Zu dieser ganz besonderen Jahreszeit grüßen wir Sie in tiefer Freude über die verstärkten Aktivitäten der ganzen Bahá’í-Gemeinde während des gerade vergangenen Jahres und mit den höchsten Erwartungen für das, was im letzten Drittel des Drei-Jahres-Planes geleistet werden muss und kann. Wir empfinden gleichermaßen Sorge wie Hoffnung angesichts der Verzweiflung, die die Führer der Nationen und Völker bei ihrer Suche nach Lösungen für die drängenden sozialen Probleme bedrängt. Ein solches verzweifeltes Bemühen ist gleichbedeu- tend mit einem weltweiten Ruf nach den Lehren Bahá’u’lláhs - für verantwortungsbewusste Ba- há’í-Institutionen und Gläubige wahrlich eine Herausforderung und eine Verheißung, die nicht ignoriert wer- den darf.
Bei keiner Gelegenheit wurde diese düstere Perspektive deutlicher als neulich beim Weltgipfel für Sozialent- wicklung, der jüngsten in einer Reihe von den Vereinten Nationen einberufener internationaler Zusammenkünf- te der Führer der Welt. Wie gering auch immer der unmittelbare Einfluss derartiger Ereignisse auf die Politik von Regierungen sein mag, wie wenig die große Masse der Weltbevölkerung ihnen auch Beachtung schenken oder sich ihrer bewusst sein mag - die Aufeinanderfolge dieser Ereignisse bedeutet für jeden Bahá’í- Beobachter eine schrittweise Bewegung in Richtung auf die schließliche Erfüllung des Wunsches Bahá’u’lláhs, dass die Herrscher der Welt sich versammeln mögen, um über die wichtigen Fragen, die eine zunehmend glo- bale Gesellschaft betreffen, zu beraten und zu entscheiden.
Durch eine besondere Gunst der Stunde konnten sich bei diesem bedeutenden Anlass in Kopenhagen etwa 250 Freunde aus mehr als 40 Ländern an den Bahá’í-Bemühungen beteiligen, die Teilnehmer des Gipfels und des dazugehörigen NGO-Forums mit den durch den Göttlichen Arzt verschriebenen Heilmitteln bekannt zu machen. Diese Bemühungen nahmen nach dem Gipfel einen noch größeren Umfang an und werden auch jetzt noch an vielen Orten auf der ganzen Welt fortgesetzt. Mit tief empfundener Dankbarkeit beglückwünschen wir die Bahá’í-Institutionen, ihre Abteilungen und die einzelnen Freunde, die diese Flut von Aktionen vor, während und nach dem Gipfel erzeugten, denn dadurch bekundete sich sowohl der weiterhin gewachsene Einfluss unse- rer Weltgemeinde auf die Prozesse, die zum Geringeren Frieden führen, als auch die immer vielfältiger wer- denden Gelegenheiten zur weiteren Verbreitung der umgestaltenden Botschaft Bahá’u’lláhs. In dem Maße, wie diese Weltereignisse sich mehren und die Bahá’í-Gemeinde ihre Ziele mit verstärkter Intensität verfolgt, kön- nen wir deutlicher wahrnehmen, wie die parallelen Prozesse, von denen Shoghi Effendi vor mehreren Jahrzehn- ten sprach, enger zusammengeführt werden: Der eine zielt auf eine politische Vereinigung der Nationen, der andere auf die schließliche Vereinigung der Herzen in einem gemeinsamen Glauben.
Wir machen diese Beobachtungen vor dem Hintergrund einer ermutigenden Entwicklung in der Ba- há’í-Gemeinde während des zweiten Jahres des Drei-Jahres-Planes. Noch begeisternder als der Entwicklungs- sprung bei den Aktivitäten in auswärtigen Angelegenheiten auf örtlicher und nationaler Ebene sind die Beweise einer qualitativen Veränderung in der Reaktion der Gläubigen überall auf den Ruf zum Lehren. Der gestiege- nen Lehraktivität ist ein tieferes Verständnis für diese unausweichliche Aufgabe eines jeden einzelnen zu ent- nehmen. Dies ist eine ermutigende Situation, die sich aus einer Reihe stimulierender Faktoren ergibt, die alle- samt als gute Vorzeichen für den lange erwarteten Zustrom von Scharen neuer Gläubiger gelten können. Zu diesen Faktoren gehören die Aufmerksamkeit, die der Textzusammenstellung über den Beitritt in Scharen ge- zollt wird, die jetzt in einer wachsenden Zahl von Sprachen erscheint, die Reisen der Internationalen und Kon- tinentalen Berater durch die ganze Welt, die Entwicklung der Arbeitsweise der Hilfsamtsmitglieder und ihrer Assistenten, die Auswirkungen der besonderen Betonung der Kindererziehung und der Schwung der Jugend bei der Inangriffnahme von Lehrprojekten und bei ihrer Beteiligung an einer Reihe anderer Bahá’í-Aktivitäten.
