit schweren Ketten. Tag und Nacht waren f�nf andere

B�bis an Ihn gekettet, und so blieb er dort vier Monate lang.

Malen sie sich selbst diesen schrecklichen Zustand aus.

Jede Bewegung lie� die Ketten tiefer und tiefer in das

Fleisch nicht nur des einen, sondern aller einschneiden, die

aneinander gekettet waren. W�hrend dieser Zeit fanden sie

weder Schlaf noch Ruhe. Sie erhielten keine Nahrung, und

nur unter �u�ersten Schwierigkeiten gelang es meiner Mutter,

etwas zu essen und zu trinken in dieses abscheuliche

Gef�ngnis bringen zu lassen.�8
8

M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield The

Chosen Highway, S. 41-42
35
ProphetsDaughter.indb 35 31.08.2007 10:42:08
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

Schon als Kind war das Gr��te Heilige Blatt sich voll bewusst,

unter welchen Bedingungen ihr Vater lebte. Auch erkannte

sie die echte Gefahr, die nicht nur ihrem Vater drohte,

sondern auch den fr�hen Anh�ngern des B�b, die von den Verfechtern

religi�sen Fanatismus der Untreue beschuldigt wurden.

Sie erinnert sich: �Jeden Morgen holte man einen oder

mehrere dieser mutigen und ergebenen Freunde heraus, um

sie auf verschiedenste grausame Weise zu foltern und zu t�ten,�

und sie erz�hlt, wie die unterschiedlichen Bev�lkerungsschichten

die Gelegenheit bekamen, auf barbarische Weise

die ungl�cklichen B�bis zu foltern. Sie schildert den Verlauf

der Hinrichtung den stillen Heroismus des Opfers, die Besessenheit,

in die sich der Mob hineinsteigerte, um bei dem

Blutbad dabei zu sein das alles begleitet von �lautem Trommelschlag.�

9

Wie wir ihrem m�ndlichen Bericht entnehmen, klingen

diese schrecklichen Ereignisse in ihrer Erinnerung lebhaft nach

und rufen das Gef�hl der Angst, das diese Zeit in ihrem Leben

charakterisiert, von neuem hervor. Sie stellt fest:

�Ich erinnere mich gut dieser schrecklichen Laute und

wie wir drei Kinder uns an die Mutter klammerten, die nie

wusste, ob das Opfer nicht ihr �ber alles geliebter Gatte

war. Erst sp�tabends oder fr�h des Morgens konnte sie erfahren,

ob Er noch lebte, wenn sie sich, fest entschlossen

und trotz der Gefahr f�r sich und uns hinauswagte denn

weder Frauen noch Kinder wurden verschont. Ich erinnere

mich nur zu gut daran, wie ich im Dunkeln kauerte,

meinen kleinen Bruder Mirza Mihd�, den Reinsten Zweig,

der damals zwei Jahre alt war, in meinen Armen, die nicht

sehr stark waren, denn ich war damals erst sechs Jahre alt.

Ich zitterte in panischer Angst, denn ich wusste um einige

der schrecklichen Dinge, die da geschahen und war mir

bewusst, dass sie vielleicht sogar meine Mutter ergriffen

haben konnten.
9
ebenda, S. 42
36
ProphetsDaughter.indb 36 31.08.2007 10:42:08

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

So wartete und wartete ich, bis sie wiederkam. Dann wagte

mein Onkel, Mirza M�s�, der sich versteckt hielt, zu uns zu

kommen, um zu erfahren, welche Nachrichten meine Mutter

hatte einholen k�nnen.�10

Nach vier Monaten wurde Bahau�ll�h als Folge der Intervention

des russischen Konsuls aus dem Gef�ngnis entlassen.

Jedoch befahl die persische Regierung, Ihn und Seine Familie

nach Bagdad zu verbannen. Die H�rte dieser Verbannung sollte

noch �die vorbedachten Angriffe und systematischen Machenschaften

des Hofes, der Geistlichkeit, der Regierung und des

Volkes� �bertreffen, die Bahau�ll�h schon in Teheran erduldet

hatte. Shoghi Effendi best�tigt, dass diese Ereignisse �das

Vorspiel einer qualvollen und langw�hrenden Gefangenschaft�

darstellten. Er beschreibt die Auswirkung dieses Erlasses mit

folgenden Worten: �Diese lange Verbannung w�hrte mehr als

vierzig Jahre, f�hrte Ihn nacheinander in den Irak, nach Sulaimaniya,

Konstantinopel, Adrianopel und zuletzt in die Strafkolonie

�Akka, und endete erst mit Seinem Tod im Alter von �ber

siebzig Jahren. So kam eine Gefangenschaft zum Abschluss,

die an Tragweite, Dauer, Vielfalt und H�rte der Leiden in der

Geschichte fr�herer Offenbarungen kein Beispiel hat.�11

In einem Gebet, das Bahau�ll�h offenbarte, beschreibt Er

die M�hsal, die sie w�hrend des ersten Abschnittes auf dieser

�schrecklichen Reise� nach Bagdad erduldet hatten. Besonders

hebt Er das Leiden der �gebrechlichen Menschen und kleinen

Kinder� hervor, die Ihn in die Verbannung begleiteten, und die

extremen Wetterverh�ltnisse, denen sie ausgesetzt waren einer

K�lte �zu einer Jahreszeit, da die K�lte so bei�end ist, dass

man nicht einmal sprechen und Eis und Schnee so tief sind,

dass man nicht gehen kann.�12

Shoghi Effendi setzt diese Reise nach Bagdad in Zusammenhang

zur Religionsgeschichte und sagt seine zuk�nftige

Tragweite f�r den Baha-Glauben und die Menschheit voraus,

10 ebenda, S. 42-43

11 Shoghi Effendi, Der Verhei�ene Tag ist gekommen, S. 32-33

12 Bahau�ll�h, zitiert in Shoghi Effendi Gott geht vor�ber, S. 162; 7:12

37
ProphetsDaughter.indb 37 31.08.2007 10:42:08
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter
indem er schreibt:

�Diese erzwungene, beschleunigte Abreise Bahau�ll�hs

aus Seinem Geburtsland in Begleitung einiger Verwandter

erinnert in mancher Hinsicht an die �berst�rzte Flucht der

Heiligen Familie nach �gypten, die pl�tzliche Flucht Muhammads

bald nach der �bernahme des Prophetenamtes

von Mekka nach Medina, den Auszug Mose, Seines Bruders

und Seiner Anh�nger aus dem Land ihrer Geburt als Antwort

auf den g�ttlichen Ruf, vor allem aber an die Verbannung

Abrahams aus Ur in Chald�a in das verhei�ene Land.

Es war eine Verbannung, die mit ihren vielfachen Wohltaten

f�r so viele verschiedene V�lker, Glaubensgemeinschaften

und Nationen historisch den unermesslichen Segnungen,

die am heutigen Tag und in k�nftigen Zeitaltern der ganzen

Menschheit geschenkt werden sollen, am n�chsten kommt,

als unmittelbare Folge des Exils, welches Der erlitt, dessen

Sache die Bl�te und die Frucht aller vorausgegangenen Offenbarungen

darstellt.�13

Die Verbannung Bahau�ll�hs nach Bagdad er�ffnete eine

Periode, in der Bahayyih Kh�num damals ein siebenj�hriges

Kind �die Gefangenschaft, den Kummer und die Verbannung

der �Abha Sch�nheit� 14 miterleben musste. In ihren Berichten

beschreibt sie, wie sehr ihre Mutter bem�ht war, ihren geliebten

Ehemann gesund zu pflegen und alle notwendigen Vorkehrungen

f�r die lange und anstrengende Reise von Teheran nach

Bagdad zu treffen. Diese �furchterregende Reise� im tiefsten

Winter dauerte drei Monate. Der Weg erstreckte sich �ber

hohe, schneebedeckte Berge und die M�glichkeiten, die Beschwernisse

zu erleichtern, waren gering. Das Gr��te Heilige

Blatt erinnert sich an die Leiden, welche die Verbannten erduldeten,

als sie auf Eseln dieses schwierige Gebiet durchquerten.

Ihr Vater hatte sich von den M�hsalen der Gefangenschaft noch

13 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 160; 7:8

14 Dieser Ausdruck bezieht sich auf Bahau�ll�h. �Abha leitet sich von

Seinem Namen ab und bedeutet auf arabisch der Allherrliche.

38
ProphetsDaughter.indb 38 31.08.2007 10:42:08

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

nicht erholt. Ihre Mutter, die hoch schwanger war, litt sehr darunter,

wie sie auf dem R�cken eines holpernden Esels in einem

takh-i-rav�n, einer Art Holzbett, die Reise zur�cklegen musste.

Obwohl sie sehr geschw�cht war, gab sie sich gro�e M�he, f�r

die Familie zu sorgen. Es fehlte an Nahrung und ausreichender

Kleidung, um die Reisenden vor der bei�enden K�lte zu sch�tzen.

Manchmal �schlug� die Familie an verwilderten Pl�tzen

�ein Lager auf�, obwohl es ihnen an der notwendigen Ausr�stung

fehlte. Dann wieder blieben sie in einer Karawanserei.15

Bagdad

Die Zeit in Bagdad ist durch verschiedene bedeutsame Ereignisse

gekennzeichnet, die sich auf die Entwicklung des Baha-

Glaubens und das Leben der Familienmitglieder Bahau�ll�hs

auswirkten. Hierzu z�hlten die Aktivit�ten des Halbbruders

Bahau�ll�hs, Mirza Yahy�, dessen unberechtigter Anspruch

auf die F�hrerschaft der B�b�-Gemeinde einen Sturm von Uneinigkeit

hervorrief. Seine Machenschaften f�hrten dazu, dass

Bahau�ll�h sich in die Berge von Sulaimaniya zur�ckzog und

sp�ter weiterhin mit Seinen n�chsten Anh�ngern in die Mitte

des osmanischen Reiches verbannt wurde. Bahau�ll�hs Erkl�rung

Seiner Sendung als Gottesoffenbarer f�r dieses Zeitalter

fand unmittelbar vor Seiner Abreise nach Konstantinopel statt.

Als die Familie 1853 in Bagdad ankam, weitete sich

Bahayyih Kh�nums Aufgabengebiet immer mehr aus, da der

Gesundheitszustand ihrer Eltern sehr kritisch war. Aus ihren

m�ndlichen Berichten erfahren wir:

�Meine liebe Mutter �s�yih Kh�num war sehr schwach und

ihre Gesundheit hatte durch die erlittenen M�hsale sehr

nachgelassen. Dennoch arbeitete sie unentwegt �ber ihre

Kr�fte hinaus.

15 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 26;

M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The

Chosen Highway, S. 45-46
39
ProphetsDaughter.indb 39 31.08.2007 10:42:09
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

Manchmal half ihr mein Vater beim Kochen, denn diese

schwere Arbeit war f�r diese zierliche, feine und edle Frau

zu viel. Die M�hen, die sie erduldet hatte, betr�bten das

Herz ihres g�ttlichen Ehemannes, der zugleich ihr geliebter

Herr war. Er unterst�tzte sie in dieser Weise schon vor

Seinem Aufenthalt in der Wildnis von Sulaym�n�yyih, wie

auch nach Seiner R�ckkehr.�16

Um ihre geliebten Eltern zu entlasten und ihnen einen Teil

der B�rde abzunehmen, begann das Gr��te Heilige Blatt, ihrer

lieben Mutter im Haushalt zu helfen eine Arbeit, die sie von

nun an ihr ganzes Leben hindurch aus�bte. Sie war die liebende

St�tze ihrer Mutter und �bernahm die verschiedensten Aufgaben

im Haushalt, die oft ihre Kr�fte �berstiegen. Sie erz�hlt die

folgende Begebenheit:

�Eines Tages war eine alte Dame zu Besuch, und ich wurde

gehei�en, den Samowar zu bereiten es war sehr schwer,

ihn die Treppe hinaufzutragen, denn meine Arme waren

nicht sehr kr�ftig. Die alte Dame sagte: �Ein Beweis f�r die

Gr��e der B�b�-Lehre ist, dass dieses kleine M�dchen den

Samowar bedient!� Mein Vater war am�siert und sagte oft:

�Hier ist die Dame, die durch deinen Dienst am Samowar

zum Glauben fand!�17

Die Ankunft Mirza Yahy�s in Bagdad und sein gl�hender

Wunsch nach Macht und F�hrerschaft innerhalb der Baha-

Gemeinde bereiteten Bahau�ll�h und Seiner Familie gro�e

Schwierigkeiten. Der H�ter charakterisiert MirzaYahy� als �die

treibende Kraft von Unheil, den Mittelpunkt von Hass�, und Er

bekr�ftigt, dass Mirza Yahy�s �Intrigen und Hinterlist� ebenso

wie seine �R�cksichtslosigkeit und Verderbtheit� einen echten

�Hurrikan� in der Stadt entfesselten. Um das Potential der Uneinigkeit

unter den Gemeindemitgliedern zu reduzieren und den

16 M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The

Chosen Highway, S. 45-46
17 ebenda
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ProphetsDaughter.indb 40 31.08.2007 10:42:09

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

Gl�ubigen zu erlauben, selbst zu entscheiden, wem sie folgen

wollten, zog Bahau�ll�h sich 1854 aus Bagdad zur�ck. 18

Bevor Bahau�ll�h sich in die Wildnis zur�ckzog, ermahnte

Er die Gl�ubigen, Mirza Yahy� mit Respekt zu behandeln und

bot Seinem Halbbruder und dessen Familie sogar den Schutz

und die Gastlichkeit des Hauses an, in dem Seine eigene Familie

lebte.

Das Gr��te Heilige Blatt beschreibt, wie ihre Mutter, ihr

Onkel Mirza M�s� und sie selbst bem�ht waren, aus Respekt

vor Bahau�ll�hs Wunsch alles in ihren Kr�ften Stehende zu

tun, um f�r Mirza Yahy�s Familie zu sorgen. Trotz ihrer F�rsorge

erwies er sich als ein sehr schwieriger Gast, der sich �ber

das Essen beklagte und dar�ber, dass man sich nicht gen�gend

bem�hte, f�r sein Wohlbefinden zu sorgen. Er lehnte es ab, sich

an der schweren Arbeit zu beteiligen. Die gr��te Belastung jedoch

war die st�ndige Angst Mirza Yahy�s, dass man ihn finden

und wegen seiner angeblichen F�hrerschaft der B�b�-Gemeinde

verhaften w�rde. Auf Grund seiner Angst hielt er die

T�ren des Hauses verschlossen und erlaubte niemandem, uns

zu besuchen. Als Navvabs j�ngster Sohn, der bald nach der Ankunft

in Bagdad geboren wurde, ernsthaft erkrankte, erlaubte

er nicht einmal, einen Arzt kommen zu lassen, und niemand

durfte nach dem Tod des kleinen Kindes ins Haus kommen, um

den K�rper f�r das Begr�bnis vorzubereiten. Vielmehr wurde

der K�rper einem Fremden �bergeben, der ihn mitnahm, um

ihn zu beerdigen. Die Familie hat niemals erfahren, wo er beerdigt

wurde.

Bahayyih Kh�num schildert lebhaft diese Tage, die so voller

Trauer waren, und auf ihre Einsamkeit und die Qualen ihrer

Familienmitglieder verweisend, berichtet sie:

�Ich f�hrte damals ein sehr einsames Leben und h�tte gerne

mit anderen Kindern Freundschaft geschlossen. Aber Subhi-

Azal [Mirza Yahy�] erlaubte weder, dass meine kleinen

Freunde mich besuchten, noch lie� er mich aus dem Haus.

18

Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 2627;

S. 33
41
ProphetsDaughter.indb 41
31.08.2007 10:42:09
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

Im Haus nebenan lebten zwei kleine M�dchen in meinem

Alter. Oft schaute ich ihnen durch den T�rspalt zu; aber jedes

Mal kam unser Gast und schimpfte mit mir, weil ich

die T�re ge�ffnet hatte, die er prompt wieder verriegelte.

St�ndig hatte er Angst, verhaftet zu werden und dachte nur

an seine eigene Sicherheit.

Wir f�hrten damals ein sehr schwieriges und einsames Leben.

Er erlaubte uns nicht einmal zu dem Hamm�n19 zu gehen, um

dort zu baden. Niemand durfte in unser Haus kommen, um

uns zu helfen, und dadurch wurde die Arbeit sehr schwer.

Jeden Tag musste ich viele Stunden lang aus einem tiefen

Ziehbrunnen im Haus Wasser holen; die Seile waren hart

und rau, und der Eimer war schwer. Meine liebe Mutter half

mir gew�hnlich dabei, aber sie war nicht sehr stark, und

meine Arme waren ziemlich schwach. Niemals aber half

uns unser Gast dabei.

Da mein Vater uns gehei�en hatte, diese tyrannische Person

zu respektieren und ihr zu gehorchen, versuchten wir dies

zu tun, aber es fiel uns nicht leicht, ihm diesen Respekt zu

erweisen da er unser Leben so ungl�cklich machte.�20

Shoghi Effendi beschreibt ausf�hrlich die au�ergew�hnlichen

Eigenschaften des Gr��ten Heiligen Blattes, die ihr

als Kind zu eigen waren: �Sie ertrug mit v�lliger Ergebenheit

und Hingabe schwere Pr�fungen. Sie verga� sich selbst, handelte

unAbhangig von ihrer Verwandtschaft, legte ihren Besitz

beiseite und befreite sich auf einen Schlag von jeglicher weltlichen

Bindung. Wie ein von Liebe trunkener Falter umkreiste

sie dann Tag und Nacht die Flamme der unvergleichlichen

Sch�nheit ihres Herrn.�21
19 �ffentliches Bad

20 M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The

Chosen Highway, S. 51

21 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 27

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ProphetsDaughter.indb 42 31.08.2007 10:42:09

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

1856, nach zwei Jahren, kehrte Bahau�ll�h von Suleimaniya

nach Bagdad zur�ck und begann, das geistige Leben und die

Einheit der B�b�-Gemeinde zu pr�gen und neu zu beleben. In

Erwartung Seiner R�ckkehr fertigten Seine geliebte Frau und

das Gr��te Heilige Blatt einen wundersch�nen Mantel f�r Ihn

an. Ihre Nichte erinnert sich: �Sie arbeiteten an diesem Werk

der Liebe, indem sie kleine St�cke von rotem Tirmih22, einem

�u�erst kostbaren Stoff, zusammen n�hten. Dieser Stoff hatte

auf irgendeine Weise den Verlust des nahezu gesamten, umfangreichen,

sehr seltenen und kostbaren Hochzeitsschatzes �berlebt.

Sechs Monate lang n�hten und passten sie diese St�cke

zusammen, und ein wundersch�ner Mantel war das Ergebnis,

ein h�chst willkommenes Geschenk, denn Bahau�ll�h kehrte

in einem groben, rauen Derwischmantel heim. Und sie hatten

damals in Bagdad kein Geld, um einen Mantel zu kaufen.�23

Durch Bahau�ll�hs R�ckkehr nach Bagdad lebte ein neuer

Geist in der B�b�-Gemeinde auf. Sein Ansehen nahm st�ndig zu,

so dass sich viele geistig gesinnte Menschen aus allen Schichten

der Bev�lkerung angezogen f�hlten, Seine Botschaft zu erforschen

und Ihn um F�hrung zu bitten. Nach einigen Jahren

versuchten diejenigen, die auf Seinen Einfluss eifers�chtig waren

und f�rchteten, ihre Machtstellung zu verlieren, sich gegen

Ihn zu erheben und ein Einschreiten der weltlichen und geistlichen

Obrigkeiten zu erwirken. Ihre Aktivit�ten f�hrten letztlich

dazu, dass Bahau�ll�h mit einigen Seiner Anh�nger nach

Konstantinopel (heute Istanbul) und schlie�lich nach Adrianopel

(heute Edirne, T�rkei) verbannt wurde. Bevor Bahau�ll�h

von Bagdad abreiste, machte Er einige Seiner n�chsten Familienmitglieder

mit Seiner Stufe als Gottesoffenbarer vertraut.

Shoghi Effendi hat die wichtigsten Ereignisse zusammen

gefasst, die in den zehn Jahren von 1853 bis 1863 w�hrend

des Aufenthalts Bahau�ll�hs in Bagdad stattgefunden haben.

Obwohl n�here Einzelheiten �ber Bahayyih Kh�nums Anteil an

diesen historischen Geschehnissen nicht bekannt sind, vermit

22 wertvoller Stoff aus Kaschmir oder feiner Wolle

23 Aus einem m�ndlichen Bericht Tub� Kh�nums, in Lady Bloomfield

The Chosen Highway, S. 93
43
ProphetsDaughter.indb 43 31.08.2007 10:42:09
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

telt uns der folgende Auszug aus einem Brief Shoghi Effendis

einen faszinierenden und fesselnden Eindruck von der Bedeutung

ihres Beitrags:

�Und wenn zu einer sp�teren Zeit dieses verehrte und edle

Mitglied der Heiligen Familie damals in jugendlichem

Alter von der f�hrenden Hand ihres Vaters mit Aufgaben

betraut wurde, die kein M�dchen ihres Alters h�tte auf sich

nehmen wollen oder k�nnen, ergriff sie mit spontaner Freude

ihre Gelegenheit und erf�llte die ihr anvertraute Pflicht!

Sowohl der schwierige und �u�erst ernste Charakter solcher

Aufgaben, die sie immer wieder durchzuf�hren hatte,

w�hrend sich zugleich durch die R�cksichtslosigkeit und

Verderbtheit Mirza Yahy�s in Bagdad ein m�chtiger Sturm

entfesselte und die Stadt �berschwemmte, als auch die z�rtliche

Sorge, die sie in so jungen Jahren w�hrend der Zeit bekundete,

in der Bahau�ll�h sich in die Berge von Sulaym�niyyih

zur�ckgezogen hatte, heben sie als einen Menschen

hervor, der sowohl f�hig als auch gewillt ist, Belastungen

auf sich zu nehmen und das durch ihre hohe Geburt von ihr

verlangte Opfer darzubringen.�24
Konstantinopel

Im Mai 1863 verlie� Bahau�ll�h Bagdad, begleitet von Familienmitgliedern

und sechsundzwanzig Anh�ngern. Da viele

prominente Pers�nlichkeiten wie auch das einfache Volk

Bahau�ll�h hoch sch�tzten, kam es bei Seiner Abreise �zu tumultartigen

Szenen�. Der H�ter berichtet dar�ber:

�Auf Seinem Pferd, einem Rotschimmelhengst edelsten

Gebl�ts, dem besten, das Seine Freunde f�r Ihn hatten erwerben

k�nnen, ritt Er an den gebeugten R�cken unz�hliger

gl�hender Bewunderer vorbei zur ersten Etappe einer Reise,

die Ihn nach Konstantinopel f�hren sollte.

24 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 33

44
ProphetsDaughter.indb 44 31.08.2007 10:42:09

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

... Eine Karawane wurde zusammen gestellt aus f�nfzig

Maultieren, einer berittenen Garde von zehn Soldaten und

einem Offizier, sowie sieben Paaren Howdahs mit je vier

Sonnenschirmen best�ckt, und zog nun innerhalb eines

Zeitraums von hundertzehn Tagen in kleinen Tagesetappen

durch die Gebirge und Schluchten, die W�lder, T�ler und

Triften der malerischen Landschaften Ostanatoliens ihres

Weges bis zum Hafen S�ms�n am Schwarzen Meer.�25

�Man kann sagen, dass mit der Ankunft Bahau�ll�hs in

Konstantinopel 1863, der Hauptstadt des Osmanischen Reiches

und dem Sitz des Kalifats ... das grausamste, unheilvollste und

dennoch ruhmreichste Kapitel ... des Heroischen Zeitalters

Seiner Sendung ... aufgeschlagen wurde.� Der H�ter best�tigt,

dass �nun ein Zeitabschnitt begann, in dem uns�gliche Entbehrungen

und beispiellose Pr�fungen mit den herrlichsten geistigen

Siegen einhergingen.�26 Diese Zeit ist durch Bahau�ll�hs

�ffentliche Erkl�rung Seiner Sendung und Stufe gekennzeichnet

und durch den Beginn Seiner Verk�ndigung dieser Mission

durch eine Reihe von Briefen und schwerwiegenden Botschaften,

die Er an die K�nige und Herrscher der Welt sandte.

Die Anfangsphase der Verk�ndigung Bahau�ll�hs begann in

Konstantinopel und f�hrte dazu, dass die osmanische Regierung

die Verbannten urpl�tzlich mitten im Winter nach Adrianopel

weiter verbannte. Shoghi Effendi schreibt: �Bahau�ll�h, Seine

Familie und Seine Gef�hrten brachen unter den Tr�nen ihrer

zur�ckbleibenden Freunde, von t�rkischer Polizei begleitet, an

einem kalten Dezembermorgen auf einige im Wagen, andere

auf Tragtieren, die Habe auf Ochsenkarren zu ihrer zw�lft�gigen

Reise, die sie quer durch ein frostiges, von heftigen St�rmen

durchbraustes Land in eine Stadt f�hrte, die Bahau�ll�h

als einen Ort kennzeichnet, �der nur von solchen betreten wird,

die sich gegen die Amtsgewalt des Herrschers aufgelehnt haben.�

Bahau�ll�h weist auf die Leiden hin, welche die Verbannten

erduldeten und bezeugt, �Sie trieben Uns aus deiner

25 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 219; 9:9 und S. 220; 9:10

26 ebenda, S. 222, 9:13
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ProphetsDaughter.indb 45 31.08.2007 10:42:09
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

Stadt (Konstantinopel) und haben Uns dabei so gedem�tigt, wie

man niemanden auf Erden je dem�tigte.� In einem Seiner Sendschreiben

beschreibt Er, was sich ereignet hatte:

�Als sie Uns aus deiner Stadt verbannten, setzten sie Uns in

Karren, wie sie die Menschen gew�hnlich f�r Gep�ck und

dergleichen benutzen. So behandelten sie Uns, falls du die

Wahrheit wissen willst. So wurden Wir weggeschickt und in

die Stadt gebracht, die sie als die Wohnstatt der Aufr�hrer

betrachten. Bei Unserer Ankunft konnten wir keine Bleibe

finden und wohnten notgedrungen an einem Ort, den nur

der bed�rftigste Fremdling in seiner Not betreten w�rde.

Dort wohnten Wir eine Weile. Als Wir zunehmend unter den

beschr�nkten R�umlichkeiten litten, mieteten Wir H�user,

die ihre Bewohner verlassen hatten, weil sie so kalt waren.

So waren Wir im tiefsten Winter gezwungen, in H�usern zu

wohnen, die nur im Sommer bewohnbar sind. Weder Meine

Familie noch die, die Mich begleiteten, hatten die notwendige

Kleidung, sich gegen die schneidende K�lte dieses eisigen

Wetters zu sch�tzen.�27

Der Chronist Nab�l beschreibt die k�rperlichen M�hsale, welche

die Verbannten auf sich nehmen mussten: �In diesem Jahr

herrschte so strenge K�lte, dass selbst die �ltesten Leute sich

nicht erinnern konnten, je einen so harten Winter erlebt zu haben.

In einigen Gegenden Persiens und der T�rkei erlagen selbst

Tiere dem Frost und kamen in Schneest�rmen um. Die Gegend

am oberen Euphrat, um Ma�dan-Nuqr�h, war mehrere Tage lang

mit Eis bedeckt, was bisher noch nie vorgekommen war, und in

D�y�r-Bakr blieb der Fluss volle vierzig Tage zugefroren. Einer

jener nach Adrianopel Verbannten erinnert sich: �Um Wasser aus

den Quellen zu sch�pfen, musste direkt daneben ein Feuer gemacht

und stundenlang unterhalten werden, bis sie auftauten.�28

27 Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung, S�ratu�l-Mul�k S. 236-237,

Abs. 75

28 Nabil, zitiert in Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 227; 9:22; Bericht

eines Verbannten, zitiert ebenda
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ProphetsDaughter.indb 46 31.08.2007 10:42:09

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

In ihrem sp�teren Leben schildert Bahayy�h Kh�num auf

ergreifende Weise die Ereignisse, die sich kurz vor der Verbannung

Bahau�ll�hs und Seiner Familie aus Konstantinopel

und ihrer Abreise nach Adrianopel zugetragen hatten.

Sie erinnert sich an die �Verzweiflung und Ungewissheit�,

die dadurch verursacht wurden, dass die Beh�rden drohten,

Bahau�ll�h an den einen, die Familienmitglieder an einen

anderen Ort und Seine Anh�nger wiederum irgendwo anders

hinzuschicken. Sie sagte, �diese Reise war die schrecklichste�,

die die Verbannten bisher erlebt hatten. Sie erinnert sich:

�Es war zu Beginn des Winters und sehr kalt; fast ununterbrochen

schneite es heftig. Da wir weder warme Kleidung

noch richtige Nahrung hatten, war es ein Wunder, dass wir

die Reise �berlebten. Als wir in Adrianopel ankamen, waren

wir alle krank sogar die jungen und starken. �Jener Winter�,

so versichert sie, �war f�r uns eine Zeit heftigster Leiden

wegen der K�lte, dem Hunger und vor allem wegen der

schrecklichen Ungeziefer, von denen es in unserem Hause

wimmelte.�29

Shoghi Effendi macht darauf aufmerksam, wie stark sich

diese Erfahrungen ein Leben lang auf das Gr��te Heilige Blatt

auswirkten. �Ein au�ergew�hnlich harter Winter in Verbindung

mit den Entbehrungen, die die ungesunde Unterkunft und die

verheerende finanzielle Notlage w�hrend dieser Zeit �u�erster

Angst und Sorge mit sich brachte: Dies alles richtete ihre Gesundheit

f�r immer zugrunde und schw�chte ihre Lebenskraft,

derer sie sich bis dahin so sehr erfreute.�30

Die Ankunft Bahau�ll�hs und der Verbannten in Adrianopel

im Dezember 1863 bildet den Hintergrund f�r den n�chsten

Akt dieser dramatischen Entfaltung des Baha-Glaubens.

Shoghi Effendi schreibt: �Der Vorhang hebt sich zu dem anerkannterma�en

bewegtesten, gef�hrlichsten Abschnitt des ersten

Bahai-Jahrhunderts, einem Abschnitt, der doch zugleich

die ruhmreichste Phase des Wirkens Bahau�ll�hs er�ffnen

29 Das Gr��te Heilige Blatt, zitiert in Myron Phelps Master in �Akka,

S. 47-48

30 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34

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ProphetsDaughter.indb 47 31.08.2007 10:42:09
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

sollte: Die Verk�ndigung Seiner Botschaft an die Welt und ihre

Herrscher.�31
Adrianopel

Der Aufenthalt in Adrianopel sollte f�nf Jahre dauern, von 1863

bis 1868. Nach kurzer Zeit gewann Bahau�ll�h den Respekt und

die Bewunderung der Regierungsbeamten und die Liebe der Bev�lkerung.

Aber je mehr Seine geistige Stufe sichtbar wurde, um

so mehr beunruhigten sich Seine Feinde, besonders Sein Halbbruder

Mirza Yahy�, der sich tatkr�ftig aufmachte, nicht nur die

moralische F�hrung Bahau�ll�hs in der Gemeinde anzufechten,

sondern auch nach Seinem Leben trachtete. Bahau�ll�h nennt

diese Zeitspanne voll von Ersch�tterungen und Krisen �Tage

der Anspannung�. Inmitten dieser gr��ten Krise offenbarte Er

ein Sendschreiben, in dem Er die Tragweite Seines Anspruchs,

der verhei�ene Gottesoffenbarer f�r dieses Zeitalter zu sein, klar

darstellt. Er veranlasste, dass der Inhalt dieses Sendschreibens

MirzaYahy�, demjenigen, der dieAutorit�t und F�hrerschaft anfocht

und den anderen B�b�smitgeteiltwurde. MirzaYahy�sAblehnung,

die Stufe Bahau�ll�hs anzuerkennen, bedeutete das Signal

zum offenen und endg�ltigen Bruch zwischen Bahau�ll�h

und Mirza Yahy�. Dieser Bruch stellt eines der d�stersten Daten

in der Bahai-Geschichte dar. Bahau�ll�h Selbst beschreibt

dieses Ereignis als die �gr��te Trennung�. �Um jedem einzelnen

Verbannten die volle Freiheit zu lassen, zwischen Ihm und den

Feinden zu w�hlen, zog sich Bahau�ll�h mit Seiner Familie�

f�r einige Monate von allen Gl�ubigen zur�ck. Am Ende dieser

Zeit akzeptierten fast alle Gl�ubigen die Stufe Bahau�ll�hs und

gelobten Ihm die Treue.32

Der Ernst dieser Krise, berichtet Shoghi Effendi �bereitete

Bahau�ll�h unermessliche Sorgen, lie� Ihn sichtlich altern

und versetzte Ihm durch seine Auswirkungen den schwersten

31 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 228; 9:24

32 Bahau�ll�h, zitiert ebenda, S. 229; 10:1; Shoghi Effendi, Gott geht

vor�ber, S. 234; 10:8 und 10:1; Bahau�ll�h, zitiert ebenda, S. 229;

10:1
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ProphetsDaughter.indb 48 31.08.2007 10:42:09

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

Schlag, den Er je in Seinem Leben hatte aushalten m�ssen.�

Dennoch hielt Ihn das nicht davon ab, die n�chste Phase der

Verk�ndigung Seiner Mission einzuleiten. Shoghi Effendi

weist darauf hin:

�Obwohl Bahau�ll�h von Kummer gebeugt war und noch

immer an den Folgen des Mordanschlags litt, und obwohl

Er sich bewusst war, dass eine neue Verbannung h�chstwahrscheinlich

bevorstand, erhob Er sich dennoch mit beispielloser

Macht, ungeachtet des Schlages, den Seine Sache

empfangen hatte, ohne R�cksicht auf die Gefahren, von denen

sie umringt war, und noch bevor die Feuerprobe v�llig

�berstanden war, um die Ihm aufgetragene Sendung denen

zu verk�nden, die in Ost und West die Z�gel h�chster irdischer

Macht in H�nden hatten. Durch diese Verk�ndigung

sollte die Sonne Seiner Offenbarung in ihrem Mittagsglanz

erstrahlen, sollte Sein Glaube die ganze F�lle Seiner g�ttlichen

Macht offenbaren.�33

Und tats�chlich, mitten in diesem Aufruhr offenbarte

Bahau�ll�h Sendschreiben, welche die Bedeutung Seiner Stufe

und Botschaft voll und ganz erkl�rten. Die Auswirkung dieser

Sendschreiben und die anhaltenden Machenschaften Mirza

Yahy�s und seiner Verb�ndeten ermutigten die �u�eren Feinde

des Glaubens, und sie boten den Anlass, Bahau�ll�h, Seine Familie

und Anh�nger aufs Neue zu verbannen.

Die Familienmitglieder Bahau�ll�hs wurden Zeuge dieser

oben beschriebenen Geschehnisse. In ihren Erinnerungen weist

Bahayyih Kh�num darauf hin, dass die Familie sehr arm war

und st�ndig gro�e Not litt. Sie hatten sich tats�chlich so an das

Leiden gew�hnt, dass sie relativ zufrieden h�tten leben k�nnen,

w�re da nicht �dieses Gef�hl der Angst und Vorahnung einer

unbekannten Gefahr� und die Aktionen Mirza Yahy�s gewesen.

Einige dieser dramatischen Schreckensszenen jener Jahre sind

in den Berichten Bahayyih Kh�nums zu finden, in denen sie

33 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 230; 10:1; S. 238-239; 10:16

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ProphetsDaughter.indb 49 31.08.2007 10:42:10
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

auch die Antwort Mirza Yahy�s auf die Erkl�rung Bahau�ll�hs

folgenderma�en beschreibt:

�Bahau�ll�h erkl�rte zu dieser Zeit ausf�hrlich, dass Er der

Verhei�ene war, den ,Gott offenbaren werde�, und Der, den der

B�b angek�ndigt hatte. Er schrieb das �Sendschreiben der Erkl�rung�(

Lawh-i-Amr) und ordnete an, dass Sein Sekret�r es zu

Subh-i-Azal34 bringen solle, der, nachdem er es gelesen hatte,

sehr w�tend und ,vom Feuer der Eifersucht verzehrt wurde�.

Er lud Bahau�ll�h zu einem Fest ein und teilte sich mit Ihm

eine Speise, in deren eine H�lfte er Gift gemischt hatte. Dieser

Anschlag hatte zur Folge, dass Bahau�ll�h einundzwanzig

Tage lang ernsthaft erkrankte.

Aus Wut �ber den Misserfolg versuchte Subh-i-Azal einen neuen

Plan. Er versuchte den Badew�rter zu bestechen, Bahau�ll�h

w�hrend Seines Bades zu ermorden und fl�sterte ihm ein, wie

einfach, ohne Furcht vor Entdeckung, er dies tun k�nne.

Dieser Mann geriet in derartige Panik und Schrecken, dass

er unbekleidet auf die Stra�e lief.�35

Bahayyih Kh�num erinnert sich auch daran, dass Bahau�ll�h

w�hrend Seines Aufenthalts in Konstantinopel an die K�nige

und Herrscher der Welt Sendschreiben offenbarte. Sie bemerkt:

�Er verk�ndete nun offener, dass Seine Autorit�t g�ttlich und

Ihm direkt von Gott verliehen war, den unter verschiedenen

Namen alle Religionen der Welt erwarteten.� Sie best�tigt:

�Die Ersch�tterung war gro�; der von Ihm ausstrahlende heilige

Einfluss erreichte immer weitere und gr��ere Kreise.�36

34
35
36
Mirza Yahy�

Bahayyih Kh�num, zitiert in Myron Phelps Master in �Akka, S. 48-50;

M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The

Chosen Highway, S. 60

M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The

Chosen Highway S. 63
50
ProphetsDaughter.indb 50 31.08.2007 10:42:10

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

Sie beschreibt die furchtbaren Folgen f�r die Familie und

f�r den Glauben, die das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen

den anhaltenden Machenschaften Mirza Yahy�s und der

Reaktion der Feinde des Glaubens auf Bahau�ll�hs zunehmenden

Einfluss waren:

�Die Unruhen und das Unheil, das Subh-i-Azal damals verursachte,

hielten best�ndig an, so dass die Autorit�ten die

Geduld verloren und beschlossen, den Geliebten und Seine

Familie erneut zu verbannen.

Jedoch war nicht allein das Verhalten Subh-i-Azals der Anlass

zu dieser weiteren Verbannung. Unsere stets wachsamen

Feinde, die den gro�en Einfluss Bahau�ll�hs f�rchteten,

nutzten den st�ndigen �rger des verr�terischen Halbbruders

als Vorwand, die Regierung zu veranlassen, diesen erhabenen

Gefangenen an einen Ort zu verbannen, an dem kein

gebildeter und angesehener Mensch Ihn aufsuchen k�nne.

Die Verleumdungen Subh-i-Azals waren in der �ffentlichkeit

verbreitet und die Regierungsvertreter so beeinflusst,

dass sie ihnen Glauben schenkten. ...�37

Der H�ter beschreibt, wie das Gr��te Heilige Blatt an diesen

Ereignissen in Adrianopel teil hatte und wie sie auf �die

Kr�fte der Spaltung� reagierte, und er versichert: �W�hrend

der gr��ten Trennung, die in den Jahren der ,Anspannung� jedes

Herz erbeben lie�, stand sie wie eine hochaufragende S�ule

unersch�tterlich und fest; und dieses Blatt des ewigen Lotusbaumes

erzitterte nicht durch die emporsteigenden St�rme der

Trostlosigkeit.�38

Shoghi Effendi hebt ihre besonderen Wesensz�ge hervor

und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf ihren unersch�tterlichen

Glauben, ihre Gelassenheit und Bereitschaft zu verzeihen.

37 ebenda, S. 61

38 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 33; S.

27
51
ProphetsDaughter.indb 51 31.08.2007 10:42:10
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

Obwohl geschichtliche Einzelheiten nicht bekannt sind, weist

Shoghi Effendi darauf hin, dass sie besondere Schritte und

Strategien unternahm, um den F�hrungsanspruch Bahau�ll�hs

in der Gemeinde zu wahren und das Verst�ndnis einiger Gl�ubiger

�ber die Stufe und Autorit�t Bahau�ll�hs zu vertiefen.

Er schreibt: �Sie f�hrte das Feld an, indem sie die Herzen gewann,

die Seelen f�r sich einnahm und Zweifel und Missverst�ndnisse

zerstreute. Mit den Wassern ihrer unendlichen G�te

brachte sie dornige Herzen zum Erbl�hen in der Liebe Gottes,

und durch den Einfluss ihrer reinen Liebensw�rdigkeit verwandelte

sie die Unvers�hnlichen und Unbeugsamen in entflammte

Liebende, die der unvergleichlichen Sache der himmlischen

Sch�nheit v�llig ergeben waren.�39

Gro�e Ungewissheit und Verwirrung herrschten in den Tagen,

bevor der schicksalhafte Beschluss, Bahau�ll�h und Seine

Anh�nger erneut zu verbannen, erlassen wurde. Ger�chte gingen

umher, dass die Verbannten verstreut und an unterschiedliche

Orte verbannt oder heimlich hingerichtet werden sollten.

Dann wurde pl�tzlich der Befehl bekannt gegeben. Shoghi

Effendi schreibt: �Eines Morgens wurde pl�tzlich das Haus

Bahau�ll�hs von Soldaten umstellt, an den Toren zogen Wachen

auf, Seine Anh�nger wurden wieder einmal vor die Beh�rden

zitiert und verh�rt und erhielten die Weisung, sich zur

Abreise fertig zu machen.� Sowohl innerhalb der Familie als

auch in der Gemeinde fand der durch diesen Befehl ausgel�ste

Tumult Widerhall. Wenn Bahayy�h Kh�num sich in ihrem

sp�teren Leben daran erinnerte, war es f�r sie �als ob wir erst

gestern in dieses neue Ungl�ck gest�rzt worden w�ren.� Sie

berichtet, wie die untr�stlichen Freunde und Anh�nger in den

Garten von Bahau�ll�hs Haus str�mten und entschlossen waren,

diese Trennung nicht zuzulassen. Telegramme wurden an

die Regierung in Konstantinopel gesandt, um einen Aufschub

zu erbitten. Schlie�lich verlie� Bahau�ll�h mit Seiner Familie

am 12.August 1868 Adrianopel und begab sich unter der Bewachung

einer t�rkischen Eskorte nach Gallipoli. Jedoch war

39 ebenda, S. 27-28
52
ProphetsDaughter.indb 52 31.08.2007 10:42:10

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

der endg�ltige Verbannungsort zur Zeit ihrer Abreise noch unbekannt.

Um die Lage Seiner Familie zu erleichtern und sie zu

besch�tzen, ersuchte Bahau�ll�h den Sultan um ein Gespr�ch,

damit Er die Gelegenheit bekomme, die Wahrheit Seines Anspruchs

zu beweisen, aber dieses Gesuch wurde unbeachtet gelassen.

In einem Sendschreiben erkl�rt Bahau�ll�h, warum Er

sich zu diesem Schritt veranlasst sah: �Wenngleich es Ihm, der

die Wahrheit ist, nicht ansteht, sich an irgendeinen Menschen

zu wenden, da ja alle erschaffen sind, Ihm zu gehorchen, so

haben Wir doch im Hinblick auf die Lage dieser kleinen Kinder

und die gro�e Zahl Frauen, die so weit von ihren Freunden

und ihrer Heimat verbannt wurden, in diese Sache eingewilligt.

Trotzdem ist nichts geschehen.�40

In demselben Sendschreiben dr�ckt Bahau�ll�h Seine Emp�rung

�ber die Leiden aus, welche die Regierung �ber Seine

Familie und Seine Gef�hrten gebracht hatte und h�lt dem Sultan

vor: �Selbst wenn du diesem Lebensspender und Welterneuerer

die Verantwortung f�r Aufruhr und Streit anlastest welches

Verbrechen sollten Frauen, Kinder und stillende M�tter begangen

haben, da� die Gei�el deines Zorns sie trifft? Noch nie

hat eine Religion Kinder zur Verantwortung gezogen.�41 Dann

f�hrt Er weiter fort:

�Du hast Menschen ausgeraubt, die weder rebellierten noch

der Obrigkeit den Befehl verweigerten. Nein, sie blieben

unter sich und gedachten Gottes Tag und Nacht. Als sp�ter

der Verbannungsbefehl gegen diesen J�ngling erging, waren

alle best�rzt. Doch die mit Meiner Verbannung beauftragten

Beamten erkl�rten: �Die anderen wurden keines Vergehens

beschuldigt und nicht durch die Regierung ausgewiesen.

Sollten sie dich zu begleiten w�nschen, wird sie niemand

daran hindern.� Diese Ungl�ckseligen trugen daher alle

Kosten selbst und gaben ihren Besitz daf�r hin. Sie gaben

40

M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield The

Chosen Highway, S. 62; Bahau�ll�h Anspruch und Verk�ndigung,

Lawh-i-Ra��s, S. 181/182:2
41
Lawh-i-Ra��s, S. 181/182:3
53
ProphetsDaughter.indb 53
31.08.2007 10:42:10
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

sich mit Unserer Gegenwart zufrieden, setzten ihr ganzes

Vertrauen in Gott und reisten noch einmal mit Ihm, bis die

Festung von �Akka zum Gef�ngnis von Bahá wurde.�42

Shoghi Effendi schildert die zerm�rbende Ungewissheit,

welche die Gl�ubigen in jener Zeit qu�lte:

�Selbst in Gallipoli, wo man drei N�chte blieb, wusste noch

kein Mensch, was das Schicksal Bahau�ll�hs sein werde.

Die einen glaubten, dass Er und Seine Br�der an denselben

Ort verbannt, die �brigen aufgeteilt und ins Exil geschickt

w�rden. Andere meinten, Seine Gef�hrten w�rden nach Persien

zur�ckgeschickt, w�hrend wieder andere ihre Hinrichtung

erwarteten. Der urspr�ngliche Regierungsbefehl hie�,

Bahau�ll�h, �q�y-i-Kal�m43 und Mirza Muhammad-Qul�

zusammen mit einem Diener nach �Akka zu verbannen und

die �brigen nach Konstantinopel zu schicken. Dieser Befehl,

der Szenen unbeschreiblichen Jammers zur Folge hatte,

wurde jedoch auf Grund der Vorstellungen Bahau�ll�hs

und der Vermittlung �Umar Effendis, eines Majors, der die

Verbannten zu begleiten hatte, wieder zur�ck genommen.

Schlie�lich wurde beschlossen, alle Exilanten, etwa siebzig

an der Zahl, nach �Akka zu verbannen.�44

Bis zu einem gewissen Grad waren die Gl�ubigen beruhigt,

dass sie letztendlich doch nicht von Bahau�ll�h getrennt wurden.

Shoghi Effendi vermerkt jedoch: �Die Gefahren und Tr�bsale,

denen sich Bahau�ll�h bei Seiner Abreise von Gallipoli

gegen�bersah, waren so schwer, dass Er warnend zu Seinen

Gef�hrten sagte, dass diese Reise mit keiner der fr�heren Reisen

zu vergleichen sein werde und dass, wer sich nicht Manns

genug f�hle, der Zukunft ins Auge zu blicken, besser daran t�te,

an einen beliebigen anderen Ort zu gehen, um vor Pr�fungen

bewahrt zu bleiben; denn sp�ter werde es keine M�glichkeit

42 Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung, S. 182,3

43 Mirza M�s�

44 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 252; 10:43

54
ProphetsDaughter.indb 54 31.08.2007 10:42:10

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

des Entkommens mehr geben. Seine Gef�hrten achteten jedoch

einm�tig dieser Warnung nicht.�45

Bahau�ll�h, Seine Familie und Gef�hrten brachen von Gallipoli

am 21. August 1869 zum vierten und letzten Abschnitt

ihrer Verbannung auf. Im Verlauf dieser Reise mussten die Vertriebenen

dreimal auf andere Schiffe umsteigen; es liegt auf

der Hand, dass gerade die Kinder hierunter litten. Ihr Bestimmungsort

war die Gef�ngnisstadt �Akka, wohin die t�rkischen

Obrigkeiten die schlimmsten Verbrecher schickte.46

Offensichtlich z�hlten die �u�erst hohe Anspannung und

Angst f�r die Familie und die Gef�hrten Bahau�ll�hs, die

die Machenschaften der inneren wie der �u�eren Feinde des

Baha-Glaubens hervorriefen, zu den gr��ten Herausforderungen

w�hrend der Jahre in Adrianopel. Shoghi Effendi bezeugt

die Wirkung dieser Anspannungen auf das Gr��te Heilige

Blatt, indem er feststellt: �Die Anspannung und Unruhe

jener Zeit wirkten sich nachhaltig auf ihr Gem�t aus, so dass

ihr sch�nes und engelhaftes Gesicht die Z�ge dieses gro�en

Leides bis zu ihrem Tod beibehielt.�47
�Akka

Mit der Verbannung Bahau�ll�h�s nach �Akka beginnt die letzte

Phase Seines Wirkens. Die vierundzwanzig Jahre, die Er bis

zu Seinem Hinscheiden im Jahre 1892 hier verbrachte, umfassen

mehr als die H�lfte Seiner gesamten Amtszeit. Diese Verbannung

wird nach den Worten des H�ters �in die Geschichte

als ein Zeitabschnitt eingehen, in dem sich ein wundersamer

und wahrhaft umw�lzender Wandel in den Lebens- und Wirkensumst�nden

des Verbannten vollzog.� Man wird dieser

Verbannung �vor allem der Verfolgungen wegen gedenken, die

in Seinem Heimatland zwar mit Unterbrechungen, aber ungew�hnlich

grausam wieder aufflammten, und ob des gleichzeitigen

Wachstums der Zahl Seiner Anh�nger und schlie�lich

45 ebenda, S. 253; 10:44

46 Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung, Lawh-i-Ra��s, S. 183:5

47 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34

55
ProphetsDaughter.indb 55 31.08.2007 10:42:10
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

auch wegen der Tragweite und des Umfangs der gewaltigen

Zunahme Seines Schrifttums.�48

Mit der Ankunft der Verbannten in �Akka begann �eine sehr

schwere Krise, die von bitterem Leid, strengen Einschr�nkungen

und heftigem Aufruhr gekennzeichnet war.� In einem

Seiner Sendschreiben schreibt Bahau�ll�h: �Die Beamten erteilen

jeden Tag neue Befehle, und ein Ende ihrer Tyrannei ist

nicht in Sicht.Tag und Nacht schmieden sie neue R�nke.� Er

best�tigt ebenso: �Seit der Erschaffung der Welt bis auf den

heutigen Tag ward solche Unmenschlichkeit nie gesehen noch

von ihr geh�rt.� Tats�chlich waren die ersten neun Jahre dieser

Verbannung so entsetzlich, dass Bahau�ll�h �Akka als das

�Gr��te Gef�ngnis� bezeichnet. Er nennt �Akka �die trostloseste

Stadt der Welt, die unansehnlichste von allen, und sie habe

das abscheulichste Klima, das fauligste Wasser und in ihren

Mauern sei nur der Widerhall der Eulen Schreis zu h�ren. Man

m�chte meinen, sie sei die Stammburg der Eulen.�49

Besonders qualvoll war der letzte Abschnitt der Reise nach

�Akka, den Bahayyih Kh�num anschaulich schildert:

�Schlie�lich kamen wir in Haifa an, wo wir mit St�hlen

an Land getragen werden mussten. Hier blieben wir einige

Stunden, um dann zur letzten kurzen Strecke unserer

Seereise wieder eingeschifft zu werden. Die Hitze ... war

�berw�ltigend. Wir wurden in ein Segelboot verfrachtet, auf

dem wir acht Stunden bei Windstille und ohne Schutz vor

den gl�henden Sonnenstrahlen furchtbare Qualen ertrugen,

bis wir zuletzt �Akka erreichten, das Ende unserer Reise.

Unter gro�en Schwierigkeiten konnten wir hier anlegen.

Die Frauen unserer Gruppe wurden an Land getragen.

48
Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 256; 11:5
49

ebenda, S. 256; 11:6; Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung,

Law-i-Ra���s, S. 183-184:6; Bahau�ll�h, zitiert in Shoghi Effendi

Gott geht vor�ber, S.256 258; 11:6; 11:10; 11:6; 11:8; Bahau�ll�h,

Anspruch und Verk�ndigung, S�ratu�l-Haykal: N�siri�d-D�n Sh�h,

S. 153:267
56
ProphetsDaughter.indb 56
31.08.2007 10:42:10

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

Alle Einwohner der Stadt hatten sich versammelt, um die

Ankunft der Gefangenen mitzuerleben. Da ihnen gesagt worden

war, dass wir Treulose, Verbrecher und Aufr�hrer seien,

war die Haltung der Menge uns gegen�ber sehr bedrohlich.

Ihre Verfluchungen und Verw�nschungen erf�llten uns mit

neuer Qual. Wir f�rchteten uns vor dem Unbekannten. Wir

wussten nicht, was unserer Gruppe, den Freunden und uns

selbst bevorstand.

Man brachte uns in die alte Festung von �Akka, wo wir zusammengepfercht

wurden. Dort gab es kaum Luft; man gab

uns ein wenig sehr altes, grobes Brot; wir konnten kein frisches

Trinkwasser bekommen, und unsere Leiden wurden

nicht weniger. Dann brach Typhus aus, fast alle erkrankten

daran.

�Abdu�l-Bahá wandte sich an den Gouverneur, der jedoch

zun�chst wenig geneigt war, die harten, von ihm verordneten

Bestimmungen, zu lockern.

Der Mufti hatte in der Moschee einen Farman50 vor dem

Volk verlesen, der voller falscher Beschuldigungen war.

Wir wurden als Feinde Gottes und als die schwersten Verbrecher

beschrieben. Das Volk wurde ermahnt, diese �blen

Misset�ter zu meiden. Das rief nat�rlich starken Hass und

bittere Feindschaft gegen uns hervor.�51

Bahau�ll�h berichtet �ber die M�hsale, welche die Verbannten

bei der Ankunft im Gef�ngnis erduldeten. Er bezeugt:

�Bei unserer Ankunft wurden wir von Wachen umzingelt und

alle zusammen M�nner und Frauen, jung und alt in der Kaserne

gefangen gesetzt. In der ersten Nacht erhielten wir weder

zu essen noch zu trinken, denn die Wachposten, die das Kasernentor

bewachten, durften niemanden passieren lassen. Nie

50 Erlass, Edikt

51 M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The

Chosen Highway, S. 66
57
ProphetsDaughter.indb 57 31.08.2007 10:42:10
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

mand dachte an den schlechten Zustand dieser Ungl�ckseligen.

Selbst als sie um Wasser baten, wurde es ihnen verweigert.�52

Das Gr��te Heilige Blatt war unter den Erkrankten. In ihrem

sp�teren Leben erinnerte sie sich daran, wie sie bei ihrer

Ankunft im Gef�ngnis von dieser entsetzlichen Situation �berw�ltigt

und ohnm�chtig wurde. Ihre Freunde versuchten vergeblich,

frisches Wasser zu bekommen, damit sie wieder das

Bewusstsein erlange. Sie waren gezwungen, ungenie�bares

Wasser aus einer schmutzigen Pf�tze auf dem Boden zu nehmen,

mit dem ein Mann, der Matten anfertigte, seine Binsen

anfeuchtete. Aus dieser Pf�tze entnahm man etwas Wasser,

siebte es und befeuchtete damit ihre Lippen. Doch es war so

ekelhaft, dass sie erneut ohnm�chtig wurde. Schlie�lich kam

sie zu Bewusstsein, nachdem man ihr etwas Wasser in das Gesicht

gespritzt hatte. Sie beschreibt auch, wie furchtbar es sich

auf den Gesundheitszustand der Bábys und kleinen Kinder

auswirkte, dass sie nichts zu essen und zu trinken hatten, und

berichtet, dass immer, wenn man Bahau�ll�h etwas Nahrung

brachte, Er anordnete, es den kleinen Kindern zu geben.53

Die physischen Entbehrungen und das Vorgehen, die Verbannten

von der �brigen Bev�lkerung zu isolieren, dauerten

eine Zeit lang an. Bahayyih Kh�num berichtet, dass sie w�hrend

der ersten beiden Jahre, die sie dort verbrachten, nur dreimal

das Gef�ngnis f�r ganz kurze Zeit verlassen durften. Au�erdem

hatten sie nur sehr wenig Geld, und niemand half ihnen bei den

Aufgaben des t�glichen Lebens, so dass gro�enteils Navvab,

Bahau�ll�hs geliebte Ehefrau, und das Gr��te Heilige Blatt f�r

die ganze Familie waschen, kochen, n�hen und die Kleidung

ausbessern mussten.54

Eine weitere Auswirkung der strengen Einkerkerung der

Verbannten war, dass es f�r die Pilger unm�glich wurde, in die

52
53
54

Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung, Lawh-i-Ra��s, S. 182-183:4

Nach Erinnerungen des Gr��ten Heiligen Blattes, in Myron Phelps

Master in �Akka, S. 78; S. 80-81

Nach den m�ndlichen Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady

Bloomfield The Chosen Highway, S. 68; siehe Tub� Kh�num, in ebenda,

S. 93
58
ProphetsDaughter.indb 58 31.08.2007 10:42:11

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

Gegenwart Bahau�ll�hs zu gelangen. Bahayy�h Kh�num erw�hnt:

�Als Nab�l, der Geschichtsschreiber, nach �Akka kam,

durfte er die Stadt nicht betreten. Einige Zeit verbrachte er in

der H�hle des Elias auf dem Berg Karmel. Von dort aus ging

er gew�hnlich (ungef�hr zehn Meilen) zu einer Stelle jenseits

der Festungsmauern, von wo aus er die Fenster unserer drei

kleinen Gef�ngniszellen sehen konnte. Hier wartete er auf das

seltene und hei� ersehnte Gl�ck, Bahau�ll�hs Hand vom mittleren

kleinen Fenster aus winken zu sehen.�55

Der pl�tzliche und tragische Tod im Jahre 1870 von Mirza

Mihd�, dem geliebten Sohn Bahau�ll�hs, der als der Reinste

Zweig bekannt war, vermehrte die Sorgen und das Leid der

Verbannten. Im Alter von zweiundzwanzig Jahren st�rzte er,

w�hrend er im Gebet versunken auf dem Dach der Gef�ngnisbaracken

auf und ab schritt, durch einen Lichtschacht und

erlag seinen Verletzungen. Als Bahau�ll�h herbeigerufen wurde,

bat er flehentlich seinen Vater, �dass sein Leben als Opfer

angenommen werde f�r alle, die daran gehindert werden, in die

Gegenwart ihres Geliebten zu gelangen,� und es so zu erm�glichen,

dass die Pilger in die Gegenwart Bahau�ll�hs kommen

konnten. Dieses mit so viel Liebe dargebrachte Opfer wurde

angenommen. Allm�hlich �ffneten sich die T�ren f�r die Pilger,

die aus Persien und anderen L�ndern der Welt kamen.56

Zu den Leiden, die Bahau�ll�h und die Verbannten ertrugen,

kam noch ein Verleumdungsfeldzug voller Schm�hungen

und Intrigen hinzu, angef�hrt von denen, die sich gegen Seine

F�hrerschaft auflehnten. Obwohl Bahau�ll�h Seine Anh�nger

ausdr�cklich davor gewarnt hatte, sich an ihren Peinigern zu

r�chen, missachteten einige Gl�ubige Seine Anweisungen und

t�teten drei ihrer Verfolger. Ihre �berst�rzte Tat f�hrte dazu,

dass Bahau�ll�h in Gewahrsam genommen und zum Verh�r

dem Stadtkommandanten vorgef�hrt wurde. Auch flammte dadurch

die Feindschaft der Bev�lkerung gegen�ber den Vertriebenen

wieder auf.57

55 M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in ebenda, S. 68

56 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 260-261; 11:12

57 Weitere Einzelheiten siehe ebenda, S. 262; 11:16 11:21

59
ProphetsDaughter.indb 59 31.08.2007 10:42:11
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

Mit der Zeit erkannten alle Schichten der Bev�lkerung die

Unschuld Bahau�ll�hs, und der Geist Seiner Lehren drang in

ihr Bewusstsein. Shoghi Effendi verweist darauf, dass �die

Hochflut des Elends und der Erniedrigung abzuebben begann

und sich ein Wandel in den Geschicken des Glaubens ank�ndigte.�

Nach neunj�hriger Gefangenschaft in den Mauern der Gef�ngnisstadt

durfte Bahau�ll�h die Stadttore hinter sich lassen.

Er konnte schlie�lich Seinen Wohnsitz in einem Haus in Bahj�

aufschlagen, das am Stadtrand, n�rdlich von �Akka gelegen ist.

Bahau�ll�h weist auf die Wende in den Begleitumst�nden hin,

die im Verlauf Seiner Verbannung in �Akka stattfanden, indem

Er schreibt: �Der Allm�chtige ... hat dieses Gef�ngnis in das

Erhabene Paradies, den Himmel aller Himmel, verwandelt.�58

Obwohl die Lebensverh�ltnisse Bahau�ll�hs sich beachtlich

ver�nderten, so war �noch bemerkenswerter� wie Shoghi

Effendi bezeugt �die beispiellose Zunahme Seines Schrifttums

w�hrend Seiner Gef�ngnishaft.� Diese an Offenbarung

so reiche Zeit �muss als eines der vitalsten und fruchtbarsten

Stadien in der Entwicklung Seiner Lehre gewertet werden.�59

W�hrend der Zeit in �Akka fuhr Bahau�ll�h fort, Seine Sendung

den K�nigen und Herrschern der Welt zu verk�nden. Er

offenbarte das Kitáb-i-Aqdas, das Heiligste Buch, die Sammlung

der wichtigsten Gesetze und Anordnungen Seiner Sendung

und andere Sendschreiben, welche die Seiner Sendung

zugrunde liegenden Lehrs�tze und Prinzipien bekr�ftigen und

erg�nzen.

Gegen Ende Seines Lebens durfte Bahau�ll�h sich freier

bewegen; es war Ihm nicht nur gestattet, au�erhalb der Stadtmauern

der Gef�ngnisstadt �Akka zu wohnen, viermal fand Er

auch Gelegenheit, Haifa zu besuchen. Er hatte das Wohlgefallen

der Regierung und die Zuneigung der einheimischen Bev�lkerung

gewonnen. Seine Religion begann sich in vielen verschiedenen

Teilen der Welt zu verbreiten und begeisterte eine

gr��ere Vielfalt von Menschen. Shoghi Effendi bemerkt, dass

58 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 264; 11:21; Bahau�ll�h, in ebenda,

S. 270; 11:34
59 ebenda, S. 281; 12:16
60
ProphetsDaughter.indb 60 31.08.2007 10:42:11

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

kurz vor dem Hinscheiden Bahau�ll�hs der Glauben �begann,

sich im Licht eines Aufschwungs zu sonnen, wie er ihm nie

zuvor verg�nnt war.�60

Auf diesem Hintergrund erscheint es interessant, dar�ber

nachzudenken, welchen Anteil das Gr��te Heilige Blatt an

den Geschehnissen hatte, die sich w�hrend der Verbannung

in �Akka ereigneten. Obwohl nur wenige und bruchst�ckhafte

Einzelheiten �ber die genaue Rolle, die das Gr��te Heilige

Blatt bei diesen Ereignissen spielte, �berliefert sind, steht uns

zumindest das Zeugnis Shoghi Effendis zur Verf�gung, in dem

Er beschreibt, wie tief sich die Gefangenschaft in diese heroische

Seele eingepr�gt hat. Die in ihr ruhenden geistigen Eigenschaften

durchdrangen offensichtlich alles, was sie tat. Shoghi

Effendi versichert: �Erst als sie gemeinsam mit Bahau�ll�h

in den Mauern der Gef�ngnisstadt �Akka eingesperrt wurde,

auf der H�he ihrer Kraft und im �berma� ihrer Liebe f�r Ihn,

entfaltete sie diese Gaben, die sie nach �Abdu�l-Bahá unter

den Mitgliedern der Heiligen Familie auszeichnen als die

strahlendste Verk�rperung dieser aus Gott geborenen Liebe

und dieses menschlichen Mitgef�hls, das nur wenige Sterbliche

empfinden k�nnen.�61

Die bestimmende Kraft im Leben des Gr��ten Heiligen

Blattes lag in dem klaren Verst�ndnis von der Bedeutung der

Sache ihres Vaters und in ihrer Ergebenheit, sie zu unterst�tzen.

Shoghi Effendi best�tigt: �Indem sie aus ihrem Geist und

Herzen jede weltliche Bindung verbannte, selbst den Gedanken

an eine Ehe aufgab, indem sie entschieden einem Bruder

zur Seite stand, dem sie so ergeben half und diente, erhob sie

sich und weihte ihr Leben dem Dienst an der glorreichen Sache

ihres Vaters.� Dann beschreibt Shoghi Effendi einige Aufgabengebiete,

in denen das Gr��te Heilige Blatt w�hrend der

Zeit in �Akka einen bedeutenden Beitrag leistete. Er hebt auch

bestimmte Wesensz�ge hervor, die zweifellos entscheidend

dazu beitrugen, die Einheit unter den Verbannten aufrecht zu

erhalten und mit den Beh�rden Kontakt zu pflegen, um allm�h

60 ebenda, S. 301; 13:1

61 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34

61
ProphetsDaughter.indb 61 31.08.2007 10:42:11
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

lich deren Abneigung, die sie Bahau�ll�h entgegen brachten

w�hrend der ersten neun Jahre der Verbannung in der Gef�ngnisstadt,

in Wohlwollen zu verwandeln. Er schreibt: �Ob nun

durch die hervorragende Leitung der Angelegenheiten Seines

Haushalts oder die gewissenhafte Pflege sozialer Beziehungen

zur Abschirmung von Bahau�ll�h und auch von �Abdu�l-Baha,

sei es die unabl�ssige Aufmerksamkeit, die sie den t�glichen

Bed�rfnissen ihres Vaters schenkte, oder durch den Edelmut,

die Freundlichkeit und G�te, die sie in allem offenbarte inzwischen

hatte das Gr��te Heilige Blatt l�ngst bewiesen, dass sie

es verdiente, zu den edelsten Gestalten gez�hlt zu werden, die

mit dem Lebenswerk Bahau�ll�hs eng verbunden waren.�62

Die folgende Beschreibung Shoghi Effendis gew�hrt einen

Einblick in die schwierige Lage, in der sich �Abdu�l-Bahá

und das Gr��te Heilige Blatt befanden, wenn sie mit den �rtlichen

Beh�rden verhandelten. Er schreibt: �Wie gro� war die

Undankbarkeit, wie blind der Fanatismus, wie hartn�ckig die

Bosheit der Beamten, ihrer Frauen und ihrer Untergebenen als

Erwiderung auf die gro�e Mildt�tigkeit, die sie und ihr Bruder

ihnen so reichlich bekundeten. Ihre Geduld, ihre Seelengr��e,

ihr allen Menschen unterschiedslos entgegen gebrachtes Wohlwollen

konnten nicht die Feindseligkeit dieses verderbten Geschlechts

entwaffnen, sondern dienten nur dazu, ihren Hass zu

entflammen, ihre Eifersucht zu erwecken und ihre �ngste zu

sch�ren.� Shoghi Effendi vergleicht auch den Seelenzustand

der Verbannten, die w�hrend dieser Zeit in �Akka �u�erste Entbehrungen

und Gefahren auf sich nehmen mussten, mit dem zuversichtlichen

Optimismus, den das Gr��te Heilige Blatt zeigte

� ein Optimismus, der auf der Erkenntnis beruhte, dass die Kraft

des Glaubens zuletzt den Sieg erringen werde. Er schreibt: �Die

Schwermut, die sich �ber die kleine Gruppe der eingekerkerten

Gl�ubigen, die in der Festung von �Akka schmachteten, ausgebreitet

hatte, stand im Gegensatz zu dem Geist zuversichtlicher

Hoffnung und tief verwurzeltem Optimismus, der aus ihrem

heiteren Antlitz strahlte. Kein noch so schweres Ungl�ck konn62

Shoghi Effendi, in Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34-35

62
ProphetsDaughter.indb 62 31.08.2007 10:42:11

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

te das Leuchten ihres heiligen Gesichtes verdunkeln, und keine

Ersch�tterung sie in ihrer edlen und w�rdigen Gelassenheit

beeintr�chtigen.�63W�hrend der sp�teren Jahre Seines Lebens

wohnte Bahau�ll�h in dem hochherrschaftlichen Haus in Bahj�;

�Abdu�l-Baha, Seine geliebte Schwester Bahayyih Kh�num und

�Abdu�l-Bahas Familie jedoch lebten weiterhin in der Gef�ngnisstadt

�Akka. Schon einige Monate vor Seinem Hinscheiden

vertraute Bahau�ll�h �Abdu�l-Bahá an, dass das Ende Seines irdischen

Lebens nahe sei. Shoghi Effendi schildert die folgenden

Ereignisse, die sich in jener Zeit zutrugen:

�In der Nacht vor dem elften Shavv�l 1309 n.d.H. (8. Mai

1892) bekam Er leichtes Fieber, das am Tag darauf etwas

anstieg, dann wieder abklang. Er f�hrte auch weiterhin Gespr�che

mit bestimmten Freunden und Pilgern, aber bald
war zu sehen, dass Er sich nicht wohl f�hlte.

Sechs Tage bevor Er starb, lie� Er, im Bett an einen Seiner

S�hne gelehnt, alle Gl�ubigen, darunter einige Pilger,

die sich im Landhaus versammelt hatten, zu sich rufen, was

sich als ihre letzte Audienz bei Ihm erweisen sollte. �Ich bin

sehr zufrieden mit euch allen�, sprach Er g�tig und liebevoll

zu der weinenden Schar, die um Ihn stand. �Ihr habt viele

Dienste geleistet und wart sehr eifrig in eurem Werk. Jeden

Morgen und jeden Abend seid ihr hierher gekommen. Gott

stehe euch bei, dass ihr einig bleibt. M�ge Er euch helfen,

die Sache des Herrn des Seins zu erheben.� An die Frauen,

darunter Seine Familienmitglieder, die um Sein Bett standen,

richtete Er �hnlich ermutigende Worte und versicherte

ihnen nachdr�cklich, dass Er sie alle in einem Dokument,

das Er dem Gr��ten Zweig (�Abdu�l-Baha) anvertraut habe,

Dessen F�rsorge empfehle.64

Shoghi Effendi berichtet, dass Bahau�ll�hs �Fieber erneut

auftrat, heftiger als zuvor. Sein Allgemeinzustand verschlim63

ebenda, S. 35

64 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 301-302; 13:2; 13:3

63
ProphetsDaughter.indb 63 31.08.2007 10:42:11
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

merte sich zusehends, dann traten Komplikationen auf, die am

zweiten Dhi�l-Qa�dih 1309 n.d.H. (29. Mai 1892 ) um die Morgend�mmerung,

acht Stunden nach Sonnenuntergang, im 75.

Jahr Seines Lebens, zu Seinem Hinscheiden f�hrten.�65

Eine Nichte Bahayyih Kh�nums erz�hlt, dass neun Tage nach

dem Hinscheiden Bahau�ll�hs Sein Testament zun�chst vor den

M�nnern und danach vor den Frauen Seines Haushaltes verlesen

wurde. Durch dieses Testament errichtete Bahau�ll�h Sein

B�ndnis mit den Gl�ubigen und ernannte Seinen Sohn �Abdu�l-

Bahá nicht nur zum Mittelpunkt des Bundes, sondern auch als

Nachfolger Bahau�ll�hs zum Oberhaupt des Glaubens und bevollm�chtigten

Ausleger Seiner Schriften. Alle wurden angewiesen,

sich �Abdu�l-Bahá zuzuwenden und Ihn um F�hrung zu

bitten. Trotz der klaren Vorkehrungen, die in Seinem Testament

getroffen worden waren, entstand in der weiteren Familie und

der Gemeinde nach sehr kurzer Zeit Uneinigkeit �ber dessen

Auslegung. �Abdu�l-Bahas Stellung und Autorit�t wurden angefochten.

Als zum Beispiel �Abdu�l-Bahá versuchte, eine Anzahl

Sendschreiben, die Bahau�ll�h kurz vor Seinem Hinscheiden f�r

viele Seiner Anh�nger offenbart hatte, zu erhalten, teilte ihm Sein

Halbbruder Mirza Muhammad-�Al� mit, dass diese Sendschreiben

nicht existierten. Au�erdem erkl�rte sich keiner der m�nnlichen

Familienmitglieder bereit, �Abdu�l-Bahá bei der Durchf�hrung

der vor Ihm liegenden Aufgaben zu unterst�tzen.66

Die Briefe, die Bahayyih Kh�num bald nach dem Hinscheiden

Bahau�ll�hs schrieb, gew�hren einen tiefen Einblick in

die Gef�hle, die dieser schwere Verlust in den Herzen der Mitglieder

der Heiligen Familie ausl�ste. In einem Brief vom Mai

1892 beschreibt sie das Ausma� ihrer eigenen Verlassenheit

und zeigt zugleich Wege auf, wie man sich in Zeiten von Pr�fungen

verhalten solle. Sie schreibt:

�Keine Feder kann wirklich schildern, welch schMirzaiche

Gef�hle in unseren Herzen aufwallten. Jeder Ausdruck w�r

65 ebenda, S. 301-302

66 Siehe den m�ndlichen Bericht Tub� Kh�nums, in Lady Bloomfield The

Chosen Highway, S. 109-110
64
ProphetsDaughter.indb 64 31.08.2007 10:42:11

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

de sich als absolut unzureichend erweisen, w�re weniger,

als was durch ein Nadel�hr ginge, denn Worte und Silben

sind unf�hig, das Ausma� dieses unvorstellbaren Leides

auszudr�cken. Sie sind wie ein winziger Tropfen im Vergleich

zu einem Ozean. Nicht einmal in der gewaltigen Unermesslichkeit

innerer Bedeutungen und Auslegungen kann

dieses furchtbare Geschehen beschrieben werden. Endlos

ist die Geschichte, die �ber das Feuer des schMirzaichen

Verlustes, das die Herzen der Gefangenen verzehrte, berichtet.

W�hrend dieser dunklen, von furchtbarem Ungl�ck erf�llten

Zeit und hierbei ist Gott mein Zeuge schmolzen

unsere Herzen dahin und unaufh�rlich rannen die Tr�nen

aus unseren Augen.

Wenn wir uns jedoch dem unwiderruflichen Gehei� des Allm�chtigen

gegen�ber sehen, sollten wir uns in dieser Welt

mit dem Gewand der Geduld und Unterwerfung kleiden,

und zu den verdienstvollsten aller Taten z�hlt es, wenn wir

unsere Angelegenheiten in Seine H�nde legen und uns Seinem

Willen unterwerfen.�67

In einem Auszug eines Briefes, den sie 1897 schrieb,

schildert sie auch ihren Schmerz �ber das Verhalten derjenigen,

die den Glauben angreifen: �Solltest du dich nach diesen Hinterbliebenen

erkundigen, so geht es uns durch die Gnade des

Herrn und die Barmherzigkeit Seines g�ttlichen Mysteriums

gut, aber unser Kummer kennt keine Grenzen. Wir flehen an

der Schwelle des Ewigen und Allm�chtigen Geliebten, Er m�ge

vor uns die Tore der Freude aufschlie�en, die Achtlosen und in

tiefem Schlaf Versunkenen erwecken und den Verfechtern des

Aufruhrs einen Sinn f�r Gerechtigkeit verleihen, so dass dieser

Sturm sich lege, diese Zwietracht getilgt werde, und wir wieder

die S��e segensreicher Tage kosten m�gen.�68

Das Hinscheiden Bahau�ll�hs hinterlie� tiefe Spuren und

drohte, die Gesundheit des Gr��ten Heiligen Blattes zu schw�67

Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 97

68 ebenda, S. 99
65
ProphetsDaughter.indb 65 31.08.2007 10:42:11
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter

chen. �Abdu�l-Bahá dr�ckt Seine Sorge um die Gesundheit und

das Wohlbefinden Seiner Schwester in einem Sendschreiben an

einen Gl�ubigen aus dem Osten aus. Er beschreibt ihren ersch�pften

Gesundheitszustand und macht folgende zu Herzen

gehende �u�erung: �Schon seit l�ngerer Zeit, genauer seit dem

Tag, an dem Bahau�ll�h in Sein Reich aufgestiegen ist, wurde

Meine Schwester so d�nn und schwach und durch die qualvolle

Trauer so ersch�pft, dass sie fast zusammenbrach.� �Abdu�l-

Bahá vertraut diesem treuen Gl�ubigen an, dass es der innigste

Wunsch Seiner Schwester war, diese Welt zu verlassen, und

dass Er �es nicht ertragen konnte, sie in diesem Zustand zu

sehen.� So gewann Er die Hilfe Seines Freundes, der das Gr��te

Heilige Blatt auf einer Reise begleiten konnte, damit sie

�eine Luftver�nderung� erfahre.69

Bahau�ll�hs Hinscheiden vergr��erte nicht nur das Leiden

Bahayy�h Kh�nums und schw�chte ihre k�rperlichen Kr�fte,

sondern rief Geschehnisse hervor, die zu ihrer zunehmenden

sozialen Isolation f�hrten und sie in ihrem Entschluss bekr�ftigten,

den Angriffen auf den Glauben Widerstand zu leisten.

Shoghi Effendi stellt fest:

�Von Kindheit an hatte sie stets sehr gelitten, jedoch erweckten

die Seelenqualen, die das Hinscheiden Bahau�ll�hs verursachten,

in ihr eine Entschlossenheit wie nie zuvor, die kein

Widerstand beugen konnte und die ihre zarte Konstitution L�gen

strafte. Inmitten des Staubes und der Hitze, den diese treulose

und rebellische Gemeinschaft durch ihren Aufruhr ausl�ste,

sah sie sich gezwungen, famili�re Bande zu l�sen, alte

und nahe Freundschaften aufzugeben, weniger Treugesinnte

zu entlassen, um sich einer Sache, der sie voll inniger Liebe

und Ergebenheit so treu diente, v�llig widmen zu k�nnen.�70

Shoghi Effendi best�tigt in �hnlicher Weise, dass �ihr Schmerz

durch das Hinscheiden der Abha Sch�nheit noch verst�rkt und

das Feuer ihrer Trauer durch die Grausamkeit der Treulosen noch

69 �Abdu�l Baha, in ebenda, S. 14-15
70 Shoghi Effendi, in ebenda, S. 36
66
ProphetsDaughter.indb 66 31.08.2007 10:42:11

ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs

weiter gesch�rt wurde.� Er beschreibt, wie sie auf die Untreue der

Familienmitglieder und deren Angriffe auf den Glauben reagierte

und wie sehr sich dies alles auf die Stufe Bahayy�h Kh�nums

auswirkte. �Inmitten dieses aufr�hrerischen Sturms�, so bezeugt

Shoghi Effendi, �leuchtete das Antlitz dieses kostbaren Schatzes

des Herrn umso strahlender, und alle Mitglieder der Baha-Gemeinde

erkannten ihren Wert und hohen Rang. Der heftige Angriff

der Emp�rer gegen die heiligen �berzeugungen der Gl�ubigen

riefen in ihr weder Furcht noch Verzweiflung hervor.�71

Shoghi Effendi gibt einen Einblick, welch einzigartige

Aufgaben das Gr��te Heilige Blatt in dieser kritischen �bergangsphase

verrichtete: �Als einzige aus Bahau�ll�hs Familie

tr�stete und unterst�tzte sie den Gr��ten Heiligen Zweig72,

�Abdu�l-Baha, gegen den sich fast alle Seiner treulosen Verwandten

gemeinsam verschworen hatten. Bei ihrer k�hnen

Aufgabe halfen ihr die st�ndigen Bem�hungen Munírih Khánums,

der Heiligen Mutter, und ihrer T�chter, die, wenn sie alt

genug waren, mit dazu beitrugen, die ungeheuren Leistungen

zu erringen, die auf immer mit dem Namen �Abdu�l-Bahas verbunden

sind.� Shoghi Effendi lenkt die Aufmerksamkeit auf

die Erfahrungen, die Bahayyih Kh�num auf ihre wichtige Rolle

vorbereitet hatten, die sie bei der Verteidigung des Bundes zu

spielen haben w�rde: �Mit Kr�ften ausgestattet, die das nahe

und st�ndige Zusammensein mit Bahau�ll�h ihr verliehen hatte,

und gesegnet durch das gro�artige Beispiel, das der st�ndig

anwachsende Aufgabenbereich �Abdu�l-Bahas ihr bot, war sie

vorbereitet, dem Ansturm, den das verr�terische Verhalten der

Bundesbrecher73 ausl�ste, die Stirn zu bieten und selbst seinen

zerst�rerischsten Angriffen zu widerstehen.�74
71 ebenda, S. 28
72 �Abdu�l-Bahá

73 In den Baha-Schriften ist ein Bund verankert, der genaue Vorkeh

rungen trifft f�r die Ernennung eines Nachfolgers nach dem Tode des

Begr�nders und der Einrichtung von administrativen Institutionen,

um die Angelegenheiten der Religion zu leiten. Bundesbrecher sind

Mitglieder der Religionsgemeinschaft, die �ffentlich versuchen, die

F�hrerschaft der Religion zu untergraben und ihre Einheit zu zerst�ren.

74 ebenda, S. 37; S. 36
67
ProphetsDaughter.indb 67 31.08.2007 10:42:11
2. Kapitel Bahau�ll�hs edle tochter
Bahayyih Kh�num, das Gr��te Heilige Blatt.

1895 aufgenommen in einem Studio, im Hintergrund ein Gem�lde.

� Baha-Weltzentrum
68
ProphetsDaughter.indb 68 31.08.2007 10:42:13
3. Kapitel
�Abdu�l-Bahas
brillante Schwester
ProphetsDaughter.indb 69 31.08.2007 10:42:13
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

Die Beziehung Bahayyih Kh�nums zu ihrem Bruder �Abdu�l-

Bahá �berstieg bei weitem die gef�hlsm��igen Bande, die

Familienmitglieder �blicherweise miteinander verbinden.

Diese Beziehung war mystischer und geistiger Natur, voll

gro�er Zartheit. In Seinen Briefen wendet sich �Abdu�l-Bahá

an sie mit den Worten: �Meine innig geliebte und tiefgeistige

Schwester�, �meine verehrte und vornehme Schwester� und

�meine Schwester im Geiste und Gef�hrtin meines Herzens.�

Liest man diese Briefe, so wird deutlich, dass �Abdu�l-Bahá

um den hohen geistigen Rang Bahayyih Kh�nums wusste. Er

erw�hnt ihre Bereitschaft, sich dem Dienst am Baha-Glauben

zu opfern, schenkt ihrem unersch�tterlichen Festhalten am

Baha-Bund und ihrer treuen Unterst�tzung Anerkennung und

Wertsch�tzung und r�hmt ihre F�higkeiten, ihr solides Urteilsverm�gen

und ihre Charaktereigenschaften. Vor allem gilt Seine

Sorge ihrem Wohlbefinden und ihrem Gl�ck.1

In diesem Kapitel wollen wir herausfinden, auf welch un�bertreffliche

Art das Gr��te Heilige Blatt, von Shoghi Effendi

als �Abdu�l-Bahas �brillante Schwester� beschrieben, zum

Schutz und zur Entfaltung des Baha-Glaubens w�hrend der

Amtszeit �Abdu�l-Bahas beigetragen hat. Wir werden das Augenmerk

besonders auf ihre zuverl�ssige Unterst�tzung lenken,

die sie in den Jahren nach dem Hinscheiden Bahau�ll�hs

dem Bund des Baha-Glaubens erwies, und auf ihre Dienste

als �Abdu�l-Bahas �w�rdige Beauftragte, Stellvertreterin und

Statthalterin� w�hrend Seines Aufenthalts in der westlichen

Welt sowie auf die meisterhafte Art, in der sie den Haushalt

ihres geliebten Bruders managte.2

Die Geschichtsschreibung erw�hnt nur wenige Einzelheiten

�ber das eigentliche Wirken des Gr��ten Heiligen Blattes.

Jedoch bieten die Aussagen des H�ters des Glaubens ein umfassendes

Ger�st, in dem die zu vereinenden Bruchst�cke zu

finden sind. Besch�ftigt man sich mit den Geschehnissen, die

sich in der Baha-Gemeinde w�hrend der Amtszeit �Abdu�l

1 �Abdu�l-Baha, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 7;

S. 10; S. 17
2 Shoghi Effendi, in ebenda, S. 28
70
ProphetsDaughter.indb 70 31.08.2007 10:42:13
unterst�tzung des mittelpunKts des Bundes

Bahas ereigneten, und zieht die Erkl�rungen Shoghi Effendis

�ber deren Bedeutung hinzu sowie die Berichte von Baha-Pilgern

aus Ost und West, die �Akka und Haifa besuchten, so kann

man sich schlie�lich ein ungef�hres Bild von Bahayyih Kh�nums

Mitwirkung w�hrend dieser Zeit der Baha-Geschichte

machen.
Unterst�tzung des Mittelpunkts des Bundes

Bahau�ll�hs Testament, das Buch Seines Bundes, wurde vollst�ndig

von Seiner eigenen Hand geschrieben. Wie im 2. Kapitel

erw�hnt, wurde das Testament am neunten Tag nach Seinem

Hinscheiden �in Gegenwart von neun aus Seinen Gef�hrten

und Familienmitgliedern erw�hlten Zeugen entsiegelt und am

selben Nachmittag vor einer gro�en Versammlung, darunter

Seine S�hne, einige Verwandte des B�b, Pilger und ans�ssige

Gl�ubige, an Seinem Heiligsten Grab verlesen.� Die Bedeutung

dieses �einzigartigen, epochemachenden Dokuments� besteht

darin, dass es die Mittel bereit stellt, um �die Wirksamkeit

des Glaubens fortzuf�hren, seine Unverletzbarkeit zu gew�hrleisten,

ihn vor Spaltung zu bewahren und seine weltweite Ausdehnung

zu f�rdern.�3

Nach den im Testament Bahau�ll�hs getroffenen Vorkehrungen

wurde �Abdu�l-Bahá zum Nachfolger Bahau�ll�hs ernannt,

dem die Vollmacht verliehen war, die Schriften Seines

Vaters auszulegen. Shoghi Effendi weist auf die Auswirkungen

dieser Ernennung hin.�Abdu�l-Bahá wurde �zum hohen Amt

des Mittelpunkts Seines Bundes erhoben und zum Nachfolger

der Manifestation Gottes, eine Stellung, die Ihm die Kraft gab,

au�erordentlichen Schwung in die weltweite Verbreitung der

Religion Seines Vaters zu bringen, ihre Lehre auszubauen, alle

Schranken niederzurei�en, die sich ihrem Fortschritt hemmend

in den Weg stellen k�nnten und ihre Verwaltungsordnung ins

Leben zu rufen sowie diese in ihren Grundlinien zu umrei�en,

3

Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 320; 14:4, S. 328-329; 15:3

71
ProphetsDaughter.indb 71 31.08.2007 10:42:13
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

dies Kind des Bundes und Vorbote einer Weltordnung, deren

Bau den Anbruch des Goldenen Zeitalters der Baha-Sendung

kennzeichnen wird.�4

Der neu ins Leben gerufene Bund bildete den Auftakt zur

Errichtung der administrativen Struktur, welche die weltweite

Verbreitung des Baha-Glaubens erm�glichte zuerst auf dem

Nordamerikanischen Kontinent und von dort aus auf der restlichen

Welt. Bevor eine solche Ausdehnung jedoch stattfinden

konnte, �musste der neu begr�ndete Bund Bahau�ll�hs� mit

den Worten Shoghi Effendis, �eine Feuertaufe bestehen, die seine

Festigkeit der ungl�ubigen Welt vor Augen und von seiner

Unzerst�rbarkeit k�nden sollte.� Er betont den Ernst dieser Pr�fung

und beschreibt sie als �eine der h�rtesten Pr�fungen, die

die Sache Gottes in diesem Jahrhundert zu bestehen hatte.�5

Diese von 1892 bis 1896 vier Jahre andauernde Krise wurde

durch Mirza Muhammad-�Al� , einem Halbbruder �Abdu�l-

Bahas, heraufbeschworen, den Bahau�ll�h in Seinem Buch

des Bundes besonders genannt hat, und der an zweiter Stelle

steht nach �Abdu�l-Baha. Shoghi Effendi erl�utert den Hintergrund:

�Die eigentliche Ursache f�r das Entstehen der Krise

lag in brennender, hemmungsloser, verzehrender Eifersucht,

von der nicht nur Mirza Muhammad-�Al�, der Hauptverletzer

des Bundes, sondern auch einige seiner n�chsten Verwandten

erf�llt waren Eifersucht auf den Vorrang, den �Abdu�l-Bahá

anerkannterma�en durch Stellung, Einfluss, F�higkeiten, Wissen

und T�chtigkeit vor allen anderen Familienmitgliedern hatte.�

Der H�ter erl�utert, dass blinder Neid �im Herzen Mirza

Muhammad-�Al�s schwelte� und dieser werde �insgeheim

gesch�rt durch die zahllosen Beweise der Auszeichnung, der

Wertsch�tzung und Gunst, die �Abdu�l-Bahá nicht nur von Seiten

Bahau�ll�hs, Seiner Gef�hrten und Anh�nger erfuhr, sondern

Ihm auch von zahlreichen Nichtgl�ubigen zustr�mten, die

der angeborenen Gr��e innewurden, die �Abdu�l-Bahá schon

von Kindheit an besa�.� Mirza Muhammad-�Al� �war keineswegs

zufrieden, dass er im Testament zum zweith�chsten Rang

4 ebenda, S. 326-327; 14:12
5 ebenda, S. 330; 15:7
72
ProphetsDaughter.indb 72 31.08.2007 10:42:13
unterst�tzung des mittelpunKts des Bundes

unter den Gl�ubigen erhoben worden war�, seine Feindselig

keit wurde noch gr��er, �als ihm zum Bewusstsein kam, wel

che Folgen dieses Dokument hatte.�6

Shoghi Effendi beschreibt die Auswirkung dieser Feindse

ligkeit Mirza Muhammad-�Al�s und die Unterst�tzung, die er

von der weiteren Familie und nahen Gef�hrten �Abdu�l-Bahas

erhielt:

�Diesem �Gr��ten Aufwiegler� gelang es allm�hlich, durch

unnachgiebige Beharrlichkeit, mit L�gen, Halbwahrheiten,

Verleumdungen und ma�losen �bertreibungen fast die

ganze Familie Bahau�ll�hs und eine betr�chtliche Anzahl

von Gl�ubigen aus seinem engeren Bekanntenkreis

auf seine Seite zu ziehen. Die beiden �berlebenden Frauen

Bahau�ll�hs,7 Seine beiden S�hne, der wankelm�tige

Mirza D�y�u�ll�h und der treulose Mirza Bad�u�ll�h mit

seiner Schwester und Halbschwester und deren Gatten, von

denen der eine, Siyyid�Al�, ein Verwandter des B�b, der

andere der verschlagene Mirza Majdi�d-D�n war, dessen

Schwester und Halbbr�der die Kinder des edlen, gl�ubigen,

nun verstorbenen �q�y-i-Kal�m sie alle vereinigten

sich in dem entschlossenen Bestreben, die Grundlagen des

Bundes, die das unl�ngst verk�ndete Testament gelegt hatte,

zu zerst�ren. Selbst Mirza �q� J�n, der vierzig Jahre lang

als Sekret�r Bahau�ll�hs gewirkt hatte und MuhammadJav�d-

i-Qasv�n�, der seit den Tagen in Adrianopel damit

besch�ftigt war, die unz�hligen Schriften, die die Erhabene

Feder offenbarte, abzuschreiben, sowie seine ganze Familie

machten mit den Bundesbr�chigen gemeinsame Sache und

lie�en sich in ihre Machenschaften hineinziehen.�8

6
ebenda, S. 331; 15:8, 15:9
7

In islamischen Kulturen des mittleren Ostens war Polygamie �blich.

Bahau�ll�h heiratete gem�� dieser Tradition drei Frauen. Nachdem

Bahau�ll�h den Baha-Glauben begr�ndet hatte, erkl�rte Er in dem

von Ihm offenbarten Buch der Gesetze die Einehe als die einzig annehmbare

Verhaltensweise f�r Baha.
8

ebenda, S. 331-332 ; Zur genaueren Er�rterung siehe Adib Taherzadeh

The Covenant of Bahau�ll�h, Part 2
73
ProphetsDaughter.indb 73
31.08.2007 10:42:13
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

W�hrend dieser Zeit, die �dem Hinscheiden Bahau�ll�hs�

folgte, �das den st�rmischen Angriff zerst�rerischer Kr�fte nach

sich zog�, stieg das Gr��te Heilige Blatt �nun in der Bl�te ihres

Lebens zum Gipfel ihrer M�glichkeiten auf und erf�llte angemessen

ihreAufgabe.� Sie wurde zur wichtigsten St�tze �Abdu�l-

Bahas, dem ernannten Mittelpunkt des Bundes. Der H�ter stellt

fest: �Sie allein blieb aus Bahau�ll�hs Familie �brig, das Herz

des Gr��ten Zweiges �Abdu�l-Bahá zu erheitern, gegen den sich

fast alle Seiner treulosen Verwandten geschlossen verschworen

hatten, und Ihn bei Seinen Bem�hungen zu unterst�tzen. Bei

ihrer schweren Aufgabe standen ihr unerm�dlich Munir�h Kh�num,

die Heilige Mutter, die Frau von �Abdu�l-Baha, zur Seite

sowie diejenigen ihrer T�chter, die alt genug waren, um bei

der Vollendung dieses gewaltigen Werkes mitzuhelfen, mit dem

�Abdu�l-Bahas Name f�r immer verbunden sein wird.�9

Auch wenn nicht genau bekannt ist, was Bahayyih Kh�num

im Einzelnen unternommen hat, so lassen sich doch gewisse

R�ckschl�sse ziehen, indem man die gegen �Abdu�l-Bahá gerichtete

Kampagne und die Ma�nahmen, die Er unternahm, um

ihre Auswirkung in Schranken zu halten, genauer pr�ft.

Diejenigen, die aufstanden, um den von Gott errichteten

Bund zur�ckzuweisen, starteten eine Kampagne der Verleumdung

gegen �Abdu�l-Baha. Sie griffen nicht nur den Kern von

Bahau�llahs Testament an, sondern zogen auch �Abdu�l-Bahas

Charakter in Zweifel und machten offenkundig falsche Aussagen

�ber Seine Stufe, Seinen Gebrauch der Fonds und die

Art, wie Er als Oberhaupt den Glauben f�hrte. Shoghi Effendi

beschreibt die Einzelheiten dieser falschen Beschuldigungen,

die sie nicht nur innerhalb der Baha-Gemeinde, sondern auch

in der breiten �ffentlichkeit verbreiteten. Er schreibt:

�Wo sie nur konnten, bei Freunden und Fremden, Gl�ubigen

und Nichtgl�ubigen, hohen und kleinen Beamten, in

Wort und Schrift, teils offen, teils in Andeutungen, stellten

sie �Abdu�l-Bahá als einen ehrgeizigen, eigenwilligen, prin

9

Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 37

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ProphetsDaughter.indb 74 31.08.2007 10:42:14
unterst�tzung des mittelpunKts des Bundes

zipien- und schamlosen Thronr�uber hin, der bewusst die

testamentarischen Verf�gungen Seines Vaters missachte. Er

ma�e sich in absichtlich verh�llter, vieldeutiger Sprache eine

Stellung an, die derjenigen der Manifestation gleichkomme,

der in Seiner Korrespondenz mit dem Westen im Begriff

sei, sich als den wiedergekommenen Christus hinzustellen,

den Gottessohn, wiedergekommen �in der Herrlichkeit des

Vaters�; der in Seinen Briefen an die indischen Gl�ubigen

sich als den verhei�enen Sh�h Bahr�m10 bezeichne und sich

das Recht anma�e, die Schriften Seines Vaters auszulegen,

eine neue Sendung einzuleiten und gleich Ihm die Gr��te

Unfehlbarkeit ausschlie�liches Vorrecht der Tr�ger des

Prophetenamtes zu besitzen. Sie behaupteten ferner, Er

habe aus Eigennutz Zwietracht ges�t, Feindschaft gestiftet

und die Waffe der Exkommunikation geschwungen; Er habe

dem Testament, das, wie sie behaupteten, in erster Linie die

privaten Angelegenheiten der Familie Bahau�ll�hs betreffe,

einen ganz anderen Sinn unterstellt, indem Er es als einen

Bund von weltweiter Bedeutung, seit Ewigkeit bestehend,

einzigartig und ohnegleichen in der Geschichte s�mtlicher

Religionen, hinstellte; Er habe Seine Br�der und Schwestern

um ihr rechtm��iges Erbteil gebracht und es an Beamte

ausgegeben f�r Seine eigenen Interessen; Er habe s�mtliche

Einladungen zu einer Aussprache �ber die strittigen Fragen,

um die bestehenden Schwierigkeiten beizulegen, abgelehnt;

Er habe neuerdings die Heiligen Schriften11 gef�lscht, von

Ihm selbst verfasste Texte eingeschoben und den Sinn einiger

der wichtigsten Schreiben aus der Feder Seines Vaters

entstellt; schlie�lich sei Sein Verhalten daran schuld,

dass die Fahne des Aufruhrs unter den Gl�ubigen im Orient

gehisst worden und die Schar der Getreuen gespalten, in

raschem Niedergang begriffen und dem Untergang geweiht

sei.�12
10

Erl�ser der Welt und Verhei�ener, der in der zoroastrischen Religion

vorhergesagt wird
11
Bezieht sich auf die Schriften Bahau�llahs
12
Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 332; 15:11
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ProphetsDaughter.indb 75
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3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

W�hrend dieser �vier leidvollen Jahre� von 1892-1896 bem�hte

sich �Abdu�l-Bahá darum, Mirza Muhammad-�Al� und

seine Helfer vor dem Bundesbruch zu bewahren. Der H�ter

berichtet, dass alle Bem�hungen �Abdu�l-Bahas �Seine fortgesetzten

Schlichtungsversuche, Seine ernsten Bitten, alle Liebe

und G�te, mit der Er Mirza Muhammad-�Al� �bersch�ttete,

alle Ermahnungen und Warnungen, ja selbst Sein Angebot des

freiwilligen R�cktritts, um den drohenden Sturm zu verh�ten,

letztlich erfolglos blieben.13

Angesichts der Belastung dieser lang anhaltenden Krise

kann man sich gut vorstellen, dass alles, was das Gr��te Heilige

Blatt tat, um �das Herz ihres Bruders zu erheitern und Seine

Anstrengungen zu unterst�tzen�, Ihm reichlichen Trost spendete

und praktische Hilfe bedeutete.14 Ihr besonnener Mut, ihre

absolute Standhaftigkeit, Zuverl�ssigkeit und andere geistige

Wesensz�ge wurden zweifellos zur Quelle, aus der �Abdu�l-

Bahá gro�en Trost sch�pfte. Au�erdem konnte �Abdu�l-Bahá

sich jederzeit auf ihre Kenntnis des Glaubens, ihr klares Verst�ndnis

des Bundes und ihre unersch�tterliche Treue gegen�ber

dem ernannten Mittelpunkt verlassen und diese Kr�fte f�r

den Schutz der Baha-Sache einsetzen .

