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Baha'u'llah : Die Kitáb-i-Aqdas - Aufzeichnungen
Die Kitáb-i-Aqdas - Aufzeichnungen
1. "der süße Duft Meines Gewandes" (¶4)

Dies ist eine Anspielung auf die Josephsgeschichte im Quran und im Alten Testament. Darin hat Jakob seinen geliebten, seit langem verloren geglaubten Sohn Joseph an dessen Kleidern wiedererkannt, als ihm diese von seinen Brüdern überbracht wurden. Die Metapher des duftenden "Gewandes" wird in der Schrift häufig für die Erkenntnis der Manifestation Gottes und Seiner Offenbarung verwandt.

In einer Tafel bezeichnet sich Baháu'llah als den "Göttlichen Joseph", der von den Achtlosen "um ein Spottgeld verschachert" wurde. Im Qayyúmu'l-Asmá identifiziert der Báb Baháu'lláh mit dem "wahren Joseph" und sagt die Heimsuchungen voraus, die Er von Seinem heimtückischen Bruder erdulden werde (siehe Erläuterungen 190). Shoghi Effendi zieht eine Parallele zwischen Mirza Muhammad-Alis flammender Eifersucht auf den Vorrang `Abdu'l-Bahás und dem tödlichen Neid "auf die überragenden Vorzüge Josephs, der in den Herzen seiner Brüder entbrannte".

2. "Wir haben den erlesenen Wein mit den Fingern der Macht und Kraft entsiegelt" (¶5)

Der Genuß von Wein und anderen Rauschmitteln ist im Kitáb-i-Aqdas verboten (siehe Erläuterungen 144 und Erläuterungen 170). Im allegorischen Sinn kommt der Genuß von "Wein" als Ursache geistiger Verzückung - nicht nur in der Offenbarung Bahá'u'lláhs, sondern auch in der Bibel, im Quran und in alten Hindu-Überlieferungen vor.

So verheißt der Quran den Gerechten, ihnen werde der "erlesene versiegelte Wein" kredenzt. In Seinen Sendbriefen setzt Bahá'u'lláh diesen "erlesenen Wein" mit Seiner Offenbarung gleich, deren "Moschusduft" über "alles Erschaffene" weht. Er erklärt, daß Er diesen "Wein entsiegelt" und so die bis dahin verborgenen geistigen Wahrheiten enthüllt habe, so daß die, die davon trinken, fähig sind, "das Licht göttlicher Einheit an seinen Strahlen zu erkennen" und "den Sinn und Zweck zu begreifen, der den heiligen Schriften Gottes ... zugrunde liegt".

In einem Gebet bittet Bahá'u'lláh Gott, die Gläubigen mit "dem erlesenen Wein Deiner Gnade" zu versorgen, "damit er sie alles außer Dir vergessen und sich aufmachen läßt, Deiner Sache zu dienen, standhaft in ihrer Liebe zu Dir".

3. "Wir verordnen euch ein Pflichtgebet" (¶6)

Im Arabischen gibt es mehrere Begriffe für `Gebet`; "salát", das hier im Text steht, bezeichnet die Art von Gebeten, die die Gläubigen zu festgesetzten Tageszeiten zu verrichten haben. Um den Unterschied dieser Kategorie von den anderen Gebeten zu kennzeichnen, wurde der Be-griff "salát" mit `Pflichtgebet` übersetzt.

Nach Bahá'u'lláh haben "Pflichtgebet und Fasten vor Gott einen erhabenen Rang" (Fragen und Antworten 93). Abdu'l-Bahá bestätigt, daß diese Gebete "Demut und Ergebenheit fördern" und "den Menschen veranlassen, sein Angesicht Gott zuzuwenden und Ihm seine Verehrung darzubringen": Durch diese Gebete "pflegt der Mensch Gemeinschaft mit Gott, sucht Ihm nahe zu kommen, hält Zwiesprache mit dem wahren Geliebten seines Herzens und erreicht geistige Stufen".

Das in diesem Vers erwähnte Pflichtgebet (siehe Erläuterungen 9) hat Bahá'u'lláh später durch drei neu offenbarte Pflichtgebete ersetzt (Fragen und Antworten 63). Diese drei jetzt gültigen Pflichtgebete sind samt den rituellen Anweisungen unter der Rubrik "Von Bahá'u'lláh ergänzend zum Kitáb-i-Aqdas offenbarte Texte" wiedergegeben.

Eine ganze Reihe der "Fragen und Antworten" behandelt Einzelheiten der drei neuen Pflichtgebete. Bahá'u'lláh stellt klar, daß der Gläubige jeweils eines auswählen kann (Fragen und Antworten 65). Weitere Anweisungen zu den Gebeten sind in Fragen und Antworten 66, Fragen und Antworten 67, Fragen und Antworten 81 und Fragen und Antworten 82 enthalten.

Die Details des Gesetzes über das Pflichtgebet sind unter der Rubrik `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV. A. I.-17., zusammengefaßt.

4. "neun Rak'ah (¶6)"

Ein Rak'ah ist das Rezitieren besonders offenbarter Verse in Verbindung mit einer vorgeschriebenen Folge von Kniebeugungen und anderen Haltungen. Das ursprünglich den Gläubigen vorgeschriebene Pflichtgebet bestand aus neun Rak'ah. Die genaue Art dieses Gebets und die Anweisungen für seine Verrichtung sind unbekannt, da sie verlorengegangen sind (siehe Erläuterungen 9).

In einer Tafel zu den nunmehr bindenden Pflichtgebeten schreibt Abdu'l-Bahá: "Ein jedes Wort und jede Haltung des Pflichtgebets birgt Anspielungen, Geheimnisse und eine Weisheit, die der Mensch nicht begreifen kann und Buchstaben und Schriftrollen nicht zu fassen vermögen."

Nach Shoghi Effendi haben die wenigen einfachen Anleitungen Bahá'u'lláhs für das Rezitieren bestimmter Gebete geistige Bedeutung; darüber hinaus helfen sie dem Menschen, "sich beim Beten und Meditieren voll zu konzentrieren".

5. "am Mittag, am Morgen und am Abend" (¶6)

Zur Bestimmung von `Morgen, Mittag und Abend` als Zeiten, zu denen das jetzt gültige mittlere Pfiichtgebet zu sprechen ist, hat Bahá'u'lláh erklärt, daß dies "Sonnenaufgang, Mittag und Sonnenuntergang" (Fragen und Antworten 83) entspricht: "Die zulässigen Zeiträume für die Pflichtgebete sind vom Morgen bis zum Mittag, vom Mittag bis zum Sonnenuntergang und vom Sonnenuntergang bis zwei Stunden danach". Abdu'l-Bahá erklärt hierzu, daß das morgendliche Pflichtgebet von frühester Dämmerung an gesprochen werden kann.

Die Bestimmung des `Mittags` als der Zeit "vom Mittag bis zum Sonnenuntergang" bezieht sich auf das kurze und das mittlere Pflichtgebet.

6. "Von einer größeren Zahl haben Wir euch befreit" (¶6)

Die beim Pflichtgebet einzuhaltenden Riten waren im Islam und in der Bábí-Religion erheblich anspruchsvoller als bei dem im Kitáb-i-Aqdas vorgeschriebenen, aus neun Rak'ah bestehenden Pflichtgebet (siehe Erläuterungen 4). Im Bayán verfügte der Báb ein Pflichtgebet, das aus neunzehn Rak'ah bestand und einmal in vierundzwanzig Stunden zwischen dem Mittag des einen und dem des nächsten Tages zu verrichten war.

Das muslimische Gebet wird fünfmal am Tag gesprochen: am frühen Morgen, am Mittag, am Nachmittag, am Abend und in der Nacht. Die Zahl der Rak'ah unterscheidet sich nach der Zeit der Verrichtung; insgesamt sind siebzehn Rak'ah im Laufe eines Tages darzubringen.

7. "Wollt ihr dieses Gebet verrichten, so wendet euch dem Hof Meiner hochheiligen Gegenwart zu, diesem geweihten Ort, von ... zum Punkt der Anbetung für die Bewohner der Städte der Ewigkeit bestimmt" (¶6)

Der "Punkt der Anbetung", das heißt, die Richtung, in die sich der Betende beim Pflichtgebet zu wenden hat, wird Qibla genannt. Die Einrichtung der Qibla gab es schon in früheren Religionen. Ehedem war Jerusalem dazu bestimmt worden. Muhammad änderte dies und bestimmte Mekka zur Qibla. Die Anweisung des Báb im Arabischen Bayán lautet: "Die Qibla ist fürwahr Er, den Gott offenbaren wird. Wohin Er sich begibt, dahin folgt sie, bis Er Seine letzte Ruhe findet."

Bahá'u'lláh zitiert diese Stelle im Kitáb-i-Aqdas (k137) und bestätigt sie mit dem oben erwähnten Vers. Die Ausrichtung auf die Qibla bezeichnet Er als "ein bindendes Erfordernis für das Sprechen des Pflichtgebetes" (Fragen und Antworten 14 und Fragen und Antworten 67). Bei anderen Gebeten und Andachten ist der Gläubige frei, sich in jede Richtung zu wenden.

8. "Und wenn die Sonne der Wahrheit und der Rede untergeht, so wendet euer Angesicht dem Orte zu, den Wir euch bestimmt haben." (¶6)

Bahá'u'lláh bestimmte für die Zeit nach Seinem Hinscheiden die Stätte Seiner letzten Ruhe als Qibla. Das Hochheilige Grab ist in Bahjí bei Akká. Abdu'l-Bahá beschreibt diesen Ort als "den leuchtenden Schrein", "den Ort, den die Höchste Schar umkreist".

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erklärt Shoghi Effendi die geistige Bedeutung der Qibla mit dem Gleichnis der Pflanze, die sich der Sonne zuwendet: "Wie die Pflanze dem Sonnenlicht zustrebt, von dem sie Leben und Wachstum empfängt, so wenden wir unsere Herzen beim Gebet der Manifestation Gottes, Bahá'u'lláh, zu ... Wir wenden unser Angesicht dem Orte zu, an dem Sein Staub in dieser Erde ruht, als Symbol für die innere Haltung."

9. "Die Einzelheiten des Pflichtgebets haben Wir auf einer anderen Tafel ausgeführt." (¶8)

Das ursprüngliche Pflichtgebet hatte Bahá'u'lláh "aus Gründen der Weisheit" auf einer besonderen Tafel offenbart (Fragen und Antworten 63), aber zu Seinen Lebzeiten nicht an die Gläubigen gegeben, da es durch die drei heute verwendeten Pflichtgebete ersetzt wurde. Kurz nach Bahá'u'lláhs Hinscheiden wurde der Text dieses Gebetes zusammen mit einigen anderen Tafeln Baháu'lláhs von Muhammad-Ali, dem Erzbundesbrecher, gestohlen.

10. "Totengebet" (¶8)

Das Totengebet (siehe `Von Bahá'u'lláh ergänzend zum Kitáb-i-Aqdas offenbarte Texte`) ist für die Bahá'í das einzige in Gemeinschaft zu sprechende Pflichtgebet. Es ist von einem Gläubigen vorzutragen, während die übrigen Anwesenden schweigend stehen (siehe Erläuterungen 19). Bahá'u'lláh stellte klar, daß das Totengebet nur für erwachsene Verstorbene erforderlich ist (Fragen und Antworten 70), daß es vor der Beisetzung zu sprechen ist und daß dabei die Qibla nicht eingehalten werden muß (Fragen und Antworten 85).

Weitere Einzelheiten zum Totengebet sind in "Inhaltsübersicht und systematische Darstellung", IV.A.13.-14., zusammengefaßt.

11. "Im Totengebet sind von Gott, dem Offenbarer der Verse, sechs besondere Abschnitte herabgesandt." (¶8)

Diese Abschnitte sind Teil des Totengebets. Sie umfassen das sechsmalige Sprechen des Grußes "Allah-u-Abhá" (Gott ist der Allherrliche), wobei nach jeder Wiederholung einer von sechs besonders offenbarten Versen neunzehnmal gesprochen wird. Diese Verse entsprechen denen, die der Báb im Totengebet des Bayán offenbart hat. Baháu'lláh stellte diesen Abschnitten ein Bittgebet voran.