Beigetragen zu diesem positiven Bild hat die wachsende Stärke der Geistigen Räte, die aufgerufen sind, sich vielfältigen Herausforderungen zu stellen, während sie sich gleichzeitig in erster Linie auf die Lehrarbeit kon- zentrieren. Wir sind uns in besonderem Maße der Last bewusst, die Nationale Geistige Räte tragen, da die ihrer Amtsgewalt zugeordneten Gemeinden in ihrer Zusammensetzung vielgestaltiger und in ihren Ansprüchen an die Führung und Hilfe dieser Institutionen komplexer werden.
Die verschiedenen Entwicklungsstadien, in denen sich die Gemeinde befindet, vermitteln insgesamt den Ein- druck, dass starke Bemühungen den drei Hauptthemen des Planes gewidmet werden, die fordern, dass die Glaubenskraft der einzelnen Gläubigen gestärkt, die menschlichen Potentiale der Sache bedeutend entwickelt und die korrekte Arbeitsweise der örtlichen und nationalen Institutionen gefördert werden. Auf diesen Gebieten ist noch viel zu tun. Eine deutlichere Reaktion der einzelnen und der Institutionen ist erforderlich, wenn unsere Gemeinde die verheerenden Auswirkungen eines zügellosen moralischen Verfalls bekämpfen, eine schlagkräf- tige Armee ergebener Seelen für das Lehren und die Verwaltung des Glaubens aufstellen und unsere Institutio- nen für die Aufgaben vorbereiten soll, die sich gewiss durch eine plötzliche Zunahme der Größe unserer Ge- meinden ergeben werden.
Die wirksame Antwort auf die unmittelbaren Herausforderungen, vor denen die Gemeinde steht, hat einige wesentliche Voraussetzungen, die vor allem von jedem einzelnen und von den örtlichen Geistigen Räten erfüllt werden müssen: Auf der einen Seite bedarf es der Initiative für das Lehren des Glaubens und den Erwerb eines vertieften Verständnisses für Sinn und Zweck des Glaubens. Es ist die Pflicht und das Vorrecht jedes einzel- nen, diese Initiative zu ergreifen. Zugleich besteht die Notwendigkeit, dass der einzelne an gemeinsamen Un- ternehmungen der Gemeinde, an Projekten und Veranstaltungen mitwirkt. Andererseits ist es die Aufgabe des örtlichen Geistigen Rates, die Initiativen des einzelnen Gläubigen zu begrüßen, ihn dazu zu ermutigen und ihnen Raum zu geben, soweit das nur irgend möglich ist. Der Rat hat außerdem die Verantwortung, Pläne zu entwickeln und zu fördern, die die Talente und Fähigkeiten der Mitglieder der Gemeinde nutzen und die einzel- nen in gemeinsame Aktionen einbinden, wie etwa Lehr- und Entwicklungsprojekte, Institute und andere Grup- penaktivitäten. Es wird die Auswirkung von gewissenhaften Bemühungen zur Erfüllung dieser untrennbaren Erfordernisse sein, dass die Gemeinde sich ausbreitet und festigt und dass ein Klima einmütigen Handelns entsteht.
Während des vergangenen Jahres nahmen die Besuche hochrangiger Regierungsbeamter, anderer Würden- träger und Medienvertreter am Weltzentrum stark zu, was beweist, dass das geistige und administrative Zent- rum des Glaubens in den Augen der Welt wachsende Bedeutung erlangt. Es unterstreicht auch die Tendenz, dass das sich entwickelnde Zentrum einer Weltreligion bei den Regierungen der Welt einen immer größeren Bekanntheitsgrad erlangt. Wenn wir diese Tendenz vom Berge Gottes aus betrachten, dem Ort der gegenwärti- gen Bauprojekte, und gleichzeitig die Entwicklung berücksichtigen, die in örtlichen und nationalen Ba- há’í-Gemeinden stattfindet, können wir angemessener abschätzen, wie die von Shoghi Effendi geschaute Visi- on Wirklichkeit wird. Indem er die Tragweite erläuterte, die der Entstehung der Gebäude zukommt, die den Weltverwaltungssitz des Glaubens Bahá’u’lláhs bilden werden, sagte er: "Dieses ungeheure, unwiderstehliche Geschehen wird zeitlich mit zwei nicht minder bedeutsamen Entwicklungsabschnitten zusammenfallen, näm- lich mit der Begründung des Geringeren Friedens und mit der Entfaltung der nationalen und örtlichen Ba- há’í-Institutionen." In Anbetracht der Lage der Welt ist dies eine Vision, die die planmäßige Vollendung der Projekte am Berg Karmel zwingend erfordert.