Ihr Weitblick, den sie allen vermittelte, mit denen sie in Kontakt

kam, spiegelt sich in ihren aufschlussreichen Briefen aus

der damaligen Zeit wider. Diesen Austausch nutzte Bahayyih

Kh�num, den Gl�ubigen die Stufe �Abdu�l-Bahas zu verdeutlichen

und ihnen bewusst zu machen, wie wichtig es f�r sie

war, fest im Bunde zu bleiben. In einem solchen Brief an eine

Baha im Osten schreibt sie:

�Gelobt sei Gott, dass Er dich, Sein wohl beh�tetes Blatt,

bef�higt hat, allezeit die Herrlichkeit Seines gnadenreichen

Antlitzes zu lobpreisen und deinem Leben durch das Gedenken

Seiner Sch�nheit Kraft gibt und dir gestattet, dich von

allem au�er Ihm zu l�sen, damit du fortw�hrend mit Seiner

Liebe verbunden bist. Er half dir gn�dig, Seinem m�chtigen

13 ebenda, S. 331; 15:9

14 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 37

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ProphetsDaughter.indb 76 31.08.2007 10:42:14
unterst�tzung des mittelpunKts des Bundes

und unwiderlegbaren Testament treu zu bleiben, dich fest

an den Saum des Gewandes Dessen zu halten, der der Mittelpunkt

des Bundes Gottes, des All-G�tigen, ist und deinen

Blick v�llig auf das leuchtende Antlitz Dessen zu richten,

,Den Gott vorgesehen hat�, den Einen, Der dieser seit ehedem

bestehenden Wurzel entsprossen ist.� Wahrlich, um

diese Ausgie�ung g�ttlicher Gnadengaben und Segnungen

voll und ganz zu w�rdigen, m�sste Gott eine Myriade an

Lobges�ngen und Dankgebeten dargebracht werden. Wir

flehen zum K�nigreich unseres Herrn, des All-Herrlichen,

dass Er stets Seine belebenden D�fte �ber dich verstr�me,

dich durch den erbauenden Zustrom Seiner Freude entz�cke,

durch Seinen Heiligen Geist erquicke und dir Kraft

verleihe, Seinen Dienerinnen und Bl�ttern zu dienen.�12

Durch ihren Briefwechsel wirkte sie mit, die Gl�ubigen in

ihrem Glauben zu vertiefen. Dar�ber hinaus scheint es auch

wahrscheinlich zu sein, dass das Gr��te Heilige Blatt aktiv

daran arbeitete, die Mitglieder der ausgedehnten Familie, die

sich gegen �Abdu�l-Bahas Ernennung aufgelehnt hatten, in den

Jahren vor deren formaler Trennung vom Glauben zu schulen

und liebevoll zu f�hren. Als die offizielle Trennung eintrat, bewies

ihre bedingungslose Bereitschaft, sich von den Familienmitgliedern,

die den Bund verletzt hatten, zu trennen, wie klar

sie die Bedeutung des Bundes Bahau�ll�hs verstanden hatte.

Besonders in einer Kultur, in der der eigentliche Platz des sozialen

Lebens einer Frau innerhalb der Familie war, f�hrte die

Trennung famili�rer Beziehungen nicht nur zu vielen praktischen

Schwierigkeiten, sondern rief zugleich im Herzen des

Gr��ten Heiligen Blattes tiefe Traurigkeit hervor und verst�rkte

zweifellos ihre Gef�hle der Isolierung. Da jedoch in ihrem

Leben der Dienst an der Baha-Sache vorrangig war, war sie

bereit, dieses Opfer zu bringen. Ihre aus voller �berzeugung

verrichteten T�tigkeiten waren sicherlich Balsam f�r das Herz

�Abdu�l-Bahas.

Obwohl diese Phase der Krise, die durch die Auflehnung

Mirza Muhammad-�Al�s und seiner Verb�ndeten herbeigef�hrt

77
ProphetsDaughter.indb 77 31.08.2007 10:42:14
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

wurde, sich tats�chlich vor�bergehend zerst�rerisch auswirkte,

beschreibt Shoghi Effendi die letzten Endes heilsame Wirkung,

die sie in der Baha-Gemeinde hervorrief. Er versichert, �dass

die ganze Episode, recht besehen, nichts weiter war als eine

der periodisch wiederkehrenden Krisen, wie sie seit Beginn

des Baha-Glaubens w�hrend des ganzen Jahrhunderts immer

wieder n�tzlich waren, um ihn von sch�dlichen Elementen zu

s�ubern, seine Grundlagen zu festigen, seine Best�ndigkeit zu

beweisen und um ein nur noch gr��eres Ma� seiner verhaltenen

Kr�fte freizusetzen.� Und Shoghi Effendi stellt tats�chlich fest,

dass, nachdem die Krise erfolgreich behoben worden war, �ein

g�ttlich gestifteter Bund mit seinen Vorkehrungen unanfechtbar

verk�ndet, der Sinn und Zweck dieses Bundes klar erfasst

und seine Grundlagen in den Herzen der weitaus meisten Glaubensanh�nger

fest verankert waren.� Der Weg war nun offen,

um den Glauben Bahau�ll�hs im Westen zu verbreiten, und

dies f�hrte auch dazu, dass die verantwortungsvollen Aufgaben,

die auf den Schultern Bahayyih Kh�nums lasteten, noch

zunehmen sollten.15
Aufstieg des Glaubens im Westen
und Ankunft der ersten westlichen Pilger

Eines der vorrangigen Ziele �Abdu�l-Bahas als neu ernanntes

Oberhaupt des Baha-Glaubens war, �das Licht der von Seinem

Vater begr�ndeten Religion auch �ber den Westen� zu verbreiten.

Shoghi Effendi weist darauf hin, dass der anf�ngliche

Entschluss, diesen Prozess in Gang zu setzen, �ein gl�ckliches

Ereignis� erahnen lie�, �das die Nachwelt als einen der gr��ten

Triumphe Seines Amtes betrachten werde, ein Ereignis,

das schlie�lich unsch�tzbare Segnungen �ber die westliche

Welt bringen und binnen kurzem den Kummer und die Sorgen

Seiner Exilgef�hrten in �Akka zerstreuen werde. Die gro�e

Republik im Westen16 wurde ausgezeichnet, vor allen anderen

15 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber S. 337; 16:1 + 2

16 Die Vereinigten Staaten.
78
1
ProphetsDaughter.indb 78 31.08.2007 10:42:14
auFstieg des glauBens im westen

L�ndern des Abendlandes als erste Gottes unsch�tzbaren Segen

zu empfangen und der Hauptmittler bei seiner Weitergabe

an viele Bruderl�nder auf den f�nf Kontinenten der Erde zu

werden.�17

Etwas �ber ein Jahr nach Seinem Hinscheiden wurde am

23. September 1893 zum ersten Mal in Nordamerika der Glaube

Bahau�ll�hs �ffentlich erw�hnt. In einer Schrift, die Reverend

Henry H. Jessup, Direktor der Presbyterianischen Mission

in Nordsyrien, verfasst hatte, wird der Name Bahau�ll�h genannt.

Bei der 1893 in Chicago abgehaltenen Weltkonferenz

der Religionen (World Parliament of Religions), als ein Teil der

World�s Columbian Exposition, einer Weltausstellung, die an

Christoph Kolumbus� Entdeckung von Amerika vor vierhundert

Jahren erinnern sollte, verlas Reverend George A. Ford aus

Syrien diese Schrift. Diesem bahnbrechenden Moment folgte

bald die Ankunft eines �gyptischen Gl�ubigen in den Vereinigten

Staaten, der vor kurzem den Baha-Glauben angenommen

hatte. Innerhalb relativ kurzer Zeit f�hlte sich eine Anzahl

Menschen zu dem Glauben hingezogen und begann, ihr Leben

seinem Dienst zu weihen.

Im Jahr 1898 �u�erten einige neue Gl�ubige aus Nordamerika

und Frankreich ihren Wunsch, �Abdu�l-Bahá zu besuchen.

Eine Gruppe von f�nfzehn Pilgern machte sich per Schiff

auf den Weg ins Heilige Land. Wegen der schwierigen Reise

verteilten sie sich in drei aufeinander folgende Gruppen, deren

erste die Gef�ngnisstadt �Akka am 10.Dezember 1898 erreichte.

Shoghi Effendi beschreibt �Abdu�l-Bahas tiefgehenden

Einfluss auf diese ersten Pilger aus dem Westen und nennt die

herausragenden Merkmale ihres Besuches:

�Die enge pers�nliche Beziehung, die zwischen dem Mittelpunkt

des Bundes Bahau�ll�hs und den neu gewonnenen

Herolden Seiner Offenbarung im Westen zustande kam; die

bewegenden Umst�nde ihres Besuches am heiligen Grab,

wobei ihnen die gro�e Ehre zuteil wurde, von �Abdu�l-Bahá

17 ebenda, S. 338; 16:3
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ProphetsDaughter.indb 79 31.08.2007 10:42:14
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

pers�nlich in das innerste Gemach gef�hrt zu werden; der

Geist, den ihnen ihr liebevoller, g�tiger Gastgeber trotz der

K�rze ihres Aufenthaltes in so reichem Ma�e durch Wort

und Beispiel einfl��te; der leidenschaftliche Eifer, die unbeugsame

Entschlossenheit, die Seine anfeuernden Ermahnungen,

lichtvollen Lehren und die vielen Beweise Seiner

g�ttlichen Liebe in ihren Herzen entz�ndeten all dies bezeichnet

den Beginn eines neuen Abschnitts in der Entwicklung

des Glaubens im Westen.�18

Die Wirkung dieser ersten Pilgerreise f�hrte nicht nur zu

einer geistigen Erneuerung bei den einzelnen Teilnehmern,

sondern sorgte auch f�r Motivation und Antrieb, den Glauben

in der westlichen Welt zu verbreiten, wie Shoghi Effendi berichtet:

�Mit der R�ckkehr dieser gott-trunkenen Pilger, einige

nach Frankreich, andere in die Vereinigten Staaten, begann

eine ununterbrochene, systematische T�tigkeit, die als sie in

Schwung kam und ihre St�tzpunkte bis nach Westeuropa und

in die Staaten und Provinzen Nordamerikas vorschob, so viel

Gewicht bekam, dass �Abdu�l-Bahá beschloss, sobald Er aus

Seiner noch andauernden Haft in �Akka befreit w�re, eine

Lehrreise nach dem Westen anzutreten.�19

Der Besuch der Pilger, der einen sch�pferischen Impuls auf

den Fortschritt des Glaubens ausl�ste, �bte zudem auf Bahayyih

Kh�num und die Mitglieder der Familie �Abdu�l-Bahas eine

tiefe Wirkung aus. Shoghi Effendi schreibt: �Nur die Ankunft

dieser Pilger konnte die Schwermut, die die untr�stlichen

Angeh�rigen �Abdu�l-Bahas umfangen hielt, letztendlich beheben.

Diese wiederholten Besuche spendeten dem Gr��ten

Heiligen Blatt, die gemeinsam mit ihrem Bruder als einzige

unter den Mitgliedern des Haushalts ihres Vaters der Rebellion

fast aller Verwandten und Freunde die Stirn bieten musste,

jenen Trost, der ihr bis ans Ende des Lebens so reichlich Kraft

gab.�20
18 ebenda, S. 343f; 16:12
19 ebenda, S. 345; 16:16

20 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 59-60

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ProphetsDaughter.indb 80 31.08.2007 10:42:14
auFstieg des glauBens im westen

Die von den ersten Pilgern aus dem Westen aufgezeichneten

Berichte bieten sowohl einen faszinierenden Einblick in die

Art, wie die wenigen amerikanischen und europ�ischen Frauen

und M�nner von der anziehenden Pers�nlichkeit �Abdu�l-

Bahas beeindruckt waren, als auch wertvolle Aufzeichnungen

Seiner Aussagen und Anweisungen. Dar�ber hinaus spiegeln

diese Pilgerberichte, von denen einige sich auf die Person und

die Aufgaben des Gr��ten Heiligen Blattes beziehen, unmittelbare

Eindr�cke vom Leben der Verbannten in der Gef�ngnisstadt

�Akka wider.

Weibliche Pilger aus dem Westen hatten das Vorrecht, mit

den Frauen der Familie �Abdu�l-Bahas und mit anderen Baha-

Frauen, die zu der gro�en Gruppe der Verbannten geh�rten,

eng verbunden zu sein. M�nnliche Pilger aber teilten dieses

Vorrecht nicht. Folglich waren die Frauen aus dem Osten bei

Zusammenk�nften der Baha entsprechend der in dieser Gegend

vorherrschenden Tradition gew�hnlich verschleiert. Es

galt nicht als schicklich, wenn eine Frau aus dem Osten unverschleiert

in einer gemischten Gesellschaft erschien. Die Frauen

aus dem Westen jedoch waren nicht derartig eingeschr�nkt. Sie

konnten frei sowohl mit Frauen als auch mit M�nnern zusammen

kommen, ohne einen Schleier zu tragen.

Die ersten Pilgergruppen, die 1898 aus dem Westen nach

Haifa kamen, reisten mit Pferdekutschen nach �Akka, wo

�Abdu�l-Bahá zu jener Zeit lebte. Die kanadische Baha May

Maxwell hinterlie� der Nachwelt folgende Beschreibung �ber

ihre Ankunft im Haus �Abdu�l-Bahas in �Akka und ihre erste

Begegnung mit Ihm: �Wir gingen durch ein steinernes Tor, das

auf einen viereckigen Hof f�hrte und stiegen eine Treppe zu

den oberen Wohnungen hinauf. Dort fanden wir unseren Geliebten,

der am Fenster eines kleinen Raumes stand und auf

das himmelblaue Meer blickte.�21 Sie berichtet, dass, sobald sie

von �Abdu�l-Bahá begr��t worden waren, das Gr��te Heilige

Blatt, die Frau �Abdu�l-Bahas und Seine Tochter hereinkamen.

Sie beschreibt, wie die Pilger willkommen gehei�en wurden,

21 May Maxwell, An Early Pilgrimage S. 18
81
ProphetsDaughter.indb 81 31.08.2007 10:42:14
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

und mit welchen Aktivit�ten die Frauen des Haushaltes besch�ftigt

waren:

�Sie empfingen uns mit Liebe und Freudentr�nen, als w�ren

wir eine Zeitlang verreist gewesen und nun endlich in unsere

himmlische Heimat zur�ckgekehrt, wie es auch wirklich

war! Sie f�hrten uns in unsere Zimmer, die sie leider unseretwegen

ger�umt hatten; sie sorgten f�r unser Wohlbefinden,

kamen all� unseren W�nschen zuvor und umgaben

uns mit aufmerksamer F�rsorge. Durch alles schien jedoch

das Licht strahlender Geistigkeit; ihre g�ttliche Liebe ergoss

sich durch diese g�tigen menschlichen Kan�le und ihr

eigenes Leben, ihre eigene Bequemlichkeit bedeutete ihnen

so viel wie eine Handvoll Staub. Sie opferten sich und verga�en

ihr eigenes Selbst, in der Liebe und im Dienst an der

g�ttlichen Schwelle.�22

Ella Goodall Cooper, die zur ersten Gruppe der westlichen

Pilger geh�rte, die �Akka besuchten, zeichnet mit folgender

Beschreibung ein anschauliches Bild des Gr��ten Heiligen

Blattes:

�Gleich nach dem Vorrecht, dem Geliebten Meister selbst23

begegnen zu d�rfen, rangierte das Privileg, Seine ruhmvolle

Schwester, Bahayyih Kh�num, bekannt als das Gr��te Heilige

Blatt, zu treffen. Ihre Pers�nlichkeit hat sich unausl�schlich

meinem Ged�chtnis eingepr�gt. Gro�, schlank und von

edler Haltung erweckte ihre Gestalt den Eindruck vollkommener

Ausgewogenheit von Energie und Ruhe, st�hlerner

Ausdauer und innerer Gelassenheit und vermittelte dem Betrachter

ein nicht zu beschreibendes Gef�hl an Sicherheit,
Ruhe und Vertrauen.

Ihr sch�nes Antlitz war das weibliche Gegenst�ck zu dem

�Abdu�l-Bahas, die von Leid und Entbehrung gezeichne22

ebenda, S. 19
23 �Abdu�l-Bahá
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ProphetsDaughter.indb 82 31.08.2007 10:42:15
auFstieg des glauBens im westen

ten Linien gemildert durch die geduldige Lieblichkeit des

Mundes; die hohe Stirn, die von Verstand und Wille zeugt,

erleuchtet durch die wunderbar verst�ndnisvollen Augen. ...

Beobachtete man, wie der Ausdruck ihrer Augen sich �nderte

� in einem Augenblick verdunkelten sie sich vor Mitgef�hl

oder SchMirza im n�chstenAugenblick spr�hten sie vor Freude

und Humor so vertiefte sich um so mehr der Eindruck

ihrer unwiderstehlichen, geistigen Anziehungskraft.�24

Der Geist, der im Haushalt �Abdu�l-Bahas vorherrschte, bewegte

die Frauen aus dem Westen zutiefst. Mrs. Phoebe Hearst

beschreibt ihre Eindr�cke in den Briefen an ihre Freunde und

erw�hnt einleitend, wie schwierig es ist zu beschreiben, was sie

in den drei denkw�rdigen Tagen ihres Aufenthaltes in �Akka

erlebt hat. Sie schreibt: �Vom materiellen Standpunkt aus gesehen,

war alles einfach und schlicht, aber die geistige Atmosph�re,

die den Ort erf�llte und sich im Leben und Tun der Gl�ubigen

offenbarte, war wirklich wundervoll und etwas, das ich

noch nie zuvor erlebt habe. Man muss sie nur anschauen und

erkennt, dass dies heilige Menschen sind.� In einem anderen

Brief berichtet sie: �Alle in diesem Haushalt waren stille, heilige

Menschen, deren Leben den einzigen Sinn hatte: Der Sache

Gottes zu dienen. Sie sind sehr schlicht gekleidet, aber auf so

anmutige Art, dass dies ihrem h�chst bescheidenen Heim eine

gewisse Erhabenheit verleiht. Die Reinheit ihrer Sitten spiegelt

sich in ihren ruhigen, g�tigen und offenen Gesichtern wider,

die sie als eine Gemeinschaft auszeichnen. T�glich flehe ich zu

Gott, mir zu helfen, dass ich ihnen und dem Gesegneten Meister

mehr und mehr an Geistigkeit gleich komme.�25

Aus den Pilgerberichten geht deutlich hervor, dass die Frauen

aus �Abdu�l-Bahas Haushalt wesentlich an vielenAktivit�ten,

die mit den Pilgern zu tun hatten, beteiligt waren. May Max

24

Ella Goodall Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation in Star of

the West; 23,Nr. 7(1932): 202
25

Phoebe Hearst, Brief vom 19. November 1899 an Mr. Isaiah H. Brad

ford, in Baha-World; 801, Phoebe Hearst, Brief vom 5. Dezember

1899 an O.M. Bábcock, in ebenda, 802
83
ProphetsDaughter.indb 83
31.08.2007 10:42:15
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

well beschreibt zum Beispiel, wie �Abdu�l-Bahá die Pilger zum

Schrein von Bahau�ll�h begleitete und wie bei ihrem Eintritt

die Frauen der Heiligen Familie, dicht verschleiert, durch eine

T�r an der gegen�berliegenden Ecke des Geb�udes hereinkamen.

Sie gingen nach vorn und begr��ten freundlich die Pilger.

Anschlie�end setzten alle den Besuch des Schreins fort.

Kurz vor ihrer Abreise wurden die Pilger in einen Raum

gef�hrt, in dem die Bilder Bahau�ll�hs und des B�b ausgestellt

waren. Dieses Erlebnis beeindruckte alle zutiefst. Unmittelbar

danach wandte sich �Abdu�l-Bahá an die Pilger mit Abschiedsworten,

die Er ihnen als F�hrung mit auf den Weg gab. May

Maxwell f�ngt die Stimmung der Pilger beim Zeitpunkt ihrer

Abreise und den liebevollen Zuspruch der Mitglieder der heiligen

Familie ein:

�Als Er aufgeh�rt hatte zu sprechen, nahmen uns die Mitglieder

der Heiligen Familie liebevoll beiseite, und einen

Augenblick lang schien es, als m�ssten wir sterben. Doch

unser Meister lie� Seinen mitf�hlenden Blick auf unseren

Gesichtern ruhen, bis wir Ihn wegen unserer Tr�nen nicht

mehr sehen konnten. Dann nahmen uns die Familienmitglieder

nacheinander in die Arme; unsere Seelen waren zutiefst

ergriffen und es schien, als w�ren alle Lebensbande

zerrissen. Schlie�lich, als wir uns von dem Heim unseres

himmlischen Vaters entfernten, erreichte uns pl�tzlich Sein

Geist; eine gro�e Kraft und Ruhe erf�llten unsere Seelen,

der Schmerz �ber die k�rperliche Trennung verwandelte

sich in Freude geistiger Vereinigung.�26

Ella Goodall Cooper erinnert sich ebenfalls an die Gef�hle

dieses Abschieds und gibt uns eine Ahnung der tiefen Liebesbande,

die w�hrend dieser ersten historischen Pilgerreise

zwischen den Frauen aus dem Westen und den Mitgliedern

der Familie �Abdu�l-Bahas entstanden. Sie schreibt: �Als der

bef�rchtete Augenblick des Abschieds gekommen war, konn

26 May Maxwell, An Early Pilgrimage S. 42-43
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ProphetsDaughter.indb 84 31.08.2007 10:42:15
auFstieg des glauBens im westen

te der Kummer �ber die Trennung von den geliebten Frauen

nur durch die Aussicht auf einen zuk�nftigen Besuch gelindert

werden. Ich erinnere mich daran, als letztes in das ruhige, g�tige

und strahlende Antlitz des Gr��ten Heiligen Blattes gesehen

zu haben, an ihre tiefen verst�ndnisvollen Augen, die das

Licht der Liebe Gottes auf uns verstr�mten, dieses Licht, das

im Laufe der Jahre nur noch heller leuchtet.�27

Im folgenden Auszug aus einem Brief, den Bahayyih Kh�num

im Jahre 1901 an eine Baha im Osten schrieb, weist sie

auf die liebevolle gegenseitige Beziehung zwischen den Frauen

der Heiligen Familie und den fr�hen Gl�ubigen aus dem

Westen hin. In dem Brief hei�t es:

�Eine Anzahl deiner geistigen Schwestern, n�mlich Frauen,

die den Glauben angenommen haben, sind aus Paris und

den Vereinigten Staaten auf ihrer Pilgerreise hier angekommen.

Vor kurzem erreichten sie diesen heiligen und hellstrahlenden

Ort und hatten die Ehre, sich an Seiner Heiligen

Schwelle niederzuwerfen und in das strahlende Antlitz

�Abdu�l-Bahas zu blicken, der der Mittelpunkt des Bundes

des Allm�chtigen Gottes ist m�ge mein Leben ein Opfer

f�r Ihn sein. Wir erfreuen uns jetzt ihrer Gesellschaft und

sind im Geiste �u�erster Liebe und Kameradschaft mit ihnen

verbunden. Sie alle m�chten ihnen in der Sprache des

Herzens ihre liebevollen Gr��e schicken.�28

Die anf�ngliche Verbreitung des Glaubens in der westlichen

Welt erhielt durch den sch�pferischen Einfluss dieser fr�hen

Pilger einen zus�tzlichen Antrieb. Nach ihrer Heimkehr trugen

die Pilger aktiv ihren Glauben weiter. Sie regten andere an, in

entfernte L�nder zu reisen, um den Glauben zu lehren. Keimhafte

administrative Baha-Institutionen wurden errichtet, und

einige der wichtigsten Schriften Bahau�ll�hs und Sendschreiben

�Abdu�l-Bahas wurden ins Englische �bersetzt. Hinzu

kam, dass die Baha in Amerika ein Unternehmen von immen

27 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation S. 204

28 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 104

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ProphetsDaughter.indb 85 31.08.2007 10:42:15
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

ser Bedeutung und atemberaubender Vision wagten, �ber das

Shoghi Effendi folgendes berichtet:

�... schlie�lich baten die Baha von Chicago, angeregt

durch das Beispiel ihrer Glaubensgenossen in �Ishq�b�d,

die bereits mit dem Bau des ersten Mashriqul-Adhkar29

der Baha-Welt begonnen hatten, und beseelt von dem

Wunsch, ihrem Glauben und ihrer Hingabe in �hnlicher

Weise geb�hrenden Ausdruck zu verleihen, �Abdu�l-Bahá

um die Erlaubnis, ebenfalls ein Haus der Andacht errichten

zu d�rfen. Dies wurde ihnen sogleich mit einem Schreiben

im Juni 1903 mit Begeisterung gew�hrt. Die Ermutigung,

die ihnen �Abdu�l-Bahá sp�ter zuteil werden lie�, veranlassten

sie, trotz ihrer geringen Zahl und begrenzten Mittel,

sich an das Unternehmen zu wagen, das als gr��ter Einzelbeitrag

zu betrachten ist, den die Baha in Amerika und im

ganzen Westen bisher f�r die Sache Bahau�ll�hs geleistet

haben.�30

Dem Bau des Baha-Hauses der Andacht mitten im Herzen

des nordamerikanischen Kontinents stimmte �Abdu�l-Bahá

nicht nur ermutigend zu, sondern Er legte sogar pers�nlich

w�hrend Seiner Reisen durch den Westen den Grundstein zu

diesem Bau.
Ihre Rolle w�hrend der erneuten Gefangennahme

Ende1898,zweiJahrenachderAbreisedererstenamerikanischen

Pilger vom Heiligen Land, brach die zweite schwere Krise w�hrend

der Amtszeit �Abdu�l-Bahas aus. Diese Krise kam vorwiegend

von au�en und �hielt mit verschiedenen Schwankungen an

Intensit�t �ber sieben Jahre an.� Sie �entsprang den st�ndigen

Intrigen und krassen Entstellungen� Mirza Muhammad-�Al�s,

29 W�rtlich: �D�mmerungsort des Lobpreises Gottes�; Bezeichnung f�r

ein Baha-Haus der Andacht.

30 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber S. 348-349; 16:20

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ProphetsDaughter.indb 86 31.08.2007 10:42:15
ihre rolle w�hrend der erneuten geFangennahme

des �Erzfeindes des Bundes und seiner Helfershelfer�, die es fertig

brachten, bei der t�rkischen Regierung Verdacht zu erregen

und sie dazu veranlasste, �Abdu�l-Bahá wieder unter strengsten

Arrest zu stellen. Shoghi Effendi beschreibt die Auswirkungen

dieser heimt�ckischen Angriffe auf �Abdu�l-Bahá und Seine Familie

und stellt fest: �Diese zweite schwere Krise.... brachte Ihn

in gro�e Lebensgefahr, beraubte Ihn f�r eine Reihe von Jahren

wieder der verh�ltnism��igen Freiheit, die Er inzwischen genossen

hatte, peinigte Seine Familie und die Glaubensangeh�rigen

in Ost und West und stellte wie nie zuvor die ganze Niedertracht

Seiner grimmigen Feinde blo�.�31

Der Erlass des Sultans, der sowohl die Gefangennahme

�Abdu�l-Bahas als auch der in der Verbannung lebenden Gemeinde

anordnete, trat im August 1901 in Kraft. Zun�chst wurde

er streng eingehalten, und �Abdu�l-Bahá musste sich langen

Verh�ren seitens der Obrigkeiten unterziehen. Die Situation

der Verbannten verschlimmerte sich durch die anhaltenden Machenschaften

der Bundesbrecher, die durch �m�ndliche Mitteilungen,

f�rmliche Nachrichten und pers�nliche Gespr�che

... diesen Pers�nlichkeiten die �berzeugung aufdr�ngten, dass

rasches Handeln unbedingt geboten sei.� Sie stellten auf raffinierte

Weise �ihre Beweisf�hrungen auf die jeweiligen Interessen

und Vorurteile derer ab, deren Hilfe sie suchten.� Shoghi

Effendi bezeugt: �Mit Hilfe von Verleumdung und Bestechung

vermochten sie, bestimmte Leute zu bewegen, als Zeugen ihre

Unterschrift unter die von ihnen aufgesetzten Dokumente zu

setzen, die sie dann durch Mittelsm�nner an die Hohe Pforte

schickten.� �Derart schwere Anschuldigungen in so vielen Berichten

verfehlten nat�rlich nicht ihre Wirkung auf den Herrscher,

der ohnedies in st�ndiger Angst vor Aufruhr unter seinen

Untertanen lebte. Es wurde darum eine Kommission ernannt,

die den Auftrag hatte, der Sache nachzugehen und �ber die Ergebnisse

zu berichten.�32

�Abdu�l Bahá wurde mehrfach vorgeladen und wies jede

Beschuldigung, die man gegen Ihn vorbrachte, zur�ck, stellte

31 ebenda, S. 351; 17:2
32 ebenda, S. 354 f; 17:7/8
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ProphetsDaughter.indb 87 31.08.2007 10:42:15
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

den Wahnwitz dieser Anschuldigungen blo� und machte zum

Beweis Seiner Argumente die Kommissionsmitglieder mit den

Vorkehrungen bekannt, die Bahau�ll�h in Seinem Testament

getroffen hatte. Die Situation blieb jedoch �u�erst schwierig;

Ger�chte �ber die �Abdu�l-Bahá drohenden Gefahren verbreiteten

sich, Berichte �ber den Untergang der Gemeinde und ihren

F�hrer erdreisteten gewisse Elemente innerhalb der Bev�lkerung,

sich mit den Bundesbrechern zusammen zu tun. Aus

dieser Situation heraus setzte �Abdu�l-Bahá zum Schutz der

Gemeinde eine Reihe strenger Ma�nahmen ein. Shoghi Effendi

stellt fest, dass die Krise �Abdu�l-Bahá dazu veranlasste �die

Zahl der Pilgerbesuche zu beschr�nken und eine Zeitlang die

Besuche ganz auszusetzen. Er gab Anweisung, dass Seine Post

�ber einen Vertrauensmann in �gypten geleitet werde, statt

nach Haifa ... wies ferner die Gl�ubigen wie Seine Sekret�re

an, alle Baha-Schriften zu sammeln und an einem sicheren

Ort zu verstecken. Er riet ihnen dringend, sich in �gypten niederzulassen

und ging selbst so weit, ihnen die gewohnten Zusammenk�nfte

in Seinem Haus zu verwehren.�33

�ber die Atmosph�re der Anspannung und Angst und das

zunehmende Gef�hl der Isolation, das unter den Verbannten

herrschte, berichtet Shoghi Effendi: �Selbst Seine [�Abdu�l-

Bahas] zahlreichen Freunde und Bewunderer verzichteten in

diesen unruhigen Tagen darauf, Ihn zu besuchen, aus Furcht,

dadurch ebenfalls in die Sache verwickelt und den Beh�rden

verd�chtig zu werden. An manchen Tagen und N�chten, wenn

es am tr�bsten aussah, stand Sein Haus, das lange Jahre hindurch

der Brennpunkt aller Gesch�ftigkeit gewesen, v�llig

verlassen da. Spione beobachteten es, offen wie insgeheim, belauerten

jede Regung und beschnitten die Bewegungsfreiheit
Seiner Familie.�34

In gro�en Z�gen beschreibt Shoghi Effendi, wie lebenswichtig

in dieser kritischen Zeit der Beitrag des Gr��ten Heiligen

Blattes war. �In den Tagen der Untersuchungs-Kommission�,

schreibt er, �war sie eine zuverl�ssige und getreue Hilfe

33 ebenda, S. 356; 17:9
34 ebenda, S. 356; 17:9
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ProphetsDaughter.indb 88 31.08.2007 10:42:15
ihre rolle w�hrend der erneuten geFangennahme

f�r den einzigartigen Zweig Bahau�ll�hs [�Abdu�l-Baha] und

Seine unvergleichliche Gef�hrtin.� Ihre feste �berzeugung und

Gewissheit beruhten auf ihrem Verst�ndnis des Bundes, und ihr

unersch�tterlicher Einsatz f�r die von �Abdu�l-Bahá festgelegte

Richtung spendete ihrem Bruder zweifellos Kraft und Trost

und galten der gepeinigten Baha-Gemeinde als Beispiel. Ein

Pilger, der 1906 das Heilige Land besucht hatte, berichtete tats�chlich,

dass man �Abdu�l-Bahá habe sagen h�ren, Er k�nne

sich nicht vorstellen, wie Er ohne das Gr��te Heilige Blatt und

Seine Frau, Munírih Khánum, auskommen k�nnte, so sehr liebe

Er sie und so treu ergeben liebten und dienten sie Ihm.35

Nach Pilgerberichten spielte Bahayyih Kh�num w�hrend

dieser Zeit eine wichtige Rolle im Umgang mit hochgestellten

Frauen aus der weiteren Gemeinde. Eine Pilgerin beschreibt

die �schwierige Zeit in �Akka im Jahre 1905� und erinnert sich,

dass ein syrischer Offizier in der t�rkischen Armee, der immer

freundlich zur Heiligen Familie gewesen war, sich pl�tzlich

gegen sie wandte. Als sein Plan, sich bei den M�chtigen

von Konstantinopel beliebt zu machen, scheiterte, wurde er

als Gefangener nach Damaskus geschickt. Sie berichtet, dass

�Abdu�l-Bahá diesen falschen Freund mit keinem Wort tadelte,

sondern Er und Bahayyih Kh�num sprachen sogleich bei der

bek�mmerten Ehefrau vor und boten ihr Geld und jegliche Unterst�tzung

an.36

Trotz der Einschr�nkungen, die der Baha-Gemeinde auferlegt

wurden, fand �Abdu�l-Bahá Wege, um die T�tigkeiten fortzuf�hren,

die f�r die Verbreitung und Festigung des Glaubens

sowie f�r den Aufbau seiner keimhaften Gemeindeordnung so

wichtig waren. Die Arbeit am Bau des Schreins f�r den B�b

in Haifa wurde unvermindert fortgesetzt. �Abdu�l-Bahá offenbarte

weiterhin eine F�lle von Sendschreiben, die den Gl�ubigen

F�hrung und Antwort auf ihre Fragen gew�hrten. Er

nahm au�erdem verschiedene Unternehmungen in Angriff, die

35 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 28,

Mirzaeh Gail, Summon up Remembrance S. 277-278

36 Weitere Einzelheiten siehe Helen Goodall und Ella Goodall Cooper,

Daily Lessons Received at �Akka, S. 42-43
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ProphetsDaughter.indb 89 31.08.2007 10:42:15
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

Seine �unerm�dliche Energie, bewundernswerte Gelassenheit

und unersch�tterliche Zuversicht� bezeugten. An erster Stelle

standen der Plan f�r den Bau des weltweit ersten Hauses der

Andacht in �Ishq�b�d, der als Vorbereitung f�r den Bau eines

Muttertempels in Willmette, Illinois, dienen sollte und die Wiederherstellung

des Hauses des B�b in Sh�r�z.37

Zur selben Zeit schrieb �Abdu�l-Bahá �in der Stunde h�chster

Ungewissheit� Sein Testament nieder. Shoghi Effendi beschreibt

es als �das unsterbliche Dokument, in dem Er die

Grundz�ge der Gemeindeordnung umriss, die nach Seinem

Hinscheiden in Kraft treten und die Errichtung jener Weltordnung

ank�ndigen sollte, deren Kommen der B�b verhei�en und

deren Gesetze und Prinzipien Bahau�ll�h formuliert hatte. Im

Verlauf dieser bewegten Jahre schuf Er ... die ersten administrativen,

geistigen und erzieherischen Einrichtungen der sich

stetig ausdehnenden Religion in Persien, ihrer Wiege, in der

gro�en Republik des Westens, der Wiege der Gemeindeordnung,

in Kanada, Frankreich, England, Deutschland, �gypten,

im �Ir�q, in Russland, Indien, Birma, Japan und selbst auf weit

abgelegenen pazifischen Inseln.� Um auch den Anforderungen

einer rasch wachsenden und sich immer vielf�ltiger gestaltenden

Baha-Gemeinde entgegenzukommen, f�rderte Er tatkr�ftig

die ��bersetzung, Ver�ffentlichung und Verbreitung von

Baha-Literatur, die inzwischen schon eine Vielfalt von B�chern

und Schriften in persischer, arabischer, englischer, t�rkischer,

franz�sischer, deutscher, russischer und birmanischer

Sprache umfasst.�38

Wenn die Umst�nde es erlaubten und �so oft der Ihn umtobende

Sturm eine Pause einlegte�, versammelten sich an

�Abdu�l-Bahas Tisch Pilger, Freunde und Sucher ... darunter

Repr�sentanten der christlichen, islamischen, j�dischen, zoroastrischen,

hinduistischen und buddhistischen Religion.� 39 Eine

Pilgerin schildert im folgenden Bericht ihre Eindr�cke �ber die

Herausforderungen, denen sich die Mitglieder der Heiligen Fa

37 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber S. 357; 17:11

38 ebenda, S. 357f; 17:12
39 ebenda, S. 358; 17:12
90
ProphetsDaughter.indb 90 31.08.2007 10:42:16
ihre rolle w�hrend der erneuten geFangennahme

milie und die gerade anwesenden Pilger gegen�ber sahen und

wie sie diese Schwierigkeiten meisterten. Sie schreibt:

�Man k�nnte sich vorstellen, dass dem Besucher das t�gliche

Leben einer Familie von Gefangenen selbst das einer

Heiligen Familie traurig und niederdr�ckend vorkommen

m�sste, aber wie seltsam es auch klingen mag, im �Gr��ten

Gef�ngnis�40 ist genau das Gegenteil der Fall. Obwohl keine

absolute Regelm��igkeit im Tagesablauf m�glich ist fast

jede h�usliche Angelegenheit kann zu v�llig unvorhersehbaren

Umst�nden f�hren bleibt die ruhige Heiterkeit dieser

feinen Menschen unver�ndert bestehen. Sie erf�llen ihre t�glichen

Pflichten, leisten ihre Liebesdienste, bringen ihre kleinen

Opfer, unterrichten ihre Kinder und spielen auch mit

ihnen kurz gesagt, sie f�hren, unter den au�ergew�hnlichsten

Umst�nden, ein perfektes Modell des Familienlebens.

Niemals h�rt man sie �ber die harten Bedingungen klagen,

vielmehr ergeben sie sich bei allem, was geschieht, dem Willen

und der Weisheit Gottes und vertrauen auf zuk�nftige

Segnungen als Frucht f�r ihre jetzige Geduld, Segnungen

die allen V�lkern der Welt zugute kommen werden.

Obwohl jeder Einzelne st�ndig wachsam ist vom j�ngsten

Diener bis zum Gr��ten Heiligen Blatt wird davon

kein Aufhebens gemacht. Nicht mal das Knarren einer entlegenen

T�r oder ein fremder Schritt entgeht ihren aufmerksamen

Ohren, doch niemals hat der Besucher den Eindruck,

dass er der Grund f�r Besorgnis ist. Wenn pl�tzlich der ganze

Esstisch in einen anderen Raum gebracht werden muss,

um der Beobachtung der t�rkischen Besucher zu entgehen,

geschieht dies mit einem stillen L�cheln und ohne eine

Andeutung von Unannehmlichkeit. Wie einfach und einleuchtend

w�re es gewesen, die mitf�hlenden Pilger durch

ihr t�gliches Martyrium und den st�ndigen Druck, den ihre

unsichere Lage mit sich bringt, zu beeindrucken ...

40

Bahau�ll�h nannte Akka das �Gr��te Gef�ngnis�, als Er 1868 dort

ankam
91
ProphetsDaughter.indb 91
31.08.2007 10:42:16
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

Man w�rde kaum glauben, dass man ein t�rkisches Gef�ngnis

besuchte, bef�nde man sich nicht so nahe bei den Kasernen

und ihren W�chtern.

Ein weiterer Grund zur Freude f�r den Besucher besteht

darin, ihren spontanen und bezaubernden Humor zu entdecken.

Sie freuen sich �ber jeden kleinen Scherz, indem sie

soviel wie m�glich dar�ber lachen und ermutigen sich gegenseitig,

auf die angenehme Seite der Dinge zu schauen,

um sich so von der tragischen Seite ihres Daseins abzulenken

.�41

Eine Zeitlang lockerten sich die Lebensbedingungen in

�Akka ein wenig. Doch waren im osmanischen Reich historische

Kr�fte am Werk, die die Geschicke des Sultans und

das Leben der Verbannten mit der Zeit radikal ver�ndern sollten.

In dem Klima zunehmender politischer Unruhe, die sich

im osmanischen Herrschaftsgebiet ausbreitete, begannen die

Bundesbrecher erneut mit ihren Intrigen. Alarmiert entsandte

der Sultan �Abdu�l-Hamid im Winter 1907 wieder einmal

eine Untersuchungskommission nach �Akka. Die Kommission

f�hrte dieselben Dokumente mit sich, die schon die fr�here

Kommission nicht bekr�ftigen konnte und folglich verworfen

hatte. Sie unterstellten als erstes die �rtliche Beh�rde ihrer Autorit�t.

Eine Atmosph�re der Angst breitete sich aus, als Beamte,

die bekannterma�en �Abdu�l-Bahá freundlich gesonnen

waren, entlassen und wieder Spitzel um �Abdu�l-Bahas Haus

herum aufgestellt wurden. Selbst die Armen von �Akka wagten

nicht, sich Seinem Haus zu n�hern, und Ger�chte gingen um,

�Abdu�l-Bahá werde gewaltsam nach F�z�n in Tripolis verbannt

und v�llig von der Welt abgeschnitten.42

Trotz Drohungen und Warnungen vor den Folgen weigerte

sich �Abdu�l-Bahá w�hrend des monatelangen Aufenthalts

der Kommission best�ndig, sie zu treffen oder irgend etwas mit

41 Helen Goodall und Ella Goodall Cooper, Daily Lessons Received at

�Akka, S. 9.

42 Weitere Einzelheiten siehe H.M. Balyuzi, �Abdu�l-Baha, Bd. 1 S. 178-179

92
ProphetsDaughter.indb 92 31.08.2007 10:42:16
ihre rolle w�hrend der erneuten geFangennahme

ihren Mitgliedern zu tun zu haben. Shoghi Effendi beschreibt

�Abdu�l-Bahas Haltung zu jener Zeit: �Obwohl die Gefahren

und N�te Ihn aufs H�rteste bedr�ngten, obgleich das Schiff,

das Ihn voraussichtlich zusammen mit den Kommissionsmitgliedern

wegbringen sollte, st�ndig bereit lag, zuweilen in

�Akka, zuweilen in Haifa, und trotz wilder Ger�chte, die �ber

Ihn umherschwirrten, blieb die heitere Ruhe, die Er seit Seinem

neuerlichen Arrest unver�ndert bewahrt hatte, ungetr�bt,

Seine Zuversicht war unersch�tterlich.�43

Shoghi Effendi berichtet �ber die letzte dieser Kommission

im Heiligen Land. Ihre Mitglieder waren nach Haifa gegangen,

um den Schrein des B�b zu inspizieren, der sich gerade im Bau

befand.

�Bald nach dieser Inspektion konnte man eines Tages kurz

nach Sonnenuntergang pl�tzlich sehen, wie das Schiff, das

vor Haifa lag, die Anker lichtete und Kurs auf �Akka nahm.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich unter der erregten Bev�lkerung

die Kunde, dass die Kommissionsmitglieder sich

eingeschifft h�tten. Man nahm an, dass es vor �Akka halten

w�rde, bis �Abdu�l-Bahá an Bord genommen w�re und

dann zu seinem Bestimmungsort f�hre. Die Mitglieder Seiner

Familie befiel Angst und Entsetzen, als man ihnen das

Herannahen des Schiffes meldete. Die wenigen Gl�ubigen,

die zur�ckgeblieben waren, weinten vor Kummer �ber die

bevorstehende Trennung von ihrem Meister. �Abdu�l-Bahá

aber sah man in dieser schlimmen Stunde allein und ruhig

im Hof Seines Hauses auf und ab wandeln.

Doch bei Einbruch der Dunkelheit sah man pl�tzlich, wie

die Bootslichter abdrehten, und das Schiff den Kurs wechselte.

Es war jetzt klar, dass es in Richtung Konstantinopel

fuhr. Unverz�glich �berbrachte man diese Kunde �Abdu�l-

Baha, der in der zunehmenden Dunkelheit immer noch in

Seinem Hof auf und ab schritt. Einige Gl�ubige, die sich

43 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 360; 17:17

93
ProphetsDaughter.indb 93 31.08.2007 10:42:16
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

an verschiedenen Punkten aufgestellt hatten, um den Kurs

des Schiffes zu beobachten, st�rzten nun herbei, um die frohe

Kunde zu best�tigen. An diesem historischen Tag war

eine der gr��ten Gefahren, die das kostbare Leben �Abdu�l-

Bahas je bedroht hatten, von der Vorsehung pl�tzlich und

endg�ltig abgewendet worden.

Bald nach der �berst�rzten, v�llig unerwarteten Abfahrt des

Schiffes trafen Nachrichten ein, dass auf dem Weg des Sultans

bei seiner R�ckkehr von der Moschee, in der er seine

Freitagsgebete verrichtet hatte, zum Palast eine Bombe explodiert

sei.

Wenige Tage nach diesem Anschlag auf sein Leben lieferte

ihm die Kommission ihren Bericht ab, doch der Sultan und

die Regierung waren noch zu sehr beansprucht, als dass sie

ihm Beachtung geschenkt h�tten. Der Fall wurde zur�ckgestellt,

und als er nach ein paar Monaten wieder vorgelegt

wurde, schlossen sich die Aktendeckel f�r immer dar�ber

infolge eines Ereignisses, das den Gefangenen von �Akka

pl�tzlich ein f�r allemal der Macht Seines k�niglichen

Feindes enthob.�44

Die jungt�rkische Revolution brach im Jahre 1908 aus. Der

Sultan wurde gezwungen, die von ihm ehemals aufgehobene

Verfassung wieder einzusetzen und alle unter dem alten Regime

festgenommenen religi�sen und politischen Gefangenen

freizulassen. Um sicher zu sein, dass �Abdu�l-Bahá �in die Kategorie

dieser Gefangenen geh�re�, fragte man telegrafisch in

Konstantinopel nach, �worauf man prompt eine best�tigende

Antwort erhielt.�45

Diese letzte Zeit der Gefangenschaft war f�r �Abdu�l-Bahá

und die Mitglieder Seiner Familie voll gro�er Gefahren und

Pr�fungen. Im R�ckblick auf die hervorstechenden Merkmale

dieser sieben Jahre von 1901 1908 macht Shoghi Effendi

44 ebenda, S. 360f; 17:17-17:22
45 ebenda, S. 361f; 17:22
94
ProphetsDaughter.indb 94 31.08.2007 10:42:16
ihre rolle w�hrend der erneuten geFangennahme

besonders auf �die unaufh�rlichen Machenschaften� von Muhammad-�

Al� und seinen �ver�chtlichen Helfern� aufmerksam,

wie auch auf die �Unruhen, die ihre klug gef�hrte Kampagne

falscher Darstellung und Verleumdung in Gegenden hervorrief,

die mit Sultan �Abdu�l-Hamid und seinen Ratgebern direkt

verbunden waren.� Diese heimt�ckischen Aktivit�ten verursachten

�Untersuchungen und Nachforschungen� und f�hrten

erneut zu einer strengen Gefangenschaft. Durch sie lebten die

�Gefahren� f�r die Verbannten wieder auf.46

�ber die Beitr�ge, die das Gr��te Heilige Blatt zu den

besonderen Ereignissen jener kummervollen Zeit leistete, ist

nur wenig bekannt. Jedoch beschreibt Shoghi Effendi die herausragenden

Charaktereigenschaften und die Geisteshaltung,

die Bahayyih Kh�num offenbarte und die Wirkung dieser Eigenschaften

auf die Geschehnisse. Er best�tigt: �Ohne ihre

schlaflose Wachsamkeit, ihr Taktgef�hl, ihre H�flichkeit, ihre

au�ergew�hnliche Geduld und heroische Tapferkeit h�tten

sich schwere Komplikationen ergeben k�nnen. Ebenso w�re

die Last der M�hen und Sorgen �Abdu�l-Bahas beachtlich vermehrt

worden.�47

So endete eine vierzig Jahre andauernde Haft in der Gef�ngnisstadt

�Akka. Zu Beginn ihrer Gefangenschaft waren

�Abdu�l-Bahá und Bahayyih Kh�num Anfang zwanzig, bei ihrer

Freilassung standen sie an ihrem Lebensabend.
Das Begr�bnis der sterblichen �berreste des B�b
am Berg Karmel

Innerhalb von acht Monaten nach Seiner Freilassung gelang

es �Abdu�l-Baha, eines der bedeutsamsten Werke Seiner Amtszeit

zu vollbringen die Errichtung eines w�rdigen Mausoleums

und die Beisetzung der sterblichen �berreste des B�b

auf dem Berg Karmel, f�nfzig Jahre nach Seinem M�rtyrer

46 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,

S. 37-38
47 ebenda, S. 38
95
ProphetsDaughter.indb 95 31.08.2007 10:42:16
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

tod. Dieses historische Unternehmen hatte seinen Anfang zu

Lebzeiten Bahau�llahs genommen und fand seinen Abschluss

w�hrend der schwierigsten Zeit der Gefangenschaft �Abdu�l-

Bahas. Bahau�ll�h selbst hatte die Stelle, wo der Schrein des

B�b errichtet werden sollte, bestimmt und die Baha im Iran

angewiesen, f�r die Sicherheit der sterblichen �berreste des

B�b zu sorgen.

1899 wurden die heiligen Gebeine des B�b auf Anweisung

�Abdu�l-Bahas nach �Akka gebracht, wo sie am 31. Januar

1899, �f�nfzig Mondjahre nach der Erschie�ung des B�b in

Tabr�z, ... eintrafen.� Im selben Jahr legte �Abdu�l-Bahá mit

eigener Hand den Grundstein zu dem Geb�ude, mit dessen Bau

Er einige Monate sp�ter begann. Inzwischen erreichte der Marmorsarkophag,

der die Gebeine des B�b aufnehmen sollte, das

Heilige Land. Er war eine Liebesgabe der Baha von Rangoon,

Birma. Fast zehn Jahre lang dauerte es, bis das Untergeschoss

des Schreins fertig gestellt war. W�hrend der Durchf�hrung des

Baues sah sich �Abdu�l-Bahá von �mannigfachen Problemen�

und vordringlichen Aufgaben bedr�ngt, die durch die Machenschaften

der Bundesbrecher hervorgerufen worden waren und

durch Seine erzwungene Abwesenheit von Haifa auf Grund

Seiner erneuten Gefangenschaft in �Akka, wodurch Er das Unternehmen

nur begrenzt �berwachen konnte.48

Auf Grund der langwierigen Schwierigkeiten, die mit dem

Bau des Schreins zusammenhingen, und der Gefahren, denen

�Abdu�l-Bahá und Seine Familie ausgesetzt waren, erschien es

Ihm unbedingt erforderlich, den Sarg, der die sterblichen �berreste

des B�b enthielt, bis zu seiner Beisetzung zu verbergen.

Daher vertraute Er diesen Sarg der Obhut des Gr��ten Heiligen

Blattes an. Er wurde eine Zeit lang in ihrem Zimmer im Haus

von �Abdu�ll�h-P�sh� verborgen, in dem sich �Abdu�l-Bahá

und Seine Familie aufhielten.

Jahre sp�ter teilte eine Frau mit, die das Privileg hatte, w�hrend

dieser Zeit im Haushalt �Abdu�l-Bahas zu dienen, wie das

Gr��te Heilige Blatt mit dieser schweren Aufgabe umging. Sie

48 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 365f: 18:4 18:6

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ProphetsDaughter.indb 96 31.08.2007 10:42:16

das Begr�Bnis der sterBlichen �Berreste des B�B am Berg Karmel

erinnerte sich daran, dass Bahayyih Kh�num oft stundenlang

in ihrem Zimmer in absolutem Schweigen auf der Mandar

(gepolsterte Bank) sa�, und sie fragte sich damals, warum das

Gr��te Heilige Blatt sich so verhielt. Nach Jahren jedoch verstand

sie, dass die Stille und die ehrerbietige Haltung, die sie

beobachtet hatte, den sterblichen �berresten des B�b, die sich

im Zimmer des Gr��ten Heiligen Blattes befanden, galt. Zweifellos

war sich Bahayyih Kh�num voll bewusst, welch heiliges

Gut sie zu sch�tzen hatte und wie notwendig es war, den Ort

geheim zu halten, an dem die kostbaren sterblichen �berreste

des B�b aufbewahrt wurden.49

Im Jahr 1909 brachte �Abdu�l-Bahá schlie�lich das Vorhaben

zu einem erfolgreichen Abschluss. Die heiligen Gebeine

des B�b fanden endlich in Seinem Schrein auf dem Berg Karmel

ihre letzte Ruhest�tte. Shoghi Effendi berichtet:

Am �Tag des ersten Naw-R�z-Festes, das Er nach Seiner

Freilassung feierte, lie� �Abdu�l-Bahá den Marmorsarkophag

unter gro�er M�he an die vorbereitete Gruft verbringen. Am

Abend legte Er im Beisein von Gl�ubigen aus Ost und West

beim Schein einer einzigen Lampe auf feierliche, bewegende

Weise mit eigenen H�nden den h�lzernen Sarg mit den heiligen

�berresten des B�b und Seines Gef�hrten50 in diesen

Sarkophag.� �Abdu�l-Bahá gab �diesen ruhmreichen Sieg� den

Baha mit folgenden Worten bekannt:

�Die froheste Kunde ... ist, dass der heilige, strahlende Leib

des B�b, ... sechzig Jahre lang vor drohenden Feinden und

aus Furcht vor �belwollenden, ohne Rast und Ruhe von

Ort zu Ort verbracht, nunmehr feierlich durch die Gnade

der Sch�nheit Abha am Naw-R�z-Tag51 im heiligen Sarg,

im erhabenen Schrein am Berg Karmel, beigesetzt ist. ...

Ein seltsamer Zufall f�gte es, dass am selben Naw-R�z-Tag

ein Telegramm aus Chicago eintraf mit der Nachricht, dass

49 Zeenat Baghdadi, zitiert in Ali Nakhjavani The Greatest Holy Leaf: A

Reminiscence; Baha World; 18:60

50 Der B�b war mit einem Seiner Anh�nger hingerichtet worden.

51 Neujahr im Baha-Kalender.
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ProphetsDaughter.indb 97 31.08.2007 10:42:16
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

die Gl�ubigen aller amerikanischen Zentren Abgeordnete

gew�hlt und nach Chicago entsandt und �ber die Lage und

den Bau des Mashriqul-Adhkar [Haus der Andacht] endg�ltig

entschieden h�tten.�52
�Abdu�l Bahas Reisen nach �gypten
und in den Westen

Sobald �Abdu�l-Bahá die �berreste des B�b einem sicheren und

st�ndigen Ruheplatz �bergeben hatte, machte Er sich auf, �mit

edlem Mut, Vertrauen und Entschlossenheit� den Baha-Glauben

in der westlichen Welt zu verbreiten. Seine dreij�hrige Reise

f�hrte Ihn zuerst nach �gypten, dann nach Europa und zuletzt

nach Amerika. W�hrend dieser Zeit ��bertrug Er mit unersch�tterlichem

Vertrauen die Verantwortung f�r die vielf�ltigen Einzelheiten,

die aus Seiner langenAbwesenheit vom Heiligen Land

entstehen w�rden, Seiner vertrauten und verehrten Schwester.�

Shoghi Effendi betont die Bedeutung dieser Bestimmung und

die hohe Stellung, zu der Bahayyih Kh�num erhoben wurde,

und bezeugt, dass sie w�hrend der Abwesenheit �Abdu�l-Bahas

�Seine kompetente Stellvertreterin, Repr�sentantin und Statthalterin

war, der niemand gleich kam.�53

Um zu verstehen, wie wichtig die Rolle war, die das Gr��te

Heilige Blatt in dieser Zeit der Baha-Geschichte spielte, ist es

sinnvoll, �ber die Bedeutung der Worte Shoghi Effendis nachzudenken,

mit denen er das Wesen und die Beschaffenheit ihres

Beitrags beschreibt. Bahayyih Kh�num war �Abdu�l-Bahas

�sachkundige Vertreterin�, und als �Vertreterin� ihres Bruders

war sie berufen, an Seiner Stelle zu stehen. Sie war erm�chtigt,

in Seinem Namen zu handeln und die Verantwortung f�r

die Angelegenheiten des Glaubens w�hrend Seiner Abwesenheit

zu �bernehmen. Ihre Ernennung war nach der Darstellung

Shoghi Effendis nicht nur ein Ehrenamt, und ihre Aufgaben, die

52 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 367; 18:9 18:11

53 ebenda, S. 371; Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest

Holy Leaf, S. 39; S. 28
98
ProphetsDaughter.indb 98 31.08.2007 10:42:16

�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen

sie erf�llte, waren nicht rein zeremonieller Art. Die Wortwahl

des H�ters beinhaltet vielmehr eine ganz genaue Beschreibung

dar�ber, wie sie ihre lebenswichtige Rolle ausf�hrte. Der Ausdruck

�Statthalter� l�sst zudem erkennen, welcher Art die von

ihr vermutlich verrichteten Aufgaben waren, denn dieser Ausdruck

bezeichnet einen Amtsvertreter, eine Person, die dazu berufen

wurde, die Aufgaben eines K�nigs oder eines Magistrats

durchzuf�hren. Der Ausdruck wird auch f�r einen Menschen

verwendet, der von Gott beauftragt wurde, in Regierungs-oder

in religi�sen Angelegenheiten Amtsgewalt auszu�ben, oder f�r

eine Person, die einen anderen vertritt.54 Obwohl die speziellen

Aufgaben, die das Gr��te Heilige Blatt ausf�hrte, nicht bis ins

Detail aufgezeichnet sind und sich nur durch Schlussfolgerungen

herleiten lassen, kann man erkennen, dass die Funktionen, die

sie w�hrend der Abwesenheit �Abdu�l-Bahas erf�llte, von weit

reichender Bedeutung waren und administrative und geistige

F�hrung der Gemeinde beinhalteten. Sie war als einzige dazu

erm�chtigt, in Seiner Abwesenheit Entscheidungen zu treffen.

Wie man berichtete, hatte sich das Gr��te Heilige Blatt w�hrend

der Zeit, in der �Abdu�l-Bahá auf Reisen war, mit vielen

Angelegenheiten im Heiligen Land zu befassen, f�r die sonst Er

verantwortlich gewesen w�re. Ihr Einflussgebiet nahm immer

mehr zu. Sie empfing sowohl W�rdentr�ger als auch Beamte

beiderlei Geschlechts, sprach im Namen �Abdu�l-Bahas zu den

Pilgern, inspirierte sie, half den Armen und bot den Kranken

ihre �rztliche Hilfe an.55

Direkt vor Seiner Abreise nach �gypten im September 1910

richtet �Abdu�l-Bahá ein zu Herzen gehendes Sendschreiben an

Seine Schwester, in dem Er ihr Seine bevorstehende Abreise

mitteilt und zutiefst bedauert, dadurch von ihr getrennt zu sein.

Er dr�ckt Sein unersch�tterliches Vertrauen in sie aus und bittet

sie inst�ndig, f�r Ihn im Schrein Bahau�ll�hs um Best�tigung

f�r Seine Bem�hungen zu beten:

54 Websters�s Third International Dictionary of the English Language

Unabridged: Viceregent [Statthalter/ in]

55 Bahayyih Nakhjav�ni, The Life and Service of the Greatest Holy Leaf,

in Baha World 18 (1979-1983): 71
99
ProphetsDaughter.indb 99 31.08.2007 10:42:17
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester
�O du meine Schwester, meine liebe Schwester!

G�ttliche Weisheit hat diese zeitweise Trennung verf�gt,

aber ich sehne mich mehr und mehr danach, wieder bei dir

zu sein. Geduld ist gefragt und Langmut und Vertrauen in

Gott und Bitten um Seine Gnade. Da du dort bist, bin ich im

Herzen vollkommen beruhigt.

Vor kurzem habe ich geplant, nach �gypten zu fahren, wenn

Gott dies will. Lege du in meinem Namen dein Haupt an der

Heiligen Schwelle nieder und umh�lle Stirn und Haar mit

dem Duft des Staubes jener Pforte. Bitte sodann darum, dass

ich in meiner Arbeit best�tigt werde, und dass ich als Dank

f�r Seine endlosen Gnadengaben so Er es will einen

Tropfen aus dem Meer der Dienstbarkeit erlangen m�ge.�56

Nach Seinem Aufenthalt in �gypten reiste �Abdu�l-Bahá am

11. August 1911 nach Europa. Er landete in Marseille, fuhr von

dort nach Thonon-les-Bains und kam am 4. September 1911 in

London an, wo Er sich etwa einen Monat aufhielt. Dann reiste

Er weiter nach Paris, wo Er neun Wochen lang blieb. Im Dezember

1911 kehrte Er nach �gypten zur�ck und verbrachte

dort den Winter. Zu Seiner zweiten Reise in den Westen brach

Er am 25. M�rz 1912 auf und fuhr mit dem Schiff �ber Neapel

nach New York, wo Er am 11. April ankam.57 Aus New

York schickte �Abdu�l-Bahá folgendes Sendschreiben an Seine

Schwester:
�O du Gr��tes und g�tigstes Heiliges Blatt!

In sehr gutem Gesundheitszustand bin Ich in New York angekommen.

Ich denke immer an dich und flehe innigst an

der Schwelle der Gesegneten Sch�nheit, Er m�ge dich in der

Feste Seines Schutzes beh�ten. Wir befinden uns in bester

Gesellschaft und sind voller Freude. Ich hoffe, dass du unter

Seiner segensreichen F�rsorge besch�tzt sein m�gest.

56

�Abdu�l-Baha, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 13

57

Weitere Details �ber die Reisen �Abdu�l-Bahas in Europa und Amerika,

siehe Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 19. Kapitel

100
ProphetsDaughter.indb 100
31.08.2007 10:42:17

�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen

Schreibe mir sogleich, wie es R�h� Kh�num58 und Shoghi

Effendi geht. Informiere mich vollst�ndig und verheimliche

nichts, das ist am besten.
�berbringe allen meine sehnsuchtsvollen Gr��e.�59

Wie aus dem Vorhergehenden deutlich wird, beabsichtigte

�Abdu�l-Bahá nicht nur Seine Schwester �ber den Verlauf

Seiner Reisen und Seinen Gesundheitszustand zu informieren,

sondern Er wandte sich au�erdem an Seine Schwester, um von

ihr klare und freim�tige Informationen zu erhalten und w�hlte

sie aus, um durch sie mit der Baha-Gemeinde im Heiligen

Land in Verbindung stehen zu k�nnen.

�Abdu�l-Bahas heldenhafte Reise durch Nord Amerika dauerte

acht Monate. Sie f�hrte ihn von K�ste zu K�ste, mit vielen

Zwischenstationen. Am 5. Dezember 1912 reiste Er von

New York nach Liverpool und von dort nach London, Paris,

Stuttgart, Budapest und Wien. Shoghi Effendi beschreibt die

Auswirkung und Bedeutung der Reisen �Abdu�l-Bahas in den

Westen:

�Im Verlauf dieser epochemachenden Reisen legte �Abdu�l-

Bahá vor gro�en, bedeutenden Versammlungen, denen zuweilen

mehr als tausend Menschen beiwohnten, mit einfachen,

treffenden Worten und gro�er �berzeugungskraft

zum erstenmal seit der Aufnahme Seines Amtes die kennzeichnenden

Prinzipien der von Seinem Vater gestifteten

Religion dar, die zusammen mit den im Kitáb-i-Aqdas60

niedergelegten Gesetzen und Geboten den Grundstock der

j�ngsten Offenbarung Gottes vor der Menschheit bilden. Die

unAbhangige, von Aberglauben und Tradition befreite Wahr

58 Eine Tochter �Abdu�l Bahas

59 �Abdu�l Baha, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 17-18

60 W�rtlich: Das Heiligste Buch; das Buch, in dem Bahau�ll�h die Charta

f�r die zuk�nftige Weltzivilisation niedergeschrieben hat, die zu errichten

Er erschienen ist.
101
ProphetsDaughter.indb 101 31.08.2007 10:42:17
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

heitssuche; die Einheit des ganzen Menschengeschlechts

� Hauptlehre und Leitprinzip des Glaubens �; die grundlegende

Einheit aller Religionen; strikte Ablehnung jeglichen

Vorurteils, ob religi�ser, rassischer, gesellschaftlicher oder

ethnischer Art; der unabdingbare Einklang von Religion und

Wissenschaft; Gleichheit f�r Mann und Frau, die beiden

Fl�gel, mit denen der Vogel Menschheit sich aufschwingen

kann; die Einf�hrung der Schulpflicht; die Adoption einer

universellen Hilfssprache; die Beseitigung der Extreme von

Reichtum und Armut; die Einrichtung eines Welttribunals

zur Schlichtung von Streit unter V�lkern; die W�rdigung

jeglicher im Geiste des Dienstes geleisteten Arbeit als Gottesdienst;

die Verherrlichung der Gerechtigkeit als herrschendes

Prinzip in der menschlichen Gesellschaft und der

Religion als Bollwerk f�r den Schutz aller Menschen und

V�lker; die Stiftung eines dauernden universalen Friedens

als das erhabenste Ziel f�r die ganze Menschheit dies sind

die Grundelemente dieser g�ttlichen Verfassung, die Er im

Verlauf Seiner Lehrreisen den Meinungsf�hrern wie dem

gro�en Publikum verk�ndete. Die Darstellung dieser lebenspendenden

Wahrheiten des Glaubens Bahau�ll�hs, den

Er als �den Geist des Zeitalters� bezeichnete, erg�nzte Er

wiederholt durch eindringliche Warnungen vor einem drohenden

Weltenbrand, der, wenn die Staatsm�nner ihn nicht

abwendeten, den ganzen europ�ischen Kontinent in Flammen

setzen werde. Auch sagte Er im Verlauf dieser Reisen

die radikalen Ver�nderungen voraus, die auf diesem Kontinent

stattfinden werden, sprach die unvermeidlich einsetzende

Bewegung zur Dezentralisation der politischen Macht

an, wies auf die Wirren hin, die in der T�rkei ausbrechen

werden, sprach von der auf dem europ�ischen Kontinent

einsetzenden Judenverfolgung und verk�ndete entschieden,

dass �das Banner der Einheit der Menschheit gehisst werde,

dass das Heiligtum des Weltfriedens errichtet und diese Welt

in eine andere verwandelt werde.� 61

61 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 373-374; 19:7

102
ProphetsDaughter.indb 102 31.08.2007 10:42:17

�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen

Im folgenden Abschnitt fasst Shoghi Effendi zusammen,

welch tiefe Wirkung �Abdu�l-Bahas Reisen auf Bahayyih Kh�num

aus�bten, welchen Ansporn sie ihr gaben und welch gro�e

Freude und Zufriedenheit sie empfand, als sie vom Fortschritt

des Glaubens erfuhr:

�Kaum hatte �Abdu�l-Bahá die K�sten der europ�ischen

und amerikanischen Kontinente betreten, wurde unsere

geliebte Kh�num von den begeisternden Nachrichten �ber

den unaufhaltsamen Fortschritt der Sache, der ihr trotz ihrer

weitreichenden Erfahrungen unglaublich erschien, fast

�berw�ltigt. Die Jahre, in denen sie sich im Sonnenschein

der geistigen Siege �Abdu�l-Bahas so wohl f�hlte, z�hlten

vielleicht zu den heitersten und gl�cklichsten ihres Lebens.

Sie h�tte es sich damals, als sie im Garten ihres Vaterhauses

in Teheran in Begleitung dessen herumlief, der bestimmt

war, eines Tages der gew�hlte Mittelpunkt von Gottes unzerst�rbarem

Bunde zu sein, kaum vorstellen k�nnen, dass

dieser Bruder f�hig sein w�rde, in so entfernten Gegenden

und unter so unbekannten Rassen solch gro�e und denkw�rdige

Siege zu erringen.�62

Auch �Abdu�l-Bahá selbst war begeistert und wohl auch ein

wenig verwundert, wie gro� die Aufnahmebereitschaft f�r die

Baha-Religion in der westlichen Welt war. In einem bewegenden

Brief an das Gr��te Heilige Blatt bittet Er Seine geliebte

Schwester, den Schrein Bahau�ll�hs aufzusuchen und

Dankgebete zu verrichten. Er offenbarte sogar ein besonderes

Gebet, das sie in Seinem Namen sprechen sollte. Das Sendschreiben

lautete:

�O meine liebe Schwester! Preis sei Gott! Unter der sch�tzenden

Gnade der Gesegneten Sch�nheit ist hier in den

westlichen L�ndern ein Lufthauch aus den Roseng�rten

Seiner Gnadengaben her�bergeweht, und die Herzen vieler

62 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 39

103
ProphetsDaughter.indb 103 31.08.2007 10:42:17
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

Menschen werden wie durch einen Magneten zum AbhaReich63

hingezogen.

Was immer sich ereignete, geschah durch die Best�tigungen

des Geliebten; denn welcher Verdienst k�me uns zu oder

welche F�higkeiten h�tten wir? Wir sind wie ein S�ugling,

doch gen�hrt an der Brust himmlischer Gnade. Wir sind

nur schwache Pflanzen, die im Fr�hlingsregen Seiner Gnadengaben

wachsen. Um Gott f�r diese Gaben zu danken,

bedecke dich mit deinem Mantel und besuche an einem

bestimmten Tag den Schrein, die ka�bih64 unserer Herzenssehnsucht,

wende dich in meinem Namen Ihm zu, lege dein
Haupt auf Seine heilige Schwelle und sprich:

O g�ttliche Vorsehung! O Du vergebender Herr! Ein S�nder,

der ich bin, habe ich keine andere Zuflucht au�er Dir.

Aller Lobpreis sei Dir, dass Du, w�hrend ich �ber Berge und

durch T�ler wanderte, auf der See Gefahren und Schwierigkeiten

ausgesetzt war, stets auf meine Hilferufe geantwortet

hast, mich best�tigst, beg�nstigst und durch den Dienst an

Deiner Schwelle geehrt hast.

Einer schwachen Ameise verliehst Du die Kraft Salomons.

Du hast eine M�cke zu einem L�wen im Reiche Deiner

Gnade werden lassen. Du hast einen Tropfen zu Wellen

der See anschwellen lassen und eine Motte auf den Gipfel

der Gnade erhoben. Alles wurde durch Dich erreicht. Welche

Kraft bes��e sonst dieser zerbrechliche Staub, welche

Macht dieses schwache Wesen?

O g�ttliche Vorsehung! Sieh nicht auf unsere S�nden, sondern

gew�hre uns Zuflucht. Blicke nicht auf unsere �blen

63

Abha bedeutet w�rtlich der/die/das Herrlichste; somit kann unter

Abha-Reich das herrlichste Reich, oder das Reich der Herrlichkeit

verstanden werden.
64

Ein besonderer Ausdruck im Islam. Er wird hier mehr allgemein gebraucht,

um einen Ort der Anbetung zu bezeichnen
104
ProphetsDaughter.indb 104
31.08.2007 10:42:17

�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen

Wege, sondern schenke uns Erbarmen. Achte nicht auf das,

was wir verdient haben, sondern �ffne weit vor uns Dein

Gnadentor.

Du bist der M�chtige, der Kraftvolle! Du bist der Sehende

und der Wissende!��65

Am 13. Juni 1913 reiste �Abdu�l-Bahá von Marseille nach

�gypten und kam einige Tage sp�ter in Port Said an. Die meiste

Zeit Seines fast sechsmonatigen Aufenthalts hielt Er sich in

Ramleh, einem Vorort von Alexandria auf, um sich vor Seiner

Weiterfahrt nach Haifa auszuruhen und Seinen Gesundheitszustand

wiederherzustellen. Bahayyih Kh�num und einige andere

Mitglieder der Heiligen Familie sowie Shoghi Effendi reisten

nach �gypten, um �Abdu�l-Bahá bei der R�ckkehr von Seinen

historischen Reisen zu empfangen. Erneut schildert Shoghi

Effendi einen Eindruck der Gef�hle und Emotionen, die sie

bei dieser lang ersehnten Wiedervereinigung von Bruder und

Schwester erlebt haben muss. Er schreibt: �Kaum wage ich,

die Begeisterung und Freude zu beschreiben, die in ihrer Brust

schwellten, als sie �Abdu�l-Bahá bei Seiner siegreichen R�ckkehr

aus dem Westen begr��te. Sie war h�chst erstaunt �ber die

Vitalit�t, zu der Er trotz all der unvorstellbaren Beschwernissen

f�hig war. Sie bewunderte zutiefst das Ausma� der Kr�fte, die

Seine Vortr�ge freigesetzt hatten, und dankte Bahau�ll�h, dass

sie solch einen strahlenden Sieg Seiner Sache und den nicht

minder strahlenden Erfolg Seines Sohnes miterleben durfte.�66

Das Gr��te Heilige Blatt blieb einige Wochen in �gypten.

Sie �bernahm wieder einmal die F�hrung von �Abdu�l-Bahas

Haushalt, der bald zum Anziehungspunkt f�r Baha-Besucher

aus vielen Teilen der Welt wurde. Einige westliche Frauen, zu

denen Mrs. Lua Getsinger und Mrs. Isobel Fraser z�hlten, hatten

das Privileg, w�hrend ihrer Pilgerreise in �Abdu�l-Bahas

Haus wohnen zu d�rfen. Nach einiger Zeit kehrte das Gr��te

65 �Abdu�l-Baha, in ebenda, S. 11f

66 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 372f. 19:6; Shoghi Effendi in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 39f
105
ProphetsDaughter.indb 105 31.08.2007 10:42:17
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

Heilige Blatt nach Haifa zur�ck, um dort die Pilger zu empfangen

und die Aktivit�ten der Gemeinde zu beaufsichtigen.67

R�h� Asdaq, eine persische Pilgerin, hinterlie� eine faszinierende

Aufzeichnung �ber ihre Eindr�cke, in denen sie

schildert, wie das Leben im Heiligen Haushalt kurz vor der

R�ckkehr �Abdu�l-Bahas nach Haifa verlief. Sie erz�hlt, dass

ihre Familie von Ihm eingeladen worden war, ins Heilige Land

auf Pilgerreise zu kommen. W�hrend die Pilger den Geist an

den Schreinen in sich aufnahmen und gro�e geistige Kraft aus

dem Zusammensein mit dem Gr��ten Heiligen Blatt sch�pften,

war ihr einziger Kummer, �Abdu�l-Bahá nicht begegnen zu

k�nnen. Sie berichtet, dass ihr Vater nach Alexandria in �gypten

reisen musste. Auf ihre Bitte hin hatte er vor seiner Abreise

eine einst�ndige Unterredung mit dem Gr��ten Heiligen Blatt.

Wir erfuhren, dass R�h�s Vater in Alexandria mit �Abdu�l-Bahá

zusammengetroffen war, und bei seiner R�ckkehr brachte er

die frohe Nachricht mit, dass �Abdu�l-Bahá bald nach Haifa

zur�ckkommen w�rde.

Sofort bereitete man alles f�r �Abdu�l-Bahas Ankunft vor,

obwohl das genaue Datum nicht bekannt war. Sein Lieblingsgericht

wurde zubereitet, Kleider wurden gen�ht und alles wurde

fertig gestellt. Die Pilgerin beschreibt die allgemeine Erregung:

�Die Eingangshalle von des Meisters Haus wurde f�r Seine

Ankunft vorbereitet. Alle Pilger und Angeh�rige des Haushalts

hatten sich dort eingefunden. Es war eine Freude, als

�Abdu�l-Bahá aus der Kutsche stieg und auf das Haus zuschritt.

Das Gr��te Heilige Blatt und Seine T�chter liefen
zu Ihm hin und umarmten Ihn. ...

Nach einer kurzen Ruhepause ... trat der Meister aus Seinem

Zimmer heraus, setzte sich zu uns und wandte sich an

die Anwesenden mit den Worten: ,Willkommen, willkommen�

... Nachdem Seine Tochter ein Gebet gesungen hatte

67

Siehe Mirza Ahmad Sohrab, �Abdu�l-Bahá in Egypt, S. 141; S. 182; S.

330
106
ProphetsDaughter.indb 106
31.08.2007 10:42:18

�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen

..., sagte Er: ,M�get ihr alle in Gottes Obhut bewahrt bleiben.�

Dann zogen sich die Frauen, deren Herzen vor Gl�ck

�berstr�mten, zur�ck und erlaubten den ebenso bewegten

M�nnern, denen die Tr�nen in den Augen standen, die Halle

zu betreten. Alsbald h�rten wir alle das lauthals und herzerw�rmend

gesungene Tablet von Ru�y� ... ert�nen, das unsere

Herzen mit Freude erf�llte. So war das an diesem gl�cklichen

5. Dezember 1913, es passierten Dinge, die keiner von

uns jemals vergessen w�rde; alles war in unsere Herzen und

Gem�ter tief eingemei�elt.�68

Sp�ter erfuhr die Pilgerin, dass das Gr��te Heilige Blatt in

ihrer privaten Unterredung mit R�h�s Vater vor seiner Reise

nach Alexandria ihn gebeten hatte, �Abdu�l-Bahá zu fragen, ob

Er nicht fr�her nach Haifa zur�ckkommen k�nne, �um den besorgten

Herzen der Pilger und der Angeh�rigen des Heiligen

Haushalts Ruhe zu schenken.� Nach den Worten der Pilgerin

erinnerte sich ihr Vater daran, dass �Abdu�l-Bahá l�chelte, als

Er diese Botschaft von Bahayyih Kh�num h�rte und sagte:

�Wie schlau von ihr ausgedacht!�69
Managerin des Haushalts
und Gastgeberin f�r die Pilger

Seit den Tagen Bahau�ll�hs hatte das Gr��te Heilige Blatt die

F�hrung des Haushaltes ihres Vaters �bernommen, eine Aufgabe,

in der sie wie Shoghi Effendi es ausdr�ckte �sich auszeichnete�.

Seit fr�hester Kindheit half sie ihrer Mutter hierbei.

Nach dem Tod ihrer Mutter �bernahm sie die Hauptverantwortung

f�r dieses Amt: Sie regelte die praktischen Angelegenheiten

des Haushalts, sorgte daf�r, dass Nahrungsmittel gekauft

und zubereitet wurden, traf sich mit den Frauen der Pilger und

Staatsbeamten und k�mmerte sich um die Frauen, die zu Besuch

kamen. Sie war von dem Wunsch beseelt, auf die allt�glichen

68 R�h� Asdaq, One Life One Memory, S. 25-26

69 �Abdu`l-Baha, zitiert von Dr. M�s� Khud�d�st, in ebenda, S. 26

107
ProphetsDaughter.indb 107 31.08.2007 10:42:18
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

Bed�rfnisse Bahau�ll�hs zu achten, damit Er gen�gend Zeit

fand, sich mit den Dingen zu besch�ftigen, die allein Er ausf�hren

konnte. Daher �pflegte sie gewissenhaft� gesellschaftliche

Beziehungen, um es Bahau�ll�h zu erm�glichen, nur mit

solchen Menschen zusammenzutreffen, die Er wirklich treffen

wollte. Nach dem Hinscheiden Bahau�ll�hs unterst�tzte sie aus

ganzem Herzen ihren Bruder �Abdu�l-Baha.70

W�hrend der Amtszeit �Abdu�l-Bahas wurde das Gr��te

Heilige Blatt ernannt, die Verantwortung f�r Seinen Haushalt

zu �bernehmen. Sie fuhr hierin fort und erweiterte zugleich

die Aufgaben, die sie zu Lebzeiten ihres Vaters �bernommen

hatte. Ella Goodall Cooper, eine der fr�hen Pilgerinnen, berichtet,

dass die Frauen des Haushalts die einzigartige geistige

Stufe des Gr��ten Heiligen Blattes anerkannten. Ihre Pilgernotizen

geben einen Einblick, wie das Gr��te Heilige Blatt ihre

F�hrungsrolle aus�bte, indem sie hervorhebt, dass ihre �starke,

aber zugleich freundliche Autorit�t sie auf ganz nat�rliche

Weise zum Vorstand der Gruppe von Menschen machte, die im

Haushalt �Abdu�l-Bahas lebten.� Sie bemerkt, dass �die Familie

des Meisters ihre so echte und doch bescheidene Autorit�t

unwillk�rlich akzeptierte und bei jeder Gelegenheit ihren weisen

und g�tigen Rat erbat. So arbeiteten alle zusammen, damit

�Abdu�l-Bahá gen�gend Zeit und Kraft blieb, Sein Leben dem

Dienst an der ganzen Menschheit zu widmen, wie sie sich wohl

bewusst waren.�71

In der Aus�bung ihres Amtes als Vorstand des Haushaltes

von �Abdu�l-Bahá und als die �verehrte Gastgeberin einer stetig

wachsenden Anzahl von Pilgern aus Ost und West, die zu

�Abdu�l-Bahas Residenz str�mten�, entwickelte das Gr��te

Heilige Blatt nicht nur ein Gef�hl f�r Organisation, Ordnung

und einen verbindenden Geist, sondern zeigte auch einen Sinn

f�r das Praktische und eine F�higkeit, verschiedenartigste Herausforderungen

zu meistern, ohne sich in kleinlichen Details
zu verlieren.72

70 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 34-35

71 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation, S. 20

72 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 38

108
ProphetsDaughter.indb 108 31.08.2007 10:42:18

managerin des haushalts und gastgeBerin F�r die pilger

Es z�hlte zu den Aufgaben des Gr��ten Heiligen Blattes,

die Aktivit�ten der Baha-Frauen, die dort wohnten oder als

Pilgerin dorthin kamen, zu koordinieren. Eine der fr�hen Pilgerinnen

gew�hrt einen faszinierenden Einblick in die T�tigkeit

des Gr��ten Heiligen Blattes, indem sie schreibt:

�Sie hatte den Vorsitz in dem Raum, den man das ,Damenzimmer�

nannte, in dem alle Familienmitglieder zusammentrafen

und auch die weiblichen Besucher bewirtet wurden.

Von der fr�hmorgendlichen Teestunde an, bei der �Abdu�l-

Bahá oft anwesend war, bis zum letzten Gute-Nacht-Gru�,

den die ersch�pften, doch dankbaren Besucher fl�sterten,

stand ,Kh�num� (wie sie liebevoll genannt wurde) immer

zur Verf�gung. W�hrend des langen Tages, der vor sechs

Uhr in der Fr�he begann und selten vor elf oder zw�lf Uhr

nachts endete, fanden h�ufig in diesem gemeinsamen Zimmer

spontane Zusammenk�nfte statt. ... F�r uns westliche

Pilger bedeuteten diese einfachen, von geistigem Frieden

und Freude erf�llten Versammlungen neue und unglaubliche

Erfahrungen.

Die heiligen Sendschreiben, gesungen von den persischen

Frauen auf Wunsch des Gr��ten Heiligen Blattes (was diese

Frauen sehr gl�cklich machte), das Gemurmel leiser Stimmen,

wenn es Neuigkeiten gab, das Brodeln des freundlichen

Samowars, w�hrend die bedienenden jungen M�dchen den

Tee umherreichten, und vor allem, die kaum fassbare, aber

pulsierende Atmosph�re der Liebe und Dienstbarkeit zogen

alle in ihren Bann, auch die Kinder... Sogar die V�gel schienen

diesen angenehmen Geist zu sp�ren, denn sie flogen

ungehindert ein und aus durch die offene T�r, die zu dem

Hof unter freiem Himmel f�hrte.�73

Ein anderer Pilgerbericht gibt zus�tzlich Auskunft �ber einige

der Aufgaben, die Bahayyih Kh�num als Vorsitzende des

73 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation, S. 203

109
ProphetsDaughter.indb 109 31.08.2007 10:42:18
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

�Damenzimmers� zu erf�llen hatte. Man erz�hlt: �Die Freunde

wandten sich an sie, um Namen f�r ihre Kinder zu bekommen

oder um wegen einer bevorstehenden Hochzeit ihren Rat und

Segen f�r die Verbindung zu erbitten. Sie teilte im allgemeinen

den Freunden mit, wie sich die Sache verbreitete und was immer

�Abdu�l-Bahá gesagt hatte. F�r die Frauen der Baha-Gemeinde

im Heiligen Land war sie der Mittelpunkt.�74

Das �Damenzimmer� war auch ein Magnet f�r die Pilger,

die zu Besuch waren. Marie Watson, die sich 1921 als Pilgerin

dort aufhielt, schreibt �ber die Besuche bei den Damen des

Haushalts, die jeden Tag von vier Uhr bis sieben Uhr abends

stattfanden:

�Mittwoch nachmittags findet ein ,Frauentreffen� statt in

dem gro�en, in der Mitte gelegenen Raum, zur�ckgezogen

von den m�nnlichen Blicken der vielen Besucher, die der

Meister zu jeder Tageszeit empf�ngt. Auch die Baha-Frauen,

die au�erhalb wohnen, nehmen an diesen Treffen teil,

bei denen eine der T�chter des Meisters Gebete und Sendschreiben

Bahau�ll�hs liest oder singt.

Immer wird Tee mit persischen Keksen und Trauben angeboten.

Wenn der Meister Zeit findet, begr��t Er im allgemeinen

die Versammlung, spricht einige Worte und macht
dadurch alle gl�cklich.�75

Eine besondere Verantwortung, die gro�es Vertrauen voraussetzte

und dem Gr��ten Heiligen Blatt �bertragen worden

war, bestand darin, die geistigen Sch�tze der Familie unter ihre

Obhut zu nehmen. Sie musste auf die heiligen Schriften der

Gr�nder des Glaubens acht geben, die Portr�ts Bahau�ll�hs

und des B�b erhalten und sicher stellen, dass die Reliquien und

historischen Gegenst�nde, die mit der fr�hen Geschichte des

Glaubens zusammenh�ngen, gesammelt und aufbewahrt wur

74 �Ali Nakhjavani, in The Greatest Holy Leaf: A Reminiscence, S. 60

75 Marie A. Watson, My Pilgrimage to the Land of Desire, S. 8

110
ProphetsDaughter.indb 110 31.08.2007 10:42:18

managerin des haushalts und gastgeBerin F�r die pilger

den. Das Gr��te Heilige Blatt bewahrte diese kostbaren Reliquien

nicht nur, sondern sie f�hrte sie auch den weiblichen

Pilgern vor. Es gibt viele Berichte, wie Bahayyih Kh�num die

Pilger in einen Raum im Hause �Abdu�l-Bahas geleitete, in

dem sie die Bilder Bahau�ll�hs und des B�b betrachten konnten.

Die Baha, die zum Weltzentrum ihres Glaubens pilgern,

sch�tzten und sch�tzen auch heute noch die Gelegenheit sehr,

diese Portraits anschauen zu d�rfen. Diese Bilder werden aus

grunds�tzlichen Erw�gungen weder vervielf�ltigt noch in der

Baha-Gemeinde verbreitet.76

Da die finanziellen Mittel beschr�nkt und die Umgebung

oft gef�hrlich und feindlich waren, war es eine �u�erst schwierige

Aufgabe, geb�hrend f�r die Pilger zu sorgen. Seit der Zeit

Bahau�ll�hs bis zu der Zeit, in der die Verbannten aus dem

Gef�ngnis frei kamen dies geschah w�hrend der Amtszeit

�Abdu�l-Bahas wurden weibliche Pilger oft im Haushalt der

Familie untergebracht. Auch in sp�teren Jahren, selbst als in

Haifa H�user f�r die Pilger gebaut worden waren, bereiteten

die Frauen aus �Abdu�l-Bahas Familie weiterhin f�r alle das

Essen, sorgten daf�r, dass es den Pilgern �berbracht wurde und

k�mmerten sich um ihre t�glichen Bed�rfnisse. Marie Watson

beschreibt in den folgenden, auf eigenen Erfahrungen beruhenden

Betrachtungen das Ausma� dieser Aufgabe und den

Geist, in dem die Arbeit verrichtet wurde. Sie schreibt:

�Zu dem Haushalt �Abdu�l-Bahas geh�rten mehr als hundert

Personen, ohne die Kinder der Gl�ubigen und Seine eigenen

Enkelkinder mitzuz�hlen. Wie wunderbar vielsagend

und beispielhaft f�r die ganze Welt ist dieser gelebte Dienst,

den jedes Familienmitglied so heiter leistet! Da ist so eine

Harmonie und Einheit in diesem Haushalt, in dem unentwegt

das allt�gliche Leben seinen Lauf nimmt. F�r jeden

Notfall ist gesorgt; unerwartete Besucher werden immer mit

einer Gelassenheit und Aufrichtigkeit aufgenommen, die

sich nur vorstellen kann, wer dies, wie ich t�glich miterlebt

76 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation, S. 203

111
ProphetsDaughter.indb 111 31.08.2007 10:42:18
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

hat. Wo in dieser weiten Welt w�re eine Parallele zu finden,

die nur ann�hernd diesem Beispiel gleichkommt? Keine

Klagen, kein Streit unter der Vielfalt der unterschiedlichen

Temperamente und Menschen, die im Leben ganz verschiedene

Stellungen innehaben. Wie bunte Blumen wachsen sie

in einem Garten voll gr��ter Lieblichkeit...�77

Dieselbe Pilgerin betont die zentrale Rolle, die Bahayyih

Kh�num in dem Haushalt spielte: �Von fr�h morgens bis sp�t

abends ist sie gefordert, und mit Hilfe der T�chter des Meisters

f�hrt sie jede Einzelheit dieses riesigen Haushalts durch.�78

Ella Goodall Cooper, eine der fr�hen westlichen Pilgerinnen,

bezeichnet die Art, wie Bahayyih Kh�num an das Leben

herangeht, als vollkommenes Beispiel f�r ein �ausgepr�gtes

Gleichgewicht zwischen den praktischen und geistigen Lehren�.

Sie erz�hlt die folgende Begebenheit, die wie in einem

Schauspiel �die praktische Leistungsf�higkeit� Bahayyih Kh�nums

festh�lt, und schreibt:

� Eines Tages warfen wir einen Blick in die K�che und sahen

sie, auf einem niedrigen Stuhl sitzend, mit ihren festen,

geschickten H�nden ein gro�es Lamm zerlegen, das gerade

vom Markt gebracht wurde. Schnell zerlegte sie es und erteilte

gleichzeitig Anweisungen, aus welchen Teilen Br�he

gekocht und welches Teil zum Abendessen verwendet werden

sollte, welches Teil f�r morgen aufgehoben werden und

welches wiederum den armen oder arbeitsunf�higen Freunden,

die t�glich vom Tisch �Abdu�l-Bahas versorgt wurden,

zukommen sollte. Auf den Regalen standen gro�e T�pfe,

in denen der Reis in sauberem Wasser eingeweicht wurde,

um daraus das k�stliche �Pilau �, ein ber�hmtes persisches

Gericht, zuzubereiten. Auch an vielen anderen Dingen war

deutlich abzulesen, wie viele Stunden erforderlich waren,

um f�r das materielle Wohl der Besucher zu sorgen.

77 Marie A. Watson, My Pilgrimage to the Land of Desire, S. 8-9

78 ebenda, S. 9 siehe auch �Ali Nakhjavani The Greatest Holy Leaf, S. 63

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ProphetsDaughter.indb 112 31.08.2007 10:42:18

managerin des haushalts und gastgeBerin F�r die pilger

Hierbei lernten wir ihre praktische Leistungsf�higkeit

kennen. Diese enorme Arbeit, die mit einer solchen Bewirtung

verbunden ist und die nur mit den primitivsten

und einfachsten Mitteln durchgef�hrt werden konnte,

muss man gesehen haben, um sie wirklich zu sch�tzen.

Wir erfuhren, dass sie die Angelegenheiten des Haushalts

organisierte; jede der T�chter des Meisters �bernahm abwechselnd

eine Woche lang die Aufgabe, diese zu leiten,

die Speisen und Eink�ufe zu planen sowie daf�r zu sorgen,

dass alles gekocht und zweimal t�glich den verschiedenen

Gruppen gebracht wurde. Ohne flie�endes Wasser,

nur mit Holzkohle als Brennstoff, ohne Gas oder Strom,

nur mit �l allein das Saubermachen und F�llen der

Petroleumlampen nahmen viel Zeit und Energie in Anspruch.�

79

Mary Hanford Ford, eine der fr�hen Pilgerinnen aus dem

Westen, gibt eine weitere Beschreibung der Arbeitsweise in

�Abdu�l-Bahas Haushalt. Sie hebt besonders einen Arbeitsansatz

hervor, der das Geistige und Praktische miteinander verbindet,

und eine Probleml�sung, die die W�rde des Individuums

wahrt. Sie schreibt:

�Die Damen der Familie sind bewundernswerte Hausfrauen.

Sie n�hen sich all ihre einfachen Gew�nder selbst mit Hilfe

einer N�hmaschine aus der westlichen Welt. Sie beaufsichtigen

die Erzeugnisse der K�che f�r ihre vielen G�ste

und achten auf hygienische Sauberkeit ihrer Umgebung. Sie

verk�rpern das Bild der modernen Heiligen, die uns, so wie

wir sie wahrnehmen, dazu zwingen, unser gesamtes geistiges

Weltbild zu revolutionieren: Eine mond�ne Frau aus der

westlichen Welt so hilflos wie manche dieser gek�nstelten

Damen sind und so sehns�chtig nach geistiger Kultur fand

sich eines Tages in dem einf�hlsamen Haushalt ohne ihren

Koffer wieder, und so nobel gekleidet, dass sie sich inmitten

79 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation, S. 204

113
ProphetsDaughter.indb 113 31.08.2007 10:42:18
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

dieser liebensw�rdigen Einfachheit, die dort herrschte, besch�mt

f�hlte. Das Gr��te Heilige Blatt fertigte ihr daraufhin

mit ihren eigenen wundersch�nen H�nden ein Kattunkleid

an, das ein Muster an Eleganz und Schlichtheit war.

Die westliche Frau gr�belt vielleicht noch immer �ber der

Frage, wie eine so tiefgr�ndige Geistigkeit mit einer so hervorragenden

Fertigkeit und einem ebensolchen Sinn f�r das

Praktische verbunden sein kann, aber in Wirklichkeit sind

diese immer Seite an Seite zu finden.�80

Die Pilger, die das Vorrecht hatten, pers�nlich mit Bahayyih

Kh�num zusammenzutreffen, waren tief bewegt. Sie wurden

durch die so lebhaften Berichte der Ereignisse aus den fr�hen

Tagen des Glaubens inspiriert und wurden sich immer mehr

der hohen Stufe des Gr��ten Heiligen Blattes bewusst. Sie zogen

auch reiche Lehren daraus, dass sie ihren Umgang mit den

Gl�ubigen beobachteten und ihre allgemeine Einstellung zum

Leben miterlebten. Marjorie Morton, die Bahayyih Kh�num

gegen Ende ihres Lebens begegnete, teilt ihre Beobachtungen

mit. Sie �u�ert sich zu den kulturell bedingten Einschr�nkungen,

unter denen die Frauen der Heiligen Familie lebten,

und stellt fest, dass das Gr��te Heilige Blatt solche Einschr�nkungen

genauso akzeptierte wie �schlechtes Wetter, das sie im

Haus zur�ckhielt.� Mrs. Morton schreibt: �Sie hatte ihr Leben

so gestaltet, wie es die Begrenzungen ihrer Umgebung zulie�en,

in die sie ihre eigenen geistigen Kr�fte hat einflie�en lassen,

und sie hat einen Spielraum f�r all ihre Eigenschaften und

F�higkeiten gefunden.�81 Sie beteuert:

� Ihr Leben kann man nicht als Martyrium bezeichnen, denn

sie selbst erkannte es nicht als ein solches. Sie war nicht wie

die M�rtyrer au�er sich vor Entz�cken und sp�rte kein Verlangen,

das Banner zu erheben, dem Gefecht entgegen zu

eilen und sich mit heldenhaftem Wagemut zu opfern. Ihre

80 Mary Hanford Ford, Oriental Rose, S. 162-163

81 Marjory Morton, Bahayyih Kh�num, in Baha World 5 (1932 1934)

S.181
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ProphetsDaughter.indb 114 31.08.2007 10:42:19

managerin des haushalts und gastgeBerin F�r die pilger

Inbrunst brannte mit einer best�ndigen Flamme. Angesichts

von Pr�fungen und Gefahren lief sie nicht davon, noch versteckte

sie sich, sondern beschritt den gefahrvollen Weg

mit ruhigem Atem. Ihr Mut entsprang ihrem verstehenden

Glauben, und es war dieser Glaube, dieses Verst�ndnis, das

sie gelassen durch die Jahre unabl�ssiger M�he und �u�ersten

Einsatzes trug. So hielt sie Zeiten unergiebigen Wartens

aus und sch�pfte ihre Kraft daraus, das nicht wieder gutzumachende

Leid und den Verlust zu ertragen.�82

Mrs. Morton schreibt Folgendes �ber das Gr��te Heilige

Blatt, von der sie viel f�r ihr eigenes Leben lernte:

�Durch ihre Ausgeglichenheit, ihr Feingef�hl, ihre T�chtigkeit

und ihr praktisches Urteilsverm�gen schuf sie im

Haushalt Ordnung und Wohlbehagen und lie� dies alles, zusammen

mit den kleinen Dingen, die ein Wohlbehagen ausmachen,

zu einer harmonischen Atmosph�re verschmelzen.

Ihr starker Wille setzte sich nie �ber einen anderen hinweg,

und nie zwang sie ihre entschiedene Meinung jemandem

auf. Ihr Umgang mit den Menschen war liebensw�rdig. Andere

m�gen mit einem Schlag die Schale zerbrechen; sie

jedoch brachte den Kern mit unendlicher Sorgfalt und Geschicklichkeit

zum Vorschein. In ihr fand man kein strenges

Fordern, kein Gebieten; l�chelnd winkte sie jemanden heran,

und sie h�tte es nicht zugelassen, dass jemand widerwillig

kam oder weil er sich ihrem Willen beugte. Sie �bte

ihren Einfluss auf so feine Art aus, dass man sich seiner

Wirkung kaum bewusst wurde.�83

Das Zusammensein mit den Pilgern erf�llte das Gr��te Heilige

Blatt mit gro�er Zufriedenheit. Sie freute sich, wenn sie

Neuigkeiten �ber den Fortschritt des Glaubens in den verschiedenen

Teilen der Welt erfuhr und wenn sie diese Neuigkeiten

mit den Besuchern teilen konnte. Es ist auch interessant fest

82 ebenda, S. 185
83 ebenda, S. 181
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ProphetsDaughter.indb 115 31.08.2007 10:42:19
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

zustellen, dass sie mit vielen Pilgern nach ihrem Besuch im

Heiligen Land korrespondierte. In einem Brief, den sie an eine

Baha aus dem Osten gerichtet hat, ermutigt Bahayyih Kh�num

diese zum Handeln: �Gelobt sei Gott! Nachdem sie die Heilige

Schwelle des Barmherzigen in diesem geweihten Land erreicht

haben, diesen leuchtenden Ort, konnten sie das Geschenk der

g�ttlichen D�fte der Heiligkeit mit nach Hause nehmen, um

die M�gde Gottes diese D�fte einatmen zu lassen, die leblosen

K�rper durch die Macht Seiner wunderbaren Ermahnungen,

Seiner erhabenen Ratschl�ge und Lehren zu erfrischen und anzuregen,

nein vielmehr um sie zu beleben und zu erquicken�.