12. "Haar macht euer Gebet nicht ungültig, auch nichts, woraus der Geist gewichen ist, wie Knochen und dergleichen. Es steht euch frei, den Pelz des Zobels zu tragen, auch den des Bibers, des Eichhörnchens und anderer Tiere." (¶9)

In manchen Religionen glaubte man, daß Haare bestimmter Tiere oder bestimmte auf dem Leib getragene Gegenstände das Gebet ungültig machen. Bahá'u'lláh bestätigt hier die Aussage des Báb im Arabischen Bayán, wonach solche Dinge das Gebet in seiner Gültigkeit nicht beeinträchtigen.

13. "Wir haben euch geboten, vom Reifealter an zu beten und zu fasten." (¶10)

Bahá'u'lláh bestimmt das "Reifealter für religiöse Pflich-ten" mit "fünfzehn" für "Mann und Frau" (Fragen und Antworten 20). Einzelheiten zur Fastenzeit siehe Erläuterungen 25.

14. "hat Er jene ausgenommen, die durch Krankheit oder Alter geschwächt sind" (¶10)

Die Befreiung der durch Krankheit oder hohes Alter Geschwächten vom Pflichtgebet und vom Fasten wird in den `Fragen und Antworten` erläutert. Bahá'u'lláh erklärt: "Bei schlechter Gesundheit dürfen diese Pflichten nicht erfüllt werden" (Fragen und Antworten 93). Das Alter läßt Er in diesem Zusammenhang mit "siebzig" beginnen (Fragen und Antworten 74). Auf Anfrage stellte Shoghi Effendi klar, daß befreit ist, wer das siebzigste Lebensjahr vollendet hat, einerlei, ob er schwach ist oder nicht.

Befreiung vom Fasten wird auch anderen Personengruppen gewährt; sie sind in "Inhaltsübersicht und systematische Darstellung", Abschnitt IV.B.5., aufgeführt. Weitere Gesichtspunkte siehe Erläuterungen 20, Erläuterungen 30 und Erläuterungen 31.

15. "Gott stellt euch frei, euch auf jeder Fläche niederzuwerfen, die rein ist. In dieser Hinsicht haben Wir die Beschränkung aufgehoben, die im Buche verzeichnet war" (¶10)

In früheren Religionen waren für Gebete häufig Prostrationen vorgesehen. Im Arabischen Bayán forderte der Báb Seine Anhänger auf, bei Prostrationen die Stirn auf Flächen aus Kristall zu legen. Im Islam gibt es ähnliche Einschränkungen zur Fläche, auf denen sich Muslime niederwerfen dürfen. Bahá'u'lláh hebt solche Beschränkungen auf und läßt "jede Fläche ... die rein ist" genügen.

16. "Wer für die Waschung kein Wasser findet, spreche fünfmal die Worte: "Im Namen Gottes, des Reinsten, des Reinsten"; dann verrichte er sein Gebet" (¶10)

Zur Vorbereitung des Pflichtgebets hat der Gläubige Waschungen zu vollziehen. Sie bestehen im Waschen der Hände und des Gesichtes. Falls kein Wasser vorhanden ist, ist ein besonderer Vers fünfmal zu sprechen. Zu den Waschungen siehe Erläuterungen 34. Vorbilder für Ersatzhandlungen beim Fehlen von Wasser finden sich im Quran und im Arabischen Bayán.

17. "In Gegenden, wo die Tage und Nächte lang werden, sind die Gebetszeiten durch Uhren und andere den Gang der Stunden anzeigende Instrumente zu bestimmen." (¶10)

Dies bezieht sich auf Gebiete im höchsten Norden und im tiefsten Süden, wo Tag- und Nachtlänge erheblich wechseln (Fragen und Antworten 64 und Fragen und Antworten 103). Diese Vorschrift gilt auch für das Fasten.

18. "Wir befreien euch von dem Gebet der Zeichen." (¶11)

Das "Gebet der Zeichen" ist eine Sonderform des muslimischen Pflichtgebets und war bei Naturereignissen wie Erdbeben, Sonnenfinsternissen und dergleichen, die Schrecken verbreiten oder für Zeichen Gottes gehalten werden konnten, geboten. Das Gebot, dieses Gebet zu verrichten, wurde aufgehoben. Statt dessen kann der Gläubige sagen: "Die Größe ist Gottes, des Herrn des Sichtbaren und des Unsichtbaren, des Herrn der Schöpfung", doch ist dies kein bindendes Gebot (Fragen und Antworten 52)

19. "Mit Ausnahme des Totengebets ist das Gemeinschaftsgebet abgeschafft." (¶12)

Ein Gemeinschaftsgebet im Sinn eines formalen, nach einem vorgeschriebenen Ritual zu verrichtenden Pflichtgebets ist zum Beispiel das im Islam von einem Imam angeführte Freitagsgebet in der Moschee. Durch die Bahá'í-Offenbarung wurde dies abgeschafft. Das Totengebet (siehe Erläuterungen 10) ist das einzige im Bahá'í-Gesetz vorgesehene Gemeinschaftsgebet. Es wird von einem der Anwesenden vorgetragen, während die anderen schweigend stehen. Der Vorleser hat keine besondere Stellung. Die Versammlung muß sich nicht der Qibla zuwenden (Fragen und Antworten 85).

Die drei Pflichtgebete sind individuell, nicht in Gemeinschaft, zu verrichten.

Für die Rezitation der vielen anderen Bahá'í-Gebete gibt es kein vorgeschriebenes Ritual. Jeder kann diese Gebete in Versammlungen oder privat verwenden, wie es ihm beliebt. In diesem Zusammenhang erklärt Shoghi Effendi: "Wiewohl es den Gläubigen freigestellt ist, ihren Vorlieben zu folgen ... so sollen sie sich sehr davor hüten, an einer von ihnen gewählten Form zu streng festzuhalten und sie so zu einer festen Einrichtung zu entwickeln. Dies ist ein Punkt, dessen man stets eingedenk sein sollte, damit man nicht vom klaren Pfad abweicht, der durch die Lehre vorgezeichnet ist."

20. "Gott hat die Frau für die Dauer der Monatsregel vom Pflichtgebet und vom Fasten befreit." (¶13)

Befreiung vom Pflichtgebet wird der Frau während der Monatsregel gewährt. Sie soll statt dessen ihre Waschungen verrichten (siehe Erläuterungen 34) und fünfundneunzigmal zwischen dem Mittag eines und des folgenden Tages den Vers "Verherrlicht sei Gott, der Herr des Glanzes und der Schönheit" sprechen. Diese Vorschrift findet sich schon im Arabischen Bayán, wo ein ähnlicher Dispens gewährt wurde.

In manchen Religionen wurde die Frau während ihrer Monatsregel als rituell unrein betrachtet und von den Pflichten des Betens und Fastens ausgeschlossen. Das Konzept der rituellen Unreinheit wurde von Baháu'lláh abgeschafft (siehe Erläuterungen 106).

Das Universale Haus der Gerechtigkeit stellt klar, daß die Vorschriften im Kitáb-i-Aqdas, die von Pflichten befreien, Freistellungen und keine Verbote sind. Jedem Gläubigen steht es deshalb frei, vom Dispens Gebrauch zu machen, wenn er es wünscht. Das Universale Haus der Gerechtigkeit rät jedoch, diese Entscheidung mit Weisheit zu treffen und sich dessen bewußt zu sein, daß Bahá'u'lláh diesen Dispens aus gutem Grunde gewährt hat.

Der gewährte Dispens bezog sich ursprünglich auf das aus neun Rak'ah bestehende Pflichtgebet, gilt jetzt aber für die drei Pflichtgebete, die es ersetzt haben.

21. "Wenn ihr - ob Mann oder Frau - auf einer Reise an einem sicheren Ort rastet, dann werft euch für jedes versäumte Pflichtgebet einmal nieder" (¶14)

Vom Pflichtgebet ist freigestellt, wer sich in einem solchen Zustand der Unsicherheit befindet, daß es nicht möglich ist, das Pflichtgebet zu verrichten. Dieser Dispens gilt auf Reisen wie auch zu Hause und schafft einen Ersatz für Pflichtgebete, die wegen unsicherer Verhältnisse versäumt wurden. Baháu'lláh stellt klar, daß das Pflichtgebet "während der Reise nicht aufgehoben" ist, solange man zu dessen Verrichtung einen "sicheren Ort" finden kann (Fragen und Antworten 58). Fragen und Antworten 21, Fragen und Antworten 58, Fragen und Antworten 59, Fragen und Antworten 60 und Fragen und Antworten 61 erläutern diese Anordnung.

22. "Nach euren Prostrationen setzt euch ... mit gekreuzten Beinen nieder" (¶14)

Der arabische Begriff "haykalu't-tawhíd", hier `mit gekreuzten Beinen` übersetzt, bedeutet "Haltung der Einheit" und bezeichnet traditionell ein Sitzen mit den Beinen über Kreuz.

23. "Sprich: Gott hat Meine verborgene Liebe zum Schlüssel für den verborgenen Schatz gemacht" (¶15)

Es gibt eine bekannte islamische Überlieferung über Gott und Seine Schöpfung: "Ich war ein verborgener Schatz. Ich wünschte erkannt zu werden, also rief Ich die Schöpfung ins Dasein, damit Ich erkannt werde." Bezüge und Anspielungen auf diese Tradition sind in der gesamten Schrift zu finden. So offenbart Bahá'u'lláh in einem Gebet:

"Gelobt sei Dein Name, o Herr mein Gott! Ich bezeuge, daß Du ein verborgener Schatz warst, eingehüllt in Deinem urewigen Sein, und ein unerforschliches Geheimnis, eingeschlossen in Deinem Wesen. Du wünschtest, Dich zu offenbaren; darum schufest Du die Größeren und die Geringeren Welten, Du erwähltest den Menschen vor allen Deinen Geschöpfen und machtest ihn zum Zeichen für beiderlei Welten, o Du, der Du unser Herr bist, der Mitleidvollste!" (GM 38/1)

"Damit Er vor allem Volk Deiner Schöpfung Deinen Thron einnehme, erhobest Du Ihn. Du machtest Ihn fähig, Deine Geheimnisse zu entschleiern, mit dem Lichte Deiner Eingebung und Offenbarung zu strahlen sowie Deine Namen und Attribute kundzutun. Durch Ihn schmücktest Du das Vorwort im Buche Deiner Schöpfung, o Du Herrscher über das Weltall, das Du geschaffen hast!" (GM 38/2)

Desgleichen sagt Er in den Verborgenen Worten:

"O Sohn des Menschen! Ich liebte es, dich zu erschaffen, also erschuf Ich dich. Nun liebe du Mich, damit Ich deinen Namen nenne und deine Seele mit dem Geiste des Lebens erfülle." (VW ar.5)

Abdu'l-Bahá schrieb in Seinem Kommentar zu der oben zitierten Tradition:

"O Wanderer auf dem Pfade des Geliebten! Wisse, daß der eigentliche Zweck dieser heiligen Tradition ist, die Stufen des verborgenen und des offenbaren Gottes in den Verkörperungen der Wahrheit, den Dämmerorten Seines Allherrlichen Wesens, anzudeuten. So besteht die Flamme des unauslöschlichen Feuers, ehe sie entzündet ist und in Erscheinung tritt, durch sich selbst in sich selbst in der verborgenen Identität der universellen Manifestationen, und dies ist die Stufe des `Verborgenen Schatzes`. Und wenn der Gesegnete Baum durch sich selbst in sich selbst entzündet wird und das Göttliche Feuer durch sein eigenes Wesen in seinem eigenen Wesen brennt, so ist dies die Stufe des `Ich wünschte erkannt zu werden`. Und wenn es vom Horizont des Universums mit unendlichen Namen und Attributen auf die Reiche der Möglichkeit und der Raumlosigkeit strahlt, so tritt eine neue, wundersame Schöpfung in Erscheinung, die der Stufe des `Also rief Ich die Schöpfung ins Dasein` entspricht. Und wenn die geheiligten Seelen die Schleier irdischer Verhaftung und weltlicher Bedingtheit zerreißen und zur Stufe des Schauens auf die Schönheit der Göttlichen Gegenwart eilen und die Ehre erlangen, die Manifestation zu erkennen, und fähig werden, den Strahlenglanz von Gottes Größtem Zeichen in ihren Herzen wahrzunehmen, dann wird der Zweck der Schöpfung offenbar werden, der in der Erkenntnis dessen besteht, der die Ewige Wahrheit ist."