Diese Projekte gehen mit bemerkenswerter Geschwindigkeit voran. Sie setzen Pilger, Touristen und Anwoh- ner durch ihre Ausmaße und ihre schon erkennbare Pracht in Erstaunen. Die Bauarbeiten erfolgen an allen Stellen gleichzeitig. An sieben Terrassen unterhalb und an fünf oberhalb des Schreins des Báb wird voll gear- beitet. Im Verlauf dieses Jahres sind mehr Bauverträge abgeschlossen worden als jemals zuvor. Dazu gehören die Verträge mit einer italienischen Firma zur Lieferung des Marmors für die Gebäude am Bogen. Es ist offen- sichtlich, dass die Arbeiten in einer Weise in Gang gekommen sind, die keine Verzögerung duldet. Der Spen- denstrom braucht daher unbedingt einen entsprechenden Impuls, wenn von den für das Ziel des Drei-Jahres-Planes vorgesehenen 74 Millionen Dollar die verbleibenden 40 Millionen Dollar bis Ridvan 1995 zur Verfügung stehen sollen.
Das neue Jahr beginnt mit günstigen Vorzeichen, die durch die Bildung von fünf Nationalen Geistigen Räten an diesem Ridvan gesetzt werden. Unsere Vertreter bei den ersten Nationaltagungen sind die Hand der Sache Gottes Amatu’l-Bahá Rúhíyyih Khánum in Armenien und Georgien; die Hand der Sache Gottes 'Ali-Muhammad Varqá in Weißrußland und Sizilien; und Berater Hushang Ahdieh in Eritrea. Weiterhin wer- den sich in dieser Zeit die Gemeinden von Bophuthatswana, Ciskei, Südafrika und Transkei unter der Jurisdik- tion des Nationalen Geistigen Rates von Südafrika zusammenschließen und so die vor kurzem erfolgte politi- sche Vereinigung der Region widerspiegeln. Als Ergebnis all dessen wird sich die Zahl der Nationalen Geisti- gen Räte in der Welt von 172 auf 174 erhöhen.
Geliebte Mitarbeiter: Über die Notwendigkeit hinaus, dass wir unsere Ziele erreichen müssen, fordert uns die gegenwärtige Misere der Menschheit zu verstärktem Handeln auf. Die über dem Schicksal einer verstörten Welt hängenden Wolken der Verzweiflung künden ganz deutlich den Frühlingsregen an, der den geistigen und materiellen Durst eines jeden Volkes stillen kann. Diese Wolken müssen nur durch ständige und zuversichtli- che Lehrmaßnahmen befruchtet werden. Die Durchführung solcher Aktivitäten liegt in erster Linie in den Händen der einzelnen Bahá’í, obwohl sie von einer Verstärkung abhängig sind, die von den Ba- há’í-Institutionen kommt.
Lassen Sie es nicht zu, dass übertriebene Selbstkritik oder Gefühle der Unzulänglichkeit, Unfähigkeit oder Unerfahrenheit Sie behindern oder Sie beunruhigen. Bedecken Sie Ihre Ängste mit den Zusicherungen Ba- há’u’lláhs. Hat Er nicht erklärt, dass auf jeden, der Seinen Namen erwähnt, die "Scharen göttlicher Einge- bung" herabsteigen und dass auf einen solchen "auch die Versammlung der Höhe" niederkommen wird, "jeder aus ihr einen Kelch reinen Lichtes vorantragend"? Betretet also die Arena, in die alle Seine Geliebten in glei- cher Weise gerufen, in gleicher Weise herausgefordert und überreichlich gesegnet werden. Lehren, versichert Bahá’u’lláh Selbst, bedeutet, die "verdienstvollste aller Taten" zu tun. Und in diesem außergewöhnlichen Au- genblick der Geschichte dieses Planeten ist nichts, aber auch gar nichts von größerer Bedeutung, als Menschen jeder Art und jeder Befähigung zur Festtafel des Herrn der Heerscharen einzuladen.
Indem wir Ihnen diese Botschaft senden, steht uns deutlich die Vision unermeßlicher Siege vor Augen, die darauf warten, errungen zu werden. Wir sind sicher, dass Sie unzählige davon in der verbleibenden Zeit des Drei-Jahres-Planes verwirklichen können. Danach müssen wir streben, um für das nächste weltweite Unter- nehmen, das zu Ridvan 1996 in Angriff genommen werden soll, die Voraussetzungen zu schaffen. Dann wird eine weltumspannende Kampagne einsetzen, die ein angemessenes Crescendo in den Leistungen dieses Jahr- hunderts sicherstellt - eines Jahrhunderts, das von niemand geringerem als ‘Abdu’l-Bahá Selbst als eine Zeit angesehen wurde, die "ewig währende Spuren" hinterlassen wird.
Das Universale Haus der Gerechtigkeit