Zum Schluss sichert sie der Gl�ubigen zu, dass sie nicht vergessen

worden ist und dass sie in den Heiligen Schreinen f�r

sie und die anderen Bahai-Frauen beten wird.84

Ebenso schrieb sie an eine Frau aus dem Westen, die w�hrend

der Abwesenheit des Gr��ten Heiligen Blattes auf Pilgerfahrt

im Heiligen Land war, es t�te ihr sehr leid, nicht da gewesen

zu sein, um sie zu empfangen. Sie ermutigte die Gl�ubige,

nicht entt�uscht zu sein, sondern �Abdu�l-Bahas F�hrung f�r sie

zu befolgen, n�mlich �in die Welt zu gehen und den Menschen

die frohe Botschaft des K�nigreiches zu �berbringen und die

schlafenden Seelen zu erwecken.� Sie �u�erte die Hoffnung,

dass �wir bald von ihren wundervollen Diensten auf dem Weg

der Sache Gottes h�ren werden�, und gibt der Frau den Rat,

auf �Abdu�l-Bahá zu vertrauen, indem sie bekr�ftigt: �Seien sie

�berzeugt, dass sie schlie�lich erfolgreich sein werden, denn

Er hat sie gesandt und Er wird sicherlich mit ihnen sein und

ihnen immer helfen.�85
Die Kriegsjahre von 1914-1918

Acht Monate nach �Abdu�l-Bahas R�ckkehr von seinen ausgedehnten

Reisen ins Heilige Land brach der Erste Weltkrieg aus,

der die Welt ins Elend st�rzte und den Kontakt von �Abdu�l

84 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 110

85 ebenda, S. 111
116
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die KriegsJahre Von 1914-1918

Bahá mit den Baha, die nicht im Heiligen Land lebten, v�llig

abschnitt. Wieder einmal legte sich �ein Schatten von Gefahr�

�ber Sein Leben und das Seiner Familie. Shoghi Effendi weist

darauf hin, dass letzten Endes der Krieg dazu f�hrte, dass der

Glaube vom Joch der osmanisch t�rkischen Herrschaft befreit

wurde, wenn er auch f�r die Einwohner des Heiligen Landes

�strenge Entbehrungen und gro�e Gefahren� mit sich brachte.

Mit folgenden Worten charakterisiert er die Auswirkung des

Krieges auf die Einwohner des Heiligen Landes und erw�hnt

zugleich, wie sehr �Abdu�l-Bahá sich bem�hte, das Leid der

Menschen zu lindern:

� Die gro�e Not, die die Bev�lkerung bedr�ckte infolge krasser

Unf�higkeit, sch�ndlicher Nachl�ssigkeit, Grausamkeit

und stumpfer Gleichg�ltigkeit der zivilen und milit�rischen

Machthaber, wurde obgleich sehr gelindert durch �Abdu�l-

Bahas G�te und Gro�mut, Umsicht und liebevolle F�rsorge

� noch versch�rft durch eine strenge Blockade. St�ndig war

Haifa von Bomben der Alliierten bedroht, und einmal war

die Gefahr so gro�, dass �Abdu�l-Bahá mit Seiner Familie

und den dortigen Gemeindemitgliedern vor�bergehend

nach Ab�- Sin�n umziehen musste, einem Dorf vor den H�geln

�stlich von �Akka. Der t�rkische Oberkommandeur

�u�erte jetzt die Absicht, Ihn [�Abdu�l-Baha] zu kreuzigen

und Bahau�ll�hs Grabst�tte einzuebnen.�86

Aus den Schriften und Ansprachen �Abdu�l-Bahas aus der

Zeit Seiner Reisen im Westen geht hervor, dass Er den Ausbruch

des Krieges vorhergesehen hatte. Es wird auch berichtet, dass

Er sogar schon vor Seiner R�ckkehr ins Heilige Land begonnen

hatte, Vorkehrungen f�r den Kriegszustand zu treffen. In weiser

Voraussicht hatte Er veranlasst, dass einige Baha, die im Jordantal

und an den Ufern des Sees in Galil�a wohnten, Getreide

anbauten und lagerten. Sp�ter hielt Er sich in Tiberia auf und

sorgte pers�nlich daf�r, dass das Getreide nach Haifa und �Akka

86 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 401; 20:23

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ProphetsDaughter.indb 117 31.08.2007 10:42:19
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

verschifft wurde. Mit diesem Getreide konnte �Abdu�l-Bahá

w�hrend der Hungersnot der Jahre 1914-1918 die Armen in dieser

Gegend ern�hren. Lady Bloomfield beschreibt dies:

�In Haifa hatte die Blockade die Einwohner in eine gef�hrliche

Situation gebracht. Als die Briten dort ankamen,

stellten sie fest, dass �Abdu�l-Bahá die Zivilbev�lkerung

vor dem Verhungern gerettet hatte. Vorr�te, die Er hatte

anbauen und in unterirdischen Kellern und an anderen Orten

lagern lassen, wurden an Menschen aller in Haifa wohnenden

Nationalit�ten verteilt. �Abdu�l-Bahá f�hrte dies auf

milit�rische Art durch, wie man bei der Armee die Rationen

ausgibt. Gro� war die Dankbarkeit der Frauen und Kinder,

die Er durch Seine F�higkeit, schon im Jahr 1912 die Trag�die

und das Leid vorauszusehen, rettete, indem Er Vorkehrungen

f�r die Katastrophe getroffen hatte, die das Land

erst in den Jahren 1917 und 1918 heimsuchen sollte. Als die

Briten schlie�lich Haifa einnahmen, waren die Reservevorr�te

f�r die Soldaten noch nicht angekommen, und eine der

Obrigkeiten suchte �Abdu�l-Bahá auf ...�87

�Abdu�l-Bahá hatte tats�chlich gen�gend Vorr�te an Getreide,

um der Britischen Armee zu helfen.

Einige Jahre sp�ter w�rdigten die britischen Beh�rden die

Rolle, die �Abdu�l-Bahá gespielt hatte �bei der Linderung der

Not, die w�hrend der dunklen, qualvollen Kriegstage auf der

Bev�lkerung des Heiligen Landes gelastet hatte� und verliehen

Ihm 1920 die britische Ritterschaft.88

Das Gr��te Heilige Blatt spielte in dieser Zeit bei den

von �Abdu�l-Bahá ausge�bten humanit�ren T�tigkeiten eine

bedeutsame Rolle. Shoghi Effendi berichtet dar�ber, wie sie

auf die Geschehnisse und die allt�glichen N�te reagierte und

legt dar: �Das Alter schien die Empfindsamkeit ihres liebevollen

Herzens noch mehr hervorzuheben und ihr Mitgef�hl

zu vergr��ern.� Shoghi Effendi bezeugt, dass �der Anblick des

87 Lady Bloomfield, The Chosen Highway, S. 210; S. 214

88 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 403; 20:27

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die KriegsJahre Von 1914-1918

entsetzlichen Leids um sie herum� das Gr��te Heilige Blatt

nicht �berw�ltigte, sondern vielmehr �ihre Kr�fte st�hlte und

ungeahnte F�higkeiten in ihr hervorrief, die selbst die ihr nahe

stehenden Freunde nicht vermutet h�tten.�89

Bahayyih Kh�num war f�r die Speisung der Armen zust�ndig,

die zum Haus �Abdu�l-Bahas strebten. Man erz�hlt, dass

sie f�r die Armen, die um Unterst�tzung baten, kochte, ihnen

Rationen zuschickte oder pers�nlich aush�ndigte, wenn sie

selbst zu ihr kamen. Shoghi Effendi schildert die Reichweite

ihrer T�tigkeiten und ihre Eigenschaften, die sie w�hrend der

Kriegsjahre offenbarte:

�Mit Ausbruch des Krieges fand sie erneut die Gelegenheit,

den wahren Wert ihres Wesens zu offenbaren und die verborgenen

Kr�fte ihres Herzens freizusetzen. Dieser trostlose

Konflikt hatte dazu gef�hrt, dass eine Menge ausgehungerter

M�nner, Frauen und Kinder den Wohnsitz �Abdu�l-Bahas

in Haifa belagerten und Ihn um Erleichterung ihrer Leiden

baten, die durch Misswirtschaft, Grausamkeit und Achtlosigkeit

der Beamten der osmanischen Regierung verursacht

worden waren. Mit einem von Liebe �berstr�menden Herzen

erhielten diese hoffnungslosen Opfer einer verachtenswerten

Tyrannei t�glich aus den H�nden des Gr��ten Heiligen

Blattes unvergessliche Beweise einer Liebe, die sie

zu beneiden und zu bewundern gelernt hatten. Ihre ermutigenden

und trostspendenden Worte, die Nahrung, das Geld,

die Kleidung, die sie gro�z�gig verteilte, die Medikamente,

die sie selbst nach einem eigenen Verfahren herstellte und

sorgf�ltig anwendete das alles trug dazu bei, die Trostlosen

zu tr�sten, die Blinden sehend zu machen, die Waisen

zu besch�tzen, die Kranken zu heilen und den Heimatlosen

und Umherwandernden beizustehen.�90

Diese Krise bot dem Gr��ten Heiligen Blatt noch eine weitere

Gelegenheit, ihren Dienst an der Menschheit auszuweiten

89 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 41

90 ebenda, S. 40
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ProphetsDaughter.indb 119 31.08.2007 10:42:19
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

und den Initiativen, die �Abdu�l-Bahá eingeleitet hatte, uneingeschr�nkte

Unterst�tzung angedeihen zu lassen. Shoghi

Effendi hinterl�sst uns folgende Beschreibung ihrer besonderen

Wesensz�ge, die sie bei der Erf�llung dieser schwierigen

Pflichten aufwies, und schildert ihre beispielhafte Dienstbarkeit:

�Inmitten der dunklen Kriegstage hatte sie den h�chsten

Stand ihrer geistigen F�higkeiten erreicht. Kaum einer der zahllosen

Wohlt�ter der Gesellschaft, die dazu ausersehen waren,

in unterschiedlichem Ausma� das Elend und Leid zu lindern,

das dieser Gro�e Krieg verursacht hatte, tat dies so freim�tig

und selbstlos wie sie; wenige nur �bten diesen undefinierbaren

Einfluss auf die Empf�nger ihrer Wohltaten aus.�91

Das Kriegsende vorausschauend, besch�ftigte sich �Abdu�l-

Bahá w�hrend der Jahre, in denen Er von den Baha auf der

ganzen Welt abgeschnitten war, damit, Sendschreiben an sie zu

offenbaren. Selten erreichten Briefe das Heilige Land, auch der

Zustrom der Pilger war unterbrochen. Zu den ersten Pilgern,

die bei Kriegsende das Heilige Land erreichten, geh�rten Mrs.

Corinne True und ihre Tochter Edna, die in Haifa Ende 1919

ankamen. In sp�teren Jahren beschrieben die Angeh�rigen der

Familie �Abdu�l-Bahas das Gef�hl der Isolation und wie sehr

sie sich gesehnt hatten, Neuigkeiten �ber das Wohlbefinden

der Baha �berall auf der Welt und �ber den Fortschritt des

Glaubens zu erhalten. Man kann sich gut die Begeisterung in

�Abdu�l-Bahas Haushalt vorstellen, als endlich nach und nach

Briefe eintrafen, die von der Sicherheit der Gl�ubigen und �ber

die Aktivit�ten, die sie f�r den Fortschritt der Sache unternommen

hatten, berichteten.92

Zu den Sendschreiben, die w�hrend der Kriegsjahre offenbart

und nach dem Ende der Feindseligkeiten verschickt

wurden, z�hlten die Sendschreiben zum G�ttlichen Plan, die

sich an die nordamerikanischen Bahai richteten, und in denen

�Abdu�l-Bahá sie beauftragte, den Baha- Glauben weltweit

91 ebenda, S. 40-41

92 Corinne True, Brief vom 16. November 1919 an die Herausgeber,

in Star of the West Nr. 17 (1920): 312; Genieve L. Coy, A Week in

�Abdu�l-Bahas Home, Star of the West 12, Nr. 12 (1921): 197

120
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die KriegsJahre Von 1914-1918

zu verbreiten. Andere bedeutende Sendschreiben dieser Zeit

waren der Brief an Dr. August Forel und ein Schreiben an den

Vorstand der �Central Organisation for a Durable Peace�, der

�Zentralorganisation f�r einen dauerhaften Frieden �, das eine

besondere Abordnung in Den Haag �berreichte. Hinzu kamen

Hunderte von Sendschreiben, die an einzelne Gl�ubige gerichtet

waren, viele von ihnen schon fr�her geschrieben, aber erst

bei Kriegsende versandt.

Shoghi Effendi schreibt �ber die Auswirkung des Kriegsendes

auf die Verh�ltnisse des Glaubens im Heiligen Land:

�Die Gefahr, die nicht weniger als f�nfundsechzig Jahre

lang das Leben der Glaubensstifter und des Mittelpunkts

des Bundes bedroht hatte, war durch den Krieg endg�ltig

und v�llig beseitigt. Nachdem die seitherige korrupte Verwaltung

einem neuen, liberalen Regime weichen musste,

erfreuten sich das Oberhaupt des Glaubens und die beiden

Heiligen Schreine in der Ebene von �Akka und am Hang des

Karmel zum ersten Mal der Freiheit von Beschr�nkungen,

was sp�ter dann zur deutlicheren Anerkennung der Institutionen

der Sache f�hrte.�93

Shoghi Effendi weist au�erdem darauf hin, dass �Abdu�l-

Bahá zus�tzlich zu der Hochachtung seitens der Britischen

Obrigkeiten und anderer prominenter und einflussreicher Personen

�vielfach Beweise der Anerkennung Seiner hohen und

einzigartigen Stellung seitens der religi�sen Gemeinden erfuhr,

seien sie muslimisch, christlich oder j�disch.� Die neue, den

Baha im Heiligen Land gew�hrte Freiheit f�hrte dazu, dass

immer mehr Pilger aus Ost und West nach Haifa kamen, die

nun relativ leicht und ungest�rt die Heiligen Schreine besuchen

durften.94

Die letzten Jahre der Amtszeit �Abdu�l-Bahas zeichneten

sich dadurch aus, �dass der Glaube sich unaufhaltsam und vielf�ltig

entfaltete.� Der Prozess der Verbreitung und Festigung

93 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 403; 20:27

94 ebenda, S. 404; 20:27
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ProphetsDaughter.indb 121 31.08.2007 10:42:19
3. Kapitel �aBdu�l-Bahas Brillante schwester

der Baha- Gemeinde im Osten wie im Westen dauerte weiter

an, die administrativen Institutionen des Glaubens entwickelten

sich, und die T�tigkeiten f�r den Glauben und sein Einfluss

weiteten sich aus. In Ishq�b�d wurde der Bau des Hauses

der Andacht vollendet, und in Wilmette, Illinois, �wurden die

Ausschachtungsarbeiten f�r den Muttertempel des Westens

erledigt und der Vertrag f�r den Bau des Fundamentes abgeschlossen.�

95

W�hrend der Amtszeit �Abdu�l-Bahas hatte Bahayyih Kh�num,

die �brillante Schwester� �Abdu�l-Bahas, viel und auf

verschiedene Weise zur Entfaltung des Glaubens beigetragen.

Manche ihrer Heldentaten wurden in der Geschichtsschreibung

festgehalten, andere dagegen konnten von den Aussagen

Shoghi Effendis abgeleitet werden. Fest steht, dass das Gr��te

Heilige Blatt ihr Leben der Baha-Sache geweiht hatte. Gern

ergriff sie jede neue Gelegenheit, um zu dienen. Sie schreckte

vor keiner Gefahr zur�ck, noch hielt das Alter sie ab, neue und

herausfordernde Aufgaben zu �bernehmen.96

Aus den Sendschreiben �Abdu�l-Bahas gewinnen wir einen

Eindruck, wie sehr Er die ununterbrochene und liebende Unterst�tzung

des Gr��ten Heiligen Blattes und ihre einzigartigen

F�higkeiten und Fertigkeiten sch�tzte, die sie bei all ihrem Tun

zeigte. �Abdu�l-Bahá nennt sie Seine �liebevolle Schwester�

und dr�ckt Seine z�rtliche und liebende Besorgnis aus, wenn

Er sagt: �Tag und Nacht wandern meine Gedanken stets zu dir.

Keinen Augenblick lang h�re ich auf, an dich zu denken. Meine

Sorge und mein Kummer gelten nicht mir; sie kreisen um dich.

Wann immer ich mir deine Leiden vergegenw�rtige, kann ich

die Tr�nen, die meinen Augen entstr�men, nicht zur�ckhalten.

... �Ja, �Abdu�l-Bahá beteuert, dass Worte unf�hig sind, ihren

Beitrag zu beschreiben: �Ich wei� nicht, mit welchen Worten

ich meine Sehnsucht nach meiner verehrten Schwester ausdr�cken

kann. Was auch immer meine Feder schreiben mag es
gelingt ihr nicht.�97
95 ebenda, S. 404; 20:28

96 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 28

97 �Abdu�l-Baha, in ebenda, S. 7-8; S. 18
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ProphetsDaughter.indb 122 31.08.2007 10:42:20
4. Kapitel
Die �letzte Spur Bahas�
ProphetsDaughter.indb 123 31.08.2007 10:42:20
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

�Abdu�l-Bahas Hinscheiden in den fr�hen Morgenstunden des

28. November 1921 bezeichnet �den Abschluss der Urzeit, des

Apostolischen Zeitalters von Bahau�ll�hs Glauben�. �Abdu�l-

Bahas erlauchte Schwester Bahayyih Kh�num, das Gr��te

Heilige Blatt, die �letzte Spur Bahas�, wurde somit die �letzte

�berlebende� dieses �ruhmreichen, heroischen Zeitalters�.1

In den Ereignissen, von denen die Tage des Hinscheidens

�Abdu�l-Bahas gepr�gt waren, spielte das Gr��te Heilige

Blatt eine sehr entscheidende Rolle. Trotz ihres bereits hohen

Alters und der tiefen Trauer um den Verlust des geliebten

Bruders �berwand sie alle Begrenzungen, die ihr dadurch

auferlegt waren. Sie nahm alle Kraft zusammen und rief die

tief trauernde Baha-Gemeinde auf, sich dem neu ernannten

H�ter Shoghi Effendi zuzuwenden, ihn zu akzeptieren und

zu unterst�tzen. Durch ihren Einsatz stellte sie den Schutz

und die fortgesetzte Weiterentwicklung und Festigung des

aufbl�henden Glaubens Bahau�ll�hs sicher. Die vorbildhafte

Art ihrer Dienste und das tiefe Fundament ihres Charakters

und ihrer Ergebenheit, aus dem sie damals sch�pfte, werden

von Shoghi Effendi wie folgt bezeugt: �Niemand konnte sich

jemals tr�umen lassen, dass eine Frau in ihrem Alter, von so

schw�chlicher Konstitution, mit so empfindsamem Herzen,

beladen mit dem Kummer einer fast achtzig Jahre w�hrenden

ununterbrochenen Leidenszeit, einen so schweren Schicksalsschlag

so lange �berdauern k�nnte. Und doch wird das

Zeugnis k�nftiger Geschichte nicht weniger als die Annalen

unseres unsterblichen Glaubens belegen, dass ihr Anteil am

Fortschritt und Erstarken der Weltgemeinde, die von �Abdu�l-

Bahá mitgestaltet war, den Anteil aller anderen Familienmitglieder

weit �bertraf.� In einem weiteren Brief versichert er,

dass �k�nftige Generationen besser imstande sein werden,

Bahayyih Kh�nums Bedeutung in den fr�hen Tagen der Offenbarung

und insbesondere nach dem Heimgang �Abdu�l-
Bahas richtig einzusch�tzen.�2

1 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 60; S. 23

2 ebenda, S. 41-42; Auszug aus einem Brief in Shoghi Effendis Auftrag,

ebenda S. 71
124
ProphetsDaughter.indb 124 31.08.2007 10:42:20
das hinscheiden �aBdu�l-Bahas

In diesem Kapitel erforschen wir, was sich in den Tagen

von �Abdu�l-Bahas Hinscheiden abspielte, wobei unsere besondere

Aufmerksamkeit einigen entscheidenden Ma�nahmen

und Handlungen gilt, die Bahayyih Kh�num unternahm, um

den Bund zu sch�tzen und den Glauben zu f�rdern. Wir st�tzen

uns dabei nicht allein auf das Zeugnis Shoghi Effendis,

sondern auch auf die Berichte von Pilgern und anderen Baha

aus dem Westen, die in der Zeit von �Abdu�l-Bahas Heimgang

in Haifa lebten. Zu den damals anwesenden Pilgern aus dem

Westen z�hlten das Ehepaar Dr. Krug aus New York, Herr

und Frau Bosch aus Kalifornien und Fr�ulein Johanna Hauff

aus Deutschland.3 Fr�ulein Ethel Rosenberg, eine Baha aus

England, und Herr Curtis Kelsey aus den Vereinigten Staaten

wohnten zu dieser Zeit im Heiligen Land. Diese Freunde genossen

das Vorrecht, in vielerlei Hinsicht wie �Abdu�l-Bahas

Familienangeh�rige behandelt zu werden. Die Pilger aus dem

Osten und aus dem Westen wurden eingeladen, im Heiligen

Land zu verweilen, bis Shoghi Effendi nach Haifa zur�ckgekehrt

war, und die �ffentliche Verlesung von �Abdu�l-Bahas

Testament stattgefunden hatte. Somit waren sie in der Lage,

die Rolle des Gr��ten Heiligen Blattes in den historischen Ereignissen

dieser bewegten Wochen unmittelbar mitzuerleben.
Das Hinscheiden �Abdu�l-Bahas

Als �Abdu�l-Bahas gro�es Lebenswerk sich seinem Ende n�herte,

wurde es durch �Seine Tr�ume, Seine Gespr�che und

Seine Sendschriften� immer deutlicher, dass Er sich bewusst

war, dass �Sein Ende nahte�. Shoghi Effendi schildert die letzten

Lebenstage �Abdu�l-Bahas in folgender r�hrender Weise:

��Abdu�l-Bahá verstr�mte bis zum letzten Tag Seines irdischen

Lebens Seine unwandelbare Liebe auf hoch und

niedrig, lieh den Armen und Niedergedr�ckten denselben

3

Vgl. den Brief von Ethel Rosenberg vom 8. Dezember 1921 an die geliebten

Freunde in England, in Star of the West 12, Nr. 19 (1922), S. 300

125
ProphetsDaughter.indb 125 31.08.2007 10:42:20
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

Beistand und versah die gleichen Pflichten im Dienst f�r

den Glauben Seines Vaters, wie Er es seit Kindertagen gewohnt

war. Am Freitag vor Seinem Heimgang wohnte Er

trotz gro�er Schw�che dem Mittagsgebet in der Moschee

bei und verteilte hernach Almosen unter die Armen, wie Er

dies immer zu tun pflegte. Er diktierte verschiedene Sendbriefe

� Seine letzten �, segnete die Eheschlie�ung eines

treuen Dieners, wobei Er darauf bestanden hatte, dass sie an

diesem Tage stattfand; dann ging Er zu der �blichen Zusammenkunft

der Freunde in Seinem Haus. Am n�chsten Tag

bekam Er Fieber und war am folgenden Sonntag au�erstande,

das Haus zu verlassen, schickte aber alle Gl�ubigen zum

Grabmal des B�b zum Besuch eines Festes, das ein Pars�-

Pilger aus Anlass des Jahrestages der Erkl�rung des Bundes

veranstaltete. Am gleichen Nachmittag empfing Er trotz

zunehmender Schw�che mit stets gleicher liebensw�rdiger

H�flichkeit den Muft� [muslimischen Rechtsgelehrten], den

B�rgermeister und den Polizeichef von Haifa, und ehe Er

sich zur Nacht zur�ckzog der letzten Seines Lebens �,

erkundigte Er sich nach dem Wohlbefinden eines jeden Mitglieds

Seines Haushaltes, der Pilger und der Freunde in
Haifa.�4

Aus der Nacht vor Seinem Heimgang wird berichtet, dass

�Abdu�l-Bahá um Mitternacht aufwachte, nach dem Gr��ten

Heiligen Blatt rief und sich von allen verabschiedete. Shoghi

Effendi schildert bewegende Einzelheiten:

�Nachts um Viertel nach eins stand Er auf und ging zum

Tisch in Seinem Zimmer, trank etwas Wasser und legte sich

wieder hin. Etwas sp�ter bat Er eine Seiner beiden T�chter,

die aus Sorge um Ihn wach geblieben waren, das Moskitonetz

aufzuschlagen und klagte �ber Atembeschwerden.

Man brachte Ihm etwas Rosenwasser, von dem Er trank,

worauf Er sich wieder hinlegte. Als man Ihm etwas zum Es

4

Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 408 f.; 21:6

126
ProphetsDaughter.indb 126 31.08.2007 10:42:20
das hinscheiden �aBdu�l-Bahas

sen anbot, sagte Er deutlich: ,Ihr wollt, dass ich esse, jetzt,

da ich gehe?� Eine Minute sp�ter schwang sich Sein Geist

auf zum Flug in die ewige Heimat, um endlich zur Herrlichkeit

Seines Vaters versammelt zu werden und die Freude
ewiger Vereinigung mit Ihm zu genie�en.�5

Louise Bosch, eine Pilgerin aus dem Westen, beschreibt in

einem Brief an ihre Freundin Ella Cooper die Stunden unmittelbar

nach dem Heimgang �Abdu�l-Bahas: �Wir f�nf Pilger aus

Europa standen in dem Zimmer zusammen mit der Heiligen

Familie. Die heilige Mutter (Munírih Khánum, �Abdu�l-Bahas

Ehefrau) hielt die Hand meines Mannes, das Gr��te Heilige

Blatt hielt die meine. Nach einer Weile kehrten wir zum Pilgerhaus

zur�ck und lie�en die heilige Familie unter sich. Es war

noch Nacht kein Mondschein. Bald danach d�mmerte der

Morgen, und endlich ging �ber dem Schauplatz dieser denkw�rdigen

Nacht mit gro�er Pracht die Sonne auf. Jetzt gingen

wir wieder hin�ber zur heiligen Familie. Wir fanden sie ganz

ersch�pft nach dem �bergro�en SchMirza�6
Die �letzte �berlebende�

Bahayyih Kh�num war durch das pl�tzliche Hinscheiden ihres

geliebten Bruders tief ersch�ttert. Sie nannte Seinen Tod �ein

Erdbeben, das die S�ulen der Welt ersch�ttert hat�. Im gleichen

Brief legt sie ein herzzerrei�endes Zeugnis ab:

�Das war der verheerendste Schlag, die schrecklichste

Heimsuchung, das schMirzaichste Unheil. Es war ein Erdbeben,

das die S�ulen der Welt ersch�ttert hat. Es erzeugte

Tumult und Aufruhr unter den Bewohnern von Himmel und

Erde. Diese schreckliche Trennung �berkam uns als un

5

ebenda, S. 409; 21:7; vgl. auch Abbas Adib, Brief vom 4. Januar 1922

an Dr. Zia M. Bagdadi, in Star of the West 12, Nr. 19 (1922), S. 302

6

Louise Bosch, Brief vom 5. Dezember 1921 an Ella G Cooper, in Star

of the West 12, Nr. 18 (1922) S.278
127
ProphetsDaughter.indb 127 31.08.2007 10:42:20
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

entrinnbare Pr�fung und trostlose Verf�gung. Sie zerst�rte

alle Hoffnung auf Gl�ck, und alle Freude verging. Dieser

Hingang hat die ganze Menschheit in Trauer geh�llt, allen

V�lkern der Erde hat er Schmerz und Tr�nen beschert.

Sein Blitzstrahl hat die Welt verzehrt und die Herzen ihrer

Bewohner getroffen, so dass sie Sackleinen anlegten und

sich Asche aufs Haupt streuten. Dieses j�he Unheil hat den

Morgen verdunkelt und den hellen Mittag in Nacht verwandelt.

SchMirzaiches Wehklagen entrang sich unserer Brust,

und aus unseren Augen str�mte das Lebensblut. Auch die

himmlischen Heerscharen �chzten und wehklagten. Ihr

Wehgeschrei stieg bis in den h�chsten Himmel auf, und die

schluchzenden Bewohner der Zelte der Herrlichkeit der

Schock stand ihnen ins Gesicht geschrieben stimmten

Klagelieder an. In Trauer und Tr�nen, mit zerrissenen Gew�ndern,

ohne Kopfbedeckung und barfu� eilten die Himmelsdienerinnen

aus ihren erhabenen, makellosen Gem�chern
hervor, schrieen auf und seufzten.�7

Shoghi Effendi vermittelt weiteren Einblick in die Natur

des Verlustes, den das Gr��te Heilige Blatt erduldete und in

ihr zunehmendes Gef�hl der Vereinsamung: �Das Hinscheiden

�Abdu�l-Bahas war f�r sie in seiner tragischen Unvermitteltheit

ein furchtbarer Schlag, von dem sie sich nie v�llig

erholte. F�r sie war Er, den sie �Aq� (Meister) nannte, stets

eine Zuflucht in der Not gewesen. Sie hatte gelernt, auf Ihn ihr

ganzes Vertrauen zu setzen. In Ihm hatte sie reichen Ausgleich

gefunden f�r jeden Verlust, f�r jede erlebte Treulosigkeit und

f�r jeden Undank, den sie von Freunden und Verwandten erfahren

hatte.�8

Trotz ihres hohen Alters, ihrer zarten Konstitution, ihres pers�nlichen

SchMirzas und ihrer w�rdevollen Einfachheit stand

das Gr��te Heilige Blatt auf, um in diesem �u�erst schwierigen,

gef�hrlichen Zeitabschnitt eine wegweisende Rolle zu

spielen.

7 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 174 f

8 Shoghi Effendi, ebenda, S. 41
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ProphetsDaughter.indb 128 31.08.2007 10:42:20
die �letzte �BerleBende�

Kurz nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas wurden die

in Haifa lebenden Baha geweckt. Sie versammelten sich im

Empfangsraum von �Abdu�l-Bahas Haus. Viele weinten und

waren in Sorge um das weitere Geschick des Baha-Glaubens

nach �Abdu�l-Bahas Tode. In den Erinnerungen an Curtis

Kelsey, den jungen amerikanischen Baha, den �Abdu�l-Bahá

ins Heilige Land gerufen hatte, um f�r die Baha-G�rten eine

elektrische Beleuchtung zu installieren, wird beschrieben, was

Bahayyih Kh�num in dieser schicksalhaften Nacht unternahm:

�Das Gr��te Heilige Blatt ging ruhig gefasst umher, tr�stete

die Trauernden und linderte ihren SchMirza Als Curtis

sah, wie sie von einem zum andern ging, hier eine Schulter

streichelte, dort eine ausgestreckte Hand hielt, bemerkte er,

dass sie die gleiche St�rke zeigte, die �Abdu�l-Bahá ausgestrahlt

hatte. Manche sp�rten das und hielten sich an sie.

Ihre Gelassenheit und Ausgeglichenheit, ihr Mitgef�hl, das

sie uneingeschr�nkt verstr�mte, gaben ihm die Gewissheit,

dass der Glaube nicht wanken w�rde. Sie war in diesem Augenblick

das Oberhaupt des Glaubens, den ihr teurer Bruder

neunundzwanzig Jahre lang so erfolgreich geleitet, f�r den

Er alles hingegeben hatte. Sie war ein Turm der St�rke, um

den sich alle scharten, um Halt zu finden.

Indem er das Gr��te Heilige Blatt beobachtete, traf sich

sein Blick mit dem ihren, und sie ging zu ihm. Da er nicht

weinte, fragte er sich, warum sie zu ihm kam.

�Kelsey, sagte sie, ,w�rdest du mit Fujita und Khusraw

nach �Akka gehen und die Freunde dort vom Heimgang des

Meisters unterrichten? Komm danach sofort zur�ck.��9

Das Gr��te Heilige Blatt gab nicht nur der Baha-Gemeinde

am Ort unmittelbar Trost und F�hrung, sie war auch der

Kanal, durch den die Baha in aller Welt von �Abdu�l-Bahas

9
Nathan Rutstein, He Loved and Served, S. 94 f.
129
ProphetsDaughter.indb 129 31.08.2007 10:42:20
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

Hinscheiden unterrichtet und alle Vorkehrungen f�r Seine Beisetzung

getroffen wurden.

Am fr�hen Morgen des 28. November 1921 telegrafierte

Bahayyih Kh�num an die Leitung der Baha-Tempelvereinigung,

die Keimzelle des Nationalen Geistigen Rates der

Baha der Vereinigten Staaten: �seine heiligKeit �aBdu�l-

Bahá ins reich Abha auFgestiegen. inFormiert die Freunde.

[gezeichnet] gr�sstes heiliges Blatt.� �hnliche Telegramme

mit der Mitteilung von �Abdu�l-Bahas Tod gingen

an die Baha im Osten und an Regierungsstellen in Pal�stina.

Die Nachricht von �Abdu�l-Bahas pl�tzlichem, unerwartetem

Hinscheiden verbreitete sich, in den Worten Shoghi

Effendis, �wie ein Lauffeuer durch die Stadt, wurde sofort

telegrafisch weit �ber die Erde verbreitet und st�rzte die

Gemeinde der Anh�nger Bahau�ll�hs in Ost und West in

tiefe Trauer.� Daraufhin, so f�hrt der H�ter fort, str�mten

�Botschaften von fern und nah, von hoch und niedrig, per

Telegramm oder durch Briefpost [herein] und �bermittelten

den Mitgliedern der leiderf�llten, untr�stlichen Familie den

Ausdruck des Lobpreises, der Hingabe, des SchMirzas und

des Mitgef�hls.�10

�Abdu�l-Bahas Testament befand sich in einem Umschlag,

der die Adresse Seines �ltesten Enkels Shoghi Effendi trug, der

zu jener Zeit in England an der Universit�t Oxford studierte.

Wahrscheinlich war das Testament dem Gr��ten Heiligen Blatt

zur Aufbewahrung anvertraut worden. Daher pr�ften Bahayyih

Kh�num und ausgew�hlte Familienmitglieder, ob das Testament

Anweisungen f�r die Beisetzung �Abdu�l-Bahas enthalte.

Als sich herausstellte, dass das Testament keinen bestimmten

Platz f�r Seine Bestattung angab, entschied man, die sterblichen

�berreste �Abdu�l-Bahas in einem der R�ume im Schrein des

B�b zu bestatten, und alle notwendigen Vorbereitungen f�r die

Beisetzung wurden veranlasst.11

10 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.

114; Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 409: 21:8

11 Vgl. Ali Nakhjav�ni, The Greatest Holy Leaf: A Reminiscence, S. 60;

nach R�h�yyih Rabbani, The Priceless Pearl, S. 88 f.

130
ProphetsDaughter.indb 130 31.08.2007 10:42:20
die �letzte �BerleBende�

Der einzigartige Charakter der Beisetzung, ihr Rang und

ihre Feierlichkeit sind vom H�ter in der folgenden Beschrei

bung festgehalten worden:

�Am Begr�bnis selbst, das am Dienstag morgen stattfand

ein Begr�bnis, wie es Pal�stina nie zuvor sah nahmen

mindestens zehntausend Menschen aus allen Schichten,

Religionen und ethnischen Gruppen des Landes teil. Der

Hochkommissar [Sir Herbert Samuel] berichtete sp�ter

einmal: ,Eine gro�e Menschenmenge war zusammengekommen,

tief bek�mmert �ber Seinen Tod, aber zugleich

froh, dass Er gelebt hatte.� Sir Ronald Storrs, damals Gouverneur

von Jerusalem, schrieb �ber das Begr�bnis: ,Nie

erlebte ich einen einm�tigeren Ausdruck der Trauer und

der Hochachtung, als er hier bei der �u�erst einfachen Feier

zutage trat.�

Der Sarg mit den sterblichen �berresten �Abdu�l-Bahas

wurde auf den Schultern Seiner Geliebten zu Seiner letzten

Ruhest�tte getragen. Der Leichenzug wurde von der Stadtpolizei

als Ehrengarde angef�hrt, anschlie�end folgten der

Reihe nach die Pfadfinder der muslimischen und der christlichen

Gemeinden mit ihren Fahnen, dann eine Schar muslimischer

Chors�nger, die ihre Verse aus dem Qur��n sangen,

die Leiter der muslimischen Gemeinde unter der F�hrung

des Muft� und eine Anzahl Priester der katholischen, der orthodoxen

und der anglikanischen Kirche. Hinter dem Sarg

gingen die Mitglieder Seiner Familie, der britische Hochkommissar

Sir Herbert Samuel, der Gouverneur von Jerusalem

Sir Ronald Storrs, der Gouverneur von Ph�nizien Sir

Steward Symes, Beamte der Regierung, in Haifa residierende

Konsuln verschiedener L�nder, Notabeln12 aus Pal�stina,

Muslime, Juden, Christen und Drusen, �gypter, Griechen,

T�rken, Araber, Kurden, Europ�er und Amerikaner, M�nner,

Frauen und Kinder. Unter den Klagen und dem Schluchzen

12 W�rdentr�ger, Pers�nlichkeiten
131
ProphetsDaughter.indb 131 31.08.2007 10:42:21
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

manch kummerbeladenen Herzens bewegte sich der lange

Trauerzug langsam den Hang des Karmel hinauf zum Grabmal

des B�b.

Nahe dem �stlichen Eingang zum Schrein wurde der Sarg

auf einen schlichten Tisch gestellt, und vor der gro�en

Trauergemeinde hielten neun Sprecher als Vertreter der

muslimischen, j�dischen und christlichen Glaubensbekenntnisse,

darunter auch der Muft� von Haifa, ihre
Trauerreden. Danach trat der Hochkommissar an den

Sarg und erwies �Abdu�l-Bahá gesenkten Hauptes vor

dem Schrein die letzte Ehre; die anderen Beamten der

Regierung folgten seinem Beispiel. Dann wurde der Sarg

in einen Raum des Schreins gebracht und dort ernst und

ehrerbietig an seinem letzten Ruheplatz in einer Gruft

neben derjenigen, in der die Gebeine des B�b liegen, beigesetzt.�

13

Beschreibungen der triumphartigen Leichenprozession und

Berichte �ber die bewegenden Trauerreden der W�rdentr�ger

wurden den Frauen der heiligen Familie zugeleitet, die wegen

der herrschenden gesellschaftlichen und kulturellen Gepflogenheiten

leider nicht an �Abdu�l-Bahas Begr�bnis teilnehmen

konnten. Louise Bosch, eine Pilgerin aus Amerika, schrieb an

ihre Freundin Ella Cooper, �die Frauen aus dem heiligen Haushalt

freuten sich �ber all die Ansprachen, als sie davon h�rten,

und nachdem sie sie gelesen hatten, zitierten sie das arabische

Sprichwort: ,Das Gute ist wirklich wahr, wenn es sogar vom

Feind bezeugt wird.��14

In den Tagen unmittelbar nach �Abdu�l-Bahas Heimgang

empfingen die Frauen aus Seinem Haushalt von morgens bis

abends Besuche von weinenden Syrerinnen, T�rkinnen und

Araberinnen, die ihre Anteilnahme zeigten, wie es im Lande

�blich war. Manchmal konnten sie sich aber zwischendurch

13 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 410 f: 21:11-13

14 Louise Bosch, Brief vom 9. Dezember 1921 an Ella G. Cooper, in Star

of the West 12, Nr. 18 (1922) S.282-283
132
ProphetsDaughter.indb 132 31.08.2007 10:42:21
die �letzte �BerleBende�

heimlich zur�ckziehen und Sein Grab in einem Raum im

Schrein des B�b besuchen.15

Der damals anwesende amerikanische Pilger John Bosch

beschreibt, wie er bei seinem Aufstieg zum Schrein am Berg

Karmel vor sich eine verschleierte Frau sah, die langsam

und beschwerlich ging. Sie erschien ihm �ber die Ma�en

abgespannt, und er �berlegte einen Moment lang, ob es f�r

ihn schicklich w�re zu versuchen, sie zu unterst�tzen. Aus

Mitgef�hl und H�flichkeit ging er ohne Z�gern heran, ergriff

die Frau am linken Arm und half ihr, den steilen Hang

hinaufzusteigen. Pl�tzlich schlug die Gestalt den Schleier

zur�ck und blickte ihm tief in die Augen. Mr. Bosch notiert

seine erschreckte Reaktion und beschreibt, was dann geschah:

�Ich blickte in die wunderbarsten blauen Augen die

Augen eines Engels. Es ist sehr schwer, das Aussehen eines

Engels zu schildern oder zu erkl�ren. Ich dachte wirklich,

dass sie eine junge Frau war.� Als er sp�ter zum Pilgerhaus

zur�ckkehrte, wurde Mr. Bosch von einer der Perserinnen

besucht, die ihm die tiefe Wertsch�tzung des Gr��ten Heiligen

Blattes �bermittelte f�r die Unterst�tzung, die er ihr

gew�hrt hatte.16

Bei all ihrer Trauer widmete sich das Gr��te Heilige Blatt als

Vorstand von �Abdu�l-Bahas Haushalt der Vielfalt der Aufgaben,

die in den Tagen unmittelbar nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden

ihre Aufmerksamkeit erforderten. Der H�ter beschreibt einige

dieser T�tigkeiten: �In der Woche nach Seinem Hinscheiden wurden

t�glich f�nfzig bis hundert Arme von Haifa in Seinem Hause

gespeist, und in Seinem Namen wurde am siebten Tag unter etwa

tausend von ihnen Korn verteilt, ohne Ansehen der ethnischen

oder Glaubenszugeh�rigkeit. Am vierzigsten Tag veranstaltete

15 Johanna Hauff in einem Brief vom 3. Dezember 1921 an ihre Eltern,

Biographie Adelbert M�hlschlegel Sein Leben und sein Wirken, S.

29-33; Baha-Verlag GmbH., Hofheim/Ts.; Ethel Rosenberg im Brief

vom 8. Dezember 1921 an die geliebten Freunde in England, Star of

the West 1922, S. 301

16 Mirzaeh Gail (Hsg.), �Abdu�l-Baha: Portrayals from East and West,

materials from the papers of Ali-Kuli Khan and the conversations of

John and Louise Bosch, in World Order 6, Nr. 1 (1971) S. 41

133
ProphetsDaughter.indb 133 31.08.2007 10:42:21
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

man eine eindrucksvolle Feier zu Seinem Ged�chtnis, zu der �ber

sechshundert Teilnehmer aus Haifa, �Akka und angrenzenden Ge

bieten Pal�stinas und Syriens geladen waren, darunter Beamte und

Notabeln unterschiedlicher religi�ser und ethnischer Herkunft.

Und an diesem Tag wurden auch �ber hundert Arme gespeist.�17

Eine Pilgerin aus dem Westen bezeugt, dass die Gedenk

feier ausschlie�lich von den Mitgliedern von �Abdu�l-Bahas

Haushalt ausgerichtet wurde. Sie beschreibt dieses denkw�r

dige Ereignis, das im Hause �Abdu�l-Bahas stattfand:

�Die langen Tische waren mit rankenden Bougainvilleazweigen

geschm�ckt, deren h�bsche purpurne Bl�ten zusammen

mit dem Wei� der Narzissen und dem Goldgelb

der in gro�en Schalen aufgetischten Orangen aus dem Garten

des geliebten Meisters in den weiten, hohen R�umen

ein liebliches Bild ergaben. Im �brigen waren die Zimmer

nur mit der ged�mpften Farbenpracht erlesener persischer

Teppiche geschm�ckt. Keine �berfl�ssigen Nippessachen

beeintr�chtigten die herrschende schlichte W�rde. ...

Nach dem Lunch kamen die G�ste in den gro�en Empfangsraum,

der auch ohne Schmuck war, abgesehen von dem

Bildnis Dessen, zu Dessen Ehren man sich versammelt hatte,

sowie einigen antiken persischen Gobelins an einer Wand.

Davor war ein Rednerpult aufgestellt, von wo aus Ansprachen

an die gedr�ngte Schar der stillen, and�chtigen Zuh�rer

gerichtet wurden, die mit Herz und Seele lauschten.

Der Gouverneur von Ph�nizien sagte in seinem Nachruf folgendes:

�... Die meisten von uns, glaube ich, haben ein klares

Bild von Sir �Abdu�l-Bahá Abb�s vor Augen: Seine w�rdevolle

Gestalt, wie sie gedankenvoll durch unsere Stra�en geht,

Seine h�fliche, g�tige Art, Seine Freundlichkeit, Seine Liebe

zu kleinen Kindern und zu Blumen, Seine Freigebigkeit und

F�rsorge f�r die Armen und Leidenden. So bescheiden war

17 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 411 f; 21:14

134
ProphetsDaughter.indb 134 31.08.2007 10:42:21
eine zeit erneuter sorgen

Er und so einfach, dass man in Seiner Gegenwart fast verga�,

dass Er auch ein gro�er Lehrer war, und dass Seine Schriften

und Gespr�che Hunderten und Tausenden von Menschen in

Ost und West Trost und Erleuchtung brachten. ...��18

Eine Zeit erneuter Sorgen

�Abdu�l-Bahas Tod verursachte bei vielen Baha im Heiligen

Land und in aller Welt tiefe Besorgnis �ber die Zukunft des

jungen Glaubens. Sie machten sich Gedanken, wer �Abdu�l-

Bahas Nachfolger sein k�nne. Einige f�rchteten, �Abdu�l-Bahas

Halbbruder Mirza Muhammad-�Al�, der nach dem Hinscheiden

Bahau�ll�hs die Bestimmungen Seines Bundes gebrochen hatte,

k�nnte versuchen, seinen F�hrungsanspruch in der Gemeinde zu

erneuern. Mirza Muhammad-�Al� hatte die in Bahau�ll�hs Testament

verf�gte Ernennung �Abdu�l-Bahas zum Oberhaupt des

Glaubens nicht anerkannt und derma�en zerst�rerische Umtriebe

angezettelt, dass er seine Bindung an die Baha-Gemeinde gel�st

hatte. Einzelheiten �ber seine Intrigen und seine Angriffe auf

den Bund sind in einem fr�heren Kapitel dargestellt worden.

Durch �Abdu�l-Bahas pl�tzlichen Heimgang dreist geworden,

nutzte Mirza Muhammad-�Al� die Chance, seinen F�hrungsanspruch

im Glauben wieder einzubringen. Und so wird

tats�chlich berichtet, dass er wenige Tage nach �Abdu�l-Bahas

Tod am Haus des Meisters eintraf und Einlass begehrte. Die

Nachricht von seiner Ankunft wurde dem Gr��ten Heiligen

Blatt durch einen W�chter �bermittelt. Ihr Gro�neffe R�h� Effendi

�berbrachte ihre Antwort: �Unsere Vielgeliebte erlaubt es

nicht und w�nscht es nicht, dass du hereinkommst, und wenn

du kommst, wirst du unser Leid vergr��ern.� Daraufhin ging

Muhammad-�Al� weg. Aber er war jetzt aktiv bestrebt, seinen

F�hrungsanspruch wieder geltend zu machen, sowohl durch

Presseartikel als auch durch gewissenlose Appelle an einzel

18 Lady Blomfield (und Shoghi Effendi), The Passing of �Abdu`l-Baha. Excerpts

from Compilation prepared January 1922, in BahaYear Book 1, (April 1925

-April 1926), S. 29; Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 412; 21:15

135
ProphetsDaughter.indb 135 31.08.2007 10:42:21
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

ne Baha in verschiedenen L�ndern vor allem in �gypten,

Persien und Nordamerika �, ihn als rechtm��igen Nachfolger

Bahau�ll�hs zu akzeptieren.19

Erf�llt vom Geist des Gottesbundes �bernahm Bahayyih

Kh�num einen Hauptteil der Verantwortung f�r die Ergreifung

von Ma�nahmen, um den Baha-Glauben in aller Welt vor

den Angriffen der Bundesbrecher zu sch�tzen und die weitere

Einheit und Standhaftigkeit der Gemeinde zu sichern. Im Bewusstsein

der drohenden Gefahren richtete sie nicht nur Warnungen

an die Gl�ubigen, in denen sie sie auf die kommende

Zeit der Pr�fungen vorbereitete, sondern gab ihnen auch Ratschl�ge,

wie sie vorgehen sollten, um mit den erwarteten Angriffen

fertig zu werden. Ihr Telegramm an den Vorstand der

Baha-Tempelvereinigung, das am 14. Dezember 1921 eintraf,

zeigt ihr realistisches Verst�ndnis vom Ernst der Situation:

�Jetzt ist eine zeit grosser pr�Fungen. die Freunde sollten

in der Verteidigung der sache Fest und einig sein. naKezeen

[BundesBrecher] starten weltweit umtrieBe �Ber die presse

und andere Kan�le. w�hlt einen ausschuss aus Klugen K�hlen

K�pFen um mit dem presseFeldzug in ameriKa Fertig zu

werden.� Einige Monate sp�ter schildert sie in einem Brief an

einen Gl�ubigen im Osten, wie die Feinde des Glaubens das

Hinscheiden �Abdu�l-Bahas genutzt h�tten, um ihren Anspruch

auf F�hrerschaft geltend zu machen und um zu versuchen, die

Gemeinde zu unterminieren. Sie schreibt:

�Und jetzt, in einer solchen Zeit, der Zeit unseres Leides

und tiefen Kummers, in der Absicht, von der Verh�llung

der Sonne des Bundes und des Mondes geistiger Eintracht

zu profitieren, ergreift die Triebfeder des Unheils, der Mittelpunkt

des Aufruhrs [Muhammad-�Al�], seine scheinbar

einmalige Chance, zettelt eine heftige Verschw�rung an

und beginnt, mit der Unterst�tzung des zweiten Anf�hrers

[Muhammad-�Al�s Bruder Mirza Bad�u�ll�h], die ausgefal

19

Abbas Adib, Brief vom 4. Januar 1922 an Dr. Zia M. Bagdadi, in Star

of the West 12, Nr. 19 (1922), S. 302f; Adib Taherzadeh, The Covenant

of Bahau�ll�h, S. 276 f
136
ProphetsDaughter.indb 136
31.08.2007 10:42:21
eine zeit erneuter sorgen

lensten, b�sartigsten Anschuldigungen zu verbreiten. Tag

und Nacht sch�rt er emsig Unruhe und f�hrt Anschl�ge und

Winkelz�ge durch, die im einzelnen aufzuz�hlen zu lange

dauern w�rden. ...20

Diese Zeit der Sorge dauerte etwa vierzig Tage. Sie endete

mit der Verk�ndigung durch das Gr��te Heilige Blatt, dass

Shoghi Effendi gem�� der Bestimmungen in �Abdu�l-Bahas

Testament zum H�ter des Baha-Glaubens ernannt sei.21

In dieser kritischen Periode diente das Gr��te Heilige Blatt

als Kontaktstelle zwischen der Heiligen Familie und den Baha

in aller Welt. An sie wandten sich einzelne Gl�ubige und Baha-

Institutionen mit ihren Anfragen. Die Telegramme und Briefe,

die sie verschickte, wurden von den Freunden als Rettungsleine

erlebt, als greifbare Zusicherung, dass sie nach �Abdu�l-Bahas

Hinscheiden nicht von der Quelle der F�hrung abgeschnitten

waren. Als zum Beispiel die amerikanischen Freunde anfragten,

ob aus Anlass von �Abdu�l-Bahas Heimgang ein besonderer Gedenkgottesdienst

geplant sei, kam als Antwort folgendes Telegramm:
�gedenKFeier weltweit sieBter Januar .�22

Bahayyih Kh�num war nicht nur die Instanz unmittelbarer

F�hrung; noch wichtiger war, dass sie die Baha-Welt �ber die

Existenz von �Abdu�l-Bahas Testament unterrichtete und �ber

die darin enthaltenen Vorkehrungen f�r die Leitung der Glaubensgemeinde

nach Seinem Hinscheiden. In einem Telegramm

an den Vorstand der Tempelvereinigung in Chicago lesen wir

unter anderem: �meister gaB in wille und testament umFassende

weisung. �Bersetzung Folgt. inFormiert Freunde. [gezeichnet]

gr�sstes heiliges Blatt.�23

F�r die Baha-Gemeinde, die sich um die Zukunft ihres

Glaubens sorgte, war die offizielle Bekanntgabe des Gr��ten

Heiligen Blattes an die Baha-Welt, dass es ein Testament von

20 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.

114, S. 121

21 Adib Taherzadeh, The Covenant of Bahau�ll�h, S. 276

22 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 114

23 ebenda, S. 114
137
ProphetsDaughter.indb 137 31.08.2007 10:42:21
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

�Abdu�l-Bahá gab, gewiss ein gro�er Quell der Freude und der

Beruhigung.

Die Familienmitglieder und die Pilger, die sich in dieser Zeit

in Haifa aufhielten, wussten, dass �Abdu�l-Bahá einen Umschlag

hinterlassen hatte, der an Seinen damals nicht im heiligen Land

anwesenden �ltesten Enkelsohn Shoghi Effendi adressiert war. In

Briefen an die Baha in den Vereinigten Staaten wurde das Vorhandensein

von �Abdu�l-Bahas Testament und die Tatsache, dass

die Voraussetzung f�r die Verlesung des Testaments die R�ckkehr

Shoghi Effendis sei, erw�hnt. Diese Briefe zeugen auch von der

Spannung, mit der die Familie seine R�ckkehr erwartete.24

Die Bekanntgabe von Shoghi Effendis Ernennung

Bei �Abdu�l-Bahas Heimgang war Shoghi Effendi vierundzwanzig

Jahre alt. Nach Beendigung seines Studiums an der

Amerikanischen Universit�t in Beirut hatte er zwei Jahre in

engster N�he zu seinem geliebten Gro�vater in Haifa verbracht.

Er hatte als �bersetzer f�r �Abdu�l-Bahas Sendschreiben und

Briefe gedient, hatte �Abdu�l-Bahá auf Seinen Besuchen bei

religi�sen W�rdentr�gern begleitet und Seine Kontakte mit hohen

Regierungsbeamten, Seine Beziehungen mit den Armen

und die Art, wie Er die Arbeit der sich entfaltenden Baha-Gemeinde

lenkte, verfolgt.

Im Fr�hjahr 1920 hatte Shoghi Effendi das Heilige Land

verlassen, um im weiteren Verlauf des Jahres seine Studien an

der Universit�t Oxford in England aufzunehmen. Da es sein

Hauptziel war, sich der �bersetzung der Baha-Schriften ins

Englische zu widmen, hatte er Studieng�nge ausgew�hlt, die

sein Weltverst�ndnis bereicherten und seine Beherrschung des

Englischen verbesserten. Durch den unerwarteten Tod seines

Gro�vaters wurden diese Studien j�h unterbrochen.25

24 Brief von Monover Kh�num an Ruth Wales Randall vom 22. Dezember

1921, in: Star of the West, 12, Nr. 18 (1922), S. 275 f; Brief von Louise

Bosch vom 5. Dezember 1921, ebenda S. 276 ff

25 �Adib Taherzadeh, The Covenant of Bahau�ll�h, S. 284

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ProphetsDaughter.indb 138 31.08.2007 10:42:21
die BeKanntgaBe Von shoghi eFFendis ernennung

Die Nachricht von �Abdu�l-Bahas Tod wurde den Baha in

London am 29. November 1921 vom Gr��ten Heiligen Blatt

telegrafisch �bermittelt. Shoghi Effendi wurde etwas sp�ter am

gleichen Tag informiert. Er war von der pl�tzlichen Mitteilung

und von dem �bergro�en Verlust v�llig ersch�ttert.

Shoghi Effendis R�ckkehr ins Heilige Land verz�gerte sich

zun�chst durch seinen Gesundheitszustand und dann durch

Schwierigkeiten, die notwendigen Reisedokumente zu beschaffen.

Am 16. Dezember 1921 reiste er per Schiff aus England

ab, begleitet von seiner Schwester R�hang�z und von Lady

Blomfield, einer treuen englischen Baha, die mit der Familie

�Abdu�l-Bahas seit langem eng verbunden war. Das Schiff legte

in �gypten an, und man reiste mit dem Zug weiter. Am 29. Dezember,

einen Monat nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden, traf die

Gruppe in Haifa ein. In der Biographie von Shoghi Effendi beschreibt

seine Witwe R�h�yyih Kh�num die Ankunft und seine
Wiedervereinigung mit dem Gr��ten Heiligen Blatt:

�Viele Freunde gingen zum Bahnhof, um ihn abzuholen.

Es wird berichtet, dass er bei seiner Ankunft an des Meisters

Haus so ergriffen war, dass man ihm beim Ersteigen

der Treppe behilflich sein musste. Im Haus erwartete ihn

die einzige Person, die sein Leid irgendwie mildern konnte:

Seine geliebte Gro�tante, �Abdu�l-Bahas Schwester. Sie

� die immer so schwach, so ruhig, so bescheiden war hatte

sich schon in den zur�ckliegenden Wochen als starker Fels

gezeigt, an den sich die Gl�ubigen in dem Sturm anklammerten,

der so pl�tzlich �ber sie hereingebrochen war. Der

Rang ihrer Seele, ihre Erziehung, ihre Stufe machten sie

tauglich f�r die Rolle, die sie in dieser �u�erst schweren,

gefahrvollen Zeit in der Sache und in Shoghi Effendis Leben

spielte.�26

Wie schon erw�hnt, war �Abdu�l-Bahas Testament an Shoghi

Effendi gerichtet. Das Gr��te Heilige Blatt hatte die Baha

26 ebenda, S. 285; R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 88 f

139
ProphetsDaughter.indb 139 31.08.2007 10:42:21
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

Welt zwar davon in Kenntnis gesetzt, dass es ein Testament

�Abdu�l-Bahas gab, aber Seine Verf�gungen waren noch nicht

bekannt, da die Person, an die es gerichtet war, es er�ffnen und

seinen Inhalt zur Kenntnis nehmen musste. Ein paar Tage nach

Shoghi Effendis R�ckkehr wurde ihm das Testament vorgelesen.

Ganz offensichtlich war er in keiner Weise vorbereitet auf

das, was er erfuhr. Seine Reaktion auf seine Einsetzung als H�ter

des Baha-Glaubens, als der ernannte Nachfolger �Abdu�l-

Bahas, ist im folgenden Bericht seiner Witwe R�h�yyih Kh�num

festgehalten:

�Um die Wirkung, die dies auf ihn hatte, auch nur ein wenig

zu verstehen, m�ssen wir uns vergegenw�rtigen, dass

er selbst bei mehr als einer Gelegenheit nicht nur mir, sondern

auch anderen, die mit am Tisch im westlichen Pilgerhaus

sa�en, versicherte, dass er vorher keine Ahnung von

der Existenz der Institution des H�tertums gehabt habe, am

allerwenigsten davon, dass er zum H�ter ernannt war. Allenfalls

hatte er vielleicht erwartet, dass �Abdu�l-Bahá ihm,

da er der �lteste Enkel war, Anweisungen zur Wahl des Universalen

Hauses der Gerechtigkeit hinterlassen und ihn als

die Person eingesetzt h�tte, die f�r die Einhaltung dieser

Anweisungen zu sorgen und die Wahlversammlung einzuberufen

h�tte.�27

Nach der Verlesung des Testaments vor Shoghi Effendi

wurden die darin enthaltenen Bestimmungen nach und nach

der Baha-Gemeinde und den Regierungsbeamten im Heiligen

Land mitgeteilt. Am 3. Januar 1922 wurde �Abdu�l-Bahas Testament

�neun M�nnern, zumeist Familienangeh�rigen �Abdu�l-

Bahas, laut vorgelesen, und die Siegel und Unterschriften, die

es trug, sowie Seine eigene Handschrift wurden ihnen gezeigt.�

Der H�ter beauftragte einen von ihnen, einen Baha aus Persien,

eine getreue Abschrift des Testamentes zu erstellen, und

diese wurde einige Tage danach vom Gr��ten Heiligen Blatt

27 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 90

140
ProphetsDaughter.indb 140 31.08.2007 10:42:22
die BeKanntgaBe Von shoghi eFFendis ernennung

an die Baha in Persien gesandt. Am 7. Januar 1922 wurde

�Abdu�l-Bahas Testament in Seinem Haus in Gegenwart von

Baha aus Persien, Indien, �gypten, England, Italien, Deutsch

land, Amerika und Japan verlesen.28

�ber diese zweite Versammlung hat der Biograph von Cur

tis Kelsey folgendes festgehalten:

�... eine gro�e Versammlung dr�ngte sich in den Empfangsraum

im Haus des Meisters, um die Verlesung des Testaments

anzuh�ren. Der Text war klar: Shoghi Effendi war

zum H�ter des Glaubens und zum alleinigen Ausleger der

Offenbarung auf Erden ernannt, zum Oberhaupt einer Weltreligion,

die den g�ttlichen Auftrag hatte, die Menschheit

aus dem Treibsand des Materialismus hinauf zu den begr�nten

H�hen der Geistigkeit zu heben und den Menschen

allerorten zu helfen, die Realit�t der Einheit der Menschheit

zu begreifen und sie in ihr eigenes Dasein zu integrieren;

eine globale Gesellschaft zu errichten, konstruiert nach den

Pl�nen, die von Gott gesandt und uns durch Bahau�ll�h

�bermittelt wurden ein gewaltiges Unternehmen. Kein

Wunder, dass Shoghi Effendi, diese empfindsame Seele, ersch�ttert

war und mehrere Tage lang das Bett h�ten mu�te,

unf�hig, etwas zu sich zu nehmen. Das Gewicht der Welt

war ihm auf die Schultern gelegt worden, ihm, der nur dem

Meister dienen wollte, der Sein �bersetzer sein wollte, der

niemals eine F�hrungsrolle im Glauben angestrebt oder an

eine solche M�glichkeit gedacht hatte. Diesem bescheidenen,

strahlenden jungen Mann wurde nun der Mantel der
F�hrung der Sache Gottes �bergeben.

Viele von denen, die die Verlesung von des Meisters Testament

angeh�rt hatten, blieben fast den ganzen Tag im Haus

�Abdu�l-Bahas, studierten sorgf�ltig jeden Satz und suchten

etwas Klarheit dar�ber zu gewinnen, wohin der Glaube sich

bewegte. Curtis erinnerte sich, dass er, als die Zusammen

28 ebenda, S. 97
141
ProphetsDaughter.indb 141 31.08.2007 10:42:22
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

kunft beendet war, einige M�nner sah, die weinend fortgingen.

Es waren Freudentr�nen; denn mit der Ernennung

Shoghi Effendis zum H�ter hatte der Meister die Zukunft

der Sache Gottes besch�tzt.�29

Shoghi Effendi war bei der Verlesung des Testaments an

die Familienangeh�rigen nicht anwesend, auch nicht bei dessen

offizieller Vorstellung vor der ausgew�hlten Gruppe von

Baha, die in Haifa zugegen waren. Ebensowenig wohnte er

der �ffentlichen Gedenkfeier bei, die nach Landessitte f�r Verstorbene

vierzig Tage nach ihrem Tode abgehalten wurde. Von

dieser Gedenkfeier wird folgendes berichtet:

�Die G�ste w�nschten sehr, dass Shoghi Effendi einige

Worte an sie richte, und einer der Freunde �berbrachte ihm

diese Botschaft. Shoghi Effendi hielt sich bei dem Gr��ten

Heiligen Blatt in deren Zimmer auf. Er sagte, dass er zu

traurig und ersch�ttert sei, um dieser Bitte zu entsprechen

und schrieb statt dessen in aller Eile einige Worte auf, die

an seiner Statt verlesen werden sollten. Darin dr�ckte er die

von Herzen kommende Dankbarkeit seiner selbst und von

�Abdu�l-Bahas Familie f�r die Anwesenheit des Gouverneurs

und der Redner aus, die mit ihren aufrichtigen Worten

�Sein heiliges Andenken in unseren Herzen wieder aufleben

lie�en... Ich wage die Hoffnung zu �u�ern, dass wir, Seine

Verwandten und Seine Familie, uns durch unsere Taten und

Worte des ruhmreichen Beispiels w�rdig erweisen werden,

das Er uns vorgelebt hat, und dadurch Ihre Wertsch�tzung

und Liebe verdienen werden. M�ge Sein unwandelbarer

Geist mit uns allen sein und uns f�r immer miteinander verbinden.�

Zu Beginn dieser Botschaft sagt er: �Der Schlag

war zu unerwartet und zu schMirzaich f�r meine jungen

Jahre, als dass ich an dieser Versammlung der Geliebten des

vielgeliebten �Abdu�l-Bahá teilnehmen k�nnte.�30
29 Nathan Rutsein, He Loved and Served, S. 103 f

30 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 97

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ProphetsDaughter.indb 142 31.08.2007 10:42:22
die BeKanntgaBe Von shoghi eFFendis ernennung

Nachdem das Testament vor den Gl�ubigen aus aller Welt,

die an �Abdu�l-Bahas Beisetzung teilgenommen hatten, verlesen

war, verk�ndete das Gr��te Heilige Blatt der Baha-Welt

seine Bestimmungen und die Ernennung Shoghi Effendis. Am

7. Januar wurden zwei Telegramme nach Persien gesandt mit

folgendem Wortlaut: �gedenKFeiern haBen auF der ganzen

welt stattgeFunden. der herr aller welten hat in seinem

willen und testament seine VerF�gungen oFFenBart. Kopie

Folgt. inFormiert die gl�uBigen.� Und: �wille und testament

erheBt shoghi eFFendi mittelpunKt sache.� Am16.

Januar ging folgendes Telegramm an die Vereinigten Staaten:

�testament ernennt shoghi eFFendi h�ter der sache und

oBerhaupt haus der gerechtigKeit. inFormiert ameriKanische

Freunde. (gezeichnet) gr�sstes heiliges Blatt.� Bald

nach dem Versand der Telegramme verschickte Shoghi Effendi

acht ausgew�hlte Abschnitte aus �Abdu�l-Bahas Testament an

die Baha.31

Die Nachricht von den eindeutigen Verf�gungen des Testaments

�ber die Ernennung Shoghi Effendis zum H�ter der

Sache und Ausleger der Schrift wurde in der ganzen Baha-

Welt mit Freude aufgenommen. Es gab jedoch einige wenige,

die �Abdu�l-Bahas Tod als Gelegenheit betrachteten, in der Religion

zu Ansehen und Macht zu gelangen. Zun�chst kam die

wichtigste Gegnerschaft von Mirza Muhammad-�Al� und seinen

Kohorten. Dieser treulose Halbbruder �Abdu�l-Bahas versuchte

nicht nur, seinen F�hrungsanspruch unter den Bedingungen

von Bahau�ll�hs Testament das er schon zu �Abdu�l-Bahas

Lebzeiten verletzt hatte erneut geltend zu machen, sondern er

bereitete dem H�ter auch gro�e Schwierigkeiten, indem er die

Obhut �ber den Schrein Bahau�ll�hs an sich brachte. R�h�yyih

Kh�num schreibt:

�Kurz nach dem Heimgang �Abdu�l-Bahas reichte dieser

unzufriedene, niedertr�chtige Halbbruder (er, der vorspiegelte,

er habe noch ein Anrecht auf die Nachfolge
31

Bahayyih Kh�num, ebenda. S. 98; Bahayyih Kh�num, in Bahayyih

Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 114
143
ProphetsDaughter.indb 143
31.08.2007 10:42:22
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

Bahau�ll�hs!) eine Forderung aufgrund islamischen Rechts

auf einen Anteil an dem Grundst�ck �Abdu�l-Bahas ein, da

er Sein Bruder sei. Er hatte seinen Sohn der in Amerika

lebte und dort den Anspruch seines Vaters verfocht kommen

lassen, damit sie diesen neuen direkten Angriff auf

den Meister und Seine Familie gemeinsam f�hrten. Nicht

zufrieden mit diesem neuen Beweis seiner wahren Natur,

stellte er bei den Zivilbeh�rden den Antrag, ihm die Obhut

�ber den Schrein Bahau�ll�hs zu �bertragen, da er �Abdu�l-

Bahas rechtm��iger Nachfolger sei. Die britischen Beh�rden

wiesen dies zur�ck, da es sich offenbar um eine religi�se

Angelegenheit handelte. Daraufhin wandte er sich an

das religi�se Oberhaupt der Muslime und forderte den Mufti

von �Akka auf, die offizielle Betreuung von Bahau�ll�hs

Schrein zu �bernehmen. Dieser Oberhirte sagte jedoch, er

sehe nicht, wie er das tun k�nne, da die Baha-Lehren sich

nicht im Einklang mit dem Recht der Shariah bef�nden.

Nachdem alle Versuche fehlgeschlagen waren, schickte er

seinen j�ngeren Bruder Badiullah mit einigen Anh�ngern

zum Schrein Bahau�ll�hs, wo sie am Dienstag, dem 30.

Januar, dem Baha-Wachmann gewaltsam die Schl�ssel

zum Heiligen Grab entwendeten und so Muhammad-�Al�s

Recht bekr�ftigten, der gesetzliche H�ter von seines Vaters

Ruhest�tte zu sein. Dieser skrupellose Akt verursachte eine

solche Erregung in der Baha-Gemeinde, dass der Gouverneur

von �Akka Order gab, die Schl�ssel bei den Beh�rden

abzuliefern, und am Schrein Wachposten aufstellte. Er ging

aber nicht weiter und weigerte sich, die Schl�ssel einer der

beiden Parteien zu �berlassen.�32

Dieser be�ngstigende Zustand zog sich �ber mehrere Mo

nate hin und bereitete Shoghi Effendi und dem Gr��ten Heili

gen Blatt viel Kummer und Sorge.

In den ersten Monaten seiner Amtszeit f�hrte Shoghi Ef

fendi ausgedehnte Besprechungen mit einer Anzahl erfahrener

32 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 106 f

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ProphetsDaughter.indb 144 31.08.2007 10:42:22
die BeKanntgaBe Von shoghi eFFendis ernennung

Baha aus verschiedenen Teilen der Welt, die er ins Heilige

Land einlud, um mit ihnen dar�ber zu beraten, wie die Grundlage

f�r die Bildung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit

zu schaffen sei. Es zeigte sich sehr bald, dass die Errichtung

dieser Institution von einer Voraussetzung abhing: Der Wahl

�rtlicher und nationaler Institutionen in L�ndern, in denen

Baha lebten. Sobald der H�ter zu diesem Schluss gekommen

war, nahm er sofort hellsichtige Ma�nahmen in Angriff, mit

denen Prozesse in Gang kamen, die schrittweise zur Errichtung

von Institutionen der administrativen Ordnung des Glaubens

f�hrten, wie in �Abdu�l-Bahas Testament vorgesehen.33

Shoghi Effendi lie� die Teilnehmer in ihre Heimatl�nder

zur�ckkehren und die Bildung �rtlicher Geistiger R�te sowie

die Errichtung nationaler Gremien vorbereiten. Zum Beispiel

sollten die beiden anwesenden Amerikaner ihrer bevorstehenden

Baha-Nationaltagung �bermitteln, dass der Vorstand der

Baha-Tempelvereinigung in einen Nationalen Geistigen Rat

umgewandelt werden solle, dem die Leitung der nationalen Belange

der amerikanischen Baha-Gemeinde zu �bertragen sei.

Diese embryonale nationale K�rperschaft wurde im April 1922

gew�hlt.34

Einer der heimkehrenden Teilnehmer dieser ersten Beratungen

mit dem H�ter berichtete der amerikanischen Nationaltagung

seine Eindr�cke von diesem Treffen:

�... zu diesem Besuch hatte uns Shoghi Effendi eingeladen.

In Haifa trafen wir Baha aus Persien, Indien, Birma, �gypten,

Italien, England und Frankreich. ...Bei der Ankunft

�berkam mich sehr stark der Eindruck, dass Gott im Himmel

und die Welt in guten H�nden ist. ... Wir trafen Shoghi

Effendi, der ganz in Schwarz gekleidet war, eine r�hrende

Gestalt. �berlegt nur, wof�r er heute steht! Alle die verwickelten

Probleme der gro�en Staatsm�nner der Welt sind

ein Kinderspiel im Vergleich mit den gro�en Problemen

dieses jungen Mannes, vor dem die Probleme der ganzen

33 ebenda, S. 111
34 ebenda, S. 111
145
ProphetsDaughter.indb 145 31.08.2007 10:42:22
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

Welt liegen. ... Niemand macht sich eine Vorstellung von

seinen Schwierigkeiten, die au�ergew�hnlich sind. ... der

Meister hat uns nicht verlassen. Sein Geist ist unter uns mit

vergr��erter Intensit�t und Macht. ... Im Mittelpunkt dieser

Ausstrahlung steht dieser junge Mann, Shoghi Effendi. ... In

Seiner gro�en Weisheit hat uns Gott diesen zentralen F�hrungsort

gew�hrt, um schwierige Probleme zu l�sen. Diese

Probleme mit unseren vergleichbar kommen zu ihm aus

allen Teilen der Welt. Er behandelt und l�st sie auf ganz ungezwungene

Weise. ... Die durch Bahau�ll�h und �Abdu�l-

Bahá niedergelegten gro�en Grunds�tze finden jetzt eine

Grundlage in der �u�eren Welt des Gottesreiches auf Erden.

Diese Grundlage wird heute, mit gro�er Gewissheit und Bestimmtheit,

von Shoghi Effendi in Haifa gelegt.�35
Die zunehmenden Auswirkungen von Shoghi Effendis

SchMirza die mit seiner in �bereinstimmung mit �Abdu�l

Bahas Testament erfolgten unerwarteten Ernennung zum

Rang des H�ters verbundenen Herausforderungen, dazu das Bewusstsein

vom Gewicht der mit diesem H�tertum verkn�pften

Verantwortung: Alles zusammen zehrte enorm an der schon

angeschlagenen Gesundheit und physischen Resistenz des jungen

H�ters. Noch hinzu kam, dass die erneuerten Umtriebe der

Bundesbrecher vor allem im Heiligen Land eine instabile Situation

erzeugten, die keineswegs abgeschw�cht wurde durch

die zwiesp�ltige Haltung der �rtlichen Bev�lkerung gegen�ber

einem so jungen Mann als Nachfolger der ehrw�rdigen Gestalt

�Abdu�l-Bahas, mit der sie vertraut waren. Das alles machte die

Situation noch schwieriger.

Unter diesen Umst�nden entschloss sich Shoghi Effendi,

das Heilige Land zeitweilig zu verlassen, um, wie er hoffte, zu

beten und auszuruhen, Kraft und Zuversicht zu sammeln, bevor

er zu seinen Pflichten am Weltzentrum des Glaubens zur�ckkehrte.

Vor seiner Abreise vertraute er die Gesamtleitung des

Glaubens der Obhut seiner geliebten Gro�tante, des Gr��ten

35 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 120 f

146
ProphetsDaughter.indb 146 31.08.2007 10:42:22
die BeKanntgaBe Von shoghi eFFendis ernennung

Heiligen Blattes an, �deren Charakter, Stufe und Liebe zu ihm

sie zu seiner St�tze und zugleich zu seiner Zuflucht machten�.

Dazu ordnete der H�ter noch an, dass Mitglieder der Heiligen

Familie sie bei der �bernahme dieser schweren Verantwortung

unterst�tzen sollten.36

Wie sehr Shoghi Effendi in dieser kritischen Zeit von

Bahayyih Kh�nums Ermutigung und St�rke zehrte, verdeutlicht

folgender Auszug aus einem Brief, der bei ihrem Hinscheiden

im Jahr 1932 geschrieben wurde: �Nach dem Aufstieg �Abdu�l-

Bahas zum Reich des Allherrlichen schloss mich dieses Licht

der Himmlischen Heerscharen, hilflos wie ich war, in die Umarmung

ihrer Liebe ein, und mit unvergleichlicher Barmherzigkeit

und Z�rtlichkeit �berzeugte und f�hrte sie mich und trieb

mich an zu den Erfordernissen des Dienens. Jede Zelle dieses

gebrechlichen Wesens war durchtr�nkt von ihrer Liebe, belebt

durch ihre Menschlichkeit, getragen von ihrem unsterblichen

Geist. Niemals werde ich ihre Liebesbeweise und Wohltaten

auch nur f�r einen Augenblick vergessen, und ihre Wirkung auf

dieses leidgepr�fte Herz wird auch nach Monaten und Jahren

nicht verblassen.�37

Die Entscheidung des H�ters, das Heilige Land zu verlassen,

wurde Anfang April mit folgendem Brief bekanntgegeben:

�Nach dem schMirzaichen Ereignis und gro�en Schicksalsschlag,

dem Aufstieg Seiner Heiligkeit �Abdu�l-Bahas

ins Reich Abha, ist dieser Diener so von Schmerz und Leid

heimgesucht und in die Unruhen, die die Feinde der Sache

Gottes bereiten, verstrickt, dass ich meine Anwesenheit hier

zu diesem Zeitpunkt und in solcher Atmosph�re f�r nicht

im Einklang mit der Erf�llung meiner wichtigen, heiligen

Verpflichtungen halte.

Aus diesem Grund habe ich, da ich nichts anderes tun konnte,

die Belange der Sache Gottes innerhalb wie au�erhalb

des Heiligen Landes f�r eine gewisse Zeit unter die Auf

36 ebenda, S. 99

37 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 29

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ProphetsDaughter.indb 147 31.08.2007 10:42:22
4. Kapitel die �letzte spur Bahas�

sicht der Heiligen Familie und die oberste Leitung durch

das Gr��te Heilige Blatt gestellt, bis ich durch die Gnade

Gottes Gesundheit, St�rke, Selbstvertrauen und geistige Energie

erlangen und die Arbeit des Dienstes, wie es mein Ziel

und mein Wunsch ist, g�nzlich und unwiderruflich selbst in

die Hand nehmen werde, womit sich mein h�chstes geistiges

Hoffen und Sehnen erf�llt haben wird.�38

Von seinem �ltesten Cousin begleitet, brach Shoghi Effendi

am 5. April 1922 von Haifa nach Europa auf. Im Dezember

1922 kehrte er ins Heilige Land zur�ck. Erholt und gest�rkt

ergriff er die Z�gel der Sache Gottes und widmete sich ihrer

Ausbreitung und Festigung in aller Welt.39

38 Shoghi Effendi, in Die unsch�tzbare Perle, S. 112 f

39 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 114; Adib Taherzadeh,

The Covenant of Bahau�ll�h, S. 293
148
ProphetsDaughter.indb 148 31.08.2007 10:42:22
5. Kapitel
Ihre Rolle w�hrend
Shoghi Effendis
Abwesenheit
ProphetsDaughter.indb 149 31.08.2007 10:42:22

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Bahayyih Kh�num spielte in der Anfangsphase des Gestaltenden

Zeitalters der Baha-Religion eine entscheidende

Rolle. Dieses Zeitalter ist mit dem Aufgang und der Errichtung

der Baha-Gemeindeordnung verbunden, des Systems,

das die Baha-Schriften f�r die Verwaltung der Baha-

Weltgemeinde ausdr�cklich vorsieht. Die Charta, die diese

Gemeindeordnung genau festlegt, ist nichts anderes

als �Abdu�l-Bahas Testament. Durch ihr tiefes Verst�ndnis

dieses zukunftstr�chtigen Dokumentes und ihr unbeirrbares

Festhalten an seinen Bestimmungen, durch ihre l�ckenlose,

liebende Unterst�tzung f�r den ernannten H�ter Shoghi Effendi

und ihr Bem�hen, den Gl�ubigen die Bedeutung des

Bundes bewusst zu machen, hat das Gr��te Heilige Blatt

dazu beigetragen, die Baha-Welt auf ihren �bergang vom

Heroischen in das Gestaltende Zeitalter des Glaubens vorzubereiten.

Im vorliegenden Kapitel beginnt unsere Untersuchung

der vielf�ltigen T�tigkeiten Bahayyih Kh�nums in den

Zeiten, als Shoghi Effendi �die Gesch�fte der Sache Gottes

� zu Hause und weltweit der Aufsicht der Heiligen Familie

und der Leitung durch das Gr��te Heilige Blatt� �berlie�. In

drei aufeinanderfolgenden Jahren 1922, 1923 und 1924

war der H�ter �ber l�ngere Zeitabschnitte nicht im Heiligen

Land anwesend. Die Aufzeichnungen �ber Bahayyih Kh�nums

Wirken in diesen entscheidenden Perioden, die wir aus

Shoghi Effendis Korrespondenz, aus ihren eigenen Briefen

und aus Berichten von Pilgern und anderen Personen, die

mit ihr zusammentreffen durften, entnehmen, k�nnen nur l�ckenhaft

sein. Trotzdem vermitteln sie eine Vorstellung von

dem einzigartigen Dienst, den Bahayyih Kh�num ungeachtet

der Last ihres fortgeschrittenen Alters und der gewichtigen

Anforderungen, mit denen sie es zu tun hatte, erbrachte, um

den Glauben ihres Vaters zu verbreiten und zu festigen.1

1

Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 21;

R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 114
150
ProphetsDaughter.indb 150 31.08.2007 10:42:23
Reaktionen auf ihre Ernennung

Obwohl Bahayyih Kh�nums Berufung zur �obersten Leitung�

des Baha-Glaubens nur als Zwischenl�sung gedacht war,

stellte sie doch alles andere als eine blo� repr�sentative Aufgabe

dar. Ihr Auftrag war allumfassend einschlie�lich der Leitung

der �Gesch�fte der Sache Gottes zu Hause und weltweit� und

beschrieb f�r das Gr��te Heilige Blatt die oberste Stellung in

der Heiligen Familie. Weiterhin ist von gro�er Bedeutung, dass

der Auftrag sich nicht nur auf das Innenleben der Baha-Gemeinde

erstreckte, sondern die F�hrung der Gesch�fte mit der

ganzen Welt einschloss. Dies wird aus Shoghi Effendis Brief

vom 5. April 1922 an die oberste Verwaltungsinstanz f�r Pal�stina

deutlich: �Da ich aus Gesundheitsgr�nden Haifa verlassen

muss, habe ich f�r die Zeit meiner Abwesenheit die Schwester

�Abdu�l-Bahas, Bahayyih Kh�num, als meine Stellvertreterin

benannt.� In diesem Brief teilt der H�ter den Beh�rden

auch mit, dass er eine Kommission eingesetzt hat, �um sie bei

der Gesch�ftsf�hrung der Baha-Bewegung in diesem Land

und anderswo zu unterst�tzen�, und er unterstreicht, dass die

Handlungsbefugnis des Vorsitzenden dieser Kommission an

Bahayyih Kh�nums schriftliches Einverst�ndnis gebunden ist.2

Sogleich nach Shoghi Effendis Abreise rief das Gr��te Heilige

Blatt das vom H�ter eingesetzte Beratungsgremium zusammen

und setzte die Baha-Welt �ber die Vorkehrungen in

Kenntnis, die er f�r die Verwaltung des Glaubens w�hrend seiner

Abwesenheit getroffen hatte. Im April 1922 schrieb sie an

das amerikanische Baha-Magazin Star of the West und legte

den Brief des H�ters bei, in dem er seine Abwesenheit vom

Baha-Weltzentrum bekanntgab. Ihr Brief in persischer Sprache

beschreibt die Ma�nahmen, die sie nach ihrer Berufung

ergriff, und verdeutlicht den Geist, in dem sie sich erhob, um

2

Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 21;

R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S.114; Ausz�ge aus Shoghi

Effendis Brief vom 5. April 1922 an den Vertreter der Verwaltung Pal�stinas,

Oberst Symes, zitiert in R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare

Perle, S. 417
151
ProphetsDaughter.indb 151 31.08.2007 10:42:23

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

ihrer neuen, gewichtigen Verantwortung gerecht zu werden. Es

folgt eine �bersetzung ihres Briefes:

�Die Herzen des Volkes Baha3 brennen lichterloh aufgrund

des gro�en Ungl�cks, und ihr sehnsuchtsvolles Klagen steigt

zu den himmlischen Heerscharen und den engelsgleichen

Bewohnern des Reiches Abha4 empor; aber jetzt ist der Tag

des Dienens, und jetzt ist die Zeit, die heiligen Lehren �berall

zu verbreiten. Daher m�ssen sich die Geliebten Gottes

wie eine leuchtende Flamme erheben, um mit aller Macht

der Sache Gottes zu dienen; im Dienst m�ssen sie miteinander

wetteifern. Lasst sie wie Meteoriten die Ungetreuen

aussto�en, so dass sie auf der Verwahrten Schriftrolle Gottes

unter denen verzeichnet werden, die Seinem Bund und

Testament treu geblieben sind.

Shoghi Effendi, der H�ter der Sache Gottes, der Erw�hlte

Zweig und der F�hrer des Volkes Baha, hat aufgrund seines

schweren, anhaltenden SchMirzas �ber diesen gro�en

Verlust, �ber diesen Gipfel der Heimsuchung den Beschluss

gefasst, das Heilige Land f�r kurze Zeit zu verlassen, um

Ruhe zu finden und seine Gesundheit zu stabilisieren; danach

wird er zur�ckkehren und seine Dienste und Pflichten

gegen�ber der Sache Gottes wahrnehmen. In seiner Abwesenheit

ist laut seinem beiliegenden Brief diese gefangene

Magd berufen, in Beratung mit den Mitgliedern des Heiligen

Haushalts die Angelegenheiten der Sache Gottes zu
verwalten.

Deshalb habe ich vor�bergehend daf�r Sorge getragen, dass

die von Shoghi Effendi benannten Personen zusammenkommen

und die Gesch�fte in gemeinsamer Beratung mit

ihnen gef�hrt werden. Es ist meine Hoffnung, dass in der

Zeit seiner Abwesenheit die Geliebten des Herrn und die

Dienerinnen des Barmherzigen alle Anstrengungen machen

3 d.h. der Baha
4 Abha bedeutet w�rtlich herrlich, Himmel
152
ProphetsDaughter.indb 152 31.08.2007 10:42:23
reaKtionen auF ihre ernennung

werden, um die Sache Gottes zu f�rdern und ihr Wachstum

zu beschleunigen. Er ist f�rwahr gn�dig und barmherzig mit

Seinen Dienern.�5

In einem weiteren, am Jahrestag der Erkl�rung Bahau�ll�hs

verfassten Brief aus dem Jahr 1922 an die �innig geliebten

Freunde in Amerika, zu H�nden der Herausgeber des Star of

the West� �u�ert das Gr��te Heilige Blatt namens der Familie

�Abdu�l-Bahas ihre tiefe Wertsch�tzung f�r die Beileidsbekundungen,

die von so vielen Baha eingetroffen sind. Sie

unterstreicht, wie wichtig Shoghi Effendis Benennung einer

F�hrungsinstanz f�r die Administration des Glaubens ist, und

richtet an die Baha folgenden Appell: �Wir hoffen, dass die

Freunde Gottes, die Geliebten und die M�gde des Barmherzigen,

f�r uns beten, damit wir bef�higt werden, Shoghi Effendi

mit allem, was in unserer Macht steht, zu helfen, die ihm

�bertragene Sendung zu erf�llen.� Der Brief tr�gt die Unterschrift

�Bahaeyyeh Khanum und die Familie `Abdu'l-Bahás.�6

Leitung der Belange der Sache Gottes

W�hrend der Abwesenheit des H�ters trugen das Gr��te Heilige

Blatt und Angeh�rige der Heiligen Familie die Verantwortung

f�r die Verwaltung des Glaubens in aller Welt. Die Ernennung

des Gr��ten Heiligen Blattes als die oberste Leitung

dieser Gruppe bedeutete, dass sie die gr��te Verantwortung f�r

die Lenkung der Belange der Sache Gottes zu Hause und in

der Welt trug. Sie diente als Kontaktstelle f�r die Gl�ubigen,

gab Anleitung und Ermutigung, gew�hrte eine weise, ausgereifte

F�hrung und sorgte in dieser �bergangsperiode f�r einen

ausgeglichenen Kurs des Glaubens. Durch die Briefe, die sie

an einzelne Gl�ubige und an die Geistigen R�te �embryonale�

�rtliche Leitungsgremien des Glaubens in Ost und West

5 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 114 f

6 Bahayyih Kh�num, undatierter Brief �An unsere innig geliebten Freunde

in Amerika, in Star of the West 13, Nr. 4 (1922), S. 88

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ProphetsDaughter.indb 153 31.08.2007 10:42:23

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

schrieb, sammelte und ermunterte sie die Baha-Gemeinde. In

dieser kritischen Zeit fl��te sie den Gl�ubigen einen Geist des

Vertrauens ein und unterrichtete sie �ber die Bestimmungen

von �Abdu�l-Bahas Testament. Sie ermutigte sie, den neuen

H�ter zu akzeptieren und zu unterst�tzen und f�hrte die von

ihm vorgegebenen Handlungsrichtlinien aus. Sie verhalf den

Gl�ubigen zu einem tieferen Verst�ndnis der Notwendigkeit,

�rtliche und Nationale Geistige R�te zu errichten, kooperierte

mit dem Geistigen Rat von Haifa einem Gremium, das f�r

die Verwaltung des Glaubens im Heiligen Land eingerichtet

wurde �, st�rkte das Bewusstsein f�r die Bedeutung administrativer

Funktionen und gab den Ansto� zu Vorkehrungen, um

den Glauben im Heiligen Land und in anderen Teilen der Welt

zu sch�tzen.
Ermutigung der Baha

Zu einem Zeitpunkt, als die Baha-Gemeinde den �bergang

aus der Amtszeit �Abdu�l-Bahas und dem Abschluss des Heroischen

Zeitalters des Glaubens in die Er�ffnungsphase des

Gestaltenden Zeitalters durchlebte, stellte das Gr��te Heilige

Blatt ein lebendes Verbindungsglied zwischen den beiden Zeitabschnitten

dar. Der �bergang erforderte nicht nur die Annahme

des neu ernannten H�ters als Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft,

sondern auch ein Umdenken, so dass die Autorit�t

der gew�hlten Geistigen R�te anerkannt wurde. Die F�higkeit

des Gr��ten Heiligen Blattes, diese Br�cke zu schlagen und

das Bewusstsein der Baha-Weltgemeinde zu formen, wird aus

den Briefen deutlich, die sie in dieser Zeit schrieb.

In ihren Briefen w�rdigt das Gr��te Heilige Blatt den pers�nlichen

Schmerz der Gl�ubigen �ber das Hinscheiden �Abdu�l-

Bahas, mit dem sie sich voll identifiziert. Sie versichert ihnen,

dass sie selbst und die anderen Angeh�rigen der Heiligen Familie

diese Gef�hle verstehen und mit ihnen teilen. Sie schreibt:

�Das Volk von Baha, das in der Hochroten Arche wohnt

und sich den Meereswogen des Herrn entgegenwirft, das

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ProphetsDaughter.indb 154 31.08.2007 10:42:23
leitung der Belange der sache gottes

die Segnungen des Reiches Abha erlangt hat und fest im

Gottesbund steht sie alle, M�nner und Frauen, Jung und

Alt, teilen in der Tat mit diesen Heimatlosen den Schmerz

�ber unseren Verlust, �ber dieses furchtbarste Ungl�ck. Mit

dem Ohr des Geistes haben wir das Wehklagen der Geliebten

Dessen vernommen, Der die Herzen mit Begeisterung

erf�llte, derer, die gleich uns vom Feuer der Trennung versengt

wurden, und mit schwerem Herzen erheben wir unseren

SchMirzansschrei zum Himmel, und weinend richten

wir unsere Bittgesuche ... an die Schwelle der leuchtenden

Sch�nheit Gottes.� 7

Das Gr��te Heilige Blatt erinnert die Gl�ubigen daran, dass

�Abdu�l-Bahá zwar in die n�chste Welt �bergegangen ist, dass

aber Sein Geist weiterhin eine f�hrende Kraft bleibt. Sie f�hrt

fort: �... alle werden verstehen, dass, wenngleich dieses heilige,

geheimnisvolle Wesen das Gewand Seines sterblichen Lebens

abgelegt hat, wenngleich dieser Vogel der Ewigkeit den K�fig

dieser Erde verlassen hat, Sein Geist weiterhin mitten unter

uns ist und Er weiterhin vom Reich des Allherrlichen aus �ber

uns wacht. Unaufh�rlich entz�ckt Er die Herzen der Geliebten,

und den Seelen derer, die fest im Gottesbund verwurzelt sind,

bringt Er allezeit frohe Botschaft.�8

Bahayyih Kh�num weist die Gl�ubigen darauf hin, dass

�Abdu�l-Bahá sie geschult und in ihnen die F�higkeiten geweckt

hat, die f�r die fortgesetzte Entwicklung des Glaubens

gebraucht werden. Zur Verdeutlichung erinnert sie an folgende

Worte, die der Meister einmal ge�u�ert hat:

�Als Christus von dieser sterblichen Welt Abschied nahm

und ins Ewige Reich aufstieg, hatte Er zw�lf J�nger, und

selbst von diesen wurde einer ausgesto�en. Aber weil diese

Handvoll Seelen sich erhob und in Selbstlosigkeit, Hingabe

und Losl�sung den Entschluss fasste, Seine heiligen Lehren

zu verbreiten und ohne Beachtung der Welt und aller

7 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 149

8 ebenda, S. 158 f
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ProphetsDaughter.indb 155 31.08.2007 10:42:23

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

ihrer V�lker den s��en Duft Gottes zu verstr�men, und weil

sie v�llig in Christus aufgingen - deshalb hatten sie Erfolg,

durch die Macht des Geistes und indem sie die St�dte der

Menschenherzen einnahmen, so dass der Lichtglanz des einen,

wahren Gottes die ganze Erde �berflutete und das Dunkel

der Unwissenheit vertrieb.

Wenn ich nun aus dieser Welt scheide, hinterlasse ich �ber

f�nfzigtausend Gesegnete, jeder Einzelne standhaft und

unersch�tterlich wie die hohen Berge, die Erde erhellend

wie funkelnde Sterne. Sie sind der Inbegriff der Treue, Mitmenschlichkeit

und Liebe. Sie sind die selbstaufopfernden

W�chter der Sache Gottes, die F�hrer aller Wahrheitssucher.

Erkennt daraus, wie die Zukunft aussehen wird!�9

Das Gr��te Heilige Blatt nimmt sich ein Beispiel an �Abdu�l-

Bahas Aussage. Sie ermuntert die Freunde zum Handeln und

dr�ckt ihr Vertrauen in deren F�higkeit zum Erfolg aus:

�Wenn wir im Einklang mit den Lehren der Abha-Sch�nheit10

und der Ratgebung �Abdu�l-Bahas handeln, dann wird

diese Welt mit Gewissheit zum Paradies Abha werden, und

ihre Dornen und Disteln der Grausamkeit werden in einen

bl�henden Garten der Getreuen verwandelt.

M�gen wir alle bef�higt werden, dieses Ziel zu erreichen.�11

Das Gr��te Heilige Blatt erinnert die Gl�ubigen nicht nur

an die Erziehung, die sie aus den H�nden des Meisters erfahren

haben, sondern sie weist sie auch auf die Wichtigkeit des

Beispiels hin, das Er gegeben hat. So erw�hnt sie etwa �Abdu�l-

Bahas unerm�dliche Dienste f�r die Sache Gottes und die Pr�fungen

und Leiden, die Er im Laufe Seines Lebens zu erdulden

9 �Abdu�l-Baha, zitiert von Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.

123 f
10 Eine Anrufung, die sich auf Bahau�ll�h bezieht
11 Bahayyih Kh�num, ebenda, S. 124
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ProphetsDaughter.indb 156 31.08.2007 10:42:23
leitung der Belange der sache gottes

hatte. Sie berichtet: �Sein Leben lang war es Sein Los, ungerecht

behandelt zu werden und Beschwerlichkeiten, Schmerz

und Kummer ausgesetzt zu sein. Unter solchen Umst�nden war

es der einzige Trost Seines geheiligten Herzens, gute Nachrichten

�ber den Fortschritt des Glaubens, die Verk�ndigung des

Wortes Gottes, die Verbreitung der heiligen Lehren, die Einheit

und den Diensteifer der Freunde und die Standhaftigkeit Seiner

Geliebten zu vernehmen. Solche Nachrichten lie�en Sein Antlitz

l�cheln, dies war die Freude Seines edlen Herzens.�12

Aus eigenem Erleben und durch die enge Verbindung zu

ihrem geliebten Vater und Bruder war sich das Gr��te Heilige

Blatt gro�er geistiger Wahrheiten bewusst, und sie bereitete die

Gl�ubigen auf eine unvermeidlich bevorstehende Periode der

Pr�fungen vor und schulte sie in den Mitteln, mit denen sie die

g�ttliche Hilfe auf sich lenken k�nnten. Den Gl�ubigen sagt

sie: �Der liebevolle Rat �Abdu�l-Bahas hat die Geliebten des

Herrn in Zeichen und Sinnbilder der Demut und der Ergebenheit

umgewandelt. Er lehrte sie Selbstlosigkeit, Befreiung vom

Materiellen und Losl�sung von der Welt und bef�higte sie, die

Wahrheiten des Himmels zu verstehen.� Dies, so versichert sie,

ist eine verl�ssliche Vorbereitung auf die Pr�fungen, die das

Leben mit sich bringt. Sie schreibt:

�Tests und Pr�fungen sind mit Sicherheit ein untrennbarer

Bestandteil und ein unerl�ssliches Erfordernis dieses Lebens,

besonders f�r die Menschheit, allen voran f�r jene,

die f�r sich den Besitz von Glauben und Liebe beanspruchen.

Nur durch Pr�fungen kann das Echte vom Wertlosen,

Reinheit von Schmutz, das Wahre vom Falschen, unterschieden

werden. Der Sinn des heiligen Verses �W�hnen

die Menschen, dass sie, wenn sie sagen: `Wir glauben�, in

Ruhe gelassen und nicht auf die Probe gestellt werden?�13

ist allezeit offenkundig und bei jedem Atemzug anwendbar,

und nur im Feuer wird sich zeigen, welches Gold am meisten

gl�nzt.
12 ebenda, S. 142 f
13 Qur��n 29:2
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ProphetsDaughter.indb 157 31.08.2007 10:42:23

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Daher hoffe ich, dass wir durch Demut und ein reuevolles

Herz, Flehen und Gebet, guten Vorsatz und Treue, durch

Reinheit des Herzens und Festhalten an der Wahrheit, Emporstreben

zum Dienst und durch die Segnungen und Best�tigungen

des Herrn in ein Reich eintreten und zu einem

Zustand gelangen, in dem wir unter dem Schirm Seines Erbarmens

leben und Seine hilfreiche Hand uns Beistand und
Helfer ist.�14

Auf die Nachricht einer Gruppe von Baha-Frauen, die in

dem Dorf Sang-i-Sar, Iran, an der Unterhaltung einer Baha-

Schule beteiligt waren, sie w�rden verfolgt und man habe ihre

Schule niedergebrannt, antwortete das Gr��te Heilige Blatt mit

einem Brief, der den Frauen half, den Vorfall im rechten Licht

zu betrachten. Zu Beginn versicherte sie diesen ergebenen

Gl�ubigen, dass sie selbst und die Heilige Familie �mit tiefstem

Kummer von den Leiden erfahren haben�, die sie durchgemacht

hatten; dann bot sie ihnen eine geistige Erkl�rung an

f�r das, was passiert war und f�r die Bedeutsamkeit ihrer Reaktion

darauf. Sie schreibt:

�Da sie jedoch fest, standhaft und unersch�tterlich blieben,

als die Pfeile der Tyrannei auf sie flogen, und da dies um

der Gesegneten Sch�nheit15 willen und auf dem Pfade des

Alleingeliebten geschah, sollten sie Gott danken und Ihn

preisen, dass Er sie f�r diese gro�e Gnadengabe ausersehen

hat. ...