24. "O Feder des Höchsten!" (¶16)

`Feder des Höchsten`, `Höchste Feder` und `Erhabenste Feder` sind Hinweise auf Bahá'u'lláh und veranschaulichen Seine Aufgabe als Offenbarer des Wortes Gottes.

25. "Wir haben euch für eine kurze Zeit das Fasten geboten" (¶16)

Fasten und Pflichtgebet sind die beiden Pfeiler des offenbarten göttlichen Gesetzes. Bahá'u'lláh sagt auf einer Tafel, Er habe die Gesetze über das Pflichtgebet und das Fasten offenbart, damit die Gläubigen Gott nahekommen. Shoghi Effendi weist darauf hin, daß die Fastenzeit mit der vollständigen Enthaltung von Speise und Trank zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang "im wesentlichen eine Zeit der Meditation und des Gebetes, der geistigen Erneuerung ist, während der der Gläubige sich bemühen soll, sein inneres Leben wieder zu ordnen und die in seiner Seele ruhenden geistigen Kräfte zu erfrischen und zu stärken. Der Sinn und Zweck des Fastens ist geistiger Natur. Fasten ist ein Symbol, eine Mahnung, sich selbstischer und fleischlicher Wünsche zu enthalten."

Das Fasten ist allen Gläubigen geboten, von der Vollendung des 15. Lebensjahres bis zum Alter von 70 Jahren.

Eine Zusammenfassung der Details des Fastengesetzes und der Personengruppen, denen Befreiung gewährt wird, findet sich in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.B.1.-6. Auf die Freistellungen gehen die Erläuterungen 14, Erläuterungen 20, Erläuterungen 30 und Erläuterungen 31 ein.

Die neunzehntägige Fastenzeit fällt auf den Monat Alá, normalerweise vom 2. bis 20. Mirza unmittelbar nach den Schalttagen (siehe Erläuterungen 27 und Erläuterungen 147). Ihr folgt das Naw-Rúz-Fest (siehe Erläuterungen 26).

26. "und euch an dessen Ende Naw-Rúz als Fest bestimmt" (¶16)

Der Báb hat einen neuen Kalender, heute bekannt als Badí- oder Bahá'í-Kalender, eingeführt (siehe Erläuterungen 27 und Erläuterungen 147). Danach ist ein Tag der Zeitraum zwischen zwei Sonnenuntergängen. Im Bayán bestimmte der Báb den Monat Alá als Fastenmonat und das Naw-Rúz-Fest als sein Ende; Naw-Rúz bezeichnete Er als den Tag Gottes. Bahá'u'lláh bestätigt den Badí-Kalender, in dem Naw-Rúz als Fest bestimmt ist.

Naw-Rúz ist der erste Tag des Jahres und fällt auf die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche der nördlichen Halbkugel, die normalerweise am 21. März stattfindet. Nach Bahá'u'lláh ist das Fest an dem Tag zu feiern, an dem die Sonne in das Zeichen des Widders eintritt (was der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche entspricht), selbst wenn dies nur eine Minute vor Sonnenuntergang geschieht (Fragen und Antworten 35). Naw-Rúz kann demnach auf den 20., 21. oder 22. März fallen.

Bahá'u'lláh hat die Detailregelung vieler Gesetze dem Universalen Haus der Gerechtigkeit überlassen. Dazu gehören auch Fragen zum Bahá'í-Kalender. Der Hüter hat darauf hingewiesen, daß bei der weltweiten Einführung des Gesetzes zur Festlegung von Naw-Rúz ein bestimmter Ort ausgewählt werden muß, der als Meßpunkt für die Feststellung der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche dient. Auch die Wahl dieses Ortes ist nach Shoghi Effendi dem Universalen Haus der Gerechtigkeit überlassen.

27. "Legt des Jahres überzählige Tage vor den Fastenmonat" (¶16)

Der Badí-Kalender beruht auf dem Sonnenjahr von 365 Tagen, 5 Stunden und etwa 50 Minuten. Das Jahr besteht aus 19 Monaten zu je 19 Tagen, zusammen 361 Tage, dazu vier zusätzliche Tage (in Schaltjahren fünf). Der Báb hat den Platz dieser Schalttage im neuen Kalender nicht ausdrücklich bestimmt. Der Kitáb-i-Aqdas löst diese Frage, indem er den "überzähligen" Tagen einen festen Platz im Kalender unmittelbar vor dem Fastenmonat Alá zuweist. Weitere Einzelheiten finden sich in den Abschnitten zum Bahá'í-Kalender, `The Bahái World` Bd.20, Haifa 1998.

28. "Wir bestimmten, daß diese ... die Offenbarungen des Buchstabens Há seien" (¶16)

Bekannt als die Ayyám-i-Há (die Tage des Há) sind die Schalttage durch ihre Verbindung mit "dem Buchstaben Há" ausgezeichnet. Der Abjad-Zahlenwert dieses arabischen Buchstabens ist fünf, was der höchstmöglichen Zahl eingeschobener Tage entspricht. Der Buchstabe "Há" hat in den heiligen Schriften verschiedene geistige Bedeutungen, darunter die eines Sinnbilds für das Wesen Gottes.

29. "diese Tage des Gebens, die der Zeit der Enthaltsamkeit vorangehen" (¶16)

Baháu'llah befiehlt den Gläubigen, diese Tage für Feste, Frohsinn und gute Werke zu verwenden. In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief legt Shoghi Effendi dar, daß "die Schalttage besonderer Anlaß für Gastlichkeit, Geschenke und dergleichen sein sollen".

30. "Reisende ... sind nicht an das Fasten gebunden" (¶16)

Die Mindestdauer einer Reise, die den Gläubigen vom Fasten befreit, hat Bahá'u'lláh festgelegt (Fragen und Antworten 22 und Fragen und Antworten 75). Einzelheiten dazu sind in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV. B.5.a.1.-v., zusammengefaßt. Shoghi Effendi stellt klar, daß Reisende vom Fasten befreit sind, aber fasten können, wenn sie dies wünschen. Die Befreiung gilt während der ganzen Reisezeit, nicht nur während der Stunden im Zug, im Kraftwagen usw.

31. "Reisende, Kranke und jene, die schwanger sind oder stillen, sind nicht an das Fasten gebunden. Sie sind von Gott zum Zeichen Seiner Gnade davon befreit." (¶16)

Vom Fasten ist befreit, wer krank oder betagt ist (siehe Erläuterungen 14), ferner Frauen für die Dauer der Monatsregel (siehe Erläuterungen 20), Reisende (siehe Erläuterungen 30), Schwangere und Stillende. Der Dispens ist auch denjenigen gewährt, die harte Arbeit zu verrichten haben. Sie werden gleichzeitig angehalten, "dem Gesetz Gottes und der erhabenen Stufe des Fastens Achtung zu zollen", indem sie "sich mit einem bescheidenen, nicht öffentlich eingenommenen Mahl" begnügen (Fragen und Antworten 76). Nach Shoghi Effendi wird das Universale Haus der Gerechtigkeit bestimmen, welche Arbeiten unter den Dispens vom Fasten fallen.

32. "Enthaltet euch der Speise und des Tranks von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang" (¶17)

Dies bezieht sich auf die Zeit des Fastens. In einem Brief führt Abdu'l-Bahá aus, daß Fasten in der Enthaltung von Speise und Trank besteht und daß auch das Rauchen eine Art von "Trinken" ist. Im Arabischen bezeichnet dasselbe Verbum sowohl trinken als auch rauchen.

33. "Jedem, der an ... glaubt, ist geboten ... täglich ... fünfundneunzigmal `Allá'u-Abhá` zu sprechen." (¶18)

Das arabische "Alláh-u-Abhá" bedeutet `Gott, der Allherrliche`. Es ist eine Form des Größten Namens Gottes (siehe Erläuterungen 137). Im Islam gibt es die Tradition, daß unter den vielen Namen Gottes einer der größte sei, doch sei er verborgen. Bahá'u'lláh bestätigt, daß dieser Größte Name "Bahá" ist.

Die verschiedenen Ableitungen des Wortes "Bahá" werden ebenfalls als der Größte Name betrachtet. Im Auftrag Shoghi Effendis erläutert sein Sekretär: "Der Größte Name ist der Name Bahá'u'lláhs. `Yá Baháu'l-Abhá ist eine Invokation und bedeutet: `O Du Herrlichkeit der Herrlichkeiten`. `Alláh-u-Abhá` ist ein Gruß, der bedeutet: `Gott der Allherrliche`. Beides bezieht sich auf Bahá'u'lláh. Mit dem Größten Namen ist gemeint, daß Bahá'u'lláh im Größten Namen Gottes erschienen ist, mit anderen Worten, daß Er die ranghöchste Manifestation Gottes ist."

Der Gruß "Alláh-u-Abhá" wurde während der Verbannung Baháu'lláhs nach Adrianopel eingeführt. Dem fünfundneunzigmaligen Sprechen der Formel "Alláh-u-Abhá " haben die Waschungen vorauszugehen (siehe Erläuterungen 34).

34. "Verrichtet ... die Waschungen für das Pflichtgebet" (¶18)

Waschungen sind Bestandteil bestimmter Gebete. Sie müssen der Verrichtung der drei Pflichtgebete, dem täglichen fünfundheunzigmaligen Sprechen der Formel "Alláh-u-Abhá" und der Rezitation des Verses, welcher der Frau in ihrer Monatsregel anstelle des Pflichtgebets und des Fastens vorgeschrieben ist, vorangehen (siehe Erläuterungen 20).

Die vorgeschriebenen Waschungen bestehen aus dem Waschen der Hände und des Gesichts zur Vorbereitung des Gebets. Beim mittleren Pflichtgebet ist dies von der Rezitation bestimmter Verse begleitet (siehe `Von Bahá'u'lláh ergänzend zum Kitáb-i-Aqdas offenbarte Texte`). Daß Waschungen eine Bedeutung haben, die über die Reinigung hinausgehen, läßt sich daraus ersehen, daß sie auch dann zu verrichten sind, wenn man unmittelbar vor dem Pflichtgebet gebadet hat (Fragen und Antworten 18).

Ist kein Wasser für die Waschungen vorhanden, so hat man fünfmal einen vorgeschriebenen Vers zu sagen (siehe Erläuterungen 16); dies gilt auch für diejenigen, für die der Gebrauch von Wasser schädlich ist (Fragen und Antworten 51). Im einzelnen sind die Bestimmungen des Gesetzes über Waschungen in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.A.,10.a.-g., aufgeführt, ebenso in Fragen und Antworten 51, Fragen und Antworten 62, Fragen und Antworten 66, Fragen und Antworten 77 und Fragen und Antworten 86.

35. "Mord und Totschlag ... sind euch verboten." (¶19)

Das Verbot, einem anderen das Leben zu nehmen, wiederholt Bahá'u'lláh in Vers 62 des Kitáb-i-Aqdas, wo Er auch die Strafen für die vorsätzliche Tötung verordnet (siehe Erläuterungen 86), und in Vers 73. Bei fahrlässiger Tötung ist ein Sühnegeld an die Familie des Verstorbenen zu zahlen (siehe Kitáb-i-Aqdas 188).

36. "der uneheliche Beischlaf" (¶19)

Das arabische "ziná" (im englischen Text mit `adultery` übersetzt) bedeutet den unehelichen Beischlaf, insbesondere auch den Ehebruch. Es bezeichnet also nicht nur geschlechtliche Beziehungen zwischen einer verheirateten Person und jemandem, der nicht ihr Ehepartner ist, sondern ganz allgemein den außerehelichen Geschlechtsverkehr. Eine Form von "ziná" ist die Vergewaltigung. Die einzige von Bahá'u'lláh vorgesehene Strafe betrifft den Beischlaf zwischen Unvermählten (siehe Erläuterungen 77); die Festsetzung von Strafen für andere geschlechtliche Vergehen liegt in der Kompetenz des Universalen Hauses der Gerechtigkeit.