Gott sei gelobt, sie haben einen Tropfen aus dem Meer der

Leiden erhalten�d�rfen, das den Erhabenen16 und die Sch�nheit

des Allherrlichen �berrollte; ihnen wurde ein Tr�pfchen

aus den Wogen der Schrecknisse zuteil, die �Abdu�l-Bahá

umtosten.�17
14 ebenda, S. 180 f
15 Bahau�ll�h
16 der B�b
17 ebenda, S. 186 f
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ProphetsDaughter.indb 158 31.08.2007 10:42:23
leitung der Belange der sache gottes

Zum Schluss erinnert sie die Frauen: �Vertrauen sie voll

und ganz auf die Best�tigungen der Gesegneten Sch�nheit und

die Gaben und Segnungen �Abdu�l-Bahas.�18

In ihrem Bestreben, die Gl�ubigen in ihrem Vertrauen zu best�rken

und sie zu ermuntern, die Baha-Werte in ihrem t�glichen

Leben zum Ausdruck zu bringen, hob das Gr��te Heilige Blatt

besonders die Bedeutung der Standhaftigkeit hervor. In einem

ihrer Briefe betont sie, wie wichtig gerade diese Tugend ist und

beschreibt den Gewinn, den die Gl�ubigen daraus ziehen:

�Alle Tugenden der Menschheit sind enthalten in dem einen

Wort �Standhaftigkeit�, wollten wir nur nach ihren Gesetzen

handeln. Einem Magneten gleich ziehen sie den Segen und

die Gaben des Himmels auf uns herab, so wir uns erheben,

die Pflichten zu erf�llen, die in ihnen liegen.

Gott sei gepriesen, das Heim des Herzens ist erhellt durch

das Licht unersch�tterlicher Treue, und der Hort der Seele

tr�gt den Schmuck der Ergebenheit.

Standhaftigkeit ist ein Schatz, der den Menschen so bereichert,

dass er weder der Welt noch irgendeines Menschen

oder Dinges in ihr bedarf. Treue ist eine besondere Freude,

die uns Sterbliche zu erhabenen H�hen und zu gro�em Fortschritt

f�hrt, die uns die Vollkommenheiten des Himmels

erlangen l�sst. Aller Preis sei dem heiligen Hofe des Geliebten,

der Seinem getreuen Volk diese wundersamste Gnade

und Seinen Geliebten diese beste der Gaben gew�hrt.� 19

So lenkte das Gr��te Heilige Blatt das Bewusstsein der

Baha-Gemeinde auf die durch �Abdu�l-Bahá vermittelten

18
ebenda, S. 187
19

Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, Das Gr��te Heilige Blatt.

Herausgegeben vom Nationalen Geistigen Rat der Baha in Deutschland

zum f�nfzigsten Jahrestag des Hinscheidens des Gr��ten Heiligen

Blattes, S. 30
159
ProphetsDaughter.indb 159
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

geistigen Lektionen und auf das Beispiel Seines Lebens, aber

gleichzeitig machte sie die Gl�ubigen mehr und mehr auf die

Notwendigkeit aufmerksam, den Glauben zu verbreiten und

damit zu beginnen, seine Institutionen zu errichten. In einem

ihrer Briefe schreibt sie: �Liebe Freunde! In dieser kritischen

Zeit, die der Glaube durchlebt, ist jedem einzelnen Baha eine

gro�e Verantwortung auferlegt, und er hat dr�ngende, vielf�ltige

Pflichten. ... Jetzt ist f�r die treuen Freunde �Abdu�l-Bahas,

die das herrliche Licht empfangen haben, die Zeit gekommen,

wie strahlende Sterne zu leuchten. Die Ausstrahlung unseres

Glaubens muss so gro� sein, dass Wolken des Zweifels aufgel�st

werden und die Welt zum Tagesanbruch der Wahrheit gef�hrt

wird.� In einem weiteren Brief bekundet sie, wie gl�cklich

sie ist, dass die standhaften Gl�ubigen der Ratgebung �Abdu�l-

Bahas folgen und sich zum Dienst am Glauben erheben:

�Aus jedem Winkel der Erde erreichen mich st�ndig gute

Nachrichten, dass das Wort Gottes erh�ht und Seine Sache

verherrlicht wird, und dass Seine Freunde in Liebe zu Ihm

ergl�hen und aufstehen, um die s��en D�fte zu verbreiten.

Alle sind fest im Glauben gegr�ndet und best�ndig. Sie

wenden sich in Ergebenheit ihm zu, dem ernannten, ausersehenen

Mittelpunkt, dem H�ter der Sache Gottes, dem Erw�hlten

Zweig, Seiner Eminenz Shoghi Effendi. Sie bilden

Geistige R�te, halten Versammlungen ab, lehren mit gro�er

Beredsamkeit und Energie, bringen Beweise vor und verbreiten

die Lehren der G�ttlichen Sch�nheit und die Ratschl�ge

�Abdu�l-Bahas. Mit Sicherheit wird das Licht dieser

Lehren in kurzer Zeit die Erde erleuchten und die Herzen

des Volkes Bahá erfreuen.�20

So macht sie auch in dem folgenden Zitat klar, dass der

Hauptgrund ihrer Freude und Zufriedenheit die eingehenden

Berichte �ber die Arbeit der Baha f�r den Glauben sind. Sie

20 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,

S. 163, S. 147 f
160
ProphetsDaughter.indb 160 31.08.2007 10:42:24
leitung der Belange der sache gottes

schreibt: �Die Nachricht �ber ihre Festigkeit im Bund, �ber

ihre Bem�hungen, in Einheit und Einigkeit zusammenzuarbeiten,

und ihren unerm�dlichen Eifer und Opfermut auf dem

Pfade des Dienens war mir ein Quell unbeschreiblicher Freude.

Denn mein ganzer Trost liegt jetzt in der Loyalit�t und Treue

der Freunde und meine einzige Freude im Fortschritt der Sache

Gottes.�21
Bildung der Gemeinde in den
Bestimmungen des Bundes

Um den bedeutenden Anteil Bahayyih Kh�nums an der Erziehung

der Baha-Gemeinde in den Bestimmungen des Bundes

richtig zu w�rdigen, muss man den einzigartigen Charakter von

�Abdu�l-Bahas Testament verstehen. Dieses von �Abdu�l-Bahá

eigenh�ndig niedergeschriebene historische Dokument stellt

die Vorlage der Baha-Gemeindeordnung und die Verfassung

einer zuk�nftigen Weltkultur dar und ist in der Religionsgeschichte

einmalig. Es verk�ndet nicht nur die �grundlegenden

�berzeugungen der Glaubensanh�nger Bahau�ll�hs�, sondern

�setzt die Institution des H�tertums als erbliches Amt ein und

umrei�t seine wesentlichen Aufgaben, sieht die Ma�nahmen

f�r die Wahl des Internationalen Hauses der Gerechtigkeit vor,

setzt dessen Aufgabenbereich fest und legt seine Beziehungen

zum H�teramt dar, schreibt die Pflichten der H�nde der Sache

Gottes vor, betont ihre Verantwortung und preist die Kraft des

unzerst�rbaren Bundes Bahau�ll�hs.�22

Ebenso ruft das Dokument �die ganze Gemeinde der Anh�nger

Bahau�ll�hs dazu auf, sich einm�tig zu erheben, Seinen

Glauben zu verbreiten, sich �berall zu verteilen, unerm�dlich

zu wirken und dem heroischen Beispiel der Apostel Jesu

Christi zu folgen; es warnt vor den Gefahren des Umgangs mit

den Bundesbrechern und gebietet, die Sache Gottes vor den

Angriffen der Falschen und Heuchler zu schirmen, und r�t ihnen,

durch ihren Lebenswandel die Universalit�t des von ihnen

21 ebenda, S. 163

22 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 429; 22:9

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ProphetsDaughter.indb 161 31.08.2007 10:42:24

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

erw�hlten Glaubens darzutun und seine hohen Grunds�tze zu

verteidigen.�23

In Ost und West machten sich die Baha �Abdu�l-Bahas

Testament zu eigen und folgten Seinen Bestimmungen. Wie

der H�ter bezeugt, erhoben sie sich �mit klarem Blick und

unersch�tterlich entschlossen, das Gestaltende Zeitalter ihres

Glaubens zu er�ffnen, indem sie die Fundamente dieses weltumspannenden

administrativen Systems legten, das dazu bestimmt

ist, sich zu einer Weltordnung zu entwickeln, welche

die Nachwelt sicher als die Erf�llung aller Sendungen der Vergangenheit

und als ihre herrliche Kr�nung begr��en wird.�24

Die Briefe, die das Gr��te Heilige Blatt an einzelne Gl�ubige

und an Baha-Gemeinden in aller Welt richtete, lassen bei

n�herer Pr�fung erkennen, in welchem Grade sie den Blick der

Gl�ubigen sch�rfte und ihr Verst�ndnis f�r die Konsequenzen

dieses historischen Dokuments erweiterte. Sie war es in hohem

Ma�e, die die Einheit der Baha-Gemeinde wahrte und den

Blick der Baha auf Shoghi Effendi, den neu ernannten H�ter,

lenkte.

Die Briefe veranschaulichen, wie einf�hlsam sie den Gl�ubigen

zu einem tieferen Verst�ndnis des Gottesbundes verhalf,

wie er in des Meisters Testament niedergelegt war. Um zu unterstreichen,

wie wichtig es ist, einen ernannten Mittelpunkt

des Bundes als Brennpunkt der Autorit�t zu haben, dem sich

die Gl�ubigen zuwenden m�ssen, bedient sie sich eindrucksvoller

Bilder. In einem ihrer Briefe schreibt sie:

�Die Tatsache, dass es nur einen Mittelpunkt gibt, und dass

alle sich einem einzigen heiligen Wesen zuwenden, ist im

Reiche Seiner Sache wie der Schaft oder die Achse eines

M�hlsteins. Alle anderen Gesetze und Verordnungen m�ssen

um dieses eine kreisen. Im Tempel der Religion Gottes

ist der Mittelpunkt der Sache dem Herzen vergleichbar, denn

von diesem h�ngt nicht nur das Leben des menschlichen

K�rpers als Organismus ab, sondern auch alle Beziehungen

23 ebenda, S. 429 f; 22:9
24 ebenda, S. 430; 22:10
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ProphetsDaughter.indb 162 31.08.2007 10:42:24
leitung der Belange der sache gottes

zwischen seinen Organen sowie deren Wachstum und deren

Lebenskraft. In der menschlichen Gesellschaft kann der

Mittelpunkt der Sache mit der Sonne verglichen werden,

deren magnetische Kraft die Bewegungen und Bahnen der

Planeten steuert. Der Mittelpunkt der Sache ist auch wie

ein Buchr�cken, denn durch ihn werden die Seiten alle zu

einem Buch zusammengefasst; ohne den R�cken w�ren die

Bl�tter lose und zerstreut.�25
In einem weiteren Brief stellt sie fest:

�Ein eindeutiger Bund macht unsere Pflicht klar; ein unmissverst�ndlicher,

pr�ziser Text erkl�rt das offenbarte

Buch. Ein genau benannter Mittelpunkt ist bestimmt worden,

dem sich alle zuwenden m�ssen, und sein Spruch, der

Spruch des H�ters der Sache und Auslegers des Buches, ist

als verbindlich erkl�rt worden. ...

Es ist zu hoffen, dass wir uns in neuem Geist erheben und

durch �berreiche Segnungen best�tigt werden, und dass wir

unsere Streitr�sser auf das Feld des Dienstes, der Reinheit,

Ehrlichkeit und des hohen Strebens dr�ngen. ...�26

Auf Fragen eines Gl�ubigen aus dem Osten bez�glich des

Bundes gab das Gr��te Heilige Blatt folgende Erl�uterung:

�Aus ihrem Brief ist zu ersehen, dass sie ihn vor dem Erhalt

des Testamentes des Mittelpunkts des Bundes geschrieben

haben. Inzwischen haben sie dieses Dokument bestimmt

sorgf�ltig gelesen. Dieser Text ist Seine verbindliche Verf�gung;

er stellt das wahre Leben dar f�r alle, die mit Verst�ndnis

ausgestattet sind. In ihm hat die Feder der Gro�mut

auf machtvollste, umfassendste, klarste, detaillierteste Weise

die Verpflichtungen dargelegt, die jeder Ebene in der Baha-

Gemeinde zufallen. ... Er hat ausdr�cklich den Mittelpunkt

25 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 133 f

26 ebenda, S. 133 f
163
ProphetsDaughter.indb 163 31.08.2007 10:42:24

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

benannt, dem sich alle zuwenden m�ssen, und damit unverbr�chlich

die Fundamente des Bundes gelegt und zementiert.

Er hat unzweideutig den Mittelpunkt eingesetzt, nach dem

sich das ganze Volk Bahá ausrichten muss: Den Erw�hlten

Zweig, den H�ter der Sache Gottes. Dieses gro�e Geschenk

ist ein besonderer Wesenszug dieser Gr��ten Offenbarung,

dieser edelsten und vortrefflichsten aller Sendungen.�27

Bahayyih Kh�num unterwies die Baha nicht nur hinsichtlich

der allgemeinen Vorkehrungen des Bundes, sondern richtete

sie ganz gezielt auf den ernannten H�ter aus. In einem ihrer

Briefe schildert sie, wie �Abdu�l-Baha, der unfehlbare �Arzt�,

im voraus wusste, dass die Gl�ubigen Sein Hinscheiden als

furchtbaren Schlag erleben w�rden. Um dessen Wucht zu mildern,

bezeugt sie:

� ... Er bereitete ein hochwirksames Heilmittel zu und ersann

ein einzigartiges, unvergleichliches Heilverfahren ein

Verfahren, das so vortrefflich, herrlich, ausgezeichnet, so

machtvoll, vollkommen und vollendet ist. Durch Seinen Federzug

ewiger Freigebigkeit hat Er in Seinem gewichtigen,

unverletzlichen Testament den Namen Shoghi Effendis niedergelegt

� des Zweiges, der aus den zwei Sch�sslingen der

himmlischen Herrlichkeit hervorwuchs, des Astes, der den

zwei geweihten, heiligen Lotosb�umen entsprossen ist.28

Daraufhin nahm Er Seinen Flug zu den himmlischen Heerscharen

und zum erleuchteten Horizont. Jetzt ist es Sache

jedes gefestigten, ergebenen Freundes, jedes standhaften,

entflammten Gl�ubigen, der von Seiner Liebe beseelt ist,

diese heilende Medizin auf einen Zug auszutrinken, damit

die Qual der Trennung ein wenig gemildert und die bittere

Not des Verlassenseins zerstreut wird.�29
27
ebenda, S. 122
28

Ein Hinweis auf Shoghi Effendis Herkunft. V�terlicherseits war er ein

Nachkomme des B�b, und m�tterlicherseits ein Nachfahre Bahau�ll�hs

(weiteres siehe Glossar)
29
ebenda, S. 170
164
ProphetsDaughter.indb 164
31.08.2007 10:42:24
leitung der Belange der sache gottes

In einem anderen Fall unterstreicht sie die klare und ausdr�ckliche

Form von Shoghi Effendis Ernennung. Sie f�hrt

aus: ��Abdu�l-Bahas Testament ist Seine verbindliche Verf�gung.

Es f�hrt die Gl�ubigen zusammen, bewahrt ihre Einheit,

stellt den Schutz des Gottesglaubens sicher. Es bestimmt einen

eindeutigen Mittelpunkt, da es schriftlich und unwiderleglich

Shoghi Effendi als H�ter des Glaubens und Erw�hlten Zweig

einsetzt, so dass sein Name auf der Verwahrten Tafel durch

die Finger der Gnade und Gunst verzeichnet ist.� Bei einem

weiteren Anlass, als sie auf einen Bericht �ber die Aktivit�ten

eines Bundesbrechers antwortet, legt das Gr��te Heilige Blatt

noch einmal die Hauptpunkte des Bundes dar:

�Der wesentliche Punkt lautet: Gelobt sei Gott, denn der

Weg Seines heiligen Glaubens ist vorgezeichnet, das Geb�ude

von Gottes Gesetz ist fest gegr�ndet und stabil. Er,

dem sich das Volk Bahá zuwenden muss, der Mittelpunkt,

auf den die Versammlung der Gl�ubigen den Blick zu richten

hat, der Ausleger der Heiligen Schrift, der H�ter der

Sache Gottes, der Erw�hlte Zweig, Shoghi Effendi, ist unzweideutig

und im Einklang mit klaren, schl�ssigen und

unmissverst�ndlichen Vorgaben ernannt worden. Die Religion

Gottes, die Gesetze und Gebote Gottes, die gesegneten

Lehren, die f�r jedermann verbindlichen Pflichten stehen

alle klar und unverh�llt wie die Sonne in ihrer Mittagsherrlichkeit

vor uns. Es gibt kein verborgenes Geheimnis, kein

unentdecktes Mysterium. Es gibt auch keinen Spielraum f�r

Interpretationen oder Debatten, keinen Anlass zu Zweifel

oder Zaudern. Die Stunde der Lehre und des Dienens ist gekommen.

Dies ist die Zeit f�r Einheit, Einigkeit, Solidarit�t

und hochherzige Bem�hung.�30

Nachrichten �ber die Anerkennung Shoghi Effendis durch

die Gl�ubigen waren f�r das Gr��te Heilige Blatt eine Quelle

der Freude und des Gl�cks. Auf eine solche Nachricht schreibt

30 ebenda, S. 141, S. 217
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ProphetsDaughter.indb 165 31.08.2007 10:42:24

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

sie einmal: �Die gute Botschaft ist eingetroffen, dass in den

Versammlungen der Freunde �Abdu�l-Bahas Testament m�ge

unser Leben ein Opfer f�r Seine Selbstlosigkeit sein vorgelesen

wurde, und wir hier sind begl�ckt, von der Einheit, Standhaftigkeit

und Treue der Freunde zu h�ren und auch zu erfahren,

dass sie sich dem designierten Mittelpunkt, dem benannten,

genau bezeichneten H�ter der Sache Gottes, dem Ausleger des

Buches Gottes, dem Besch�tzer Seines Glaubens, dem W�chter

Seines Gesetzes, Shoghi Effendi zugewandt haben. Diese

Nachricht hat h�chste Freude gebracht.� Das Gr��te Heilige

Blatt f�hrt sogar im Einzelnen aus, was die Annahme Shoghi

Effendis und seiner festgelegten Funktionen durch die Gl�ubigen

bedeutet. In ihrer Antwort auf einen Brief schreibt sie:

�Der Tenor ihres Briefes l�sst klar erkennen, dass sie standhaft

in Seiner Sache sind und unbeirrt an Seinem Bund festhalten,

dass sie ihr Angesicht auf Shoghi Effendi, den bevollm�chtigten

Punkt, dem sich alle zuwenden m�ssen, den Mittelpunkt

der Sache, den Erw�hlten Zweig, den Ast, der aus den zwei

himmlischen B�umen hervorgewachsen ist, gerichtet haben.

Dies ist wirklich das Entscheidende, dies ist die Bedeutung

wahrer Hingabe, dies ist die unzerst�rbare, unbezweifelbare

Wahrheit, durch die das Volk von Baha, die Bewohner der Roten

Arche, ausgezeichnet sind.�31

Aus den Briefen wird deutlich, dass es das Anliegen des

Gr��ten Heiligen Blattes war, die Baha zu sammeln und ihre

Aufmerksamkeit auf den neu ernannten H�ter als die Autorit�t

zu lenken, nach der sie sich alle richten m�ssen. Damit bef�higte

sie die werdende Gemeinde, in Einigkeit in ihr n�chstes

Entwicklungsstadium voranzuschreiten.

DerAnsto� zu Bahayyih Kh�nums liebevoller Bem�hung um

Shoghi Effendi, zu ihrem unerm�dlichen Streben, die Baha-

Gemeinde auf diesen erw�hlten Nachfolger �Abdu�l-Bahas auszurichten,

kam nicht nur von ihrer tiefen Zuneigung und ihrer

Sorge um ihren Gro�neffen, sondern ebenso von der klaren,

deutlichen Weisung in �Abdu�l-Bahas Testament, dass die Gl�u

31 ebenda, S. 156, S. 161 f
166
ProphetsDaughter.indb 166 31.08.2007 10:42:24
leitung der Belange der sache gottes

bigen gehalten sind, �Shoghi Effendi ... die gr��te Sorge angedeihen

zu lassen, damit der Staub der Verzagtheit und des Kummers

sein strahlendes Wesen nicht tr�be�. In dieser Absicht half

sie den Gl�ubigen, den Grund f�r Shoghi Effendis wiederholte

Abwesenheit aus dem Heiligen Land zu begreifen. Sie war eine

verl�ssliche Quelle genauer, zutreffender und gewiss beruhigender

Auskunft dar�ber, warum der neu ernannte H�ter es f�r

notwendig gehalten hatte, das Heilige Land zu verlassen. Auch

hielt sie die Gemeinde �ber die Pl�ne f�r seine R�ckkehr auf

dem Laufenden. So schreibt sie zum Beispiel einem Geistigen

Rat: �Wegen seines tiefen SchMirzas, Kummers und Leides als

Folge des schrecklichen Ereignisses hatte der Erw�hlte Zweig,

der H�ter der Sache Gottes, Shoghi Effendi den Wunsch, eine

Zeitlang an einem ruhigen Ort allein zu sein, um sich dem Bittgebet

und der Gemeinschaft mit Gott hinzugeben. Deshalb verlie�

er uns vor einiger Zeit, aber wir haben die starke Hoffnung,

dass er schon sehr bald ins Heilige Land heimkehren wird. Damit

hat diese betr�bte, traurige Seele den Brief Ihres gesch�tzten

Rates vorl�ufig, wenn auch nur kurz, beantwortet.� Aus diesem

letzten Satz kann man, nebenbei bemerkt, mit Interesse erkennen,

dass das Gr��te Heilige Blatt, ganz im Einklang mit ihrer

Einsetzung durch Shoghi Effendi, die Verwaltung des Glaubens

w�hrend der Abwesenheit des H�ters aktiv verfolgte.32

In einem eindringlichen, dramatischen Brief aus dem Jahre

1924 legt das Gr��te Heilige Blatt freim�tig dar, dass die

dreimalige l�ngere Abwesenheit des H�ters aus dem Heiligen

Land auch durch das Verhalten der Baha mit verursacht war.

Sie erinnert an Shoghi Effendis Befinden sofort nach dem Hinscheiden

�Abdu�l-Bahas im November 1921: �Mit zerr�tteter

Gesundheit, sein Herz voller Sorgen, kehrte er an diesen gesegneten

Ort zur�ck. Damals verbreiteten die Ungetreuen ihre

Verleumdungen in �u�erster Verirrung und h�chster Unbotm��igkeit,

in aller Offenheit und heimlich, und dieses Verhalten

erh�hte noch die Sorgenlast des H�ters. Deshalb ging er weg

32 �Abdu�l-Bahá in Das Testament in Dokumente des B�ndnisses,

Hofheim 1989, S. 64; Bahayyih Kh�num in Bahayyih Kh�num, The

Greatest Holy Leaf, S. 179
167
ProphetsDaughter.indb 167 31.08.2007 10:42:24

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

und verbrachte einige Zeit in Abgeschiedenheit, wobei er die

Angelegenheiten des Glaubens weiterf�hrte, dessen Interessen

und Institutionen erwog, mit Gott sprach und Seine Hilfe

erflehte.� Wie sie erkl�rt, gab es in des H�ters Abwesenheit

�derartige Anzeichen von Standhaftigkeit und Treue, von Entschlossenheit,

Einheit, Liebe und Hingabe unter allen Freunden

� M�nnern wie Frauen, in Ost und West und im Heiligen

Land �, dass einerseits der Mittelpunkt des Aufruhrs [Mirza

Muhammad-�Al�] und die Anma�enden und Niedertr�chtigen

sich geschlagen geben mussten, ihre Hoffnungen auf eine Spaltung

des Glaubens bitter entt�uscht, andererseits die vorbildliche

Wesensart und die tadellose Haltung der Gl�ubigen ... das

Herz des H�ters begl�ckten.� Das Ergebnis war, dass Shoghi

Effendi im Dezember 1922 mit v�llig wiederhergestellter Gesundheit

ins Heilige Land zur�ckkehrte, ausgestattet mit der

Kraft, seine heilige Pflicht zu erf�llen.33

Weiter berichtet das Gr��te Heilige Blatt, wie der H�ter bei

seiner R�ckkehr ins Heilige Land die Korrespondenz mit den

Baha und den Geistigen R�ten aufnahm. Seine Briefe umrissen

die Pflichten der Gl�ubigen, und die Baha empfingen

die Briefe in Liebe und Dankbarkeit. Bald zeigte sich jedoch,

dass �bei einigen Gl�ubigen eine gewisse Missgunst entstanden

war, und dass einige ihren Geistigen Rat nicht so achteten

und ihm folgten, wie es sein sollte.� Einpr�gsam beschreibt sie,

welche Wirkung diese Nachricht auf den H�ter hatte, und f�gt

hinzu: �Es ist klar, wie solche Mitteilungen ... auf das Herz

des H�ters wirkten und welch abtr�gliche Reaktion sie hervorriefen.

Es f�hrte dazu, dass seine Gesundheit ein zweites Mal

nachgab, und dann, auf beharrliches Dr�ngen dieser unbedeutenden

Seele, auf die dringenden Bitten des Heiligen Haushalts

und den wiederholten Aufrufen der ihm Nahestehenden ging

er letzten Sommer weg.�34

Das Gr��te Heilige Blatt berichtet, dass die mehrmonatige

Abwesenheit des H�ters im Jahre 1923 seiner Gesundheit

guttat und ihn bef�higte, sich wieder aktiv um die Baha-Ge

33 Bahayyih Kh�num in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 203 f

34 ebenda, S. 204 f
168
ProphetsDaughter.indb 168 31.08.2007 10:42:24
leitung der Belange der sache gottes

meinde zu k�mmern. Die Treue der Gl�ubigen und ihre Bem�hungen

tr�steten sein Herz und erf�llten ihn erneut mit

Zuversicht. Aber bedauerlicherweise wiederholte sich der vom

Gr��ten Heiligen Blatt beschriebene Vorgang und f�hrte ein

weiteres Mal zu seiner pl�tzlichen Abreise im Fr�hling 1924.

Sie teilt den Gl�ubigen die Ereignisse mit: �Aus bestimmten

Briefen erkannte er in einigen Gemeinden noch einmal mangelnde

Geistigkeit und Eintracht unter einigen Freunden und

eine Nichtachtung ihres Geistigen Rates. Dadurch wurde sein

Herz noch einmal betr�bt, und wiederum beschloss er abzureisen.�

Sie vertraut den Baha an, dass sie selbst und die anderen

Frauen in der Heiligen Familie alles in ihrer Macht Stehende

taten, um Shoghi Effendis Herz aufzuheitern und ihn beschworen,

seine Entscheidung zu �berdenken aber ohne Erfolg.35

Der n�chste Abschnitt dieses erstaunlichen Briefes enth�lt

eine Botschaft Shoghi Effendis, die er sie bat, den Baha zu

�bermitteln. Sie hat folgenden Wortlaut:

Er sagte uns: �Ich habe ein feinf�hliges Herz. Ebenso wie

ich eine zwischen Menschen bestehende Abneigung f�hle

und dadurch verletzt werde, genau so bewundere und sch�tze

ich die hervorragenden Eigenschaften der Gl�ubigen;

ja, sie sind meinem Herzen n�her, als Worte beschreiben

k�nnen. Nach dieser allerschrecklichsten Pr�fung war mein

einziger Herzenstrost die Treue und Standhaftigkeit der

Freunde und ihre Liebe zur Gesegneten Sch�nheit und zu

�Abdu�l-Baha. Nichts kann je den Wert solch ausgezeichneter

Eigenschaften mindern, und daf�r bin ich allen Freunden,

M�nnern und Frauen gleicherma�en, zutiefst dankbar.

Und trotzdem kann die ganze Glut ihrer Liebe niemals aus

sich selbst heraus die Arche des Glaubens der ersehnten

K�ste n�herbringen. Sie kann niemals den V�lkern der Welt

den Anspruch des Volkes von Bahá beweisen. Um die Religion

Gottes zu sch�tzen und ihre Macht zu st�rken, m�ssen

die Freunde wirksame Mittel einsetzen: ihre Liebe muss so

35 ebenda, S. 205
169
ProphetsDaughter.indb 169 31.08.2007 10:42:25

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

gro� sein, dass sie einander verehren und jede Missgunst

aus ihren Herzen verbannen.

Wenn die Freunde zum Beispiel von den Nicht-Baha gefragt

werden: �Was unterscheidet euch von allen anderen?�,

und wenn die Freunde dann antworten: ,Auf dem Pfad der

Liebe f�r den Mittelpunkt unseres Glaubens w�rden wir

unser Leben und unseren Besitz opfern�, dann w�rden sich

zivilisierte Menschen mit einer solchen Antwort niemals

zufriedengeben. Sie w�rden nur sagen: ,Eure Liebe und Opferbereitschaft

f�r eine bestimmte Person kann unm�glich

das Heilmittel f�r die chronischen Krankheiten sein, unter

denen die heutige Gesellschaft leidet.� Wenn die Freunde

daraufhin antworten: ,Unsere Religion gibt uns Grunds�tze

und moralische Lehren mit, deren Wert auch der Weiseste

nicht leugnen kann�, dann erhalten sie zur Antwort: ,Hohe

Grunds�tze und Lehren werden nur dann den Charakter der

Menschen beeinflussen und die t�dlichen Krankheiten unserer

Gesellschaft heilen, wenn diejenigen, die ihren Glauben

daran bekennen und sie unterst�tzen, die ersten sind,

die danach handeln, indem sie ihren Wert und Nutzen in

ihrem eigenen t�glichen Leben und Handeln bezeugen und

zum Ausdruck bringen.� Solange dies nicht geschieht, gibt

es nichts, was die Baha vom Rest der Menschheit unterscheidet.

Weiter sagte er uns: ,Die V�lker der Welt betrachten heute

die Baha sehr sorgf�ltig und beobachten sie genauestens.

Die Gl�ubigen m�ssen jede Anstrengung unternehmen und

�u�erst behutsam sein, um jedes Gef�hl der Entfremdung

zu unterbinden und zu tilgen, und m�ssen es als ihre heilige

Pflicht ansehen, den Beschl�ssen ihrer Geistigen R�te

nachzukommen. In dem gleichen Ma�e, wie Abneigung

zwischen einigen Gl�ubigen mein Herz gekr�nkt hat, wird

dieses Herz aber auch ihre Einigkeit, ihr gegenseitiges Verst�ndnis,

ihre liebevolle Zuneigung und ihre Ehrerbietung

gegen�ber der Autorit�t ihres Geistigen Rates getreulich wi

170
ProphetsDaughter.indb 170 31.08.2007 10:42:25
leitung der Belange der sache gottes

derspiegeln. Sobald ich die Widerspiegelung solcher Lichter

sp�re, werde ich sofort ins Heilige Land zur�ckkehren und

mich der Erf�llung meiner geheiligten Pflichten widmen.

�bermittle diese meine Botschaft allen Freunden.��36

Der Brief des Gr��ten Heiligen Blattes endet mit der

schlichten Feststellung: �Es ist jetzt zwei Wochen her, dass er

diese bewegende Erkl�rung abgegeben und das Heilige Land

verlassen hat.� Schlie�lich verweist sie die Gl�ubigen noch auf

den Passus in �Abdu�l-Bahas Testament, der sie dazu aufruft,

Shoghi Effendi die gr��te Sorge angedeihen zu lassen und

dr�ckt die Hoffnung aus, sie m�gen so fruchtbare Anstrengungen

machen, dass der geliebte H�ter davon ins Heilige Land

zur�ckgeholt wird.37

R�h�yyih Kh�num, die Witwe des H�ters, vermittelt einen

�berraschenden Einblick in die Tiefe und Feinheit des Verh�ltnisses

zwischen dem Gr��ten Heiligen Blatt und dem jungen

H�ter. Sie sagt aus, dass nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden

Shoghi Effendi zum Mittelpunkt im Leben des Gr��ten Heiligen

Blattes wurde. R�h�yyih Kh�num erz�hlt von einer gro�en

Versammlung der m�nnlichen Baha, die in der Empfangshalle

von �Abdu�l-Bahas Haus in Haifa stattfand, als sie 1923 mit

ihrer Mutter zur Pilgerreise dort war. Sie schildert, was sich bei

diesem Anlass zugetragen hat:

� ... meine Mutter und Edith Sanderson sa�en dort neben

dem H�ter, aber ich war bei den Frauen in einem Raum,

der zur Halle hin ge�ffnet war. Wir sa�en im Dunkel, so

dass wir die T�r offen lassen konnten (zu jener Zeit waren

M�nner und Frauen aus den L�ndern des Ostens nach der

Landessitte vollkommen voneinander getrennt) und doch

ein wenig von dem h�rten, was vor sich ging. Anscheinend

hatte sich ein Gl�ubiger aus dem Osten in einer pl�tzlich

aufwallenden Gem�tsbewegung erhoben und sich Shoghi

Effendi zu F��en geworfen; wir konnten das in unserem

36 Shoghi Effendi, zitiert ebenda, S. 206 ff
37 Bahayyih Kh�num, ebenda S. 208
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ProphetsDaughter.indb 171 31.08.2007 10:42:25

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Raum nicht sehen, sondern h�rten nur, dass drau�en gro�e

Unruhe entstand. Das Gr��te Heilige Blatt, so schmal und

gebrechlich, sprang mit einem lauten Schrei in die H�he,

in Sorge, dass dem jungen H�ter etwas zugesto�en sei. Sie

wurde beruhigt, als jemand die Nachricht hereinbrachte,

dass nichts Ernsthaftes vorgefallen war; doch war ihre Panik

so augenf�llig, dass sich mir die kleine Szene f�r immer

eingepr�gt hat.�38

Das Gr��te Heilige Blatt achtete besonders darauf, die

Gl�ubigen auf die ausdr�cklichen Bestimmungen im Testament

des Meisters hinzuweisen, die zur Standhaftigkeit im

Gottesbund und zur Vermeidung des Kontaktes mit Personen

aufrufen, die die Einheit des Glaubens zu untergraben suchen.

Zum Beispiel beschreibt Bahayyih Kh�num in ihrem Brief an

einen Geistigen Rat des Ostens ausf�hrlich einige Umtriebe der

Bundesbrecher, die �Abdu�l-Bahá in Seinem Testament lediglich

angedeutet hatte. Sie stellte damit sicher, dass den Baha

die Gefahren deutlicher zum Bewusstsein kamen, die den noch

keimhaften Glauben nicht nur um die Zeit von Bahau�ll�hs

Heimgang bedroht hatten, sondern auch noch nach dem Hinscheiden

�Abdu�l-Bahas bedrohten, als der Bund erneut der

gleichen Art von Druck und Gef�hrdung durch die Unzufriedenen

und Ehrgeizigen ausgesetzt war.39

An die Gl�ubigen im Westen gewandt, betont das Gr��te

Heilige Blatt die Verpflichtungen der Baha gegen�ber dem

Gottesbund. Sie ermahnt sie:

�Geliebte Freunde! Eine gro�e Pflicht eines jeden Baha ist

Wachsamkeit, um die Feste des Glaubens vor dem Angriff

der Feinde zu sch�tzen. In diesen Tagen hat ihre T�tigkeit

stark zugenommen. Sie sind immer rege und m�hen sich

aufs �u�erste, Schaden anzurichten, um den Vormarsch der

Sache Gottes zu behindern.

38 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 235 f

39 N�here Einzelheiten bei Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The

Greatest Holy Leaf, S. 125-139
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ProphetsDaughter.indb 172 31.08.2007 10:42:25
leitung der Belange der sache gottes

Der Umgang mit solchen Menschen wird zu Uneinigkeit

und Unruhe unter den Freunden f�hren und dem Fortschritt

der Sache schaden. Deshalb ist es dringend notwendig,

dass die Freunde sich gr��ter Weisheit und Wachsamkeit

beflei�igen, um zu verhindern, dass durch die b�sen Pl�ne

der Feinde ein Bruch im Glauben entsteht. Die wenigen

Personen, die �Abdu�l-Bahá als sch�dlich f�r die Sache bezeichnet

hat, sind von allen Freunden zu meiden, wozu uns

auch Shoghi Effendi selbst in seinem zweiten Brief an die

amerikanischen Gl�ubigen aufruft.�40

Die Leitung der laufenden Arbeit der Baha-Gemeinde

Zus�tzlich zu ihrer Arbeit, den Gl�ubigen die ausdr�cklichen

Verf�gungen vom Testament �Abdu�l-Bahas sowie die Bedeutung

des Baha-Bundes nahezubringen, widmete sich Bahayyih

Kh�num den laufenden Gesch�ften der Baha-Gemeinde im

Heiligen Land und im Ausland.

Das Gr��te Heilige Blatt beaufsichtigte den Abschluss

verschiedener Projekte, die �Abdu�l-Bahá in die Wege geleitet

hatte. Zum Beispiel hatte der Meister in Seinem letzten

Lebensjahr einen amerikanischen Gl�ubigen, Curtis Kelsey,

eingeladen, um f�r die Schreine in Haifa und Bahj� Generatoren

und elektrisches Licht zu installieren. Dieses Projekt

wurde 1922 unter Aufsicht des Gr��ten Heiligen Blattes beendet,

w�hrend Shoghi Effendi sich in Europa aufhielt. Curtis

Kelseys Biograph Nathan Rutstein schildert, was nach Abschluss

der Arbeiten unmittelbar vor der Abreise von Curtis

aus dem Heiligen Land geschah. Es wirft ein Licht auf die

einf�hlsame, praktische Art des Gr��ten Heiligen Blattes und

auf ihre Autorit�t:

�Als Curtis gerade seine Koffer f�r die Heimreise packte,

wurde er ins Haus des Meisters gerufen. Dort f�hrte man

ihn in �Abdu�l-Bahas Zimmer, wo das Gr��te Heilige Blatt

40 Bahayyih Kh�num, ebenda, S. 164 f
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ProphetsDaughter.indb 173 31.08.2007 10:42:25

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

und drei T�chter des Meisters auf ihn warteten. Sie begr��ten

ihn herzlich und r�ckten n�her an ihn heran, ja sie

umringten ihn. Eine der T�chter lobte ihn f�r die geleistete

Arbeit. ... als die gleiche Tochter insistierte, dass er Geld f�r

die Heimreise annehmen solle, sagte Curtis: `Nein, meine

Angelegenheiten sind geregelt.� Er konnte sich nicht vorstellen,

von der Familie des Meisters Geld anzunehmen.

Aber die anderen T�chter bestanden nachdr�cklich darauf,

es sei wichtig, dass er das Geld annehme. Er blieb aber

weiter hartn�ckig bei seiner Weigerung. Endlich ergriff das

Gr��te Heilige Blatt Curtis bei der Hand, und mit den Worten:

`Kelsey, Sie brauchen das Geld f�r Ihre R�ckkehr nach

Hause!� legte sie ihm das Geld in die Hand.

,Ich nehme es�, sagte Curtis, wenn sie es mich nach meiner

Ankunft zur�ckzahlen lassen.�
,Nein�, erwiderte sie fest.

Curtis sp�rte, dass das Gr��te Heilige Blatt einen g�ttlichen

Befehl erteilt hatte, das an die Art erinnert, wie �Abdu�l-

Bahá antwortete, wenn es um Festigkeit ging. Curtis nahm

das Geld h�flich an und dankte ihnen. Beim Verlassen des

Zimmers fragte er sich, woher sie seine finanzielle Lage

kannten, da er doch keiner Seele davon erz�hlt hatte.�41

Die f�hrende Hand des Gr��ten Heiligen Blattes ist auch

bei der Fertigstellung eines anderen Projekts erkennbar, das in

den Tagen des Meisters begonnen hatte. Vor Seinem Hinscheiden

beauftragte �Abdu�l-Bahá die amerikanischen Baha, eine

Lehrerin nach Persien zu entsenden, die die Leitung der Tarb�yat-

M�dchenschule, einer 1909 gegr�ndeten Baha-Schule,

�bernehmen sollte. Die bisherige Direktorin, Lillian Kappes,

war auf ihrem Posten in Teheran gestorben. Dr. Genevieve

Coy war bereit, diese Stelle anzutreten. Mit Brief vom 11. Juli

41 Nathan Rutsein, He Loved and Served, S. 108 f
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ProphetsDaughter.indb 174 31.08.2007 10:42:25
leitung der Belange der sache gottes

1922 an den Geistigen Rat von Teheran schreibt das Gr��te

Heilige Blatt:

�Seine Heiligkeit �Abdu�l-Bahá hat ... nach dem Aufstieg

von Miss Kappes ins Reich Abha angeordnet, dass eine der

Dienerinnen Gottes in Amerika ausgew�hlt und auf ihren

Posten nach Teheran entsandt w�rde. Deshalb ist diese

treue, strahlende, hingebungsvolle Dienerin Gottes, Miss

Coy, ausgew�hlt worden. Fast einen ganzen Monat hat sie

in Haifa in der Gemeinschaft mit diesen ergebenen, leidgepr�ften

Dienerinnen Gottes verbracht, und sie hatte die

M�glichkeit, die heiligen Grabst�tten und Schwellen zu besuchen.

Jetzt wird sie unter dem Schutz und der F�rsorge

Gottes abreisen. M�ge es Ihm gefallen, dass sie Teheran

sicher erreicht.�42

Abschlie�end dr�ckt sie die Hoffnung aus, dass der Geistige

Rat Miss Coy jede Unterst�tzung gibt, so dass sie, �freudig

und begl�ckt in Geist und Seele, sich der Erziehung und Ausbildung

der M�dchen an der Tarb�yat-Schule widmen kann.�43

Der im �Star of the West� vom Februar 1923 enthaltene

Auszug aus einem Brief des Teheraner Geistigen Rates zeigt,

wie die F�hrung des Gr��ten Heiligen Blattes bereitwillige

Annahme und Unterst�tzung findet. Dort hei�t es:

�Ihre Heiligkeit, das Gr��te Heilige Blatt, hat ... in einer

heiligen Tafel diese verehrte Dame [Miss Coy] besonders

eingef�hrt und in solchem Ma�e empfohlen, dass alle

Freunde sich danach sehnen und es w�nschen, ihr zu dienen.

Wir hoffen, dass die wichtigen Dienste und Schritte,

die Miss Kappes zur F�rderung des Wissens und der Charakterbildung

der Teheraner Baha-M�dchen eingeleitet

hat, in der Amtszeit dieser verehrten Dame weiterentwickelt

und vollendet werden, und dass die Tarb�yat-M�dchenschu

42 Bahayyih Kh�num, Brief vom 11.7.1922 an den Geistigen Rat der

Baha in Teheran, in Star of the West 13, Nr. 11 (1923), S. 314

43 ebenda
175
ProphetsDaughter.indb 175 31.08.2007 10:42:25

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

le entsprechend dem Wunsch der Freunde hohes Ansehen

und gr��te Vervollkommnung erreichen wird, damit ihre

Absolventinnen als bestens gebildete, gelehrte und geistige

Frauen der Bewegung f�r die Freiheit und den Fortschritt

der Baha-Frauen des Ostens in hervorragender Weise dienen

k�nnen.�44

Das Gr��te Heilige Blatt setzte auch die tiefen Freundschaftsbeziehungen

fort, die zwischen einigen Gl�ubigen des

Westens und ihrem Bruder �Abdu�l-Bahá bestanden hatten,

und sie erweiterte diese Liebesbande, so dass sie auch den neu

ernannten H�ter Shoghi Effendi einschlossen. Einem dieser

Freunde schreibt sie:

�Schon seit langem haben wir keine Nachricht von ihnen erhalten,

und wir sehnen uns nach einem ihrer interessanten,

sch�nen Briefe, denn darin erfahren wir immer Trost durch

ihre Aufrichtigkeit, ihre Liebe f�r die Sache und ihre beharrliche

Energie in der Arbeit f�r die Sache. Sie waren immer

einer der besten Freunde des Meisters, sie sind einer der

�ltesten amerikanischen Gl�ubigen, einer der standhaften,

begeisterten Mitstreiter, und wir sind immer gl�cklich, von

ihnen zu h�ren. Es erfreut unser Herz, wenn wir erfahren,

dass die Freunde aktiv und aufrecht bei der Verbreitung der

Lehren sind.

Immer warten wir sehns�chtig auf Nachricht von den

Freunden, um zu erfahren, dass sie in Amerika aufrichtig

und energisch aufstehen, um unserem geliebten H�ter zu

helfen und sein Herz zu erfreuen, damit er ins Heilige Land

zur�ckkehren und mit frischer Kraft seine B�rde schultern

kann. Diese wird ihm zu gro�, wenn er f�hlt, dass die

44

ebenda, S. 314, Schulbildung f�r M�dchen anzubieten war von hoher

Bedeutsamkeit, da sie der damaligen gesellschaftlichen Konvention widersprach.

Die Tarb�yat-Schule war scharfen Anfeindungen konservativer

Muslime und zuletzt auch der Regierung ausgesetzt. 1934 wurde

sie durch einen Erlass des Erziehungsministeriums geschlossen.

176
ProphetsDaughter.indb 176
31.08.2007 10:42:25
leitung der Belange der sache gottes

Freunde sich nicht mit ihm verbinden, um die Anweisungen

des Geliebten auszuf�hren. Wir wissen, dass diese Gebote

und Lehren der Balsam f�r die Wunden und Leiden der Welt

sind. Wenn die Freunde nicht standhaft, aufrecht und vereint

an den Grunds�tzen Bahau�ll�hs festhalten, so wie sie von

�Abdu�l-Bahá erl�utert und erweitert wurden, und wenn sie

sie nicht in aller Klarheit lehren und rein und unverf�lscht

bewahren, wie k�nnen dann die Leiden der Menschheit

gemildert werden? Keine andere Lehre hat vermocht, die

bestehenden Vorurteile zwischen V�lkern und Religionen

auszuMirzan und sie auf der Grundlage der reinen Wahrheit

zu vereinigen. Da wir jetzt diese gesegnete Arznei, dieses

g�ttliche Elixier besitzen, lasst uns nicht blind oder nachl�ssig

sein, sondern kraftvoll und mutig als treue Anw�lte f�r

dieses g�ttliche Allheilmittel eintreten.�45

Das Gr��te Heilige Blatt diente als greifbares Bindeglied

zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft

des Glaubens. Sie vermittelte den Baha ein Gef�hl der Best�ndigkeit

und eine klare Vision, die sich auf die vertraute

F�hrung aus den Schriften Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas

gr�ndete. Sie half ihnen, die fortdauernde G�ltigkeit dieser

F�hrung f�r die aktuellen Bed�rfnisse der Gegenwart zu begreifen,

und sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Inhalt der

Briefe Shoghi Effendis.
Bei der administrativen Leitung der Baha-Gemeinde

sch�pfte das Gr��te Heilige Blatt Kraft aus der F�hrung, die

Shoghi Effendis Briefe aus den ersten Monaten seiner Amtszeit

vermittelten. Die Briefe des H�ters legten den Kurs f�r die

Weiterentwicklung des Glaubens fest, sie zeigten Erfordernisse

auf, bestimmten Handlungspriorit�ten und erweiterten das Verst�ndnis

der Gl�ubigen f�r den �bergang ins Gestaltende Zeitalter

der Sache Gottes.

Eine Reihe von breit angelegten, keimhaften Themen wird

in Shoghi Effendis Briefen aus den ersten Jahren des H�ter45

Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.

220 f
177
ProphetsDaughter.indb 177 31.08.2007 10:42:25

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

tums angesprochen. Zum Beispiel betont er, wie wichtig es ist,

die Bestimmungen von �Abdu�l-Bahas Testament zu verstehen

und r�ckhaltlos zu �bernehmen. Er weist auf die Wichtigkeit

der Institution des Geistigen Rates hin und auf die dringende

Notwendigkeit, auf der ganzen Welt �rtliche und Nationale

Geistige R�te zu errichten. Er legt den Modus f�r die Wahl dieser

wichtigen Institution fest, umrei�t ihre Funktionen und beschreibt

ihre Beziehung zum Universalen Haus der Gerechtigkeit,

der kr�nenden Institution der Baha-Gemeindeordnung,

die in der Zukunft ins Leben zu rufen sei. Ferner erkl�rt er das

einzigartige Verfahren der Baha-Wahlen, unterstreicht die

Wichtigkeit der Beratung als das Werkzeug der Entscheidungsfindung

f�r die Geistigen R�te und schildert die geistigen, pers�nlichen

und intellektuellen Eigenschaften, die alle jene, die

in Geistige R�te gew�hlt werden, aufweisen sollen.

Dar�ber hinaus befassen sich Shoghi Effendis fr�he Briefe

mit den Herausforderungen, denen der Glaube in der �bergangsphase

zum Gestaltenden Zeitalter begegnet. Er erinnert

die Gl�ubigen an �Abdu�l-Bahas Aussage �ber eine Periode

der Pr�fungen und betont die Notwendigkeit der Standfestigkeit

der Gl�ubigen im Bund, ihrer Einheit und ihrer besonderen

Anstrengungen, die Sache Gottes zu lehren.46 Bahayyih Kh�num

kam in den Briefen, die sie in den Zeiten der Abwesenheit

des H�ters schrieb, immer wieder auf diese gleichen Themen

zur�ck. Ebenso griff sie eine Anzahl von Initiativen auf, die

zum Teil von Shoghi Effendi eingeleitet waren und sorgte f�r

ihre Verwirklichung. Die unverkennbare Einheit im Ziel und

enge Zusammenarbeit zwischen dem H�ter und dem Gr��ten

Heiligen Blatt wird besonders in den Vorbereitungen deutlich,

die f�r den Besuch von Jin�b-i-F�dil-i-Mazindar�n�, einem angesehenen

persischen Baha-Lehrer, in Nordamerika zur Ankurbelung

der dortigen Lehrarbeit zu treffen waren.

Im September 1922 richtete der Nationale Geistige Rat der

Baha in den Vereinigten Staaten und Kanada ein Telegramm

an Bahayyih Kh�num, das eine Einladung an Jin�b-i-F�dil-i

46

Einige der fr�hen Briefe Shoghi Effendis sind in dem englischsprachigen

Band Baha Administration enthalten.
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leitung der Belange der sache gottes

Mazindar�n� und seine Familie zu einem Besuch in Amerika

enthielt. Im Februar 1923 traf dieser Mann in New York ein;

in seinem Gep�ck hatte er einen Brief Shoghi Effendis an die

Baha in Nordamerika. In dem Brief des H�ters hei�t es:

�Unser geliebter Freund Jin�b-i-F�dil-i-Mazindar�n� ist froh

und dankbar, begleitet von seiner Familie, auf die freundliche

Einladung der amerikanischen Freunde zu einem weiteren

Besuch eingegangen, um den vielen Freunden beizustehen,

die auf dem ganzen Kontinent so treu f�r die Sache

Bahau�ll�hs arbeiten. ...

Dass alle Freunde noch klarer die dringende, �berragende

Notwendigkeit erkennen, in diesen Tagen die Sache Gottes

zu lehren, dass sie sich erheben, um einen noch unerm�dlicheren,

systematischeren und ausgedehnteren Feldzug des

Dienens zu er�ffnen dies sind die hohen Ziele, die er sich

gesetzt hat und die er mit der zuverl�ssigen Hilfe und uneingeschr�nkten

Unterst�tzung jedes amerikanischen Gl�ubigen
in der n�chsten Zeit zu erreichen gedenkt.

M�ge sein zweiter Besuch bei ihnen in seinem Verlauf und

Ergebnis einen neuen, denkw�rdigen Abschnitt in der Geschichte

der Sache Gottes in ihrem gro�en Land bedeuten!�47

Ein anderes Beispiel daf�r, wie das Gr��te Heilige Blatt f�r

das Gelingen eines von Shoghi Effendi eingeleiteten wichtigen

Projekts sorgte, betrifft die Vorbereitung eines Artikels �ber

den Baha-Glauben. Der Artikel sollte auf einer �Konferenz

der lebenden Religionen im Britischen Weltreich� vorgestellt

werden, die 1924 in London als Bestandteil der Ausstellung

des Britischen Weltreichs eingeplant war. Shoghi Effendi hatte

im Januar 1924 den amerikanischen Nationalen Geistigen Rat

brieflich gebeten, in Zusammenarbeit mit dem britischen Nati

47

Auszug aus einem Brief Shoghi Effendis vom 16. Januar 1923 an die

Geliebten des Herrn und Dienerinnen des Barmherzigen in den Vereinigten

Staaten und Kanada, in Star of the West 14, Nr. 1 (1923), S. 26

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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

onalen Geistigen Rat zu diesem Anlass einen Text zu erarbeiten.

Im Juni 1924 erw�hnte das Gr��te Heilige Blatt in einem

in ihrem Auftrag an den britischen Nationalen Geistigen Rat

gerichteten Brief, dass sie beim amerikanischen Nationalen

Rat telegrafisch nach dem Stand und Fortschritt dieses Artikels

gefragt und daran erinnert habe, dass dieser bis zum Juli vorzulegen

sei. Tats�chlich wurde der Artikel termingerecht fertiggestellt,

eingereicht und auf der Konferenz vorgetragen.48
F�rderung der Ausbreitung des Baha-Glaubens

Bei dem Nachdruck, der in den Schriften Bahau�ll�hs und

�Abdu�l-Bahas sowie in den Briefen Shoghi Effendis auf das

Lehren des Glaubens gelegt wird, ist es eigentlich selbstverst�ndlich,

dass auch das Gr��te Heilige Blatt in ihren Briefen

gro�en Wert darauf legte, die Baha zur Lehrarbeit anzuregen

und zu begeistern. So kommt sie zum Beispiel in einem Brief

von 1922 auf die Worte �Abdu�l-Bahas zu sprechen, mit denen

Er die Gl�ubigen zum Handeln aufruft:

�Ihr Brief vom 12. Oktober 1922 ist eingetroffen und hat

unsere Erinnerung an die vielen sch�nen Tage aufgefrischt,

die sie hier verbrachten, als unser geliebter Herr, �Abdu�l-

Baha, noch auf Erden weilte. Solche Tage k�nnen durch

noch so viele Ereignisse in der Geschichte nicht aus dem

Herzen gel�scht werden nein, je weiter wir die Stufen

des Lebens emporsteigen, desto tiefer pr�gen sie sich in die

Struktur unseres Innersten ein.

Ich habe ihren Brief sehr aufmerksam gelesen, und dabei

klangen mir die Worte des Meisters im Ohr Worte, die

wie warmer Regen in die Seelen und Herzen der Verst�ndigen

eindrangen. Jetzt ist die Zeit, wo wir alles vergessen

48

Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 57 ff; Auszug aus einem

Brief vom 11. Juni 1924 i. A. von Bahayyih Kh�num an Mr. Simpson,

den Vorsitzenden des Nationalen Geistigen Rates von England, in Unfolding

Destiny, S. 25
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leitung der Belange der sache gottes

und unsere Gedanken auf den Fortschritt der Sache Gottes

konzentrieren sollten. Tag und Nacht sollten wir bestrebt

sein, dass die Prinzipien und Lehren Seiner Heiligkeit

Bahau�ll�hs und die Worte des Meisters in den Herzen der

getreuen Freunde voll zum Ausdruck kommen.

Wenn ich die Geschichte der Sache Gottes �berdenke und mir

die unz�hligen Schwierigkeiten in Erinnerung rufe, die alle

ihre Vork�mpfer zu ertragen hatten, dann bin ich sofort �berzeugt,

dass die aufrichtigen Freunde, die die Ereignisse miterlebt

haben, keinen Augenblick z�gern, sondern mit Herz und

Seele alles opfern werden, was ihnen teuer ist, damit das verwirklicht

wird, wof�r der G�ttliche Plan offenbart wurde.�49

Als ihr eine Baha berichtete, dass sie eine Gruppe chinesischer

Studenten getroffen und mit ihnen �ber den Glauben

gesprochen habe, schrieb das Gr��te Heilige Blatt zur�ck: �Ich

habe mich sehr gefreut, von ihrem Treffen mit den chinesischen

Studenten zu erfahren. Ich bin sicher, dass sie eine starke Wirkung

ausge�bt haben und ihr Einfluss bei ihnen gro� ist, denn

ihr junger Geist ist empf�nglich und kann die Bedeutung dieser

Manifestation erfassen. Wenn sie nach China gehen, was sie ja

tun k�nnen, wenn sie es f�r klug halten, wird ihr Einfluss und

Erfolg hoffentlich noch gr��er sein.� In den folgenden Worten

ermutigt sie diese Baha, in ihren Bem�hungen nicht nachzulassen:

�Ich bete zu Gott, dass Er sie in ihrem Lehren best�tigt, und

wenn sie nach China gehen, dass Er sie zu einer Pionierin

macht, die die Botschaft dieser Sendung in die entlegensten

und unbekanntesten L�nder der Erde tr�gt.

Die Mitglieder der Heiligen Familie senden ihnen mit mir

liebevolle Baha-Gr��e. M�ge der Geist �Abdu�l-Bahas sie

f�hren und bewahren.�50

49 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 192f

50 ebenda, S. 171
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Dem Gr��ten Heiligen Blatt war die Wichtigkeit unabl�ssiger

Bem�hung beim Lehren des Glaubens v�llig bewusst

auch dann, wenn sich die Ergebnisse nicht sofort zeigen. In

einem Brief ermutigt sie die Baha wie folgt:

�Sie schreiben, dass ihre Zahl klein ist. Aber es ist absolut

gewiss, dass Zahlen keine Rolle spielen. Auf die Aufrichtigkeit

und Hingabe des Herzens kommt es an. Es ist

das Herz, das, wenn es alle irdischen Interessen verbannt

hat, strahlend aus dem Reich der Liebe und Selbstlosigkeit

hervorscheint, die Seelen der Verzagten und Verzweifelten

anzieht und ihre Wunden mit dem Balsam dieser Botschaft

heilt. Diese neue Offenbarung hat sich wirklich als Wasser

des Lebens f�r die Durstigen, als ein Meer des Wissens f�r

den Sucher, eine Botschaft der Anteilnahme f�r die Niedergedr�ckten

und als ein neuer Geist und neues Leben f�r

die ganze Welt erwiesen. Was jetzt bleibt, ist, dass wir, die

selbstlosen Diener unseres Herrn, durch eigenes Bem�hen

und durch Seine Gunst darin best�tigt werden, dieses Licht

�berall zu verbreiten und diese Frohe Botschaft in jede H�tte

und jeden Palast zu tragen.�51

In einem weiteren Brief teilt sie den Freunden mit, dass sie

selbst am Schrein �Abdu�l-Bahas f�r den Erfolg ihrer Lehrarbeit

beten wird. Sie schreibt: �Ich bete am Heiligen Schrein

�Abdu�l-Bahas, unseres geliebten Herrn, dass sich gn�diglich

ihr Herzenswunsch verwirklicht, der dem geliebten H�ter der

Sache Gottes Freude und Gl�ck bringt: Dienst f�r die Einheit

der geliebten Freunde und Verbreitung der g�ttlichen Lehren,

die allein diese entseelte Welt retten k�nnen.�52

Vor allem unterstreicht Bahayyih Kh�num die �berragende Bedeutung

und Dringlichkeit der Lehrarbeit, und sie hilft den Freunden,

den Zusammenhang zwischen dieser lebenswichtigen T�tigkeit

und pers�nlichem Gl�ck und Wohlbefinden zu verstehen.

�Jetzt ist es Zeit�, schreibt sie in einem ihrer Briefe, �uns mit aller

51 ebenda, S. 188
52 ebenda, S. 222
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leitung der Belange der sache gottes

Macht zu erheben und zu dienen, damit wir von Tag zu Tag gl�cklicher

werden und unser Herz mit W�rme und Freude f�llen.�53

Das Bewusstsein sch�rfen f�r die Funktionsf�higkeit

der Baha-Administration

Bahayy�h Kh�num unternahm gezielte Schritte, um den Baha-

Glauben vom Heroischen ins Gestaltende Zeitalter zu lotsen.

Sie machte bewusst, wie wichtig die Bildung von Geistigen

R�ten war und ermutigte und schulte die Gl�ubigen darin, ihre

Handlungen an den Verfahrensweisen der Baha-Administration

auszurichten. Ihr Weitblick und die F�hrung, die sie gab,

leiteten sich gleicherma�en aus ihrem klaren Verst�ndnis f�r

die Erfordernisse des Glaubens in diesem Entwicklungsstadium

ab, wie aus der F�hrung, die die fr�hen Briefe Shoghi Effendis

vermittelten. Diese neuen Leitlinien waren so entscheidend,

dass sie ihre Bedeutung sofort in ihren eigenen Briefen

hervorhob, die sie nach der 1922 erfolgten Abreise des H�ters

aus dem Heiligen Land schrieb, was sie auch weiterhin w�hrend

der Dauer ihres Amtes als �oberste Leitung der Religionsgemeinschaft�

fortf�hrte. Ruh�yyih Kh�num schildert einige

der Handlungen des Gr��ten Heiligen Blattes aus jener Zeit:

�Am 8. April 1922 richtete das Gr��te Heilige Blatt ein Rundschreiben

an die Freunde. Sie best�tigt deren Ergebenheitsadressen

und sagt, dass Shoghi Effendi auf ihre Mitarbeit bei

der Verbreitung der Botschaft z�hlt. Die Baha-Welt muss ab

sofort durch die Geistigen R�te verbunden werden, denen alle

�rtlichen Angelegenheiten vorgelegt werden m�ssen.�54

Bez�glich der Ermutigung, die Baha-Verwaltungsordnung

anzuwenden, l�sst sich manches aus der Art lernen, wie das

Gr��te Heilige Blatt selbst administratives Vorgehen in der passenden

Weise gestaltete. Ihre Briefe helfen zu erkennen, wie man

den �Geist freim�tiger, liebevoller Beratung� zeigt, der nach den

Worten des H�ters die �Grundlage der Sache Gottes� ist.55

53 ebenda, S. 180

54 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 114

55 Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 63
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Bahayyih Kh�nums Briefe sind direkt und pers�nlich, einf�hlsam

und auf die individuellen Bed�rfnisse und besonderen

Situationen zugeschnitten, um die es geht. So lesen wir zum

Beispiel: �Sehr gerne w�rden wir jeden Brief einzeln beantworten,

aber der Schock, den uns dieser Verlust bereitete, war

so pl�tzlich und die Arbeit, die erledigt werden musste, so

�berw�ltigend, dass keine Zeit blieb. Jetzt m�chten wir sie wissen

lassen, dass ihre Worte des standhaften Glaubens und der

Liebe in all den Tagen unseres SchMirzas unser gr��ter Trost

waren, denn wir konnten f�hlen, dass jeder von ihnen treu und

ergeben darum ringen w�rde, die Arbeit weiterzutragen, f�r die

unser geliebter Meister Sein Leben gab.� Das Gr��te Heilige

Blatt best�tigt den Empfang von Briefen, die an Shoghi Effendi

und an sie selbst gerichtet waren, dr�ckt ihre Anerkennung f�r

die Dienste der Gl�ubigen aus und schreibt: �Ihre zahlreichen

Briefe an den geliebten H�ter und an mich sind alle angekommen

und haben uns den s��en Duft ihrer Hingabe und Aufrichtigkeit,

ihres starken Glaubens und ihrer t�tigen, wunderbaren

Dienste gebracht, die sie unerm�dlich f�r die Sache Gottes

leisten. Sie sollten gl�cklich sein, liebe Baha-Schwester, dass

sie in ihrem geistigen Leben so wunderbar best�tigt werden.�

... Dann macht sie Mitteilungen �ber den H�ter und seine unmittelbar

bevorstehende R�ckkehr ins Heilige Land und gibt

abschlie�end folgende Ermutigung: �Die Frauen in der Heiligen

Familie und ich denken unentwegt an sie, geliebte Freunde

�Abdu�l-Bahas und beten f�r sie um Best�tigung und Gl�ck.

Ich danke all den lieben Freunden, die so treu und liebevoll mit

so hervorragenden Taten auf meinen freundschaftlichen Ruf

nach gr��erer Einigkeit und Liebe geantwortet haben. M�gen

die Gesegnete Sch�nheit [Bahau�ll�h] und �Abdu�l-Bahá sie

reich belohnen und ihre aufrichtigen Dienste mit gro�em Erfolg

kr�nen.�56

Das Studium der Briefe Bahayyih Kh�nums zeigt, dass sie

die Verwaltung der Angelegenheiten des Glaubens auf praktische,

systematische, zielgerichtete und vorausschauende Wei

56 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,

S. 116, S. 223
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ProphetsDaughter.indb 184 31.08.2007 10:42:26
leitung der Belange der sache gottes

se anging. Ohne Z�gern f�hrte sie �nderungen ein, wenn die

Umst�nde es erforderten oder Shoghi Effendi den Auftrag dazu

gab. Ihre Briefe weisen auf geistige und administrative Prinzipien

hin und geben notwendige Information. So schreibt sie

zum Beispiel an die Geistigen R�te des Ostens: �Vor ein paar

Tagen habe ich ein Rundschreiben ausgesandt. Ein ausf�hrlicher

neuer Brief des H�ters an das Volk Bahá wurde ebenfalls

verschickt; zweifellos werden sie ihn jetzt studieren; er muss

unbedingt unter den Freunden in Umlauf gesetzt werden. Damit

will ich sagen, dass ich aus meiner gro�en geistigen Liebe f�r

sie, die standhaften Getreuen Gottes und Seines Bundes, daran

gegangen bin, ihnen auch diesen jetzigen Brief zu schreiben.�

Sie kommt dann in diesem Brief auf �u�erungen in �Abdu�l-

Bahas Testament und in anderen Tafeln �ber Abweichung zu

sprechen und warnt die Gl�ubigen vor den Gefahren, gegen

die Bestimmungen des Bundes zu streiten. Um den Gl�ubigen

zu einem besseren Verst�ndnis dieser Bestimmungen zu verhelfen,

k�ndigt sie an: �Obwohl das Testament bis jetzt aus

Gr�nden der Weisheit nicht �berall im Umlauf war und nur

den Geistigen R�ten in den verschiedenen L�ndern anvertraut

wurde, ist jetzt eine Fotokopie des vom Meister eigenh�ndig

geschriebenen Originaltextes angefertigt worden. Sie wird bald

verschickt werden zur geistigen Freude von ihnen allen, die sie

die Schatzkammern der Treue und Vertrauensw�rdigkeit sind,

damit jeder einzelne Gl�ubige, jeder Standhafte im Bund, der

dies w�nscht, sie lesen und kopieren kann.�57

Ein weiterer Brief des Gr��ten Heiligen Blattes beleuchtet

ihr systematisches Vorgehen: Sie informiert die Gl�ubigen �ber

das inzwischen erkennbare Ergebnis eines Aufrufs, den sie an

die Baha-Gemeinde gerichtet hatte. Im gleichen Absatz betont

sie die Wichtigkeit, den Rang des Nationalen Geistigen Rates

zu verstehen und diese aufkeimende Institution zu unterst�tzen.

Sie schreibt: �Seit meinem letzten liebevollen Aufruf an

die Geliebten Gottes und �Abdu�l-Bahas geistige Kinder haben

die lieben Freunde in jedem Land wirklich einen wundervollen

57 ebenda, S. 211, S. 213 f
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Geist gezeigt, der uns alle zu Freude und Dankbarkeit bewegt

hat. F�r ihre Best�tigung und ihren Erfolg beten wir sehnlich

an den Heiligen Schreinen. Ich hoffe und bete, dass ihr Nationaler

Geistiger Rat in diesem Jahr durch g�ttliche Hilfe mit

einem beispiellosen Aufschwung gesegnet wird.�58

Das Gr��te Heilige Blatt f�rderte nicht nur die keimhaften

Nationalen Geistigen R�te, sondern gab auch aktive Ermutigung

zur Bildung �rtlicher Geistiger R�te in der ganzen Baha-Welt

und half den Baha, die Aufgaben dieser Institutionen besser

zu verstehen. So verhalf sie den Gl�ubigen zu einem tieferen

Verst�ndnis der F�hrung, die die Briefe des H�ters zu diesem

Thema enthielten.

Um diesen Sinn f�r die Bedeutsamkeit der Baha-administrativen-

Institutionen noch weiter zu entwickeln, unterstrich

das Gr��te Heilige Blatt den Zusammenhang zwischen den

Aktivit�ten der Gl�ubigen und ihrer administrativen Organe

� und dem geistigen Umbruch der ganzen Welt. Sie f�hrt aus:

�Es ist klar und offensichtlich, dass der K�rper der Menschheit

heute nach Gliedern und Organen lechzt, die tauglich, n�tzlich

und aktiv sind, damit ihre Bewegungen und Handlungen,

ihr Gebaren und Verhalten, ihre z�rtlichen Gef�hle, erhabenen

Denkweisen und edlen Zielsetzungen allezeit himmlische Tugenden

und Vollkommenheiten widerspiegeln und g�ttliche

Eigenschaften, heilige Wesensz�ge zum Ausdruck bringen, um

dadurch allen Weltbewohnern neues Leben und einen neuen

Geist einzuhauchen und zur Ursache zu werden, dass die inneren

Bande und geistigen Verwandtschaften in allen Bereichen

menschlichen Bem�hens gen�hrt und gest�rkt werden.�59

Anl�sslich der Bildung eines neuen �rtlichen Geistigen

Rates dr�ckt das Gr��te Heilige Blatt seine Freude aus: �Mit

gro�er Freude haben wir von der Einheit unter den Freunden,

ihrer Standfestigkeit und Begeisterung erfahren, und dass es

ihnen gelungen ist, einen Geistigen Rat zu bilden.� Dann z�hlt

sie auf, was die Freunde tun m�ssen, um die Fundamente dieser

Institution zu st�rken: �Eines ist klar: Je st�rker das Band

58 ebenda, S. 221 f
59 ebenda, S. 191
186
ProphetsDaughter.indb 186 31.08.2007 10:42:26
leitung der Belange der sache gottes

inniger Liebe unter den Gl�ubigen wird und je wilder ihr Feuer,

um so mehr werden sie sich von den Segnungen des Altehrw�rdigen

der Tage umfangen finden und die unaufh�rlichen

Best�tigungen des Gr��ten Namens60 gewinnen. So werden die

Geistigen R�te der Freunde zu Spiegelbildern der G�rten der

Himmlischen Heerscharen, die den Strahlenglanz des Reiches

Abha widerspiegeln.� Und im gleichen Brief bezeugt sie, dass

die Zentralgestalten des Glaubens der B�b, Bahau�ll�h und

�Abdu�l-Bahá alle frohlocken, wenn die Lehren des Glaubens

getreulich verwirklicht werden: �Aus Ihren himmlischen

Reichen und unsterblichen Gefilden schauen Sie alle Er, der

erhabene B�b, und Er, die Sch�nheit des Allherrlichen, und

die wundersame Gegenwart �Abdu�l-Bahas auf Ihre getreuen

Geliebten herab. Sie nehmen wahr, was diese in jeder Lage tun,

ihr ganzes Betragen und Verhalten, alle ihre Worte und Wege;

und Sie warten darauf, auszurufen: ,Gut gemacht!�, wenn Sie

sehen, wie die Lehren verwirklicht werden, und: ,Gesegnet bist

du!�, wenn jemand die Befehle seines Herrn in hervorragender

Weise ausf�hrt.�61

Bahayy�h Kh�num ermutigte nicht nur zur Bildung Geistiger

R�te, sondern leitete diese R�te auch an, ihre Pflichten und

auch ihre Arbeitsweise besser zu verstehen. In dem folgenden

Zitat aus einem ihrer Briefe macht sie die Rolle bewusst, die der

Geistige Rat zu spielen hat, um die Einheit unter den Freunden

herzustellen und zu erhalten und um f�r die Lehren des Glaubens

einzutreten. Sie schreibt Folgendes:

�Gelobt sei Gott, dass durch den gn�digen Beistand des

Reiches Abha diese ergebenen Freunde bef�higt wurden,

zu vollbringen, was dem Ruhm der Sache Gottes und dem

Schutz der Gemeinde der J�nger Bahau�ll�hs dient. Dies

ist nichts anderes, als Einheit und Verbundenheit in jeder

Lage zu f�rdern, die Bande der Einm�tigkeit und Eintracht

in allem zu st�rken und politischen Themen auszuweichen.

Besonders wichtig ist es, niemals ung�nstige Bemerkungen

60 Hinweis auf den Namen Bahau�ll�hs
61 ebenda, S. 143 fl
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ProphetsDaughter.indb 187 31.08.2007 10:42:26

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

oder Aussagen �ber die Freunde und die Geliebten Gottes

zu machen; denn jede �u�erung des Unmuts, der Missbilligung

oder der �blen Nachrede widerspricht den Erfordernissen

von Einheit und Eintracht und w�rde den Geist der

Liebe, Verbundenheit und W�rde ersticken. Deshalb sind

die Mitglieder des ehrw�rdigen Geistigen Rates verpflichtet,

mit fester Entschlossenheit �u�erste Behutsamkeit zu wahren

und nicht zuzulassen, dass sich die Tore der Beschwerde

und des Unmuts �ffnen, oder einem der Freunde zu gestatten,

sich Tadel oder �bler Nachrede hinzugeben. Wer immer

so etwas beginnen m�chte, und sei er auch die Verk�rperung

des Heiligen Geistes selbst, sollte sich bewusst machen,

dass solches Verhalten zu Zwietracht im Volke Bahá

f�hrt und das Banner der Emp�rung aufrichtet.

In diesen Tagen, da die V�lker der Welt nach den Lehren

der Sch�nheit Abha d�rsten, in denen das unvergleichliche,

Leben spendende Wasser der Unsterblichkeit bereitsteht,

und da wir Baha uns verpflichtet haben, der ganzen

Menschheit dieses Lebenswasser darzureichen und f�r unsere

Bereitschaft bekannt sind, daf�r jedes Leid und jede

Heimsuchung zu ertragen in diesen Tagen w�re es doch

erb�rmlich, wenn wir trotz alledem unsere heiligen Pflichten

und Verantwortlichkeiten vernachl�ssigten und uns auf

unerquickliche Debatten einlassen w�rden, die Erbitterung

und Leid ausl�sen und unsere Aufmerksamkeit auf Dinge

lenken, die nur Verdruss, Niedergeschlagenheit und Tr�bsal

bringen und den durchdringenden Einfluss von Gottes Wort

herabsetzen.�62

Ein Brief des Gr��ten Heiligen Blattes an den Geistigen Rat

von Teheran zeigt nicht nur die Rolle, die sie spielte, indem sie

Beitr�ge f�r bestimmte Baha-Fonds entgegennahm, sondern

belegt auch deutlich ihre Vertrautheit mit den Vorg�ngen in der

Welt und ihr Verst�ndnis f�r den m�glichen Nutzen internatio

62 ebenda, S. 196 f
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ProphetsDaughter.indb 188 31.08.2007 10:42:27
leitung der Belange der sache gottes

naler Zusammenarbeit und deren Auswirkung auf das Entstehen

eines Baha-Bewusstseins. Im Brief hei�t es:

�Ihr Scheck �ber zweihundert Pfund als Beitrag zum Tempelfonds63

ist eingegangen und ordnungsgem�� nach Chicago

weitergeleitet worden. Was f�r eine durchdringende

Macht muss doch dieser Beweis der Zusammenarbeit und

Unterst�tzung, dieser Geist selbstlosen Opfers, im Reich

des Herzens und des Geistes freisetzen! Bedenken sie, in

welchem Grade die Welt menschlicher Tugend durch diesen

freigebigen Akt bereichert und geschm�ckt wird, und welch

herrliches Licht diese Offenbarung von Einheit und Solidarit�t

sicherlich �ber alle Regionen ergie�en wird! Diese

m�chtige Anstrengung ist tats�chlich m�glich geworden

� trotz der schlechten wirtschaftlichen Lage in Persien, wo

Not, Mangel und Depression so klar zutage treten. Da es

jedoch der Zweck dieses wertvollen Unternehmens, dieser

lobenswerten Bem�hung ist, den Ruhm der Sache Gottes zu

erh�hen, wird sie unweigerlich den Segen und die Gunstbeweise

Gottes auf sich ziehen.�64

Aus dem Vorstehenden wird deutlich, dass das Gr��te Heilige

Blatt bef�higt war, die Wichtigkeit und praktische Notwendigkeit

klarzumachen, Geistige R�te zu bilden. Sie half

den Baha, die Aufgaben der R�te und die Rolle, die diese

Institutionen in der Entfaltung der Baha-Gemeindeordnung zu

spielen haben, richtig einzusch�tzen, und ebenso die Verantwortung

der Gl�ubigen zu begreifen, diese aufkeimenden R�te

zu betreuen und zu unterst�tzen.
Der Geistige Rat von Haifa

Der Geistige Rat von Haifa wurde im ersten Jahr der Amtszeit

des H�ters gebildet, und die Anfangsphase seines Wir

63 Ein Fonds f�r den Bau des Baha-Hauses der Andacht bei Chicago in

Wilmette, Illinois
64 ebenda, S. 190 f
189
ProphetsDaughter.indb 189 31.08.2007 10:42:27

5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

kens deckt sich mit den Jahren der �obersten Leitung� durch

Bahayyih Kh�num. Erstmals im Dezember 1922 gew�hlt, war

dieser Rat nicht nur f�r die Organisation der Zusammenk�nfte

der �rtlichen Baha-Gemeinde verantwortlich, sondern �bernahm

auch die wichtige Funktion, mit den Geistigen R�ten der

Baha in aller Welt in Kontakt zu bleiben. In einem im Star of

the West ver�ffentlichten Brief definiert der Rat seinen Auftrag

wie folgt:

�... entflammt durch seine [des H�ters] anhaltenden Bem�hungen

um eine verst�rkte Zusammenarbeit und Wechselbeziehung

zwischen den Baha-Zentren der Welt haben

wir, die Mitglieder des neu errichteten Geistigen Rates von

Haifa, die gro�e Freude, unseren Br�dern und Schwestern

in �bersee die Hand zu reichen, welche so hart arbeiten,

um die einzigartigen Grunds�tze dieser g�ttlichen Offenbarung

umzusetzen. Je mehr gute Nachrichten wir �ber den

Fortschritt der Sache Gottes vernehmen, desto deutlicher

erkennen wir die Erf�llung der Worte des Meisters, als Er

mit strahlendem L�cheln von dem ausgedehnten Feld des

Dienens sprach, das vor den aufrechten, treuen Freunden

Gottes liegt.�65

Dass es am Herzen des Baha-Weltzentrums den Geistigen

Rat von Haifa gab, der mit dem Gr��ten Heiligen Blatt zusammenarbeitete,

war zweifellos f�r die Baha in den verschiedenen

Teilen der Welt ein Ansporn, in ihrem eigenen Bereich

�rtliche Geistige R�te zu bilden und das Wirkungsfeld dieser

Institution zu erweitern einer Institution, die den eigentlichen

Grundstock darstellt, auf dem Bahau�ll�hs Gemeindeordnung

zu entstehen bestimmt ist.

Der Geistige Rat von Haifa trug erheblich dazu bei, dass

sich das Bewusstsein von einer weltweiten Baha-Gemeinde

bildete, indem er Nachrichten �ber Entwicklungen des Baha-

Glaubens in allen Teilen der Welt verbreitete. Zu diesem Zweck

65

Brief des Geistigen Rates von Haifa vom M�rz 1923, in Star of the

West 14, Nr. 3 (1923), S. 90, S. 89
190
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leitung der Belange der sache gottes

entwarf der Geistige Rat einen Nachrichtendienst in Form von

Briefen, die in der Zeitschrift Star of the West publiziert wurden.

Au�erdem verschickte er Rundschreiben in persischer

Sprache an die Geistigen R�te des Ostens. Diese Berichte erm�glichten

in Ost und West ein verst�rktes Bewusstsein �ber

den Charakter der Baha-Arbeit und halfen mit, das Gef�hl

einer Baha-Identit�t zu entwickeln.

Die Lekt�re der im Star of the West ver�ffentlichten Briefe

des Geistigen Rates von Haifa veranschaulicht, wie die Verbreitung

von Information dem Zusammenwachsen der weit

verstreuten Baha-Gemeinden der Welt diente. So berichtet

der Rat im M�rz 1923 von einigen Veranstaltungen, die in

Haifa stattgefunden hatten: Vom Neunzehntagefest66 und der

Einrichtung einer Jugend-Lehrgruppe. Weiterhin berichtet der

Rat �ber die Bildung Geistiger R�te an verschiedenen Orten

im Nahen Osten und �ber Aktivit�ten der Baha in Ishq�b�d,

Russland und in Persien.67

In dem Brief vom April 1923 verbreitet der Sekret�r des

Rates von Haifa die gute Nachricht von der Bildung neuer

Geistiger R�te in �gypten, in Hamadan (Persien) und in �Akka,

wo ein �lterer Gl�ubiger in den Rat gew�hlt wurde, der ein Gef�hrte

Bahau�ll�hs bei Seinen Verbannungen gewesen war.

Der Sekret�r zitiert einen Brief des neu gebildeten Rates von

Hamadan �ber die Arbeit der Baha-Schulen f�r M�dchen und

Jungen in dieser Stadt, auch informiert er �ber Berichte aus

Ishq�b�d und von den Baha in Deutschland. Die gleiche Ausgabe

des Star of the West berichtet �ber die Reisen von Mr. und

Mrs. Hyde Dunn, zwei amerikanischen Baha, die nach Australien

und Neuseeland gingen, um dort den Glauben zu lehren.

Dort findet sich auch die folgende Aussage von Mr. Dunn �ber

Shoghi Effendi und die T�tigkeit des Gr��ten Heiligen Blattes:

�Die wundervolle Gnade und das Geschenk f�r die Sache Got

66 Das 19-Tagefest findet am ersten Tag eines jeden jeweils neunzehnt�

gigen Baha-Monats statt. Es ist das Herzst�ck des Baha-Gemein

delebens auf der �rtlichen Ebene und vereinigt Elemente der Andacht,

der Beratung und des geselligen Beisammenseins.
67 ebenda, S. 90
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

tes, das wir in dem geliebten Shoghi Effendi besitzen, lassen

uns alle ... staunen. Es ist ein wahrhaft herrlicher Tag, an dem

wir leben ein Tag, dem keine Nacht folgt. Auch scheint uns

das Gr��te Heilige Blatt mehr zu bedeuten als je. ,Die Bl�tter

werden das Heilmittel der Nationen sein.��68

Die Rundbriefe des Geistigen Rates von Haifa an die Gl�ubigen

im Orient informierten �ber den Fortschritt des Glaubens

in Ost und West. Besonders wertvolle Meldungen wurden f�r

die Freunde im Osten �bersetzt. Zum Beispiel wurden Ansprachen

von Martha Root69 in China und Japan und ein Brief

Shoghi Effendis �ber diese Lehrt�tigkeit �bersetzt und in das

monatliche Rundschreiben eingef�gt, das verschiedenen Geistigen

R�ten und den Freunden im Orient zuging.70

Ein Schreiben des Geistigen Rates von Haifa, das ungef�hr

zwei Jahre nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas verfasst

wurde, veranschaulicht die zunehmende Verbindung der

weit verstreuten Baha-Gemeinden miteinander und die immer

st�rkeren Auswirkungen von Ereignissen, die einen bestimmten

Ort betrafen, auf die ganze Baha-Welt. Der Rat

berichtet �ber den Erhalt eines Briefes des Nationalen Geistigen

Rates von Persien, da er die Gl�ubigen in aller Welt auf

die wirtschaftliche Notlage ihrer Mitgl�ubigen in Deutschland

hinzuweisen w�nschte, einem Land, das unter den Bedingungen

des am Ende des 1. Weltkriegs geschlossenen

Friedensvertrages litt. In dem zitierten Brief des Nationalen

Geistigen Rates hei�t es: �Ein eigenes Rundschreiben �ber

die wirtschaftliche Lage in Deutschland und die Not der dortigen

Freunde wurde [vom Nationalen Geistigen Rat] in alle

Provinzen Persiens verschickt in der Hoffnung, dass geistige

oder materielle Hilfe geleistet wird.� Au�erdem f�hrt der

Brief aus: �Die Nachrichten �ber den Fortschritt der Sache in

68 Brief im Auftrag des Geistigen Rates von Haifa vom April 1923 in

Star of the West 14, Nr. 5 (1923), S. 152 f; Auszug aus einem Brief von

Alfred Hyde Dunn, zitiert ebenda, S. 153

69 Eine au�ergew�hnliche amerikanische Baha-Lehrerin, die auf Reisen

um die ganze Welt die Botschaft verk�ndete; siehe Glossar

70 Star of the West 14, Nr. 6 (1923), S. 184 f
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leitung der Belange der sache gottes

Australien haben das Lehren in Persien wunderbar befl�gelt,

da sie den himmlischen Einfluss der G�ttlichen Lehren in der

ganzen Welt verdeutlichen.� Dazu merkt der Nationale Geistige

Rat noch an: �Je mehr Erfahrungen wir sammeln, desto

klarer wird uns die Bedeutung der Worte Seiner Heiligkeit

Bahau�ll�hs und des Meisters bewusst. Dies sind Schatztruhen,

die richtig verstanden dem gefestigten Gl�ubigen

einen Schl�ssel in die Hand geben zur L�sung eines jeglichen

Problems, das innerhalb sozialer Strukturen auftauchen

k�nnte. Es ist durch diese Macht, dass viele v�llig ungebildete

Freunde in Persien die Argumente jedes religi�sen F�hrers

widerlegen k�nnen.�71

Das Mitgef�hl mit der Notlage von Mitgl�ubigen und der

Wunsch, zur Linderung ihrer Schwierigkeiten beizutragen,

wird auch aus dem folgenden, Ende 1923 versandten Bericht

des Geistigen Rates von Haifa deutlich:

�Unser letztes Neunzehntagefest hatte eine besondere Note,

denn es war das erste seit Shoghi Effendis R�ckkehr nach

Haifa. Als Zeichen der Dankbarkeit f�r diese Segnung regte

der Gastgeber an, mehr finanzielle Hilfen an unsere Br�der

und Schwestern in Deutschland zu senden. Das Ergebnis

des Vorschlags war, dass eine Summe von rund vierzig

�gyptischen Pfund gespendet wurde, die den Freunden in

Deutschland zugestellt wird.

Au�erdem wurden, als durch die Baha-Pionierin Agnes

Alexander die Nachricht von dem Erdbeben in Japan einging,

Spenden der Gl�ubigen aus Haifa nach Japan gesandt.�

72

Die Rolle des Geistigen Rates von Haifa, die Aktivit�ten

der dort ans�ssigen Baha zu steuern, unterstrich die Bedeutung

der Institution �Geistiger Rat�. Die Schritte, die dieser

71 Brief des Geistigen Rates von Haifa vom 24. November bis 13. Dezember

1923, in Star of the West 14, Nr. 12 (1924), S. 372

72 ebenda, S. 374
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Rat zur Verbreitung von Information �ber den Fortschritt des

Glaubens in Ost und West unternahm, trugen dazu bei, dass

der Baha-Glaube wirklich als Weltreligion gesehen werden

konnte und ein allgemeines Baha-Bewusstsein gest�rkt wurde.

Damit erg�nzte und unterst�tzte die Arbeit des Geistigen

Rates von Haifa die Initiativen des Gr��ten Heiligen Blattes.

Ihre Funktion war es, der administrativen T�tigkeit f�r den

Glauben allgemein die Richtung zu weisen und die notwendige

F�hrung zu geben, damit die Gl�ubigen bef�higt wurden,

die vom Oberhaupt des Glaubens gestellten Aufgaben auszuf�hren.

In dem Ma�e, wie Shoghi Effendi den Aktionsradius der

administrativen T�tigkeit am Weltzentrum des Glaubens entwickelte,

wurden in sp�teren Jahren die Aufgaben des Geistigen

Rates von Haifa vom Baha-Welt-Zentrum �bernommen.
Schutz des Baha-Glaubens

Das Gr��te Heilige Blatt leistete einen signifikanten Beitrag

zum Schutz des jungen Pfl�nzchens, des Baha-Glaubens: Sowohl

vor den Angriffen derer, die den Versuch machten, den

Bund hinsichtlich des von �Abdu�l-Bahá ernannten Nachfolgers

zu verletzen, wie auch vor den Verfolgungen durch seine

Feinde in seinem Geburtsland Persien.

Wie in Kapitel 3 erw�hnt, bem�chtigte sich am 22. Januar

1922, kurz nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden, Sein ungetreuer

Halbbruder Mirza Muhammad-�Al� mit seiner Anh�ngerschaft

gewaltsam der Schl�ssel zum Schrein Bahau�ll�hs aus den

H�nden des Baha-Aufsehers. Sie behaupteten, dass nach islamischem

Recht die Aufsicht �ber den Schrein an sie als die

n�chsten �berlebenden Angeh�rigen Bahau�ll�hs �bergehen

solle. Shoghi Effendi verwies den Fall sofort an den Gouverneur

von �Akka, der die Schl�ssel in Verwahrung nahm bis zur

Pr�fung durch die britische Mandatsverwaltung, um die Frage

des rechtm��igen Eigentums zu entscheiden.

Die L�sung des Falles erforderte �ber eine lange Zeit die

unausgesetzten Bem�hungen Shoghi Effendis. In seiner Abwe

194
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leitung der Belange der sache gottes

senheit k�mmerte sich das Gr��te Heilige Blatt um die Angelegenheit

und unternahm die notwendigen Schritte, um sie bei

den britischen Beh�rden weiter voranzubringen. In diesem Zusammenhang

interessiert der folgende Auszug aus einem Brief

vom Mai 1922 an die Baha in Iran. Darin schildert Bahayyih

Kh�num den Stand der Dinge und schreibt: �Nachdem jetzt

vier Monate verstrichen sind, hat die Regierung ihren Spruch

gef�llt, in dem Sinne, dass die Frage der Baha-Gemeinde vorzulegen

sei: Was auch immer die Baha entscheiden, das wird

bindend sein. Wenn die Baha-Gemeinde beschlie�t, Mirza

Muhammad-�Al� zu exkommunizieren, dann hat er keinerlei

Recht auf die Aneignung.�73

Unter diesen Umst�nden rief das Gr��te Heilige Blatt zu

einer systematischen Rechtskampagne seitens der Gl�ubigen

und Geistigen R�te in der ganzen Welt auf. Sie trug ihnen daf�r

auf, Gesuche an die britischen Beh�rden zu richten und gab

ihnen dazu folgende genaue Anleitung:

�Deshalb m�ssen die Baha, wo immer sie wohnen, durch

den Geistigen Rat ihrer Stadt und mit der Unterschrift einzeln

benannter Mitglieder dieser gew�hlten K�rperschaft

die britischen Beh�rden in Jerusalem informieren, entweder

telegrafisch oder durch Briefe, die �ber die Botschafter

oder Konsuln Seiner Majest�t geleitet werden, dass die

Baha-Gemeinde in �bereinstimmung mit den eindeutigen

Schriften und dem Testament Seiner Eminenz �Abdu�l-

Baha, Sir �Abb�s Effendi, also mit wohlbekannten Texten,

die in Seiner eigenen Handschrift vorliegen Seine Eminenz

Shoghi Effendi als den Einen anerkennen, an den sich

alle Baha wenden m�ssen als H�ter der Sache Gottes,

und dass sie keinerlei Beziehungen, weder materiell noch

geistig, zu Mirza Muhammad-�Al� unterhalten, den sie gem��

der eindeutigen Schriften �Abdu�l-Bahas als von der

Baha-Religion ausgeschlossen betrachten.
73

Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.

119
195
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Es sollte daher das Ersuchen der Baha aller L�nder sein, der

M�nner wie der Frauen, aus jedem bedeutenden Zentrum,

wo auch immer auf der Welt sie wohnen, dass die Beamten

der Regierung Seiner Britischen Majest�t in Pal�stina, mit

Hauptsitz in Jerusalem, den kategorischen Befehl ergehen

lassen, den Schl�ssel zum Heiligen Grab dem Punkt der

Anbetung und dem Heiligtum aller Baha auf der Welt Seiner

Eminenz Shoghi Effendi, dem Erw�hlten Zweig, zur�ckzugeben

und auf diese Weise die Baha-Gemeinde, ob nun

aus dem Osten oder Westen, zu noch gr��erer Wertsch�tzung

britischer Gerechtigkeit zu veranlassen als zuvor.�74

Zur Erleichterung dieser Aktion f�gte sie Kopien eines

Musterbriefes und eines Telegramms bei und merkte an: �Die

Eingabe soll von den Vertretern und bekannten Mitgliedern des

Baha-Glaubens in Ihrer Stadt unterzeichnet sein.�75

Als Shoghi Effendi im Dezember 1922 nach Haifa zur�ckkehrte,

setzte er mehrere Initiativen und Kontakte mit verschiedenen

Beh�rden fort. Endlich fiel die Entscheidung. Im Februar

1923 entschied der britische Hochkommissar in Pal�stina

zugunsten der Baha und reichte dem H�ter den Schl�ssel

zur�ck, etwas �ber ein Jahr nach seiner gewaltsamen Entwendung

von dem rechtm��igen Baha-Aufseher des Schreins von

Bahau�ll�h.76

Ein weiteres Beispiel f�r Bahayyih Kh�nums strategische

Vorgehensweise bei der Mobilisierung der Baha-Gemeinde

f�r den Schutz des Glaubens liefert ihr Brief vom August 1922

an die Baha des Westens. In jener Zeit einer neuen, ausgedehnten

Verfolgungswelle gegen den Baha-Glauben im Land

seiner Geburt schildert das Gr��te Heilige Blatt drastisch Art

und Umfang einiger solcher Angriffe:

�Traurige Nachrichten haben uns in den letzten Tagen aus

Iran erreicht, die die gesamte Baha-Welt zutiefst betr�ben.

74 Bahayyih Kh�num, ebenda S. 119 f
75 64 ebenda, S. 120

76 65 Siehe R�h�yyih Rabbani, nach Die unsch�tzbare Perle, S. 132 f

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leitung der Belange der sache gottes

In den meisten Gegenden dieses Landes wurden Leuchtfeuer

des Neides und der Bosheit entz�ndet und das Banner

der Aggression gegen diese schwer geschundene Gemeinde

gehisst. Sie haben kein Mittel unversucht gelassen, keine

Methode und kein Komplott unterlassen. Mit �u�erster

Feindschaft und Geh�ssigkeit haben sie sich erhoben, um

die B�ume in diesem Garten Gottes mit der Wurzel auszurei�en.

...

... Sie nehmen die Gl�ubigen, M�nner und Frauen, gefangen

und machen die Kinder zu Waisen. Sie pl�ndern das

Eigentum der Gl�ubigen, rauben ihnen Heim und Herd.�77

In Anbetracht der �u�erst gef�hrlichen Situation, in der es

f�r die persischen Baha keinerlei Schutz durch die Beh�rden

gab, rief das Gr��te Heilige Blatt die Baha-Gemeinde

in verschiedenen Teilen der Welt dringend zum Handeln auf:

�Bei Vorkommnissen dieser Art sind die Gl�ubigen in anderen

L�ndern verpflichtet, sofort umsichtige und vern�nftige Ma�nahmen

zu ergreifen, damit solche Feuer auf kluge Art gel�scht

werden.�78

Bahayyih Kh�num regte ein zweigleisiges Verfahren an,

dem die Baha folgen sollten: Sie sollten bei der persischen

Botschaft jedes Landes vorstellig werden, und sie sollten ihre

Regierungen veranlassen, die Verfolgung der Baha �ber ihre

Botschafter in Teheran zur Sprache zu bringen. Zus�tzlich gab

das Gr��te Heilige Blatt genaue Anweisungen, wie in jedem

Fall zu verfahren sei.

F�r die erste Aufgabe schreibt sie: �Jetzt ist es dringend n�tig

und auch die Bitte dieser leidgepr�ften Dienerin, dass die

Versammlung der dortigen Gl�ubigen sofort handelt und den

Fall dem Botschafter der iranischen Regierung unterbreitet.�

Als Hilfestellung beim Befolgen dieses Auftrags gab sie den

Baha genaue Anleitung �ber die Punkte, die sie beim iranischen

Botschafter vorbringen sollten:

77 Bahayyih Kh�num in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,

S. 165, 166
78 ebenda, S. 167
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Sie sollen ihm sagen: �Die heilige Sache Bahau�ll�hs hat

uns, Seine J�nger in aller Welt, so vereint und einander so

nahe gebracht, dass wir wie ein einziger K�rper sind. Wenn

im fernsten Osten der Fu� eines Baha auch nur von einem

Dorn geritzt wird, dann ist es, als wenn wir Baha hier im

Westen das gleiche erlitten h�tten. Wir haben nun aus dem

Iran erfahren, dass in Sh�r�z, in Sultan�b�d, in Hamad�n und

K�sh�n, sogar in Teheran und an anderen Orten der Fanatismus

der Unwissenden und Achtlosen zur Flamme angefacht

wurde und Unruhestifter den P�bel aufwiegeln mit dem

Ergebnis, dass unsere Br�der und Schwestern, die der ganzen

Menschheit nur wohl gesonnen sind, und auf denen tats�chlich

die Friedenshoffnung der Welt ruht, die zudem loyale

B�rger Irans und seiner Regierung sind, zum Ziel von Angriffen

wurden und sich mitten ins Feuer gesto�en befinden.

Daher ersuchen wir den Vertreter Irans, seine Regierung zu

bitten, sie m�ge unsere Br�der im Iran vor den Angriffen

ihrer Feinde sch�tzen und diese Herde der Geliebten Gottes

aus den Klauen des Wolfes befreien und f�r ihre Sicherheit

und ihr Wohlbefinden sorgen. Wenn Iran uns dieses Ergebnis

mitteilt, wird es sich die tiefe, aufrichtige Dankbarkeit

von Tausenden von Baha verdienen, die hier in diesen

L�ndern wohnen, und in unseren zahlreichen Versammlungen

wird die weit verbreitete Wertsch�tzung der guten

Dienste der iranischen Regierung in unserer Sache bekundet

werden.�79

F�r Teil Zwei ihrer strategischen Intervention gab das

Gr��te Heilige Blatt die folgende F�hrung heraus:

�Au�erdem sollten sie, wenn irgend m�glich, in gleicher

Weise durch ihren eigenen Botschafter in Teheran vorstellig

werden, damit er die Aufmerksamkeit der iranischen

Beh�rden auf diese Verfolgungen lenkt und die dortige

79 ebenda, S. 168 f
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leitung der Belange der sache gottes

Regierung auf die M�glichkeit g�ttlicher Vergeltung und

auf das schimpfliche Brandmal hinweist, das durch solche

Ausschreitungen der Unbarmherzigen und Unwissenden

im Volk gegen diese unschuldige Glaubensgemeinschaft

erzeugt wird.

Er soll sie darauf hinweisen, dass Tausende von Anh�ngern

dieser Religion der Gottesliebe in aller Welt mit Verwunderung

und Unverst�ndnis auf diese wilden Ausschreitungen

starren, die sich jetzt gegen ihre Br�der richten, und dass sie

begierig darauf warten zu h�ren, dass die dortige Regierung

diese unvergleichlichen, gesetzestreuen Menschen, die der

ganzen Menschheit wohl gesonnen sind, gegen die Angriffe

der grausamen W�lfe in Schutz nimmt.�80

Auch auf einem weiteren, dritten Feld half das Gr��te Heilige

Blatt in bedeutendem Umfang dem Schutz des Glaubens. Sie

gab den Gl�ubigen Anweisungen f�r Ihre Reaktion auf die Machenschaften

der Bundesbrecher, besonders in Iran. Sie machte

ihnen nicht nur die Notwendigkeit bewusst, den Glauben zu

schirmen, sondern verhalf ihnen auch zu einem Verst�ndnis der

Motive derjenigen, die den Baha-Bund angriffen. F�r das Verhalten

in ganz bestimmten Situationen gab sie den Baha und

den Geistigen R�ten ausf�hrliche Richtlinien. In einem Brief an

den Geistigen Rat von Hamad�n, Iran, schreibt sie:

�In diesem ungeheuren Fall darf es keine Nachl�ssigkeit

oder Unaufmerksamkeit geben, denn ein gefl�stertes Wort

kann die Axt werden, die dem Baum des Glaubens an die

Wurzel gelegt wird; ein Wort aus dem Mund einer ehrgeizigen

Seele kann der z�ndende Funke werden, der in die

Ernte des Volkes von Bahá geschleudert wird. Wir nehmen

Zuflucht bei Gott! M�ge Er uns allezeit vor dem fahrl�ssigen

Leichtsinn des hartn�ckigen Selbstes bewahren.
80 ebenda, S. 169
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

Denn eine b�se Absicht zu hegen ist eine Krankheit, die den

Menschen von allen himmlischen Segnungen ausschlie�t

und ihn tief in den Abgrund des Untergangs und der v�lligen

Vernichtung hineinwirft. Die Sache ist so: Jeder, ob

hoch oder niedrig, reich oder arm, gelehrt oder ungebildet,

selbst wenn er als Juwel unter den Menschen und als die

edelste, beste aller Blumen gilt sowie er einen Gedanken

oder ein Wort �u�ert, aus dem der Geruch der Selbstverherrlichung

oder eine schlechte, boshafte Absicht erkennbar

wird, so macht er deutlich, dass es sein Ziel ist, das Wort

Gottes zu untergraben und die Gemeinde des Volkes Bahá

zu zersplittern. Solchen Menschen den R�cken zu kehren

ist eine heilige Pflicht; es ist eine unausweichliche Pflicht,

ihren Anspr�chen keine Beachtung zu schenken.�81

In einem weiteren, an einen Gl�ubigen des Ostens gerichteten

Brief bezieht sich Bahayyih Kh�num auf die Aktivit�ten

des �Abdu�l-Husayn �var�h, eines herausragenden fr�hen

Gl�ubigen, der aber nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas versuchte,

die Autorit�t des H�ters zu untergraben. Er weigerte

sich, die Legitimation der Geistigen R�te anzuerkennen, und

suchte Anh�nger unter den Gl�ubigen des Ostens. Shoghi Effendi

schloss ihn sp�ter aus der Glaubensgemeinschaft aus.82

Zu den zerst�rerischen Auswirkungen von �var�hs Verhalten

schreibt das Gr��te Heilige Blatt:

�Es ist wirklich wahr, dass Niedertracht die Intelligenz und

den Verstand schwinden l�sst und den K�nig der Vernunft

zum Sklaven des satanischen Selbstes und seiner Einfl�sterungen

macht. Dies wurde wieder und wieder unter Beweis

gestellt, und der folgende gesegnete Text aus dem Testament

ist ein klares Zeugnis f�r diese bedeutende Wahrheit

und ist geeignet, den Sinn f�r Wachsamkeit und �u�erste

Vorsicht zu sch�rfen. Wie wundersam ist Sein Wort: ,Wer

hoff�rtig ist, wer Zwist und Streit im Schilde f�hrt, wird

81 ebenda, S. 212 f

82 N�heres hierzu in Baha Administration, S. 137 ff

200
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leitung der Belange der sache gottes

zweifellos seine b�se Absicht keineswegs offen erkl�ren; er

ist vielmehr wie unreines Gold: Er wird vielf�ltige Mittel

und mancherlei Vorw�nde einsetzen, um die Versammlung

des Volkes Bahá zu entzweien.��83

Au�erdem spricht das Gr��te Heilige Blatt in einem Brief

vom Mai 1924 direkt �die Frage von �var�h� an, des fr�heren

Mitglieds der Baha-Religion, der sich dem Glauben entfremdete,

als er merkte, dass sein Streben nach pers�nlicher Macht

durch die Vorkehrungen des Gottesbundes vereitelt war. Sie

schildert die Versuche, ihn zu f�hren und von seinem zerst�rerischen

Bem�hen, Uneinigkeit zwischen den Geistigen R�ten

und den Gl�ubigen zu stiften, abzubringen. Auch stellt sie im

Einzelnen seine Anstrengungen dar, die Baha-Gemeinden in

Kairo, Beirut und Bagdad durch Verbreitung falscher Informationen

�ber die Bestimmungen des Bundes zu spalten, was

ein Vorspiel zur endg�ltigen Aufl�sung der in �Abdu�l-Bahas

Testament ausdr�cklich vorgesehenen Institutionen sein sollte.

�var�hs Machenschaften, die zu ihrer Zeit sehr st�rend waren,

haben keine bleibende Wirkung. Am Ende ihres Briefes erkl�rt

sie, warum sie es f�r n�tig befunden hat, den tats�chlichen

Hergang der Ereignisse zu berichten. Sie w�hlt dazu folgende

Worte der Beruhigung, um den Gl�ubigen zu helfen, die Lage

im rechten Licht zu sehen: �Obwohl solches Reden und solches

Verhalten ohne Wirkung bleiben, keine Bedeutung haben und

unsere Aufmerksamkeit nicht verdienen, ist doch seine Treulosigkeit

in diesen Tagen der Heimsuchung und Not von solcher

Art, dass diese leidgepr�fte, hilflose Seele sich gezwungen sah,

eine kurze Schilderung der tats�chlichen Vorf�lle zu geben.�84

Was das Gr��te Heilige Blatt in Zusammenarbeit mit den

Mitgliedern der Heiligen Familie, welche Shoghi Effendi f�r

die Zeiten seiner Abwesenheit vom Heiligen Land mit der Aufsicht

der Gesch�fte des Glaubens betraut hatte f�r die Sache

83 �Abdu�l-Baha, Das Testament �Abdu�l-Bahas in Dokumente des B�nd

nisses, Hofheim 1989, S. 38; 1:17

84 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,

S. 218 f
201
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5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit

leistete, war in der Tat einzigartig. Kann uns nicht der Tribut,

den er ihr bei ihrem Tode im Jahr 1932 in den unten wiedergegebenen

Worten zollte, einen pers�nlichen Einblick in seine

Liebe und Wertsch�tzung all der Dienste geben, die sie in dieser

kritischen Zeit des �bergangs erbrachte? Hier der Wortlaut:

�Welche der Segnungen soll ich wiedergeben, die sie in ihrer

nie versagenden F�rsorge auf mich regnen lie�, in den kritischsten,

bewegtesten Stunden meines Lebens? F�r mich,

der ich der erquickenden Gnade Gottes so dringend bedurfte,

war sie das lebende Sinnbild so vieler Eigenschaften, die

ich in �Abdu�l-Bahá zu verehren gelernt hatte. Sie war f�r

mich eine st�ndige Mahnung an Seine mitrei�ende Pers�nlichkeit,

Seine stille Ergebenheit, Seine Freigebigkeit und

Gro�mut. F�r mich war sie die Verk�rperung Seiner anziehenden

Liebensw�rdigkeit, Seiner allumfassenden Z�rtlichkeit

und Liebe.

Es w�rde zu lange dauern, selbst wenn ich all diese Ereignisse

in ihrem Leben nur andeuten w�rde; jedes einzelne

von ihnen weist sie beredsam als eine Tochter aus, die w�rdig

ist, dieses unsch�tzbare Erbe anzutreten, das ihr von

Bahau�ll�h vermacht wurde. ...�85

Als Shoghi Effendi gest�rkt und begierig, die Z�gel der Sache

Gottes in die Hand zu nehmen, nach Haifa zur�ckkehrte,

richtete er am 24. September 1924 einen Brief an �die Geliebten

des Herrn und Dienerinnen des Barmherzigen auf dem

amerikanischen Kontinent.� In diesem Schreiben �berdenkt

er die Auswirkungen der langen Perioden seiner Abwesenheit

und entwirft seine zuversichtliche Vision von der k�nftigen

Entwicklung des Baha-Glaubens. Er schreibt:

�In der R�ckschau auf die d�steren Tage meines R�ckzugs,

die von bitterer Sorge und Schwermut erf�llt waren,

85 Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 194
202
ProphetsDaughter.indb 202 31.08.2007 10:42:28
leitung der Belange der sache gottes

gedenke ich mit Anerkennung und Dankbarkeit der unverkennbaren

Beweise eurer Liebe und anhaltenden Glut, die

ich immer wieder erhalten habe und die nicht unerheblich

geholfen haben, die Last zu erleichtern, die mein Herz so

sehr bedr�ckte.

Ich kann mir gut vorstellen, in welchem Ausma� die langen

Monate der Ungewissheit, nein der Bedr�ngnis, Geist und

Seele jedes liebevollen, treuen Dieners des Geliebten beunruhigt,

nein, gepeinigt haben m�ssen. Aber ich kann euch

versichern, dass der gro�artige Eifer, den ihr f�r den Schutz

Seiner Sache gezeigt habt, der unbeirrbare Glaube und unerm�dliche

Einsatz, den ihr zu ihrer F�rderung aufgebracht

habt, letzten Endes unwiderruflich von �Abdu�l-Bahá �berreich

belohnt werden, der von Seiner Wohnstatt droben der

sichere Zeuge all dessen ist, was ihr f�r Ihn erduldet und

erlitten habt.

Und wenn ich jetzt in die Zukunft blicke, dann ist es mit

der Hoffnung, dass die Freunde in jedem Land, wie auch

immer ihre Denkweise und ihr Charakter gepr�gt sei, sich

allezeit aus freien St�cken und freudig um ihre �rtlichen

und insbesondere um ihre nationalen Zentren der Aktivit�t

scharen und deren Interessen in v�lliger Einm�tigkeit und

Zufriedenheit, mit vollkommenem Verst�ndnis, echter Begeisterung

und anhaltender Energie hochhalten und f�rdern

werden. Dies ist wirklich die eine Freude und Sehnsucht

meines Lebens, denn es ist der Springquell, aus dem alle

k�nftigen Segnungen flie�en werden, die breite Grundlage,

auf der die Sicherheit des g�ttlichen Bauwerkes letzten

Endes ruhen muss. D�rfen wir nicht hoffen, dass jetzt

endlich �ber unserer geliebten Sache ein hellerer Morgen

anbricht?�86
86 ebenda, S. 66 f
203
ProphetsDaughter.indb 203 31.08.2007 10:42:28
ProphetsDaughter.indb 204 31.08.2007 10:42:28
6. Kapitel
Shoghi Effendis
ruhmreiche Gef�hrtin
ProphetsDaughter.indb 205 31.08.2007 10:42:28
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

Das tiefe Band zwischen dem H�ter und seiner Gro�tante

Bahayyih Kh�num war weit mehr als eine blo�e Familienbindung.

Ein Brief, der in seinem Auftrag geschrieben wurde, enth�lt

die Versicherung: �Niemand hat das zarte, geistige, himmlische

Band verstanden, das den H�ter mit ihr, der letzten Spur

Bahas, verbindet; kein Geist kann diese Stufe des Seins erkennen

oder ihre Erhabenheit richtig einsch�tzen.� In ihrem ganzen langen

Leben war Bahayyih Kh�num f�r Shoghi Effendi eine st�ndige

Quelle liebevoller Ermutigung. Er bezeugt, dass er �durch

die Hand ihrer Liebe erzogen� wurde, dass sein �zartes Wesen�

�mit ihrer Liebe durchtr�nkt, durch ihre Freundschaft erfrischt

[und] durch ihren unverg�nglichen Geist gest�tzt� wurde.1

In diesem Kapitel werden wir das Wesen dieser Beziehung

zwischen Shoghi Effendi und Bahayyih Kh�num n�her untersuchen

und dabei auch erforschen, wie es der H�ter anstellte,

die �Lehensherrin des Volkes Bahá mit den T�tigkeiten und

der bedeutsamen Entwicklung des Baha-Glaubens zu verbinden.

Einige der Dienste, die Bahayyih Kh�num in ihren letzten

Lebensjahren erbrachte, werden n�her dargestellt.2

Das Band zwischen dem H�ter
und dem Gr��ten Heiligen Blatt

In Kapitel 5 haben wir gesehen, wie Bahayyih Kh�num bereitwillig

die �oberste Leitung� des Baha-Glaubens �bernahm,

als der H�ter ihr diese Verantwortung zuwies. Wir untersuchten

ihre stetigen Bem�hungen, die Baha-Gemeinde im Hinblick

auf die Bestimmungen des Baha-Bundes zu unterweisen und

ihre Unterst�tzung f�r den ernannten H�ter und seine Initiativen

zu gewinnen, die Gemeinde auf ihr n�chstes Entwicklungsziel

hin auszurichten und voranzuf�hren.3

1 Aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 77; Shoghi Effendi,

ebenda, S. 29
2 Shoghi Effendi, ebenda, S. 29
3 ebenda, S. 21
206
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das Band zwischen dem h�ter und dem gr�ssten heiligen Blatt

In der Zeit ihres Hinscheidens gibt Shoghi Effendi in Briefen

des Lobpreises einen Einblick in ihre gro�e Einf�hlsamkeit

und in die Art der Unterst�tzung, die sie ihm nach dem

Hinscheiden �Abdu�l-Bahas gew�hrte. �Nach dem Heimgang

�Abdu�l-Bahas in das Reich des Allherrlichen�, so bekennt er,

war sie �das Licht der himmlischen Heerscharen�; sie �umfing

mich, hilflos wie ich war, mit ihrer Liebe, und mit unvergleichlicher

Barmherzigkeit und Z�rtlichkeit �berzeugte, geleitete

und dr�ngte sie mich zu den Erfordernissen des Dienens.� Seine

rhetorische Frage unterstreicht das Ausma� seiner Dankbarkeit

f�r das Gr��te Heilige Blatt: �Wie kann meine vereinsamte

Feder ... die Segnungen wiedergeben, die sie seit meiner

fr�hesten Kindheit auf mich hat regnen lassen wie kann solch

eine Feder meine gro�e Dankes- und Liebesschuld an sie, die

meine Hauptst�tze, meine liebevollste Tr�sterin, die Freude

und Eingebung meines Lebens war, zur�ckzahlen?�4

Angesichts der Herausforderung, die das H�tertum und

die gebieterische Notwendigkeit, den Baha-Glauben in aller

Welt zur Geltung zu bringen, f�r ihn bedeutete, war Shoghi

Effendi nicht nur auf die Ermutigung und Unterst�tzung durch

das Gr��te Heilige Blatt angewiesen, sondern lie� sich auch

von ihren pers�nlichen Eigenschaften befl�geln, die ihn an

�Abdu�l-Bahá gemahnten. Der H�ter weist auf die Tatsache

hin, dass Bahau�ll�h Seine geliebte Tochter dazu ausersehen

hat, ein �getreues Beispiel� zu sein, dem ihre Angeh�rigen alle

folgen sollten. In der R�ckschau auf seine Hochsch�tzung f�r

das Gr��te Heilige Blatt schreibt Shoghi Effendi: �F�r mich ...

war sie das lebende Zeichen f�r so manche Eigenschaft, die ich

in �Abdu�l-Bahá zu bewundern gelernt hatte. Sie war mir eine

st�ndige Erinnerung an Seine inspirierende Pers�nlichkeit, Seine

stille Entsagung, Seine Gro�z�gigkeit und Hochherzigkeit.

Sie war mir eine Verk�rperung Seiner liebenswerten Noblesse,

Seiner allumfassenden Z�rtlichkeit und Liebe.� Der H�ter

bezeugt die Tiefe der Eingebung und F�hrung, die er aus der

Betrachtung ihrer herausragenden Eigenschaften empfing. Er

4
ebenda, S. 29, S. 31
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6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

schreibt: �Wenn ich mir am Morgen und am Abend ihr geliebtes

Antlitz vergegenw�rtige und mir ihr L�cheln, das meinen

Geist labte, wieder vor Augen halte, �ber ihre Freigebigkeit,

ihre unz�hligen Freundschaftsbeweise f�r mich nachsinne und

die erstaunliche Langmut bedenke, die sie in ihren Leiden bewies,

dann werden die Flammen sehns�chtiger Liebe aufs neue

angefacht ...�5

Aus den Briefen des H�ters wird deutlich, dass Bahayyih

Kh�nums innige Verbundenheit mit dem Baha-Glauben

und ihre Zuneigung f�r seine Anh�nger eine tiefe Wirkung

auf ihn aus�bten. In einem Lobpreis auf ihre Tugenden gibt

er Folgendes preis: �Ich kann ... aus deinem stillen Strahlen

die unendliche Liebe [f�hlen], die du f�r die Sache deines allm�chtigen

Vaters in dir trugst, die Zuneigung, die dich an den

bescheidensten und unbedeutendsten ihrer Anh�nger band, das

warme Gef�hl, das du in deinem Herzen f�r mich hegtest.�6

Der Geist selbstlosen Dienstes, der vom Gr��ten Heiligen

Blatt ausstrahlte, pr�gte sich Shoghi Effendi tief ein. Im Gedenken

an seine Gro�tante schreibt er nach ihrem Hinscheiden: �Der

Gedanke an die unausl�schliche Sch�nheit deines L�chelns wird

mich auf dem dornigen Wege, den zu gehen ich bestimmt bin,

immer tr�sten und st�rken. Die Erinnerung an deinen H�ndedruck

wird mich anspornen, standhaft deinem Pfade zu folgen.

Der bezaubernde Klang deiner Stimme wird, wenn die Stunde

der Tr�bsal am dunkelsten ist, daran erinnern, mich an dem Seile

festzuhalten, das du in all den Tagen deines Lebens so fest ergriffen

hattest.� Shoghi Effendi unterstreicht die Erleuchtung, die

er aus dem beispielhaften Leben des Gr��ten Heiligen Blattes

und aus jedem Opfer, das sie bereitwillig f�r die Sache Gottes

erbrachte, empfing, und er bekundet seinen Entschluss, ihrem

Beispiel zu folgen. Er schreibt: �In solchen Augenblicken bekr�ftige

ich meinen Entschluss, deinen Spuren zu folgen, den

5 ebenda, S. 42, S. 53

6 ebenda, S. 44; zitiert in Bahayyih Kh�num, Das Gr��te Heilige Blatt.

1846-1932. Herausgegeben vom Nationalen Geistigen Rat der Baha

in Deutschland zum f�nfzigsten Jahrestag des Hinscheidens des Gr��

ten Heiligen Blattes. Hofheim 1982, S. 25
208
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das Band zwischen dem h�ter und dem gr�ssten heiligen Blatt

Pfad deiner Liebe weiter zu erklimmen, dich als mein Vorbild zu

erw�hlen und jene Eigenschaften zu erlangen und im Leben umzusetzen,

die du f�r den Sieg dieser erhabenen, anspruchsvollen,

hell strahlenden, heiligen, wundersamen Sache w�nschtest.�7

Die vertraute Gef�hrtin Shoghi Effendis

Shoghi Effendis Hochsch�tzung f�r die Zuwendung des Gr��ten

Heiligen Blattes kannte kaum Grenzen. Er versichert, dass

Bahayyih Kh�num seine �vertraute Gef�hrtin�, der �Trost� seines

Herzens und �der eine, gro�e Balsam seines Lebens� war. Wie

wichtig diese zarte Beziehung f�r Shoghi Effendi war, enth�llt die

eindringliche Beschreibung aus einem in seinemAuftrag geschriebenen

Brief: �Dieses Juwel der Unsterblichkeit, dieses kostbare,

erhabene Wesen war des H�ters einzigartiger Trost, seine eine

Gef�hrtin in seinem schMirzarf�llten Leben und ihr gelang es

immer, ihn mit liebevoller Ermutigung und z�rtlichen Worten, mit

unabl�ssiger F�rsorge und mit ihrem L�cheln, das ihn wie eine

Brise aus himmlischen G�rten streifte, geistig zu erquicken.�8

Dieses einmalige, wirklich geheimnisvolle Band zwischen

Bahayyih Kh�num und Shoghi Effendi wird noch aus einem

weiteren, in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief deutlich:

�Die zarte geistige Anh�nglichkeit, die der H�ter f�r sie

f�hlte, und die himmlische Z�rtlichkeit und Zuneigung zwischen

dieser herrlichen Frucht des g�ttlichen Lotosbaumes9

und ihm selbst war ein so starkes Band, dass es sich der Beschreibung

entzieht. Kein Geist kann diesen erhabenen Zustand

erfassen. Dies ist ein wohlgeh�tetes Geheimnis, ein unerschlossenes,

kostbares Mysterium. Zu dieser Ebene kann der
Geist der Gl�ubigen niemals vordringen.�10

7 ebenda, S. 44 (zitiert in Bahayyih Kh�num, Das Gr��te Heilige Blatt

1846 -1932, S. 25); S. 54 f.

8 Aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief, in Bahayyih

Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 75, S. 83, S. 76 f.

9 Bahau�ll�h; weiteres im Glossar
10 ebenda, S. 81
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6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

Das eigentliche Wesen der Beziehung zwischen Shoghi Effendi

und dem Gr��ten Heiligen Blatt l�sst sich nicht wirklich

einsch�tzen, jedoch gew�hren die Berichte von Augenzeugen

und Pilgern fl�chtige Einblicke in diese innige Bindung.

R�h�yyih Kh�num, die Witwe Shoghi Effendis, schreibt, dass

die weitreichenden Verantwortlichkeiten als Oberhaupt des

Baha-Glaubens es dem H�ter erschwerten, einen gro�en

Kreis tiefer pers�nlicher Beziehungen zu anderen Menschen

zu unterhalten. Die engsten Beziehungen hatte er zu den Mitgliedern

der Familie und zu Beginn seiner Amtszeit zu seinen

Mitarbeitern und Sekret�ren. R�h�yyih Kh�num bezeugt:

�Wie treu und zart auch Shoghi Effendis Bande w�hrend seines

ganzen Lebens zu denen waren, die ihm am n�chsten standen,

so verband ihn doch das engste Band mit dem Gr��ten

Heiligen Blatt.�11

R�h�yyih Kh�num teilt mit, dass es bis zum Tode des Gr��ten

Heiligen Blattes Shoghi Effendis Gewohnheit war, jeden

Tag allein mit seiner Gro�tante die Hauptmahlzeit einzunehmen,

wobei das Essen auf einem Tischchen in ihrem Schlafzimmer

serviert wurde. Auch verbrachte der H�ter vor ihrem

Lebensende den gr��ten Teil seiner freien Zeit in ihrer Gesellschaft.

12

Der H�ter hatte auch die Gewohnheit, nach seinen Zusammenk�nften

mit Pilgern das Gr��te Heilige Blatt in ihrem Zimmer

aufzusuchen. Er sa� dann bei ihr und sprach zu ihr, wobei

er ihr sicherlich Neuigkeiten �ber den Fortschritt des Glaubens

mitteilte. Einmal war Bahayyih Kh�num im Bett, als sie den

H�ter kommen h�rte. Ein Bericht meldet: �Sobald sie Shoghi

Effendis Schritte und das �ffnen der T�r h�rte, machte sie Anstalten

aufzustehen, um in des H�ters Gegenwart zu sitzen. Obwohl

es nur ein kurzer Weg von der T�r zum Bett war, rannte

Shoghi Effendi von der T�r zum Bett und hielt sie sanft zur�ck

mit den Worten `J�iz n�st� (du darfst nicht). Er wollte sie nicht

st�ren.� Die Z�rtlichkeit dieses Austausches ist ergreifend,

11 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 239 f., S. 231

12 ebenda, S. 236; aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen

Brief, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 86

210
ProphetsDaughter.indb 210 31.08.2007 10:42:29
die Vertraute geF�hrtin shoghi eFFendis

ebenso das Bestreben des Gr��ten Heiligen Blattes, die Stufe

des H�ters zu respektieren.13

Wie eng das Band zwischen Shoghi Effendi und seiner

Gro�tante war und welchen Platz sie in seinem Leben einnahm,

veranschaulicht auch eine Reihe pers�nlicher Erinnerungen,

die R�h�yyih Kh�num mitteilt. Sie schreibt: �Nichts k�nnte

klarer die tiefe Liebe aufzeigen, die er f�r sie hegte, als die

Tatsache, dass am Tage, als wir heirateten, wir in ihr Zimmer

gingen, in dem alles wie zu ihren Lebzeiten geblieben war, um

neben ihrem Bette stehend die schlichte Handlung der Baha-

Trauung, Hand in Hand, zu vollziehen. ...� R�h�yyih Kh�num

enth�llt noch folgendes: �An dem Tage, als er mir sagte, dass er

mich zu seiner Frau erw�hlt habe, steckte er mir den schlichten

goldenen Ring an den Finger, auf dem das Symbol des Gr��ten

Namens eingraviert ist, und den das Gr��te Heilige Blatt vor

Jahren ihm gegeben hatte.�14

Die tiefe Bindung, die den H�ter mit dem Gr��ten Heiligen

Blatt verband, wird im �brigen aus dem Bericht R�h�yyih Kh�nums

aus der Zeit nach Bahayyih Kh�nums Hinscheiden deutlich:

�Den Armstuhl, in dem er in ihrem Zimmer immer gesessen

hatte, lie� er an den Platz stellen, wo er sich oft f�r eine

kurze Unterbrechung seiner Arbeit niederlie�, und er benutzte

ihn bis an sein Lebensende; sein Schlafzimmer war angef�llt

mit ihren Fotografien in verschiedensten Lebensabschnitten,

und mehr als ein Bild zeigte ihr Denkmal.�15

Das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes nahm dem

H�ter seinen vertrautesten Gef�hrten und bereitete ihm daher

tiefsten SchMirza Das ganze Ausma� seines pers�nlichen Verlustes

zeigt sich im folgenden Auszug aus einem Brief, der in

seinem Auftrag geschrieben wurde:

�Man kann sich nicht vorstellen, bis zu welchem Grade

dieses schreckliche, verh�ngnisvolle Ereignis ihn betr�bt

und die Ausstrahlung seines Herzens mehr, als Worte schil13

14
15

�Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence. S. 64

R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 236, S. 238

ebenda, S. 238
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6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

dern k�nnen, verdunkelt hat. Denn dieses heilige Wesen,

diese leuchtende Person hat ihn mit Herz und Seele und

mit ihrer unendlichen Liebe allezeit in der Umarmung ihrer

himmlischen Z�rtlichkeit gen�hrt und gehegt. Sie war

sein einziger, unsch�tzbarer Gef�hrte, sie war sein alleiniger

Trost in der Welt, und deshalb ist er durch den Verlust

ihrer hohen, w�rdigen Gegenwart so niedergedr�ckt, und

der Heimgang dieses liebenswerten Geistes ist f�r ihn so

schwer zu tragen.�16
Shoghi Effendis Mitarbeiterin

W�hrend seiner ganzen Amtsperiode als H�ter des Glaubens

verband Shoghi Effendi viele der wichtigsten Unternehmungen,

die er f�r die Entwicklung des Glaubens einleitete, mit dem

Gr��ten Heiligen Blatt. In den ersten Jahren erw�hnte er seine

Gro�tante in seinen Telegrammen und Botschaften. Zum Beispiel

schrieb er oft �das Gr��te Heilige Blatt und ich�, ... um die

enge Verbindung mit ihr zu verdeutlichen. In einem eigenh�ndigen

Nachsatz zu einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief

an Henry und Clara Hyde Dunn, das Ehepaar, das den Baha-

Glauben zu Lebzeiten �Abdu�l-Bahas in Australien eingef�hrt

hatte, schrieb Shoghi Effendi: �Die kommende Baha-Generation

wird ihre Erfolge feiern und verherrlichen. Sie nehmen

wirklich im Herzen des Gr��ten Heiligen Blattes und in meinem

eigenen Herzen einen bleibenden Platz ein, und wir beide werden

nicht nachlassen, f�r sie und ihre geliebten Mitarbeiter die

unverg�nglichen Segnungen des Meisters zu erflehen.�17

Au�er solchen Erw�hnungen in seiner Korrespondenz liebte

es Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num mit seinen Bem�hungen

zur F�rderung der kontinuierlichen Entwicklung des Glaubens

und mit einer Reihe gr��erer Unternehmungen in Verbindung

16 Aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief, in Bahayyih

Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 78

17 Shoghi Effendi, zit. in R�h�yyih Rabbani Die unsch�tzbare Perle, S.

236; Shoghi Effendi Messages to the Antipodes, S. 53

212
ProphetsDaughter.indb 212 31.08.2007 10:42:29
shoghi eFFendis mitarBeiterin

zu bringen, darunter den entt�uschend vereitelten Besuch der

K�nigin Marie von Rum�nien und ihrer Tochter in den heiligen

St�tten der Baha und der Konstruktion des Baues des Hauses

der Andacht in Wilmette, Illinois.
Die t�gliche Arbeit f�r den Glauben

Der H�ter machte Bahayyih Kh�num zu seiner Mitarbeiterin

in der t�glichen Arbeit f�r den Glauben. In einem Brief vom

24. November 1924 an den amerikanischen Nationalen Geistigen

Rat machte Shoghi Effendi auf den chaotischen Zustand

der Gesellschaft und auf die lebenswichtige Rolle der Baha

aufmerksam, diese Situation durch die �bermittlung der heilsamen

Botschaft Bahau�ll�hs zu verbessern, indem sie die

Auswirkungen Seiner Lehren in ihrem t�glichen Leben aufweisen.

Der H�ter erlie� im Namen des Gr��ten Heiligen Blattes

und in seinem eigenen Namen folgenden Aufruf:

�Ich bitte sie, geliebte Freunde, in ihren Anstrengungen

fortzufahren, nein, sie zu verdoppeln, damit ihr Blick ungetr�bt,

ihre Hoffnungen ungeschm�lert und ihre Entschlossenheit

unersch�ttert bleibe, so dass die Macht Gottes in

uns die Welt mit ihrer ganzen Herrlichkeit erf�lle.

In diesem leidenschaftlichen Aufruf steht das Gr��te Heilige

Blatt ganz an meiner Seite. Obwohl an ihrem Lebensabend

tief bek�mmert durch die leidvollen Berichte �ber die

Unterdr�ckung in Persien, richtet sie die tiefste Sehnsucht

ihres Herzens auf ihr Land, wo die Freiheit regiert, in begieriger

Erwartung, noch vor ihrem Hingang die Zeichen des

weltweiten Triumphes dieser Sache zu erblicken, die sie so

innig liebt.�18

Daraus wird deutlich, dass Bahayyih Kh�num die Aktivit�ten

der Baha-Weltgemeinde aufmerksam verfolgte. Sie war

18 Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 70
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ProphetsDaughter.indb 213 31.08.2007 10:42:29
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

sich ihrer Bed�rfnisse und ihrer einzigartigen Entwicklungsm�glichkeiten

in den unterschiedlichsten L�ndern bewusst,

und sie nahm die Herausforderungen, denen die Gemeinde in

ihrem Geburtsland begegnete, sehr genau wahr.

Ein weiteres Beispiel f�r die vereinten Bem�hungen des

H�ters und des Gr��ten Heiligen Blattes, das Fortschreiten des

Glaubens und seiner Lehren zu f�rdern, verdeutlicht ihre Ermutigung

der Baha in Indien, an der Gesamt-Asiatischen Frauenkonferenz

von 1931 teilzunehmen. Shoghi Effendi richtete

�ber das Sekretariat des Nationalen Geistigen Rates von Indien

ein Telegramm an die Konferenz. Wie stark das Gr��te Heilige

Blatt und er selbst an diesem bedeutenden Ereignis interessiert

waren, zeigt seine Frage an den Nationalen Geistigen Rat, ob

�die im Namen des Gr��ten Heiligen Blattes und in meinem

eigenen Namen verschickte Botschaft� rechtzeitig eingetroffen

sei, um sie vor den Teilnehmerinnen der Konferenz zu verlesen.

Nachdem dies bejaht wurde, �u�erte er die Hoffnung, dass die

Baha-Konferenzteilnehmer �zu dem Verlauf aktiv beitragen

und damit die Lehren Bahau�ll�hs zur Wirkung bringen.� Er

weist darauf hin, dass dort �zahllose Kontakte verschiedenster

Art zwanglos hergestellt werden k�nnen. Man sollte sich also

bem�hen, diese einzigartige Gelegenheit zu nutzen.�19

K�nigin Marie von Rum�nien

Bahayyih Kh�num teilte mit Shoghi Effendi die Hochsch�tzung

der Dienste, die Martha Root, die �Stardienerin� und herausragende

Lehrerin, der Sache Bahau�ll�hs leistete. In Gott geht

vor�ber, seinem Buch �ber die Geschichte des Baha-Glaubens,

bezeichnet der H�ter die �berbringung der Baha-Botschaft

an K�nigin Marie im Jahre 1926 und ihre anschlie�ende

Identifizierung mit deren Lehren als den �herrlichsten und

weitaus bedeutungsvollsten� all der bemerkenswerten Dienste,

die Martha Root erbracht hat.20

19 Shoghi Effendi, Messages of Shoghi Effendi to the Indian Subcontinent,

S. 69, S. 70

20 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 25:31, S. 502

214
ProphetsDaughter.indb 214 31.08.2007 10:42:29
shoghi eFFendis mitarBeiterin

K�nigin Marie, die Enkelin zweier Monarchen, die Sendbriefe

von Bahau�ll�h empfangen haben und zwar K�nigin

Viktoria und Zar Alexander II war nach den Worten Shoghi

Effendis �eine vollendete Schriftstellerin, eine bezaubernde,

gewinnende Pers�nlichkeit, hoch begabt, mit klarem Blick,

von Natur aus wagemutig, voll Eifer und Flei� bei allen Werken

der Menschenliebe, [und sie] f�hlte ... sich als einzige unter

den K�niginnen, als einzige von k�niglichem Gebl�t und

Rang, veranla�t, Bahau�ll�hs Botschaft in ihrer ganzen Gr��e

aus eigenem Antrieb zu begr��en, Seine Vaterschaft zu verk�nden,

sowie auch die Prophetenschaft Muhammads und allen

M�nnern und Frauen die Baha-Lehren ans Herz zu legen und

deren Kraft, Erhabenheit und Sch�nheit zu preisen.� K�nigin

Maries einzigartigen Beitrag zum Baha-Glauben beschreibt

Shoghi Effendi in folgenden Worten:

�Mit ihrem furchtlosen Glaubensbekenntnis vor Freunden

und Verwandten und besonders vor ihrer j�ngsten Tochter,

mit drei Lobgedichten, ihrem gr��ten, bleibenden Verm�chtnis

an die Nachwelt, mit drei weiteren W�rdigungsschreiben,

die sie als ihren Beitrag zur Baha-Literatur verfasste,

mit mehreren Briefen an Freunde und Bekannte sowie an

ihre Ratgeberin und geistige Mutter, mit vielf�ltigen Zeichen

ihres Glaubens und ihrer Dankbarkeit f�r die frohe

Botschaft, die ihr zuteil wurde durch die Baha-B�cher, die

sie und ihre j�ngste Tochter bestellten, und schlie�lich mit

der geplanten, aber nicht zustande gekommenen Pilgerfahrt

ins Heilige Land, wo sie die Stiftergr�ber des Glaubens aufsuchen

wollte mit alledem kommt es dieser erlauchten K�nigin

zu, den ersten Rang unter den k�niglichen St�tzen der

Sache Gottes einzunehmen, die in Zukunft sich aufmachen

werden und von denen jede mit den Worten Bahau�ll�hs

begr��t werden soll als �der Menschheit Auge, leuchtende

Zier auf der Stirn der Sch�pfung, Segensquell f�r die ganze

Welt.��21
21 Ebenda, 25:33, S. 503
215
ProphetsDaughter.indb 215 31.08.2007 10:42:29
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

Die vielen Dienste, die K�nigin Marie dem Baha-Glauben

leistete, und die Geschichte von Martha Roots bemerkenswertem

Verh�ltnis zur K�nigin sind an anderer Stelle geschildert

worden.22 Hier wollen wir uns auf K�nigin Maries

�nicht zustande gekommene Pilgerfahrt ins Heilige Land� konzentrieren,

weil das Gr��te Heilige Blatt davon so stark ber�hrt

wurde.23

Die K�nigin und ihre Tochter, Prinzessin Ileana, hatten die

Absicht, bei ihren Reisen im Nahen Osten die Heiligen Bahai-

St�tten zu besuchen. In Erwartung der k�niglichen G�ste wurden

in Haifa Vorbereitungen getroffen, um diesen historischen

Besuch zu einem Erfolg werden zu lassen. Das Haus �Abdu�l-

Bahas wurde hergerichtet, und der H�ter lie� Bahau�ll�hs

Sendschreiben an K�nigin Maries Gro�mutter, K�nigin Viktoria,

in Iran in ausgesuchter persischer Kalligraphie abschreiben

und farblich ausmalen, als Geschenk f�r die K�nigin.

Im M�rz 1930 sandte Shoghi Effendi der K�nigin eine

f�rmliche Einladung zum Besuch des Weltzentrums des Glaubens.

Hier der Wortlaut:
�AN IHRE MAJEST�T, DIE K�NIGINWITWE, K�NIGIN
MARIE VON RUM�NIEN, AN BORD DER `MAYFLOWER�,
ASSUAN.
FAMILIE �ABDU�L-BahaS SCHLIESST SICH MIR AN,
UNSERE LIEBEVOLLE, VON HERZEN KOMMENDE
EINLADUNG AN IHRE GN�DIGE MAJEST�T UND
IHRE K�NIGLICHE HOHEIT PRINZESSIN ILEANA
ZUM BESUCH DES HEIMES �ABDU�L-BahaS IN
22

Siehe Martha Root, Herald of the Kingdom. A Compilation, hsg. von

Kay Zinky und A. Baram. New Delhi (Bahai-Publishing Trust) 1983;

s. auch M.R. Garis, Martha Root Lioness on the Threshold Wilmette,

Illinois (Baha Publishing Trust) 1983; Della L. Marcus, Her Eternal

Crown. Queen Marie of Romania and the Baha Faith. Oxford

(George Ronald) 2000
23

Vgl. z. B. Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 502-509; R�h�yyih

Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 190-194; Della L. Marcus, Her

Eternal Crown.
216
ProphetsDaughter.indb 216
31.08.2007 10:42:30
shoghi eFFendis mitarBeiterin
HAIFA ZU ERNEUERN. EINWILLIGUNG IHRER MAJEST�T,
BahaU�LL�HS SCHREIN UND DIE GEF�NGNISSTADT
�Akka ZU BESUCHEN, WIRD, ABGESEHEN
VON HISTORISCHER BEDEUTUNG, F�R
DIE SCHWEIGENDEN DULDER DES GLAUBENS IM
OSTEN QUELLE UNERMESSLICHER ST�RKE, FREUDE
UND HOFFNUNG SEIN. MIT UNSERER TIEFSTEN
LIEBE, GEBETEN UND BESTEN W�NSCHEN F�R
GL�CK UND WOHLSEIN IHRER MAJEST�T.�24

Als eine Reaktion ausblieb, sandte Shoghi Effendi ein weiteres

Telegramm. Endlich traf eine Antwort ein, unterzeichnet

vom rum�nischen Regierungsvertreter in Kairo: �IHRE MAJEST�T

BEDAUERT, SIE NICHT BESUCHEN ZU K�NNEN,
DA SIE NICHT DURCH PAL�STINA REIST.�25

Die Absage des Besuches von K�nigin Marie und ihrer

Tochter zu den heiligen Baha-St�tten war ein Anlass tiefer

Entt�uschung nicht nur f�r die K�nigin selbst, sondern ebenso

f�r die Heilige Familie. Shoghi Effendi sprach von der �gro�en

Entt�uschung des hochbetagten Gr��ten Heiligen Blattes, das

ihre Ankunft sehnlich erwartet hatte.� R�h�yyih Kh�num gibt

uns die folgenden schMirzaichen Details der Geschehnisse:

�Ich erinnere mich, dass Shoghi Effendi mir mehrere Male

beschrieb, wie das Gr��te Heilige Blatt Stunde um Stunde

im Hause des Meisters gewartet hatte, um die K�nigin und

ihre Tochter zu empfangen denn Ihre Majest�t war doch

mit dem Schiff nach Haifa gefahren, und diese Nachricht

ermutigte Shoghi Effendi in dem Glauben, dass sie die geplante

Pilgerreise ausf�hren werde; die Zeit verstrich, und

es kamen keine Nachrichten, selbst nachdem das Boot angelegt

hatte. Sp�ter erfuhr der H�ter, dass die K�nigin und

ihre Begleitung auf dem Schiff aufgesucht worden waren

und ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Besuch politisch unklug

sei und nicht zugelassen werden k�nne. Dann wurde sie in

24 Shoghi Effendi, zit. in Della Marcus, Her Eternal Crown, S. 169

25 Ebenda, S. 114
217
ProphetsDaughter.indb 217 31.08.2007 10:42:30
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

einen Wagen gesetzt und schnell aus Pal�stina hinaus in ein

anderes mittel�stliches Land gefahren.�26
Der Bau des Hauses der Andacht in Wilmette

Das Gr��te Heilige Blatt verfolgte seit den Tagen des Meisters

bis an ihr Lebensende mit wachem Interesse den Fortschritt der

Baha-Gemeinde des Westens. Shoghi Effendi bezeugt, dass,

�als ihr Erdenleben sich dem Ende n�herte, es sehr aufgehellt

wurde durch die glanzvollen Leistungen ihrer getreuen Lieblinge

auf dem amerikanischen Kontinent.� Auch unterstreicht

er �den �berragenden Anteil� der amerikanischen Baha �an

der Linderung der B�rde, die dieses Erhabenste Blatt an seinem

Lebensabend so heroisch auf sich nahm.�27

Ganz besonders interessierte sich Bahayyih Kh�num f�r

die Fortschritte beim Bau des Baha-Hauses der Andacht in

Wilmette, Illinois, dieses �einzigartige Geb�ude�, das Shoghi

Effendi als �die erste Frucht der langsam reifenden Gemeindeordnung,

das edelste Bauwerk, das im ersten Baha-Jahrhundert

errichtet wurde [und als] Sinnbild und K�nder einer

kommenden Weltzivilisation� beschrieb.28 Dieses historische

Unternehmen �eine Glanzleistung der Gemeindeordnung des

Glaubens Bahau�ll�hs im ersten Baha-Jahrhundert� wurde

zu Lebzeiten �Abdu�l-Bahas begonnen. Er selbst hatte im Jahre

1912 den Grundstein gelegt. Die abschlie�enden Stadien in

seiner Baugeschichte sind eng verbunden mit der Erinnerung

an das Gr��te Heilige Blatt, den Reinsten Zweig und an ihre

Mutter. Die ganze Baugeschichte dieses Hauses der Andacht

ist an anderer Stelle berichtet worden. Es versteht sich, dass die

kleine, noch keimhafte Baha-Gemeinde bei diesem gro�en,

vielschichtigen Bauprojekt mit gewaltigen Schwierigkeiten zu

k�mpfen hatte. Unter gr��ten Anstrengungen wurden Geldmit

26 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 25:42, S. 506; R�h�yyih Rabbani,

Die unsch�tzbare Perle, S. 193 f.

27 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 52, S.

59

28 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 22:44, S. 455

218
ProphetsDaughter.indb 218 31.08.2007 10:42:30
shoghi eFFendis mitarBeiterin

tel beschafft, das Baugel�nde erworben und die notwendigen

Vorbereitungen f�r den Baubeginn getroffen. Die Vertr�ge f�r

die Errichtung des Tiefgeschosses kamen 1920 und 1921 zustande.

Auch nach dem Baubeginn wurde der Fortgang immer

wieder f�r lange Zeitabschnitte unterbrochen, bis das Geld f�r

den n�chsten Bauabschnitt zusammengekommen war.29

1928 stellte der Nationale Geistige Rat von Amerika Geldmittel

f�r den Innenraum des Tiefgeschosses, die so genannte Foundation

Hall (Gr�ndungshalle), bereit und beschloss, diesen Raum

erstmals f�r die Baha-Nationaltagung im gleichen Jahr zu nutzen.

Dies war ein begeisterndes Erlebnis f�r die Delegierten und

die �brigen Teilnehmer, weil sie im Untergeschoss des k�nftigen

Tempels zusammen kamen. Bei diesem Anlass zeigte sich auch

wieder das unverminderte Interesse des Gr��ten Heiligen Blattes

am Fortschritt dieses bedeutsamen Bauwerks. Der folgende Bericht

schildert die Er�ffnungsszene der Nationaltagung:

�Nachdem mehrere Sendschreiben und Gebete Bahau�ll�hs

vorgetragen und gesungen worden waren, trat Corinne True

[jene Baha, die von �Abdu�l-Bahá den besonderen Auftrag

erhalten hatte, f�r den Weiterbau des Tempels Sorge zu tragen]

ans Pult. W�hrend Mrs. Trues Pilgerreise 1928 hatte

�Abdu�l-Bahas Schwester Bahayyih Kh�num ihr ein gro�es

P�ckchen Tee und eine Flasche mit Rosen�l �berreicht, das

bei den Er�ffnungsfeierlichkeiten verwendet werden sollte.

Mrs. True �berbrachte den versammelten Baha die liebevollen

Gr��e Bahayyih Kh�nums und schenkte dann jedem

eine Tasse von diesem besonderen Tee aus. Parvin Baghdadi,

die j�ngste Tochter von Dr. Zia Baghdadi, salbte jeden

Delegierten mit dem Rosenwasser, dessen besonderer Duft

bald die ganze Halle erf�llte.�30

1929 schenkte Shoghi Effendi dem amerikanischen Nationalen

Geistigen Rat einen ausgesuchten, kostbaren persischen

29 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 22:42, S. 454; Bruce W. Whitmore,

The Dawning Place
30 Bruce W. Whitmore, The Dawning Place, S. 139
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6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

Teppich. Er sollte verkauft und der Erl�s f�r den n�chsten Bauabschnitt

des Tempels verwendet werden. In dem Brief, der

dieses Geschenk ank�ndigte, betonte der H�ter die Wichtigkeit

der Vollendung dieses Unternehmens f�r das Ansehen des

Glaubens und erw�hnte auch einige der Schwierigkeiten, die

dabei auftreten w�rden. Er bezeichnete die Beschleunigung

der Arbeiten am Haus der Andacht als Bahayyih Kh�nums

�sehnlichsten Wunsch� und unterstrich die Bedeutung, die sie

diesem Projekt beima�. Er erw�hnt �die Hoffnungen und Bef�rchtungen

des Gr��ten Heiligen Blattes, die jetzt an ihrem

Lebensabend steht, der durch schwindendes Augenlicht sowie

abnehmende Kr�fte immer mehr �berschattet wird�, und f�gte

hinzu, dass sie �die Sehnsucht [habe], als den ihr verbliebenen

Trost in ihrem rasch dahinschwindenden Leben die Nachricht

vom Fortgang der Arbeiten an einem Bauwerk zu vernehmen,

dessen Sch�nheit sie von �Abdu�l-Bahas eigenen Lippen zu bewundern

gelernt hatte.�31

Als 1931 der �berbau des Tempels fertiggestellt war, versammelten

sich die Abgeordneten im Gro�en Saal zur Nationaltagung.

Von Shoghi Effendi traf im Verlaufe dieser Tagung
folgendes Telegramm ein:
�DAS GR�SSTE HEILIGE BLATT BEST�RKT MICH
IM AUFRUF AN DIE UNTER GEHEILIGTER KUPPEL
[DES] Mashriqu'l-Adhkar VERSAMMELTEN
ABGEORDNETEN, ALLEN AMERIKANISCHEN
GL�UBIGEN AUSDRUCK UNSERER HERZLICHSTEN
GL�CKW�NSCHE GRENZENLOSER FREUDE,
TIEFER DANKBARKEIT [F�R DIE] PRAKTISCHE
FERTIGSTELLUNG [DES] �BERBAUS [DES] HERRLICHEN
GEB�UDES ZU �BERMITTELN. APPELLIEREN
GL�HEND [AN] ALLE [AN] DIESEM HEILIGEN
UNTERFANGEN BETEILIGTEN, [DIESE] ERRUNGENSCHAFT
IN JEDER VON [DEN] NATIONALEN
DELEGIERTEN NOTWENDIG ERACHTETEN WEISE
31 Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 181
220
ProphetsDaughter.indb 220 31.08.2007 10:42:30
shoghi eFFendis mitarBeiterin

[DURCH] ANBRINGEN �USSERER ZIER [ZU] VERVOLLST�NDIGEN.

UNSCH�TZBARER SEGEN WIRD
AMERIKAS ANHALTENDE, AUFOPFERNDE BEM�HUNG
KR�NEN.�32

Im Bewusstsein, dass dies die letzten Jahre in Bahayyih

Kh�nums Leben waren, dr�ngte Shoghi Effendi die amerikanischen

Gl�ubigen, die Vollendung der Kuppel voranzutreiben.

�Meine Stimme�, so schreibt er, wird

�weiter verst�rkt durch das leidenschaftliche, vielleicht das

letzte Flehen des Gr��ten Heiligen Blattes, deren Geist

nun am �bergang zum gro�en Jenseits schwebt und sich

danach sehnt, auf seinem Flug in das Reich Abha, in die

Gegenwart eines g�ttlichen, eines allm�chtigen Vaters, ein

Zeichen der Gewissheit f�r die freudige Vollendung eines

Unternehmens mit sich zu f�hren, dessen Fortschritte ihr

die letzten Tage ihres Erdenlebens so strahlend erhellt haben.

Dass die amerikanischen Gl�ubigen, jene k�hnen,

beherzten Pioniere des Glaubens Bahau�ll�hs, einm�tig

mit derselben spontanen Gro�z�gigkeit, demselben Ma�

an Selbstaufopferung antworten werden, wie sie ihre Antworten

auf die Appelle des Gr��ten Heiligen Blattes in der

Vergangenheit gekennzeichnet haben, daran kann niemand

zweifeln, der mit der Lebendigkeit ihres Glaubens vertraut

ist.�33

Als dann der Nationale Geistige Rat beschloss, unverz�glich

mit den Arbeiten an der Au�endekoration des Tempels zu

beginnen, telegrafierte der H�ter am 10. Juni 1932: �FOLGENSCHWERE

ENTSCHEIDUNG [IHRES] RATES BIRGT UNNENNBARE
KONSEQUENZEN, WELTUMSPANNENDE
SEGNUNGEN. GR�SSTES HEILIGES BLATT �BERGL�CKLICH.
FLEHEN BEIDE ERGEBENST [UM] UNNACHGIEBIGE
ENTSCHLOSSENHEIT, HEROISCHE UN

32 Shoghi Effendi, zit. in Bruce W. Whitmore, The Dawning Place, S. 157

33 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 106

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ProphetsDaughter.indb 221 31.08.2007 10:42:30
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin
TERNEHMUNG ZU VOLLENDEN. [IN] BLEIBENDE[R]
DANKBARKEIT.�34

Es wird deutlich, dass das Gr��te Heilige Blatt die starke

Besorgnis des H�ters um den Fortgang des Tempelbaus teilte

und ebenso, wie er von den Bem�hungen der Gl�ubigen begeistert

war, das Projekt voranzutreiben. In diesem Zusammenhang

ist eine Stelle aus einem Brief von Interesse, der im Auftrag

des H�ters kurz nach dem Hinscheiden seiner Gro�tante

geschrieben wurde. Darin wird ein Vorfall erw�hnt, der sich

bei der Nationaltagung 1932 ereignete, und wie sie darauf reagierte.

Die Teilnehmer hatten auf eindrucksvolle Weise auf einen

Fonds angesprochen, der im Namen des Gr��ten Heiligen

Blattes eingerichtet wurde, um die Au�endekoration am Haus

der Andacht fertigzustellen. Eine der Baha-Frauen, Mrs. Parsons,

l�ste sich in einer spontanen Reaktion eine wertvolle

Perlenkette vom Hals, um mit diesem Beitrag das Ziel dieses

Fonds zu erreichen. In dem Brief hei�t es: �Die bei der letzten

Nationaltagung von den amerikanischen Gl�ubigen, zumal von

unserer teuren Schwester Frau Agnes Parsons, zum Ausdruck

gebrachte unerm�dliche Begeisterung und Hoffnung, reine

Selbstverleugnung und Liebe haben ihren Lebensabend unendlich

aufgeheitert. Shoghi Effendi vertraut darauf, dass ihr Andenken

die Freunde in ihrem st�ndig fortschreitenden Wirken

zunehmend best�rken und ermutigen wird.�35

Ein Beweis daf�r, wie wichtig die Vollendung des Hauses

der Andacht in Wilmette f�r Bahayyih Kh�num war, ging dem

Nationalen Geistigen Rat der Baha von Amerika kurz nach

ihrem Hinscheiden zu. Der H�ter schreibt �ber seine geliebte

Mitarbeiterin:

�Nach dem Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes ist

mein Herz von uns�glichem Schmerz erf�llt. Mich tr�stet

der Gedanke, dass der gro�e Erfolg, den die vereinten Bem�hungen

der amerikanischen Gl�ubigen unter ihrer wei
34 Baha News, Nr. 66 (1932), S. 2

35 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 68
222
ProphetsDaughter.indb 222 31.08.2007 10:42:30
shoghi eFFendis mitarBeiterin

sen, f�higen F�hrung errungen haben, die letzten Tage ihres

kostbaren Lebens ungemein erleuchtet hat. Gebe Gott, dass

die anhaltenden Bem�hungen dieser kleinen Schar ihrer hingebungsvoll

Liebenden, die ihrem gesegneten Herzen solch

gro�e Freude bereitet haben, ihrer Seele weiterhin Genugtuung

bescheren und zur festgesetzten Zeit ihren h�chsten

Wunsch und ihre teuerste Hoffnung f�r die Sache Gottes in

Ihrem Land erf�llen werden. Die Fertigstellung des Tempels,

die Verkleidung seiner nackten Kuppel, die Vollendung seiner

kunstvollen Au�endekoration das ist der beste, wirksamste

Weg, wie die amerikanischen Gl�ubigen, die Empf�nger

ihrer zahllosen Gunstbeweise, ihr treues Andenken

und ihre Dankbarkeit f�r die unendlichen Segnungen, mit

denen sie sie �bersch�ttete, beweisen k�nnen.�36
Am Abend ihres Lebens

Abgesehen von ihrer Mitwirkung an wichtigen Projekten unter

der Leitung Shoghi Effendis Beispiele daf�r wurden bereits

gegeben blieb das Gr��te Heilige Blatt die Dienerin der

Baha-Gemeinde bis an ihr Lebensende. Trotz schwindenden

Augenlichts und nachlassender Gesundheit, wodurch sie

manchmal ans Bett gefesselt war, schrieb Bahayyih Kh�num

Ermutigungsbriefe an Gl�ubige und betreute aktiv die Baha-

Pilger bis zu ihrem Tod im Jahre 1932.
Ihre Briefe

Obwohl Bahayyih Kh�nums Korrespondenz mit den Baha

und ihren Institutionen gegen Ende ihres Lebens abnahm,

zeigen die Briefe doch ihr genaues Verst�ndnis der Lage der

Baha-Gemeinden in aller Welt und der Wirksamkeit der Lehren

Bahau�ll�hs f�r die L�sung der Weltprobleme. In einem

ihrer Briefe schreibt sie: �Es ist f�r mich immer herzerqui

36 Shoghi Effendi, ebenda S. 49
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ProphetsDaughter.indb 223 31.08.2007 10:42:30
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

ckend, von den lieben Freunden zu h�ren, von ihren Herzen

voller Liebe und Hingabe, von ihrem Wunsch, dieser Gesegneten

Sache zu dienen, die Bahau�ll�h aller Welt verk�ndet

hat, damit die nationalen, rassischen und religi�sen Vorurteile

aufgegeben, die ganze Welt als ein Heim und alle Menschen

als Br�der angesehen werden.� Weiter versichert sie den Briefempf�nger

ihrer Gebete um den Segen f�r seinen Dienst an der

Sache Gottes und schlie�t folgende Worte der Ermutigung an:

�Eine einzige Seele wird, wenn sie v�llig selbstlos, ergeben und

randvoll vom Geist der Liebe und Dienstbarkeit erf�llt ist, sehr

viel f�r den Fortschritt der Sache bewirken, wo auch immer

sie sich befindet. Seien sie gewiss: Wenn sie sich zum Dienst

erheben, dann gelten die Worte des Geliebten Meisters: Nichts

ist euch unm�glich, wenn ihr Glauben habt. Wie ihr Glauben

habt, so werden euer Einfluss und eure Segnungen sein.� Zum

Abschluss schreibt sie: �Ich �bermittle ihnen die liebevollen

Baha-Gr��e Shoghi Effendis und der ganzen Familie und

versichere sie nochmals unserer innigen Gebete, dass sie bef�higt

werden, dem Reiche Gottes gro�e Dienste zu leisten.�37

Als weiteres Beispiel der Ermutigung soll ein Zitat aus

einem Brief des Gr��ten Heiligen Blattes von 1929 dienen, in

dem sie ihre Freude �u�ert, die �lieben Freunde in Amerika� zu

treffen oder von ihnen zu h�ren. Ihre Freude, so erl�utert sie,

r�hrt daher, dass �der Geliebte Meister uns so viel �ber Seinen

Besuch in ihrem Land erz�hlte und wir ganz sicher sind,

dass die Lehren der Gesegneten Vollkommenheit, die Er dort

�berbrachte, nicht auf unfruchtbaren Boden gefallen sind und

der Tag nicht fern ist, an dem eine reiche Ernte eingefahren

wird.�38

Ein Brief aus dem Jahre 1929 an den �rtlichen Geistigen

Rat von Teheran belegt den fortdauernden Einsatz des Gr��ten

Heiligen Blattes f�r die St�rkung der Geistigen R�te. Sie ist erfreut

�ber �die gl�nzenden Erfolge und hervorragenden Dienste�

der Mitglieder dieses Geistigen Rates und best�tigt ihnen,

dass ihr Herz deswegen �von �u�erster Freude und Zuversicht

37 Bahayyih Kh�num, ebenda S. 224 f.
38 Ebenda, S. 225
224
ProphetsDaughter.indb 224 31.08.2007 10:42:30
am aBend ihres leBens

erf�llt� ist. In Beantwortung einer Anfrage des Geistigen Rates

wegen der H�user Bahau�ll�hs in Teheran f�gt sie hinzu:

�Sie haben mich nach meiner eigenen Kenntnis und nach meinen

Erinnerungen bez�glich der heiligen H�user in Teheran

gefragt. Da ich zu jener Zeit noch sehr jung war, sind diese

gesegneten Orte und Anwesen leider ganz meinem Ged�chtnis

entschwunden.�39
Betreuung der Pilger

Bahayyih Kh�num war bis in ihre letzten Lebenstage aktiv

um die Baha-Pilger bem�ht. Wer das Vorrecht hatte, mit ihr

zusammenzutreffen, machte eine zutiefst beeindruckende Erfahrung.

Shoghi Effendis Briefe geben eine gewisse Vorstellung

von der Wirkung, die Bahayyih Kh�num auf die Pilger

aus�bte. Einmal schreibt er: �Welcher Quell der Erleuchtung

war sie den Pilgern, die aus allen Ecken und Enden der Welt

kamen, um an den Heiligen Schreinen geistige Wiedergeburt

zu suchen! Gewiss werden sie die gesegneten Augenblicke in

Erinnerung behalten, die sie in ihrem Zimmer oder anderswo

in ihrer Gegenwart erlebten, und im Gedenken an ihre Leiden

werden sie den Mut finden, ihre eigenen Lebensprobleme zu

bestehen.� Und zum Abschluss: �M�ge Gott uns allen helfen,

ihrem Beispiel zu folgen und wie sie zum Segen f�r andere zu

werden!�40

In einem weiteren Brief, der in seinem Auftrag geschrieben

wurde, spricht der H�ter von dem Gl�ck derer, die Gelegenheit

hatten, seiner Gro�tante zu begegnen: �Immer war sie ein

solcher Quell des Mutes und der Hoffnung f�r die Pilger aus

allen Gegenden der Welt, die mit ihr zusammentreffen durften,

dass sie gest�rkt und noch fester entschlossen fortgingen,

der Sache zu dienen und alles auf diesem Pfade zu opfern.

Dies galt ganz besonders in der Zeit nach dem Hinscheiden

des Meisters, als sie sp�rten, dass das Gr��te Heilige Blatt

39 Ebenda, S. 226

40 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda, S.

88
225
ProphetsDaughter.indb 225 31.08.2007 10:42:31
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

der einzige w�rdige Nachfahre aus Bahau�ll�hs unmittelbarer

Verwandtschaft war.�41

Sehr interessant sind die Berichte von Pilgern und anderen

Besuchern, die das Gl�ck hatten, in Bahayyih Kh�nums letzten

Lebensjahren Augenblicke mit ihr zu verbringen. Diese

Berichte lassen etwas von der Art ihrer T�tigkeit und von den

Eigenschaften erkennen, die sie offenbarte. Sie zeugen von

fruchtbaren Tagen, trotz zunehmender k�rperlicher Gebrechen.

Keith Ransom-Kehler, eine amerikanische Gl�ubige, die

1926 das Heilige Land besuchte, schildert ihre Eindr�cke von

ihrer Begegnung mit dem Gr��ten Heiligen Blatt und den anderen

Frauen aus dem Haushalt �Abdu�l-Bahas:

�Bahayyih Kh�num, �Abdu�l-Bahas Schwester, hat seit ihrem

f�nften Lebensjahr Schicksale und Leiden durchlebt,

wie sie sich keine Frau aus dem Westen auch nur entfernt

vorstellen kann. Zart, Wohlgeruch verbreitend, unersch�tterlich,

gefestigt, bewegt sie sich durch die wechselvollen

Zust�nde der Welt wie ein Stern auf seiner festgelegten

Bahá am Himmelszelt. Unter dem unmittelbaren Eindruck

solcher Frauen wie �Abdu�l-Bahas Schwester und

Seiner Ehefrau erscheinen die kuriosen kleinen Zeugnisse

unserer �Festigkeit� praktisch bedeutungslos. Das selbstgef�llige

Gehabe des westlichen Menschen, wenn er f�r

Seine Sache einen kleinen Dienst erbracht hat, ist in Haifa

unbekannt. ... �Abdu�l-Bahas T�chter sind rastlos Tag und

Nacht damit besch�ftigt, durch ihre Taten unausgesetzter

Freundlichkeit dieses feste Bollwerk gegen die M�chte

von Ignoranz, Vorurteil und Bosheit, diese Vorposten

des Dienstes, der Liebe und des Friedens aufzubauen, die

die Grenzlinie einer ganz anderen Welt markieren. Wir

erblicken in diesen ... Frauen einen niemals wankenden

Glauben, ein stets gleichbleibendes Geschenk, eine unerm�dliche

Liebe sozusagen himmlische Karyatiden42 ,
41 Ebenda, S. 90

42 Karyatide: Archit. weibl. S�ulenfigur als Geb�lktr�gerin

226
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am aBend ihres leBens

die auf ihren H�uptern das Gef�ge der neuen Weltkultur

tragen.�43

Im Jahr 1927 kam Dr. Gertrude Richardson Brigham, eine

amerikanische Baha, als Pilgerin ins Heilige Land. Sie erinnert

sich, dass der Nachmittag, den sie mit den Damen des

Heiligen Haushalts verbrachte, f�r sie das �gr��te Erlebnis�

war. Die Begr��ung durch die Witwe �Abdu�l-Bahas und die

Zusammenkunft mit dem Gr��ten Heiligen Blatt beschreibt

sie so: �Bahayyih Kh�num, die erlauchte Schwester �Abdu�l-

Bahas, kam auch, und beide waren sehr herzlich zu mir. Es

war ihnen offenbar recht, dass ich gerade jetzt kam, wo keine

anderen Besucher da waren. Bahayyih Kh�num sieht zerbrechlich

aus, aber beide gaben an, dass sie bei normaler Gesundheit

seien, und sie interessierten sich lebhaft f�r alles, was unter den

Baha vorging.�44

Die Lebenskraft des Gr��ten Heiligen Blattes und ihrer

Schw�gerin, die beide sehr betagt waren, beeindruckte Dr. Brigham

nachhaltig. Sie schreibt, dass �sie begierig waren, von den

amerikanischen Baha zu h�ren und sich nach Freunden erkundigten,

die ich nur dem Namen nach kannte. Sie sagten, dass

Nachrichten vom Fortschritt der Baha-Arbeit ihnen die gr��te

Freude bereiteten, und dass dies ihr Lebenselixier sei.�45

Aus Sorge, dass sie sich vielleicht zu lange aufhalte und

dass die Damen erm�deten, machte Dr. Brigham wiederholt

Anstalten zu gehen, aber sie beschworen sie, der Besuch sei zu

kurz. Sie erinnert sich, dass man an diesem Nachmittag �ber

vieles sprach, und dass die Frauen sie ermutigten, die Baha-

Lehren gr�ndlich zu studieren und eine aktive Dienerin des

Glaubens zu werden. Zuletzt wartete auf Dr. Brigham noch

eine besondere �berraschung. Als sie im Begriff war zu gehen,

f�hrte das Gr��te Heilige Blatt, die Bewahrerin der heiligen

Reliquien, sie ins Nebenzimmer, um die Bildnisse des

43 Keith Ransom-Kehler, Excerpts from my Diary, in Star of the West 17,

Nr. 8 (1926), S. 258 f.

44 Gertrude Richardson Brigham, A Modern Pilgrimage to Baha

Shrines, in Star of the West 18, Nr. 9 (1925), S. 280

45 Ebenda, S. 280
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ProphetsDaughter.indb 227 31.08.2007 10:42:31
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

B�b, Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas zu betrachten. Dies war

ein besonderes Vorrecht f�r Baha-Pilger und eine einmalige

Gelegenheit, denn diese Bildnisse werden nicht vervielf�ltigt

und aus grunds�tzlichen Erw�gungen nicht unter den Baha

in Umlauf gesetzt.46

In ihrer Eigenschaft als Bewahrerin der heiligen Andenken

und der Bildnisse von B�b und Bahau�ll�h versah das Gr��te

Heilige Blatt einen wichtigen Dienst nicht nur f�r die ankommenden

Pilger, sondern auch f�r k�nftige Baha-Generationen.

Sie war sich der Bedeutung dieser Gegenst�nde f�r die Nachwelt

vollkommen bewusst. Sie nahm sie in sorgf�ltige Obhut

� die Bildnisse wurden in ihrem Zimmer aufbewahrt und

bezeigte eine Haltung tiefer Verehrung f�r das, was sie repr�sentierten.

Hierf�r zeugen auch die Erinnerungen eines Gl�ubigen,

der als Kind im Hause �Abdu�l-Bahas wohnte: �Wie oft

betrat ich diesen Raum in gro�er Ehrerbietung und kniete nieder,

wie wir es immer vor den Bildnissen Bahau�ll�hs und des

B�b taten, und sah zu, wie das Gr��te Heilige Blatt dort sa�

und and�chtig die Bildnisse enth�llte und sie nach Abschluss

der Besichtigung wieder verschloss.�47

Bahayyih Kh�num liebte alles Sch�ne und h�rte besonders

gern persischen Gesang. Abu�l-Q�sim Faiz�, der sp�ter vom

H�ter in einen hohen Rang berufen wurde, beschreibt in seinen

Erinnerungen, wie er w�hrend seiner Studienzeit an der amerikanischen

Universit�t in Beirut seine Ferien in Haifa verbringen

durfte. Einmal wurde eine kleine Gruppe von Studenten

eingeladen, vor dem Gr��ten Heiligen Blatt Texte zu singen.

Man lie� sie in die Gegenwart des Gr��ten Heiligen Blattes

vor, wobei auch Munírih Khánum, die Witwe �Abdu�l-Bahas,

und einige andere Frauen des Haushalts zugegen waren. Er

schreibt: �Wir Studenten durften diesen sch�nen Zuh�rerinnen

direkt gegen�ber sitzen. Kh�num sa� ganz still, ihre lilienwei�en

H�nde ruhten leicht auf ihrem Scho�. Sie war eine K�nigin,

die Liebe und Ehrfurcht weckte, und an ihrem erhabenen

Thron brachten wir unsere dankbaren Herzen dar. Ihr Blick

46 Ebenda, S. 282

47 �Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence, S. 63

228
ProphetsDaughter.indb 228 31.08.2007 10:42:31
am aBend ihres leBens

sprach Liebe, aber sie redete uns nicht an. Die Frau des Meisters,

Munírih Khánum, sprach f�r sie. Sie begr��te uns bei der

Ankunft, und am Ende unseres Programms, das aus Gebeten,

Liedern und Baha-Gedichten bestand, dankte sie uns herzlich

in Kh�nums Namen.�48

Als die Studenten bei anderer Gelegenheit nochmals eingeladen

wurden, f�r Bahayyih Kh�num zu singen, notierte Mr.

Faiz�: �Dieses Mal sagte sie, sie w�rde gerne eines der Lieder

h�ren, die in Iran von Arbeitern gesungen werden, wenn sie

abends von der Arbeit nach Hause gehen. Sie fragte uns, ob

jemand solche Lieder kenne. Es �berraschte uns, dass Kh�num

sich noch an diese Lieder erinnerte, die sie als kleines M�dchen

auf den Stra�en von Teheran geh�rt haben musste. Vielleicht

hatte der Anblick der Gruppe jugendlicher Perser oder die Musik

der t�r (ein persisches Saiteninstrument) bei ihr die Erinnerung

an jene fr�hen Tage wieder geweckt.�49

Auch in ihrer allerletzten Zeit war das Gr��te Heilige Blatt

den Pilgern weiterhin ein bewegendes Vorbild. Gebrechlich

und vom Alter gebeugt, zeigte sie doch eine Haltung, die die

Baha ermutigte und begeisterte. Marjorie Morton, eine amerikanische

Baha aus den fr�hen Tagen, brachte damals das
folgende Portr�t Bahayyih Kh�nums zu Papier:

�Wir aus dem Westen haben sie nur in ihren sp�ten Lebenstagen

gekannt. Aber in unserem Herzen regte sich niemals

der Wunsch, sie lieber in ihrer Jugend oder als junge Frau

erlebt zu haben, statt in den Jahren der Erf�llung. Sie zeigte

nichts von dem Gebaren, das wir �blicherweise mit dem

Alter assoziieren. Uns erscheint hohes Alter meist nachdenklich,

�ber die Schulter zur�ckblickend, seufzend vor

Erinnerungen, die zwischen Buchseiten, welche die Jahre

umgebl�ttert haben, an Profil verloren haben die zwar wom�glich

noch deutliche, scharfe Konturen aufweisen, aber

die F�lle und Farbigkeit lebendigen Gef�hls eingeb��t ha

48 A. Q. Faizi, zit. in �Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence,

S. 62
49 Ebenda , S. 62
229
ProphetsDaughter.indb 229 31.08.2007 10:42:31
6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

ben. Sie hatte es nicht n�tig, die Seiten zur�ckzubl�ttern,

um die Spuren entschwundener Stunden einzufangen. Die

entscheidenden Str�nge des Vergangenen waren mit den F�den

des Gegenw�rtigen zum Geflecht des Heute verwoben.

Ihr Jetzt verk�rperte die ganze Summe ihres Ehedem.�50

Keith Ransom-Kehler, eine hochgesch�tzte amerikanische

Baha, die als letzte der Pilger aus dem Westen mit Bahayyih

Kh�num zusammentraf, zeichnet ein abschlie�endes Bild des

Gr��ten Heiligen Blattes. Mrs. Ransom-Kehler hielt sich vor

ihrer Abreise nach Iran, wo sie eine Mission f�r den Glauben

zu erf�llen hatte, im Heiligen Land auf. Ihr Besuch beim Gr��ten

Heiligen Blatt fand gerade einen Monat vor deren Tod statt.

In ihrem Tagebuch notierte sie:

�Das Gr��te Heilige Blatt hatte eine solch helle Ausstrahlung

von Sch�nheit und himmlischer Liebe, wie ich sie nie

bei einem Menschen erlebt habe. In ihrer Gegenwart wurde

die Seele still und erhaben. Sie war wie ein Vogel bei Tagesanbruch,

wie Fr�hlingsanfang, eine Stadt an fernem Horizont

� alles, was uns erstaunen l�sst und die Tiefe, nicht die

Erregung des Herzens, enth�llt.

Zweimal zog sie meinen Baha-Ring ab, hielt ihn eine Weile

und legte ihn mir umgedreht wieder an. Zweimal blies sie

auf meine Handfl�che, ein s��er, k�hler, k�stlicher Hauch,

und dann rief sie jubelnd: Jetzt ist es gut.

Ihr Geist war nie ganz klar, au�er im Augenblick des Abschiednehmens.

Sie streckte ihre zarte Hand aus, dr�ckte meine Wange fest

an die ihre und tat so einen Ausruf in der Art eines Liebenden.

Ich war durch ihr liebes Wesen ganz �berw�ltigt.
50

Marjorie Morton, Bahayyih Kh�num, in Baha World 5 (1932-1934), S.

184
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am aBend ihres leBens

Fast die ganze Zeit sang sie mit leiser, wundervoller Stimme

ein gro�artiges Tablet oder ein Gedicht, und dabei streichelte

sie mir die Hand oder fasste mir unter das Kinn.�51

Mrs. Ransom-Kehler erw�hnt, dass sie am Abend vor ihrem

Abschied bei den Damen des Haushalts zum Tee geladen war.

Im Tagebuch h�lt sie fest:
�Kh�num war sehr schwach. Ihr Besuch am Schrein

Bahau�ll�hs in der Nacht des Hinscheidens hatte ihr sehr

zugesetzt. Jeden Sonntag bestand sie darauf, an der Versammlung

auf dem Berg Karmel teilzunehmen: Sie musste
in und aus dem Wagen gehoben werden. ...

Ihre Aufmerksamkeit, Herzensg�te und Ausgeglichenheit,

ihre vollkommene Hingabe an das Geistige lie�en niemals

nach bis zur letzten Stunde, an der ich sie sah, gerade einen

Monat und einen Tag vor ihrem Hingang.

Als ich mich dann verabschiedete, half ihr D�y� [ihre Nichte]

trotz meines Einspruchs auf die Beine. Sie schloss mich,

ach, so z�rtlich in ihre unsch�tzbaren Arme mit den Worten:

�Wenn sie in Persien sind, m�chte ich, dass sie jedem

Baha im ganzen Land, M�nnern ebenso wie Frauen, meine

liebevollen Gr��e �bermitteln. Und wenn sie die heilige

Stadt Teheran erreichen, betreten sie sie in meinem Namen

und lehren sie dort in meinem Namen.� �52

Aus der vorstehenden Darstellung wird deutlich, dass ein

pr�gendes Element der letzten Lebensjahre des Gr��ten Heiligen

Blattes das tiefe Band zwischen ihr und dem H�ter war.

Diese Herzensbindung reichte �ber die pers�nliche Ebene weit

hinaus. Beide teilten die gleiche Vision von der k�nftigen Ent

51

�Excerpts from Diary of Mrs. Keith Ransom-Kehler�, in Baha World

5 (1932-1934), S. 187
52
Ebenda
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6. Kapitel shoghi eFFendis ruhmreiche geF�hrtin

faltung des Baha-Glaubens, und f�r beide war der Fortschritt

und der erfolgreiche Abschluss zeitlich abgestimmter Pl�ne

und Projekte das wichtigste Anliegen. Trotz der schwindenden

k�rperlichen Kr�fte Bahayyih Kh�nums war der Fortschritt der

Baha-Religion in ihrem hohen Alter genauso wie in ihren

fr�heren Lebensphasen der alles beherrschende Brennpunkt

ihrer Existenz. Der Dienst an der Sache ihres geliebten Vaters

war die ganze Freude ihres Daseins und ihr Herzenswunsch.

Mit dem Mittel der Ermutigung und durch ihr eigenes Beispiel

gelang es ihr, die Baha zur Mitarbeit auf dem weiten Feld des

Dienens anzuspornen.
232
ProphetsDaughter.indb 232 31.08.2007 10:42:31
7. Kapitel
Der Berg Gottes jubelt
ProphetsDaughter.indb 233 31.08.2007 10:42:31
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

In ihrer letzten Lebensphase litt das Gr��te Heilige Blatt

zunehmend unter den �Unp�sslichkeiten, Pr�fungen und

Krankheiten�, die so oft mit dem Alter einhergehen. Shoghi

Effendi bezeugt, dass sie, obwohl sie �schwach und meistens

an das Zimmer gefesselt�, �ein Quell dauernder Freude

und Erleuchtung f�r alle war, denen sie begegnete.� �Alle

Leiden,� so bekr�ftigt er ebenfalls, �die sie w�hrend ihres

Lebens erfahren musste und die ihre Spuren in ihrem abgezehrten

K�rper hinterlie�en, hatten nicht im geringsten ihren

heiteren und hoffnungsvollen Geist ged�mpft. Sie wollte die

Menschen gl�cklich sehen und setzte alles daran, es ihnen zu

erleichtern, dieses zu verwirklichen.� Marjorie Morton, eine

amerikanische Baha, hinterl�sst uns folgende Beschreibung

des Gr��ten Heiligen Blattes an ihrem Lebensende: �Kurz

vor ihrem Tode zeichneten ihre schwindenden Kr�fte ein intensiveres

und sch�rfer konturiertes Bild ihres wahren Herzens

und Geistes. Es war, als lie�e sie zuerst die gewohnheitsm��igen

�u�erungen des Geistes und die verg�nglichen

Sinneswahrnehmungen hinter sich, um bis zum Ende die

wesentlichen Elemente ihres Seins festzuhalten, ungetr�bt

von k�rperlichem Leiden und SchMirza Aus ihrem L�cheln

sprachen immer noch St�rke, Heiterkeit, Z�rtlichkeit und jene

Liebe, die zugleich Anerkennung und Geschenk waren. Und

so hinterlie� sie der Erinnerung einen letzten, klaren Beweis

ihres ganzen Lebensmusters.�1

In diesem Kapitel erforschen wir das Hinscheiden des

Gr��ten Heiligen Blattes, die unmittelbare Wirkung dieses

Ereignisses auf die Baha-Gemeinde und die Verbindung, die

zwischen ihrer Ruhest�tte und der Errichtung der Institutionen

des Glaubens am Baha-Weltzentrum besteht.
1

Shoghi Effendi, zit. in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.

54; aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda

S. 85 f.; Marjorie Morton, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,

S. 185
234
ProphetsDaughter.indb 234 31.08.2007 10:42:31
Das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes

Bahayyih Kh�num starb in Haifa �eine Stunde nach Mitternacht

am Freitag, dem 15. Juli� 1932 in ihrem sechsundachtzigsten

Lebensjahr. Ungeachtet ihres fortgeschrittenen Alters

und ihrer angegriffenen Gesundheit nannte der H�ter ihren Tod

dennoch �tragisch in seiner Pl�tzlichkeit.� �ber die Reaktion

der Baha auf die Nachricht ihres Hinscheidens schreibt er:

�So unvermeidlich dieses furchtbare Ereignis uns allen erschien

und so klar wir es hatten kommen sehen, sind wir doch

in dieser schrecklichen Stunde, da es wirklich eingetreten ist,

... fassungslos und untr�stlich.�2

Bahayyih Kh�nums Todesnachricht erreichte Shoghi Effendi,

als er sich in der Schweiz aufhielt. Er beklagte sein Fernsein

ausdr�cklich. In einem Brief, den er damals schrieb, dr�ckt er

seinen Verlust und sein Bedauern aus. �Wehe,� schreibt er,

�dass ich nicht bei ihr sein konnte am Ende ihrer Erdentage, in

dem Augenblick, als sie zu ihrem Herrn und Meister aufstieg

und ihr zerbrechlicher Leib zu Grabe getragen wurde. Nicht f�r

mich war diese Ehre, dieses hohe Vorrecht, denn ich war weit

entfernt, beraubt, ausgeschlossen.�3

Unmittelbar nach dem Eintreffen der Nachricht von Bahayyih

Kh�nums Aufstieg informierte Shoghi Effendi die Baha

in Ost und West. Sein Telegramm vom 15. Juli 1932 an den

amerikanischen Nationalen Geistigen Rat beschreibt die historische

Bedeutung ihres Todes und seine pers�nliche Reaktion,

bestimmt den Standort ihres Ruheplatzes am Berg Karmel

und ruft zu einer neunmonatigen Zeit der Trauer auf. Das Telegramm

hat folgenden Wortlaut:
�UNSTERBLICHER GEIST GR�SSTEN HEILIGEN
BLATTES [ZUM] GROSSEN JENSEITS AUFGESTIE
2

Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 80; Shoghi Effendi,

ebenda S. 62; aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen

Brief, ebenda S. 67; Shoghi Effendi, ebenda S. 31
3
Shoghi Effendi, ebenda S. 23 f.
235
ProphetsDaughter.indb 235 31.08.2007 10:42:32
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt
GEN. UNGEZ�HLTE LIEBENDE IHRES HEILIGEN
LEBENS IN OST UND WEST SCHMirzaRF�LLT,
IN UNS�GLICHES LEID GETAUCHT. MENSCHHEIT
WIRD BALD IHREN UNERSETZLICHEN VERLUST
ERKENNEN. UNSER GELIEBTER GLAUBE, DURCH
SCHICKSALSSCHLAG VON �ABDU�L-BahaS UNERWARTETEM
HEIMGANG FAST VERNICHTET,
BEKLAGT JETZT HINSCHEIDEN LETZTER SPUR
BahaU�LL�HS, SEINES EHRW�RDIGSTEN MITGLIEDS.
HEILIGE FAMILIE GRAUSAM IHRER
KOSTBARSTEN, GR�SSTEN ZIER BERAUBT. ICH
SELBST BEWEINE PL�TZLICHEN WEGFALL MEINER
EINZIGEN IRDISCHEN ST�TZE, DER FREUDE
UND DES TROSTES MEINES LEBENS. STERBLICHE
RESTE WERDEN [IN] NACHBARSCHAFT HEILIGER
SCHREINE RUHEN. EIN SO SCHMirzaICHER VERLUST
ERFORDERT AUSSETZEN JEDER ART RELIGI�SER
FESTLICHKEIT NEUN MONATE IN GANZER
Bahai-WELT.�4

Au�erdem rief der H�ter den Nationalen Rat auf, bestimmte

Schritte in der Baha-Gemeinde zu veranlassen: �INFORMIEREN

SIE �RTLICHE R�TE UND GRUPPEN ANGEMESSENE
GEDENKVERSAMMLUNGEN ABZUHALTEN
[ZUR] W�RDIGUNG EINES LEBENS, SO VOLLER

HEILIGER ERFAHRUNGEN, SO REICH [AN] UNVERG�NGLICHEN

ERINNERUNGEN. EMPFEHLE AUSSERDEM
ABHALTUNG [EINES] GEDENKGOTTESDIENSTES
ALS REINE ANDACHT [IM] AUDITORIUM [DES]
Mashriqu'l-Adhkar.� 5

Zwei Tage sp�ter schrieb Shoghi Effendi eine bewegende

Huldigung f�r seine geliebte Gro�tante, die einen tiefen Einblick

in die Gedanken und Gef�hle erm�glicht, die sein trauerndes

Herz erf�llten. Darin r�hmt er das Leben, die Stufe und

die Taten des Gr��ten Heiligen Blattes und w�rdigt besonders

ihre einzigartigen Dienste f�r den Glauben. Der vom H�ter eigenh�ndig

geschriebene Brief wurde sp�ter als Faksimile-Druck

236
ProphetsDaughter.indb 236 31.08.2007 10:42:32
das hinscheiden des gr�ssten heiligen Blattes

an die Baha im Westen versandt. Er findet sich auch in dem

Buch Baha Administration: Selected Messages 1922-1932, in

dem ausgew�hlte Briefe des H�ters ver�ffentlicht sind.4

Mit dem Hinscheiden Bahayyih Kh�nums, �der letzten �berlebenden

eines ruhmreichen, heroischen Zeitalters�, ging �das

erste und bewegendste Kapitel der Baha-Geschichte, das den

Abschluss des urspr�nglichen, des Apostolischen Zeitalters der

Religion Bahau�ll�hs bezeichnet�, endg�ltig zu Ende. Sie war

das lebende Bindeglied zwischen den Baha und jenem gro�en

Abschnitt ihrer Geschichte, der die Amtsperioden der drei Zentralgestalten

des Glaubens umfasste. Ein Leben, das mit Ausnahme

von nur zwei Jahren das gesamte Heroische Zeitalter des

Baha-Glaubens umspannte, hatte sich erf�llt. In einem Brief

spricht der H�ter die lange Dauer ihres Dienstes f�r den Glauben

an: �Mehr als achtzig Jahre lang ertrug dieses Erhabene

Blatt mit einer Tapferkeit, die jeden, der mit ihr Bekanntschaft

haben durfte, in Erstaunen setzte, Leiden und Schwierigkeiten,

wie sie nur wenige unserer heutigen Gl�ubigen durchmachen

mussten. Und doch welche Freude, welche Heiligkeit hat sie

ihr Leben lang gezeigt! Inmitten von Leiden und Qualen blieb

ihr engelgleiches Antlitz so ruhig, so gelassen! Dies war kein

Mangel an Herzensg�te oder Mitgef�hl; vielmehr konnte sie

ihre Gef�hle b�ndigen, und dies allein deshalb, weil sie ihr

ganzes Vertrauen in Gott gesetzt hatte.�5
Die Beisetzung

Obwohl Shoghi Effendi der Beisetzung seiner Gro�tante nicht

pers�nlich beiwohnte, bestimmte er doch die Stelle, wo sie beerdigt

werden sollte. Er verf�gte, dass ihre Gebeine auf dem

Berg Karmel in Nachbarschaft zu den heiligen Schreinen des

B�b und �Abdu�l-Bahas ruhen sollten.6

4 Shoghi Effendi, Baha Administration, S. 187-196. Siehe auch Shoghi

Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 31-45

5 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 60

6 Shoghi Effendi, ebenda S. 22
237
ProphetsDaughter.indb 237 31.08.2007 10:42:32
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

�Al� Nakhjav�n�, der als Baha bis ins Erwachsenenalter

(und erneut in seinen sp�teren Jahren) in Haifa wohnte, gibt

folgenden Bericht �ber die Ereignisse in der Stadt zur Zeit der

Beisetzung Bahayyih Kh�nums:

�Als das Gr��te Heilige Blatt am 15. Juli 1932 in ihrem

sechsundachtzigsten Lebensjahr verschied, wurde in Haifa

eine Anzeige gedruckt, die an alle Betroffenen, Baha und

andere, in Haifa, �Akka und Jerusalem verschickt wurde.

Zu Beginn steht der Vers 33 aus den arabischen Verborgenen

Worten Bahau�ll�hs: ,O Sohn des Geistes! Mit der

freudigen Botschaft des Lichtes gr��e Ich dich: Freue dich!

Zum Hofe der Heiligkeit rufe Ich dich: Wohne darin, damit

du ewig in Frieden lebest!� Bahau�ll�h

Dann folgen die Worte: ,Die hinterbliebenen Angeh�rigen

von Sir �Abdu�l-Bahá �Abbas teilen in tiefem Schmerz den

Tod Bahayyih Kh�nums, der Schwester des verstorbenen

Sir �Abdu�l-Bahá �Abbas mit, die am 15. Juli um ein Uhr

morgens friedlich entschlafen ist. Der Leichenzug beginnt

an ihrer Wohnung in der persischen Kolonie am Samstag,

dem 15. Juli, um 16.30 Uhr.�

Das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes war das bedeutendste

Ereignis in Haifa seit dem Hinscheiden �Abdu�l-

Bahas. Viele Menschen versammelten sich zur Beisetzung,

und hundert Autos folgten dem Zug. ... Neben vielen anderen

W�rdentr�gern nahmen auch der B�rgermeister von

Haifa und der Vertreter des n�rdlichen Bezirks teil. Unter

den Anwesenden waren nicht nur Bewohner von Haifa, sondern

auch von �Akka, Ab�-Sin�n, Nablus, Jaffa und Jerusalem,

und nat�rlich waren die Baha anwesend. Das Gebet

f�r die Toten wurde im Haus des Meisters in der Empfangshalle

gesprochen. Einige der Freunde dienten als Sargtr�ger.

Der Sarg wurde auf den Schultern der Freunde vom Haus

des Meisters hinauf zum Schrein getragen. Man brachte den

Sarg herein; nicht durch den Haupteingang, sondern durch

238
ProphetsDaughter.indb 238 31.08.2007 10:42:32
die Beisetzung

das kleine Tor neben der Schule, fast unmittelbar neben der

Gruppe von Zypressen an der Stelle, wo Bahau�ll�h gesessen

hatte, dann den Pfad hinunter zum Schrein.�7

Nakhjav�n� berichtet weiter, dass nach seiner Erinnerung

der Sarg nicht in den Schrein hineingetragen, sondern au�en

niedergesetzt wurde und dass Gebete gelesen wurden. Er f�hrt

fort: �Dann wurde der Sarg wieder aufgenommen und auf dem

gleichen Weg zu ihrer letzten Ruhest�tte getragen. Shoghi

Effendi hatte den Platz bestimmt und seinem Vater in Haifa

genaue Anweisung gegeben, wo die Stelle sein solle und wie

die Beisetzung zu erfolgen habe. Shoghi Effendi wies auch die

Baha an, die Ruhest�tte neun Tage lang jeden Tag zu besuchen.

Wir versammelten uns neun Tage lang jeden Nachmittag

an ihrem Ruheplatz zum Gebet.�8

Nakhjav�n� teilt auch mit, welche Wirkung die Beisetzung

Bahayyih Kh�nums auf die �rtliche Bev�lkerung ausge�bt hat.

Er erinnert sich:

�Unter den Arabern in der Stadt gab es welche, die Preisges�nge

(Marth�yyih) auf das Gr��te Heilige Blatt verfasst

hatten und diese vorlesen wollten. Da am Tag der Beisetzung

die Zeit nicht ausreichte, musste dies unterbleiben, denn

es wurde Abend, und jeder musste nach Hause. Sehr bald

gingen Anfragen ein, im Haus des Meisters eine Versammlung

einzuberufen, bei der diese Dichter und verschiedene

�ffentliche Amtstr�ger nach der Landessitte der Familie ihr

Beileid bezeigen, Gedichte zu Ehren des Gr��ten Heiligen

Blattes vortragen und Lobesworte zu ihrem Ged�chtnis

sprechen konnten. Das wurde Shoghi Effendi sofort mitgeteilt,

und dieser sagte nein. Stattdessen verf�gte er, dass am

vierzigsten Tag nach ihrem Hinscheiden ein Essen f�r die

Armen gegeben werden solle und f�r alle, die sonst noch

kommen wollten.�9

7 �Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence, S. 64

8 ebenda, S. 64 f.
9 ebenda, S. 65
239
ProphetsDaughter.indb 239 31.08.2007 10:42:32
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

Das historische Essen zum Andenken an das Gr��te Heilige

Blatt fand am 25. August 1932 im Garten von �Abdu�l-Bahas

Haus in Haifa statt. Nakhjav�n� hat die Betriebsamkeit und Aufregung,

die an diesem Tage herrschte, festgehalten: �Einige

von uns kochten, andere machten sauber, wieder andere deckten

die Tische oder bedienten. Dieser dem�tige Diener war unter

denen, die die Speisen auftrugen. Eine lange Tafel wurde

aufgebaut, an der hundert Personen Platz nehmen konnten.

Zehn- oder elfmal wurde die Tafel neu besetzt; es kamen �ber

1.000 Leute. So ging es bis drei oder vier Uhr nachmittags. Im

Garten hatte man ein Zelt errichtet, wo die Wartenden Schutz

vor der hei�en Sommersonne fanden.� Au�er diesem Ereignis

berichtet Nakhjav�n� noch Folgendes: �Shoghi Effendi machte

auch eine Spende an die Stadt Haifa in H�he von 100 Pfund

� damals eine erhebliche Summe und bat darum, dieses Geld

im Namen des Gr��ten Heiligen Blattes an die Bed�rftigen zu

verteilen. Dies wurde in den Zeitungen bekanntgegeben, und

die Gemeindeverwaltung setzte eine Sonderkommission ein,

um die eingehenden Unterst�tzungsantr�ge zu sichten und das

Geld den wirklich Bed�rftigen zukommen zu lassen.�10

Shoghi Effendi selbst hatte nicht das Vorrecht, der Beisetzung

des Gr��ten Heiligen Blattes beizuwohnen. SeineWitwe R�h�yyih

Kh�num berichtet jedoch, dass sofort, nachdem ihn �die Nachricht

ihres Todes ... erreichte, es sein erstes Anliegen war, ein passendes

Monument f�r ihre Grabst�tte zu planen, das er schnellstens in Italien

bestellte.� Sie beschreibt das Grabdenkmal folgenderma�en:

�Niemand k�nnte dies ausgesucht ebenm��ige Bauwerk aus gl�nzend

wei�em Carrara-Marmor je anders bezeichnen als was es ist

� ein Tempel der Liebe, Inbegriff der Liebe Shoghi Effendis.�11

Neunmonatige Zeit der Trauer

In seinen Telegrammen nach dem Hinscheiden Bahayyih Kh�nums

ruft Shoghi Effendi zum Aussetzen �jeder Art von religi10

ebenda

11 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 236

240
ProphetsDaughter.indb 240 31.08.2007 10:42:32
neunmonatige zeit der trauer

�ser Festlichkeit� �ber einen Zeitraum von neun Monaten, vom

15. Juli 1932 bis zum 15. April 1933 auf. Die Bedeutung dieser

Periode wird in einem Brief vom 15. Juli 1932 an die Baha

des Ostens vom H�ter noch n�her erl�utert:

�O ihr getreuen Freunde! Es ist richtig und angemessen,

dass zu Ehren ihres hohen Ranges in den Versammlungen

der J�nger Bahau�ll�hs des Ostens wie des Westens

alle Baha-Festlichkeiten und Feiern �ber einen Zeitraum

von neun Monaten g�nzlich ausgesetzt werden und in jeder

Stadt und jedem Dorf Gedenkgottesdienste stattfinden, die

von Feierlichkeit, Geistigkeit, Demut und Hingabe gepr�gt

sind. Dabei sollten in erlesenster Sprache die leuchtenden

Attribute dieses herrlichsten Blattes, dieses Urbilds des

Volkes Baha, ausf�hrlich gew�rdigt werden. Wenn es den

einzelnen Gl�ubigen m�glich ist, ihre pers�nlichen Feiern

ein ganzes Jahr zu verschieben, sollten sie dies unbedingt

tun, um so ihrem Schmerz �ber diesen ersch�tternden

Schlag Ausdruck zu geben.�12

Weitere, in Shoghi Effendis Auftrag geschriebene Briefe

enthalten zus�tzliche Hinweise, damit die Gl�ubigen seine Absicht

bei der Aussetzung bestimmter Aktivit�ten besser verstehen

konnten. Hierf�r ein Beispiel: �Zur Aussetzung von Festlichkeiten

�ber einen Zeitraum von neun Monaten: Damit ist

gemeint, dass alle Zusammenk�nfte im Hause oder au�er Hause,

die nicht ausschlie�lich der Andacht vorbehalten sind, w�hrend

der ganzen Trauerperiode entfallen sollen. Dagegen sollten

reine Andachtsveranstaltungen und solche Treffen, die zur

Fortf�hrung der administrativen Aufgaben notwendig sind, wie

gewohnt abgehalten werden.� In einem anderen Brief schreibt

der Sekret�r des H�ters: �Da das Neunzehntagefest auch administrative

Funktionen erf�llt, sollte es weiterhin stattfinden;

doch sollte es in �u�erster Schlichtheit durchgef�hrt werden

12

Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 22;

aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda S.

84f; Shoghi Effendi, ebenda S. 30
241
ProphetsDaughter.indb 241
31.08.2007 10:42:33
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

und nichts enthalten, was mit Festlichkeit und Unterhaltung zu

verbinden ist. Die Feiertage zu Naw-R�z sowie zum Geburtstag

Bahau�ll�hs und des B�b sollten ganz entfallen als Zeichen

unserer tiefen Trauer um ein so herausragendes, ehrw�rdiges

Glied der Familie Bahau�ll�hs.� Ein letztes Zitat verdeutlicht

neben dem Zweck der Trauerperiode auch den Nutzen, den die

Baha von dieser Zeit haben sollten: �Diese neun Monate, in

denen die Freunde auf Bitten des H�ters Festtage aussetzen

sollen, sind als Monate der Trauer um das Gr��te Heilige Blatt

gedacht. Die Freunde sollten sie auch als eine Zeit verdoppelten

Einsatzes im Dienst f�r den Glauben nutzen, um unsere

tiefe Liebe f�r sie und f�r die Sache auszudr�cken, f�r die sie

so viel gelitten hat.�13
Versand heiliger Sendschreiben

Um es den Baha zu erleichtern, das Gr��te Heilige Blatt

und ihre einzigartige Stufe als �die herausragende Heldin der

Baha-Sendung� besser zu w�rdigen, sandte Shoghi Effendi

an die Gl�ubigen in Ost und West �ber ihre Institutionen

Abschriften von Sendschreiben, die Bahau�ll�h und �Abdu�l-

Bahá ihr zu Ehren offenbart hatten. �Diese Zitate,� so bezeugt

der H�ter, �enth�llen in einem Ma�e, das unser endlicher Geist

begreifen kann, die Natur jenes mystischen Bandes, das sie

einerseits mit dem Geist ihres allm�chtigen Vaters vereinigte

und andererseits so eng an ihren ruhmreichen Bruder band, das

vollkommene Beispiel dieses Geistes.� Er erkl�rt auch, dass

ihr Andenken �lange in diesen unsterblichen Worten fortleben

wird ein Andenken, dessen veredelnder Einfluss eine bleibende

Inspiration und ein Trost inmitten der Tr�mmer einer

schrecklich ersch�tterten Welt ist.�14

Shoghi Effendis Absicht dabei war es, dass diese Schriften

zur Person des Gr��ten Heiligen Blattes in den Gedenkveranstaltungen

verwendet w�rden. An den Zentralen Rat Persiens

13 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda S.

72 f., S. 85, S. 88 f.
14 Shoghi Effendi, ebenda S. 62, S. 58, S. 59
242
ProphetsDaughter.indb 242 31.08.2007 10:42:33
neunmonatige zeit der trauer

schrieb der H�ter, diese Verse sollten �wiederholt vorgetragen

werden, in ergreifender Ehrerbietung und Demut und mit gr��ter

Konzentration und Sorgfalt, um ihr gesegnetes Andenken zu

verewigen und ihre Stufe zu verherrlichen, und auch aus Liebe

zu ihrer unvergleichlichen Sch�nheit.�15
Verhalten der Baha in der Trauerzeit

Bruchst�ckhafte Einzelheiten �ber die Reaktion der Baha-

Weltgemeinde auf das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen

Blattes k�nnen der in The Baha World, Band 516 enthaltenen

�bersicht �ber laufende Baha-Aktivit�ten sowie anderen ver�ffentlichten

Quellen entnommen werden.

The Baha World berichtet, dass die Baha-Gemeinden in

aller Welt mit tiefer Trauer auf Bahayyih Kh�nums Hinscheiden

reagierten. Die keimhaften Nationalen Geistigen R�te leiteten

die Nachricht an ihre �rtlichen Gemeinden weiter, und

auch untereinander tauschten die Nationalen R�te Beileidsbotschaften

aus. Geistige R�te f�hrten besondere Gedenkveranstaltungen

durch, und weltweit setzten die Baha neun Monate

lang alle religi�sen Feierlichkeiten aus. In der Trauer vereint

und durch das Beispiel des Gr��ten Heiligen Blattes angeregt,

erhoben sich die Anh�nger der Baha-Religion zu neuen H�hen

des Dienstes f�r die Sache.17

Die beiden erfahrensten administrativen Instanzen, der Nationale

Geistige Rat der Vereinigten Staaten und Kanadas sowie

der Nationale Geistige Rat von Persien, erhielten in dieser

Zeit besondere Verantwortlichkeiten zugewiesen. Zum Beispiel

sorgte der amerikanische Nationale Rat von Shoghi Effendis

bewegender handschriftlicher Abschiedsbotschaft an seine

Gro�tante, wof�r dieser seine tiefe Dankbarkeit ausdr�ckte.