37. "üble Nachrede und Verleumdung" (¶19)

Die üble Nachrede, die Verleumdung und das Verweilen bei den Fehlern anderer hat Bahá'u'lláh mehrfach verurteilt. In den Verborgenen Worten sagt Er unmißverständlich: "0 Sohn des Seins! Wie konntest du deine eigenen Fehler vergessen und dich mit den Fehlern der anderen befassen? Wer dies tut, ist von Mir verworfen", und: "O Sohn des Menschen! Sprich nicht über die Sünden anderer, solange du selbst ein Sünder bist. So du dieses Gebot übertrittst, bist du verworfen - dies bezeuge Ich dir." Diese strenge Ermahnung wiederholt Er in Seinem letzten Werk, Seinem Buch des Bundes: "Wahrlich, Ich sage: Die Zunge ist dazu da, vom Guten zu sprechen; befleckt sie nicht mit übler Rede. Gott hat vergeben, was vergangen ist. Von nun an sage jeder, was sich schickt, und enthalte sich der üblen Nachrede, der Schmähung und all dessen, was andere Menschen betrübt."

38. "Wir haben die Erbschaft in sieben Kategorien eingeteilt" (¶20)

Das Bahá'í-Erbrecht gilt nur im Intestatsfalle, wenn also jemand stirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen. Im Kitáb-i-Aqdas (109) weist Bahá'u'lláh den Gläubigen an, ein Testament zu machen. An anderer Stelle betont Er, daß der Gläubige die volle Verfügungsgewalt über sein Vermögen hat, daß er frei ist, in seinem Testament zu verfügen, wie sein Vermögen verteilt werden soll, und seine Erben, Bahá'í oder Nicht-Bahá'í, zu bestimmen (Fragen und Antworten 69). In diesem Zusammenhang sagt Shoghi Effendi in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief:

"Wenn der Bahá'í in seinem Testament auch frei über sein Vermögen verfügen kann, so ist er moralisch durch sein Gewissen verpflichtet, bei der Abfassung des Testaments stets des Prinzips Bahá'u'lláhs eingedenk zu sein, wonach Reichtum sozialpflichtig ist und zu hohe Vermögenskonzentrationen in den Händen einzelner oder kleiner Gruppen zu vermeiden sind."

Der angeführte Aqdas-Vers leitet einen längeren Abschnitt ein, in dem Bahá'u'lláh das Bahá'í-Erbrecht verfügt. Dabei sollte man sehen, daß das Gesetz davon ausgeht, daß der Verstorbene ein Mann ist, doch daß mutatis mutandis die Bestimmungen auch anwendbar sind, wenn eine Frau verstorben ist.

Das Erbsystem, das die Verteilung des Erbguts auf sieben Erbkategorien (Kinder, Ehegatte, Vater, Mutter, Brüder, Schwestern und Lehrer) vorsieht, geht auf Bestimmungen des Báb im Bayán zurück. Die Grundzüge des Bahá'í-Erbrechts im Intestatsfall sind:

Ist der Verstorbene der Vater und enthält sein Vermögen ein Wohnhaus, so fällt dieses an den ältesten Sohn (Fragen und Antworten 34).

2. Hat der Verstorbene keine männlichen Nachkommen, so fallen zwei Drittel des Wohnhauses an die weiblichen Nachkommen, das verbleibende Drittel an das Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 41, Fragen und Antworten 72). Zu den verschiedenen Ebenen der Institution des Hauses der Gerechtigkeit, auf die sich dieses Gesetz bezieht, vgl. Erläuterungen 42; siehe auch Erläuterungen 44. 3. Das restliche Vermögen wird unter den sieben Erbkategorien verteilt. Zu den Einzelheiten der auf jede Gruppe entfallenden Anteile siehe `Fragen und Antworten` Nr. 5, und `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.C.3.a.

4. Gibt es in einer Kategorie mehrere Erben, so ist deren Anteil auf Männer wie Frauen gleichmäßig zu verteilen.

5. Sind keine Nachkommen vorhanden, so fällt der Anteil der Kinder an das Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 7, Fragen und Antworten 41).

6. Hinterläßt der Verstorbene Nachkommen, fehlen aber die anderen Erbkategorien ganz oder teilweise, so fallen von deren Anteil zwei Drittel an die Nachkommen und ein Drittel an das Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 7).

7. Ist von den aufgeführten Erbkategorien niemand vorhanden, so fallen zwei Drittel des Vermögens an die Neffen und Nichten des Verstorbenen. Sind keine vorhanden, so fallen diese Anteile an die Tanten und Onkel; und, so solche nicht vorhanden sind, an deren Söhne und Töchter. In jedem Fall fällt das verbleibende Drittel an das Haus der Gerechtigkeit.

8. Hinterläßt der Verstorbene keinen der vorerwähnten Erben, so fällt der gesamte Nachlaß an das Haus der Gerechtigkeit.

9. Bahá'u'lláh bestimmt, daß Personen, die nicht Bahá'í sind, ihre Bahá'í-Eltern oder -Verwandten nicht beerben (Fragen und Antworten 34). In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief weist Shoghi Effendi jedoch darauf hin, daß diese Einschränkung "nur für den Fall" gilt, "daß ein Bahá'í stirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen, so daß sein Nachlaß gemäß den Bestimmungen des Aqdas aufzuteilen ist. Im übrigen kann ein Bahá'í über seinen Nachlaß frei verfügen ohne Rücksicht auf die Religionszugehörigkeit des Bedachten, sofern er ein Testament hinterläßt, in welchem er seinen Willen verfügt." Bahá'í haben demnach immer die Möglichkeit, für ihren Ehepartner, für Kinder und Verwandte, die keine Bahá'í sind, dadurch zu sorgen, daß sie ein Testament errichten.

Weitere Einzelheiten des Erbrechts sind in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.C.3.a.-o. zusammengefaßt.

39. "den Brüdern fünf Teile ... den Schwestern vier Teile" (¶20)

Die "Fragen und Antworten" vertiefen die Bestimmungen des Gesetzes hinsichtlich der Erbanteile der Brüder und Schwestern des Verstorbenen. Stammt der Bruder oder die Schwester vom selben Vater ab, so erhalten sie den vollen Anteil. Hat der Bruder oder die Schwester jedoch einen anderen Vater, so erben sie nur zwei Drittel des Anteils, während das letzte Drittel dem Haus der Gerechtigkeit zufällt (Fragen und Antworten 6). Hat der Verstorbene Brüder und Schwestern, so erben Halbbrüder und Halbschwestern mütterlicherseits nichts (Fragen und Antworten 53). Diese Halbbrüder und Halbschwestern erben natürlich aus dem Nachlaß ihres eigenen Vaters.

40. "den Lehrern" (¶20)

In einem Brief vergleicht Abdu'l-Bahá den Lehrer, der an der geistigen Erziehung des Kindes beteiligt ist, mit dem "geistigen Vater", der "das Kind mit dem ewigen Leben beschenkt". "Darum", erklärt Er, "werden nach dem Gesetz Gottes die Lehrer unter den Erben aufgeführt." Bahá'u'lláh nennt die Voraussetzungen, unter denen der Lehrer erbt, und die Höhe seines Erbteils (Fragen und Antworten 33).

41. "Als Wir das Klagen der noch ungeborenen Kinder vernahmen, verdoppelten Wir ihr Teil und verminderten die Teile der übrigen." (¶20)

Im Erbgesetz des Báb waren den Kindern des Verstorbenen neun Teile mit 540 Anteilen zuerkannt, weniger als ein Viertel des Nachlasses. Bahá'u'lláh verdoppelte ihren Erbteil auf 1080 Anteile und verminderte die der anderen sechs Erbkategorien entsprechend. Er umreißt den Sinn und Zweck dieses Verses und die Folgen für die Erbaufteilung (Fragen und Antworten 5).

42. "an das Haus der Gerechtigkeit" (¶21)

Wenn Bahá'u'lláh sich im Kitáb-i-Aqdas auf das "Haus der Gerechtigkeit" bezieht, unterscheidet Er nicht immer ausdrücklich zwischen dem Universalen und dem örtlichen Haus der Gerechtigkeit, die beide in diesem Buch eingesetzt werden. Meistens spricht Er einfach vom "Haus der Gerechtigkeit" und überläßt die Bestimmung der Ebene, auf die sich das jeweilige Gesetz bezieht, der späteren Klärung. Abdu'l-Bahá führt die Einkünfte des örtlichen Fiskus in einem Sendschreiben auf und nennt dabei Erbschaften, für die keine Erben da sind. Damit bringt Er zum Ausdruck, daß es sich bei den Aqdas-Textstellen über Erbschaften um das örtliche Haus der Gerechtigkeit handelt.

43. "Hinterläßt der Verstorbene Nachkommen, aber keine Erben der übrigen im Buch genannten Kategorien" (¶22)

Bahá'u'lláh stellt hierzu klar: "Diese Regelung gilt allgemein und im besonderen Fall, das heißt, wann immer eine dieser nachgeordneten Kategorien ausfällt, gehen zwei Drittel ihres Anteils an die Nachkommen, das restliche Drittel an das Haus der Gerechtigkeit." (Fragen und Antworten 7)

44. "Das Wohnhaus und die persönliche Kleidung des Verstorbenen weisen Wir der männlichen, nicht der weiblichen Nachkommenschaft zu, und nicht den anderen Erben." (¶25)

In einem Brief führt Abdu'l-Bahá aus, daß das Wohnhaus und die persönliche Kleidung eines Verstorbenen in der männlichen Linie verbleiben. Sie gehen auf den ältesten Sohn über, so er nicht mehr lebt, auf den zweitältesten Sohn und so weiter. Nach Abdu'l-Bahá ist diese Vorschrift Ausdruck des Erstgeburtsrechtes, das vom Gesetz Gottes unverändert beibehalten wird. In einem Brief an einen persischen Gläubigen schreibt Er: "In allen göttlichen Sendungen ist dem ältesten Sohn eine außerordentliche Auszeichnung zuteil geworden. Sogar die Stufe der Prophetenschaft war das Recht der Erstgeburt." Mit dieser Auszeichnung des ältesten Sohnes gehen indes auch entsprechende Pflichten einher. So ist er moralisch verantwortlich, Gott zuliebe für seine Mutter zu sorgen und sich um die Bedürfnisse der anderen Erben zu kümmern.

Bahá'u'lláh klärt verschiedene Probleme, die sich in diesem Teil des Erbrechts ergeben: Sind mehrere Wohnhäuser vorhanden, so geht das Hauptwohnhaus an den männlichen Nachkommen. Die verbleibenden Wohnhäuser sind mit dem übrigen Vermögen des Verstorbenen unter den Erben aufzuteilen (Fragen und Antworten 34). Ist kein männlicher Nachkomme vorhanden, so gehen zwei Drittel des Hauptwohnhauses und die persönliche Kleidung an die weiblichen Nachkommen, ein Drittel an das Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 72). Ist eine Frau verstorben, so sind ihre gebrauchten Kleider gleichmäßig unter ihren Töchtern zu verteilen. Ihre ungetragenen Kleider, ihr Schmuck und sonstiges Eigentum ist unter den Erben aufzuteilen, desgleichen ihre gebrauchten Kleider, wenn sie keine Tochter hinterläßt (Fragen und Antworten 37).

45. "Ist der Sohn des Verstorbenen zu Lebzeiten des Vaters verschieden und hat er Kinder hinterlassen, so erben diese den Anteil ihres Vaters" (¶26)

Diese Rechtsbestimmung greift nur dann Platz, wenn der Sohn vor dem Vater oder der Mutter verstorben ist. Ist die Tochter des Verstorbenen bereits verschieden und hat sie Nachkommen hinterlassen, so ist ihr Erbteil unter den sieben im Heiligsten Buch genannten Erbkategorien aufzuteilen (Fragen und Antworten 54).

46. "Hinterläßt der Verstorbene minderährige Kinder, so ist deren Erbteil einer vertrauenswürdigen Person ... anzuvertrauen" (¶27)

Das Wort "amin", in diesem Absatz mit `vertrauenswürdige Person` und `Treuhänder` übersetzt, vermittelt im Arabischen eine große Bandbreite von Bedeutungen, die grundlegend mit der Idee der Vertrauenswürdigkeit verbunden sind, aber auch Tugenden wie Verläßlichkeit, Treue, Glaubwürdigkeit, Aufrichtigkeit, Ehrbarkeit und so weiter umfassen. In der Rechtssprache bezeichnet "amin" unter anderem einen Treuhänder, Bürgen, Vormund, Wächter und Aufseher.