Shoghi Effendi bat den amerikanischen Rat ebenfalls um

�alle erforderlichen Schritte� zur �prompten und breiten Ver

15 ebenda, S. 57 f.

16 The Baha-World ist eine von Baha 1925 herausgegebene Dokumen

tation �ber laufende Entwicklungen in der Baha Welt.

17 Baha World 5 (1932-34), S. 22 f., S. 85 f., S. 114 f.

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ProphetsDaughter.indb 243 31.08.2007 10:42:33
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

teilung� der von ihm �bersetzten Abschnitte aus den Schriften

Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas, die das Gr��te Heilige Blatt

betrafen, unter den Gl�ubigen in der westlichen Welt.18

Die Ver�ffentlichung und Verbreitung dieser Texte erweiterte

das Verst�ndnis der Gl�ubigen f�r Bahayyih Kh�nums

einzigartige Stellung im Baha-Glauben und f�r ihren au�erordentlichen

Beitrag zu dessen Entwicklung. Der nachstehende
Bericht kann hierf�r als Zeugnis dienen:

�Als am 15. Juli 1932 die Nachricht vom Aufstieg des Gr��ten

Heiligen Blattes ins Gro�e Jenseits die Welt ersch�tterte,

war das Bed�rfnis wirklich gro�, sich an jede Verhei�ung

und g�ttliche Zusicherung zu halten, dass ihr strahlender

Geist vom unbeschr�nkten Reich herab die bek�mmerten,

traurigen Herzen all derer leiten und st�tzen werde, die sich

nach dem Trost des H�ters sehnten, dessen eigener, nicht

in Worte zu fassender Schmerz unauslotbar schien. Nur in

solchen Augenblicken wird die Menschheit im Bewusstsein

des gemeinsamen Verlustes enger zusammengef�hrt,

und die Gl�ubigen im Westen waren tief und nachhaltig

bewegt. Es war das Bewusstsein unwiederbringlichen Verlustes

durch das Zerrei�en des physischen Bandes, welches

die Gl�ubigen mit der �letzten Spur Bahau�ll�hs� vereinte,

�die der dahingegangene Meister unseren schwachen, unw�rdigen

H�nden anvertraut hatte.�19

Aber die amerikanischen Gl�ubigen hielten nicht nur die

Gedenkveranstaltungen ab, sondern folgten auch dem letzten

Aufruf des Gr��ten Heiligen Blattes, den Bau des Hauses der

Andacht in Wilmette zu beschleunigen, von dem der H�ter gesagt

hatte, dass er ihr ein Herzensanliegen war.

Der persische Nationale Geistige Rat erhielt die Aufgabe,

die Abschnitte aus den Baha-Schriften �ber das Gr��te Heilige

Blatt, �sofort und mit gr��ter Vorsicht an die L�nder des

18 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 52,

S. 59
19 Baha World 5 (1932-34), S. 85 f.
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ProphetsDaughter.indb 244 31.08.2007 10:42:33
neunmonatige zeit der trauer

Ostens durch deren �rtliche Geistige R�te� zu senden. Der

H�ter bezeichnete diese Aufgabe als einen �gro�en Segen, der

eigens den Treuh�ndern der Ihm in Liebe Ergebenen in diesem

vornehmen Heimatland vorbehalten� war.20

�berall in Persien fanden Gedenkveranstaltungen zu Eh

ren des Gr��ten Heiligen Blattes statt. In Teheran wurde der

21. Juli 1932 als besonderer Gedenktag festgelegt, an dem

alle Baha der Arbeit fernbleiben sollten. An Naw-R�z, das in

Persien eine lange Tradition religi�ser Festlichkeiten besitzt,

fanden keinerlei Baha-Feste statt. Das ganze Ausma� und

der Geist, in dem die persischen Baha in den Monaten der

Trauer besondere Anstrengungen unternahmen, geht aus dem

folgenden Bericht hervor:

�In Teheran wurden an neun aufeinanderfolgenden Tagen

Gedenkgottesdienste durchgef�hrt, und dann fanden solche

Gottesdienste neun Monate lang alle neunzehn Tage statt.

Bei diesen Anl�ssen wurden Geschichten aus dem Leben

des Gr��ten Heiligen Blattes erz�hlt und speziell f�r sie offenbarte

heilige Tablets gesungen. In der Trauerzeit wurden

ihr zu Ehren zehn Speisungen durchgef�hrt, bei denen �ber

siebenhundert Personen gespeist wurden. Bei vielen Versammlungen

sprach Keith Ransom-Kehler, die Abgesandte

des amerikanischen Nationalen Geistigen Rates nach Persien,

in unvergesslicher Weise im Gedenken an das Gr��te

Heilige Blatt; besonders eindrucksvoll geschah dies im

Haus von Mirza �Abdu�l-Husayn K�zimuf, wo sie vor einhundertzwanzig

Frauen sprach, die zu einem Gedenkessen

geladen waren, und dann wieder im Hazaratu�l-Quds, wo sie

ihre Begegnungen mit dem Gr��ten Heiligen Blatt schilderte

und die Botschaften �berbrachte, die diese erlauchteste aller

Frauen durch sie an Persien gerichtet hatte und die wie ein

letztes Lebewohl anr�hrten. Die persischen Baha haben

das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes als sehr bitter

empfunden, und ihr zuliebe arbeiten sie mit verdoppeltem

20 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 58

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7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

Eifer daran, die Weltordnung Bahau�ll�hs herbeizuf�hren,

deren Gr�ndung sie miterlebt hatte und deren Aufbau ihr so

sehr am Herzen lag.�21

In Kapitel 6 wurde schon erw�hnt, dass Keith Ransom-Kehler

die letzte Pilgerin aus dem Westen war, die dem Gr��ten Heiligen

Blatt begegnen durfte. Ende Juni 1932 traf sie in Teheran

ein. Ihr Aufenthalt in Persien diente nicht nur der Erf�llung einer

besonderen Mission im Auftrag des amerikanischen Nationalen

Geistigen Rates, sondern auch der St�rkung von Einheit und Verst�ndnis

zwischen Ost und West und dem Besuch historischer

St�tten des Baha-Glaubens. Ihr besonderer Beitrag zu der Gedenkstunde

zu Ehren des Gr��ten Heiligen Blattes wurde von

zwei persischen Baha noch n�her beschrieben: �Mrs. Ransom-

Kehler hatte aus Haifa Gr��e und Botschaften der Liebe vom

heiligen Haushalt mitgebracht. Diese Botschaften �bermittelte

sie den im Garten versammelten Freunden in einer bewegenden

Ansprache. Im Mittelpunkt stand eine Botschaft von Bahayyih

Kh�num, die sich als ihre letzte Botschaft an die persischen

Freunde erweisen sollte. �Beim Abschied,� so sagte Mrs. Ransom-

Kehler, trug mir das Gr��te Heilige Blatt auf, den M�nnern

ebenso wie den Frauen die gleiche Botschaft der Liebe zu

�berbringen. Sie sagte auch: �Wenn sie die heilige Stadt Teheran

erreichen, betreten sie sie in meinem Namen, und wenn sie den

Mund �ffnen, sprechen sie in meinem Namen.� Weiter hei�t es

in dem Bericht: �Mrs. Ransom-Kehler konnte bei dem ersten von

neun Gedenkgottesdiensten, die an neun aufeinanderfolgenden

Tagen in verschiedenen Stadtteilen zu Ehren des Gr��ten Heiligen

Blattes gehalten wurden, in der �ffentlichkeit sprechen. Zu

der Botschaft, die das Gr��te Heilige Blatt ihr mitgegeben hatte,

meinte Mrs. Ransom-Kehler, jetzt werde ihr klar, dass es in der

Tat eine Abschiedsbotschaft war, die darauf hindeutete, dass ihr

leibliches Dasein sich schnell dem Ende neigte.�22

21 Baha World 5 (1932-34), S. 114 f.

22 Ausz�ge aus Briefen von A. Samimi und von A. H. Naimi, zit. in

Bertha Hyde Kirkpatrick: A Western Visitor in the Land of Bahau�ll�h,

Star of the West 23, Nr. 10 (1933), S. 318 f.
246
ProphetsDaughter.indb 246 31.08.2007 10:42:33
neunmonatige zeit der trauer

Einem weiteren Bericht entnehmen wir die lebendige Schilderung

einer Gruppe von Keith Ransom-Kehlers Zuh�rern:

�Viele Freunde, jung und alt, Kinder und Erwachsene, sa�en

auf zwei symmetrisch angeordneten Treppenaufg�ngen

zu einer erh�hten, ger�umigen Veranda an der Vorderseite

eines typisch persischen Hauses im alten Stil, das einem der

Freunde geh�rte. Auf den Treppenstufen, auf der Veranda

und in den dahinterliegenden Zimmern dr�ngten sich die

Freunde. Rings herum sah man bewegte Gesichter, die mit

dem Ausdruck einer so reinen Baha-Liebe und Herzensfreude

ihre Schwester aus dem Westen anschauten, dass

Mrs. Ransom-Kehler kaum die Tr�nen unterdr�cken konnte,

als sie sagte: �Nur die unbegrenzte Macht Bahau�ll�hs

ist imstande, solche Liebe und Einheit zu bewirken und diesen

Austausch von Seele zu Seele zwischen dem Osten und

dem Westen zu erzeugen.�23

Diese Gedenkveranstaltungen und die Besinnung auf das

Leben des Gr��ten Heiligen Blattes blieben nicht auf Nordamerika

und Persien beschr�nkt, sondern pr�gten das Leben der

gesamten Baha-Weltgemeinde. So fanden zum Beispiel in

Australien angemessene Abendveranstaltungen im Gedenken

an das Hinscheiden Bahayyih Kh�nums statt. Von dort wurde

berichtet, dass �die Herzen tief bewegt waren, als man erkannte,

welch eine Quelle des Trostes und der Kraft sie f�r alle im

heiligen Haushalt und f�r den H�ter im besonderen war.� Ein

�hnlicher Bericht kam von den Baha aus Neuseeland: �Auf

die traurige Nachricht vom Hinscheiden des Gr��ten Heiligen

Blattes wurde eine Gedenkveranstaltung einberufen, bei

der Ausz�ge aus den heiligen Schriften in W�rdigung ihres

wundervollen Lebens, des Opfers und des liebevollen Dienstes

sowie Shoghi Effendis letzter Tribut verlesen wurden. Diejenigen

unter den Anwesenden, die Haifa besuchen und ihr selbst

begegnen durften, sprachen von dem liebevollen Empfang, den

23 ebenda, S. 319
247
ProphetsDaughter.indb 247 31.08.2007 10:42:33
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

sie ihnen gab, und wie schon allein ihre Gegenwart und das

Ber�hren ihrer Hand eine Wirkung aus�bten, die als unvergesslicher

Segen in der Erinnerung bleiben w�rde.�24
Der Schmerz der Gl�ubigen

Der H�ter beschreibt anschaulich den schweren Kummer der

einzelnen Gl�ubigen in der Zeit nach dem Hinscheiden des

Gr��ten Heiligen Blattes. In einem seiner Briefe schreibt er:

�Die Gemeinde Bahas, ob im Osten oder im Westen der

Welt, klagt wie eine Schar verlassener Waisenkinder. Im

Fieber, in Jammer und Qualen bringen sie ihr Leid zum

Ausdruck. Aus tiefstem, kummervollem Herzen steigt fortw�hrend

ihr durchdringender Schrei zum Horizont Abha

auf: �Wohin bist du gegangen, du Fackel zarter Liebe? Wohin

bist du gegangen, du Quell der Gnade und des Erbarmens?

Wohin bist du gegangen, du Zeichen der G�te und

Gro�mut? Wohin bist du gegangen, du Morgend�mmerung

der Entsagung in dieser Welt des Seins? Wohin bist du gegangen,

o Verm�chtnis Bahas unter Seinem Volke, o letzte

Spur, die Er Seinen Dienern hinterlie�, o s��er Duft Seines

Gewandes, ausgestr�mt �ber alles Erschaffene!��25

Aus den Briefen des H�ters geht klar hervor, dass viele

Baha, die Bahayyih Kh�num begegnen durften, bei ihrem Tode

ein Gef�hl tiefen pers�nlichen Verlustes erlebten. F�r viele war

es wie der Tod einer lieben pers�nlichen Freundin. Shoghi Effendi

bezeugt: �Der Verlust des Gr��ten Heiligen Blattes wird von

allen Freunden, die die Freude und das Vorrecht hatten, ihr zu begegnen,

mit tiefem Schmerz erlebt werden.� In einem in seinem

Auftrag geschriebenen Brief tr�stet der H�ter einen der betroffenen

Freunde wie folgt: �Sie sollten sehr gl�cklich sein, weil

sie das Vorrecht hatten, ihr in dieser k�rperlichen Lebenssph�re

zu begegnen, denn die Welt hat nur wenige Seelen gekannt, die

24 Baha World 5 (1932-34), S. 130, S. 132

25 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 24 f.

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neunmonatige zeit der trauer

so wie sie um Gottes willen so viel Leid ertrugen und trotzdem

fr�hlich blieben und den Menschen um sie herum Hoffnung

und Ermutigung zusprachen.� Einige Freunde dr�ckten auch ihr

Bedauern aus, dass sie keine Gelegenheit hatten, dem Gr��ten

Heiligen Blatt im irdischen Leben zu begegnen. Shoghi Effendi

gab ihnen den Rat, �deswegen nicht deprimiert� zu sein, und

ermutigte sie mit der Versicherung, dass �diese geliebte Seele�

die Gl�ubigen �vom Himmel ihres Allm�chtigen Vaters herab�

anleiten werde, der Sache zu dienen, die ihr so teuer war.26

In dem Ma�e, wie die Tragweite des Hinscheidens des

Gr��ten Heiligen Blattes von den Gl�ubigen verstanden wurde

und sie das ganze Ausma� des Verlustes erkannten, den der

H�ter erlitten hatte, f�hlten sich viele Baha getrieben, ihm ihr

pers�nliches Beileid zu �bermitteln. Shoghi Effendi bedankte

sich pers�nlich f�r alle diese Botschaften des Mitgef�hls von

Freunden aus Ost und West. Diese Beileidsbriefe gaben ihm

Trost und Ermutigung, wie in den folgenden Zeilen aus zwei

seiner Briefe deutlich wird:

�Ihre so eindrucksvolle und bewegende Botschaft hat meine

ermattete Seele sehr erleichtert. Ich danke ihnen aus tiefstem

Herzen. Die im Namen ihrer Gemeinde ausgedr�ckten

Empfindungen sind mir sehr teuer einer Ortsgemeinde,

deren Mitglieder durch ihren Dienst, ihre Hingabe und

Treue so sehr zur Herzensfreude �Abdu�l-Bahas wie auch

des Gr��ten Heiligen Blattes beigetragen haben. ...�27

�Ich sch�tze die �u�erung ihres liebevollen Mitgef�hls

sehr hoch und bin durch die in ihrer Botschaft �bermittelten

Empfindungen sehr getr�stet. Ich werde darum beten, dass

ihnen einzeln wie als Gruppe geholfen wird, ihrem begeisternden

Beispiel zu folgen, ihre Seele gl�cklich zu machen

und die Reinheit ihres Lebens, die Gr��e ihrer Liebe und

26 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 85, S. 87 f., S. 89

27 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda

S. 81; Shoghi Effendi, ebenda S. 48
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ProphetsDaughter.indb 249 31.08.2007 10:42:33
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

die Erhabenheit ihres Charakters im weiten Umkreis zu verk�nden.�

28

Shoghi Effendis Briefe machten den Gl�ubigen nicht nur

die Stufe des Gr��ten Heiligen Blattes besser bewusst, sondern

waren auch ein wichtiges Werkzeug, um tiefe Empfindungen

des Verlustes und der Sehnsucht auszudr�cken. Dar�ber hinaus

dienten sie dazu, die Baha anzuspornen und zu aktivieren

und ihre Aufmerksamkeit auf Anstrengungen zu lenken, die die

Entwicklung des Glaubens f�rdern. Zum Beispiel lesen wir:

�In diesem schMirzaichen Verlust richtet der H�ter Botschaften

des Trostes an sie und alle Freunde. Er sagt, dass in dieser Zeit

der Not alle das Haupt senken und ergeben sein m�ssen, und

dass sie alle in treuem Dienst an Seinem Glauben aufstehen

und sich nach diesem erhabensten, heiligsten und leuchtenden

Beispiel [dem Gr��ten Heiligen Blatt] richten m�ssen.� In

einem weiteren Brief schreibt der Sekret�r des H�ters, Shoghi

Effendi warte �begierig darauf, die Freunde wie eh und je in

dem Wunsche entflammt zu sehen, einer Sache zu dienen, f�r

die unser dahingeschiedenes Gr��tes Heiliges Blatt ihre ganze

Existenz aufgegeben hat.�29

Das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes markiert

den Abschluss des Heroischen Zeitalters des Glaubens, das

mit der Amtszeit Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas verbunden

war. Bahayyih Kh�num war das letzte lebende Bindeglied zwischen

den Gl�ubigen und diesem fr�hen, bewegten Kapitel

der Baha-Geschichte. Ihr einzigartiger Beitrag zum Glauben

Bahau�ll�hs erstreckte sich von ihrer Kindheit bis in ihre letzten

Jahre. Sie wirkte mit, der Baha-Gemeinde beim �bergang

in das Gestaltende Zeitalter zu helfen, welches mit der Errichtung

und Entwicklung der Baha-administrativen Institutionen

am Weltzentrum der Baha-Religion und auf der ganzen Welt

verbunden ist.
28 ebenda, S. 51 f.

29 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda

S. 82, S. 80
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ProphetsDaughter.indb 250 31.08.2007 10:42:34
Die Ruhest�tte des Gr��ten Heiligen Blattes
und die Entstehung der Institutionen
am Weltzentrum des Glaubens

Shoghi Effendi macht auf die geistige Potenz der Ruhest�tte

des Gr��ten Heiligen Blattes aufmerksam und stellt eine Beziehung

zwischen ihrem Grab und dem Aufbau der Institutionen

des Glaubens her.
Die Bedeutung von Bahayyih Kh�nums Ruhest�tte

Der H�ter bestimmte pers�nlich, dass ihr Grab in der Nachbarschaft

zum Schrein des B�b auf dem Berg Karmel liegen sollte.

Er unterstrich ebenso die geistige Bedeutung des Besuches

ihrer Ruhest�tte.

�Gesegnet, tausendmal gesegnet ist derjenige, der dich

liebt,� schreibt er im Hinblick auf das Gr��te Heilige Blatt,

�der an deinem Glanze Anteil hat, das Loblied deiner Eigenschaften

singt, deinen Wert verherrlicht und deinen

Fu�spuren folgt; der das Unrecht bezeugt, das du erleiden

musstest, deine Ruhest�tte besucht und am Tage und zur

Nachtzeit dein erhabenstes Grab umschreitet.�30

Wie an fr�herer Stelle erw�hnt, entwarf Shoghi Effendi das

Monument, das den Ruheplatz seiner Gro�tante ziert. Sein Entwurf

stellt eine symbolische Beziehung her zwischen der Struktur

ihres Denkmals und dem dreistufigen Aufbau der Baha-

Gesellschaftsordnung. Ein in seinem Auftrag geschriebener

Brief enth�lt folgende Beschreibung: �Die Stufen ihrer heiligen

Ruhest�tte repr�sentieren die �rtlichen Geistigen R�te. ...

Die S�ulen, das hei�t die Pfeiler, symbolisieren die Nationalen

Geistigen R�te; die Kuppel hingegen, welche nach dem Aufstellen

der S�ulen errichtet wird, versinnbildlicht das Universale

Haus der Gerechtigkeit, das im Einklang mit des Meisters

30 Shoghi Effendi, ebenda S. 57
251
ProphetsDaughter.indb 251 31.08.2007 10:42:34
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

Testament von den nachgeordneten H�usern der Gerechtigkeit,

also den Nationalen Geistigen R�ten in Ost und West zu w�hlen

ist.� So verk�rpert die Symbolik des Monuments f�r das

Gr��te Heilige Blatt die Vision von der Errichtung der Baha-

Gesellschaftsordnung in aller Welt, und er weist bereits auf die

Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, dem obersten

regierenden- und gesetzgebenden Organ der Baha-Religion

an deren Weltzentrum auf dem Berge Karmel hin.31

In fr�heren Kapiteln wurde der Bau des Schreines des B�b

auf dem Berg Karmel in �bereinstimmung mit Bahau�ll�hs

Plan erw�hnt, und dass Bahau�ll�h in Seinem Sendschreiben

vom Karmel den Berg Karmel als Verwaltungssitz f�r die k�nftige

Baha-Weltgemeinde benennt. Die Baha-Schriften sehen

auch voraus, dass die St�dte Haifa und �Akka zu �einer einzigen

gro�en Metropole� vereinigt werden, die �den geistigen

wie den Verwaltungssitz der k�nftigen Baha-Weltgemeinde

umschlie�en wird.�32

Die Bestattung des Gr��ten Heiligen Blattes auf dem Berg

Karmel im Jahr 1932 stellt ein �weiteres Zeugnis f�r die majest�tische

Entfaltung und fortschreitende Festigung des gewaltigen

Werkes, das von Bahau�ll�h auf diesem heiligen Berg

begonnen wurde,� dar. Die Lage ihres Ruheplatzes erhielt einige

Jahre sp�ter eine nochmals gr��ere Bedeutung f�r die Entfaltung

der Baha-Gemeindeordnung, als Shoghi Effendi entsprechend

dem �Herzenswunsch des Gr��ten Heiligen Blattes�

die Gebeine ihres j�ngeren Bruders, der auch als der Reinste

Zweig bekannt ist, sowie ihrer Mutter, der heiligen Navvab,

als auch von �Abdu�l-Bahas Ehefrau an ihre endg�ltigen Ruhest�tten

auf den Berg Karmel �berf�hrte. Nach Shoghi Effendis

Versicherung ist dieser Platz dazu bestimmt, Brennpunkt der

administrativen Institutionen am Baha-Weltzentrum zu sein.

In einem seiner Briefe erkl�rt der H�ter:

�Ihre Ruhepl�tze befinden sich auf demselben Gel�nde,

auf einer Erhebung nahe dem Platz, den die Himmlischen

31 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda S. 92

32 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 21:18, S. 414

252
ProphetsDaughter.indb 252 31.08.2007 10:42:34
die ruhest�tte des gr�ssten heiligen Blattes

Heerscharen umschreiten, mit Blick zur Qibla33 des Volkes

Bahá nach �Akka, der lichtstrahlenden Stadt, und zu dem

geweihten, leuchtenden, Heiligsten Schrein.

�ber solch hohe Ehre jubelt der Berg Gottes vor Freude,

und um dieser gr��ten Gnadengabe willen ger�t der Berg

des Herrn in Verz�ckung und Ekstase.�34

�ber die geistige Bedeutung �der Vereinigung der Grabst�t

ten des Gr��ten Heiligen Blattes, ihres Bruders und ihrer Mut

ter� sieht Shoghi Effendi voraus, dass diese Handlung

�... die geistigen Kr�fte dieses geweihten Ortes unendlich

verst�rken wird, welcher, im Schatten des Grabmals des

B�b und nahe dem k�nftig an seiner Seite zu errichtenden

Mashriqul-Adhkar gelegen, dazu bestimmt ist, sich zum

Brennpunkt jener weltersch�tternden, weltumspannenden,

die Welt lenkenden administrativen Institutionen zu entwickeln,

die von Bahau�ll�h verordnet und von �Abdu�l-Bahá

vorausgeschaut wurden und deren Arbeit im Einklang mit

den Grunds�tzen stehen wird, von denen die Zwillingsinstitutionen

des H�tertums und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit

geleitet werden. Dann, und erst dann, wird sich

die gewaltige Verhei�ung erf�llt haben, welche den Schluss

des Tablets vom Karmel erleuchtet: �Bald wird Gott Seine

Arche auf dich [Karmel] zusteuern und das Volk Bahas offenbaren,

das im Buche der Namen erw�hnt ist.��35

In Gott geht vor�ber, dem Geschichtswerk Shoghi Effendis

�ber die ersten hundert Jahre der Baha-Religion, beschreibt

33

W�rtlich ,das Gegen�berliegende, Gebetsrichtung, Punkt der Anbetung�:

der Ort, dem sich die Gl�ubigen im Gebet zuwenden. Die

Qibla der Muslime ist die Kaaba in Mekka, f�r die Bahai ist es der

Schrein Bahau�ll�hs in Bahj�.
34

ebenda 22:39, S. 452; Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest

Holy Leaf, S. 61
35
Shoghi Effendi, This Divine Hour, Nr. 64.6
253
ProphetsDaughter.indb 253
31.08.2007 10:42:34
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

er die Bedeutung des Ruheplatzes des Gr��ten Heiligen Blattes

und seiner zentralen Lage f�r das Entstehen des Baha-Weltzentrums:

�Die Lage dieser drei eng benachbarten Grabst�tten vom

Grabmal des B�b �berschattet, im Herzen des Karmel,

eingebettet in einen Garten von auserlesener Sch�nheit,

vor ihnen, jenseits der Bucht von �Akka, die schneewei�e

Stadt, die Qibla der Baha-Welt unterstreicht, wenn wir

ihre Bedeutung richtig w�rdigen, die geistigen Kr�fte, die

von diesem Orte ausgehen, der von Bahau�ll�h selbst der

Thronsitz Gottes genannt wurde. Sie bedeutet auch einen

weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Errichtung jenes

st�ndigen administrativen Weltzentrums des zuk�nftigen

Baha-Gemeinwesens, das untrennbar vom geistigen Zentrum

des Glaubens in seiner N�he wirken wird, in einem

Land, das schon von den Anh�ngern dreier bedeutender

Weltreligionen verehrt und heiliggehalten wird.�36

�ber die Art, wie die Institutionen, die auf dem Berg Kar

mel entstehen, ihren geistigen Einfluss auf die Triebkr�fte der

Geschichte aus�ben werden, schreibt Shoghi Effendi:

�Jeder Versuch, auch nur in groben Umrissen den Ruhm

zu enth�llen, der diese Institutionen umgeben muss, oder

auch nur ann�hernd ihren Charakter oder ihre Arbeitsweise

zu beschreiben oder, wie unvollkommen auch immer,

den Gang der Ereignisse aufzuzeigen, die ihren Aufbau

und ihre endg�ltige Einsetzung herbeif�hren werden, �bersteigt

bei weitem meine F�higkeiten und M�glichkeiten. Es

gen�ge der Hinweis, dass in dieser turbulenten Phase der

Weltgeschichte schon allein die Zusammenf�hrung dieser

drei unendlich kostbaren Seelen, die gleich hinter den drei

Zentralgestalten unseres Glaubens im Range hoch �ber

dem gro�en Heer der Helden, Buchstaben, M�rtyrer, H�n

36 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 22:40, S. 453

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ProphetsDaughter.indb 254 31.08.2007 10:42:34
die ruhest�tte des gr�ssten heiligen Blattes

de, Lehrer und Verwalter der Sache Bahau�ll�hs stehen, an

einem mit solchem Machtpotenzial ausgestatteten geistigen

und administrativen Zentrum Kr�fte freisetzen wird, die in

diesem heiligen Land, welches geographisch, geistig und

administrativ das Herzland des gesamten Planeten darstellt,

unausweichlich einmal die leuchtendsten Edelsteine jener

Weltordnung hervortreten lassen, die sich jetzt im Scho�e

dieses in Wehen liegenden Zeitalters heranbildet.�37

Die Entstehung des Baha-Weltzentrums

Den Ansto� zur Entwicklung des Baha-Weltzentrums gaben

Bahau�ll�hs Anweisungen im Tablet vom Karmel. Dieses

grundlegende Dokument bildet die Charta f�r die Entfaltung

des Weltzentrums des Glaubens. Es begr�ndet die Errichtung

der obersten Institution, des Universalen Hauses der Gerechtigkeit

und die Entstehung anderer Organe der Baha-Gemeindeordnung.

Von Bahau�ll�hs Worten im Tablet vom Karmel beseelt,

begann Shoghi Effendi mit der Errichtung des administrativen

Zentrums auf dem Berg Karmel. Noch zu seinen Lebzeiten

vollendete er den �berbau zum Schrein des B�b und setzte

Bauvorhaben in Gang, die in der Errichtung der Verwaltungssitze

der Institutionen am Baha-Weltzentrum gipfeln sollten.

Das erste dieser monumentalen Geb�ude war das Internationale

Baha-Archiv. In einem Brief an die Baha in aller Welt

verk�ndete der H�ter 1954: �Die Erstellung dieses Bauwerks

wird den Auftakt bilden zur Errichtung weiterer Geb�ude in

nachfolgenden Epochen des Gestaltenden Zeitalters des Glaubens.�

�Diese Bauwerke,� so erkl�rt er, �werden in einem weit

gespannten Bogen und in einem harmonisierenden Baustil um

die Ruhepl�tze des Gr��ten Heiligen Blattes, die unter den Vertreterinnen

ihres Geschlechts den h�chsten Rang in der Baha-

Sendung einnimmt, sowie ihres Bruders, den Bahau�ll�h als

ein L�segeld f�r die Wiederbelebung und Vereinigung der Welt

37 Shoghi Effendi, This Divine Hour, Nr. 64.7
255
ProphetsDaughter.indb 255 31.08.2007 10:42:34
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

hingab, und ihrer Mutter, die Er als Seine erw�hlte �Gef�hrtin

in allen Welten Gottes� r�hmte, angeordnet sein.�38

Der Bau des Internationalen Baha-Archivs wurde noch

1957 zu Shoghi Effendis Lebzeiten fertiggestellt; die Innenausstattung

und M�blierung kam in der Zeit der sechsj�hrigen

Amtsf�hrung der H�nde der Sache im Heiligen Land zum

Abschluss.39 Pilger, die Gelegenheit haben, das Internationale

Baha-Archiv zu besuchen, werden zweifellos davon beeindruckt

sein, auf welch au�ergew�hnliche Weise das Gr��te

Heilige Blatt zu der reichen Sammlung von Kunstgegenst�nden

und Reliquien, die zu den Begr�ndern des Glaubens in Beziehung

stehen, beigetragen hat. Bahayyih Kh�num hatte ja die

Obhut �ber die Bildnisse Bahau�ll�hs und des B�b, und diese

Bildnisse nehmen nun im Archivgeb�ude einen Ehrenplatz ein.

Das Gr��te Heilige Blatt hatte auch Bahau�ll�hs Blut aufbewahrt

� Blut, das Ihm im Zuge einer im Osten �blichen Routineuntersuchung

abgenommen wurde. Sie war es auch, die

Haare, die sie einzeln aus ihres Vaters Kamm und Seiner B�rste

gezogen hatte, zu Locken arrangierte. Au�erdem ist eine ganze

Nische Gegenst�nden gewidmet, die an Bahayyih Kh�num

selbst erinnern. Dazu geh�ren Proben von ihrer Handschrift, ihr

Baha-Ring und pers�nliches Siegel, eine Locke ihres Haares

und einige Kleidungsst�cke wie Kopft�cher, Kleider, ausgetretene

Pantoffel und eine kleine Handtasche. R�h�yyih Kh�num,

die die Sammlung ins Archiv eingeordnet hat, charakterisierte

die mit dem Gr��ten Heiligen Blatt verbundenen St�cke so:

�Alle die r�hrenden kleinen Dinge, die jemand hinterlassen

hat, der unendlich geliebt wurde, und die ein Gef�hl der N�he

38 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 63

39 Nach Shoghi Effendis Hinscheiden im Jahre 1957 �bernahmen die

siebenundzwanzig angesehenen Baha, die er zu �H�nden der Sache

Gottes� ernannt und als �Hauptsachwalter� des Glaubens zu seinem

Schutz und seiner Verbreitung eingesetzt hatte, die Leitung der Reli

gionsgemeinschaft, bis 1963 das Universale Haus der Gerechtigkeit

gebildet wurde. W�hrend dieser sechsj�hrigen vor�bergehenden Treu

h�nderschaft der H�nde der Sache Gottes von 1957-1963 erw�hlten

sie neun Mitglieder aus ihren eigenen Reihen, um als ,Treuh�nder� des

Glaubens in Haifa zu dienen.
256
ProphetsDaughter.indb 256 31.08.2007 10:42:34
die ruhest�tte des gr�ssten heiligen Blattes

zu einer Pers�nlichkeit vermitteln, die der Nachahmung und all

unserer Hingabe w�rdig ist.�40

Im Jahre 1972 ging das Universale Haus der Gerechtigkeit,

das erstmals 1963 gew�hlt wurde, daran, Shoghi Effendis Vision

von der Errichtung der Bauwerke l�ngs einer bogenf�rmigen

Anlage auf dem Berg Karmel in Angriff zu nehmen, die auf die

Ruhest�tte des Gr��ten Heiligen Blattes, ihres Bruders und ihrer

Mutter als Mittelpunkt ausgerichtet ist. Der erste Schritt in diesem

Vorhaben musste die Errichtung des Sitzes des Universalen

Hauses der Gerechtigkeit sein. Der Architekt Husayn Am�nat

wurde damit beauftragt, das neue Geb�ude zu entwerfen. Es

wird berichtet, dass er in seinem Entwurf die Kuppel des Sitzes

in Anlehnung an die Kuppel des Monuments am Ruheplatz

des Gr��ten Heiligen Blattes gestaltete �wegen des bekannten

Ausspruchs von Shoghi Effendi, in dem er einen Vergleich zwischen

der Gemeindeordnung des Glaubens Bahau�ll�hs und

dem Denkmal des Gr��ten Heiligen Blattes zog, bei dem die

Kuppel das Universale Haus der Gerechtigkeit repr�sentiere.�41

Der Bau des Sitzes des Universalen Hauses der Gerechtigkeit

wurde 1982 fertiggestellt. Obwohl es noch nicht ganz bezugsfertig

war, wurde das Geb�ude am 17. Juli 1982 eingeweiht. Diese

feierliche Einweihung fand als Seminar anl�sslich des f�nfzigsten

Gedenktages zum Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes

statt, womit ein besonderer Bezug zwischen Bahayyih Kh�num

und dem Universalen Haus der Gerechtigkeit hergestellt wurde.

Die f�rmliche Inbesitznahme seines Sitzes durch das Universale

Haus der Gerechtigkeit im Februar 1983 wurde von

diesem als ein �vielverhei�endes Ereignis� beschrieben, und

dies kennzeichne �EINE WEITERE PHASE IN DEM PROZESS

DES HINSTEUERNS VON GOTTES ARCHE AUF
[DEN] BERG DES HERRN, WIE IM TABLET [VOM] KARMEL
VORAUSGESCHAUT.�42

40 R�h�yyih Kh�num, The Completion of the International Archives, in

Baha World 13 (1954-63), S. 433

41 Messages from the Universal House of Justice 1963-1986, Nr. 115.1;

�Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence, S. 59

42 Messages from the Universal House of Justice 1963-1986, Nr. 354.1

257
ProphetsDaughter.indb 257 31.08.2007 10:42:34
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

Schon bald nachdem das Universale Haus der Gerechtigkeit

seinen st�ndigen Sitz auf dem Berg Karmel bezogen hatte,

diente das Geb�ude als Tagungsort f�r die Er�ffnungssitzung

der F�nften Internationalen Baha-Tagung. Am Freitag, dem

29. April 1983, fand die alle f�nf Jahre stattfindende Wahl zum

Haus der Gerechtigkeit in der Empfangshalle seines Amtssitzes

statt. Es wird berichtet, dass die Halle mit den 590 Abgeordneten

von 119 Nationalen Geistigen R�ten �voll besetzt� war. Das

Ereignis wurde geehrt durch die Anwesenheit von acht H�nden

der Sache, der Mitglieder des Universalen Hauses der Gerechtigkeit

sowie siebenundf�nfzig Kontinentalen Beratern zus�tzlich

zu den vier Beratern, die dem Internationalen Lehrzentrum

angeh�rten.43
Der Bogen und die Terrassen auf dem Karmel

Zu �Abdu�l-Bahas vorausschauenden Pl�nen f�r die Ausgestaltung

des Berges Karmel geh�rte auch die Erstellung von

neunzehn gro� angelegten Terrassen, die von der ehemaligen

deutschen Templer-Kolonie, also vom Fu� des Berges bis zum

Gipfel f�hren sollten.44 Im Jahre 1986 fiel die Entscheidung

des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, die Terrassen am

Schrein des B�b und die weiteren, von Shoghi Effendi vorgesehenen

Geb�ude auf dem Bogen am Berg Karmel in Angriff

zu nehmen. Mit Interesse kann festgehalten werden, dass das

Gr��te Heilige Blatt an den fr�hen Stadien der Entfaltung von

�Abdu�l-Bahas gro�artigem Entwurf zur Versch�nerung dieses

heiligen Gel�ndes regen Anteil nahm.

In einem Brief berichtet das Gr��te Heilige Blatt, dass

es nach Fertigstellung des Unterbaues zum Schrein des B�b

�Abdu�l-Bahas Wunsch und Absicht war, �einen neuen Weg zu

43 Report of �The Fifth International Convention for the Election of the

Universal House of Justice, Ridvan 1983�, in Baha World 18 (1979

83, S. 461

44 Die Templer auch Tempelgesellschaft waren Christen aus Deutsch

land, die gegen Ende der 1860er und Anfang der 1870er Jahre am Fu�

des Karmel siedelten, um das zweite Kommen Jesu Christi zu erwarten.

258
ProphetsDaughter.indb 258 31.08.2007 10:42:35
die ruhest�tte des gr�ssten heiligen Blattes

erschlie�en, der direkt vom Schrein zur deutschen Allee f�hren

soll.� Einer Verwirklichung standen allerdings viele Hindernisse

entgegen. Zum Beispiel war �Abdu�l-Bahá jahrelang au�erstande,

das ben�tigte Gel�nde zu erwerben. In der Zeit des

britischen Mandats konnte das Land endlich gekauft werden.

Der Stadtbaurat machte einen Entwurf f�r den Aufgang zum

Schrein und gab Anweisung, den Weg anzulegen. Bahayyih

Kh�num berichtet: �Dieser Entwurf erhielt die gesegnete Aufmerksamkeit

�Abdu�l-Bahas, der ihn gn�diglich guthie� und

dem Stadtbaurat Seine Befriedigung und Wertsch�tzung ausdr�ckte.

Sp�ter wurde mit Hilfe g�ttlicher Best�tigung genug

Land aus dem verbleibenden Gel�nde gekauft, durch das der

Weg f�hrte.�45

Das Gr��te Heilige Blatt war aber an dem Projekt nicht nur

h�chst interessiert, sondern sie leistete auch einen finanziellen

Beitrag zu seiner Vollendung. R�h�yyih Kh�num erz�hlt eine

Geschichte, die der H�ter ihr einst anvertraute. Sie schreibt:

�Als er darauf bestand, dass sie [Bahayyih Kh�num] eine kleine

Geldsumme als Erbschaft von �Abdu�l-Bahá annehmen

solle, spendete sie den ma�geblichen Teil davon, um in Erf�llung

des lang gehegten Planes ihres Bruders die Kosten f�r

den Bau der n�chsten Terrasse vor dem Schrein des B�b zu

decken.�46

Shoghi Effendi legte in einer vorl�ufigen Form die neun

Terrassen an, die vom Fu� des Berges zum Schrein des B�b

hinauff�hrten. In sp�terer Zeit beauftragte das Universale Haus

der Gerechtigkeit den Architekten Mr. Far�burz Sahb� mit dem

vollst�ndigen Ausbau der Terrassen oberhalb und unterhalb des

Schreins und mit der Bauleitung f�r die verbleibenden Geb�ude

auf dem Bogen.

Zu dem Vorhaben des Universalen Hauses der Gerechtigkeit

geh�rte die Errichtung des Sitzes des Internationalen Lehrzentrums

und des Zentrums zum Studium der Heiligen Texte sowie

ein Erweiterungsbau zum Internationalen Baha-Archiv. Der

45 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,

S. 181, S. 183

46 R�h�yyih Kh�num, Die unsch�tzbare Perle, S. 236

259
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7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

Bau der Internationalen Baha-Bibliothek wurde auf einen

sp�teren Zeitpunkt verschoben. Alle diese Geb�ude, die Husayn

Am�nat, der Architekt des Sitzes des Universalen Hauses

der Gerechtigkeit, entworfen hat, sind auf die Ruhest�tten des

Gr��ten Heiligen Blattes, ihres Bruders und ihrer Mutter als

Mittelpunkt ausgerichtet.

Dieses umfangreiche Bauprojekt wurde im Jahre 2001 abgeschlossen.

Im Januar 2001 bezog das Internationale Lehrzentrum

seinen endg�ltigen Sitz, und im Mai des gleichen

Jahres fand die offizielle Er�ffnung der Terrassen am Schrein

des B�b statt. In seiner Botschaft an die zu den Feierlichkeiten

zum Abschluss der Bauvorhaben auf dem Karmel versammelten

Baha w�rdigte das Universale Haus der Gerechtigkeit die

Bedeutung dieses Augenblicks in folgenden Worten:

�Die majest�tischen Geb�ude, die jetzt entlang des Bogens

stehen, den Shoghi Effendi f�r sie am Hang des Berges Gottes

vorgezeichnet hatte, bilden zusammen mit der prachtvollen

Flucht der Gartenterrassen, die den Schrein des B�b

einfassen, eine �u�ere Darstellung der �berw�ltigenden

Kraft der Sache, der wir dienen. Sie sind ein bleibendes

Zeugnis daf�r, dass die Anh�nger Bahau�ll�hs mit Erfolg

die Fundamente einer weltweiten Gemeinde gelegt haben

und allen Zwist �berwinden, der die Menschheit spaltet,

und dass sie die wichtigsten Institutionen einer einzigartigen,

unangreifbaren Gemeindeordnung geschaffen haben,

die das Leben dieser Gemeinde bestimmt. In der Umgestaltung,

die der Karmel erlebt hat, zeichnet sich die Baha-

Sache auf der globalen B�hne als sichtbare, zwingende

Realit�t ab, als Brennpunkt der Kr�fte, die zu der von Gott

bestimmten Stunde den Wiederaufbau der Gesellschaft bewirken

werden, und als eine mystische Quelle f�r die geistige

Erneuerung aller, die sich ihr zuwenden.�47
47

Brief des Universalen Hauses der Gerechtigkeit vom 24. Mai 2001

an die Gl�ubigen, die sich zu den Feierlichkeiten zum Abschluss des

Bauprojekts auf dem Berg Karmel versammelt hatten.

260
ProphetsDaughter.indb 260
31.08.2007 10:42:35
die ruhest�tte des gr�ssten heiligen Blattes

K�nnten nicht die hier vom Universalen Haus der Gerechtigkeit

angesprochenen Erfolge als die ersten Fr�chte eines

Prozesses angesehen werden, von dem Shoghi Effendi 1939

sprach und der in innigster Beziehung zum Gr��ten Heiligen

Blatt steht? Er schrieb damals: �Die �berf�hrung der geheiligten

Gebeine des Bruders und der Mutter unseres Herrn und

Meisters �Abdu�l-Bahá zum Berg Karmel und ihre endg�ltige

Bestattung in dem geweihten Bezirk des Schreines des B�b und

in n�chster N�he zum Ruheplatz des Gr��ten Heiligen Blattes

wecken nicht nur historische Assoziationen und z�rtliche Gef�hle.

Es sind auch Ereignisse von so grundlegender institutioneller

Bedeutung, dass nur k�nftige Vorg�nge, die unaufhaltsam

und unergr�ndlich am Weltzentrum unseres Glaubens

eintreten werden, es hinreichend offenbaren k�nnen.�48

Damit hat sich erwiesen, dass Bahayyih Kh�num, wie in

ihrem Leben, so auch weiterhin nach ihrem Tode einen Einfluss

auf die Entfaltung der Baha-Sache aus�bt. Die mit ihrem

Ruheplatz verbundenen geistigen Wirkkr�fte beeinflussen

auf mystische Weise das langsame Reifen der Institutionen am

Weltzentrum des Baha-Glaubens.
48 Shoghi Effendi, This Decisive Hour, Nr. 64.1
261
ProphetsDaughter.indb 261 31.08.2007 10:42:35
7. Kapitel der Berg gottes JuBelt

Das Grabmal von Bahayyih Kh�num, dem Gr��ten Heiligen Blatt.

262
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8. Kapitel
Urbild des Volkes von Bahá
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

In den vorausgegangenen Kapiteln haben wir Bahayyih Kh�nums

Beitrag zu der Entwicklung der Geschichte der Baha-

Religion untersucht. Im abschlie�enden Kapitel wollen wir

die Bedeutung ihres bleibenden Verm�chtnisses als �Urbild

des Volkes von Bahá erhellen.1 Die Bezeichnung �Volk von

Bahá bezieht sich auf die M�nner und Frauen, die sich mit den

geistigen Werten und Lehren des Baha-Glaubens identifiziert

haben.
Vorbild f�r beide Geschlechter

In den meisten Religionen wurde eine archetypische Frauengestalt

herausgestellt, die das weibliche Ideal der Religion verk�rpert

und die Frauen inspirieren und motivieren soll. Wenn

aber demgegen�ber Bahayyih Kh�num als ein �Archetyp� oder

�Urbild� bezeichnet wird, so entspricht das keinem der traditionellen

Identifikationsmuster. Das Gr��te Heilige Blatt ist weder

der Typus �Mutter Erde� noch die typische mythische Heldin

und M�rtyrerin, und sie ist auch kein Vorbild ausschlie�lich

f�r Frauen. Ihre Bestimmung als das �Urbild des Volkes von

Bahá l�sst eine solche m�gliche Einschr�nkung gar nicht zu.

Das bedeutet, dass ihre Eigenschaften und das Beispiel ihres

Lebens f�r M�nner ebenso richtungsweisend sind wie f�r

Frauen. Darin zeigt sich etwas Neues gegen�ber anderen Religionen,

in denen die weibliche Identifikationsfigur lediglich

als Verk�rperung des Frauenideals der betreffenden Religion

gilt, womit in der Regel einschr�nkend die weiblichen Eigenschaften

Reinheit und Mutterschaft gemeint sind.2

Bahayyih Kh�nums Wesensz�ge sind als solche gleicherma�en

bedeutungsvoll f�r Frauen wie f�r M�nner, daher k�nnen

sich beide Geschlechter vom Beispiel ihres Lebens inspirieren

lassen und ihr eigenes Verhalten am Vorbild ihrer Eigenschaften

1 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 30

2 Vgl. z. B. Moojan Momen, Phenomenon of Religion, Kapitel 11;

Beverly Moon �Archetypes�, in Mircea Eliade (Hg.) Encyclopedia of

Religion, New York (Macmillan Publishing) 1987, 1:379ff.

264
ProphetsDaughter.indb 264 31.08.2007 10:42:36
VorBild F�r Beide geschlechter

orientieren. Eine n�here Betrachtung ihrer Wesensz�ge wird

dazu f�hren, jene Merkmale zu �berdenken, die herk�mmlich

mit M�nnlichkeit und Weiblichkeit verbunden werden, und

auch zu einer Neuformulierung eines f�r heutige Tage angemessenen

Konzeptes von �Heldentum.�

Wenn wir die Merkmale, die mit M�nnlichkeit beziehungsweise

mit Weiblichkeit verbunden sind, neu �berdenken wollen,

k�nnen wir nicht au�er Acht lassen, dass der H�ter einige

der Eigenschaften, die das Gr��te Heilige Blatt vorgelebt hat,

den Eigenschaften gleichstellt, die im Leben der Manifestationen

Gottes zum Ausdruck kamen. So spricht Shoghi Effendi

Bahayyih Kh�num in einer Textstelle wie folgt an: �In all deinen

Tagen, von den fr�hesten Jahren bis zum Ende deines Lebens,

hast du die Attribute deines Vaters, des Unvergleichlichen, des

M�chtigen, verk�rpert. Du warst die Frucht Seines Baumes, du

warst die Lampe Seiner Liebe, du warst das Sinnbild Seiner

Ausgeglichenheit und Sanftmut, die Heerstra�e Seiner F�hrung,

der Kanal Seiner Segnungen, der s��e Duft Seines Gewandes,

die Zuflucht Seiner Geliebten und Seiner M�gde, der

Schutzmantel Seiner Gro�mut und Gnade.�3

�Ausgeglichenheit� und �Sanftmut� werden in stereotyper

Weise eher den Frauen zugeordnet, aber Shoghi Effendi verschiebt

hier das Gleichgewicht. Er dehnt die Anwendung dieser

Begriffe auf Frauen und M�nner gleicherma�en aus, indem

er beide Eigenschaften als Merkmale Bahau�ll�hs auff�hrt.

In einem weiteren Zitat aus einem Brief, den der H�ter in der

Zeit von Bahayyih Kh�nums Hinscheiden schrieb, vergleicht

er ihre Eigenschaften nicht nur mit denen Bahau�ll�hs, sondern

auch des B�b und �Abdu�l-Bahas. Insbesondere ordnet

er die �Entsagung und Ausgeglichenheit� des Gr��ten Heiligen

Blattes der �ruhigen, heroischen Tapferkeit des B�b� zu.

Er sagt, dass ihre �nat�rliche Liebe zu Blumen und Kindern�

auch �f�r Bahau�ll�h so charakteristisch� war, und dass sie

mit �Abdu�l-Bahá �eine Gro�herzigkeit und Liebe� teilte, die

�zugleich uneigenn�tzig und ohne Ansehen der Person� wa

Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 56

265
ProphetsDaughter.indb 265 31.08.2007 10:42:36
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

ren. Im gleichen Absatz listet Shoghi Effendi folgende �herausragenden

Eigenschaften� auf, die sie als �eine Tochter�

ausweisen, die �des unsch�tzbaren Erbes w�rdig� ist, das �ihr

von Bahau�ll�h hinterlassen� wurde, und die sie au�erhalb der

Reihe vieler Helden der Vergangenheit stellen:

�Eine Reinheit der Lebensf�hrung, die sich bis ins Kleinste

in ihren t�glichen Besch�ftigungen und Verrichtungen

spiegelte; eine Herzensg�te, die jede Unterscheidung nach

Religion, Klasse oder Hautfarbe vergessen lie�; eine Entsagung

und Ausgeglichenheit, die die ruhige, heroische Tapferkeit

des B�b ins Ged�chtnis rief; eine nat�rliche Liebe

zu Blumen und Kindern, wie sie f�r Bahau�ll�h so charakteristisch

war; eine ungek�nstelte Einfachheit der Umgangsformen;

eine ausgepr�gte Geselligkeit, die sie f�r alle

ansprechbar machte; eine Gro�herzigkeit und Liebe zugleich

uneigenn�tzig und ohne Ansehen der Person �, die so

deutlich �Abdu�l-Bahas Charaktereigenschaften spiegelte;

ein liebensw�rdiges Wesen; eine Fr�hlichkeit, die von keinem

Leid getr�bt werden konnte; eine ruhige, bescheidene

Art, die dazu beitrug, die W�rde ihres hohen Ranges noch

tausendfach zu erh�hen; eine Bereitschaft zu verzeihen, die

den unvers�hnlichsten Gegner augenblicklich entwaffnete

� diese geh�ren zu den herausragenden Eigenschaften eines

heiligen Lebens, dem die Geschichte eine himmlische Kraft

zuerkennen wird, wie sie nur wenige Helden oder Heldinnen

der Vergangenheit aufzuweisen haben.�4

Aus derartigen Beschreibungen ihrer Eigenschaften wird

klar, dass Bahayyih Kh�num eine starke, einf�hlsame, vielschichtige

Pers�nlichkeit war. Sie l�sst sich nicht leicht einer

vorgefassten Kategorie zuordnen, aber sie ist auch keineswegs

��berirdisch�. Ihr Leben war eine vollendete Mischung aus

Losl�sung und Engagement. Ihr Halt war ihr tiefes Verst�ndnis

f�r die Baha-Lehren, zusammen mit ihrem klaren Bewusst

4
Ebenda, S. 42 f.
266
ProphetsDaughter.indb 266 31.08.2007 10:42:36
VorBild F�r Beide geschlechter

sein von der Bedeutung all der Herausforderungen, denen sie

begegnete, und ihrem unersch�tterlichen Vertrauen in Gottes

h�chste Gnade und Barmherzigkeit. Sie hatte einen Scharfblick,

der sie in ihren Handlungsentscheidungen leitete und

ihr in Zeiten der Pr�fung Mut und Elastizit�t verlieh. Durch

ihre Eigenschaften ebenso wie durch ihre Handlungen bildet

das Gr��te Heilige Blatt f�r Frauen und M�nner gleicherma�en

das vollendete Modell eines Menschen, der im Angesicht

scheinbar �berw�ltigender Schwierigkeiten Flexibilit�t und

Z�higkeit beweist und auf diese Weise nie den Boden der Wirklichkeit

verliert.

Dieses abschlie�ende Kapitel richtet den Blick auf eine Reihe

von Bahayyi Kh�nums �berragenden Qualit�ten, wie zum

Beispiel ihre der jeweiligen Situation angepasste Tatkraft und

Ausdauer bei Schwierigkeiten und Leid, ihre Verantwortungsfreudigkeit,

ihr F�hrungsstil und ihr Umgang mit Wandel. Wir

wollen dabei die Verbindung zwischen den Idealen und Werten,

die sie verk�rperte, und den dr�ngenden Problemen der

heutigen Gesellschaft aufzeigen und so die Bedeutung des von

ihr vorgelebten Beispiels f�r alle, die sich in den gesellschaftlichen

Entwicklungsprozess einreihen wollen, beleuchten.
Durchhaltekraft und Flexibilit�t5
in einer Welt voller Schwierigkeiten

Die Welt befindet sich offensichtlich in einer tiefen geistigen,

wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise und diese Krise

beruht gro�enteils auf einem Mangel an effizienter F�hrungskunst.

Das Ausma� menschlichen Leidens und der Not, unge
5

Im englischen Original �resilience�. Diese hier untersuchte Eigenschaft

hei�t vom Wort her �Federkraft�: die Kraft, sich abfedern zu k�nnen.

Als menschliche Eigenschaft bedeutet dies Sprungkraft, Spannkraft,

Tatkraft; es bedeutet Flexibilit�t, die F�higkeit sich der ver�nderten

Situation anzupassen; und es hei�t auch Z�higkeit, �berlebenskraft,

Unverw�stlichkeit, Durchhalteverm�gen. Im Deutschen ben�tigen wir,

wie hier, mehr als ein Wort, um �resilience� und das dazugeh�rende

Adjektiv �resilient� zu veranschaulichen.
267
ProphetsDaughter.indb 267 31.08.2007 10:42:36
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

milderter Belastung und Ungewissheit nimmt t�glich zu, und

die Bedrohungen durch Krieg, Terrorismus, Armut und Unterdr�ckung

r�cken immer n�her. Das �berleben und das pers�nliche

Wohlergehen h�ngen nicht nur von einem Verst�ndnis f�r

den Sinn des Leidens ab, sondern auch von der Wahrnehmung

konstruktiver Vorbilder, die die F�higkeit haben, trotz scheinbar

un�berwindlicher Schwierigkeiten sich vom Ungl�ck zu

erholen und sich der ver�nderten Lage anzupassen.

Unter solchen Umst�nden ist es nur nat�rlich, dass, wer

nach F�hrung sucht, sich an die Religion wendet. Man darf eigentlich

erwarten, dass die Religion, der traditionelle Hort f�r

Wertma�st�be und Sinnfindung, all denen Erleuchtung bringt,

die den Grund ihres Leidens verstehen m�chten und um eine

Entscheidung ringen, wie sie in Zeiten der Not und der Ungewissheit

ihr Leben steuern sollen.

Die Religionen in der heutigen Welt k�nnen jedoch dieser

Herausforderung meist nicht mehr in einer Weise gerecht werden,

die den modernen Menschen befriedigt. Die einen lasten

das Leid der s�ndigen Natur des Menschen an, aufgrund der

Urs�nde eines Vorfahren, der schon seit dem Altertum zur mythischen

Figur geworden ist. Andere suchen Trost zu spenden,

indem sie sich v�llig auf die sch�ne Welt nach dem Tod konzentrieren

und damit jeden Versuch unterbinden, die Lebensverh�ltnisse

in dieser Welt zu verbessern. Wieder andere wollen

die Frage mit der Behauptung umgehen, dass alles Leiden sich

im Geist abspiele und durch angemessene geistige Disziplin zu

vermeiden sei. In manchen Regionen der Erde preist die vorherrschende

religi�se Meinung den R�ckzug von der schn�den

Welt als Allheilmittel an. Dieser Ansatz verficht ein Gegenmittel,

das Isolation, Distanz vom gesellschaftlichen Umgang und

die Unterdr�ckung des Gef�hlslebens zur Folge hat.

Die Baha betrachten Leid als wesentlichen, unausweichlichen

Teil des Lebens, jedoch nicht als Selbstzweck. �Abdu�l-

Bahá erkl�rt: �Wenn du dich scharfsichtigen Auges umschaust,

merkst du, dass in dieser Welt des Staubes alle Menschen leiden.�

Ja, Er unterstreicht die Verbindung zwischen Leiden und

pers�nlichem und geistigem Wachstum:
268
ProphetsDaughter.indb 268 31.08.2007 10:42:36

durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten

�Geist und Seele des Menschen machen Fortschritte, wenn er

durch Leiden gepr�ft wird. Je mehr der Boden gepfl�gt wird,

desto besser w�chst der Same und desto besser wird die Ernte

sein. Wie der Pflug tief in die Erde eindringt und sie von

Unkraut und Disteln reinigt, so befreien Leiden und Not den

Menschen von den kleinlichen Belangen dieses weltlichen

Lebens, bis er einen Zustand der v�lligen Losl�sung erreicht.

Seine Haltung in dieser Welt wird g�ttliche Gl�ckseligkeit

sein. Der Mensch ist sozusagen unreif; die Hitze, die vom

Feuer der Leiden ausgeht, wird ihn reifen lassen. Schaut zur�ck

in vergangene Zeiten, und ihr werdet entdecken, dass

die gr��ten Menschen am meisten gelitten haben.�6

Hier muss man wissen, dass der von �Abdu�l-Bahá angesprochene

�Zustand der vollst�ndigen Losl�sung� nichts mit

einer masochistischen oder passiven Hinnahme des eigenen

Schicksals zu tun hat. Im Gegenteil der Baha-Glaube ist

von jeder Form von Asketentum oder Puritanismus meilenweit

entfernt. Shoghi Effendi erkl�rt, dass die Baha-Lehren �keinesfalls

irgend jemand das einwandfreie Recht oder Vorrecht

zu verweigern� suchen, �den vollen Vorteil und Nutzen aus den

vielf�ltigen Freuden, Sch�nheiten und Annehmlichkeiten zu

ziehen, mit denen die Welt durch einen allliebenden Sch�pfer

so reich ausgestattet wurde.�7

Bahau�ll�h fordert vom Einzelnen eine aktive Haltung im

Umgang mit Pr�fungen und Schwierigkeiten. Er bezeugt, dass

�K�mmernisse� dazu f�hren, nach geistigem Sinn zu suchen

und ermutigt zu einer konstruktiven Antwort. Er gibt den folgenden

Rat:

�Sprich: Leid ist ein Horizont f�r Meine Offenbarung. Die

Sonne der Gnade strahlt hoch dar�ber und verstr�mt ein

Licht, das weder die Wolken eitlen Menschenwahns noch

der leere Trug des Angreifers verdunkeln k�nnen.
6

�Abdu�l-Baha, Briefe und Botschaften, 156:9, S. 219; �Abdu�l-Baha,

Paris Talks, Nr. 57.1 UK 1995 edit.
7

Ebenda, Shoghi Effendi Das Kommen g�ttlicher Gerechtigkeit, S. 55

269
ProphetsDaughter.indb 269 31.08.2007 10:42:36
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Folge du den Fu�spuren deines Herrn, ... unbeirrt vom L�rm

der Achtlosen oder vom Schwert des Feindes. ... Verbreite

weithin die D�fte deines Herrn und zaudere nicht, und w�re

es weniger als ein Augenblick, im Dienste Seiner Sache. Es

naht der Tag, da der Sieg deines Herrn, des Immervergebenden,

des Gro�m�tigsten, kund sein wird.�8

Die Allgegenwart von Not und Leid in der menschlichen

Existenz und die Belastungen unseres heutigen Lebens haben

die Suche nach einem Zugang zu neuen, kreativen M�glichkeiten,

dem Leid zu begegnen, stark intensiviert. Der Bedarf an

solchen M�glichkeiten treibt die Sozialwissenschaftler und andere

Forscher weiter an, die zu ergr�nden suchen, warum, zum

Beispiel, manche Menschen schwerstes Leid ertragen, ohne zu

wanken. Ein erneuertes Forschungsinteresse gilt dem Thema

ausdauernder, tatkr�ftiger Anpassungsf�higkeit warum manche

Menschen bef�higt sind, sich den Bedr�ngnissen des Lebens

zu stellen, sie zu �berwinden, durch sie sogar gest�rkt zu werden

und Ver�nderung anzunehmen. Insbesondere wollen diese Studien

die Eigenschaften solch anpassungs-und widerstandsf�higer

Personen ausfindig machen, um vielleicht Wege zu finden, wie

man dem Einzelnen und auch Organisationen helfen kann, die

Anforderungen des Lebens besser zu bestehen.
Die Dynamik
der Widerstandskraft

Diese Studien zeigen, dass z�he, anpassungsf�hige Menschen

die mit Bedr�ngnissen fertig werden und sich von Belastungen

rasch und nachhaltig befreien k�nnen sich durch drei Merkmale

auszeichnen: Das Akzeptieren der Realit�t, einen starken

Glauben an den Sinn des Lebens und die F�higkeit, kreative

L�sungen f�r scheinbar unl�sbare Probleme zu finden.

Im Hinblick auf das erste Merkmal, das Akzeptieren der

Realit�t, zeigt sich folgender interessante Punkt: Entgegen

8
Bahau�ll�h, �hrenlese 17:6-7, S. 41
270
ProphetsDaughter.indb 270 31.08.2007 10:42:36

durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten

der h�ufigen Annahme, dass die F�higkeit, sich der Situation

anzupassen und durchzuhalten in einer optimistischen Natur

begr�ndet sei, warnen heutige Wissenschaftler vor der Gefahr

eines unrealistischen Optimismus; dieser k�nne nicht nur zu

Selbstbetrug, Vermeidungsverhalten, Passivit�t und Tatenlosigkeit

f�hren, sondern tats�chlich eine n�chterne Einsch�tzung

der Situation verhindern, die f�rs �berleben und f�r die Planung

konstruktiven Handelns unentbehrlich ist. Demgegen�ber

hilft ein realistischer Optimismus dem Einzelnen nicht nur,

die Zw�nge einer gegebenen Situation zu verstehen, sondern

l�sst uns auch k�nftige Herausforderungen im voraus erkennen,

so dass wir uns auf sie vorbereiten k�nnen. Er motiviert

uns unsere eigenen Kr�fte anzuspannen und die vorliegende

Arbeit aktiv anzugehen; au�erdem tr�gt er zu dem Gef�hl bei,

dem eigenen Schicksal gewachsen zu sein und die Kontrolle

dar�ber zu haben.9

Das zweite Merkmal widerstands- und wandlungsf�higer

Menschen ist ihre �berzeugung, dass das Leben einen Sinn

hat ein Glaube, der oft durch tief verwurzelte geistige Werte

gefestigt ist. Solch starke Werte geben der Umwelt einen Sinn,

denn sie zeigen, wie man die Geschehnisse interpretieren und

gestalten kann. Anstatt sich als Opfer zu betrachten, haben

diese �unverw�stlichen� und unersch�tterlichen Menschen die

F�higkeit, auch im gr��ten Leid einen Sinn zu sehen.

Viktor Frankl, �berlebender von Auschwitz und Begr�nder

der Logotherapie, einer psychotherapeutischen Methode,

die dem Einzelnen helfen will, im Leben Ziel und Zweck zu

finden und Verantwortung f�r seine Lebensentscheidungen zu

�bernehmen, betonte, dass ein Mensch tats�chlich dem Leben

auch dann Sinn abgewinnen kann, wenn er in einer hoffnungslosen

Situation ist und sich einem unabwendbaren Schicksal

9

Vgl. z. B. Diane L. Coutu, �How Resilience Works�, in Harvard

Business Review (Mai 2002), S. 46 ff.; Kennon M. Sheldon und Laura

King, �Why Positive Psychology is Necessary�, in American Psychologist

56, Nr. 3 (2001), S. 216 f.; Barbara L. Fredrickson, �The Role of

Positive Emotions in Positive Psychology: The Broaden-and-Build

Theory of Positive Emotions�, ebd. S. 218 ff.; Sandra L. Schneider, �In

Search of Realistic Optimism�, ebd. S. 250 ff.
271
ProphetsDaughter.indb 271 31.08.2007 10:42:36
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

gegen�ber sieht. Frankl lehrt, dass der Lebenssinn aus der Art

erw�chst, wie eine Person mit dem Leben und mit den Situationen

und Anforderungen umgeht, mit denen das Leben sie

konfrontiert. Die Einzelnen k�nnen zwar nicht immer die Bedingungen

kontrollieren, unter denen sie leben m�ssen, aber

sie haben es bis zu einem gewissen Grade in der Hand, wie sie

damit umgehen.10

Die Wissenschaft versichert, dass dieses Anpassungs- und

Durchhalteverm�gen entscheidend davon Abhangt, ob man in

seiner Umwelt einen Sinn erkennt, und dass die �Dynamik der

Sinnfindung� solch starken, flexibel reagierenden Menschen

hilft, aus der gegenw�rtigen Notlage heraus Br�cken zu bauen

in eine reichere, bessere Zukunft. Solche Br�cken f�hren zu

einer klaren Sicht und erm�glichen es, Erfahrungen in neuem

Licht zu interpretieren, welches dazu verhilft, die Gegenwart

zu gestalten und von dem Eindruck loszukommen, eine augenblickliche

Situation sei unbezwingbar und sinnlos.11

Ein drittes Merkmal, das mit dieser Anpassungsf�higkeit,

dieser Kraft sich abzufedern verbunden wird, ist die F�higkeit,

sich mit dem Vorhandenen zu begn�gen, eine Probleml�sung

zu improvisieren, Handlungsm�glichkeiten auszumachen, auch

wenn offensichtlich keine Mittel zur Verf�gung stehen. Psychologen

haben eine Beziehung zwischen positiven Gef�hlen

und situationsangemessenem Verhalten entdeckt; sie nehmen

zum Beispiel an, dass positive Gef�hle nicht nur die Kreativit�t

erh�hen und das Spektrum der L�sungsm�glichkeiten erweitern,

sondern auch zu einer positiven Erwartungshaltung und

zu Hoffnung und Vertrauen in die Welt verhelfen.12

Manche Menschen besitzen diese Z�higkeit und Flexibilit�t

von Geburt an, aber neuere Forschungen zeigen, dass sie auch

erlernbar ist. Einer der Wege zu diesem Ziel ist es, das Leben

solch unverw�stlich-anpassungsf�higer Personen zu studieren,

um daraus Inspiration und praktische Anregungen und Hin

10 Diane L. Coutu, �How Resilience Works�, S. 50 ff.

11 Ebenda, S. 50

12 Barbara L. Fredrickson, �The Role of Positive Emotions in Positive

Psychology�, S. 218 ff.
272
ProphetsDaughter.indb 272 31.08.2007 10:42:36

durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten

weise zu gewinnen, wie man mit Krisensituationen und Bedr�ngnis

fertig werden kann. Mit diesem Ziel im Auge wollen

wir Bahayyih Kh�num, das �Urbild des Volkes von Baha, als

Beispiel vorstellen.13
Das Gr��te Heilige Blatt Urbild der Flexibilit�t
und Durchhaltekraft

Das Gr��te Heilige Blatt war mit den Worten Shoghi Effendis

� �einer der am meisten heimgesuchten Menschen, die die

Welt je gesehen hat,� und sie trug diese schMirzaichen Erfahrungen

mit einer Tapferkeit, die aus ihrem Vertrauen �in Gottes

Gnade� gespeist wurde. Der H�ter hat die Heimsuchungen, die

Bahayyih Kh�num ertragen musste, mit den Leiden verglichen,

welche die Zentralgestalten des Baha-Glaubens14 erduldeten.

Er schreibt, dass bei ihrem Hinscheiden der �Herold des Himmels�

mit lauter Stimme ausrief: �O Erhabenstes Blatt! Du bist

die Eine, die seit fr�hester Kindheit und dein ganzes Leben

hindurch auf Gottes Wegen in Geduld ausgeharrt und ertragen

hast, was kein anderer ertrug au�er Gott allein in Seinem eigenen

Selbst, dem H�chsten Herrscher �ber alles Erschaffene,

und vor Ihm Sein edler Vorl�ufer, und nach Ihm Sein heiliger

Zweig, der Eine, der Unzug�ngliche, der H�chste.� Er bezeugt

das Ausma� ihrer Leiden: �Die Leiden, die sie auf dem Pfade

Gottes ertrug, waren die grausamsten; die Anfechtungen, von

denen sie befallen wurde, waren die furchtbarsten. Sie trug das

reiche Kleid des Heldenmutes, das Prachtgewand der Heiterkeit

und ruhigen Kraft, die Kleinodien der Tugend und der Losl�sung,

der Reinheit und Keuschheit, und der strahlend helle

Schmuck ihrer Sch�nheit war ihre Z�rtlichkeit, ihre F�rsorglichkeit

und ihre Liebe zur Menschheit.�15

13 Diane L. Coutu, �How Resilience Works�, S. 48; Shoghi Effendi, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 30
14 Bahau�ll�h, der B�b und �Abdu�l-Bahá

15 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num,The Greatest Holy Leaf, S. 73; Shoghi Effendi, eben

da S. 25; aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief,

ebenda S. 83
273
ProphetsDaughter.indb 273 31.08.2007 10:42:37
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Die Leiden des Gr��ten Heiligen Blattes waren nicht nur

heftig sie dauerten auch w�hrend ihres ganzen Lebens an.

Der H�ter bekr�ftigt:

�Alle Tage ihres unsch�tzbaren Lebens verbrachte sie in

Verbannung und Gefangenschaft, und jede ihrer kostbaren

Stunden war angef�llt mit Pr�fungen, Anfechtungen

und Schrecknissen, die sie von unbarmherzigen Feinden

erdulden musste. Seit fr�her Kindheit trug sie ihr Teil an

den Leiden Bahau�ll�hs. So wie Er war sie Not und Bedr�ngnis

ausgesetzt, und ebenso war sie die Leidensgef�hrtin

�Abdu�l-Bahas.

Nie verbrachte sie eine Nacht unbeschwerten Schlafes, an

keinem Tag war ihr Ruhe geg�nnt, und immer umkreiste

ihre einnehmende Pers�nlichkeit wie ein Nachtfalter die

helle Kerze des Glaubens. Die Worte, die sie sprach, galten

immer dem Lobpreis der Sch�nheit Abha, ihr einziger

Gedanke, ihr hohes Ziel waren die Verk�ndigung der Sache

Gottes und der Schutz Seines Gesetzes, und der teuerste

Wunsch ihres gl�henden Herzens war es, den s��en Duft

ihres Herrn weit und breit zu verstr�men.�16

Danach weist der H�ter auf die Bedeutung ihrer Taten hin:

�Ihr himmlisches Betragen war ein Modell f�r das Volk von

Baha. Die Bewohner der Heiligt�mer der Ergebung und die

Einwohner des Paradieses Abha fanden in den himmlischen

Eigenschaften, die sie besa�, Vorbild und F�hrung.�17

In der westlichen Welt neigt man dazu, Leiden und Martyrium

mit Niederlage und Versagen gleichzusetzen. Als Alternative

schl�gt der Psychiater Abdu�l-Missagh Ghadirian vor, sie

als �Sieg der Seele� anzusehen. Er weist auf die Tatsache hin,

dass der Gottesglaube einer Person kein statischer Geisteszustand,

sondern eine dynamische Kraft ist. Er erkl�rt: �In dem

16 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda, S.

75 f.
17 Ebenda, S. 76
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durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten

Ma�e, wie der Glaube w�chst, w�chst auch die F�higkeit, Pr�fungen

und Heimsuchungen zu erdulden, die die Aufrichtigkeit

und die Liebe zur g�ttlichen Realit�t auf die Probe stellen.�18

Die Reaktion des Gr��ten Heiligen Blattes auf Pr�fungen

und Leiden verdient eine genaue Untersuchung. Dass sie

Schmerz und Tr�bsale auf sich nahm, darf nicht mit Masochismus

oder Fanatismus verwechselt werden. Sie suchte in

SchMirzan und Qualen keine pers�nliche Genugtuung, und

sie wurde auch nicht durch blinden religi�sen Eifer oder durch

Vorurteile geleitet. Von Kind an begriff sie die Natur der Gefahren,

denen die Mitglieder der jungen Baha-Gemeinde ausgesetzt

waren. Ihr Verst�ndnis f�r den Zweck jener Ereignisse,

die ihr Leben aufzehrten, bef�higte das Gr��te Heilige Blatt,

ihre Handlungsweise selbst zu bestimmen. Sie war ein Beispiel

f�r realistischen Optimismus, sie entschied sich, auf dem Pfade

einer neuen geistigen Wahrheit zu wandeln, und nahm die Widrigkeiten

hin, die das mit sich brachte.

Es wird deutlich, dass Bahayyih Kh�num unter den Widrigkeiten,

die sie erlebte, sehr stark litt und dass sie in ihr tiefe

Gef�hle erweckten. Sie lie� sich jedoch von diesen Gef�hlen

nicht einfach beherrschen, sondern konnte sich �ber sie erheben.

Der H�ter bekr�ftigt: �Mehr als achtzig Jahre lang trug

dieses Erhabene Blatt mit einer Tapferkeit, die jeden verbl�ffte,

der ihre Bekanntschaft machen durfte, Leid und Drangsal,

wie sie nur wenige unserer heutigen Gl�ubigen erfahren haben.

Und doch welche Freude und welch heiligm��ige Haltung

offenbarte sie ihr Leben lang! Mitten in Leiden und SchMirzan

war ihr engelgleiches Angesicht so ruhig, so heiter. Das hei�t

nicht, dass ihr Herzensg�te und Mitgef�hl abgingen.�19

Die Heiterkeit und Tapferkeit des Gr��ten Heiligen Blattes

entsprangen ihrer auf den Schriften der Baha-Religion beruhenden

festen �berzeugung, dass das Leben und eben auch

das Leid einen Sinn haben, aber ebenso waren sie in ihrer

18 Abdu�l-Missagh Ghadirian, �Psychological and Spiritual Dimensions of

Persecution and Suffering�, in Journal of Baha Studies 6, Nr. 3, S. 19

19 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 70 f.
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ProphetsDaughter.indb 275 31.08.2007 10:42:37
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

tief wurzelnden Zuversicht und ihrem Vertrauen in die grundlegende,

unwandelbare Gnade und Barmherzigkeit Gottes begr�ndet.

Indem sie trotz der Verfolgungen an ihrem religi�sen

Glauben festhielt, konnte sie geistige Werte leben. So bezeugt

der H�ter auch Folgendes: �Kein noch so schMirzaicher Schicksalsschlag

war imstande, den hellen Schein ihres heiligen Angesichts

zu verdunkeln, und keine Ersch�tterung, wie heftig auch

immer, konnte die Gefasstheit ihres anmutigen und w�rdigen

Verhaltens beeintr�chtigen.� Bahayyih Kh�nums Vertrauen in

die Macht g�ttlichen Beistands und in die Gewissheit, dass Gottes

Wille letzten Endes siegen muss, verlieh ihr wahre Geduld

und die Kraft zum Ausharren. Bis ans Ende ihrer Tage gab die

Klarheit ihres Weitblicks dem Leben Bedeutung und war sie der

Grundstein ihrer realistischen, zuversichtlichen Hoffnung auf

die Zukunft. Dieser gleiche Scharfblick �bertrug sich durch das

Beispiel ihres Lebens auf andere und entflammte die Baha-

Gemeinde nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas.20

Das Studium ihres Lebens macht deutlich, dass Bahayyih

Kh�num sich durch die Ereignisse nicht l�hmen lie�, und dass

sie den Vorg�ngen um sie herum auch nicht achtlos oder unaufmerksam

gegen�berstand. Anstatt bei Schicksalsschl�gen und

Bedr�ngnissen eine passive, hilflose Haltung einzunehmen,

suchte sie aktiv nach kreativen Probleml�sungen und nutzte

alle M�glichkeiten, die sich boten. Aber sie vermied auch jede

kopflose, �berst�rzte Aktivit�t. Ihre Handlungen waren stets

auf die besonderen Erfordernisse der Situation ausgerichtet.

Als Kind ertrug Bahayyih Kh�num im Geiste der Hinnahme

unz�hlige Schicksalsschl�ge wie Armut, Einsamkeit und

Verbannung. Zugleich war sie t�tig, um die Pr�fungen und

Leiden anderer zu mildern. Als Teenager in Bagdad �bertrug

ihr Bahau�ll�h schwierige Boteng�nge, und sie antwortete

auf diese Herausforderung freudig und ohne Z�gern, obwohl

ganz reale Gefahren damit verbunden waren. W�hrend der

aufreibenden Jahre in Adrianopel, als die Baha-Gemeinde

durch Uneinigkeit und ,die gr��te Trennung� auseinander

20 Shoghi Effendi, ebenda S. 35
276
ProphetsDaughter.indb 276 31.08.2007 10:42:37

durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten

gerissen war, spielte sie eine entscheidende Rolle, indem sie

die Missverst�ndnisse einiger Personen hinsichtlich der Stufe

Bahau�ll�hs kl�ren half. In sp�teren Jahren, nach dem Hinscheiden

ihres Vaters und wiederum nach dem Hinscheiden

�Abdu�l-Bahas, unternahm sie die notwendigen Schritte, um

den Bund zu sch�tzen und die Gemeinde zu festigen. Shoghi

Effendi bemerkt, dass sie sich trotz ihrer physischen Schw�che

und gesellschaftlichen Isolierung �den Angriffen der Gegner

stellte und Bedr�ngnisse erduldete, von denen jede einzelne

einen Berg aus Eisen zermalmt haben k�nnte. Und doch war

das liebliche, anziehende Gesicht dieser vergeistigten Taube

der Heiligkeit bis in ihre letzte Stunde hinein von lebenspendendem

L�cheln umkr�nzt, und niemals sah man diese zarte,

zerbrechliche Person ohne ihre Geduld, Ausdauer, Gr��e, Majest�t

und W�rde.�21

Im Angesicht von Schwierigkeiten offenbarte Bahayyih

Kh�num Geduld und liebevolle G�te. Ganz im Gegensatz zu

dem in der heutigen Gesellschaft vorherrschenden Verhalten reagierte

sie auf die �Angriffe der Gegner� weder feindselig noch

rachs�chtig. Ihr einziges Ziel war es, anderen auch denen, die

den Baha-Glauben angriffen zu einem besseren Verst�ndnis

und einer angemesseneren W�rdigung der Bedeutung von

Bahau�ll�hs Offenbarung zu verhelfen. Zu diesem Zweck, so

bemerkt Shoghi Effendi, hatte sie �keine anderen Ziele als nur

diese: Die Sache Gottes zu verk�nden und Sein Wort zu erh�hen;

den Namen der Gesegneten Sch�nheit [Bahau�ll�hs] zu

r�hmen und zu verherrlichen; �Abdu�l-Bahá immer vor Augen

zu haben und Ihm zu dienen; sich der Leidenden zu erbarmen

und ihnen unaufh�rlich liebende F�rsorge zu geben; sie zu umhegen

und zu tr�sten und ihnen Freude zu bringen.�22

Das Gr��te Heilige Blatt ist ein Muster unersch�tterlichen

Anpassungs- und Durchhalteverm�gens im Angesicht eines

ganzen Lebens voller Leiden und Tr�bsale. Shoghi Effendi bekr�ftigt,

dass diese Leiden zwar �auf ihrer schwachen Gestalt

21 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda S.

77
22 Ebenda
277
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

ihre Spuren hinterlassen haben�, jedoch nicht im mindesten �ihren

Geist der Freude und Hoffnung� beeintr�chtigen oder ihren

Glauben an die Zukunft untergraben konnten. �Trotz alledem,�

so schreibt er, �murrte sie nie, noch verlor sie ihren Glauben

an die Zukunft. Sie blieb zuversichtlich und versuchte andere

aufzumuntern. Sie war f�r jeden, der ihr begegnete, eine wahre

Quelle der Inspiration.� Er unterstreicht, wie wichtig und von

aktueller Bedeutung das Beispiel ihrer pers�nlichen Qualit�ten

f�r die Menschheit ist. Hierzu schreibt er:

�Sie liebte es, die Menschen gl�cklich zu sehen, und m�hte

sich nach Kr�ften, um es ihnen zu erleichtern, dies zu verwirklichen.

Wie dringend brauchen wir solche Seelen in der heutigen

Welt, die so voller Sorgen und Entmutigung zu sein scheint!

Jedermann leidet, und niemand ist da, der ihnen Mut zuspricht

und die Herzen aufhellt.�23

Ausdauer, Tatkraft und Flexibilit�t anderer f�rdern

Das Gr��te Heilige Blatt diente nicht nur als konkretes Vorbild

f�r situationsgem��es Verhalten, sondern unternahm selbst

Schritte, um andere immer mehr zu bef�higen, auf die Bedr�ngnisse

des Lebens kompetent zu reagieren und sich ver�nderten

Bedingungen anzupassen. Ihr pers�nlicher Umgang mit

Pilgern und ebenso ihre Briefe sind Beispiele daf�r, wie sie die

Ausdauer und Flexibilit�t der Mitglieder der Baha-Gemeinde

f�rderte.

Ihr Kontakt mit den Pilgern und auch ihre Korrespondenz

zeichneten sich durch gro�es Einf�hlungsverm�gen f�r

jede Person aus, mit der sie es zu tun hatte. Ihre Antworten

waren zartf�hlend, geduldig, liebevoll und auf den Einzelnen

zugeschnitten. Allen dr�ckte sie Verst�ndnis f�r ihre Schwierigkeiten

aus; sie f�hlte sich in ihre Sorgen und Probleme ein

23 Ebenda, S. 90 f., S. 89, S, 91
278
ProphetsDaughter.indb 278 31.08.2007 10:42:37

durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten

und gab ihnen zu verstehen, dass auch sie Kummer, Sorge und

�ngste durchgemacht hatte. Dass sie die Not und die Bedr�ckung

ihrer Partner wirklich anerkannte und w�rdigte, war

f�r diese eine gro�e Quelle der Ermutigung und half den Bedr�ngten,

Hoffnung zu sch�pfen, dass sie etwas unternehmen
konnten, um ihre Situation zu lindern.

�ber die Ermutigung hinaus half sie den Gl�ubigen auch, im

Leiden einen Sinn zu erkennen. Das Gr��te Heilige Blatt machte

sie auf die Leiden Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas aufmerksam

und erkl�rte ihnen den geistigen Grund, warum diese es

auf sich nahmen, sich solchen Heimsuchungen zu unterwerfen:

F�r die F�rderung der Baha-Religion und letzten Endes f�r

den Frieden und das Gl�ck der menschlichen Gesellschaft. Sie

unterstrich die Tatsache, dass den Gl�ubigen die Wahl offenstehe,

wie sie auf die Wechself�lle des Lebens antworten. Hierzu

machte sie auf das Beispiel �Abdu�l-Bahas und Seine gew�hlte

Rolle einer aufopferungsvollen Dienstbarkeit aufmerksam.

Bahayyih Kh�num trug dazu bei, den Baha ein Bewusstsein

ihrer Identit�t und ein Bild der Zukunft zu vermitteln. Zu

diesem Zweck erkl�rte sie die Dynamik von Krise und Sieg, die

die Entfaltung der Baha-Religion vorantreibt, und half den

Baha, die Bedeutung ihrer gegenw�rtigen Schwierigkeiten im

Rahmen dieses weitsichtigen Zusammenhangs zu verstehen.

Mit dieser Vision ausger�stet, gewannen die Gl�ubigen die

Kraft, die Erfordernisse und Chancen ihrer jeweiligen Situation

einzusch�tzen, ihre Ressourcen wie gering auch immer

zu mobilisieren und vertrauensvolle, konstruktive Ma�nahmen

zu entwickeln, die dem Augenblick und der Entwicklung des

Glaubens entsprachen. Um auch l�ngerfristig und besonders in

Situationen, wo der Baha-Gemeinde die notwendigen Techniken

fehlten, zuversichtliches Handeln zu f�rdern, entwarf das

Gr��te Heilige Blatt oft einen �Schlachtplan�, der eingehalten

werden sollte. Ihre F�hrung bildete die Gl�ubigen aus, verlieh

ihnen gr��ere Kompetenz und erweiterte das Repertoire ihrer

F�higkeiten.

Die genaue Betrachtung des Gr��ten Heiligen Blattes als ein

Vorbild f�r pers�nliche Widerstands- und Anpassungsf�higkeit

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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

in schwieriger Situation kann uns sehr vieles lehren; aber auch

die Art und Weise, wie sie Ausdauer, Tatkraft und Flexibilit�t

anderer f�rderte, verdient unsere Aufmerksamkeit. Dem Einzelnen

die F�higkeit zu vermitteln, mit den geistigen, sozialen

und wirtschaftlichen Krisen der heutigen Welt in konstruktiver

Weise umzugehen, bleibt auch weiterhin eine entscheidende

und langfristige Notwendigkeit.
Administrative Verantwortung

Die Bereitschaft, sich in T�tigkeiten zu engagieren, die der gesamten

Gesellschaft dienlich sind, ist eines der dringenden Erfordernisse

in der heutigen Welt. Das Gemeinschaftsgef�hl ist

verloren gegangen; an seine Stelle ist die zielstrebige Besch�ftigung

mit eng definierten pers�nlichen Interessen getreten.

Viele Menschen f�hlen sich allein gelassen, der gesellschaftlichen

Umwelt entfremdet, umgeben von lauter Anderen, denen

ihr Wohlbefinden ganz egal ist und die ihrerseits auch nicht

ihre Aufmerksamkeit verdienen.

Es gibt vielerlei Gr�nde f�r diesen R�ckzug des Einzelnen

aus der gr��eren Gesellschaft. Es kann die Antwort sein auf

erlittene Not und auf die Schwere der vielf�ltigen Probleme,

mit denen man konfrontiert wird. Es kann aus der Verzweiflung

kommen �ber den wachsenden Aufruhr und sozialen Verfall

in der Welt, verbunden mit einem Gef�hl der Hilflosigkeit als

Einzelner, der nichts zur Verbesserung der Situation tun kann.

Der R�ckzug kann auch die Folge einer gut begr�ndeten Desillusionierung

�ber die Heuchelei von Organisationen sein, die

einen vorteilhaften Wandel versprechen und sich als unf�hig

erweisen.

Unter solchen Umst�nden liegt es nahe, den Wertekanon und

die Motivation, die f�r eine aktive und anhaltende Teilnahme

an Unternehmungen zur Verbesserung der gesellschaftlichen

Verh�ltnisse ben�tigt werden, bei der Religion zu suchen. Die

religi�se Orthodoxie unserer Tage ist jedoch darauf ausgerichtet,

Gl�ubige hervorzubringen, die solche Dinge unbek�mmert

280
ProphetsDaughter.indb 280 31.08.2007 10:42:37
administratiVe Verantwortung

Anderen �berlassen und sich auf passiven Gehorsam beschr�nken.

Religionsanh�nger, die mit einer solchen Einstellung nicht

einverstanden sind, neigen haupts�chlich zum Protest gegen

die etablierte Ordnung und zur Forderung nach raschem, radikalem

Wandel.

Die Baha-Religion steht einzigartig da, denn als untrennbaren

Bestandteil ihrer Lehren enth�lt sie eine administrative

Ordnung, die weit mehr darstellt als nur ein System zur Organisation

der Gemeinde. Diese administrative Ordnung ist ein

Mittel, um ihre Beteiligten in Verhaltensweisen und Einstellungen

zu schulen, die eine Vorlage f�r das k�nftige Funktionieren

der Gesellschaft im Gro�en abgeben. Auf diese Weise k�nnen

sie eine Keimzelle f�r die Steuerung der Menschheit in �bereinstimmung

mit den Grunds�tzen von Freiheit, Gerechtigkeit

und Einheit bilden. Die Gemeindeordnung verlangt aktive Beteiligung

aller Mitglieder, wobei sie ihre Talente und F�higkeiten

einbringen, ungeachtet ihrer pers�nlichen Umst�nde

oder der Beschr�nkungen, denen sie unterworfen sind.

Das Gr��te Heilige Blatt dient als ein Urbild dieser aktiv

beteiligten Menschen. Unbeeindruckt von den Umst�nden, in

denen sie sich selbst befand, bietet sie ein bewunderungsw�rdiges

Beispiel f�r administratives Engagement ein Musterbeispiel

f�r alle, die ihren Fu�spuren folgen und in einer sich

entfaltenden Gemeindeordnung Dienst tun; einer Ordnung, die

seit den fr�hen Anf�ngen, an denen Bahayyih Kh�num so ma�geblich

beteiligt war, in erstaunlichem Umfang gewachsen ist.

Um diesen Sachverhalt n�her zu erforschen, m�ssen wir

zuerst einige Hauptmerkmale der Baha-Gemeindeordnung

anschauen. Dies gibt uns den Rahmen, der es erm�glicht, das

Beispiel Bahayyih Kh�nums genauer zu untersuchen.
Die geistige Grundlage der Gesellschaftsordnung

Aus Baha-Sicht muss die Grundlage der Gesellschaftsordnung

von grundlegend geistiger Natur sein. Mit diesem Schwerpunkt

erh�lt das Heilige seinen Platz im Herzen des Einzelnen

wie des Gemeindelebens. Die Betonung des Geistigen wirkt

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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

sich nicht nur auf die Vorstellung der Baha-Religion von einer

Gesellschaftsordnung und vom Wesen der gesellschaftlichen

Institutionen aus, sondern beeinflusst auch ihre Vision von gesellschaftlicher

Evolution, und sie gibt Richtungsweisung f�r

die Ziele, Strategien und Methoden, mit denen gesellschaftlicher

Wandel herbeigef�hrt werden soll. In diesem Zusammenhang

verweist Shoghi Effendi auf die Untrennbarkeit der

geistigen, gesellschaftlichen und administrativen Dimensionen

des Baha-Glaubens und auf seine schrittweise Entfaltung.

Er spricht eine Warnung aus: �Die administrativen Prinzipien

der Sache Gottes von den rein geistigen und menschenfreundlichen

Lehren trennen zu wollen, w�rde eine Verst�mmelung

des eigentlichen K�rpers der Sache Gottes bedeuten.� Allein

aus dieser Perspektive betrachtet, steht die Baha-Religion unter

den religi�sen Systemen der Welt einzigartig da.24

Es ist wichtig festzuhalten, dass das System der Baha-Administration

seine Autorit�t und Leitprinzipien von Bahau�ll�h

selbst erh�lt. Shoghi Effendi schreibt: �Diese administrative

Gesellschaftsordnung unterscheidet sich insofern grundlegend

von allem, was irgendein Prophet vordem eingesetzt hat, als

Bahau�ll�h selbst ihre Grundlagen offenbart, ihre Institutionen

begr�ndet, die Pers�nlichkeit, die Sein Wort auszulegen hat,

berufen und der K�rperschaft, die Seine Gesetze und Gebote

zu erg�nzen und anzuwenden bestimmt ist, die erforderliche

Amtsgewalt verliehen hat. Hierin liegt das Geheimnis ihrer

Kraft, ihre grundlegende Besonderheit und ihr Schutz vor Aufl�sung

und Spaltung.�25

Shoghi Effendi analysiert das System der Baha-Administration

aus dem Blickwinkel der Religionsgeschichte und der

Theorien sozialer Organisation; er hebt es ab von bestehenden

politischen und geistlichen Institutionen und stellt einige seiner

einzigartigen Wesensz�ge heraus. Er bezeugt: �... diese umfassende

administrative Ordnung ... steht sowohl der Theorie

als auch der Praxis nach nicht nur einzig in der gesamten Geschichte

der politischen Institutionen, sondern auch ohne Ge

24 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 19

25 Ebenda, S. 207
282
ProphetsDaughter.indb 282 31.08.2007 10:42:38
administratiVe Verantwortung

genst�ck in den Annalen aller anerkannten Religionssysteme

der Welt da.� Und er f�hrt weiter aus:

�Keine Form demokratischer Regierung, kein System autokratischer

oder diktatorischer Art, sei es monarchisch oder

republikanisch, kein Mischkonzept einer rein aristokratischen

Ordnung und selbst keine der anerkannten Formen

der Theokratie, sei es nun das hebr�ische Gemeinwesen,

seien es die verschiedenen christlichen Kirchenorganisationen,

das Imamat oder Kalifat im Islam keines von ihnen

kann mit der von der Meisterhand ihres vollendeten Architekten

gebildeten administrativen Ordnung gleichgesetzt

oder als mit ihr �bereinstimmend bezeichnet werden.

Diese neugeborene Administrations- und Gesellschaftsordnung

hat in ihrer Struktur gewisse Elemente vereinigt, die

in jeder der drei anerkannten Arten weltlicher Herrschaftsform

zu finden sind, ohne doch in irgendeiner Hinsicht eine

blo�e Wiederholung einer von ihnen zu sein und ohne in

ihren Mechanismus irgendwelche der zu beanstandenden

Kennzeichen einzuf�hren, die jenen angestammterma�en

eigen sind. Sie verschmilzt und bringt, wie keine von sterblicher

Hand geformte Herrschaft es jemals vollbracht hat,

die zweifellos in jedem dieser Systeme enthaltenen gesunden

Bestandteile miteinander in Einklang, ohne die Reinheit

jener gottgegebenen Wahrheiten, auf die sie sich letzten

Endes gr�ndet, zu verf�lschen.�26

Aus dem Vorangegangenen wird klar, dass die pers�nliche

geistige Entwicklung, die f�r den einzelnen Baha ein

wichtiges Ziel darstellt, f�r sich alleine genommen noch nicht

ausreicht; denn geistige Entwicklung ist unl�sbar verbunden

mit der Entfaltung eines Baha-Systems sozialer Organisation,

welches im Einklang mit den geistigen, humanit�ren und

Verwaltungsgrunds�tzen funktioniert, die aus den Lehren der

26 Ebenda, S. 219
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Baha-Religion abgeleitet werden. Es gibt also eine positive,

konstruktive Wechselbeziehung zwischen der Entwicklung

des Einzelnen und derjenigen der Gesellschaftsordnung. Die

Baha-Gemeindeordnung dient als Instrument f�r die Weiterentwicklung

geistiger Werte in der Welt allgemein; sie bietet

f�r alle, die nach wirksamen L�sungen f�r die Unzul�nglichkeiten

gegenw�rtiger administrativer Institutionen suchen, ein

alternatives Modell f�r Regierungsf�hrung an, das sich auf die

Anwendung solch geistiger Werte gr�ndet.

Im Rahmen dieses Buches kann nicht der Versuch unternommen

werden, die verschiedenartigen Bestandteile des

Baha-Systems, ihre Wirkungsweise und ihr Zusammenspiel

im einzelnen vorzustellen. Drei Gesichtspunkte sind jedoch

von besonderem Interesse im Zusammenhang mit der Rolle,

die Bahayyih Kh�num gespielt hat, und diese werden im Folgenden

besprochen.
Eine Laienreligion

Ein besonderes Merkmal der Baha-Religion ist es, dass sie

eine Laienreligion ist. Der Baha-Glaube zeichnet sich durch

das Fehlen eines geistlichen Standes aus; es gibt also keine

Personen, die den Rabbinern, Priestern, Pfarrern oder Mullahs

anderer Religionen vergleichbar und die verantwortlich w�ren,

f�r die Bed�rfnisse der Baha-Gemeinde zu sorgen.

Viele religi�se Gemeinschaften, die ihre Urspr�nge in vergangenen

Epochen haben, tendieren zu einer hierarchischen

Struktur, wobei der Geistlichkeit eine h�here Stellung zuerkannt

wird im Vergleich zur Laienschaft. Aufgrund ihrer herausgehobenen

Stellung �ben die Geistlichen Autorit�t �ber die Masse

der Gl�ubigen aus und genie�en bestimmte Privilegien, die sie

mit ihren Mitgl�ubigen nicht teilen. Im geschichtlichen Verlauf

hat die Geistlichkeit, da keine ausdr�cklichen schriftlichen Bestimmungen

des Religionsstifters vorlagen, das ausschlie�liche

Recht zur bindenden Auslegung der heiligen Schriften an sich

gezogen. Sie nahm sich das Recht, �ber Fragen des Dogmas

und der Kirchenorganisation zu entscheiden und die Gl�ubigen

284
ProphetsDaughter.indb 284 31.08.2007 10:42:38
administratiVe Verantwortung

in allen geistigen und praktischen Angelegenheiten zu belehren.

Dar�ber hinaus geh�rt es zu den typischen Aufgaben der

Geistlichen, den Segen zu spenden, Sakramente zu erteilen,

wie beispielsweise Taufe und Bu�e sowie ganz allgemein die

pers�nliche Beziehung des Gl�ubigen zu Gott zu vermitteln.

Demgegen�ber wird der Laienschaft die Funktion des Gehorsams

und der Ehrerbietung gegen�ber dem Geistlichen

zugewiesen. Die Masse der Gl�ubigen findet sich also eher in

einer im wesentlichen passiven Rolle sie empf�ngt die liturgischen

Dienste des Geistlichen und reagiert auf die Anst��e,

die von ihnen ausgehen. Mitglieder der Gemeinde der Gl�ubigen

sollen ihrer geistlichen Verantwortung weitgehend dadurch

nachkommen, dass sie die Dienste und die F�hrung der

Geistlichen annehmen.

In der Baha-Gemeinde bedeutet das Fehlen eines Klerus,

dass die hierarchische Unterscheidung von Geistlichkeit und

Laienschaft entf�llt. Das geistige Wohl jedes Einzelnen h�ngt

nicht von den Handlungen oder �u�erungen irgend einer anderen

Seele ab. Die Baha-Schriften machen es jedem Gl�ubigen

zur Pflicht, in eigener pers�nlicher Verantwortung die geistige

Wahrheit zu erkunden, sein Verst�ndnis der Baha-Lehren zu

vertiefen, sich um eine Lebensf�hrung zu bem�hen, die die von

Bahau�ll�h verk�ndeten Werte und geistigen Prinzipien zum

Ausdruck bringt, andere �ber die Botschaft Bahau�ll�hs zu

informieren, am Gemeindeleben und an ihrer Administration

aktiv teilzunehmen und sich f�r das Wohlergehen der ganzen

Gesellschaft einzusetzen. An die Stelle der passiven Gemeinde

ist der aktive Diener der Menschheit getreten!

Shoghi Effendi hebt einige der einmaligen, neuartigen

Bestimmungen hervor, die f�r die Organisation der Baha-

Gemeinde grundlegend sind. Zum Beispiel erw�hnt er die

�Aufhebung des berufsm��igen Priestertums und der damit

verbundenen Sakramente der Taufe, des Abendmahls und der

Beichte; die Gesetze, welche die Einsetzung aller �rtlichen,

nationalen und internationalen H�user der Gerechtigkeit durch

allgemeine Wahl erfordern; das vollkommene Fehlen episkopaler

Autorit�t mit den sie begleitenden Privilegien, Entstel

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ProphetsDaughter.indb 285 31.08.2007 10:42:38
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

lungen und verbeamtenden Tendenzen.� Er bezeichnet diese

Bestimmungen als �Beweise f�r den nichtautokratischen

Charakter der Administration- und Gesellschaftsordnung der

Baha-Religion und ihre Neigung zu demokratischen Methoden

in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten.�27

Die Baha-Religion hat zwar kein berufsm��iges Priestertum

und keinen eingesetzten Klerus, �bertr�gt aber dennoch bestimmten

Personen die Verantwortung f�r Aufgaben der Administration.

DieAngelegenheiten der Gemeinde werden von einem

System demokratisch gew�hlter Geistiger R�te wahrgenommen,

denen Einzelpersonen zur Seite stehen, die f�r beratende und f�r

Bildungsfunktionen ernannt wurden. Die Gl�ubigen, die in dieser

Eigenschaft dienen, haben jedoch keinerlei episkopale Autorit�t

�ber die anderen Mitglieder der Gemeinde, und sie bilden

auch keine h�her stehende oder privilegierte Klasse.

Die Natur von F�hrerschaft

Das Universale Haus der Gerechtigkeit ist das leitende Organ

der Baha-Religion auf internationaler Ebene. Unter seiner

F�hrung �ben die demokratisch gew�hlten Nationalen und

�rtlichen Geistigen R�te die gesetzgebende, ausf�hrende und

Recht sprechende Macht in der Baha-Gemeinde aus und

�bernehmen somit die administrative Leitung der Gemeinde.

In der Handhabung der Gemeindeangelegenheiten bedienen

sich die Baha-Institutionen und die einzelnen Mitglieder

der Gemeinde der Baha-Beratung, einer Form gemeinsamer

Entscheidungsfindung, in der versucht wird, die jeweils beste

L�sung zu finden oder die in einer Angelegenheit verborgene

Wahrheit zu ergr�nden, indem nach dieser Methode alle Teilnehmer

gleichberechtigt zusammenwirken. Obwohl eine Person

bei der Beratung den Vorsitz f�hrt, hat diese doch keine

besonderen Vorrechte. Sie leitet die Versammlung, sorgt f�r einen

fl�ssigen Verlauf der Diskussion und ermuntert zur vollen

Beteiligung am Entscheidungsprozess.

27 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 221

286
ProphetsDaughter.indb 286 31.08.2007 10:42:38
administratiVe Verantwortung

Die Baha-Schriften legen eine Reihe von Voraussetzungen

f�r die Beratung fest, die aus Baha-Sicht auch als wesentliche

Elemente des F�hrungsverhaltens angesehen werden k�nnen.

Zusammengenommen beschreiben sie eine Art von F�hrerschaft,

die sich von heute vorherrschenden charismatischen

oder individualistischen Ans�tzen deutlich abhebt. �Abdu�l-

Bahá definiert sie so: �Die Haupterfordernisse f�r jene, die

miteinander beraten, sind Reinheit des Beweggrundes, strahlender

Geist, Losl�sung von allem au�er Gott, Hingezogensein

zu Seinen g�ttlichen D�ften, Bescheidenheit und Demut vor

Seinen Geliebten, Geduld und Langmut in Schwierigkeiten,

Dienstbarkeit an Seiner erhabenen Schwelle. Wenn sie mit

gn�digem Beistand diese Eigenschaften erlangen, wird ihnen

vom unsichtbaren Reiche Bahas der Sieg gew�hrt.�28

�Abdu�l-Bahá merkt an, dass alle Mitglieder das Recht und

die Pflicht haben, ihre Ansichten in voller Freiheit vorzutragen;

und sie werden ermutigt, ihre Gedanken mit Ehrerbietung,

Sorgfalt und M��igung vorzubringen. Sobald ein Entschluss

gefasst ist, arbeiten alle an seiner Durchf�hrung mit. �Abdu�l-

Bahá richtet au�erdem an die Vorsitzende eines Geistigen Rates

die folgende Aufforderung: �Strebe mit Herz und Seele, in

dem�tigem Gebet und in Selbstausl�schung [danach], Gottes

Gesetz zu vertreten und Seine s��en D�fte allenthalben zu verbreiten.�

Er f�gt folgende Ermutigung hinzu: �M�he dich, den

Versammlungen geistiger Seelen die wahre Vorsitzende zu sein,

eine Gef�hrtin der Engel im Reiche des Allbarmherzigen.�29

Der Baha-Glaube sollte nicht in der Weise missdeutet

werden, als wolle er den rechtm��igen Gebrauch pers�nlicher

Initiative behindern. Im Gegenteil wird es jedem sorgf�ltigen

Betrachter der Baha-Lehren klar, dass vieles in diesen Lehren

dazu beitr�gt, kreatives Denken anzuregen. Dazu geh�ren

der Grundsatz der selbst�ndigen Suche nach Wahrheit, der Ansporn,

sich von Vorurteil und Aberglauben zu befreien, und die

Betonung der Bewusstseinsbildung. Die Baha sind aufgerufen,

die Lehren Bahau�ll�hs zu befolgen, aber zugleich sind

28 �Abdu�l-Baha, Briefe und Botschaften, 43:1, S. 106

29 Ebenda, 142:1, S. 196
287
ProphetsDaughter.indb 287 31.08.2007 10:42:38
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

sie frei tats�chlich werden sie dazu ermutigt , sich selbst

um ein Verst�ndnis dieser Lehren zu bem�hen und dieses Verst�ndnis

in Wort und Tat zum Ausdruck zu bringen.
Die Mitwirkung der Frauen

Der Baha-Glaube ermutigt aktiv alle seine Mitglieder ob

Frau oder Mann in jedem Bereich des Gemeindelebens mitzuwirken.

Dies steht in scharfem Kontrast zu anderen religi�sen

Systemen, wo den Frauen der Zugang zu Positionen mit

administrativer Autorit�t oder mit Entscheidungskompetenz in

der Organisation der religi�sen Gemeinde systematisch verwehrt

worden ist. So waren zum Beispiel in den Religionen des

Nahen und Mittleren Ostens die Rabbiner, Priester und Mullahs

ausschlie�lich M�nner. Zwar wurden in manchen F�llen

weibliche Ordensgemeinschaften gegr�ndet zur Wahrnehmung

einer Bildungs- oder einer heilenden Funktion, doch wurde ihren

Leiterinnen nur Autorit�t �ber andere Frauen zugestanden.

In der Gegenwart hat die Bewegung f�r Gleichberechtigung

zu einer gewissen Korrektur dieser Geschlechtertrennung

gef�hrt. In den liberaleren Konfessionen innerhalb des

Judentums und des Christentums sieht man jetzt Frauen, die

geistliche �mter in Gemeinden mit M�nnern und Frauen aus�ben,

und im Islam sind neuerdings einige weibliche Gelehrte

hervorgetreten.

Die Baha-Gemeindeordnung ist durch die Mitwirkung der

Frau in verantwortlichen Positionen auf �rtlicher, nationaler

und internationaler Ebene gekennzeichnet. Baha-Frauen sind

zum Dienst als H�nde der Sache Gottes30, als Berater31 und

Mitglieder des Internationalen Lehrzentrums einer wichtigen

Institution am Weltzentrum des Glaubens berufen worden.

Sie tragen entscheidende weltweite Verantwortung, um f�r die

Ausbreitung der Baha-Gemeinde, den Erhalt ihrer Integrit�t

und die F�rderung ihres geistigen Lebens zu wirken. Au�erdem

werden Frauen als Mitglieder in Geistige R�te gew�hlt,

30 H�nde der Sache Gottes, siehe Glossar
31 Berater, siehe Glossar
288
ProphetsDaughter.indb 288 31.08.2007 10:42:38
administratiVe Verantwortung

und an der Basis des Baha-Gemeindelebens wirken sie im

Rahmen der Beratungen bei einer gro�en Bandbreite von geistigen,

bildungsbezogenen und gesellschaftlichen Zusammenk�nften

mit.

Von Anfang an hat der Baha-Glaube der Teilnahme der

Frauen an den Angelegenheiten des Glaubens hohe Bedeutung

beigemessen, und es wurden t�tige Ma�nahmen ergriffen, um

die Einbeziehung von Frauen zu f�rdern auch in solchen L�ndern,

wo die traditionelle Kultur ihre aktive Beteiligung in allen

Bereichen des Gemeindelebens unterbunden hat. Genau in

diesem Zusammenhang und vor diesem Hintergrund muss die

Bedeutung der Rolle des Gr��ten Heiligen Blattes f�r die administrative

Arbeit der Baha-Gemeinde untersucht werden.
Die Rolle des Gr��ten Heiligen Blattes
in der Administration des Glaubens

Aus der Lebensgeschichte des Gr��ten Heiligen Blattes und

aus den Briefen, die sie an die Baha-Gemeinde richtete, geht

klar hervor, dass sie bereitwillig und mit ergreifender Demut

die schwere administrative Verantwortung �bernahm, die ihr

in den Zeiten von �Abdu�l-Bahas und des H�ters Abwesenheit

vom Weltzentrum des Glaubens auferlegt wurde. Sie lie� sich

niemals zur�ckhalten, weder durch kulturelle Beschr�nkungen

hinsichtlich der Rolle der Frau noch durch vorger�cktes Alter.

Ihre Motivation war ihre Einsicht in die Bedeutung und Wichtigkeit

der Lehren Bahau�ll�hs f�r die Evolution der Gesellschaft.

Sie hatte ein klares Verst�ndnis von den Bestimmungen

des Baha-Bundes und von der Wichtigkeit der Gemeindeordnung,

die auf seiner Grundlage errichtet wurde. Auch in ihrem

pers�nlichen Leben verk�rperte und gestaltete sie die Werte

dieser Ordnung und war dadurch gleicherma�en ein Beispiel

f�r die einzelnen Gl�ubigen wie f�r die Mitglieder der Baha-

Institutionen.

Bahayyih Kh�nums tiefe Einsicht in die Bedeutung des Bundes

Bahau�ll�hs wird durch ihre uneingeschr�nkte Unterst�tzung

seines ernannten Mittelpunktes �Abdu�l-Bahá und nach

289
ProphetsDaughter.indb 289 31.08.2007 10:42:38
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

dessen Hinscheiden seines designierten H�ters Shoghi Effendi

offenkundig. Nach Bahau�ll�hs Tod waren sie die Richtpunkte,

an denen sich ihr Leben orientierte und nach denen

sie die Priorit�ten f�r ihren Dienst festsetzte. Durch ihr Beispiel

und ihre liebevolle Ermutigung half das Gr��te Heilige

Blatt au�erdem den Gl�ubigen, zuerst dem Meister und dann

dem H�ter die Treue zu halten. Damit wahrte sie die Einheit

der Glaubensgemeinde und gab ihr einen klaren Kurs in diesen

beiden herausfordernden Perioden des �bergangs in der

Leitung des Glaubens. Das Engagement und die Hingabe des

Gr��ten Heiligen Blattes an den Gottesbund waren so vollkommen,

dass sie sich nicht nur pers�nlich erhob, um ihm zu

dienen und ihn zu sch�tzen, sondern auch ihre Briefe wirkten

� besonders w�hrend der Zeiten, da ihr die F�hrung des Glaubens

�bertragen war als lebenswichtiges Werkzeug, um die

Gl�ubigen zu bilden und ihnen zu helfen, die Wichtigkeit des

Bundes zu begreifen und seine einzigartigen Merkmale wie

auch die Funktionen seiner noch keimhaften Institutionen zu

verstehen.

Bahayyih Kh�nums Briefe belegen ihr tiefgr�ndiges Verst�ndnis

des Bundes von Bahau�ll�h und �Abdu�l-Baha. Sie

zeigen auch die Klarheit, mit welcher sie die Merkmale dieses

Bundes beschrieb und zugleich das Wesen seiner Anforderungen

an die Gl�ubigen darlegte, seine Bestimmungen hochzuhalten

und ihnen Folge zu leisten. Zum Beispiel macht sie auf

die klare, ausdr�ckliche Art aufmerksam, in der Shoghi Effendis

Ernennung zum H�ter ausgesprochen wurde, und auch

auf die Konsequenzen, die diese Ernennung f�r die Einheit

der Gemeinde hatte. Sie schreibt: ��Abdu�l-Bahas Testament

ist Seine entscheidende Verf�gung. Sie bringt die Gl�ubigen

zusammen, wahrt ihre Einheit und stellt den Schutz des Gottesglaubens

sicher. Sie bestimmt einen genauen Mittelpunkt,

indem sie schriftlich und unwiderleglich Shoghi Effendi als

H�ter des Glaubens und erw�hlten Zweig einsetzt, so dass

sein Name durch die Finger der Gnade und G�te in dem Verwahrten

Sendschreiben verzeichnet ist. Wie dankbar sollten

wir daf�r sein, dass uns eine solche Gnadengabe geschenkt,

290
ProphetsDaughter.indb 290 31.08.2007 10:42:38
administratiVe Verantwortung

solche Gunst erwiesen wurde!� In einem weiteren Brief unterstreicht

sie die in dem geschriebenen Text verf�gte Autorit�t

des H�ters und f�hrt die den Gl�ubigen auferlegte Verantwortung

in Bezug auf den Gottesbund n�her aus: �Ein klar umrissener

Bund macht unsere Pflicht deutlich. Ein unzweideutiger,

lichter Text erkl�rt das offenbarte Buch. Ein pr�zise benannter

Mittelpunkt ist berufen worden, an den sich alle wenden m�ssen,

und die �u�erungen des H�ters der Sache und Auslegers

des Buches sind zum entscheidenden Dekret erkl�rt worden.

All dies kommt aus der Gnade und Gunst unseres Geliebten,

des Allherrlichen, und aus der liebevollen G�te Dessen, der

durch den Glanz Seines Dienstes Erde und Himmel erleuchtet

hat.�32

Bahayyih Kh�num unternahm gezielte Schritte, um den

Gl�ubigen st�rker zum Bewusstsein zu bringen, wie wichtig

die Bildung Nationaler und �rtlicher Geistiger R�te sei. Sie

ermutigte sie und half, sie darin zu schulen, ihr Handeln an den

Prinzipien der Bahai-Administration zu orientieren. Ihre klare

Sicht und die F�hrung, die sie gab, sch�pfte sie aus ihrem eigenen

Verst�ndnis f�r die Erfordernisse des Glaubens in seinem

jeweiligen Entwicklungsstadium und aus den wegweisenden

Briefen des H�ters, die im Einzelnen die Theorie und die Leitprinzipien

darlegten, die der Arbeitsweise dieser keimhaften
Institutionen zu Grunde lagen.

Eine Durchsicht ihrer Briefe zeigt, dass sie, indem sie die

in Shoghi Effendis Briefen gegebene F�hrung rekapitulierte,

den Gl�ubigen die Wichtigkeit und praktische Notwendigkeit

vermitteln konnte, Geistige R�te zu bilden. Sie half den Baha

nicht nur, die Funktionen dieser R�te und die Rolle dieser Institutionen

des Glaubens bei der Entfaltung der Baha-Gemeindeordnung

richtig einzusch�tzen, sondern auch die Verantwortung

des einzelnen Gl�ubigen zu erkennen, diese aufkeimenden

Institutionen zu lieben, ihnen zu dienen und sie zu unterst�tzen.

In einem vorausschauenden Brief an die Mitglieder eines

Geistigen Rates unterstreicht sie die Beziehung zwischen den

32 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,

S. 141, S. 160 f.
291
ProphetsDaughter.indb 291 31.08.2007 10:42:39
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Aktivit�ten der Gl�ubigen und ihrer administrativen Gremien

und der geistigen Umwandlung der ganzen Welt. Sie schreibt:

�Es ist klar und einleuchtend, dass der K�rper der Menschheit

heute dringend auf f�hige, n�tzliche und aktive Glieder

und Organe angewiesen ist, damit ihre Bewegungen und

Handlungen, ihr Betragen und Verhalten, ihre feinen Gef�hle,

erhabenen Gedanken und edlen Ziele allezeit himmlische

Tugenden und Vollkommenheiten widerspiegeln und

g�ttliche Eigenschaften und die Merkmale der Heiligen zum

Ausdruck bringen. Auf diese Weise hauchen sie allen B�rgern

der Welt neues Leben und einen neuen Geist ein; und

so n�hren und st�rken sie die inneren Bande und geistigen

Beziehungen auf allen Gebieten menschlichen Strebens.�33

Das Gr��te Heilige Blatt hatte klar verstanden, dass die derzeit

h�chste Priorit�t im gesamten Prozess der Vergeistigung

der Menschheit in der Errichtung der Institutionen der Baha-

Gemeindeordnung lag. Dar�ber hinaus war ihr auch v�llig bewusst,

wie �beraus wichtig das Beispiel war, das diese Institutionen

all jenen bieten k�nnten, die nach Alternativmodellen

f�r Regierungsf�hrung und f�r soziale Organisation suchen.

Eigenschaften f�r den Dienst in der Administration

Obwohl das Gr��te Heilige Blatt niemals selbst in einer gew�hlten

Institution der Baha-Administration diente, achtete

und untermauerte sie die Autorit�t der keimhaften �rtlichen

und Nationalen Geistigen R�te. Aktiv unterst�tzte und st�rkte

sie die Entwicklung dieser Institutionen und war �ber deren

Erfolge begl�ckt. In ihrer Korrespondenz mit diesen Gremien

f�rderte sie die Entwicklung der Arbeitsf�higkeit der R�te, indem

sie auf zwei Elemente aufmerksam machte, die f�r den

Beratungs- und Entscheidungsprozess grundlegend sind: Erstens,

die Erkenntnis der Bedeutung der F�hrung, die in den

33 Ebenda , S. 191
292
ProphetsDaughter.indb 292 31.08.2007 10:42:39
administratiVe Verantwortung

heiligen Schriften des Glaubens und den Briefen Shoghi Effendis

verborgen ist, und zweitens, die Anwendung dieser F�hrung

bei der Einsch�tzung der aktuellen Erfordernisse und bei

der Ausarbeitung von Handlungspriorit�ten f�r den laufenden

Fortschritt der Baha-Gemeinde.

Bahayyih Kh�num verk�rperte und gestaltete beispielhaft

die in der Baha-Gemeindeordnung ruhenden Werte. Sie lebte

solche Eigenschaften vor wie �fraglose Treue, ... selbstlose

Hingabe, ... ein geschulter Geist, ... anerkannte F�higkeit

und reife Erfahrung� Eigenschaften, die Shoghi Effendi als

die kennzeichnenden Merkmale der Mitglieder von Geistigen

R�ten herausgestellt hat. Zus�tzlich erl�uterten ihre Briefe die

Anwendung jener geistigen und intellektuellen F�higkeiten,

die �Abdu�l-Bahá f�r die Beratungspraxis verlangt hatte. Dabei

ist interessant, dass �Abdu�l-Bahá den Gl�ubigen f�r diesen

Prozess den Rat erteilt hat, �mit h�chster Hingabe, H�flichkeit,

W�rde, Sorgfalt und M��igung ihre Ansichten vorzutragen.�

�Sie m�ssen,� so f�hrt er aus, �in jeder Angelegenheit die

Wahrheit erforschen und d�rfen nicht auf ihrer eigenen Meinung

bestehen; denn Starrsinn und Beharren auf der eigenen

Ansicht f�hren schlie�lich zu Zank und Streit; die Wahrheit

aber bleibt verborgen.� Er unterstreicht: �Die verehrten Mitglieder

m�ssen in aller Freiheit ihre eigenen Gedanken ausdr�cken;

es ist in keiner Weise erlaubt, dass einer die Gedanken

des anderen herabsetzt.� Vielmehr muss der Einzelne �die

Wahrheit mit Augenma� darlegen, und sollten sich Meinungsverschiedenheiten

ergeben, so muss die Stimmenmehrheit gelten;

alle m�ssen dann gehorchen und sich der Mehrheit f�gen.�

Am Schluss betont �Abdu�l-Bahá die Notwendigkeit, dem Beschluss

des Geistigen Rates Folge zu leisten. Er bekr�ftigt: ...

was immer in Harmonie, Liebe und reiner Absicht getan wird,

bewirkt Licht; wenn aber die geringste Spur von Entfremdung

herrscht, wird das in schwarzes Dunkel f�hren.�34

Stil und Inhalt der Briefe des Gr��ten Heiligen Blattes sind

ein gutes Beispiel daf�r, wie man so wie es der Meister ver34

Shoghi Effendi, Baha Administration, S. 88; �Abdu�l-Baha, Briefe

und Botschaften �Abdu�l-Bahas, Nr. 45, S. 107 f.
293
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

langt hatte in aller Freiheit die eigenen Gedanken vollst�ndig

ausdr�cken und doch das schwierige Gleichgewicht zwischen

�Hingabe, H�flichkeit, W�rde, Sorgfalt und M��igung�, wahren

kann. Die einf�hlsame, gem��igte, beredte und dabei offene

Weise, wie das Gr��te Heilige Blatt mit den Gl�ubigen

und ihren Institutionen verkehrte, ist aufschlussreich und verdient

sorgf�ltiges Studium.35

Das Gr��te Heilige Blatt war immer h�flich, aber sie

schreckte niemals davor zur�ck, auf M�ngel aufmerksam zu

machen oder bei Bedarf entschlossen zu handeln. Ihre Bereitschaft,

die Beziehungen zu den Mitgliedern von Bahau�ll�hs

Familie zu l�sen, die in der Zeit von ihres Vaters Tod ihre geistigen

Grunds�tze verrieten, indem sie den Bund brachen; ihre

Weigerung, den abtr�nnigen Halbbruder Mirza Muhammad�

Al� in den Tagen unmittelbar nach dem Hinscheiden des Meisters

in �Abdu�l-Bahas Haus zu empfangen; ihr mutiger und

standhafter Widerstand gegen die Machenschaften jener, die in

sp�terer Zeit aufstanden, um den Glauben anzugreifen all das

sind beredte Beispiele f�r Bahayyih Kh�nums Entschlossenheit,

einen festen und von hohen Grunds�tzen geleiteten Standpunkt

einzunehmen, um so die Bestimmungen des Bundes aufrecht

zu erhalten, den Baha-Glauben zu sch�tzen und die Einheit

der Gemeinde zu wahren.

Die Haltung, die das Gr��te Heilige Blatt zum Dienen einnahm,

basierte auf geistigen und administrativen Prinzipien und

war praktisch, systematisch, evolution�r, zielgerichtet, strategisch

und vorausschauend. Aus ihren Handlungen spricht gro�es

Verantwortungsbewusstsein. In ihrer Kindheit und Jugend nahm

sie dankbar jede Gelegenheit wahr, heikle Auftr�ge auszuf�hren,

die ihr Vater, Bahau�ll�h, ihr zuwies. Immer war sie bestrebt,

den Umfang ihres Dienstes auszuweiten und beschwerliche, herausfordernde

Aufgaben zu �bernehmen. Diese T�tigkeiten gipfelten

sp�ter in ihrer Rolle als Oberhaupt des Glaubens w�hrend

�Abdu�l-Bahas Reisen und Shoghi Effendis Abwesenheiten in

den ersten Jahren seines H�tertums. In dieser Eigenschaft leis

35 Ebenda, S. 107
294
ProphetsDaughter.indb 294 31.08.2007 10:42:39
administratiVe Verantwortung

tete sie einen unsch�tzbaren Beitrag, um die Einheit der Baha-

Gemeinde zu wahren und die Errichtung der administrativen

Ordnung auf einer gesunden Basis sicherzustellen.

Das Gr��te Heilige Blatt widmete sich systematisch den

laufenden Gemeindeangelegenheiten. Sie war bewusst darum

bem�ht, �ber den Zustand der weltweiten Baha-Gemeinde

und �ber die Ereignisse in aller Welt auf dem Laufenden zu

bleiben. Ihre Briefe waren eine zuverl�ssige Informationsquelle

�ber Entwicklungen in der Gemeinde, und sie vermittelten

F�hrung auf der Grundlage der Weisungen, die �Abdu�l-Bahá

und der H�ter gegeben hatten. In der Zeit, als sie die Leitung

des Glaubens innehatte, �berwachte sie die Vollendung von

Projekten, die in �Abdu�l-Bahas Amtszeit eingeleitet worden

waren und setzte neue Initiativen des H�ters fort, darunter die

�u�erst wichtige Aufgabe, bei der Regierung zu erwirken, die

Schl�ssel zum Schrein Bahau�ll�hs wieder zu erhalten, die die

Feinde des Glaubens entwendet hatten.

In dem Bewusstsein, wie wichtig die Mitarbeit jedes einzelnen

Baha f�r die Entfaltung des Glaubens und f�r die Evolution

der Gesellschaft ist, bem�hte sich das Gr��te Heilige Blatt

ganz besonders darum, pers�nliche Initiative anzuregen. Aus

ihren Briefen ist zu ersehen, wie sie die Baha st�ndig ermutigte.

Ihre lebhafte Schilderung der aufopferungsvollen Taten

ihrer geistigen Vorfahren war ihnen eine Quelle der Inspiration.

Sie machte auf die Herausforderungen aufmerksam, denen sich

die Baha-Gemeinde gegen�bersah und auf die Gelegenheiten

zum Dienst, die daraus erwuchsen. Sie dr�ckte ihre Freude

aus, wann immer die Gl�ubigen z�gernde Schritte in eine neue

Richtung unternahmen oder neue Aktivit�ten einleiteten und

unterst�tzte damit jede ihrer Bewegungen, die ihre Kompetenz

erweiterte und ihnen mehr Mut und Ausdauer gab.

Abgesehen von der vielgestaltigen Verantwortung, die sie in

Abwesenheit �Abdu�l-Bahas und des H�ters zu tragen hatte, bekleidete

das Gr��te Heilige Blatt auch eine Reihe von laufenden

administrativen Funktionen. Eine davon war ihre F�rsorge f�r

ankommende Baha-Pilger. Seit den Tagen Bahau�ll�hs und

ganz besonders in der Amtszeit �Abdu�l-Bahas und in den ersten

295
ProphetsDaughter.indb 295 31.08.2007 10:42:39
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Jahren des H�tertums k�mmerte sich Bahayyih Kh�num aktiv

um die Pilger, die ins Heilige Land fuhren, um in die Gegenwart

des Oberhauptes des Glaubens zu gelangen und sp�ter dann die

heiligen Schreine zu besuchen. Als �letzte �berlebende� des

Heroischen Zeitalters inspirierte das Gr��te Heilige Blatt die

Pilger mit ihren Erinnerungen an die fr�hen Tage des Glaubens.

Die Pilger waren auch durch ihren festen Glauben, ihre ruhige

Heiterkeit und ihre zuversichtliche Weitsicht tief bewegt. In ihrer

Eigenschaft als vertrauensw�rdige Sachwalterin der heiligen

Reliquien und historischen Wertst�cke, die mit der Geburt der

neuen Offenbarung verbunden waren, lie� das Gr��te Heilige

Blatt au�erdem die ankommenden Pilger diese kostbaren Archivalien

besichtigen. Schlie�lich war das Gr��te Heilige Blatt

auch f�r das leibliche Wohl der Pilger verantwortlich; sie k�mmerte

sich um die gesamte Organisation ihrer Unterbringung

und um die Regelung der Zubereitung ihrer Mahlzeiten.36

Bahayyih Kh�nums Taten demonstrieren, wie sich ein Leben

auswirken kann, das dem individuellen und gesellschaftlichen

Wandlungsprozess verpflichtet ist und sich f�r die Schaffung

von administrativen Institutionen einsetzt, die geistige und zivile

Werte verk�rpern. Ihre treue, geduldige Unterst�tzung dieser

keimhaften Baha-Institutionen, das Vertrauen, das sie in ihre

Entwicklung setzte, und ihre Bereitschaft, administrative Verantwortung

zu �bernehmen, k�nnen als Beispiel daf�r dienen,

wie man dem vorherrschenden Klima des Misstrauens und der

Gleichg�ltigkeit gegensteuern kann, das die gegenw�rtigen Beziehungen

zwischen den Regierenden und den Regierten pr�gt.
Verantwortung durch hohen Rang

Eine bleibende Erscheinung der menschlichen Gesellschaft

ist bis jetzt die Einteilung ihrer Bev�lkerung in verschiedene

Rangstufen, angefangen bei der d�rflichen Gesellschaft mit ihren

H�uptlingen und Dorf�ltesten bis hin zu komplexen st�d

36 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 59 f.

296
ProphetsDaughter.indb 296 31.08.2007 10:42:39
Verantwortung durch hohen rang

tischen Einheiten mit Regierenden, Geistlichen, P�dagogen,

Kaufleuten und Handwerkern, die alle ihre bestimmte Position

in einer nach Rangstufen gegliederten Gesellschaft innehaben.

In der heutigen Zeit des Umbruchs, in der so mancher sich

dar�ber Gedanken macht, welche Form eine zuk�nftige Gesellschaft

annehmen sollte, ist es nur nat�rlich, �ber die Notwendigkeit

gesellschaftlicher Rangstufen nachzudenken und

ihre positiven und negativen Merkmale neu zu bewerten. Deshalb

besch�ftigen wir uns auch hier mit dieser Frage; denn die

Lebensf�hrung des Gr��ten Heiligen Blattes, einer Frau, die

in der Baha-Sendung einen hohen Rang einnimmt, gew�hrt

wichtige Einsichten dar�ber, welche Rolle in einer Baha-Gesellschaft

Personen von Rang zukommt.
Das Dilemma mit Rang

Oft werden Personen, die einen hohen gesellschaftlichen Rang

bekleiden, zu Recht wegen der Rolle, die sie aus�ben, kritisiert.

In vielen F�llen wird gesellschaftlicher Rang mit einer

Klasse von Personen assoziiert, die unverdiente Privilegien genie�en

und die zu ihrem pers�nlichen Vorteil Macht �ber andere

aus�ben k�nnen. In extremen F�llen d�rfen sie diese Macht

missbrauchen, um ungehindert und ohne Angst vor Strafe das

Recht zu brechen. Rang verleitet oft zu Arroganz und zu einem

starken �berlegenheitsgef�hl gegen�ber anderen.

In der heutigen Welt ist die Frage nach Rang und Vorrecht

eine st�ndige Quelle des Streites und der Uneinigkeit. Sozialwissenschaftler

sagen, dass Konflikte vor allem dann auftreten,

wenn zwischen zwei oder mehreren Parteien abweichende Interessen

wahrgenommen werden. Dabei werden drei allgemeine

Konflikttypen unterschieden: Interessenkonflikte (z. B. �ber Territorien

oder knappe Ressourcen), Wertekonflikte (z. B. �ber Religion,

Ideologie oder ethnische Zugeh�rigkeit) und Beziehungskonflikte

(z. B. zwischen einer Mehrheit und einer Minderheit,

zwischen einer herrschenden und einer beherrschten Klasse).37

37 Hugh Miall, Peacemakers, Kap. 4
297
ProphetsDaughter.indb 297 31.08.2007 10:42:39
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Einige Theoretiker haben die Auswirkungen asymmetrischer

sozialer Beziehungen auf das Entstehen von Konflikt

und gesellschaftlicher Spaltung untersucht. Asymmetrische

Beziehungen sind durch ein gro�es Machtgef�lle zwischen den

Parteien gekennzeichnet. In solchen Zusammenh�ngen ist das

Beziehungssystem zwischen den unterschiedlichen Elementen

der Gesellschaft hierarchisch strukturiert. Die Befunde legen

nahe, dass die Menschen am unteren Ende der Skala aufgrund

ihrer unfreiwilligen Zuordnung in einer bestimmten Schicht,

einer ethnischen, oder irgendeiner anderen Gruppe normalerweise

keinen fairen Zugang zu den sozialen, wirtschaftlichen,

politischen, rechtlichen, bildungsbezogenen oder anderen

Ressourcen erhalten, die diejenigen am oberen Ende der Hierarchie

�blicherweise genie�en und kontrollieren. Diese

herrschenden, m�chtigeren Parteien neigen dazu, die weniger

m�chtigen abzuwerten, ihnen Anerkennung zu versagen und

sie von der Mitwirkung im Entscheidungsfindungsprozess

auszuschlie�en. Au�erdem greifen die herrschenden Partner

gern zu Machtaus�bung, Zwang und Gewalt als Instrument der

Konfliktl�sung und als Mittel, um ihre Ziele zu erreichen.38 Somit

kann in einer Gesellschaft mit einem stark ausgepr�gten

Klassensystem die Anwesenheit von Personen oder Gruppen,

die ihren hohen sozialen Status aus ihrer Familienzugeh�rigkeit,

ihrem Besitz- oder Bildungsstand oder aus der beruflichen

Position ableiten, durchaus als Konfliktpotential gelten, und

sie kann au�erdem der Anerkennung der Einheit der Menschheitsfamilie

entgegenwirken und ein Hindernis f�r die gesellschaftliche

Entwicklung bilden. Die von den Mitgliedern der

Machtelite zur Schau getragene �berheblichkeit f�hrt in der

Tat oft zu Spannungen zwischen ihnen und den Menschen mit

niedrigerem Status. Um ihre Privilegien und ihre hohe Position

zu wahren, benutzen sie zudem ihren betr�chtlichen Einfluss

zur Aufrechterhaltung des Status quo.

Trotz alledem ist aber auch klar, dass es f�r eine Gesellschaft

handgreifliche Vorteile gibt, wenn in ihr Rangstufen

38 Peter Wallensteen (Hsg.), Peace Research, Kap. 6

298
ProphetsDaughter.indb 298 31.08.2007 10:42:39
Verantwortung durch hohen rang

existieren. Die Organisation einer Gesellschaft erfordert eine

Differenzierung der Funktionen, wobei manche Aufgaben einen

gewissen Grad von gesetzlicher oder geistiger Autorit�t

mit sich bringen. Wenn Rang mit besonderen Leistungen

verbunden ist, kann er den Ehrgeiz von talentierten, f�higen

Menschen f�rdern, ihre Begabungen zu entwickeln, was dann

als Belohnung einen hohen gesellschaftlichen Rang mit sich

bringt. Ihre Rangstufe verleiht den Erkl�rungen, die sie in ihren

Kompetenzbereichen abgeben, gr��eres Gewicht. So k�nnen

Menschen, deren F�higkeiten erkannt wurden, einen segensreichen

Einfluss auf den Fortschritt aus�ben. Vielleicht kann

man dar�ber hinaus sogar sagen, dass es nur bei solchen Personen

angemessen ist, ein entsprechendes Ma� an Respekt zu

erweisen, die sich in einer gesellschaftlich wertvollen Kunstfertigkeit

hervorgetan haben oder die eine Position innehaben,

in der sie f�r die Entwicklung der gesamten Bev�lkerung wirken

k�nnen.

Das Dilemma mit Rang ist also nur dadurch zu l�sen, dass

man eine Form findet, in der er sich positiv f�r den gesellschaftlichen

Zusammenhalt und Fortschritt auswirkt, jedoch

die negativen Z�ge, die der Einheit und Gerechtigkeit entgegenstehen,

vermeidet. Dies bringt uns zu einer ausf�hrlichen
Betrachtung des Baha-Konzeptes von hohem Rang.
Das Baha-Konzept von Rang

Die Baha-Schriften enthalten keine genaue Beschreibung einer

k�nftigen Gesellschaftsform. Trotzdem enth�llt die Lekt�re

dieser Texte einige deutliche Merkmale, die zweifellos mit

dem weiteren Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung

st�rker herausgearbeitet werden.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit hat erkl�rt, dass �das

richtige Funktionieren der menschlichen Gesellschaft die Beibehaltung

von Rangstufen und Klassen unter ihren Mitgliedern

erfordert.� Weitere Einzelheiten finden sich an verschiedenen

Stellen in der Baha-Literatur, vor allem in Das Geheimnis

g�ttlicher Kultur, wo �Abdu�l-Bahá die wichtigsten Rangstu

299
ProphetsDaughter.indb 299 31.08.2007 10:42:39
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

fen innerhalb der Gesellschaft herausstellt. Eine hohe Stellung

weist er den weisen und f�higen Staatsm�nnern, den Gelehrten

und all denen zu, die darum bem�ht sind, die Gesellschaft zu

verbessern und die Wohlfahrt der B�rger zu f�rdern.39

Bahau�ll�h unterstreicht die Bedeutung des Ranges und seiner

Rolle in der menschlichen Gesellschaft. Nach Bahau�ll�h

liegt der Schl�ssel zum sozialen Zusammenhalt und Fortschritt

in der �Einheit von Rang und Stufe.� Er merkt an, dass das

grundlegende dynamische Prinzip, das diese Einheit vorantreibt,

in der Erkenntnis besteht, dass der oder die Einzelne sich

�auf der gleichen Ebene und auf der gleichen Stufe sehen sollte

wie die anderen.� Diese Erkenntnis beruht wiederum auf dem

Bewusstsein, dass die W�rde einer Person in ihrer Eigenschaft

als �Gef�� des Zeichens Gottes� begr�ndet ist. Mit Nachdruck

hebt Bahau�ll�h die Bedeutung dieser grundlegend geistigen

Perspektive f�r soziale Beziehungen hervor, indem Er auf den

zerst�rerischen Einfluss jener Menschen hinweist, die sich als

�berlegen an Wissen, Gelehrsamkeit und Tugenden betrachten,

die sich �ber andere erheben oder nach Privilegien suchen;

denn solches Verhalten untergr�bt die Grundlagen der Gesellschaft.

Damit wird an der grunds�tzlichen Ebene der geistigen

Werte der negative Einfluss asymmetrischer Beziehungen und

der mit ihnen verbundenen Haltung der �berheblichkeit und

des selbstherrlichen Machtstrebens angesprochen.40

Die Rechtm��igkeit, die der Existenz von Rangstufen in einer

Baha-Gesellschaft zugesprochen wird, ist verbunden mit

der Erkenntnis, dass dem Rang hier eine einzigartige Gestalt gegeben

ist, die das im vorigen Abschnitt beschriebene Dilemma

aufl�st. Die sozialen Vorz�ge von Rang bleiben erhalten, aber

die Wurzel f�r Ungerechtigkeit und Unterdr�ckung ist beseitigt.

Die Vorstellung der Baha von Rang ist eng mit Funktionalit�t

verkn�pft. Rang kann verliehen werden als Anerkennung

hervorragender Verdienste zum Nutzen der Gesellschaft, oder

39 Messages from the Universal House of Justice, 1963-1986, Nr. 206.3;

siehe �Abdu�l-Bahá Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 28-30

40 Bahau�ll�h, zit. in Messages from the Universal House of Justice,

1963-1986, Nr. 206.3a-3b
300
ProphetsDaughter.indb 300 31.08.2007 10:42:40
Verantwortung durch hohen rang

er kann der Ausdruck von Verantwortlichkeiten in der Baha-

Administration sein, in die eine Person durch Wahl oder Ernennung

berufen wird.

An einer Textstelle spricht Bahau�ll�h davon, �wie die Stufe

der Diener Gottes gesch�tzt und gewahrt wird.� Er f�hrt aus,

seine Anh�nger sollten �keiner Seele den schuldigen Lohn versagen�

und �Fachleuten Ehre zollen.� An anderer Stelle preist

Er �rechtschaffene, gebildete Menschen, die sich der F�hrung

anderer widmen, die von einer niederen, begehrlichen Wesensart

befreit sind und dagegen gesch�tzt bleiben�. Er r�hmt sie

als �Sterne am Himmel wahrer Erkenntnis� und betont: �Es

ist wichtig, ihnen mit Hochachtung zu begegnen.� Dieser Aufruf,

Hochachtung zu bezeigen, beinhaltet, dass sich solche

Personen wegen ihrer Verdienste und ihres Charakters aus der

Allgemeinheit der Gesellschaft herausheben, und ihnen somit

ein gesellschaftlicher Rang zuerkannt wird.41

Rangstufen gibt es in der Baha-Gemeindeordnung. Die

H�nde der Sache Gottes werden an vielen Stellen als Personen

von �erhabenem Rang� beschrieben. Nach der Ernennung der

Kontinentalen Berater stellte das Universale Haus der Gerechtigkeit

klar, dass �die Berater�mter im Rang �ber den Nationalen

Institutionen des Glaubens stehen.� Hier ist wieder das

Element der Funktionalit�t ausschlaggebend, indem das Haus

der Gerechtigkeit best�tigt, dass jedes Kontinentale Berateramt

�den n�tigen Rang� hat, �damit es sicherstellen kann, dass

es in angemessener Weise informiert wird und die Geistigen

R�te seinem Rat und seinen Empfehlungen die geb�hrende Beachtung

schenken. Das Wesen der Beziehungen zwischen den

Baha-Institutionen ist jedoch die liebevolle Beratung und der

gemeinsame Wunsch, der Sache Gottes zu dienen, und nicht

die Frage von Rang oder Stufe.�42

Besondere Beachtung sollte der Rangstufe der Familienmitglieder

Bahau�ll�hs gezollt werden; denn aus historischer Perspektive

war der Missbrauch eines hohen Ranges sehr oft mit

41 Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 4:21, S. 55; 7:42, S. 117

42 Shoghi Effendi, Messages to the Baha World, S. 127; Messages from

the Universal House of Justice, 1963-86, Nr. 206.2

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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

den Taten von Personen ohne jegliches Verdienst verbunden,

die lediglich aufgrund ihrer Familienbeziehungen Privilegien

oder Hochachtung genossen. Bahau�ll�h ruft seine Anh�nger

auf, den Mitgliedern Seiner Familie Ehre zu erweisen. Bezogen

auf Seine m�nnlichen Nachkommen, die Aghs�n43 erkl�rt Er:

�Es ist allen vorgeschrieben, den Aghs�n Liebe zu erweisen�,

und weiter: �Alle haben die Pflicht, zu den Aghs�n h�flich zu

sein und ihnen Achtung zu erweisen, damit dergestalt die Sache

Gottes verherrlicht und Sein Wort erh�ht werde.� Diese Auszeichnung

ist jedoch untrennbar mit der Einschr�nkung verbunden:

�Gott hat ihnen kein Anrecht auf das Eigentum anderer

gew�hrt,� und den Familienmitgliedern wird folgende funktionsf�hige

Verantwortung auferlegt: �Wir ermahnen euch, Gott

zu f�rchten, edle Taten zu vollbringen und euch so zu verhalten,

wie es euch ansteht und zur Erh�hung eurer Stufe beitr�gt.�

Shoghi Effendi hat dieses Thema in einem Brief, der in seinem

Auftrag geschrieben wurde, wie folgt vertieft: �Je h�her die

Stufe derer, die das Vorrecht haben, durch Blutsbande mit dem

Mittelpunkt der Sache verbunden zu sein, desto gr��er muss

ihre Verantwortung sein, zu dienen und so durch ihre Taten zu

beweisen, dass sie einer so erhabenen, verantwortungsvollen

Stellung w�rdig sind.�44

Die Baha-Geschichte zeigt, dass der aus den Familienbeziehungen

erwachsende Rang verloren werden kann, wenn

die damit verbundenen Pflichten nicht erf�llt werden. Die Mitglieder

von Bahau�ll�hs Familie, die den Bund brachen, �verloren

ohne Ausnahme ihre beneidenswerten Stellungen.� In

einem Lobpreis auf das Gr��te Heilige Blatt, ihre Mutter und

ihren als M�rtyrer gestorbenen Bruder beschreibt Shoghi Effendi

diese Gestalten als �diese drei unvergleichlich kostbaren Seelen,

die, nach den Zentralgestalten unseres Glaubens, im Rang

43 w�rtlich �ste oder Zweige�, S�hne und andere m�nnliche Nachkom

men Bahau�ll�hs

44 Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 15:10-11, S. 250; 15:13, S. 251;

aus einem unver�ffentlichten Brief vom 26.1.1939 im Auftrag Shoghi

Effendis an einen Gl�ubigen, mit Genehmigung des Universalen

Hauses der Gerechtigkeit vom 13.10.1998. Vgl. http://bahai-library.

com/uhj/pronouns.etc.html.
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ProphetsDaughter.indb 302 31.08.2007 10:42:40
Verantwortung durch hohen rang

hoch �ber dem gro�en Heer der Helden, Buchstaben, M�rtyrer,

H�nde, Lehrer und Verwalter der Sache Bahau�ll�hs thronen.�

Solch eine Beschreibung best�tigt erneut, dass der Rang, den

die Verwandtschaft mit Bahau�ll�h mit sich bringt, mit hoher

Verantwortung verbunden ist. Diese drei herausragenden Familienmitglieder

sind ihrer Verantwortung nachgekommen, aber

wer seine Pflicht vers�umte, wurde ausgeschlossen.45

Ganz allgemein werden alle, die in der Baha-Gemeindeordnung

einen hohen Rang erhalten, vor den Gefahren eines

Missbrauchs ihrer Position eindringlichst gewarnt. Das Universale

Haus der Gerechtigkeit hat aus einem im Auftrag des H�ters

geschriebenen Brief zitiert: �Er legte dar, wie in der Vergangenheit

bestimmte Einzelpersonen ,sich anderen an Wissen

�berlegen und in h�herer Stellung gef�hlt� und Spaltung verursacht

h�tten, und dass gerade diejenigen, ,die sich als die Allerbesten

ausgaben�, ,immer zur Quelle des Streits wurden�.�

Das Haus der Gerechtigkeit hat erkl�rt, dass, �wer einen Rang

bekleidet, niemals seine Stellung ausnutzen oder sich anderen

�berlegen f�hlen sollte.� Bahau�ll�h selbst bekr�ftigt in einem

vom Haus der Gerechtigkeit in der gleichen Botschaft zitierten

Abschnitt: �Der Mensch ist in der Tat edel, denn in jedem ruht

ein Zeichen Gottes. Wer sich jedoch an Wissen, Gelehrsamkeit

oder Tugend anderen �berlegen f�hlt, sich selbst erh�ht oder

Bevorzugung sucht, begeht eine schwere S�nde. Gro� ist der

Segen derer, die mit der Zierde dieser Einheit geschm�ckt sind

und von Gott gn�diglich best�tigt wurden.�46

Dazu merkt das Universale Haus der Gerechtigkeit an:

�H�flichkeit, Ehrerbietung, W�rde, Respekt f�r den Rang und

die Verdienste anderer sind Tugenden, die zu Eintracht und

Wohlbefinden jeder Gemeinschaft beitragen, aber Stolz und

Selbstverherrlichung geh�ren zu den t�dlichsten S�nden.�47

45 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, E:9, S. 525; Shoghi Effendi, This

Decisive Hour, Nr. 64.7

46 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, zitiert in

Messages from the Universal House of Justice, 1963-1986, Nr. 111.12,

206.3; Bahau�ll�h, zit. Ebda. Nr. 206.3 b.

47 Messages from the Universal House of Justice, 1963-86, Nr. 206.4

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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Die folgende Aussage des Universalen Hauses der Gerech

tigkeit enth�lt eine Mahnung an die, die einen gesellschaft

lichen Rang einnehmen und eine Best�tigung f�r die anderen:

�Die wahre geistige Stufe einer jeden Seele ist nur Gott be

kannt. Sie ist etwas v�llig anderes als die R�nge und Stufen,

die von M�nnern und Frauen in den verschiedenen Bereichen

der Gesellschaft besetzt sind.�48

Ein neuartiges Merkmal der Baha-Religion ist die bedeut

same Unterscheidung, die zwischen Rang und geistiger Stufe

getroffen wird. In einem Tablet Bahau�ll�hs ist zu lesen:

�Wisse fernerhin: Am Tage Seiner Manifestation kehrt alles

au�er Gott wieder, ob hoch oder niedrig, versammelt an

einem Ort. ... Wenn das Wort Gottes allem Erschaffenen offenbart

ist, dann wird jeder, der den Ruf h�rt und beachtet,

zu den edelsten Seelen gez�hlt, auch wenn er nicht mehr ist

als ein Aschentr�ger. Und wer sich abwendet, z�hlt zu den

niedersten unter Seinen Dienern, �bte er auch Herrschaft

�ber die Menschen und bes��e er auch alle B�cher in den

Himmeln und auf Erden.�49

Pers�nliche Leistung wird gef�rdert, und das Fachwissen und

die Dienste der Personen von hohem Rang werden geachtet

und gesch�tzt, aber das h�chste Lebensziel f�r einen Baha

ist es, geistigen Adel zu erreichen. Bahau�ll�h bekr�ftigt:

�Des Menschen Vorzug liegt im Dienst und in der Tugend,

nicht im Prunk des Wohllebens und des Reichtums.� Auch

�Abdu�l-Bahá stellt fest: �Ohne Zweifel besteht des Menschen

h�chste W�rde darin, dass er seinem Gott gegen�ber

dem�tig und gehorsam ist, und des Menschen gr��te Ehre

und Herrlichkeit, seine erhabenste Stufe ist bedingt durch die

genaue Befolgung der g�ttlichen Gebote undVerbote.� Weiter

bemerkt Er, dass �Gl�ck und Gr��e, Rang und Stufe, Freude

und Frieden eines Menschen nicht in seinem pers�nlichen

Reichtum liegen, sondern in seinem hervorragenden Charak

48 Ebenda, Nr. 206.5

49 Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 12:17, S. 214

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ProphetsDaughter.indb 304 31.08.2007 10:42:40
Verantwortung durch hohen rang

ter, seinem hehren Entschluss, seiner umfassenden Bildung

und seiner F�higkeit, schwierige Probleme zu l�sen.�50

Die Baha-Schriften heben eine Anzahl von Eigenschaften

hervor, die mit geistiger Auszeichnung verbunden sind und

nach denen sich alle Gl�ubigen ohne Ansehen ihres Ranges,

sehnen. Zum Beispiel erkl�rt Bahau�ll�h: �Der mit H�flichkeit

Begabte hat in der Tat eine erhabene Stufe erreicht.� Und

�Abdu�l-Bahá stellt fest, dass �des Menschen h�chste Ehre und

wahres Gl�ck in der Selbstachtung liegen, in hohen Entschl�ssen

und edlen Vors�tzen, in der Unversehrtheit und Sittlichkeit

der Person, in der Reinheit des Denkens.�51

�Abdu�l-Bahá unterstreicht die Wichtigkeit des Dienstes an der

Menschheit f�r das geistige Leben und sagt, dass �Ehre und W�rde

des Einzelnen� darin liegen, dass er �zu einer Quelle des gesellschaftlichen

Wohles wird.� Er f�hrt dieses Thema weiter aus: �Es

ist die h�chste Tugend f�r begnadete Seelen, hilflose Weggenossen

bei der Hand zu nehmen und sie von ihrer Unwissenheit, Erniedrigung

und Armut zu befreien, sich mit lauteren Beweggr�nden und

aus reiner Liebe zu Gott aufzumachen und zielstrebig dem Dienst

an den Massen zu weihen, dabei den eigenen weltlichen Nutzen zu

vergessen und nur im Dienst am Allgemeinwohl zu wirken.� Zus�tzlich

verbindet �Abdu�l-Bahá �wahren religi�sen Glauben� mit

der Verwirklichung der oben genannten Ziele, denn ein Mensch,

�der an Gott und Sein Wort glaubt, wird um Gottes willen seinen

eigenenVorteil und seine Behaglichkeit aufgeben und sich mit Herz

und Seele, aus freien St�cken, dem Allgemeinwohl weihen.�52

Suche nach neuen F�hrungskonzepten

In Anbetracht des Nachdrucks, den die Baha-Lehren auf eine

von hohen Grunds�tzen bestimmte Lebensf�hrung und eine auf

50 Ebenda 9:4, S. 162; �Abdu�l-Baha, Das Geheimnis g�ttlicher Kultur,

S. 68, S. 30 f.

51 Bahau�ll�h, Botschaften aus �kk�, 7:15, S. 108; �Abdu�l-Baha, Das

Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 27

52 �Abdu�l-Baha, Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 14, S. 87-93

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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Dienst gerichtete Orientierung legen, verbunden mit der Erkenntnis,

dass Menschen, die Rang und F�higkeiten in sich vereinen,

eine derart wichtige Rolle f�r den sozialen Zusammenhalt und f�r

den Prozess gesellschaftlichen Wandels spielen, so ist es interessant,

dass die j�ngste Forschung in den Bereichen Konfliktl�sung

und Management bestrebt ist, neuartige Konzepte der Friedensbildung

und fortschrittliche F�hrungskonzepte zu finden, die sich

von den derzeit vorherrschenden unterscheiden. F�r ersteres hat

man sich zum Beispiel auf die Mittel zur Konfliktreduzierung in

der Gesellschaft konzentriert. Es hat sich unter anderem gezeigt,

dass die Bildung symmetrischer Beziehungen, die auf einem

Gef�hl von Gleichwertigkeit unter den streitenden Parteien begr�ndet

sind, sowie die Wahl eines partnerschaftlichen anstelle

des bisherigen machtorientierten Ansatzes der Probleml�sung

wichtige Mittel zur Konfliktl�sung darstellen. Eine Kommission

f�r Psychologische Friedensforschung hat das Konzept der Konfliktl�sung

so erweitert, dass es auch die Idee einer �Kultur des

Friedens� umfasst. Diese wird folgenderma�en beschrieben:

�Eine Kultur des Friedens sollte grunds�tzlich nicht als ein

konfliktfreies Utopia verstanden werden, sondern als eine

Kultur, in der Einzelne, Gruppen und V�lker miteinander

produktive Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit

unterhalten und ihre unvermeidlichen Konflikte in konstruktiver

Weise handhaben. Es ist eine Kultur achtsamer und

gerechter Beziehungen zwischen Einzelnen, Gruppen und

V�lkern unter voller Anerkennung ihrer positiven Interdependenz

[d.h.: Verflochtenheit, wechselseitige Abhangigkeit]

sowohl untereinander als auch mit ihrer Umwelt. Eine Kultur

des Friedens erfordert also viel mehr als nur die Abwesenheit

des Krieges sie erfordert soziale Gerechtigkeit, Normen f�r

Unparteilichkeit und f�r multikulturelle Sensibilit�t sowie

soziale Beziehungen, die zu Gewaltfreiheit, nachhaltiger Entwicklung

und menschlichem Wohlbefinden beitragen.�53
53

Committee for the Psychological Study of Peace (IUPsyS), �Cultures

of Peace: Social-Psychological Foundations,� verfasst auf der Grundlage

einer durch die UNESCO gesponserten Hintergrundstudie, S. 2

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Verantwortung durch hohen rang

Solche Ergebnisse stehen im Einklang mit der Baha-Perspektive

zum Thema Rang und gew�hren n�tzliche Einblicke

in die Dynamik, die zu gesellschaftlichem Zusammenhalt und

Fortschritt f�hrt.

Im Bereich des Managements hat eine in letzter Zeit erstellte

Studie den F�hrungsstil von Personen erforscht, die mit

Erfolg eine gute Organisation in eine hervorragende verwandelt

haben. Die als �gegen die eigene Intuition� beschriebenen

Ergebnisse besagen: �Gemeinhin nimmt man an, die Aufgabe,

eine Firma von einem hohen auf ein �berragendes Niveau emporzuheben,

erfordere ,�berlebensgro�e� F�hrungskr�fte also

besonders gro�e Pers�nlichkeiten.� Entgegen herk�mmlicher

Weisheit und entgegen �einem gro�en Teil der herrschenden

Management-Theorie� hat die Studie jedoch gezeigt, dass �eine

Person, die �u�erste pers�nliche Demut mit einem intensiven

beruflichen Willen verbindet,� genau die Kombination von Eigenschaften

besitzt, die n�tig ist, um nachhaltigen Wandel in
einer Organisation zu beschleunigen.54

Ein F�hrungsstil, der von Demut und Willen gepr�gt ist,

f�hrt zu einer Reihe von interessanten Schlussfolgerungen.

Nach der oben erw�hnten Studie �u�ert sich Demut in einer

�gewinnenden Bescheidenheit.� Diese Person ist zum Beispiel

niemals �berheblich und meidet �ffentliche Schmeicheleien;

vielmehr handelt sie mit �ruhiger, gelassener Entschlossenheit�,

motiviert andere eher durch �inspirierte Anforderungen�

als durch �inspirierendes Charisma�, und richtet ihren Ehrgeiz

eher auf die Organisation statt darauf, sich selbst herauszustellen.

Au�er einer �u�ersten Demut bekunden solche Personen

einen starken beruflichen Willen, der sich in ihrer Entschlossenheit

zeigt, hohe Standards aufrecht zu erhalten und andere

innerhalb der Organisation anzuregen, dies gleichfalls zu tun.

Auch versuchen sie durch strategisches Handeln, den langfristigen

Erfolg der Organisation zu sichern und andere zu bef�higen,

an diesem Prozess teilzunehmen.55

54 Jim Collins, �Level 5 Leadership. The Triumph of Humility and Fierce

Resolve� in Harward Business Review (Januar 2001), S. 66 ff.

55 Ebenda, S. 73
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Im Lichte der vorangehenden Diskussion �ber das Baha-

Konzept von hohem Rang und die Art, wie es von gegenw�rtigen

Auffassungen von gesellschaftlichem Rang abweicht,

wollen wir das Beispiel Bahayyih Kh�nums, der rangh�chsten

Frau in der Baha-Sendung, anbieten, um so weitere Einblicke

in die Verantwortlichkeiten gewinnen zu k�nnen, die mit Rang

verbunden sind.
Rang und Stufe des Gr��ten Heiligen Blattes

Bahau�ll�h wies Seiner Tochter Bahayyih Kh�num eine sehr

hohe, herausragende Stufe zu. Er richtet sich mit den folgenden

Worten an sie: �Wahrlich, Wir haben dich in den Rang einer der

ruhmreichsten deines Geschlechts erhoben und dir an Meinem

Hofe eine Stufe zuerkannt, die von keiner anderen Frau �bertroffen

wurde. So haben Wir dich ausgezeichnet und dich �ber

die �brigen erh�ht als Zeichen der Gnade von Ihm, dem Herrn

des Thrones in der H�he und hienieden auf Erden.�56

Obwohl sich der Rang des Gr��ten Heiligen Blattes aus ihrem

Familienhintergrund herleitete, reichte dennoch die Familienzugeh�rigkeit

alleine nicht aus. Es zeigt sich klar, dass ihre

Erhebung auf eine so hohe Stufe zu einem gro�en Teil auf ihren

Handlungen und auf den Eigenschaften beruhte, die sie bewies.

Indem der H�ter die aufopfernden Dienste schildert, die

Bahayyih Kh�num in der Zeit Bahau�ll�hs und in den fr�hen

Tagen der Amtszeit �Abdu�l-Bahas erbrachte, bekr�ftigt er:

�Ob in der F�hrung der Angelegenheiten Seines Haushalts,

die sie so ausgezeichnet bew�ltigte, oder in den gesellschaftlichen

Beziehungen, die sie so gewissenhaft pflegte,

um Bahau�ll�h wie auch �Abdu�l-Bahá abzuschirmen, ob in

der nie versagenden F�rsorge f�r die t�glichen Bed�rfnisse

ihres Vaters oder in den Charakterz�gen Gro�herzigkeit,

Liebensw�rdigkeit und Freundlichkeit, die sie bekundete:

Das Gr��te Heilige Blatt hatte zu dieser Zeit in �berreichem

56 Bahau�ll�h, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 3

308
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Verantwortung durch hohen rang

Ma�e bewiesen, dass sie w�rdig war, als eine der vornehmsten

Pers�nlichkeiten zu gelten, die aufs engste mit der lebenslangen

Arbeit Bahau�ll�hs verbunden waren.�57

Es wird auch deutlich, dass die Baha-Gemeinde zunehmend

den Rang Bahayyih Kh�nums erkannte, w�hrend sich

die Bandbreite ihrer Funktionen erweiterte. Shoghi Effendi

bezeugt, dass in den Tagen von Bahau�ll�hs Einkerkerung in

der Gef�ngnisstadt �Akka, als die Feinde des Glaubens Schwierigkeiten

machten, �der Wert und der hohe Rang� des Gr��ten

Heiligen Blattes in der ganzen Gemeinde erkannt wurde. Das

Verst�ndnis f�r den Rang des Gr��ten Heiligen Blattes nahm

weiter zu, als ihre Funktion ein wenig mehr in die �ffentlichkeit

r�ckte, als sie zum Beispiel w�hrend der Reisen �Abdu�l-

Bahas in den Westen als Seine �kompetente Stellvertreterin�

und �Statthalterin� fungierte, und nochmals in den ersten Jahren

des H�tertums w�hrend Shoghi Effendis Abwesenheiten

vom Weltzentrum, als sie die Hauptverantwortung daf�r trug,

die laufenden Gesch�fte des Glaubens zu lenken. Die im nachstehenden

Briefauszug angek�ndigte Entscheidung des H�ters,

nach dem Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes eine ausgedehnte

Zeit der Trauer weltweit einzuhalten, sch�rfte das Bewusstsein

der Gl�ubigen f�r ihren Rang noch weiter. Der Brief

hat folgenden Wortlaut:

�O ihr getreuen Freunde! Es ist richtig und angemessen,

dass zu Ehren ihrer hohen Stufe in den Versammlungen der

Anh�nger Bahau�ll�hs des Ostens wie des Westens alle

Baha-Festlichkeiten und -Feiern �ber einen Zeitraum von

neun Monaten g�nzlich ausgesetzt werden, und dass in jeder

Stadt und jedem Dorf Gedenkgottesdienste stattfinden,

die von Feierlichkeit, Geistigkeit, Demut und Hingabe gepr�gt

sind. Dabei sollten in erlesenster Sprache die leuchtenden

Attribute dieses herrlichsten Blattes, dieses Urbilds

des Volkes von Baha, ausf�hrlich gew�rdigt werden.�58

57 Shoghi Effendi, ebenda S. 34 f.
58 Ebenda, S. 28, S. 30
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Schlie�lich wird ihre unerl�ssliche Rolle f�r die Entfaltung

der Baha-Gemeindeordnung noch durch den Ort ihrer Ruhest�tte

unterstrichen, der als Brennpunkt f�r jene Geb�ude dient,

die die wichtigsten Institutionen der Baha-Religion auf dem

Berge Karmel beherbergen.
Funktionen in Verbindung mit ihrem Rang

Wie schon erw�hnt, wird die verbindliche, ma�gebliche F�hrung

der Baha-Gemeinde statt an Einzelpersonen demokratisch

gew�hlten Institutionen verliehen, die auf �rtlicher,

nationaler und internationaler Ebene der Gesellschaft wirken.

Dadurch werden einige der Missst�nde vermieden, die herk�mmlich

mit Rang und Privilegien verbunden sind. Folglich

haben in der Baha-Gemeindeordnung Personen von Rang,

das Gr��te Heilige Blatt nicht ausgenommen, keinerlei Recht,

etwas anzuordnen oder Macht �ber die Baha-Gemeinde auszu�ben.

Bahayyih Kh�num suchte f�r sich selbst weder Macht noch

Stellung, obwohl sie bereitwillig alle administrativen Aufgaben

erf�llte, die ihr �bertragen wurden. Vielmehr stellte das Gr��te

Heilige Blatt sicher, dass sich die Gl�ubigen an �Abdu�l-Bahá

und sp�ter an Shoghi Effendi wandten, um F�hrung zu erhalten,

und sie richtete die Aufmerksamkeit der Gemeindemitglieder

auf die ma�gebliche F�hrung, die in den Lehren des

Glaubens enthalten ist.

In ihrer Eigenschaft als amtierendes Oberhaupt der Baha-

Religion wachte das Gr��te Heilige Blatt �ber die allt�glichen

Aktivit�ten der Baha-Weltgemeinde. Sie war die ausersehene

Kontaktstelle f�r die Gl�ubigen und ihre Institutionen,

eine zuverl�ssige Informationsquelle f�r alle, und sie war diejenige,

an die man sich bei Problemen wandte. Sie arbeitete

mit den Geistigen R�ten zusammen, erteilte ihnen Rat und ermutigte

sie bei der Planung und Durchf�hrung von Vorhaben

im Einklang mit der F�hrung, die in den Schriften des Glaubens

enthalten ist. Sie f�rderte die Entwicklung dieser keimhaften

Institutionen und gab ihnen den n�tigen Freiraum f�r

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Verantwortung durch hohen rang

die Durchf�hrung von Initiativen entsprechend der jeweiligen

�rtlichen Gegebenheiten.

Das Gr��te Heilige Blatt wirkte auch als eine Kraft f�r die

Einheit innerhalb der Baha-Gemeinde. Dies bezeugen ihre

Schritte zum Schutz der Gemeinde vor den Angriffen der Bundesbrecher,

ihre geduldige Erziehung der Gemeinde, alle ihre

Bekundungen liebevoller Anteilnahme und die Art, wie sie mit

Regierungsbeamten Verbindung aufnahm. Mit gro�er Weisheit

unternahm sie es, die Gemeindeglieder an die F�hrung durch

Geistige R�te zu gew�hnen, da die Gl�ubigen eher einen charismatischen,

individuellen F�hrungsstil gewohnt waren, und

ebenso schmiedete sie einen gr��eren Zusammenhalt und ein

Zugeh�rigkeitsgef�hl zur weltweiten Baha-Gemeinde.

Bei der Aus�bung ihrer Funktionen bezog das Gr��te Heilige

Blatt Inspiration und Orientierung aus den grundlegenden

Schriften des Glaubens und griff auf das Beispiel ihres Vaters

Bahau�ll�h wie auch ihres Bruders �Abdu�l-Bahá zur�ck. Sie

begeisterte die Gl�ubigen, indem sie sie zu dem hohen Ma�stab

f�hrte, den die Baha-Lehren setzen, und sie �bte moralischen

Einfluss aus, indem sie die Freunde aufrief, die in den

heiligen Schriften gegebene F�hrung in die Tat umzusetzen. Es

zeigt sich deutlich, dass sie den Respekt der Gl�ubigen nicht

nur wegen des ihr bestimmten Ranges gewonnen hat, sondern

auch wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften, wegen ihrer beispielhaften

Art der Aus�bung ihrer Funktionen und wegen ihres
enormen Anteils am Fortschritt der Baha-Gemeinde.
Die Natur ihrer Beziehungen

Ein genauerer Blick auf die mitmenschlichen Beziehungen,

die das Gr��te Heilige Blatt pflegte, hilft uns, die mit hohem

Rang verbundenen Verpflichtungen aus Baha-Sicht besser

zu verstehen. Die Art, wie sie ihre Funktionen aus�bte, unterscheidet

sich deutlich von g�ngigen Verhaltensmustern. Es

fehlt jede Spur von �berheblichkeit, Abgrenzung oder Selbstverherrlichung.

Im Gegenteil: Wie Shoghi Effendi feststellt,

besa� Bahayyih Kh�num �eine ungek�nstelte Einfachheit der

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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Umgangsformen, eine ausgepr�gte Geselligkeit, die sie f�r alle

ansprechbar machte,� und �eine ruhige, bescheidene Art, die

dazu beitrug, die W�rde ihres hohen Ranges noch tausendfach

zu erh�hen.� Dar�ber hinaus bekundete sie �eine Herzensg�te,

die jede Unterscheidung nach Glauben, Klasse oder Rasse

ausl�schte.�59

Pers�nliche Demut und Bescheidenheit waren hervorstechende

Charaktermerkmale des Gr��ten Heiligen Blattes.

Dies zeigt besonders die Art, wie sie auf ihre Ernennung zum

Oberhaupt des Glaubens durch Shoghi Effendi reagierte. Sie

schreibt: �F�r die Zeit seiner Abwesenheit ... ist diese Gefangene

ernannt worden, die Angelegenheiten des Glaubens in gemeinsamer

Beratung mit den Mitgliedern des Heiligen Haushalts

zu verwalten.�60

In ihrem ganzen Leben war Bahayyih Kh�num nach den

Worten Shoghi Effendis �selbstvergessen.� In ihren pers�nlichen

Aufzeichnungen vermerkt sie Einzelheiten aus dem Leben

ihres Vaters und den Taten �Abdu�l-Bahas. Nur selten f�gt

sie sich selbst in den historischen Bericht mit ein, und noch

seltener teilt sie ihr pers�nliches Empfinden bei den Ereignissen

mit, die sie nicht nur miterlebte, sondern bei denen sie aktiv

mitwirkte.61

Keine Aufgabe war f�r sie zu niedrig oder unwichtig. Sie

ergriff jede Gelegenheit zum Dienst, die sich bot. Ihr oberster

Grundsatz war, den Anforderungen des Glaubens absolute

Priorit�t zu geben. Sie verk�rperte eine vollkommene Verbindung

von Demut und Willen. Shoghi Effendi bezeugt: �Fremde

und Freunde gleicherma�en waren bestrickt durch ihre Herzensg�te,

ihr geistiges Wesen, ihre unaufh�rliche F�rsorge f�r

sie und ihre sanfte Art, sie waren �berw�ltigt durch ihre gro�e

Nachsicht mit ihnen und durch die Art, wie sie ihnen n�tzlich

war und f�r sie sorgte. Der Verstand konnte nur staunen �ber

dieses feine, durchgeistigte Wesen, ihre Majest�t und Gr��e,

ihre himmlische Bescheidenheit, ihre Nachsicht und ihr gedul

59 Shoghi Effendi, ebenda S. 42 f.
60 Bahayyih Kh�num, ebenda S. 115
61 Shoghi Effendi, ebenda S. 38
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Verantwortung durch hohen rang

diges Ausharren. Mitten in der allerschlimmsten Zerrei�probe

l�chelte sie wie eine aufbl�hende Rose, und auch in den dunkelsten,

furchtbarsten Zeiten verbreitete sie ihr Licht wie eine

hell leuchtende Kerze.�62

Die Familienangeh�rigen, die Pilger und alle, die Gelegenheit

hatten, ihr zu begegnen, f�hlten sich zu ihr hingezogen.

Eine Baha-Pilgerin berichtet, dass Bahayyih Kh�nums

�starke, aber sanfte Autorit�t sie ganz nat�rlich zum Haupt der

Haushaltsgruppe im Umkreis �Abdu�l-Bahas machte.� Eine andere

Pilgerin hinterlie� folgende Schilderung ihrer Eindr�cke

vom Gr��ten Heiligen Blatt und der Lehren, die sie aus ihrem

Beispiel zog. Sie schreibt:

�Ihre Ausgewogenheit, ihr Sinn f�r das Feine und Schickliche

und ihr praktisches Urteil bei allen Fragen von Ordnung

und Sch�nheit im Haushalt und bei allem, was dem Wohlbefinden

dient, vereinigten sich zu einem harmonischen

Umfeld. Ihre Willensst�rke f�hrte niemals dazu, andere zu

�berrumpeln, und niemals zwang sie ihre klaren Ansichten

anderen auf. Ihr Betragen war sanftm�tig. W�hrend andere

die Nussschale mit einem harten Schlag aufbrachen, war es

ihre Art, den Kern mit unendlicher Sorgfalt und Geschicklichkeit

herauszusch�len. Bei ihr gab es kein Fordern oder

Befehlen; sie l�chelte und winkte nur, und keiner kam unter

Zwang oder weil sie es so wollte. So ruhig wirkte sich ihr

Einfluss aus, dass man sich dessen kaum bewusst wurde.�63

Das Vorgehen des Gr��ten Heiligen Blattes verdeutlicht ihr

Geschick, einen Sinn f�r Organisation und Ordnung und einen

einigenden Geist zur Geltung zu bringen.

In ihrem ganzen Leben war das Gr��te Heilige Blatt eine

Friedensstifterin und eine Kraft f�r Einheit und Verst�ndigung.

62

Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda

S. 79
63

Ella Goodall Cooper, �Bahayyih Kh�num An Appreciation,� S. 202

f.; Marjorie Morton, �Bahayyih Kh�num �, in Baha World 5 (1936),

S. 181
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Ihr Umgang mit Freunden und Feinden des Glaubens, mit hoch

und niedrig war konstruktiv, achtsam, r�cksichtsvoll und unver�ndert

geduldig. Es ist wirklich interessant zu verfolgen, welche

Wichtigkeit sie dem Umgang mit anderen beima�. Shoghi Effendi

deutet an, dass das Gr��te Heilige Blatt �emsig gesellschaftliche

Beziehungen pflegte� zu dem einzigen Zweck, Bahau�ll�h

und �Abdu�l-Bahá abzuschirmen. Vor einem Konflikt zog sie

sich nie zur�ck, und sie z�gerte nicht, auf den Baha-Ma�stab

aufmerksam zu machen und, wo n�tig, Grenzen zu setzen. Die

Einheit, die sie pflegte, gr�ndete sich auf geistige und administrative

Grunds�tze statt auf Kompromisse, und so schuf sie die

Bedingungen f�r die Errichtung einer �Kultur des Friedens�, f�r

gesellschaftlichen Zusammenhalt und Fortschritt.64

Der folgende Auszug aus einem in Shoghi Effendis Auftrag

geschriebenen Brief zeigt, welcher Art die von Bahayyih Kh�num

gepflegten pers�nlichen Beziehungen waren, und beleuchtet

einige besondere Merkmale ihres Umgangs mit Menschen:

�Sie, die erw�hlte Treuh�nderin Bahau�ll�hs, war das Sinnbild

Seines unendlichen Mitleids, das Tagesgestirn am Himmel

Seiner Freigebigkeit und Gnade. Diese geheiligte Seele

war die Offenbarung der liebevollen G�te Dessen, der die

Sch�nheit des Allherrlichen ist, war der sprudelnde Quell der

Gunstbezeigungen und Gnadengaben Dessen, der der Herr,

der Allh�chste ist. Sie war Trost f�r jeden Leidgebeugten,

Erquickung f�r jedes gebrochene Herz. Sie, die Spur Bahas,

war dem Waisen eine liebevolle Mutter, und dem Ungl�cklichen

und Verst�rten wusste sie einen Weg zu weisen. Ihr

heiliges Leben erleuchtete und entflammte die Welt, ihre

himmlischen Eigenschaften und Handlungen bildeten einen

Ma�stab f�r Menschen auf der ganzen Welt. Wie eine Wolke

des Erbarmens regnete sie ihre Gaben herab, und ihre Geschenke

erfrischten die Seele wie der Morgenwind.�65

64 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34 f.;

IUPsyS �Cultures of Peace. Social-Psychological Foundations�, S. 2

65 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 78 f.
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Verantwortung durch hohen rang

Die Beziehung des Gr��ten Heiligen Blattes zu den Menschen

war feinf�hlig und spendete viel Kraft. Zur Zeit des

Hinscheidens von �Abdu�l-Bahá zeigte sie Verst�ndnis f�r die

Best�rzung und Beunruhigung der Gl�ubigen. Auch sprach sie

den Baha Mut zu und half ihnen, in ihrem Dienst an der Sache

Gottes standhaft zu sein. Sie f�hlte mit ihnen, als sie bem�ht

waren, die neuen Bestimmungen des Bundes zu verstehen und

die Notwendigkeit des Gehorsams gegen�ber den keimhaften

Institutionen des Glaubens zu erfassen. Sie �bersch�ttete die

Gl�ubigen mit ihrer liebevollen Zuwendung, beriet und schulte

sie und erfreute sich danach an ihren Leistungen.

Die Beziehung des Gr��ten Heiligen Blattes zum jungen

H�ter Shoghi Effendi war von �u�erster Zartheit und verdient

genaue Betrachtung. Wie sehr Shoghi Effendi von der Ermutigung

und der Kraft seiner Gro�tante abhing, beweisen seine

Beteuerungen, dass er �durch die Hand ihrer Liebe erzogen�

wurde und dass sein �zartes Wesen� �von ihrer Liebe durchdrungen,

durch ihre Kameradschaft erfrischt und durch ihren

unverg�nglichen Geist getragen� wurde. Shoghi Effendi erkl�rt,

dass er sich in der dunklen Zeit nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden

�in der Umarmung ihrer Liebe� befand und dass das

Gr��te Heilige Blatt ihn �mit unvergleichlicher Barmherzigkeit

und Z�rtlichkeit� ��berzeugte, f�hrte und zu den Erfordernissen

des Dienens antrieb.�66

Shoghi Effendis Briefe aus der Zeit des Hinscheidens des

Gr��ten Heiligen Blattes quellen �ber von �u�erungen seiner

herzlichen Zuneigung und Dankbarkeit f�r die Unterst�tzung,

die er von ihr erhielt. Auch ist es klar, dass Shoghi

Effendi durch ihr Beispiel des Opfers und des Dienstes in starkem

Ma�e angeregt wurde. In einem seiner Briefe schreibt er:

�Wenn ich mir am Morgen und am Abend ihr geliebtes Antlitz

vergegenw�rtige und mir ihr L�cheln, das meinen Geist labt,

wieder vor Augen halte, wenn ich �ber ihre Freigebigkeit, ihre

unz�hligen Freundschaftsbeweise f�r mich nachsinne und die

erstaunliche Langmut bedenke, die sie in ihren Leiden bewies

66 Shoghi Effendi, ebenda S. 26, S. 29
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

� dann werden die Flammen sehns�chtiger Liebe aufs neue angefacht.

...�67

Hier wird ersichtlich, dass das Gr��te Heilige Blatt in ihren

Beziehungen zu anderen viele m�tterliche Z�ge zeigte. Shoghi

Effendi beschreibt sie als �eine wirkliche Mutter f�r jeden von

uns, eine Trostspenderin in unseren SchMirzan und Bedr�ngnissen

und eine Freundin in den Augenblicken �u�erster Einsamkeit

und Verzweiflung.� Er �u�ert sich weiter �ber ihre umsorgenden

Qualit�ten und hebt die �m�tterliche F�rsorge und

Liebe� hervor, die Bahayyih Kh�num bewies. Er beschreibt sie

als eine �verzehrende Liebe, die aus Gott geboren ist und die

allein die Seelen der Menschen entflammen kann.� Es zeigt

sich also, dass die Art von �m�tterlicher F�rsorge und Liebe�,

die sie vorlebte, �ber die gewohnte Vorstellung von einer Mutter-

Kind-Beziehung weit hinausging. Sie verk�rpert stattdessen

eine weit gespannte, viel umfassendere Auffassung, die f�r

Frauen und M�nner gleicherma�en gilt.68

Und zuletzt, als nach dem Hinscheiden Bahayyih Kh�nums

der H�ter die Woge des Kummers beschrieb, die die Baha-

Gemeinde des Ostens und des Westens erfasste, da gab er an,

dass die Baha nicht nur eine geliebte, hochgesch�tzte Freundin

verloren h�tten, sondern dass sie �klagten wie eine Schar

verlassener Waisenkinder.� Dieses anschauliche Bild h�lt die

Einmaligkeit der Beziehung des Gr��ten Heiligen Blattes zu

anderen fest und zeigt, mit welch tiefer Empfindung diese auf

ihre Pers�nlichkeit reagierten.69

Das Leben und das Beispiel des Gr��ten Heiligen Blattes

vermitteln nicht nur eine einmalige Sicht auf die Bedeutung

von hohem Rang und dessen Rolle in der Gesellschaft, sondern

zeigen auch, wie die mit dem Rang verbundene Verantwortung

so wahrgenommen werden kann, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt

und pers�nliche Initiative gef�rdert werden. Sie

unterst�tzte aktiv die regierenden Institutionen und arbeitete

67 Ebenda, S. 53

68 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda

S. 68, S. 69
69 Shoghi Effendi, ebenda S. 24
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Verantwortung durch hohen rang

mit ihnen zusammen, und sie entwickelte einen F�hrungsstil,

der F�rsorge, Vertrauen und Ermutigung veranschaulichte. Sie

inspirierte und motivierte andere durch die Hinwendung auf

die geistigen Grunds�tze und Ma�st�be, die in den Baha-

Schriften niedergelegt sind. Sie errang die Hochsch�tzung der

Gl�ubigen ebenso wie die der Nichtgl�ubigen durch die herausragende

Qualit�t ihres Beitrags zur Einheit und zur Entfaltung

der Baha-Gemeinde.
Umgang mit Ver�nderung

Ein Hauptmerkmal der modernen Welt ist der immer schnellere

Wandel. Die Kr�fte der Modernisierung wirken sich direkt auf

die Einzelnen und auf alle Bereiche der menschlichen Gesellschaft

aus. W�hrend einige Ver�nderungen sofort akzeptiert

werden, erwecken Ver�nderungen in den Werten und Verhaltensmustern

schnell den aktiven Widerstand derer, die sich der

Einhaltung des Status quo verschrieben haben. Unter diesem

Blickwinkel erscheint Wandel dann als eine Bedrohung der

pers�nlichen, religi�sen, ethnischen oder nationalen Identit�t

und als Ursache f�r soziale Spannungen und Uneinigkeit. Eine

der Herausforderungen f�r die heutige Gesellschaft ist daher

die Notwendigkeit, eine dynamische Gesellschaftsordnung zu

entwerfen und zu schaffen, in der es sowohl f�r Ver�nderung als

auch f�r Best�ndigkeit einen Platz gibt, innerhalb der �u�eren

Grenzen, in denen die Einheit und Identit�t der Gemeinschaft

gewahrt wird. Mit dieser Herausforderung verbunden ist die

Identifizierung von Bew�ltigungsstrategien, die von Menschen

angewandt werden, die nicht nur pers�nliche Ver�nderung

konstruktiv regeln, sondern die auch den Prozess der sozialen

Evolution ankurbeln.

In diesem Abschnitt wollen wir die Baha-Vorstellung

von Wandel betrachten. Als Beispiel bieten wir die Mittel und

Wege an, die das Gr��te Heilige Blatt einsetzte, um die Baha-

Gemeinde durch ihre �bergangsperiode vom Heroischen ins

Gestaltende Zeitalter des Glaubens hindurchzusteuern.

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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá
Eine st�ndig fortschreitende Kultur

Die gro�en Religionen der Welt sind klassischerweise Quellen

f�r Visionen und Werte und die wichtigsten Triebkr�fte bei der

Entstehung von Gesellschaft. Die geistigen Prinzipien und Werte,

die sie dem Menschen auferlegen, bilden nicht nur die Grundlage

f�r eine vereinigende Weltsicht, sondern motivieren auch den Einzelnen

und die sozialen Institutionen, nach diesen Prinzipien zu

handeln und sie als Ma�stab f�r die Beurteilung praktischen Handelns

zu gebrauchen. Deshalb kann Religion einen bedeutenden

Beitrag zu dem Ver�nderungsprozess leisten. Zweck der Religion

ist es, wahre Freiheit f�r den menschlichen Geist zu stiften, damit

jede und jeder Einzelne frei sein kann, um die eigenen F�higkeiten

zu entwickeln. Diese Befreiung ist das Fundament, auf dem die

sch�pferischen und innovativen Kr�fte zum Ausdruck kommen

k�nnen. Das Ergebnis muss notwendigerweise ein Wandel in allen

Bereichen menschlichen Lebens sein: Der Erwerb neuen Wissens,

die Weiterentwicklung der Wissenschaften und der Bildungsm�glichkeiten,

eine neue Bl�te des k�nstlerischen Ausdrucks und der

Kulturformen, Fortschritte in Handel und Kommunikation und

die Schaffung neuer Formen sozialer Organisation.

In dem folgenden Zitat unterstreicht �Abdu�l-Bahá die lebenswichtige

Rolle der Religion f�r den gesellschaftlichen Zusammenhalt

und f�r die Entwicklung der Zivilisation. Er schreibt:

�Allumfassende Wohltaten str�men aus der Gnadenf�lle der

g�ttlichen Religionen, denn sie f�hren die wahren Gl�ubigen zu

aufrichtigen Absichten, edlen Zielen, Reinheit und makelloser

Ehrbarkeit, umfassender Herzensg�te, Mitempfinden, Vertragstreue,

R�cksichtnahme auf die Rechte anderer, Gro�z�gigkeit,

Gerechtigkeit in allen Lebenslagen, Menschlichkeit und

N�chstenliebe, Tapferkeit und unerm�dlichem Eifer im Dienst

an der Menschheit. Mit einem Wort, es ist die Religion, die alle

menschlichen Tugenden hervorbringt, und diese Tugenden sind

das strahlende Licht der Kultur.�70

70 �Abdu�l-Baha, Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 89

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umgang mit Ver�nderung

Die Geschichte ebenso wie das zeitgen�ssische Geschehen

zeigen aber auch, dass die Religion Ver�nderung und Wandel

feindlich gegen�berstand und sich als hartn�ckige, entschlossene

Gegnerin der Kr�fte des Wandels erwiesen hat. Man

kann sich wohl fragen, woher es kommt, dass eine so m�chtige

Triebfeder des Wandels, ausersehen f�r die Erh�hung der

Menschheit, ihren eigentlichen Zweck so sehr veruntreuen und

zu einem reaktion�ren Hindernis f�r Wandel werden sollte.

Es gibt viele Gr�nde. Einer der wichtigsten ist die Bef�rchtung

der geistlichen W�rdentr�ger, der Wandel werde ihre Stellung

untergraben, indem er demokratische Bestrebungen zum

Ausdruck bringt, die Gleichstellung der Geschlechter verlangt

und neue Organisationsformen erhofft, um so den Bed�rfnissen

einer modernen Gesellschaft gerecht zu werden. Sozialer

Wandel l�sst auch einige der religi�sen Gebote als ungeeignet

f�r die neue Situation erscheinen. Es tauchen neue Fragen auf,

zu denen die Religion schweigt, was dazu f�hrt, dass unter ihren

Anh�ngern keine Einigkeit erzielt werden kann. Der wissenschaftliche

Fortschritt bringt auch Ablehnung gegen�ber

dogmatischen Aussagen der geistlichen Autorit�ten mit sich,

zum Beispiel �ber die Gr��e und Beschaffenheit des Weltalls,

das Alter der Erde, die Aufl�sung der sterblichen �berreste

nach dem Tod, die Ursachen f�r Krankheiten und Leiden, die

Evolution, die Vielfalt der Rassen und V�lker.

Die Baha-Religion stellt einen ganz neuen Ansatz vor. Sie

ist eine Religion, die den Wandel bejaht und f�rdert, und die

als wahren Lebenszweck aller Menschen die Teilhabe an einer

st�ndig fortschreitenden Kultur sieht. �Abdu�l-Bahá spricht von

der Weisheit, die im Wandel liegt, und bemerkt: �Die Zeiten

bleiben sich niemals gleich, denn Ver�nderung ist eine notwendige

Eigenschaft und ein Wesensmerkmal dieser Welt und
ebenso von Zeit und Raum.�71

Die Schriften Bahau�ll�hs sehen den Fortschritt der menschlichen

Geschichte als eine Evolution, die durch Stationen der

Kindheit und Jugend und durch immer h�here Stufen mensch

71

�Abdu�l-Baha, zit. in Messages from the Universal House of Justice,

1963-1986, Nr. 35.7a
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

licher F�higkeit und Reife bis ins Erwachsenenalter f�hrt. Diese

Evolution zur m�ndigen Reife findet ihre Entsprechung in

der immer komplexeren Organisation der menschlichen Gesellschaft,

die sich, vom Familienverband in fr�hesten Zeiten

ausgehend, nach und nach zum Stammesverband, zum Stadtstaat

und zur Nation entwickelte. Den H�hepunkt dieses Prozesses

bildet die Vereinigung der ganzen Welt, die �den Eintritt

des gesamten Menschengeschlechts in den Zustand der

M�ndigkeit� ank�ndigt und �die letzte, h�chste Stufe in der ...

Entwicklung des menschlichen Zusammenlebens auf diesem

Planeten� darstellt.72

Die Baha-Schriften beschr�nken sich nicht auf reine Theorie.

Die Vorkehrungen des Baha-Bundes und die Institutionen,

die dieser schuf die klare, unzweideutige Ernennung

von Nachfolgern, die Bestimmung von bevollm�chtigten Auslegern

der Schriften Bahau�ll�hs und die Wahl des Universalen

Hauses der Gerechtigkeit, einer Institution, die mit der

Gesetzgebung in den Angelegenheiten betraut ist, die nicht

ausdr�cklich in den heiligen Schriften abgedeckt sind, oder die

unklar sind und zu Spaltung f�hren bilden den Antrieb, der

kreatives Denken anregt und den Wandel f�rdert. Shoghi Effendi

charakterisiert die zentrale Institution der administrativen

Ordnung und nennt als eine ihrer Zielsetzungen, �den Glauben

b�ndnistreu und vernunftgem�� den Erfordernissen einer

fortschreitenden Gesellschaft anzupassen.� Dar�ber hinaus beschreibt

er als Aufgabe, die sich aus den Baha-Lehren ergibt,

dass eine Baha-Weltgemeinde zu schaffen sei, die f�hig ist,

�sich wie ein lebendiger Organismus auszudehnen und auf die

Bed�rfnisse und Erfordernisse einer ewig sich wandelnden Gesellschaft

einzustellen.�73

Die Baha-Gesellschaftsordnung stellt sich auf Wandel ein

und wahrt zugleich die grundlegende Einheit und Identit�t der

Gemeinde. Einerseits bilden die geistigen Prinzipien, Gesetze

und Lehren des Glaubens und das Ger�st der Gemeindeordnung

die Grundlage f�r die Aufrechterhaltung der Ordnung.

72 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 233

73 Ebenda, S. 38, S. 44
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umgang mit Ver�nderung

Andererseits stellt der Fortschritt, der als einer der �Grunds�tze

und Gebote Gottes� bezeichnet wird, einen wichtigen Wert dar,

der der Weltsicht der Baha zugrunde liegt.74

Der Baha-Glaube ermutigt alle seine Mitglieder eindringlich,

die Bedeutung seiner wegweisenden Lehren zu ergr�nden

und ihre Einsichten und Erkenntnisse an andere weiterzugeben.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit erkl�rt, �solche pers�nliche

Auslegung wird als Frucht der menschlichen Denkf�higkeit

angesehen und f�hrt zu einem besseren Verst�ndnis

der Lehren, vorausgesetzt, dass es unter den Freunden nicht zu

Disputen und Meinungsverschiedenheiten kommt und der Einzelne

begreift und sich klarmacht, dass seine Ansichten nur seine

ganz pers�nlichen sind.� Die Baha werden jedoch gewarnt

vor dogmatischen Erkl�rungen zu Fragen, die erst im Laufe der

Zeit verst�ndlich werden, vielleicht durch den Fortschritt wissenschaftlicher

Erkenntnis oder im Lichte der menschlichen

Erfahrung und der sozialen Entwicklung. Das Universale Haus

der Gerechtigkeit schreibt:

�Die Gl�ubigen m�ssen die Wichtigkeit intellektueller Redlichkeit

und Demut erkennen. In vergangenen Sendungen sind

viele Irrt�mer entstanden, weil diejenigen, die an Gottes Offenbarung

glaubten, �bereifrig die g�ttliche Botschaft in den Rahmen

ihres begrenzten Verst�ndnisses hineinzw�ngten, weil sie

Lehrgrunds�tze definieren wollten, wo Definition ihre Macht

�berstieg, weil sie Mysterien erkl�ren wollten, die erst die Erfahrung

und Weisheit eines sp�teren Zeitalters verst�ndlich

machen konnte, und weil sie etwas als wahr hinstellen wollten,

das ihnen w�nschenswert und notwendig erschien. Solche

Kompromisse mit der grundlegenden Wahrheit, solchen intellektuellen

Hochmut m�ssen wir peinlichst vermeiden.�75

Es geh�rt zum Wesen des Baha-Rechts, dass bestimmte

grundlegende Prinzipien unver�nderte G�ltigkeit behalten

74 Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 8:63, S. 152

75 Messages from the Universal House of Justice, 1963-86, Nr. 35.13, Nr.

35.11
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

werden, untergeordnete Gesetze jedoch nach den Erfordernissen

der jeweiligen zeitlichen und �rtlichen Gegebenheiten

abge�ndert werden k�nnen. In �hnlicher Weise sind die geistigen

Grunds�tze so beschaffen, dass sie Stabilit�t erzeugen

und Wandel f�rdern, wobei sie zu einer Haltung f�hren, die

die Entdeckung praktischer L�sungen f�r soziale Probleme erleichtert.

Au�erdem ist zwar das Grundmuster der Gemeindeordnung

durch den Gottesbund festgelegt, jedoch garantieren

die organische Natur seiner Institutionen und die organische

Natur der Baha-Gemeinde Flexibilit�t, sowohl in der Weiterentwicklung

der Gemeindeordnung als auch in der Ausf�hrung

ihrer Bestimmungen. Somit sorgt die Baha-Religion f�r evolution�ren

Wandel, den das Universale Haus der Gerechtigkeit

im Einklang mit dem Entwicklungsstand und den vorherrschenden

Bedingungen in der Baha-Gemeinde bestimmt.
Eine Kultur des Wachstums

Das Baha-Konzept des evolution�ren Wandels f�hrt zu einem

prozessorientierten Denken und zur Schaffung einer Kultur des

Wachstums. Die Baha-Schriften nennen eine Reihe von Faktoren,

die mit organischem Wachstum verbunden sind, darunter

die Bedeutung einer Vision einer vorstellbaren Zukunft, die

Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive, die Wertsch�tzung

des Fortschritts, das Erkennen der Erfordernisse f�r den

Wandel und die Entwicklung der menschlichen und administrativen

Ressourcen.

Was die Vision und den Wert einer langfristigen Perspektive

auf die Ereignisse des Lebens betrifft, so erkl�rt Bahau�ll�h,

dass solche Vision �der Tr�ger wahren Wissens und sein F�hrer�

ist, und Er erkl�rt, dass �nach Ansicht der Weisen Urteilskraft

auf klarer Vision mit Weitblick beruht�. In einem anderen

Tablet gibt Er folgenden Rat: �Am Anfang jeder Bem�hung

hat man die Pflicht, auf das Ende zu sehen.� Auch die Schriften

�Abdu�l-Bahas enthalten mehrere Beispiele daf�r, wie g�nstig

sich prozessorientiertes Denken auf den evolution�ren Wandel

auswirkt. So betont Er im folgenden Absatz, dass man die un

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umgang mit Ver�nderung

scheinbaren Anf�nge eines Prozesses keinesfalls untersch�tzen

soll. Als Beispiel hierf�r bezieht Er sich auf die Wirkung der

Taten der J�nger Christi. �Abdu�l-Bahá schreibt:

�Schaut nicht auf die Gegenwart. Richtet euren Blick auf

k�nftige Zeiten. Wie klein ist der Same zu Beginn, aber am

Ende ist er ein m�chtiger Baum. Schaut nicht auf den Samen,

schaut auf den Baum, auf seine Bl�ten, Bl�tter und

Fr�chte. Denkt an die Zeit Christi, als nur ein kleines H�uflein

Ihm nachfolgte, und seht, was f�r ein m�chtiger Baum

aus diesem Samen wurde, seht seine Fr�chte. Nun werden

noch gr��ere Ereignisse eintreten; denn dies ist die Vorladung

des Herrn der Heerscharen, dies ist der Posaunensto�

des lebendigen Herrn, dies ist die Hymne des Weltfriedens,

dies ist das Banner der Redlichkeit, des Vertrauens und der

Verst�ndigung, aufgepflanzt inmitten all der vielfarbigen

V�lker des Erdballs. Dies ist die Sonne der Wahrheit mit

ihrem Strahlenglanz; dies ist der Geist Gottes in all Seiner

Heiligkeit. Diese m�chtigste Sendung wird die ganze Erde

umspannen; unter ihrem Banner werden sich alle V�lker

versammeln und Schutz finden. Deshalb wisset um die lebensnotwendige

Bedeutung dieses zarten Samens, den der

wahre Landmann mit den H�nden Seines Erbarmens in die

gepfl�gten Felder des Herrn s�te und mit den Schauern der

Segnungen und Gnadengaben w�sserte; nun l�sst Er ihn

wachsen und gedeihen in der W�rme und im Lichte der

Sonne der Wahrheit.�76

�Abdu�l-Bahá lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass man

unbedingt die m�glichen segensreichen Auswirkungen des

Fortschritts erkennen und die Chancen der Gegenwart im Vergleich

zur Vergangenheit wahrnehmen soll. Er schreibt:

�Die �berlegenheit der Gegenwart im Verh�ltnis zur Vergangenheit

besteht darin, dass die Gegenwart vielerlei als
76

Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 4:9, S. 51, 1:17, S. 195; �Abdu�l-

Baha, Briefe und Botschaften, 40:3, S. 100 f.
323
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Modell �bernehmen und sich aneignen kann, was in der

Vergangenheit bereits erprobt und als n�tzlich bewiesen

wurde; dar�ber hinaus kann die Gegenwart ihre eigenen

Neuentdeckungen machen und mit diesen ihr wertvolles

Erbe mehren. Es leuchtet ein, dass die Errungenschaften

und Erfahrungen der Vergangenheit f�r die Gegenwart bekannt

und verf�gbar sind, w�hrend die der Gegenwart eigent�mlichen

Entdeckungen der Vergangenheit unbekannt

waren. Dies setzt voraus, dass sich das nachfolgende Geschlecht

aus f�higen Pers�nlichkeiten zusammensetzt. Wie

viele Nachkommen haben andererseits jeden Tropfen von

dem unermesslichen Meer an Erkenntnis vermissen lassen,

das ihre Vorfahren besessen hatten!�77

An jene, die sich dem Wandel widersetzen, die Kr�fte der

Moderne ignorieren und an den Traditionen der Vergangenheit

festhalten wollen, richtet �Abdu�l-Bahá die folgende Herausforderung:

�Denket ein wenig nach: Lasst uns annehmen, durch die

Macht Gottes w�rde eine Gruppe von Menschen pl�tzlich auf die

Erde versetzt. Offensichtlich ben�tigen sie vielerlei Dinge, um

f�r ihre Menschenw�rde, ihr Gl�ck und Behagen zu sorgen. Ist

es nun zweckm��iger f�r sie, diese Dinge von ihren Zeitgenossen

zu �bernehmen, oder sollten sie in jeder Generation nichts �bernehmen,

sondern unAbhangig dieses und jenes Hilfsmittel, das

f�r das menschliche Dasein erforderlich ist, neu erschaffen?�78

Aus der Sicht der Baha verlangt der evolution�re Wandel

dieAneignung einer lernbereitenArbeitsweise, zu der die Einzelinitiative

ebenso notwendig geh�rt wie der kollektive Wille. In

dieser Hinsicht ist es interessant, sich den Rat zu vergegenw�rtigen,

den �Abdu�l-Bahá dem Volk Seines Geburtslandes erteilt.

Dieser findet sich in Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, jenem

Buch, das Shoghi Effendi als des Meisters �hervorragenden

Beitrag ... zur k�nftigen Neuordnung der Welt� charakterisiert.

Dort best�tigt �Abdu�l-Baha: �Was dieses Land [Persien] jedoch

dringend braucht, sind tiefes Nachdenken, entschlossenes Han

77 �Abdu�l-Baha, Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 102

78 Ebenda
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umgang mit Ver�nderung

deln, Bildung, Eingebung und Ermutigung. Das Volk muss sich

gewaltig anstrengen, sein Stolz muss geweckt werden.� Dieser

Ratschlag k�nnte sehr wohl als eine b�ndige Definition einiger

grundlegender Voraussetzungen f�r einen nachhaltigen sozialen

Wandel und das Entstehen einer fortschrittlichen Gesellschaftsordnung

gelesen werden. Die Betonung auf Nachdenken, Bildung,

gemeinsames Handeln und die Bewertung des erreichten

Fortschritts benennt genau die Elemente, die f�r die F�rderung

einer Kultur des Wachstums entscheidend sind.79

In den folgenden Abschnitten betrachten wir den Anteil, den

das Gr��te Heilige Blatt daran hatte, die Baha-Religion durch

ihren �bergang vom Heroischen in das Gestaltende Zeitalter

zu steuern, und wir untersuchen die einzigartigen pers�nlichen

Eigenschaften, die sie in diesem Wandlungsprozess und bei der

F�rderung einer Kultur des Wachstums an den Tag legte.