47. "Das Vermögen ist erst dann aufzuteilen, wenn die Huqúqu'lláh bezahlt, die Schulden getilgt, die Bestattungskosten beglichen ... sind" (¶28)

Baháu'lláh legt hier die Rangfolge der Nachlaßverbindlichkeiten fest: als erstes sind die Kosten der Totenfeier und der Beerdigung zu begleichen, dann die Schulden des Verstorbenen, schließlich die Huqúqu'lláh (siehe Erläuterungen 125 und Fragen und Antworten 9). Er legt fest, daß die Zahlung zunächst aus dem restlichen Nachlaß und, so dieser nicht ausreicht, aus dem Wohnhaus und der Kleidung des Verstorbenen zu entrichten ist (Fragen und Antworten 80).

48. "Dies ist das verborgene Wissen, das sich niemals wandelt, da sein Anbeginn bei Neun ist" (¶29)

Im Arabischen Bayán beschreibt der Báb Sein Erbgesetz als "in Übereinstimmung mit einem verborgenen Wissen im Buche Gottes - ein Wissen, das sich niemals wandelt und an dessen Stelle kein anderes Wissen tritt". Er erklärt, daß die Zahlen für die Erbaufteilung eine Bedeutung haben, die es erleichtern soll, Ihn, den Gott offenbaren wird, zu erkennen.

Für die hier angeführte "Neun" steht im Arabischen der Buchstabe "Tá ", ihre Entsprechung nach dem Abjad-System (siehe Glossar). Die Neun ist das Grundelement in der Erbaufteilung des Báb, wobei Er "neun Teile" für die Kinder bestimmt. Die Bedeutung der Neun liegt in ihrer Eigenschaft als Zahlenwert des Größten Namens "Bahá", auf den der folgende Vers als "das Verborgene und Offenbare hinweist, auf den unverletzlichen, unerreichbar erhabenen Namen" (siehe auch Erläuterungen 33).

49. "Der Herr hat befohlen, daß in jeder Stadt ein Haus der Gerechtigkeit errichtet werde" (¶30)

Die Institution des Hauses der Gerechtigkeit besteht aus gewählten Räten, die auf der örtlichen, nationalen und internationalen Ebene tätig sind. Bahá'u'lláh verfügte im Kitáb-i-Aqdas sowohl das Universale Haus der Gerechtigkeit als auch die örtlichen Häuser der Gerechtigkeit. Abdu'l-Bahá bestimmte in Seinem Testament das nachgeordnete (nationale oder regionale) Haus der Gerechtigkeit und das Verfahren für die Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit.

Der angeführte Vers bezieht sich auf das örtliche Haus der Gerechtigkeit als eine Institution, die an allen Orten, wo mindestens neun volljährige Bahá'í wohnen, zu wählen ist. Das Alter der Volljährigkeit hat der Hüter für diesen Zweck vorläufig auf 21 Jahre festgelegt und bemerkt, daß es vom Universalen Haus der Gerechtigkeit in Zukunft anders geregelt werden könne.

Die örtlichen und nachgeordneten Häuser der Gerechtigkeit werden heute noch als örtliche und Nationale Geistige Räte bezeichnet. Shoghi Effendi nannte dies eine "vorläufige Bezeichnung", die "... in dem Maße, wie die Stellung und die Ziele des Bahá'í-Glaubens besser verstanden und umfassender erkannt werden, nach und nach durch die endgültige, passendere Bezeichnung `Häuser der Gerechtigkeit` ersetzt wird. Die heutigen Geistigen Räte werden in Zukunft nicht nur anders benannt werden, sie werden auch über ihre heutigen Aufgaben hinaus über diejenigen Gewalten, Pflichten und Hoheitsrechte verfügen, welche sich aus der Anerkennung des Glaubens Bahá'u'lláhs als eines der anerkannten religiösen Systeme der Welt und als die Staatsreligion einer unabhängigen, souveränen Macht ergeben."

50. "nach der Zahl Bahá" (¶30)

Der Abjad-Zahlenwert von "Bahá" ist neun. Das Universale Haus der Gerechtigkeit sowie die nationalen und örtlichen Geistigen Räte haben heute jeweils neun Mitglieder, die von Bahá'u'lláh vorgeschriebene Mindestzahl.

51. "Sie sollen die Treuhänder des Allbarmherzigen unter den Menschen sein" (¶30)

Die allgemeinen Gewalten und Funktionen des Universalen Hauses der Gerechtigkeit und der nationalen und örtlichen Geistigen Räte sowie die Anforderungen, die an die Mitgliedschaft in diesen Gremien gestellt werden, sind im Schrifttum Bahá'u'lláhs und Abdu'l-Bahás, in den Briefen Shoghi Effendis und den Erläuterungen des Universalen Hauses der Gerechtigkeit dargestellt. Die wesentlichen Funktionen und Aufgaben dieser Institutionen ergeben sich aus der Verfassung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit und aus den Satzungen der nationalen und örtlichen Geistigen Räte.

52. "miteinander beraten" (¶30)

Die Beratung hat Bahá'u'lláh zu einem fundamentalen Grundsatz Seines Glaubens gemacht und die Gläubigen ermahnt: "Haltet Rat miteinander in allen Angelegenheiten." Er nennt die Beratung "die Lampe der Führung, die den Weg weist", und "die Quelle des Verstehens". Nach Shoghi Effendi ist "das Prinzip der Beratung eines der grundlegenden Gesetze" der Gemeindeordnung der Bahá'í.

In `Fragen und Antworten` 99 entwirft Bahá'u'lláh eine Methode der Beratung und betont dabei die Wichtigkeit, zu einem einstimmigen Beschluß zu kommen. Die Mehrheitsentscheidung gilt, wenn Einstimmigkeit nicht zu erzielen ist. Wie das Universale Haus der Gerechtigkeit klarstellt, wurde diese Anleitung zum Thema Beratung offenbart, bevor es Geistige Räte gab, und zwar als Antwort auf eine Anfrage zur Bahá'í-Lehre über die Beratung. Das Haus der Gerechtigkeit betont, daß die Freunde sich jederzeit hilfesuchend an die Geistigen Räte wenden können, daß deren Existenz sie jedoch keineswegs daran hindere, das in den `Fragen und Antworten` dargestellte Verfahren anzuwenden, wie etwa bei Beratungen persönlicher Probleme, wenn die Freunde dies wünschen.

53. "Bauet Andachtshäuser in allen Landen" (¶31)

Das Andachtshaus der Bahá'í ist dem Lobpreis Gottes geweiht. Es bildet das Zentralgebäude des Mashriqu'l-Adhkars (`Aufgangsort des Lobpreises Gottes`), eines Gebäudekomplexes, der im Laufe der künftigen Entfaltung außer dem Haus der Andacht eine Reihe von Baulichkeiten für soziale, humanitäre, erzieherische und wissenschaftliche Zwecke umfassen wird. Abdu'l-Bahá beschreibt den Mashriqu'l-Adhkár als "eine der wichtigsten Institutionen der Welt", und Shoghi Effendi erläutert, er sei der greifbare Ausdruck einer Verbindung von "Bahá'í-Andacht und -Dienstbarkeit". Im Blick auf die künftige Entwicklung dieser Institution sagt Shoghi Effendi, daß das Andachtshaus und seine Nebengebäude "den Leidenden Linderung, den Armen Unterhalt, den Reisenden Zuflucht, den Hinterbliebenen Trost und den Unwissenden Erziehung gewähren sollen". In der Zukunft werden diese Andachtshäuser in jeder Stadt und jedem Dorf errichtet werden.

54. "Der Herr hat geboten, daß wer dazu fähig ist, die Pilgerfahrt zum heiligen Hause unternimmt." (¶32)

Dieses Gebot umfaßt zwei heilige Häuser: das Haus des Báb in Shíráz und das Haus Baháu'llahs in Baghdád. Wie Bahá'u'lláh erläutert, erfüllt die Pilgerfahrt zu einem der beiden Häuser das Erfordernis dieses Verses (Fragen und Antworten 25, Fragen und Antworten 29). In zwei besonderen Tafeln, bekannt als die "Súriy-i-Hajj" (Fragen und Antworten 10) schreibt Baháu'lláh für jede dieser Pilgerfahrten besondere Riten vor. Eine Pilgerfahrt ist also mehr als der bloße Besuch dieser Häuser.

Nach Baháu'lláhs Hinscheiden bestimmte Abdu'l-Bahá den Schrein Baháu'lláhs in Bahjí als Pilgerziel. In einem Brief weist Er darauf hin, daß "der Heiligste Schrein, das gesegnete Haus in Baghdád und das ehrwürdige Haus in Shíráz", der "Pilgerfahrt geweiht" seien und daß man "verpflichtet" sei, diese Orte zu besuchen, "sofern man es sich leisten kann und dazu in der Lage ist und sonst kein Hindernis besteht". Für die Pilgerfahrt zum Heiligsten Schrein sind keine Riten vorgeschrieben.

55. "Davon hat Er, als Ausdruck Seiner Gnade, die Frau befreit" (¶32)

Im Bayán befiehlt der Báb den Gläubigen, die es sich finanziell leisten können, einmal in ihrem Leben die Pilgerfahrt zu unternehmen. Er erklärt, daß diese Pflicht für die Frau nicht bindend sei, um ihr die Strapazen der Reise zu ersparen. Auch Bahá'u'lláh nimmt die Frau von Seinem Gebot der Pilgerfahrt aus. Wie das Universale Haus der Gerechtigkeit klarstellt, bedeutet diese Ausnahme kein Verbot; Frauen steht es frei, auf Pilgerfahrt zu gehen.

56. "einer Arbeit nachzugehen" (¶33)

Mann und Frau haben die Pflicht, sich in einem Gewerbe oder Beruf zu betätigen. Bahá'u'lláh erhebt die "Arbeit in den Rang der Anbetung ... Gottes". In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erklärt Shoghi Effendi die geistige und praktische Bedeutung dieses Gesetzes sowie die gegenseitige Verantwortung des einzelnen und der Gesellschaft für seine Umsetzung:

"Was Bahá'u'lláhs Gebot anbelangt, wonach die Gläubigen einem Beruf nachgehen sollen, so ist die Lehre in dieser Beziehung ganz eindeutig. Besonders die Aussage im Aqdas bringt klar zum Ausdruck, daß für träge Menschen, die nicht arbeiten wollen, in der neuen Weltordnung kein Platz ist. Die logische Konsequenz dieses Prinzips ist Bahá'u'lláhs Forderung, die Bettelei nicht nur zu erschweren, sondern sie völlig aus der Gesellschaft zu verbannen. Es ist die Pflicht der politisch Verantwortlichen, jedem eine Ausbildung und berufliche Nutzung seiner Fähigkeiten zu ermöglichen - aus Prinzip, aber auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Jeder, auch wenn er beschränkt oder behindert ist, hat die Pflicht, einer Arbeit oder einem Beruf nachzugehen, denn Arbeit, besonders wenn sie im Geiste des Dienstes getan wird, ist nach Baháu'lláh eine Form der Anbetung Gottes. Der Zweck der Arbeit ist nicht nur utilitaristisch, sie hat einen Wert an sich, weil sie uns Gott näherbringt und uns besser erkennen läßt, was Er mit uns in dieser Welt vorhat. Es liegt darum auf der Hand, daß auch ererbter Reichtum nicht von der täglichen Arbeit entbinden kann."

In einem Brief sagt Abdu'l-Bahá: "So jemand nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wenn er in Armut geraten oder hilflos ist, obliegt es den Reichen und den Bevollmächtigten, ihm monatliche Unterhaltsleistungen zu gewähren ... Mit Bevollmächtigten sind die Repräsentanten des Volkes gemeint, das heißt die Mitglieder des Hauses der Gerechtigkeit" (siehe auch Erläuterungen 162 zur Bettelei).