Das Gr��te Heilige Blatt
Vermittlerin zwischen zwei Epochen

Ein auffallender Zug im Leben des Gr��ten Heiligen Blattes

ist ihre F�higkeit, sich Ver�nderungen anzupassen. In ihrer

fr�hesten Kindheit erlebte sie den pl�tzlichen Wechsel von

Wohlstand und Behaglichkeit zu Not und Armut und machte

so die Erfahrung der �Bitternis von Mittellosigkeit und Entbehrung.�

Sie wurde aus ihrem Heimatland verbannt und begleitete

ihren Vater auf den Stationen Seiner Verbannung. Sie

erfuhr Gefangenschaft und Krieg und erlitt den Verlust gerade

der Familienangeh�rigen, die ihr am n�chsten standen. Im Laufe

ihres Lebens erlebte sie die Einsetzung des Baha-Bundes,

den wiederholten Wechsel in der Leitung der Baha-Gemeinde,

Angriffe gegen den Glauben durch die Ungetreuen und zuletzt

die Umgestaltung der Geschicke der Sache Bahau�ll�hs

mit dem Entstehen der Gemeindeordnung und der Ausbreitung

des Glaubens in der Welt.80

79 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 61; �Abdu�l-Baha,

Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 19

80 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 26

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ProphetsDaughter.indb 325 31.08.2007 10:42:42
8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

Ihr Umgang mit Ver�nderung war aktiv, von Grunds�tzen

geleitet und zielgerichtet. Es war kein passives Hinnehmen

der Ereignisse, kein unflexibler Versuch, starr am Vergangenen

festzuhalten und schon gar keine Notl�sung. Es wird klar, dass

Bahayyih Kh�num die Bedingungen, in die sie gestellt wurde,

realistisch erfasste, dass sie die Ver�nderung der Verh�ltnisse

richtig einsch�tzte und dass sie jeweils erkannte, welche Reaktion

eine neue Situation erforderte.

Bahayyih Kh�num spielte im Anfangsstadium des Gestaltenden

Zeitalters des Baha-Glaubens eine lebenswichtige

Rolle in einer Epoche, die mit dem Entstehen und der Errichtung

der Baha-Gemeindeordnung verbunden war. Durch ihr

tiefes Verst�ndnis von �Abdu�l-Bahas Testament, ihr unbeirrbares

Festhalten an dessen Bestimmungen, ihre vollst�ndige,

liebende Unterst�tzung f�r Shoghi Effendi, den ernannten H�ter,

und durch ihre Bem�hungen, den Gl�ubigen die Bedeutung

des Bundes bewusst zu machen, half das Gr��te Heilige Blatt,

die Baha-Welt auf ihren �bergang aus dem Heroischen in das

Gestaltende Zeitalter des Glaubens vorzubereiten.

Das Gr��te Heilige Blatt, diese edle �letzte Spur des Heroischen

Zeitalters�, dient als ein greifbares Bindeglied zwischen

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Baha-Glaubens

� als das Bindeglied zwischen einem Zyklus sozialer Evolution

und dem n�chsten. Ihr Blick umfasste die Zukunft ebenso wie

die Vergangenheit. Sie konnte ein Bewusstsein von Kontinuit�t

vermitteln, das auf der vertrauten F�hrung, die in den Schriften

Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas enthalten ist, gr�ndete,

und sie half den Gl�ubigen, die kontinuierliche Relevanz dieser

F�hrung f�r die Bed�rfnisse der Gegenwart zu verstehen.

Ebenso sorgte sie, gest�tzt auf die Briefe des H�ters, f�r ein

Verst�ndnis der besonderen Erfordernisse und M�glichkeiten,

die mit den aktuellen Aufgaben der Baha-Gemeinde verbunden

waren.81

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief umrei�t

Shoghi Effendi die besonderen Eigenschaften, die die Gl�u81

Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 74
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umgang mit Ver�nderung

bigen in Anbetracht der Erfordernisse der �bergangsperiode

aufweisen m�ssen:

�Jeder Tag stellt bestimmte Anforderungen. In seinen fr�hen

Tagen ben�tigte der Glaube M�rtyrer und solche Menschen,

die jede Art von Folter und Verfolgung ertragen konnten,

wenn sie ihren Glauben bezeugten und die gottgesandte

Botschaft verbreiteten. Diese Tage sind aber jetzt vor�ber.

Heute braucht die Sache Gottes keine M�rtyrer, die f�r den

Glauben sterben, sondern Diener, die von dem Wunsch beseelt

sind, zu lehren und die Sache weltweit aufzubauen.

Ein Leben zu f�hren, das dem Lehren geweiht ist, ist heute

das gleiche wie der M�rtyrertod in jenen fr�hen Tagen.

Was z�hlt, ist der Geist, der uns treibt, nicht die Handlung,

durch die dieser Geist sich �u�ert. Dieser Geist ruft uns zum

Dienst f�r die Sache Gottes mit Herz und Seele.�82

In ihrer Rolle als Vermittlerin zwischen dem Heroischen

und dem Gestaltenden Zeitalter des Glaubens teilte das Gr��te

Heilige Blatt die Leiden und Verfolgungen der fr�hen Gl�ubigen

und M�rtyrer. Ebenso verk�rperte sie die Eigenschaften,

die f�r die k�nftige Entwicklung des Glaubens n�tig sind. Im

Angesicht der Gegnerschaft bewies sie gro�e Spannkraft, und

sie bewahrte sich die F�higkeit, die in der Gegenwart sich bietenden

Gelegenheiten zum Dienst wahrzunehmen und zu ergreifen.

Ihre Hingabe an die Sache Bahau�ll�hs und an den

Bund st�rkte ihren Willen zum Durchhalten und spornte sie an,

ihr Leben dem Schutz und der Verbreitung des Glaubens und

der Errichtung seiner Institutionen zu weihen. Die Mittel und

Wege, wie sie diente, hingen jeweils von den besonderen Erfordernissen

des Glaubens und von den gerade vorherrschenden
Bedingungen ab.

Der �bergang in das Gestaltende Zeitalter der Baha-Religion

verlangte nicht nur die Annahme des neu ernannten H�ters

als Oberhaupt des Glaubens, sondern auch ein Umdenken, um

82

Brief im Auftrag Shoghi Effendis, in Baha News Nr. 68 (November

1932), S. 3
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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

sich an die Autorit�t der gew�hlten Geistigen R�te zu gew�hnen.

Eine Durchsicht der Briefe des Gr��ten Heiligen Blattes

macht deutlich, dass sie die Einsetzung und Entwicklung dieser

keimhaften Institutionen aktiv unterst�tzte und ihr ganzes

Geschick einsetzte, um diese �bergangszeit zu �berbr�cken

und das Bewusstsein der weltweiten Baha-Gemeinde zu formen.

Die F�hrung und Ermutigung, die sie den Gl�ubigen bieten

konnte, erhielt sie aus den Briefen, die Shoghi Effendi in

der Anfangsperiode seiner Amtszeit schrieb. Diese grundlegenden

Dokumente bestimmten den Kurs f�r die Entwicklung des

Glaubens, hoben seine Bed�rfnisse hervor und legten Priorit�ten

f�r das weitere Vorgehen fest.

Zu den Themen, die in den Briefen des H�ters behandelt

werden, geh�ren die entscheidende Notwendigkeit, in aller

Welt �rtliche und Nationale Geistige R�te zu bilden, und zugleich

die Verfahrensweise bei der Wahl dieser wichtigen Institutionen,

ihre Funktionen und ihre Beziehung zum Universalen

Haus der Gerechtigkeit festzulegen. Der H�ter erl�utert auch

das einzigartige Verfahren der Baha-Wahl und wie wichtig

Beratung als Mittel der Entscheidungsfindung im Geistigen

Rat ist. Weiterhin beschreibt Shoghi Effendi die geistigen,

pers�nlichen und verstandesm��igen Eigenschaften, die diejenigen

aufweisen sollten, die als Mitglied eines Rates gew�hlt

werden. Alle diese Themen werden kontinuierlich wiederholt

und liebevoll erl�utert in den Briefen, die Bahayyih Kh�num in

den Perioden der Abwesenheit des H�ters vom Heiligen Land

schrieb.

Die historischen Aufzeichnungen enth�llen eine v�llige Einheit

der Zielsetzung und eine enge Zusammenarbeit zwischen

dem H�ter und dem Gr��ten Heiligen Blatt. In Abwesenheit

des H�ters war sie die Quelle der F�hrung und Ermutigung f�r

die Freunde, und sie bot ihnen eine weise, ausgereifte F�hrung.

Sie festigte den Kurs des Glaubens in dieser �bergangsperiode.

Durch ihre Briefe an die Baha und an die keimhaften

Geistigen R�te in Ost und West brachte das Gr��te Heilige

Blatt die Baha-Gemeinde zusammen. Sie fl��te den Gl�ubigen

einen Geist des Vertrauens ein und schulte sie mit Geduld

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umgang mit Ver�nderung

und Verst�ndnis in den Bestimmungen von �Abdu�l-Bahas Testament.

Sie f�rderte die Akzeptanz und Unterst�tzung f�r den

neu ernannten H�ter und setzte die Durchf�hrung der Handlungsrichtlinien

in Gang, die er aufstellte. Dar�ber hinaus verhalf

sie den Gl�ubigen zu einem tieferen Verst�ndnis f�r die

Notwendigkeit, Geistige R�te zu bilden.
Eine Kultur des Wandels f�rdern

Indem sie der Baha-Gemeinde half, den �bergang vom Heroischen

in das Gestaltende Zeitalter zu vollziehen, bewies das

Gr��te Heilige Blatt Eigenschaften, die mit den Erfordernissen

�bereinstimmen, welche �Abdu�l-Bahá f�r die gesellschaftliche

Umwandlung genannt hatte. Ihr klares Verst�ndnis f�r

die Sendung des Baha-Glaubens und seine Lehren, verbunden

mit den Vorkehrungen des Gottesbundes und den wegweisenden

Briefen Shoghi Effendis, gaben ihrem Handeln w�hrend

ihres ganzen Lebens Motivation und Richtung. Sie begriff

die Bedeutung der unver�nderlichen Grundprinzipien und der

bestehenden Anpassungsm�glichkeiten. Das Gr��te Heilige

Blatt erneuerte auch st�ndig ihr Wissen �ber die in den Lehren

enthaltene F�hrung und war sich stets der Tatsache bewusst,

dass ver�nderte Bedingungen neue L�sungen und Ans�tze verlangen.

Dar�ber hinaus lenkte das Gr��te Heilige Blatt die Aufmerksamkeit

der Gl�ubigen auf die neuen Verh�ltnisse und die

Gelegenheiten zum Dienst, die sich mit der Weiterentwicklung

des Glaubens auftaten; sie ermutigte sie, ihr Handeln im

Lichte bisheriger Erfahrungen und der jeweils herrschenden

Situation zu �berdenken. Um ihnen in diesem Prozess zu helfen,

bot sie ihnen durch ihre Briefe ein gewisses Training in

der Funktionsweise der Geistigen R�te. Sie hielt die Baha

auch st�ndig dazu an, genau den Dienst zu erbringen, den die

Erfordernisse der Zeit gerade verlangten, und sie machte ihnen

die Tatsache bewusst, dass die Best�tigungen des Heiligen

Geistes diejenigen umgeben, die sich zum Dienst an der

Sache erheben. Auf diese Weise steigerte das Gr��te Heili

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8. Kapitel urBild des VolKes Von Bahá

ge Blatt die F�higkeiten der Gl�ubigen und ihrer keimhaften

Geistigen R�te, systematische Aktionspl�ne zu entwickeln,

diese voller Vertrauen in die Tat umzusetzen und aus der Erfahrung

zu lernen alles Fertigkeiten, die f�r eine F�rderung

der st�ndig fortschreitenden Zivilisation unentbehrlich sind,

die Bahau�ll�h vorgesehen hat.
Ihr bleibendes Verm�chtnis

Ein Studium der Lebensgeschichte des Gr��ten Heiligen

Blattes vermittelt einen klaren Beweis f�r ihren herausragenden

Beitrag zur Entfaltung der Baha-Religion. Dar�ber hinaus haben

die Ideale und Werte, die sie vorlebte, f�r die gegenw�rtige

Gesellschaft unver�ndertes Gewicht. Ihr vertrauensvoller, starker

und flexibler Umgang mit Leiden und Schrecknissen, ihre

bereitwillige �bernahme administrativer Verantwortung, ihre

beispielhafte F�hrungskompetenz und ihr Verm�gen, Ver�nderungen

in konstruktiver Weise zu bew�ltigen, verdienen nicht

nur eifrige Nachahmung, sondern es sind tats�chlich entscheidende

Fertigkeiten, um die Richtung sozialen Fortschritts mitzubestimmen.

Shoghi Effendi unterstreicht die dynamische Natur des bleibenden

Verm�chtnisses, das Bahayyih Kh�num hinterl�sst, in

dem folgenden Auszug aus einem Brief, der in seinem Auftrag

geschrieben wurde. Er stellt fest, dass sie �vielleicht mehr als

jeder andere den wahren Geist verk�rperte,� der die Lehren

Bahau�ll�hs �belebt,� und er �u�ert die Hoffnung, dass die

Freunde angespornt und geistig gest�rkt werden, indem sie zu

einem tieferen Bewusstsein und einer W�rdigung ihres Lebens

vordringen. In dem Brief hei�t es weiter: �Es ist seine aufrichtige

Hoffnung, dass Ihre Liebe zu unserem verstorbenen Gr��ten

Heiligen Blatt eine solche Tiefe und Kraft erreicht, dass Sie

bef�higt werden, ihren Fu�spuren zu folgen und mit wachsender

Hingabe und Energie all das auszuf�hren, was ihr w�hrend

ihres ganzen Erdenlebens so teuer war. Die Erinnerung an ihr

geheiligtes Leben wird zweifellos Ihre Energien erhalten und

330
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ihr BleiBendes Verm�chtnis

n�hren und Sie mit der geistigen Macht ausr�sten, derer wir

alle so dringend bed�rfen.�83
Bahayyih Kh�num, das Gr��te Heilige Blatt.

1931 aufgenommen in Haifa, Israel. Baha-Weltzentrum

83

Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 92
331
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Anhang
Zu den geschichtlichen
Quellen
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zu den geschichtlichen Quellen

Die Schwierigkeit bei der Erforschung von Leben und Wirken

Bahayyih Kh�nums liegt darin, die traditionsbedingte Informationsl�cke

�ber die Lage der Frauen in muslimischen L�ndern

im 19. und fr�hen 20. Jahrhundert zu �berwinden. Adib Taherzadeh

gibt Gr�nde an f�r die buchst�bliche Unsichtbarkeit

der Frauen in den historischen Quellen. Er schreibt:

�Frauen hatten damals keinen Anteil an �ffentlichen Angelegenheiten.

Ihr ganzes Leben verbrachten sie im h�uslichen,
privaten Bereich. Sich nach dem Leben einer Frau

zu erkundigen, galt als unsittlich, ja beleidigend. Es galt

sogar als unh�flich, den Namen von jemandes Ehefrau zu

erfragen. Meistens erw�hnte man sie als �die Person im

Haus� oder, wenn sie einen Sohn hatte, �die Mutter des Soundso.�

In solcher gesellschaftlicher Umgebung war es f�r

einen Historiker (der immer ein Mann war) normalerweise

nicht m�glich, in die Privatsph�re einer Frau einzudringen,

indem er ihr Leben erforschte. Dies h�tte einen Affront gegen

die M�nner des Haushalts bedeutet.�1

Die Informationsquellen �ber das Gr��te Heilige Blatt sind

also weit verstreut und manchmal d�rftig; doch besitzen wir die

bedeutsame Aussage Shoghi Effendis, dass Bahau�ll�h entgegen

den kulturellen Zw�ngen Seiner Epoche �den Schleier der

Verborgenheit� von Seiner Tochter zu l�ften beliebte und sie

als �ein wahres Beispiel� erscheinen lie�, dem alle folgen sollten.

Indem Bahau�ll�h �den Schleier der Verborgenheit� von

Bahayyih Kh�num wegzog, machte Er f�r die Historiker den

Weg frei, Leben und Wirken des Gr��ten Heiligen Blattes zu

studieren. Allgemeiner gesagt legitimierte Er die Erforschung

von Frauen, erl�ste sie aus ihrer Unsichtbarkeit und anerkannte

ihre gesellschaftliche Rolle.2

Obwohl Informationsquellen mit genauen Angaben �ber

ihre T�tigkeiten recht sp�rlich sind, liegt uns doch der Sammelband

Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf (Baha
1 Adib Taherzadeh, Child of the Covenant, S. 22

2 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 54

333
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zu den geschichtlichen Quellen

Weltzentrum, Haifa 1982) vor, der viele Textausz�ge �ber

Bahayyih Kh�num aus den Schriften Bahau�ll�hs und �Abdu�l-

Bahas enth�lt, wie Shoghi Effendi sie in seinen Briefen zitierte.

Es sind dies vor allem Beschreibungen ihrer Charaktereigenschaften

und Hinweise auf ihr Wirken in verschiedenen Phasen

der gestaltenden Jahre, in denen sich der junge Baha-Glaube

entfaltete. Vor allem die W�rdigungen, die Shoghi Effendi um

die Zeit ihres Hinscheidens verfasste, sind ertragreiche Informationsquellen,

die uns helfen, die Bedeutung des Gr��ten
Heiligen Blattes ins richtige Licht zu r�cken.

Shoghi Effendi r�umt ein, dass viele Einzelheiten �ber

Bahayyih Kh�nums Leben und Dienen �nicht dokumentiert�

und �im wesentlichen nicht zu erahnen� sind. Trotzdem sagt er

mit aller Klarheit voraus, dass ihr Leben historisch analysiert

werden wird. Zu diesem Zweck hebt er verschiedene Bereiche

hervor, die der Erforschung wert sind und weist auch auf m�gliche

Schwierigkeiten hin:

�Erst k�nftige Generationen und Schriftsteller, die meine F�higkeiten

�bersteigen, k�nnen und werden die �berragende

Gr��e ihres geistigen Lebens, die einzigartige Rolle,

die sie in all den st�rmischen Stadien der Baha-Geschichte

spielte, den Ausdruck uneingeschr�nkten Lobpreises, der den

Federn Bahau�ll�hs wie auch �Abdu�l-Bahas, des Mittelpunkts

Seines Bundes, entstr�mte, in angemessener Weise zu

w�rdigen wissen. Ihr Anteil und ihr Einfluss auf den Verlauf

einiger Hauptereignisse in den Annalen des Glaubens; die

Leiden, die sie ertrug; die Opfer, die sie erbrachte; die seltene

Gabe des nie versagenden Mitgef�hls, das sie in so einpr�gsamer

Weise bekundete: All dies und vieles andere wenn

auch nicht aufgezeichnet und von der Menge ihrer leidenschaftlichen

Bewunderer in Ost und West kaum erahnt ist

so unl�sbar in die Struktur der Sache selbst hineingewoben,

dass kein k�nftiger Historiker der Religion Bahau�ll�hs es

sich leisten kann, es zu �bergehen oder zu verkleinern.�3

3
Shoghi Effendi, ebenda S. 32
334
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zu den geschichtlichen Quellen

An anderer Stelle hebt Shoghi Effendi zwei wichtige Gesichtspunkte

ihrer Mitwirkung hervor, die erforscht werden

sollten: Zum einen ihr einzigartiger �Anteil am Fortschritt und

an der Festigung der weltweiten Gemeinde�, zum anderen die

bedeutsame Rolle, die sie �in den fr�hen Tagen der Offenbarung

und insbesondere nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas� spielte.

Bahayyih Kh�nums Briefe, die in Bahayyih Kh�num, The Greatest

Holy Leaf ver�ffentlicht sind und sich an die Baha und die

Baha-Institutionen in aller Welt richten, lassen erkennen, wie

tief ihr Verst�ndnis von Geist und Lehren des Glaubens sowie

der administrativen Funktionen war, die sie vor allem w�hrend

ihrer Amtszeit als Oberhaupt des Glaubens ausf�hrte.4

Im Hinblick auf Einzelheiten aus ihrem Leben hat das Gr��te

Heilige Blatt ein reichhaltiges Verm�chtnis in Form von zwei

gesprochenen Memoiren hinterlassen. Die erste hat sie Lady

Blomfield erz�hlt, einer englischen Baha aus der Anfangszeit,

die mehrmals l�ngere Zeit mit den Familienangeh�rigen

�Abdu�l-Bahas verbrachte; diese wurde ver�ffentlicht in The

Chosen Highway (Baha Publishing Trust, Wilmette 1966).

Der zweite Lebensbericht wurde Madame de Canavarro vorgetragen,

einer amerikanischen Buddhistin und Religionswissenschaftlerin,

die das Heilige Land besuchte; dieser ist nachzulesen

in Myron H. Phelps: The Master in �Akka (Kalim�t Press,

Los Angeles 1985). In beiden F�llen trug Bahayyih Kh�num

ihren Lebensbericht auf persisch vor, dann wurde er von einem

Mitglied der Familie ins Englische �bersetzt und von der Besucherin

aus dem Westen aufgezeichnet. Dadurch ergaben sich

viele Anl�sse zu Missverst�ndnissen und unrichtigen Angaben.

Trotzdem vermitteln diese Memoiren faszinierende Schnappsch�sse

von den Vorg�ngen um die verbannten Familienangeh�rigen

Bahau�ll�hs und vom Leben �Abdu�l-Bahas aus der
Sicht eines Augenzeugen.

Schlie�lich gibt es eine Reihe von Darstellungen aus der

Feder von Baha, meist weibliche Gl�ubige aus dem Westen,

die als Pilgerinnen ins Heilige Land kamen. Die erste westli

4

Ebenda S. 41; aus einem Brief im Auftrag Shoghi Effendis, ebenda

S. 71
335
ProphetsDaughter.indb 335 31.08.2007 10:42:45
zu den geschichtlichen Quellen

che Pilgergruppe traf um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert

ein. Diese Berichte vermitteln Beschreibungen Bahayyih

Kh�nums und ihrer Dienste, �berwiegend aus der Zeit ihres

hohen Alters. Hierbei enth�lt vor allem die Biographie Shoghi

Effendis, die seine Witwe R�h�yyih Kh�num unter dem Titel

The Priceless Pearl (Baha Publishing Trust, London, Rutland

Gate 1969) verfasste, wertvolles Material.
336
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Glossar

�Abdu�l-Bahá Diener Bahas: Angenommener Titel von �Abb�s

Effendi (1844-1921), dem �ltesten Sohn und ernannten

Nachfolger Bahau�ll�hs, des Stifters der Baha-Religion.

Nach dem Tode Bahau�ll�hs im Jahre 1892 wurde �Abdu�l-

Bahá Oberhaupt der Baha-Religion. Man kennt ihn unter

verschiedenen Titeln, darunter Mittelpunkt des Bundes, das

Geheimnis Gottes, der Meister, das Vollkommene Beispiel der

Lehren Bahau�ll�hs.

�Abdu�l-Hamid II. (1842-1918) Sultan des Osmanischen

Reiches von 1876 bis 1909. Er war f�r die erneute Einkerkerung

�Abdu�l-Bahas in �Akka verantwortlich. Die allgemeine

Unzufriedenheit mit seiner despotischen Herrschaft und der

Unwille gegen das Eingreifen der europ�ischen M�chte auf

dem Balkan f�hrte zur Milit�rrevolte der Jungt�rken im Jahre

1908. Danach wurde �Abdu�l-Hamid 1909 entthront.

�Akka Ein viertausend Jahre alter Seehafen an der K�ste des

heutigen Israel. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war �Akka

eine Strafkolonie des Osmanischen Reiches. 1868 wurde

Bahau�ll�h mit Seiner Familie und mit Gef�hrten durch Sultan

�Abdu�l-�Az�z nach �Akka verbannt. Wegen der in diesen Mauern

erlittenen Entbehrungen nannte Bahau�ll�h �Akka das

�Gr��te Gef�ngnis�.

Adrianopel Das heutige Edirne, eine Stadt im europ�ischen

Teil der T�rkei. Hierher wurden Bahau�ll�h und Seine Familie

im Jahr 1863 verbannt. Sie hielten sich f�nf Jahre hier auf.

Apostolisches Zeitalter siehe Zeitalter.
�q�y-i-Kal�m siehe Mirza M�s�.
337
ProphetsDaughter.indb 337 31.08.2007 10:42:46
glossar

�s�yih Kh�num Auch bekannt als Navvab (ein Ehrentitel, der soviel

wie �W�rde� oder �Hoheit� bedeutet) und als das Erhabenste

Heilige Blatt. Sie war die Mutter �Abdu�l-Bahas, Bahayyih Kh�nums

und von Mirza Mihd�. Sie heiratete Bahau�ll�h 1835, begleitete

Ihn auf allen Stationen Seiner Verbannung und verstarb 1886.

B�b, der Das Tor: Angenommener Titel von Siyyid �Al�-Muhammad

(1819-1850), dem Offenbarer der B�b�-Religion, dem

Verk�nder und Vorl�ufer Bahau�ll�hs.
B�b� Anh�nger des B�b.

Baha-Weltgemeinwesen Das in den Baha-Schriften vorausgeschaute

k�nftige, die Nationen der Welt umfassende

Gemeinwesen. Es beinhaltet ein f�derales Regierungssystem,

dem alle nationalen Regierungen unterstehen, au�erdem ein internationales

Kommunikationssystem, eine Welthilfssprache,

eine Weltschrift und Weltliteratur, ein einheitliches, weltweites

W�hrungssystem sowie ein System von Ma�en und Gewichten

und eine vereinheitlichte Wirtschaftsordnung mit koordinierten

M�rkten und geregelten Verteilungskan�len. Siehe auch Weltordnung

Bahau�ll�hs.

Baha-Weltzentrum Geistiges Zentrum und zugleich Verwaltungszentrum

der Baha-Religion mit Sitz in den Zwillingsst�dten

�Akka und Haifa. Siehe auch Gemeindeordnung.

Bahau�ll�h Die Herrlichkeit Gottes: Titel von Mirza Husayn�

Al� (1817-1892), dem Offenbarer der Baha-Religion. Von

Baha wird Er unter verschiedenen Titeln erw�hnt, darunter Der

Verhei�ene aller Zeitalter, Die Gesegnete Sch�nheit, Die Gesegnete

Vollkommenheit, Die Altehrw�rdige Sch�nheit. Die Baha

verstehen Seine Schriften als unmittelbare Offenbarung Gottes.

Bahj� Entz�cken, Freude, Jubel: Name der Liegenschaft n�rdlich

von �Akka, wo Bahau�ll�h seit 1880 bis zu Seinem Hinscheiden

1892 lebte. Hier befindet sich Sein Schrein.
338
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glossar

Blatt bzw. Bl�tter In den Baha-Schriften gebrauchte Bezeichnung

f�r weibliche Mitglieder der Baha-Gemeinde.

Bogen, der Eine bogenf�rmig gekr�mmte Wegstrecke auf

dem Berg Karmel, die von Shoghi Effendi abgesteckt wurde.

Sie erstreckt sich �ber das Gel�nde der Baha nahe dem

Schrein des B�b; ihren Mittelpunkt bilden die Grabst�tten hervorragender

Mitglieder der Familie Bahau�ll�hs. Entlang des

Bogens erheben sich die Geb�ude der wichtigsten internationalen

Verwaltungsinstitutionen der Baha-Religion.

Britisches Mandat Der nach dem Ersten Weltkrieg vom V�lkerbund

an Gro�britannien erteilte Auftrag, Teile des fr�heren

Staatsgebietes des Osmanischen Reiches zu verwalten. Zum

Mandatsgebiet geh�rten Irak und Pal�stina.

Buch des Bundes Eine �bersetzung des Titels Kitáb-i-�Ahd

oder Kitáb-i-�Ahd�, mit der Bedeutung �Buch Meines Bundes�.

Bahau�ll�hs Testament. Von Ihm eigenh�ndig niedergeschrieben,

bestimmt es �Abdu�l-Bahá zu Seinem Nachfolger und

zum Mittelpunkt Seines Bundes und trifft Vorkehrungen f�r

die Fortdauer g�ttlicher F�hrung in den Angelegenheiten des

Baha-Glaubens in die Zukunft.

Bund Hiermit werden die im Baha-Schrifttum getroffenen

Vorkehrungen �ber die Nachfolge nach dem Hinscheiden

Bahau�ll�hs und �ber den Aufbau der Baha-Gemeindeordnung

bezeichnet. Der Bund, den Bahau�ll�h mit Seinen Anh�ngern

geschlossen hat, bestimmt �Abdu�l-Bahá zum Mittelpunkt

des Bundes und �bertr�gt Ihm die Vollmacht, die Schriften

Bahau�ll�hs auszulegen. Dar�ber hinaus werden durch den

Bund die Zwillingsinstitutionen des H�tertums und des Universalen

Hauses der Gerechtigkeit in aller Form als Nachfolger

Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas eingesetzt.

Bundesbrecher Im Baha-Glauben eine Bezeichnung f�r einen

Baha, der den Versuch unternimmt, die Einheit des Baha

339
ProphetsDaughter.indb 339 31.08.2007 10:42:46
glossar

Glaubens durch �ffentliche Leugnung der Nachfolgeregelung

(also Bahau�ll�h, �Abdu�l-Baha, Shoghi Effendi und das Universale

Haus der Gerechtigkeit) aufzubrechen oder der sich gegen

das Oberhaupt des Glaubens auflehnt und sich bem�ht, den

Bund zu untergraben. Wer fortgesetzt solche T�tigkeiten unternimmt,

kann von der Mitgliedschaft im Glauben ausgeschlossen

werden. Dies kommt sehr selten vor. Siehe auch Bund.

Diener Bezeichnung f�r einen m�nnlichen Baha. Damit

wird seine Bereitschaft anerkannt, sein Leben nach den Geboten

dieser Religion zu f�hren.

Dienerin oder Magd In den Baha-Schriften gebrauchte Bezeichnung

f�r ein weibliches Mitglied der Baha-Gemeinde.
Siehe auch Magd.

D�y�r-Bakr T�rkische Handelsstadt am Ufer des Tigris.

Elias Hebr�ischer Prophet. Er lehrte, dass es nur einen Gott gibt.

Erzbundesbrecher Mirza Muhammad-�Al�, ein Sohn

Bahau�ll�hs und j�ngerer Halbbruder �Abdu�l-Bahas. Er unternahm

den Versuch, die Bestimmungen von Bahau�ll�hs

schriftlich niedergelegtem Testament umzusto�en und nach

dem Hinscheiden Bahau�ll�hs die F�hrung der Baha-Gemeinde

an sich zu ziehen. Siehe Bundesbrecher.

Farm�n in Persien: Befehl, Verordnung, k�niglicher Erlass.

Gallipoli Hafenstadt, west-s�dwestlich des heutigen Istanbul

gelegen.

Geistige R�te Name der gew�hlten administrativen Baha-

Institutionen, die auf �rtlicher und nationaler Ebene wirken.

Sie sind f�r die Koordinierung und Leitung der Gemeindearbeit

in ihrem Amtsbereich zust�ndig. Siehe auch Nationaler

Geistiger Rat, �rtlicher Geistiger Rat.
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glossar

Gemeindeordnung Das internationale administrative System

der Baha-Gemeinde. Durch die klaren Verf�gungen �ber die

Nachfolge in der institutionellen Leitung und die organisatorische

Struktur, die der Religionsstifter Bahau�ll�h in Seinen Schriften

niedergelegt hat, ist die Gemeindeordnung einmalig in der Religionsgeschichte.

Die obersten Institutionen sind das H�tertum und

das Universale Haus der Gerechtigkeit. Die Gemeindeordnung

umfasst demokratisch gew�hlte �rtliche und Nationale Geistige

R�te, die f�r die Leitung der Gemeindeangelegenheiten zust�ndig

sind, das Baha-Gesetz und die Prinzipien aufrechterhalten

und die Verantwortung f�r Erziehung, F�hrung und Schutz der

Gemeinde wahrnehmen. Au�erdem beinhaltet die Gemeindeordnung

die Institutionen der H�nde der Sache Gottes, des Internationalen

Lehrzentrums, der Kontinentalen Berater�mter sowie

deren Hilfs�mter und Assistenten. Die Mitglieder dieser Institutionen,

die alle ernannt werden, nehmen eine beratende Funktion

wahr und sind besonders f�r den Schutz und die Verbreitung

des Baha-Glaubens verantwortlich. Siehe auch unter Geistige

R�te, H�tertum, Internationales Lehrzentrum, Kontinentale

Berater�mter, Nationaler Geistiger Rat, �rtlicher Geistiger

Rat, Universales Haus der Gerechtigkeit.
Gestaltendes Zeitalter siehe Zeitalter.

Getsinger, Lua (1871-1916) Geborene Louisa A. Moore,

eine herausragende fr�he amerikanische Baha. Sie unternahm

ausgedehnte Reisen in den Vereinigten Staaten, Europa und Indien,

um den Baha-Glauben zu lehren. Sie geh�rte der ersten

westlichen Pilgergruppe an, die 1898 �Abdu�l-Bahá in �Akka

aufsuchte. Eine Beschreibung ihres Lebens und ihres Dienstes

f�r den Glauben gibt Velda Piff Metelmann: Lua Getsinger.

Herald of the Covenant. Oxford (George Ronald) 1997.

Goldenes Zeitalter siehe Zeitalter.

Gottesbund siehe Bund. In allen Religionen haben die Offenbarer

einen Bund mit ihren Gl�ubigen geschlossen.
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ProphetsDaughter.indb 341 31.08.2007 10:42:46
glossar

H�nde der Sache Gottes Herausragende Baha-Gl�ubige,

die durch Bahau�ll�h und sp�ter durch Shoghi Effendi ernannt

wurden, um die Vergeistigung der Menschen und die Verbreitung

des Baha-Glaubens zu f�rdern und seinen Schutz zu gew�hrleisten.

Siehe auch Kontinentale Berater�mter, Internationales

Lehrzentrum.

Haifa Hafenstadt im heutigen Israel. Hier befindet sich das

Baha-Weltzentrum.
Haus der Andacht siehe Mashr�qu�l-Adhkar.
Heroisches Zeitalter siehe Zeitalter.

H�ter der Sache Gottes und H�tertum Die von Bahau�ll�h

im Kitáb-i-Aqdas vorausbestimmte, durch �Abdu�l-Bahá in seinem

Testament ins Leben gerufene Institution, in die Shoghi

Effendi ernannt wurde. Er versah dieses Amt von 1921 bis

zu seinem Tod 1957. Die wichtigsten Funktionen des H�ters

waren die Auslegung der Schriften Bahau�ll�hs, des B�b und

�Abdu�l-Bahas und die Leitung der sich entwickelnden Baha-

Weltgemeinde. Siehe auch Gemeindeordnung, Shoghi Effendi.

Internationales Lehrzentrum Eine 1973 durch das Universale

Haus der Gerechtigkeit ins Leben gerufene Institution.

Ihre Mitglieder sind Berater, die f�r eine f�nfj�hrige Amtszeit

ernannt werden. Zu den Pflichten des Internationalen

Lehrzentrums geh�ren die Koordination und F�rderung der

T�tigkeit der Kontinentalen Berater�mter, die Aufgabe, als

Bindeglied zwischen diesen und dem Universalen Haus der

Gerechtigkeit zu wirken, die laufende Einholung von Informationen

�ber den Stand des Baha-Glaubens in aller Welt

und die F�rderung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen

Lebens innerhalb wie au�erhalb der Baha-Gemeinde.

Siehe auch Kontinentale Berater�mter, H�nde der Sache

Gottes.
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ProphetsDaughter.indb 342 31.08.2007 10:42:46
glossar

�Ishq�b�d, auch Ashkhabad Hauptstadt des heutigen Turkmenistan.

Hier stand der erste Mashr�qu�l-Adhkar der Baha.
Siehe Mashr�qu�l-Adhkar.

Jungt�rkische Revolution Eine Revolte gegen die autorit�re

Herrschaft des osmanischen Sultans �Abdu�l-Hamid II.

Sie f�hrte zur Einsetzung einer konstitutionellen Regierung im

Jahr 1908 und zur anschlie�enden Befreiung aller politischen

und religi�sen Gefangenen, darunter auch �Abdu�l-Bahas. Sultan

�Abdu�l-Hamid wurde 1909 gest�rzt.

Kalifat, das Amt oder Herrschaftsgebiet eines Kalifen. Der

Kalif war im sunnitischen Islam ein Nachfolger des Propheten

Muhammad und geistliches Oberhaupt.

Karmel Berg in Haifa, Israel, von Jesaja als der �Berg

Gottes� erw�hnt. Heute befinden sich auf ihm der Schrein

des B�b und die Verwaltungsgeb�ude des Baha-Weltzentrums.

Kitáb-i-Aqdas Das Heiligste Buch (Kitáb bedeutet �Buch�;

Aqdas bedeutet �(das) Heiligste� 1873 in �Akka offenbart.

Es enth�lt die meisten Gesetze Bahau�ll�hs und wird von

den Baha als die Charta einer k�nftigen Weltkultur betrachtet.

K�nigin Marie von Rum�nien (1875-1938) K�nigin Rum�niens

von 1914 bis 1927. Sie war die erste Monarchin, die die

Lehren des Baha-Glaubens annahm. Sie lernte den Baha-

Glauben durch Martha Root kennen. N�heres �ber ihre Verbindung

zur Baha-Religion in Della A. Marcus: Her Eternal

Crown. Queen Marie of Romania and the Baha Faith, Oxford

(George Ronald) 2000.

Konstantinopel das heutige Istanbul; ehemalige Hauptstadt

des Osmanischen Reiches, wohin Bahau�ll�h im Jahre 1863

verbannt wurde.
343
ProphetsDaughter.indb 343 31.08.2007 10:42:46
glossar

Kontinentale Berater�mter Institution der Baha-Gemeindeordnung,

die 1968 durch das Universale Haus der Gerechtigkeit

eingesetzt wurde. Ihre Mitglieder werden vom Universalen

Haus der Gerechtigkeit f�r eine f�nfj�hrige Amtsperiode ernannt.

Sie dienen jeweils in einem der f�nf Kontinente Afrika,

Amerika (Nord und S�d), Asien, Australasien und Europa. Ihre

Pflichten erstrecken sich auf die F�rderung des geistigen Lebens

der Menschen und den Schutz und die Ausbreitung und

Entwicklung des Baha-Glaubens und die Leitung der Arbeit

ihrer Hilfsamtsmitglieder.

Magd Bezeichnung f�r ein weibliches Gemeindemitglied.

Darin kommt ihre Bereitschaft zum Ausdruck, ihr Leben nach

den Geboten der Baha-Religion zu f�hren.

Manifestation Gottes Bezeichnung f�r einen Propheten oder

Gottesboten, der eine religi�se Sendung begr�ndet. Die Manifestationen

sind nicht Gott, der auf die Erde herabgekommen

ist, sondern sie sind Spiegel f�r die Attribute Gottes, so wie ein

Spiegel die Sonne widerstrahlt, jedoch nicht die Sonne selbst

ist. Siehe auch Sendung.

Mashr�qu�l-Adhkar Aufgangsort der Anbetung Gottes: Titel

zur Bezeichnung eines Baha-Hauses der Andacht, eines

Tempels. Die H�user der Andacht sind der �ffentlichkeit zur

Andacht zug�nglich. Solche H�user der Andacht stehen in Wilmette

bei Chicago, Illinois; in Kampala, Uganda; in Ingleside

bei Sydney, Australien; in Hofheim-Langenhain bei Frankfurt

am Main; in Panama City, Panama; in Apia, West-Samoa; und

in New Delhi, Indien. Ein weiteres befindet sich im Bau in

Santiago, Chile. Das erste Baha-Haus der Andacht wurde

1902 in �Ishq�b�d, Turkmenistan, errichtet. Es wurde 1948 bei

einem Erdbeben schwer besch�digt und musste nach starken

Regenf�llen 1963 abgerissen werden.

Maxwell, May (1870-1940) Herausragende amerikanische

Baha aus der Anfangszeit des Glaubens. Sie geh�rte der

344
ProphetsDaughter.indb 344 31.08.2007 10:42:47
glossar

ersten Pilgergruppe aus dem Westen an, die 1898/99 �Abdu�l-

Bahá in �Akka besuchte. Eine kurze Darstellung ihres Lebens

und Dienens findet sich in The Baha World 8, S.
631-642.

Mirza Mihd� (1848-70) Ein Sohn Bahau�ll�hs, welchem

Er den Titel Der Reinste Zweig verlieh. Er diente als Sekret�r

seines Vaters. 1870 fand er im Alter von zweiundzwanzig

Jahren den Tod infolge eines Sturzes im Gr��ten Gef�ngnis

in �Akka.
Mirza Muhammad-�Al� Siehe Erzbundesbrecher.

Mirza M�s� (gest. 1887), auch als �q�y-i-Kal�m bekannt

J�ngerer Bruder Bahau�ll�hs, der die Stufe des B�b und

Bahau�ll�hs erkannte und ein treuer Diener Bahau�ll�hs auf

allen Stationen Seiner Verbannung war. Er traf oft anstelle

Bahau�ll�hs mit f�hrenden Vertretern des Staates und der Religion

zusammen bis in die Zeit, als �Abdu�l-Bahá diese Funktion

�bernahm.
Mirza Yahy� (um 1831/32-1912) J�ngerer Halbbruder

Bahau�ll�hs, auch als Subh-i-Azal (Morgen der Ewigkeit) bekannt.

Er fiel von Bahau�ll�h ab und erhob den Anspruch, der

Nachfolger des B�b zu sein. Diese unbegr�ndete Herausforderung

blieb ohne Erfolg. Von den Osmanischen Beh�rden wurde

er zu dem Zeitpunkt, als Bahau�ll�h und Seine Gef�hrten nach

�Akka verbannt wurden, auf die Insel Zypern in die Verbannung

geschickt. Dort starb er 1912.

Mittelpunkt des Bundes Einer der Titel �Abdu�l-Bahas. Folgt

aus Seiner Berufung durch Bahau�ll�h zu Seinem Nachfolger,

an den sich nach Bahau�ll�hs Hinscheiden alle wenden m�ssen.

Siehe auch Bund.

Muft� Islamischer Rechtsgelehrter, der f�r die Auslegung islamischen

Rechts zust�ndig ist.
345
ProphetsDaughter.indb 345 31.08.2007 10:42:47
glossar

Muhammad (570-632) Prophet und Stifter des Islam. Von

den Baha wird Muhammad als eine Manifestation Gottes und

Sein Buch, der Qur��n, als Heilige Schrift anerkannt.

Munírih Khánum (gest. 1938) Die Ehefrau �Abdu�l-Bahas,

auch unter dem Namen �Die Heilige Mutter� bekannt.

Nab�l adelig, gelehrt: Nachname des Mull� Muhammad-i-

Zarand�, der unter dem Titel The Dawn-Breakers den ausf�hrlichen

historischen Bericht �ber den B�b�-Glauben schrieb.

Nationaler Geistiger Rat Das durch die Baha-Schriften

verf�gte, gew�hlte nationale Gremium f�r die Administration

der Baha-Gemeinde. Seine Mitglieder werden aus den Baha

des jeweiligen Landes auf einer Nationaltagung f�r ein Jahr

gew�hlt. Der Nationale Geistige Rat ist f�r die Leitung der

Baha-Arbeit in seinem Amtsbereich zust�ndig. Siehe Geistige

R�te.
Navvab siehe �s�yih Kh�num

Naw-R�z w�rtlich �Neuer Tag�: Das Neujahrsfest der Baha,

der Tag der Fr�hlings-Tag-und-Nachtgleiche, der gew�hnlich

auf den 21. M�rz f�llt.

Neunzehntagefest Eine Baha-Institution, die vom B�b verordnet

und durch Bahau�ll�h im Kitáb-i-Aqdas best�tigt wurde.

Es wird am ersten Tag eines jeden Baha-Monats gehalten,

von denen jeder aus neunzehn Tagen besteht und nach einem

der Attribute Gottes benannt ist. Das Neunzehntagefest ist das

Herzst�ck des Baha-Gemeindelebens auf �rtlicher Ebene und

besteht aus einer Andacht sowie aus einem beratenden und

einem gesellschaftlichen Teil. Siehe auch Kitáb-i-Aqdas.

�rtlicher Geistiger Rat Das in den Schriften Bahau�ll�hs

eingesetzte �rtliche Gremium f�r die Administration der

Baha-Gemeinde. Die neun Mitglieder werden j�hrlich aus

346
ProphetsDaughter.indb 346 31.08.2007 10:42:47
glossar

den erwachsenen Gemeindeangeh�rigen gew�hlt; ihre Amtszeit

betr�gt ein Jahr. Der Geistige Rat leitet die Gemeindeangelegenheiten

in seinem Amtsbereich. Er fasst seine Beschl�sse

nach vorheriger Beratung. Siehe auch Geistige R�te.

Offenbarung Die Gesetze, Lehren und Botschaften Gottes, die

der Menschheit durch Seine Manifestationen �bermittelt werden.

Osmanisches Reich Ein Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel

(heute Istanbul), das vom Ende des Byzantinischen

Reiches im 14. Jahrhundert bis zur Errichtung der T�rkei als

Republik im Jahr 1922 bestand. Zwei seiner Herrscher, Sultan

�Abdu�l-�Az�z und Sultan �Abdu�l-Hamid II., waren f�r die

Einkerkerung und die Verbannung Bahau�ll�hs und �Abdu�l-

Bahas in Konstantinopel, Adrianopel und �Akka verantwortlich;

beide wurden schlie�lich entthront.

Qibla, die �Das, welchem man sich zuwendet; Gebetsrichtung;

Punkt der Anbetung�. Der Punkt, zu dem sich die Gl�ubigen

im Gebet ausrichten. Die Qibla f�r die Baha ist das

Heiligste Grab Bahau�ll�hs in Bahj�.

Ransom-Kehler, Keith (gest. 1933) Eine herausragende

amerikanische Baha. Sie reiste als Vertreterin des Nationalen

Geistigen Rates der Baha der Vereinigten Staaten und Kanadas

nach Persien mit einer Bittschrift, in der um die Aufhebung

eines Verbots von Baha-Literatur in Persien ersucht wurde.

Sie starb am 23. Oktober 1933 in Isfahan. Ein Lebensbericht

findet sich in The Baha World 5, S. 389-410.
Reinster Zweig siehe Mirza Mihd�.

Root, Martha (1872-1939) Eine amerikanische Baha, die

f�r ihre einzigartigen Bem�hungen auf dem Feld des internationalen

Lehrens bekannt geworden ist. In einem Zeitraum von

ungef�hr zwanzig Jahren reiste sie viermal um die ganze Welt.

Sie sprach �ber den Baha-Glauben mit K�nigen, K�niginnen,

347
ProphetsDaughter.indb 347 31.08.2007 10:42:47
glossar

hochrangigen Regierungsbeamten, religi�sen W�rdentr�gern,

Professoren, Meinungsf�hrern und anderer Prominenz. Ein

Lebensbericht findet sich in M.R. Garis: Martha Root. Lioness

at the Threshold. Wilmette (Baha Publishing Trust) 1983.

R�h�yyih Kh�num (1910-2000) Geborene Mary Maxwell,

auch R�h�yyih Rabb�n� genannt, Tochter von May Bolles

Maxwell und Sutherland Maxwell aus Montreal. Die Ehefrau

Shoghi Effendi Rabb�n�s, des H�ters der Baha-Religion.

R�h�yyih (�geistig�) ist der Name, den Shoghi Effendi ihr bei

der Hochzeit verlieh. Kh�num ist ein persischer Titel mit der

Bedeutung �Frau�, �Dame�, �Madame�.

Sendung Die Periode, in der die Gesetze und Lehren eines bestimmten

Propheten oder Gottesoffenbarers [einer Manifestation

Gottes] geistige G�ltigkeit besitzen. Eine Sendung beginnt

damit, dass die Manifestation ihre Mission verk�ndet, und endet

mit dem Kommen der n�chsten Manifestation Gottes.

Sh�h Bahr�m Titel eines Welterl�sers, der in den zoroastrischen

Prophezeiungen vorausgesagt wird und der �ber das

B�se triumphieren und den Frieden auf Erden bringen wird.

Sh�r�z Die Stadt im S�den des Iran, in der der B�b 1844 Seine

Sendung erkl�rte. Siehe auch B�b.

Shoghi Effendi Der Titel, unter dem Shoghi Rabb�n� (18971957),

der Urenkel Bahau�ll�hs und �lteste Enkel �Abdu�l-

Bahas, unter den Baha bekannt ist. Shoghi ist ein arabischer

Name mit der Bedeutung �derjenige, der sich sehnt�; Effendi

ist ein t�rkischer Ehrentitel mit der Bedeutung �Herr� oder

�Meister�. Er wurde in �Abdu�l-Bahas Testament zum H�ter

der Baha-Religion bestimmt und �bernahm dieses Amt 1921

nach �Abdu�l-Bahas Tod.

S�y�h-Ch�l Schwarzes Loch: Unterirdisches Verlies, in dem

Bahau�ll�h von August bis Dezember 1852 eingesperrt war.

348
ProphetsDaughter.indb 348 31.08.2007 10:42:47
glossar

Hier empfing Er die erste Eingebung Seiner weltumfassenden

Sendung.

Star of the West Die erste Baha-Zeitschrift in der westlichen

Welt. Sie erschien in Nordamerika von 1910 bis April 1924.

Subh-i-Azal siehe Mirza Yahy�.

Tablet, das Eine Bezeichnung f�r Briefe, die von Bahau�ll�h,

dem B�b oder �Abdu�l-Bahá verfasst wurden.

Tabr�z Stadt im heutigen Iran, wo der B�b den M�rtyrertod

erlitt. Siehe B�b.

Templer Mitglieder des um die Mitte des 19. Jahrhunderts

in Deutschland entstandenen Templerordens. Die Templer

glaubten, dass die Wiederkehr Christi kurz bevorstehe, und siedelten

sich im Heiligen Land an, um das Ereignis zu erwarten.

Ihre erste und gr��te Siedlung legten sie in Haifa am Fu� des

Berges Karmel an.

Testament �Abdu�l-Bahas Ein von �Abdu�l-Bahá eigenh�ndig

geschriebenes Dokument, in dem Er die Institution des H�tertums

einsetzt und Shoghi Effendi zum H�ter ernennt. Es trifft Vorkehrungen

f�r die Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit

und f�r die Ernennung von H�nden der Sache Gottes, und es legt

die Funktionen dieser beiden Institutionen fest. Dar�ber hinaus

begr�ndet es die Institution des Nationalen Geistigen Rates.

Tripolitanien Fr�here Kolonie des Osmanischen Reiches,

heute ein Teil Libyens.

True, Corinne Fr�he amerikanische Baha und Hand der

Sache Gottes. Sie setzte sich sehr f�r die Fertigstellung des

Baha-Hauses der Andacht in Wilmette, Illinois, ein. Ihre

Dienste beschreibt Nathan Rutstein: Corinne True. Faithful

Handmaid of �Abdu�l-Baha. Oxford (George Ronald) 1987.

349
ProphetsDaughter.indb 349 31.08.2007 10:42:47
glossar

Universales Haus der Gerechtigkeit Das Oberhaupt des

Baha-Glaubens nach dem Hinscheiden Shoghi Effendis, des

H�ters; damit die h�chste internationale Verwaltungs- und Gesetzgebungsinstanz

der Baha-Religion. Es wurde 1963 errichtet;

seine Mitglieder werden alle f�nf Jahre auf einer internationalen

Baha-Tagung durch die Mitglieder der Nationalen

Geistigen R�te gew�hlt. Das Universale Haus der Gerechtigkeit

leitet die administrative T�tigkeit der weltweiten Baha-

Gemeinde und gibt ihr Weisung. Es ist die durch Bahau�ll�h

eingesetzte Institution, die Er mit der Autorit�t ausstattete, Gesetze

�ber solche Angelegenheiten zu erlassen, die Er in Seinen

Schriften nicht geregelt hatte.

Weltordnung Bahau�ll�hs Ein wesentlicher Teil der Baha-

Lehren ist das Konzept einer neuen Weltordnung, die in k�nftigen

Jahrhunderten dazu bestimmt ist, die ganze Menschheit

zu umfassen, eine Wirkkraft f�r Frieden und Gerechtigkeit

darzustellen und das Fundament f�r eine Weltkultur zu bilden.

Einzelheiten dazu sind in den Schriften Bahau�ll�hs und

�Abdu�l-Bahas und in den Briefen Shoghi Effendis niedergelegt.

Die derzeitige Baha-Gemeindeordnung wird als Keimzelle

und Muster der sich entfaltenden Weltordnung gesehen.

Siehe auch Gemeindeordnung.

Zeitalter Die Baha-Sendung ist in drei Zeitalter eingeteilt:

das Heroische, das Gestaltende und das Goldene Zeitalter.

Diese entsprechen den Entwicklungsstadien und dem

Fortschritt des Baha-Glaubens. Das Heroische oder Apostolische

Zeitalter begann 1844 und umspannte die Amtszeiten

des B�b (1844-1853), Bahau�ll�hs (1853-1892) und

�Abdu�l-Bahas (1892-1921). Das Gestaltende Zeitalter begann

1921, als Shoghi Effendi der H�ter des Baha-Glaubens

wurde. Dieses zweite Zeitalter, das noch andauert, wird

mit dem Aufstieg und der Festigung der Baha-Gemeindeordnung

identifiziert. Ihm wird als drittes und endg�ltiges

Zeitalter das Goldene Zeitalter folgen, das dazu bestimmt

ist, die Errichtung eines Baha-Weltgemeinwesens zu be

350
ProphetsDaughter.indb 350 31.08.2007 10:42:47
glossar

inhalten. Siehe auch B�b, der; Baha-Weltgemeinwesen;

Sendung.

Zentralgestalten Der Begriff bezieht sich auf Bahau�ll�h,

den B�b und �Abdu�l-Baha. Siehe auch Bahau�ll�h, B�b

und �Abdu�l-Baha.

Zweig bzw. Zweige Bezeichnung f�r die m�nnliche Nachkommenschaft

Bahaill�hs.
351
ProphetsDaughter.indb 351 31.08.2007 10:42:47
Grundlagen-Literatur
Werke Bahau�ll�hs

�hrenlese. Eine Auswahl aus den Schriften Bahau�ll�hs,

zusammengestellt und ins Englische �bertragen von Shoghi

Effendi. Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag)11980

Botschaften aus �Akka, offenbart nach dem Kitáb-i-Aqdas.

Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag) 1982

Anspruch und Verk�ndigung, Sendbriefe aus Edirne und

�Akka. Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag) 2007
Werke �Abdu�l-Bahas

Das Geheimnis g�ttlicher Kultur. Oberkalbach (Baha-Verlag)

1973

Briefe und Botschaften. Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag)

1992

Das Testament �Abdu�l-Bahas, in Dokumente des B�ndnisses.

Bahau�ll�h, Das Buch des Bundes;�Abdu�l-Baha, Das
Testament, Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag) 1989
1
Dritte Ausgabe
352
ProphetsDaughter.indb 352 31.08.2007 10:42:47
grundlagen-literatur
Werke Shoghi Effendis

Das Kommen g�ttlicher Gerechtigkeit. Frankfurt am Main

(Baha-Verlag) 1969

Der verhei�ene Tag ist gekommen. Frankfurt am Main

(Baha-Verlag) 1967
Gott geht vor�ber. Hofheim (Baha-Verlag) 32001

Die Weltordnung Bahau�ll�hs. Briefe von Shoghi Effendi.

Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag) 1977

Baha Administration. Selected Messages 1922-1932. 7th ed.

Wilmette; Ill. (Baha Publishing Trust) 1974

Messages to the Baha World 1950-1957. Rev. ed. Wilmette,

Ill. (Baha Publishing Trust) 1971

This Decisive Hour. Messages from Shoghi Effendi to the

North American Bahas 1932-1946. Wilmette, Ill. (Baha

Publishing Trust) 2002

The Unfolding Destiny of the British Baha Community.

The Messages from the Guardian of the Baha Faith to the

Bahas of the British Isles. London (Baha Publishing Trust)

1981

Messages of Shoghi Effendi to the Indian Subcontinent 19231957.

Rev. and enlarged ed. Compiled and edited by �r�n

F�r�t�n Muh�jir. New Delhi (Baha Publishing Trust) 1995

Messages to the Antipodes. Communications from Shoghi Effendi

to the Baha Communities of Australasia. Ed. Graham

Hassall. Mona Vale, Australia (Baha Publications Australia)

1997
353
ProphetsDaughter.indb 353 31.08.2007 10:42:48
grundlagen-literatur
Werke des Universalen Hauses der Gerechtigkeit

Messages from the Universal House of Justice, 1963-1986.

The Third Epoch of the Formative Age. Compiled by Geoffrey

W. Marks. Wilmette, Ill. (Baha Publishing Trust)
1996
Weitere Publikationen

Nabils Bericht aus den fr�hen Tagen der Baha-Offenbarung,

3 Bde. Baha-Verlag) 1975, 1982, 1991

Balyuzi, H. M., �Abdu�l-Baha. Der Mittelpunkt des B�ndnisses

Bahau�ll�hs. 2 Bde. Hofheim-Langenhain (Baha-
Verlag) 1983, 1984

Rabban�, R�h�yyih: Die unsch�tzbare Perle. Leben und

Werk Shoghi Effendis. Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag)

1982

Asdaq, R�h�, with the assistance of Lameah Khodadoost: One

Life, One Memory. In the Presence of �Abdu�l-Baha, Haifa,

January 1914. Oxford (George Ronald) 1999

Bahau�ll�h, �Abdu�l-Baha, Shoghi Effendi, and Bahayyih

Kh�num: Bahayyih Kh�num. The Greatest Holy Leaf. Compiled

by the Research Department at the Baha World Centre.

Haifa (Baha World Centre) 1982

Blomfield, Lady (Sit�rih Kh�num): The Chosen Highway.

Wilmette, Ill. (Baha Publishing Trust) o.J., Neudr. 1975

Committee for the Psychological Study of Peace (IUPsyS):

�Cultures of Peace. Social-Psychological Foundations.� Based

on a UNESCO-commissioned background paper
354
ProphetsDaughter.indb 354 31.08.2007 10:42:48
grundlagen-literatur

Ford, Mary Hanford: The Oriental Rose, or The Teachings of

�Abdu�l-Bahá Which Trace the Chart of �The Shining Pathway�.

Chicago (Baha Publishing Society) 1910

Fredrickson, Barbara L.: �The Role of Positive Emotions

in Positive Psychology. The Broaden-and-Build Theory of

Positive Emotions.� American Psychologist 56, No. 3 (2001),

S. 218-226

Gail, Mirzaeh: Summon Up Remembrance. Oxford (George

Ronald) 1987

Ghadirian, Abdu�l-Missagh: �Psychological and Spiritual

Dimensions of Persecution and Suffering.� Journal of Baha

Studies 6, No.3, S. 19

Goodall, Helen S. and Ella Goodall Cooper: Daily Lessons

Received at �Akka, January 1908. Rev. ed. Wilmette, Ill.

(Baha Publishing Trust) 1979

Hatcher, William S. and J. Douglas Martin: The Baha Faith.

The Emerging Global Religion. New edition. Wilmette, Ill.

(Baha Publishing Trust) 2002

Marcus, Della L.: Her Eternal Crown. Queen Marie of

Romania and the Baha Faith. Foreword by Ian C. Semple.

Oxford (George Ronald) 2000

Maxwell, May: An Early Pilgrimage. 2nd rev. ed. London

(George Ronald) 1969

Metelmann, Velda Piff: Lua Getsinger. Herald of the Covenant.

Oxford (George Ronald) 1997

Miall, Hugh: Peacemakers. Peaceful Settlement of Disputes

since 1945. London (Macmillan, Oxford Research Group)

1992
355
ProphetsDaughter.indb 355 31.08.2007 10:42:48
grundlagen-literatur

Momen, Moojan: Phenomenon of Religion. A Thematic Approach.

Oxford (Oneworld) 1999

Phelps, Myron H.: The Master in �Akka. Revised and annotated,

with a new foreword from Mirzaeh Gail. Los Angeles

(Kalim�t Press) 1985

Rutstein, Nathan with Edna M. True: Corinna True. Faithful

Handmaid of �Abdu�l-Baha. Oxford (George Ronald) 1987

Rutstein, Nathan: He Loved and Served. The Story of Curtis

Kelsey. Oxford (George Ronald) 1982

Sohrab, Mirza Ahmad: �Abdu�l-Bahá in Egypt. New York (J.

H. Sears and Company, Inc., for the New History Foundation)

1929

Taherzadeh, Adib: Child of the Covenant. A Study Guide

to the Will and Testament of �Abdu�l-Baha. Oxford (George

Ronald) 2000

Taherzadeh, Adib: The Covenant of Bahau�ll�h. Oxford

(George Ronald) 1992

Wallensteen, Peter (Hsg.): Peace Research. Achievements and

Challenges. Boulder and London (Westview Press) 1988

Watson, Marie A.: My Pilgrimage to the Land of Desire. New

York (Baha Publishing Committee) 1932

Whitmore, Bruce W.: The Dawning Place. The Building of a

Temple, the Forging of the North American Baha Community.

Wilmette, Ill. (Baha Publishing Trust) 1984
356
ProphetsDaughter.indb 356 31.08.2007 10:42:48
Index
�Abdu�l-Bahá 10, 11, 14, 15, 21,
22, 30, 57, 62, 63, 66, 67, 101f.,
258, 259, 287, 293, 299f., 304
Ausleger der Schrift Bahau�ll�hs
14, 64, 71, 320
Bahayyih Kh�nums Beziehung
zu 22, 69-122
Bildnis 227f.
Bundesbrecher und 72, 73, 74,
76, 87, 88, 135
Gefangenschaft 87, 94, 96
Hinscheiden 14, 22, 125-134,
171, 225f., 277, 315
im Ersten Weltkrieg 116-122
Leiden 64f, 279
Mittelpunkt des Bundes 14, 64,
71, 121
Oberhaupt der Baha-Religion
22, 64, 71ff., 121
�rtliche Beh�rden und 92, 93,
121
Pilger und 79 - 85, 86, 90, 105,
106
Prophezeiungen 102
Reisen 78f., 98-107, 309
Seine geistigen Eigenschaften
155, 156, 157, 265, 266
Seine Schriften 242, 244, 304,
305, 318, 322-325
Seine T�chter 81, 82, 84, 112,
113, 174, 226
. Testament �Abdu�l-Bahas
�Abdu�l-Hamid, Sultan 87, 92, 94f.
Abha-Reich 104, 130, 147, 152,
155, 187, 221
Abha-Sch�nheit (Bahau�ll�h)
10, 38, 66, 97, 156, 188, 274
�Akka
als Qibla 253
Gefangenschaft in 13, 14, 21,
37, 54
Geistiger Rat in191
heilige Gebeine des B�b �berf�hrt
nach 96
(Israel) 55 - 67, 71, 79 - 83, 89,
92 - 95, 121, 129, 134, 144,
217, 238, 252, 253, 254, 309
�Al�, Siyyid 73
�Al�-Muhammad, Siyyid, . B�b,
der
Abraham 38
Ab�-Sin�n (Israel) 117, 238
Adrianopel (T�rkei) 13, 21, 37,
45, 47, 48-55, 73, 276f.
Aghs�n 302
�gypten 88, 90, 139
�Abdu�l-Bahas Reisen nach
98ff., 105f.
Baha in 136, 141, 145
Geistige R�te in 191
Alexander II., Zar 215
Alexander, Agnes 193
Alexandria (�gypten) 105, 106,
107
Am�nat, Husayn 257, 260
Amerika, . Vereinigte Staaten
Anpassungsverm�gen 270ff., 277,
279, 325, 329
Apostolisches Zeitalter, .Heroisches
Zeitalter
�q�y-i-Kal�m, . M�s�, Mirza
Arche 169, 253, 257
. Rote Arche
Arme, Hilfe f�r 99, 112, 118, 119,
125f., 133f., 239
Asdaq, R�h� 106f.
�s�yih Kh�num
ihre Grabst�tte 252ff.
357
ProphetsDaughter.indb 357 31.08.2007 10:42:48
index
bekannt auch als Navvab 21, 34,
39, 58, 107, 302
Ast 11
asymmetrische Beziehungen 298,
300
Attribute Bahayyih Kh�nums
241, 265, 292, 309
Ausdauer 11, 82, 267, 270, 277,
278ff., 295
Australien 191, 193, 212, 247
Avar�h, �Abdu�l-Husayn 200f.
B�b, der
Bildnis 84, 110, 111, 227f., 256
geistige Eigenschaften 265, 266
Haus des 90
heilige Gebeine des 95-97, 98,
132
Seine Familie 71, 73
. Schrein des B�b
(Siyyid �Al�-Muhammad) 13,
30, 33, 50, 90, 187, 242
B�b� F�hrerschaft 39, 41
(Anh�nger des B�b) 35, 36,
43, 48
Bad�u�ll�h, Mirza 73, 136
Bagdad 13, 21, 37, 38, 39-44, 201,
276
Baghdadi, Parvin 219
Baha Administration: Selected
Messages 1922-32 (Shoghi
Effendi) 237
Baha-Gemeinde
ihr Schutz 88, 187, 194-203,
290, 311
ihre Einheit 162, 290, 294, 295,
311
ihre Entwicklung 15, 16, 48, 78,
90, 121f., 191, 213, 218, 252,
260, 281, 295, 319ff.
ihre Ermutigung durch Bahayyih
Kh�num 52, 67, 110, 124,
153, 154ff., 223f., 277ff.
ihre Erziehung durch Bahayyih
Kh�num 136f., 161ff.,
196f., 250, 311, 328
358
ihre Organisation 14, 15, 284289,
310
. Neunzehntagefest; einzelne
Baha-Gemeinden
Baha-Religion:
Ausbreitung 23, 72, 98ff., 103,
179, 180f.
Entwicklung 20, 47, 150, 244,
252, 279, 329
Fonds 74, 188, 189, 222
Heilige Schriften 9, 11, 14, 60,
88, 143, 242f., 244, 285, 287,
320
ihre Lehren 283f., 304, 321
ihre Prinzipien 269, 281f.,
284ff., 289, 322
Institutionen 15, 251-261, 310
ihr Schutz 15, 70, 136, 194-203,
294
Baha-Religion, Baha-Glaube
9, 10, 12, 13f., 20, 21, 30, 33,
39, 55, 151, 194, 195, 201, 206,
207, 210, 215f., 231, 232, 243,
250, 253, 264, 275, 277, 279,
281ff., 304, 310, 319, 325ff.,
330
Baha-Weltgemeinde 190ff., 248,
252, 295
Baha-Weltzentrum 14, 190,
251-261
Bahau�ll�h:
Anschlag auf Sein Leben 48, 50
Bahayyih Kh�nums Beziehung
zu 9, 20ff., 24, 30-38, 44, 47,
52, 61f., 65f., 67, 276f., 294,
308
Bildnis 84, 110f., 227f., 256
Ehefrauen 73
Erkl�rung Seiner Sendung 13,
39, 43, 45, 153
Gefangenschaft 13, 21, 33ff.,
57ff., 309
Hinscheiden 22, 63ff., 172
Leiden 40, 45f., 48f., 52ff., 59,
274, 279
ProphetsDaughter.indb 358 31.08.2007 10:42:48
index
Seine Amtszeit 30, 250
Seine geistigen Eigenschaften
265f., 314
Seine Sache, . Sache Gottes
Seine Schriften 49f., 60, 85, 110,
216, 242f., 252, 301ff., 319f.
Verbannung 13, 21, 37, 43, 52f.
. Bund Bahau�ll�hs; Schrein
Bahau�ll�hs; Testament
Bahau�ll�hs�
Bahayyih Kh�num 9, 11, 237
�Abdu�l-Bahas Beziehung zu
22, 69-122, 103ff., 127f.
als Oberhaupt des Glaubens
23, 150-203, 310, 312
Bahau�ll�hs Beziehung zu 9,
20ff., 24, 30-38, 44, 47, 52,
61f., 65f., 67, 276f., 294, 308
Bewahrerin der heiligen Reliquien
96f., 110f., 228, 256
Bindeglied zu den Zentralgestalten
30, 154, 250, 308, 325f.
Eindr�cke von ihr 85, 96f., 105,
109, 110, 112ff., 129, 171f.,
208, 210, 226f., 228, 229,
230, 231, 313
F�hrungsqualit�ten 51f., 310,
312ff., 327f., 329f.
geistige Eigenschaften 25, 67,
70, 95, 115, 207, 234, 265f.,
276, 293, 312
Gesundheit 58, 65f., 234
Hinscheiden 207, 211, 222,
235-250, 316
ihr Beispiel 20, 244, 264-267,
281, 316
ihr Dienst 98f., 108ff., 119, 122,
130, 151f., 161ff., 173ff.,
208, 219, 256, 259, 290, 308
ihr Verm�chtnis330f.
ihre Briefe 64, 76, 85, 116, 152,
153, 154, 157, 158f., 160,
162ff., 172f., 182, 184ff.,
195ff., 223f., 290f., 295, 328
ihre Leiden 21, 34, 41, 49, 52,
56ff., 64, 226, 273ff., 327
ihre Rolle 17, 20-24, 25-27,
33-67, 150, 248, 279, 284,
289f., 296
ihre Stufe 24, 25, 32, 67, 114,
249, 308ff.
Kindheit 21, 31, 33ff., 42, 276,
294
menschliche Beziehungen 35,
43, 81f., 114ff., 137, 153,
276f., 295, 310, 311ff.
Ruhest�tte 251-255, 257, 261
Shoghi Effendis Beziehung zu
15, 147f., 171f., 202, 206ff.,
222f., 231f., 249, 315
. Baha-Gemeinde; Bund
Bahau�ll�hs; Heilige Familie;
Pilger�
Bahj� . Schrein Bahau�ll�hs
Bahj� (Israel) 14, 60, 63, 173, 253
Baum 11, 323
Beirut 138, 201, 228
Berater 15, 258, 288
Berateramt 15, 301, 343
Beratung 145, 152, 178, 183, 286f.,
289, 293, 301, 328
Bildung 298, 305, 318, 324f.
Birma 90, 96, 145
Blatt 11, 31, 51, 77, 323
. Bahayyih Kh�num (�Gr��tes
Heiliges Blatt�)
Blomfield, Lady 135, 139
Bogen 255, 257, 258-261
. Baha-Weltzentrum; Karmel
Bosch, John 125, 133
Bosch, Louise 125, 127, 132, 138
Brigham, Gertrude Richardson
227
Britische Beh�rden und Amtstr�ger
118, 121, 131, 144, 179,
194, 195, 196, 259
Buch des Bundes, . Testament
Bahau�ll�hs
359
ProphetsDaughter.indb 359 31.08.2007 10:42:49
index
Budapest 101
Buddhisten 90
Bund Bahau�ll�hs 14ff., 64, 71f.,
320, 322
Bahayyih Kh�nums Erziehung
der Gl�ubigen im 155, 161ff.,
185
Bahayyih Kh�nums Festigkeit
im 70, 76, 289ff.
. �Abdu�l-Baha; Shoghi
Effendi; Testament
Bahau�ll�hs
Verteidigung des 67, 277, 311
Bundesbrecher 16, 67, 73, 78, 87,
92, 146, 172, 199, 294
Canavarro, Madame de 336
Chicago, Illinois, .Wilmette 79,
98, 189
China 181, 192
Christentum, Christen 90, 121,
131, 258, 283, 288, 323
Christus 26, 75, 155f., 161, 323
Cooper, Ella Goodall 82, 84f.,
108f., 112f., 127, 132, 313
Coy, Genevieve 120, 174f.
Damaskus 89
�Damenzimmer� 109
Deborah 26
Demut 157, 158, 241, 243, 287,
289, 304, 307, 312, 321
deutsche Kolonie . Templer-Kolonie
deutsche Allee (Haifa) 259
Deutschland 90, 125, 141, 191, 192f.
Dienen 77, 147, 152, 165, 179, 182,
184, 190, 224, 243, 250, 301,
304f., 315, 327, 329
Dienen durch Bahayyih Kh�num
21, 122, 206-232, 292ff., 308,
312
Diener
der Herrlichkeit, .�Abdu�l-
Bahá
und Dienerinnen 10, 77, 147,
153, 175, 197, 248, 301
Dienstbarkeit 30, 100, 109, 120,
224, 279, 287
D�y�u�ll�h, Mirza73
Dunn, Clara und Henry Hyde191f.,
212
Durchhaltekraft, . Ausdauer
Edirne (T�rkei), . Adrianopel
Einehe 73
Einheit
der Baha-Gemeinde 135f.,
157, 162f., 165, 169-172,
178, 184, 186-189, 203, 290,
293, 294, 311, 317
der Menschheit 102, 141, 298
der Religionen 102
Fehlen der 168, 176f.
Welteinheit 11, 247, 298f., 318
elektrische Anlagen, Installation
von 129, 173
England 90, 125, 130, 138, 141,
145, 180
. Britische Beh�rden
Entsagung 207, 248, 265
Erbarmen 248, 277, 314
Gottes 105, 158, 323
Ergebenheit 42, 61, 124, 157, 202
Ermutigung . Baha-Gemeinde
Erw�hlter Zweig, . Shoghi Effendi;
Zweig
Erziehung 139, 156, 161, 311
schulische 175
Europa 80, 98, 100f., 127, 148, 173
. einzelne europ�ische L�nder
Evolution, gesellschaftliche 11,
282, 289, 295, 317, 319f., 326
Faizi, Abu�l-Q�sim 228f.
Feinde . Bundesbrecher
des Glaubens 17, 22, 48f., 51,
55, 87, 136, 147, 173, 197f.
Flexibilit�t 11, 267, 272., 273, 278,
322, 330
Fonds . Baha-Religion
Ford, George A. 79
Ford, Mary Hanford 113f.
360
ProphetsDaughter.indb 360 31.08.2007 10:42:49
index
Forel, August 121
Fortschritt:
der Frauen 176
der Sache Gottes 71, 103, 115,
157, 161, 190, 210, 218, 232,
311
wissenschaftlicher 319
sozialer 299, 300, 307, 319,
321, 323f., 330
Frankl, Viktor 271f.
Frankreich 79f., 90, 145
Fraser, Isobel 105
Frauen:
charakteristische Eigenschaften
der 26f., 265
im Islam 23, 27, 33, 289
in der Baha-Religion 288f.
in der Geschichte der Religionen
25f.
in der Heiligen Familie 11,
81ff., 108f., 113f., 132, 169,
226ff.
. �Abdu�l-Baha: Seine T�chter
unter den Pilgern 81ff., 106,
108ff., 115f.
Freigebigkeit 134, 164, 202, 208,
314, 315
Freude 23, 44, 65, 77, 83, 100, 109,
138, 160f., 183, 186, 217, 224,
237, 253, 295
Friede 109, 226, 238, 279
. Kultur des Friedens
universaler 102, 323
Friedensbildung 306
F�hrung 15, 17, 43, 48, 64, 99, 129,
194, 286f., 291, 295, 310, 328
durch Institutionen 311
F�hrungskonzepte 305ff.
g�ttliche 177, 265, 326
Galil�a 117
Gallipoli (T�rkei) 52f., 55
Gebet 99, 103, 110, 116, 146, 153,
181, 182, 184, 186, 217, 219,
224, 229, 239, 249
Geduld 62, 91, 95, 100, 273, 276,
277, 287, 311, 328f.
Gefangenschaften 21, 33f., 38, 57,
86f., 95
. �Abdu�l-Baha; �Akka;
Bahau�ll�h
Gef�ngnisstadt, .�Akka; Gefangenschaften
Geheimnis g�ttlicher Kultur, Das
(�Abdu�l-Baha) 299, 324
Gehorsam 304, 315
. Unterwerfung unter den
Willen Gottes
geistige Eigenschaften 32, 61, 120,
178, 293, 328
geistige Entwicklung 283
geistige Potenz 251-261
geistige Prinzipien 16, 185, 285,
294, 314, 317, 318, 322
Geistige R�te 15, 153f., 160, 168f.,
170, 178, 183, 185, 189, 301
Frauen in 288f.
. Nationale Geistige R�te;
�rtliche Geistige R�te
Unterst�tzung der 224f., 296,
310f., 327ff.
geistige Werte 11, 12, 15, 264, 271,
276, 284, 300
Geistigkeit 82, 114, 169, 241
Geistlichkeit, Religion ohne 15,
284ff.
Gelassenheit 51, 63, 82, 90, 111, 129
Gemeindeordnung 14, 15, 16, 89,
90, 150, 161, 178, 189, 190, 218,
252, 255, 257, 260, 281, 284,
288, 289, 291, 292, 293, 301,
303, 310, 320, 322, 325, 326
Gemeindeordnung:
. H�tertum; Geistige R�te;
Universales Haus der Gerechtigkeit
.Weltordnung
Gerechtigkeit 65, 102, 281, 299,
318
. Universales Haus der Gerechtigkeit
361
ProphetsDaughter.indb 361 31.08.2007 10:42:49
index
Gesamt-Asiatische Frauenkonferenz
214
Gesang 106f., 109, 110, 131, 219,
228, 229, 231, 245
Gesegnete Sch�nheit (Titel
Bahau�ll�hs) 10, 169
Gesetze:
Baha 60, 90, 101, 274, 282,
320
soziale 12
Gestaltendes Zeitalter 13, 14, 16,
150, 162, 255, 326f.
�bergang ins 150, 154, 177f.,
183, 250, 317, 329
Getsinger, Lua 105
Gewissheit 89, 146, 221, 276
Ghadirian, Abdu�l-Missagh 274f.
Glaube 49, 51, 62, 77, 115, 157, 170,
184, 203, 224, 270f., 278, 305
Glaubensspaltung, Verhinderung
der 14, 16, 51, 71, 168, 282,
303, 320
Gnade Gottes 24, 31, 32, 65, 100,
104, 148, 202, 265, 267, 276,
308
Gnadengaben, . Segnungen
Goldenes Zeitalter13, 17, 72
Gott 11, 32, 63, 85f., 100, 104, 141,
146, 168, 237, 253, 273, 304
.
Erbarmen Gottes; Gnade
Gottes; Liebe Gottes; Sache
Gottes; Wille Gottes; Wort
Gottes; Zeichen
Gott geht vor�ber (Shoghi Effendi)
214, 253f.
Gottesbote . Manifestation
Gottes
Gottesbund, . Bund Bahau�ll�hs
Gottesfurcht 302
Gottesoffenbarer, . Manifestati
on Gottes
Gottvertrauen, . Vertrauen in
Gott
Gr��ter Zweig, .�Abdu�l-Baha;
Zweig
Gr��tes Gef�ngnis 56, 91
Gr��tes Gef�ngnis, . �Akka
Gr��tes Heiliges Blatt,
. Bahayyih Kh�num
�Gr��te Trennung� 48, 51, 276
Gro�z�gigkeit, . Freigebigkeit
G�te 52, 62, 248, 277, 314
Haifa :
Geistiger Rat von 154, 189-194
.
Baha-Weltzentrum;
Schrein des B�b
(Israel) 14, 56, 60, 71, 81, 89,
93, 106, 111, 117f., 121, 125,
129, 132ff., 138, 145, 171,
202, 216f., 235, 238ff.
Hamad�n (Persien) 191, 198, 199
H�nde der Sache Gottes 161, 256,
258, 288, 301
Handel 318
Hauff, Johanna 125, 133
Haus der Andacht:
auf dem Berg Karmel 253
Haus der Andacht in Ishq�b�d
86, 90, 122
Haus der Andacht in Wilmette,
Illinois 86, 90, 98, 122, 189,
218-223, 244
Haus der Andacht (Mashr�qu�l-
Adhkar)
Haushalt Bahayyih Kh�num als
Managerin des 22, 40, 70, 83,
105-116, 308
Hearst, Phoebe 83
Heerscharen, himmlische 128, 147,
152, 164, 187, 207, 252f., 323
heilende Kr�fte 78, 119, 170
Heilige Familie 11ff., 23f., 31,
34f., 39f., 44f., 49, 52f., 55, 61,
64, 71ff., 84f., 93f., 105, 114,
127ff., 137, 147, 150ff., 169,
181, 201, 217, 236, 301f.
Bahayyih Kh�nums Stellung in
294, 303, 308
Bundesbrecher in 73ff., 78, 80,
302
362
ProphetsDaughter.indb 362
31.08.2007 10:42:49
index
. �Abdu�l-Bahas T�chter; einzelne
Mitglieder der Familie
Heiliger Geist 77, 188, 323, 329
Heiliges Land 22, 23, 79, 86, 89ff.,
101, 110, 116f., 120f., 135,
145ff., 167f., 183, 201, 215f.,
226f., 256, 296, 328
Heiligkeit 116, 237, 238, 277, 323
Heiterkeit 91, 234, 273, 275, 296
Heldentum, Heldentaten 20, 25f.,
122, 265
Heroisches Zeitalter 13, 14, 25, 30,
45, 124, 150, 154, 183, 237, 250,
296, 317, 325, 326, 327, 329
Herrlichkeit Gottes (Titel
Bahau�ll�hs) 10
Herrscher:
. K�nige
Bahau�ll�hs Verk�ndigung an
45, 48, 50, 60
Herz 34, 40, 52, 65, 77, 107, 124,
152, 162, 168f., 211f., 222f.,
247, 281, 314
Kr�fte des 119
Sprache des 85
Hilfsamt, Hilfsamtsmitglied 15
Hilfssprache, universelle 102
Hinduisten 90
Hingabe 42, 86, 130, 155, 166, 168,
182, 224, 231, 241, 257, 290,
293, 309, 327, 330
H�flichkeit 95, 126, 133, 134,
293f., 302, 303, 305
Husayn-�Al�, Mirza, .Bahau�ll�h
H�ter, . Shoghi Effendi
H�tertum 140, 146, 161, 207, 253,
296, 309
Ileana, Prinzessin 216
Indien 90, 141, 145, 214
Internationale Baha-Bibliothek
260
Internationales Baha-Archiv
255f., 259
Internationales Lehrzentrum
15, 258, 259f., 288
Irak 37, 90
. einzelne irakische St�dte
Iran, . Persien
Ishq�b�d (Turkmenistan) 86, 90,
122, 191
Islam 90, 104, 121, 132, 253, 288
Kultur des 23, 73
Isolation, Bahayyih Kh�nums Gef�hle
der 41f., 66, 88, 120
Israel 14
. �Akka; Haifa; Karmel
Istanbul (T�rkei) .Konstantinopel
Italien 141, 145, 240
Jaffa (Israel) 238
Japan 90, 141, 192, 193
Jeanne d�Arc 26
Jerusalem 131, 195, 196, 238
Jessup, Henry H. 79
Jesus, Seine Familie 38
Jesus Christus . Christus
Jin�b-i-F�dil-i-Mazindar�n� 178f.
Jordan 117
Judentum 90, 121, 132, 288
Jugend 191, 229, 294, 319
Jungt�rkische Revolution 94f.
Kairo 201, 217
Kanada 90, 178, 243
Kappes, Lillian 174f.
Karmel:
Sendschreiben (Tablet) vom
252, 253, 255, 257
Berg 59, 95ff., 121, 132f., 231,
235ff., 251-262, 310
K�sh�n (Iran) 198
Kelsey, Curtis 125, 129, 141, 173f.
Kitáb-i-Aqdas (Bahau�ll�h) 60,
101
Klerus, . Geistlichkeit
Konfliktforschung 297f.
Konfliktl�sung 298, 306
K�nige, Bahau�ll�hs Verk�ndigung
an die 45, 48, 50, 56, 60,
215
K�nigin Marie von Rum�nien
213, 214ff.
363
ProphetsDaughter.indb 363 31.08.2007 10:42:49
index
Konstantinopel 13, 21, 37, 43,
44ff., 50, 54, 93, 94
Kraft:
. Spannkraft
Kraft, Quelle der 17, 32, 76,
80, 115, 118f., 260, 261, 276,
279, 282, 315
Krankheit 47, 50, 57, 234
der Gesellschaft 170
Kreativit�t 11, 270, 272, 276, 287,
320
Krug, Florian und Grace 125
Kultur:
des Friedens 306, 314
des Wachstums 322f.
des Wandels 329f.
islamische 23, 27, 33, 73
persische, . Persien: Kultur
geistige oder g�ttliche 113, 299,
306, 318f.
Kunst 318
Langmut100, 208, 287
Law-i-Amr (Bahau�ll�h) 50
Leben, Sinn des 32, 83, 268, 270,
271f., 275, 319
Leiden:
. �Abdu�l-Baha: Bahau�ll�h:
Bahayyih Kh�num: ihre Leiden
Leiden, seine Bedeutung 158,
267-273, 278f.
�letzte Spur� Bahau�ll�hs 124,
206, 236, 244, 248, 314, 326
Liebe:
als bindende, einheitspendende
Kraft 168, 169f., 176, 186f.,
206ff., 226, 247, 293
zu den Menschen 61, 85, 119,
125, 156, 230, 265f., 273
Gottes 52, 85
Liverpool 101
London 100, 101, 139, 179
Losl�sung 155, 157, 266, 269, 273,
287
Lotusbaum, G�ttlicher Lotos
baum, . Bahau�ll�h
Lotosbaum 11, 32, 51, 164, 209
M�gde 10, 116, 153, 265
Majdi�d-D�n, Mirza 73
Manifestation:
Bahau�ll�h als 31, 71, 181, 265
Gottes 12, 75, 304
M�nner:
in der Heiligen Familie 64, 140
unter den Pilgern 81
charakteristische Eigenschaften
der 27, 264f.
Maria Magdalena 26
Marseille 100, 105
M�rtyrer 13, 20, 26, 114, 254, 264,
302, 327
Martyrium 91, 114, 274
Mashr�qu�l-Adhkar . Haus der
Andacht
Maxwell, May 81, 84
Meister, der .�Abdu�l-Bahá
Menschheit 11f., 37f., 101f., 108,
119, 141, 159, 177, 186, 215,
260, 273, 285, 292, 305, 318
Einheit der 281, 298
. Kultur
Mihd�, Mirza 21, 36, 59, 218
seine Grabst�tte 252ff.
Mirza Husayn-�Al� (Bahau�ll�h) 9
Mittelpunkt des Bundes 162f.
. �Abdu�l-Bahá als Mittelpunkt
des Bundes
Mittlerer Osten:
Geistige R�te im 190f.
Religi�se Verfolgungen 9
. Irak; Persien
Kulturraum 23, 73, 288
Morton, Marjorie 114f., 229f.,
234, 313
Moses 38
Muhammad 38, 215
Muhammad-�Al�, Mirza 64, 72f.,
76, 86, 95, 135f., 143f., 168,
194f., 294
Muhammad-Jav�d-i-Qasv�n� 73
364
ProphetsDaughter.indb 364 31.08.2007 10:42:50
index
Muhammad-Qul�, Mirza 54
Munírih Khánum 22, 67, 89, 127,
228, 229
ihre Grabst�tte 252f.
M�s�, Mirza 37, 41, 54
Muslime 90, 121, 131, 144, 253
Mut 76, 98, 115, 177, 225, 267,
294, 295
Nab�l 46, 59
Nab�ls Bericht 25
Nablus (Israel) 238
Nakhjav�n�, �Al� 97, 110, 238ff.
Nationale Geistiger Rat:
der Vereinigten Staaten 130,
145, 179f., 213, 219ff., 235,
245
von Persien 192f., 243, 244
Nationale Geistige R�te 15, 154,
178, 185, 214, 243, 251f., 258,
286, 291, 328
Natur, Bilder und Beispiele aus
der 11
Navvab, . �s�yih Kh�num
Neapel 100
Neunzehntagefest 191, 193, 241
Neuseeland 191, 247
New York 100, 125, 179
Nordamerika 72, 79, 80, 86, 178
�Abdu�l-Bahas Reisen in 98105
Baha in 79f., 81ff., 136, 179,
247
. Kanada; Vereinigte Staaten
Offenbarung:
fortschreitende 12
Bahau�ll�hs 20, 31, 32, 49, 79,
101, 124, 141, 164, 182, 190,
269, 277, 296
Opferbereitschaft 44, 59, 70, 77,
82, 181, 189, 208, 315
Optimismus, realistischer 62, 271,
275
�rtliche Geistige R�te 15, 145,
153f., 160, 168ff., 175, 178,
183, 186f., 189-194, 199, 200,
201, 224f., 245, 251, 286, 291,
293, 310, 311, 328
Osmanisches Reich 22, 39, 45, 92,
117
Oxford 23, 130, 138
Pal�stina 130, 131, 134, 151, 196,
217f.
Paris 85, 100, 101
Parsons, Agnes 222
Partnerschaft 306
Pazifische Inseln 90
Persien 20, 324 f.
Baha in 90, 106, 136, 140,
141, 145, 174f., 178f., 188f.,
191f., 231, 245ff.
Kultur 10, 112, 134, 228f.
Nationaler Geistiger Rat in
192, 242, 243, 244f.
. einzelne persische St�dte
Verfolgungen in 14, 21, 37, 194,
197, 213
Pilger 58f., 63, 71, 88, 121, 126,
210, 256
Bahayyih Kh�nums Umgang
mit 22, 30, 99, 225-231, 278,
295f.
Berichte von 91f., 106f., 109116,
125, 133, 150, 226ff.,
313
westliche 79ff., 120, 127, 132,
219, 246
Pl�nderungen 34, 197
Polygamie 73
Port Said 105
positive Gef�hle 271f.
positive Interdependenz 306
Prophet 20, 38, 215, 282
prophetischer Zyklus 12, 14
prophetisches Zeitalter 13
prozessorientiertes Denken 322f.
Pr�fungen . Tests
Psychologie 271, 272, 274f., 306
Qibla 253, 254
Qur��n 131
365
ProphetsDaughter.indb 365 31.08.2007 10:42:50
index
Rang 296-305
Bahayyih Kh�nums 21f., 24, 32,
241, 266, 308-311
Rangoon (Birma) 96
Ransom-Kehler, Keith 226f.,
230f., 245ff.
Realit�t, Akzeptieren der 270f., 275
Reinheit 83, 157, 158, 163, 249, 264,
266, 273, 283, 287, 305, 318
Reinster Zweig, . Mihd�, Mirza;
Zweig
Religion 11f., 267f., 280f., 318ff.
. einzelne Religionen
Frauen in der 25f., 264
Laienreligion 284ff.
Root, Martha 192, 214ff.
Rosenberg, Ethel 125
Rote Arche, Hochrote Arche154,
166
Ruh�yyih Kh�num139, 140, 143f.,
171f., 183, 210, 211, 217f., 240,
256f., 259
Rum�nien, . K�nigin Marie von
Rum�nien
Russland90, 191
Russische Amtstr�ger37
. Ishq�b�d
Rutstein, Nathan 129, 173
Sache Gottes 20, 23, 32, 34, 38,
52, 61, 63, 66, 83, 86, 103, 105,
116, 121, 141, 143, 148, 152,
153-203, 214, 223, 232, 243,
255, 270, 282, 301, 327
. Baha-Religion; H�nde der
Sache Gottes
Sahb�, Far�burz 259
Samuel, Sir Herbert 131
Sanderson, Edith 171
Sanftmut 265, 313
Sang-i-Sar (Iran) 158
Schrein Bahau�ll�hs 84, 99, 103f.,
121, 143f., 173, 194ff., 217,
225, 231, 253, 295
Schrein des B�b 93, 96ff., 121,
173, 225, 237ff., 251, 252, 255,
366
258ff.
�Abdu�l-Bahas Beisetzung im
130, 132f.
Schweiz 23, 235
Schwierigkeiten . Tests
Segnungen 38, 77, 78, 91, 155,
158, 159, 163, 187, 193, 200,
202, 203, 207, 212, 223, 224,
265, 323
Selbstlosigkeit 120, 155, 157, 166,
182, 208, 224, 293
Sendschreiben:
. Karmel; K�nige
zum G�ttlichen Plan (�Abdu�l-
Baha) 120f.
der Erkl�rung (Bahau�ll�h) 50
Bahau�ll�hs 12, 13, 14, 17, 25,
39, 60, 164, 323
Bahau�ll�hs . Gestaltendes
Zeitalter; Goldenes Zeitalter;
Heroisches Zeitalter
Sh�r�z (Iran) 90, 198
Shoghi Effendi 15, 30, 34, 124f.,
130, 138f.
Abwesenheiten von Haifa
146ff., 151-203, 289
als Ausleger der Baha-Schriften
141, 143, 163, 166, 320f.
Bahayyih Kh�nums Beziehung
zu 15, 20, 23, 139, 147, 150,
171f., 206-232, 290, 315,
326, 328f.
Bahayyih Kh�nums Hinscheiden
und 235-250
seine Briefe 33, 177f., 179f.,
183, 186, 208, 225f., 291,
315, 326f., 328
seine Ernennung 15, 22, 137,
138-147, 194, 290f.
seine Schriften 70f., 121f.,
124f., 214f., 236f., 253f.
Unterst�tzung durch die Gl�ubigen
124, 143, 145f., 164,
165f., 176, 191f., 206, 327,
329
ProphetsDaughter.indb 366 31.08.2007 10:42:50
index
S�y�h-Ch�l (�Schwarzes Loch�,
Teheran) 21, 33, 35
soziale Evolution 26, 317 - 330
soziale Gesetze 12
soziale Organisation 282, 283,
292, 318
soziale Prinzipien 17
soziale Strukturen 193
Sozialwissenschaft 270, 297
Spannkraft 267, 327
Spenden 193, 240, 259
Sprache, . Hilfssprache, universelle
Standhaftigkeit 76, 136, 156f.,
158, 159f., 166, 168, 169, 172,
177, 184, 185, 294, 315
St�rke 129, 147, 217, 234
Statthalterin (Bahayyih Kh�num)
22, 70, 98, 99, 309
Storrs, Sir Ronald 131
Stuttgart 101
Subh-i-Azal, . Yahya, Mirza
Sulaym�n�yyih (Irak) 37, 40, 44
Symes, Sir Stewart 131, 151
Syrien 79, 89, 134
Tablets, . Sendschreiben
�Tage der Anspannung� 48ff.
Tarb�yat-M�dchenschule (Teheran)
174ff.
Teheran 13, 21, 33-39, 174f., 197,
198, 231, 245, 246
Geistiger Rat von 175, 188, 224f.
Tempelfonds (Chicago) . Baha-
Religion: Fonds
Tempelvereinigung (USA) 130,
136, 145
Templer-Kolonie, deutsche 258
Terrassen 258-261
Testament �Abdu�l-Bahas 125,
130, 137f., 139ff., 185, 195,
200f.
Erziehung der Baha durch
Bahayyih Kh�num im
Hinblick auf 154, 161-167,
171ff., 290, 326, 328f.
Gemeindeordnung vorgezeichnet
14, 90, 145, 150, 178,
251f.
Testament Bahau�ll�hs 22, 64,
71ff., 88, 135, 143
Tests 135ff., 155ff., 178, 269f.,
275f.
. Leiden, seine Bedeutung
Thonon-les-Bains (Frankreich) 100
Trauer um Bahayyih Kh�num
235f., 240-248, 309
Treue 76, 156, 159, 166, 169, 185,
249, 293
True, Corinne 120, 219
True, Edna 120
T�rkei 46, 94, 102
. Osmanisches Reich; einzelne
t�rkische St�dte
T�rkische Amtstr�ger 45, 52-55,
87, 89, 117, 131
Unfehlbarkeit, Gr��te 75
Universales Haus der Gerechtigkeit
15, 140, 145, 178, 251-260, 286,
299, 301, 303f., 320, 321, 328
Sitz des 257ff.
Untersuchungskommission 87f.,
92ff.
Unterwerfung unter den Willen
Gottes 65
Urbild, Bahayyih Kh�num als 2527,
241, 263-330
Verbannung 13, 21, 38f., 45-62,
81, 87f., 325
Verborgene Worte (Bahau�ll�h) 238
Verbundenheit 187, 188, 208
Vereinigte Staaten:
Baha in 78ff., 137f., 176,
178f., 213, 224
Haus der Andacht in 86, 90, 98,
122, 189, 218-223, 236, 244
Nationaler Geistiger Rat von
130, 145, 179, 213, 219ff.,
235, 245
�Abdu�l-Bahas Reisen in 100105,
224
367
ProphetsDaughter.indb 367 31.08.2007 10:42:50
index
Verfolgungen 14, 33ff., 49ff., 55,
158, 194, 196ff., 276, 327
Verhei�ene, der 12, 13, 48, 50
Verk�ndigung Bahau�ll�hs 45f.,
49ff., 55ff.
Verstand 200, 312
Verst�ndnis 31, 61, 76, 89, 115,
150, 183, 223, 266, 275, 285,
288, 290, 292, 321, 326, 336
Vertrauen in Gott 54, 91, 100, 237,
267, 273, 276
Vertrauensw�rdigkeit 185, 296
Viktoria, K�nigin 215, 216
Wahlen (Baha) 16, 140, 145, 161,
178, 191, 252, 258, 285, 288f.,
320, 328
Wahrheit
Sonne der 323
Suche nach der 285, 286, 287,
293
Wandel, Kultur des Wandels 329f.
Watson, Marie 110, 111f.
Welteinheit, . Einheit
Weltkonferenz der Religionen 79
Weltkrieg (Erster) 116-121, 192f.
Weltkultur:
Charta einer 101
Weltzivilisation 11, 12, 17, 161,
218, 227
Weltordnung Bahau�ll�hs 16, 72,
90, 162, 246, 252, 254f.
Werte, geistige 11, 12, 15, 264,
271, 276, 284, 300
Westen:
. Vereinigte Staaten
Baha im 176f., 218f.
Wiederkehr 12
Wien 101
Wille 307, 312, 327
Gottes 11, 65, 91, 276
Wille und Testament, . Testament
Wissen, g�ttliches 105, 182, 322
Wissenschaft 270, 271, 272, 297,
318, 319
und Religion 11, 102
368
Wort Gottes 157, 160, 188, 200,
277, 304, 305
Yahy�, Mirza 39ff., 48ff.
Zeichen 24, 31, 157, 207, 213, 221,
248, 300, 303, 308
Zentralorganisation f�r einen
dauerhaften Frieden (Den
Haag) 121
Zentrum zum Studium der Heiligen
Texte 259
Zivilisation 330
. Kultur
Zoroastrier 75, 90
Zufriedenheit 103, 115, 160, 203
Zusammenhalt:
. Einheit
gesellschaftlicher 300, 306, 314,
318
Zuverl�ssigkeit, . Vertrauensw�rdigkeit
Zuversicht
9, 26, 90, 93, 146, 169,
224, 276, 279, 296
. Vertrauen
Zweig 11, 36, 59, 63, 67, 74, 89,
152, 160, 164, 165, 167, 196,
218, 252, 273, 290, 302
. �Abdu�l-Bahá (�Gr��ter
Zweig�)
Zyklus:
der Erf�llung 12, 17
sozialer Evolution 326
prophetischer 12, 14
ProphetsDaughter.indb 368
31.08.2007 10:42:50

Table of Contents: Albanian :Arabic :Belarusian :Bulgarian :Chinese_Simplified :Chinese_Traditional :Danish :Dutch :English :French :German :Hungarian :Íslenska :Italian :Japanese :Korean :Latvian :Norwegian :Persian :Polish :Portuguese :Romanian :Russian :Spanish :Swedish :Turkish :Ukrainian :