Auf die Frage, ob Baháu'lláhs Gebot von einer Frau und Mutter verlange, daß sie ebenso wie ihr Ehemann durch Berufsarbeit zum Familienunterhalt beiträgt, erläuterte das Universale Haus der Gerechtigkeit, Baháu'lláhs Weisung verpflichte die Gläubigen, einer Arbeit nachzugehen, die ihnen selbst und anderen nützt. Die Führung des Haushalts sei eine höchst ehrbare, verantwortungsvolle Arbeit von hohem gesellschaftlichen Wert.

Zum Altersruhestand führt Shoghi Effendi in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief aus, dies sei eine Frage, die "der Gesetzgebung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit unterliegt, da es hierzu keine Regelung im Aqdas gibt".

57. "Der Handkuß wurde im Buche verboten." (¶34)

In einigen Religionen und in manchen Kulturen wurde das Küssen der Hände bei Personen des religiösen Lebens oder Prominenten als Zeichen der Ehrfurcht, der Hochachtung und der Unterwerfung unter ihre Amtsgewalt erwartet. Baháu'lláh verbietet den Handkuß. In Seinen Tafeln verurteilt Er auch die Prostration vor anderen und sonstige Verhaltensformen, die den Menschen vor einem anderen erniedrigen (siehe Erläuterungen 58).

58. "Niemand soll einen anderen um Vergebung der Sünden bitten" (¶34)

Baháu'lláh verbietet dem Gläubigen, seine Sünden vor einem anderen zu beichten und dafür um Absolution zu bitten. Statt dessen soll er Gott um Vergebung bitten. In der Tafel `Bisharát` sagt Er: "Ein solches Sündenbekenntnis vor anderen führt zur Demütigung und Erniedrigung", und Gott "möchte nicht, daß Seine Diener gedemütigt werden".

Shoghi Effendi stellt dieses Verbot in einen größeren Zusammenhang. Sein Sekretär schrieb in seinem Auftrag: "Es ist uns verboten, unsere Sünden und Mängel einem anderen zu beichten - vor einem Priester wie bei den Katholiken oder, wie bei einigen Sekten, in der Öffentlichkeit. Haben wir jedoch den spontanen Wunsch, zu bekennen, etwas falsch gemacht oder einen Charaktermangel zu haben, und wollen wir deshalb einen anderen um Vergebung und Verzeihung bitten, so steht uns dies frei." Auch das Universale Haus der Gerechtigkeit bestätigt, daß Bahá'u'lláhs Verbot der Beichte niemanden daran hindert, bei Beratungen unter der Führung einer Bahá'í-Institution ein Fehlverhalten einzuräumen. Auch schließt dieses Verbot die Möglichkeit nicht aus, in solchen Fällen einen guten Freund oder einen professionellen Berater um Rat anzugehen.

59. "Manch einer setzt sich an der Tür zwischen die Sandalen, während es ihn im Herzen nach dem Ehrensitz gelüstet" (¶36)

Im Osten ist es Brauch, Sandalen und Schuhe auszuziehen, bevor man eine Versammlung betritt. Der vom Eingang am weitesten entfernte Bereich gilt als "oben" im Raum und als Ehrenplatz, wo die angesehensten Versammlungsteilnehmer sitzen. Die anderen sitzen in absteigender Ordnung bis zur Türe, wo die Schuhe und Sandalen stehen und die Rangniedrigsten sitzen.

60. "Und manch einer erhebt den Anspruch auf inneres Wissen" (¶36)

Dies bezieht sich auf solche, die behaupten, sie hätten Zugang zu esoterischem Wissen, die aber durch die Bindung an solches Wissen wie durch einen Schleier von der Offenbarung der Manifestation Gottes ausgeschlossen sind. An anderer Stelle sagt Bahá'u'lláh: "Wer den Götzen anbetet, den seine Einbildung schuf und ihn die innere Wirklichkeit nennt, der zählt in Wahrheit zu den Heiden."

61. "Wie viele haben sich in den Landstrichen Indiens abgesondert, allem entsagt, was Gott erlaubt, sich Härten und Kasteiungen auferlegt" (¶36)

Diese Verse bedeuten das Verbot des Mönchtums und der übertriebenen Askese (siehe `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.D.1.y.111.-IV.). In den `Worten des Paradieses` führt Bahá'u'lláh zu diesen Anordnungen weiter aus: "Einsiedelei und harte Askese sind in Gottes Gegenwart nicht annehmbar." Er ruft die Betroffenen auf zur "Beachtung dessen, was Frohmut und Freude bewirkt", und fordert jene, die "in Bergeshöhlen" hausen oder "sich des Nachts auf Friedhöfe zurückziehen", zur Aufgabe solcher Praktiken auf. Sie sollen sich nicht selbst der "Wohltaten" berauben, die Gott für den Menschen geschaffen hat. In der Tafel `Bishárát` anerkennt Bahá'u'lláh zwar die "frommen Werke" der Mönche und Priester, ruft sie aber auf, "ihr abgeschiedenes Leben aufzugeben, ihre Schritte in die offene Welt zu lenken und sich dem zuzuwenden, was ihnen selbst und anderen nützt". Er gestattet ihnen, "in den Ehestand zu treten, auf daß sie einen Nachkommen hervorbringen, der Gottes gedenkt".

62. "Wer vor Ablauf eines vollen Jahrtausends den Anspruch auf eine unmittelbare Gottesoffenbarung erhebt" (¶37)

Bahá'u'lláhs Sendung wird bis zur nächsten Manifestation Gottes dauern, die aber nicht vor Ablauf von wenigstens "tausend Jahren" erscheinen wird. Bahá'u'lláh warnt davor, "diesen Vers" anders als nach seiner "offensichtlichen Bedeutung" auszulegen. In einer Tafel stellt Er klar, daß jedes dieser tausend Jahre aus "zwölf Monaten nach dem Quran und aus neunzehn Monaten zu je neunzehn Tagen nach dem Bayán" besteht.

Die Bahá'u'lláh im Oktober 1852 im Síyáh-Chál zuteil gewordene Offenbarung kennzeichnet die Geburt Seiner prophetischen Sendung und damit den Beginn des Zeitraums von mindestens tausend Jahren, der dem Erscheinen der nächsten Manifestation Gottes vorausgehen wird.

63. "Dies ist, wovor Wir euch warnten, als Wir im Iráq weilten, und später im Lande des Geheimnisses, und jetzt von diesem strahlenden Orte." (¶37)

Das `Land des Geheimnisses` bezeichnet Adrianopel, `dieser strahlende Ort` ,Akká.

64. "Manch einen unter den Menschen hat seine Gelehrsamkeit hochmütig gemacht ... Wenn er hinter sich den Schritt von Sandalen hört, wächst er in seinem Eigendünkel größer als Nimrod." (¶41)

Im Osten ist es Brauch, daß die Gläubigen aus Ehrerbietung ihrem Geistlichen in einem Abstand von einigen Schritten folgen.

65. "Nimrod" (¶41)

Nimrod, auf den dieser Vers sich bezieht, ist in der jüdischen wie der islamischen Überlieferung ein König, der Abraham verfolgte und dessen Name zum Sinnbild für Hochmut wurde.

66. "Aghsán" (¶42)

Aghsán (Mehrzahl von Ghusn) ist das arabische Wort für `Zweige`. Diesen Begriff verwendet Bahá'u'lláh zur Bezeichnung Seiner männlichen Nachkommen. Er hat besondere Bedeutung für die Verfügung über Stiftungen wie auch für die Nachfolge in der Amtsgewalt nach dem Hinscheiden Bahá'u'lláhs (siehe Erläuterungen 145) und Abdu'l-Bahás. Bahá'u'lláh ernannte im Buch Seines Bundes Seinen ältesten Sohn Abdu'l-Bahá zum "Mittelpunkt des Bundes" und zum Oberhaupt des Glaubens. Abdu'l-Bahá ernannte in Seinem Testament Seinen ältesten Enkel, Shoghi Effendi, zum Hüter und Oberhaupt des Glaubens.

Diese Stelle im Aqdas nimmt somit die Nachfolge ernannter Aghsán und damit die Institution des Hütertums vorweg. Sie sieht zugleich voraus, daß es zu einer Unterbrechung ihrer Linie kommen kann. Mit dem Hinscheiden Shoghi Effendis trat 1957 die Situation ein, für die diese Textstelle Vorkehrungen traf: die Linie der Aghsán endete, bevor das Universale Haus der Gerechtigkeit errichtet war (siehe Erläuterungen 67).

67. "fallen die Stiftungen an das Volk Bahás" (¶42)

Bahá'u'lláh trifft Vorkehrungen fur die Möglichkeit, daß die Linie der Aghsán endet, bevor das Universale Haus der Gerechtigkeit errichtet ist. Er bestimmt, daß in einer solchen Situation "die Stiftungen an das Volk Bahás fallen". Den Ausdruck "Volk Bahás" verwendet die Schrift in mehrerlei Bedeutung. Hier ist dieses Volk beschrieben als jenes, "das nicht spricht, außer mit Seiner Erlaubnis und nicht urteilt, außer im Einklang mit dem, was Gott auf dieser Tafel geboten hat". Nach dem Hinscheiden Shoghi Effendis 1957 leiteten die "Hände der Sache Gottes" die Geschicke des Glaubens bis zur Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit im Jahr 1963 (siehe Erläuterungen 183).

68. "Rasiert euch nicht das Haupt." (¶44)

In manchen religiösen Überlieferungen ist es erwünscht, daß die Gläubigen sich das Haupt kahlschneiden. Bahá'u'lláh verbietet dies und stellt klar, daß die Bestimmung Seiner "Súriy-i-Hajj", wonach die Pilger zum heiligen Haus in Shíráz sich kahlscheren sollten, durch diesen Vers des Kitáb-i-Aqdas aufgehoben ist (Fragen und Antworten 10)

69. "Das Haar darf ... nicht über das Ohrläppchen reichen." (¶44)

Shoghi Effendi stellt klar, daß - im Unterschied zum Verbot der Kahlschur des Kopfes - dieses Gesetz, welches den Haarwuchs über das Ohrläppchen hinaus verbietet, nur für den Mann gilt. Die Anwendung dieses Gesetzes wird eine Klarstellung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit erfordern.

70. "Verbannung und Gefängnis sind verfügt für den Dieb" (¶45)

Bahá'u'lláh sagt, daß es dem Haus der Gerechtigkeit überlassen ist, den Strafrahmen entsprechend der Schwere der Rechtsverletzung festzulegen (Fragen und Antworten 49). Die Strafen für Diebstahl sind für einen künftigen Zustand der Gesellschaft vorgesehen. Sie werden dann vom Universalen Haus der Gerechtigkeit ergänzt und eingeführt werden.

71. "nach der dritten Tat bringt ihm ein Mal auf seiner Stirn an, damit er, so gezeichnet, in den Städten Gottes und in Seinen Ländern keine Aufnahme finde" (¶45)

Die Markierung auf der Stirn des Diebes soll die Menschen vor seinen Neigungen warnen. Alle Einzelheiten - die Art der Markierung, wie sie anzubringen und wie lange sie zu tragen ist, unter welchen Bedingungen sie wieder beseitigt werden kann, aber auch die Festlegung, wie schwerwiegend die verschiedenen Begehungsarten des Diebstahls sind - hat Baháu'lláh dem Universalen Haus der Gerechtigkeit zur Regelung überlassen, wenn das Gesetz eingeführt wird.

72. "Wer von Geschirr aus Silber und Gold zu speisen wünscht, ist frei, dies zu tun." (¶46)

Im Bayán erlaubt der Báb den Gebrauch von Gegenständen aus Gold und Silber. Er hebt damit die islamische Mißbilligung ihres Gebrauchs auf, die nicht auf einem ausdrücklichen Verbot des Quran, sondern auf muslimischen Traditionen beruht. Bahá'u'lláh bestätigt hier die Verfügung des Báb.

73. "Taucht beim Essen eure Finger nicht in Schalen und Schüsseln." (¶46)

Dieses Verbot erläuterte Shoghi Effendi als "die Hand ins Essen einzutauchen". In vielen Teilen der Welt ist es üblich, mit den Fingern aus einer gemeinsamen Schüssel zu essen.

74. "Nehmt solche Sitten an, die im höchsten Maße der Feinheit entsprechen." (¶46)

Hier handelt es sich um die erste von mehreren Textstellen zur Bedeutung von Kultiviertheit, Feinheit und Reinlichkeit. Das arabische "latáfah", das hier mit "Feinheit" wiedergegeben wird, hat ein breites Spektrum von geistigen und materiellen Bedeutungen, zum Beispiel Eleganz, Anmut, Sauberkeit, Artigkeit, Höflichkeit, Freundlichkeit, Zartgefühl, Liebreiz, oder auch feinsinnig, kultiviert, geheiligt und rein. Je nach dem Kontext des Kitáb-i-Aqdas wurde der Begriff mit `Feinheit` oder `Sauberkeit` übersetzt.

75. "Er, der Aufgangsort der Sache Gottes, hat keinen Teilhaber an der Größten Unfehlbarkeit." (¶47)

In der Tafel `Ishráqát` erklärt Bahá'u'lláh, daß die "Größte Unfehlbarkeit" nur der Manifestation Gottes eigen ist. In Kapitel 45 der Beantworteten Fragen erläutert Abdu'l-Bahá diesen Aqdas-Vers. Dabei betont Er unter anderem, daß "wesenhafte Unfehlbarkeit" nur den Manifestationen Gottes inhärent ist: "Was immer von ihnen ausgeht, ist die reine Wahrheit und stimmt mit der Wirklichkeit überein. Sie stehen nicht unter dem Schatten des früheren Gesetzes. Was immer sie sagen, ist Gottes Wort, was immer sie tun, ist wohlgetan."

76. "Die Väter sollen ihre Söhne und Töchter in der Kunst des Lesens und Schreibens unterweisen" (¶48)

Abdu'l-Bahá führt in Seinen Briefen den Eltern nicht nur ihre Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder vor Augen; Er macht auch klar, daß die "Ausbildung und Erziehung der Töchter dringlicher ist als die der Söhne", denn Mädchen werden eines Tages Mütter sein, und die Mütter sind die ersten, die die nächste Generation erziehen. Aus diesem Grunde haben, wenn eine Familie außerstande ist, allen Kindern eine Ausbildung angedeihen zu lassen, die Töchter das Vorrecht, können doch durch gebildete Mütter die Segnungen des Wissens am wirksamsten und raschesten in der ganzen Gesellschaft verbreitet werden.

77. "Gott unterwirft den, der außerhalb der Ehe den Beischlaf vollzieht - Mann oder Frau - einer Geldstrafe, die an das Haus der Gerechtigkeit zu entrichten ist" (¶49)

Obwohl der mit "unehelicher Beischlaf" übersetzte Begriff auch den Ehebruch einschließt (siehe Erläuterungen 36 für die Begriffsbestimmung), hat Abdu'l-Bahá ausgeführt, die oben vorgesehene Strafe gelte nur für den Beischlaf zwischen Unvermählten, während die Festlegung der Strafe für den Ehebruch dem Universalen Haus der Gerechtigkeit überlassen bleibe (siehe auch Fragen und Antworten 49). In einem Brief weist Abdu'l-Bahá auf einige der geistigen und gesellschaftlichen Folgen des Verstoßes gegen die Gesetze der Sittlichkeit hin. Zu der hier erörterten Strafe sagt Er, der Sinn dieses Gesetzes sei es, allen klar zu machen, wie schändlich eine solche Tat in den Augen Gottes ist. Kann die Tat nachgewiesen werden und wird eine Strafe verhängt, so ist ihr Hauptzweck die Bloßstellung der Beteiligten, ihre Schmach und Schande vor der Gesellschaft. Abdu'l-Bahá bekräftigt, daß in dieser Bloßstellung die Schwere der Strafe liege. Das in diesem Vers genannte Haus der Gerechtigkeit ist wohl das örtliche, heutzutage als örtlicher Geistiger Rat bekannt.

78. "neun Mithqál Gold, und im Wiederholungsfalle das Doppelte" (¶49)

Der Mithqál ist eine Gewichtseinheit, wobei das herkömmliche, im Mittleren Osten gebräuchliche Mithqál 24 Nakhud entspricht. Das von den Bahá'í verwendete Mithqál besteht jedoch aus 19 Nakhud "entsprechend der Festlegung des Bayán" (Fragen und Antworten 23). Das Gewicht von neun Mithqál entspricht 32,775 Gramm oder 1,05374 Feinunzen.

Zur Anwendung dieser Geldstrafe führt Bahá'u'lláh im einzelnen aus, daß jede folgende Strafe doppelt so hoch ist wie die vorhergehende (Fragen und Antworten 23). Somit steigt die Geldstrafe in geometrischer Progression. Die Verhängung dieser Strafe ist für eine künftige Gesellschaft vorgesehen; erst dann wird das Gesetz vom Universalen Haus der Gerechtigkeit spezifiziert und eingeführt werden.

79. "Wir haben euch Musik und Gesang erlaubt" (¶51)

Abdu'l-Bahá schreibt: "Musik wurde bei einigen Völkern des Ostens als verwerflich angesehen." Wiewohl der Quran keine besondere Vorschrift hierzu enthält, hält es ein Teil der Muslime für verboten, Musik zu hören, während der andere dies innerhalb gewisser Grenzen und unter besonderen Bedingungen duldet. In der Schrift wird die Musik vielfach gepriesen. So sagt Abdu'l-Bahá: "Musik, gesungen oder gespielt, ist geistige Nahrung für Herz und Seele."

80. "O ihr Männer der Gerechtigkeit!" (¶52)

Wie Abdu'l-Bahá und Shoghi Effendi in ihren Schriften erläuterten, ist die Mitgliedschaft im Universalen Haus der Gerechtigkeit den Männern vorbehalten, doch sind in die nachgeordneten und die örtlichen Häuser der Gerechtigkeit (derzeit als nationale und örtliche Geistige Räte bezeichnet) Frauen ebenso wählbar wie Männer.

81. "So jemand einen anderen schlägt oder verwundet, hängt die Strafe von der Schwere der Körperverletzung ab. Für jeden Grad der Verletzung hat der Herr des Gerichts eine bestimmte Entschädigung vorgeschrieben." (¶56)

Bahá'u'lláh legt fest, daß das Strafmaß "von der Schwere der Körperverletzung" abhängt, doch gibt es keine Unterlagen, in denen Er im einzelnen die Höhe der Entschädigung entsprechend dem jeweiligen Ausmaß der Rechtsverletzung bestimmt hätte. Somit liegt es in der Kompetenz des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, die Details zu bestimmen.

82. "Wahrlich, es ist euch geboten, jeden Monat ein Mahl zu geben" (¶57)

Dieses Gebot ist die Grundlage des allmonatlichen Bahá'í-Festes und stiftet damit das Neunzehntagefest. Im Arabischen Bayán fordert der Báb die Gläubigen auf, alle neunzehn Tage zusammenzukommen, um einander Gastlichkeit und Freundschaft zu erweisen. Bahá'u'lláh bestätigt dies und betont die einheitsstiftende Wirkung solcher Veranstaltungen.

Abdu'l-Bahá und nach Ihm Shoghi Effendi haben die institutionelle Bedeutung dieses Gebotes nach und nach dargelegt. Abdu'l-Bahá betonte den spirituellen und erbaulichen Charakter dieser Versammlungen, Shoghi Effendi entwickelte die Aspekte von Andacht und Geselligkeit weiter und ergänzte sie um das administrative Element. Er führte das Neunzehntagefest systematisch ein und sorgte dafür, daß auch ein Zeitraum der Beratung über Gemeindefragen, der Information und der Übermittlung von Botschaften gewidmet ist.

Die Frage, ob dieses Gebot bindend sei, verneinte Bahá'u'lláh (Fragen und Antworten 48). In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief führt Shoghi Effendi dies weiter aus: "Die Anwesenheit beim Neunzehntagefest ist nicht verbindlich, aber sehr wichtig, und jeder Gläubige sollte es als eine Pflicht und ein Vorrecht ansehen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen."

83. "Jagt ihr mit Raubtieren oder Greifvögeln, so rufet den Namen Gottes an, wenn ihr sie auf die Beute ansetzt; dann dürft ihr verzehren, was sie fangen, selbst wenn ihr feststellt, daß die Beute tot ist." (¶60)

Mit diesem Gesetz vereinfacht Bahá'u'lláh die früheren Bräuche und religiösen Gebote zur Jagd erheblich. Er erklärt, daß das Jagen mit Waffen wie Pfeil und Bogen, Gewehren und dergleichen in diese Regelung einbezogen, daß aber der Verzehr von Wild, das tot in einer Falle oder einem Netz geborgen wird, verboten ist (Fragen und Antworten 24).

84. "Doch jaget nicht im Übermaß." (¶60)

Bahá'u'lláh verbietet die Jagd nicht, warnt aber vor ihrem Exzeß. Zu gegebener Zeit wird das Universale Haus der Gerechtigkeit zu bestimmen haben, was bei der Jagd ein Übermaß ist.

85. "aber (hat) ihr kein Recht auf das Vermögen anderer gewährt" (¶61)

Bahá'u'lláhs Gebot, Seiner Verwandtschaft Wohlwollen entgegenzubringen, verleiht ihr kein Recht auf das Vermögen anderer. Dies steht im Gegensatz zum Recht der schiitischen Muslime, bei denen die Abkommen des Propheten Muhammad Anspruch auf einen Anteil an einer bestimmten Steuer haben.

86. "Wer ein Haus vorsätzlich durch Feuer zerstört, den sollt ihr auch verbrennen. Wer einem anderen vorsätzlich das Leben nimmt, den sollt ihr auch töten." (¶62)

Bahá'u'lláhs Gesetz schreibt die Todesstrafe für Mord und Totschlag sowie Brandstiftung mit der Alternative einer lebenslangen Freiheitsstrafe vor (siehe Erläuterungen 87).

Abdu'l-Bahá erklärt in Seinen Briefen den Unterschied zwischen Rache und Strafe. Er bestätigt, daß der einzelne kein Recht auf Rache hat, die in den Augen Gottes verächtlich ist, und daß der Strafzweck nicht Rache ist, sondern die Verhängung einer Strafe für begangenes Unrecht. In den Beantworteten Fragen bestätigt Er das Recht der Gesellschaft, Rechtsbrecher zu bestrafen, um den einzelnen zu schützen und ihren Bestand zu sichern. Shoghi Effendi erläutert in einem in seinem Auftrage geschriebenen Brief dieses Gesetz wie folgt:

"Im Aqdas verordnet Bahá'u'lláh den Tod als Strafe für Mord. Er hat jedoch die lebenslange Freiheitsstrafe als Alternative zugelassen. Beide Strafen stehen mit Seinem Gesetz in Einklang. Mancher von uns wird vielleicht die darin liegende Weisheit nicht erfassen können, wenn sie seiner begrenzten Vorstellung widerspricht; wir müssen sie jedoch akzeptieren, da wir wissen, daß Seine Weisheit, Seine Gnade und Seine Gerechtigkeit vollkommen sind und der Erlösung der ganzen Welt dienen. Sollten wir, so ein Mensch irrtümlich zum Tode verurteilt wird, nicht annehmen, daß der Allmächtige Gott ihn in der künftigen Welt für dieses ihm von den Menschen widerfahrene Unrecht tausendfach entschädigen wird? Man kann nicht ein heilsames Gesetz verwerfen, nur weil damit in seltenen Fällen Unschuldige bestraft werden könnten."

Die Einzelheiten des für eine künftige Gesellschaft zugeschnittenen Bahá'í-Strafgesetzes für Mord, Totschlag und Brandstiftung hat Bahá'u'lláh nicht festgelegt. Das Universale Haus der Gerechtigkeit wird unter Berücksichtigung der bei seiner Einführung bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse die näheren Einzelheiten zu regeln haben: das Ausmaß der Rechtsverletzung, ob mildernde Umstände zu berücksichtigen sind und welche der beiden vorgeschriebenen Strafarten die Norm ist. Auch die Art des Strafvollzugs muß vom Universalen Haus der Gerechtigkeit geregelt werden. Bei Brandstiftung hängt viel davon ab, was für ein "Haus" in Brand gesetzt wurde. Es ist offensichtlich, daß im Unrechtsgehalt ein riesiger Unterschied besteht zwischen einem Täter, der ein leeres Lagerhaus niederbrennt und einem, der eine Schule voller Kinder in Brand setzt.

87. "So ihr sie zu lebenslangem Gefängnis verurteilt, ist dies nach den Vorschriften des Buches statthaft." (¶62)

Auf eine Frage zu diesem Vers hat Shoghi Effendi ausgeführt, daß die Todesstrafe zulässig, die "lebenslange Freiheitsstrafe" aber als Alternative vorgesehen ist, "wodurch die Härte einer solchen Verurteilung entscheidend gemildert werden kann". Er sagt, "Baháu'lláh hat uns die Wahl überlassen und es uns somit freigestellt, innerhalb der Grenzen, die Sein Gesetz festlegt, unser eigenes Urteil walten zu lassen". Da es zu diesem Aspekt des Bahá'í-Rechts keine besondere Anleitung gibt, liegt die künftige Gesetzgebung darüber beim Universalen Haus der Gerechtigkeit.

88. "Gott hat euch den Ehestand verordnet" (¶63)

In einer Tafel erklärt Bahá'u'lláh, Gott habe durch diese Gesetzgebung den Ehestand zu "einer festen Burg der Wohlfahrt und des Heils" gemacht. Die `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung` Abschnitt W.C.1.a.- 0. faßt die Vorschriften aus dem Kitáb-i-Aqdas und den `Fragen und Antworten` zusammen, besonders die Ehevoraussetzungen (Fragen und Antworten 3, Fragen und Antworten 13, Fragen und Antworten 46, Fragen und Antworten 50, Fragen und Antworten 84 und Fragen und Antworten 92), das Verlobungsrecht (Fragen und Antworten 43), die Zahlung der Morgengabe (Fragen und Antworten 12, Fragen und Antworten 26, Fragen und Antworten 39, Fragen und Antworten 47, Fragen und Antworten 87 und Fragen und Antworten 88), die Vorschriften hinsichtlich einer längeren Abwesenheit eines Ehegatten (Fragen und Antworten 4 und 27) sowie sonstige Details (Fragen und Antworten 12 und 47; siehe auch Erläuterungen 89, Erläuterungen 90, Erläuterungen 91, Erläuterungen 92, Erläuterungen93, Erläuterungen 94, Erläuterungen 95, Erläuterungen 96, Erläuterungen 97, Erläuterungen 98, Erläuterungen 99).

89. "Hütet euch, mehr als zwei Frauen zu nehmen. Wenn sich der Mann mit einer einzigen Gefährtin unter den Dienerinnen Gottes begnügt, so werden beide in Ruhe leben." (¶63)

Dieser Wortlaut des Kitáb-i-Aqdas scheint die Bigamie zu erlauben; Bahá'u'lláh rät jedoch zur Einehe, die Ruhe und Zufriedenheit bewirkt. In einer anderen Tafel unterstreicht Er, wie wichtig es für den Menschen ist, so zu handeln, daß es "ihm selbst und seinem Ehepartner Zufriedenheit bringt". Nach Abdu'l-Bahá, dem bevollmächtigten Exegeten der Schrift, schreibt der Text des Aqdas in Wirklichkeit die Einehe vor. Er äußerte sich zu diesem Thema in mehreren Briefen, darunter dem folgenden:

"Wisse, daß die Polygamie nach dem Gesetz Gottes nicht erlaubt ist, denn es wird klar gefordert, daß man sich mit einer Frau begnügen soll. Die Ehe mit einer zweiten Frau ist von der Gerechtigkeit abhängig gemacht, die unter allen Bedingungen beiden Frauen zuteil werden muß. Doch das Gebot, zwei Frauen gerecht zu behandeln, ist uneinlösbar. Die Tatsache, daß die Bigamie von der Erfüllung einer uneinlösbaren Bedingung abhängig gemacht ist, ist ein klarer Beweis für ihr absolutes Verbot. Darum ist es nicht erlaubt, daß ein Mann mehr als eine Frau habe."

Die Polygamie ist beim größten Teil der Menschheit ein sehr altes Institut. Nur Schritt für Schritt konnten die Manifestationen Gottes die Einehe einführen. Jesus zum Beispiel hat die Polygamie nicht verboten, aber die Scheidung abgeschafft, ausgenommen bei Unzucht. Muhammad begrenzte die Zahl der Ehefrauen auf vier, machte aber mehrere Frauen von der Gerechtigkeit abhängig und ließ die Scheidung wieder zu. Bahá'u'lláh, der Seine Lehre im Milieu einer muslimischen Gesellschaft offenbarte, führte nach den Grundsätzen der göttlichen Weisheit und der allmählichen Verwirklichung Seiner Absicht die Monogamie schrittweise ein. Der Umstand, daß Er Seinen Anhängern einen unfehlbaren Interpreten Seiner Schrift hinterließ, versetzte Ihn in die Lage, nach außen hin im Kitáb-i-Aqdas zwei Ehefrauen zuzulassen, jedoch unter einer Bedingung, die zu einem späteren Zeitpunkt Abdu'l-Bahá dahin interpretieren konnte, die Intention dieses Gesetzes sei die Einführung der Monogamie.

90. "wer eine Jungfer in Dienst nehmen will, mag dies mit Anstand tun" (¶63)

Baháu'lláh legt fest, daß ein Mann eine weibliche Hausangestellte beschäftigen kann. Dies war nach dem Recht der schiitischen Muslime nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber mit ihr einen Ehevertrag schloß. Bahá'u'lláh betont, daß es bei dem `Dienst` nur "um Dienstleistungen geht, wie sie von jeglichen Dienstboten, jung oder alt, gegen Lohn erbracht werden" (Fragen und Antworten 30). Ein Arbeitgeber hat gegenüber seiner Hausangestellten keine sexuellen Rechte. Es steht ihr frei, "sich jederzeit zu verheiraten", denn der Kauf von Frauen ist verboten (Fragen und Antworten 30).

91. "Dies ist Mein Gebot, das Ich euch gebe. Haltet euch daran zu eurem eigenen Nutzen." (¶63)

Im Kitáb-i-Aqdas ist die Ehe verordnet, doch Bahá'u'lláh stellt klar, daß sie nicht obligatorisch ist (Fragen und Antworten 46). In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erklärt Shoghi Effendi, daß `die Ehe keinesfalls ein bindendes Gebot ist`: "Letztlich muß der einzelne entscheiden, ob er ein Familienleben führen oder im Zustand der Ehelosigkeit leben möchte." Wenn jemand lange Zeit warten muß, bis er einen Ehepartner findet, oder am Ende gar alleinstehend bleibt, bedeutet das nicht, daß er so seinen Daseinszweck, der von Grund auf geistig ist, verfehlt.

92. "... haben Wir sie ... von der Zustimmung ihrer Eltern abhängig gemacht" (¶65)

In einem in seinem Auftrage geschriebenen Brief führt Shoghi Effendi zu dieser Gesetzesbestimmung aus: "Bahá'u'lláh hat klar gesagt, daß die Zustimmung aller lebenden Elternteile für eine Bahá'í-Ehe erforderlich ist. Dies gilt auch, wenn die Eltern keine Bahá'í oder seit Jahren geschieden sind. Dieses bedeutende Gesetz hat Er verfügt, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu festigen, die häuslichen Bande zu stärken, Dankbarkeit und Achtung in die Herzen der Kinder denen gegenüber zu senken, die ihnen das Leben geschenkt und ihre Seele auf die ewige Reise zu ihrem Schöpfer gesandt haben."

93. "Die Ehe darf nicht geschlossen werden, ehe die Morgengabe gezahlt ist" (¶66)

Die `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt IV.C.1.j.I.-V. faßt die wichtigsten Bestimmungen zur Morgengabe zusammen. Sie haben ihr Vorbild im Bayán. Die Morgengabe ist vom Bräutigam an die Braut zu zahlen. Sie ist auf 19 Mithqál reines Gold für Stadtbewohner und 19 Mithqál Silber für Dorfbewohner festgelegt (siehe Erläuterungen 94). Wie Baháu'lláh andeutet, ist es einem Bräutigam, der die Morgengabe nicht voll bezahlen kann, gestattet, der Braut einen Schuldschein auszustellen (Fragen und Antworten 39).

Bahá'u'lláhs Offenbarung definiert viele überkommene Vorstellungen, Sitten und Institutionen neu und gibt ihnen eine neue Bedeutung. Dazu gehört auch die Morgengabe. Es handelt sich um eine uralte Institution in vielen Kulturen mit vielerlei Formen. In manchen Ländern ist es eine Zahlung der Brauteltern an den Bräutigam, in anderen zahlt der Bräutigam an die Brauteltern einen "Brautpreis". In beiden Fällen ist der Betrag oft recht hoch. Baháu'lláhs Gesetz schafft alle diese Varianten ab und gestaltet die Morgengabe zu einer symbolischen Handlung, durch die der Bräutigam der Braut ein Geschenk von fest begrenztem Wert macht.

94. "für Stadtbewohner auf neunzehn Mithqál reinen Goldes, für Dorfbewohner auf denselben Betrag in Silber festgelegt" (¶66)

Baháu'lláh legt als Kriterium für die Bemessung der Morgengabe den Wohnsitz des Bräutigams, nicht den der Braut, fest (Fragen und Antworten 87 und Fragen und Antworten 88).

95. "Wer diese Summe aufstocken will, dem ist verboten, die Grenze von fünfundneunzig Mithqál zu überschreiten ... Gibt man sich jedoch mit der Zahlung des Mindestbetrages zufrieden, so ist dies nach dem Buche besser." (¶66)

Auf eine Anfrage zur Morgengabe antwortete Bahá'u'lláh: "Alles, was im Bayán bezüglich der Stadt- und Dorfbewohner offenbart wurde, wird bestätigt und muß vollzogen werden. Im Kitáb-i-Aqdas wird jedoch die unterste Grenze genannt. Damit sind neunzehn Mithqál Silber gemeint, die im Bayán für Dorfbewohner genannt sind. Dies ist Gott wohlgefälliger, vorausgesetzt, beide Parteien stimmen zu. Der Zweck dieser Vorschrift ist die Förderung des Wohlergehens, der Eintracht und Harmonie unter den Menschen. Je mehr dies beachtet wird, desto besser wird es sein ... Das Volk Bahás soll miteinander in größter Liebe und Aufrichtigkeit umgehen. Es soll die Interessen aller im Auge haben, besonders die der Freunde Gottes."

Abdu'l-Bahá faßt in einem Brief einige Bestimmungen zur Festlegung der Höhe einer Morgengabe zusammen. Die im nachstehenden Auszug erwähnte Zahlungseinheit ist der "Váhid". Ein Váhid entspricht neunzehn Mithqäl: "Stadtbewohner haben in Gold, Dorfbewohner in Silber zu zahlen. Maßgeblich sind die finanziellen Mittel des Bräutigams. Ist er arm, so zahlt er einen Váhid; hat er begrenzte Mittel, zahlt er zwei Váhid; ist er besser gestellt, drei Váhid; ist er wohlhabend, vier Váhid; ist er sehr reich, fünf Váhid. Es ist fürwahr eine Sache der Vereinbarung zwischen dem Bräutigam, der Braut und beiden Elternteilen. Eine getroffene Vereinbarung ist einzuhalten."

Im selben Brief fordert Abdu'l-Bahá die Gläubigen auf, Fragen zur Anwendung dieses Gesetzes dem Universalen Haus der Gerechtigkeit vorzulegen, das "die Vollmacht hat, Gesetze zu geben". Er betont, daß "diese Körperschaft Gesetze einführt und zweitrangige Fragen, die nicht ausdrücklich im heiligen Text behandelt sind, im Wege der Gesetzgebung regelt".

96. "Hat einer Seiner Diener eine Reise vor, so soll er seiner Ehefrau den Zeitpunkt seiner Rückkehr nennen." (¶67)

Reist der Ehemann ab, ohne seine Frau über die Zeit seiner Rückkehr zu informieren, erhält sie keine Nachricht von ihm und bleibt er verschollen, obwohl er das Gesetz des Kitáb-i-Aqdas kennt, so kann die Ehefrau nach einem vollen Wartejahr eine neue Ehe eingehen. Kannte der Ehemann das Gesetz jedoch nicht, so muß die Frau warten, bis sie Nachricht von ihm erhält (Fragen und Antworten 4).

97. "gilt für sie eine Wartezeit von neun Monaten, nach deren Ablauf für sie kein Hindernis besteht, sich wieder zu verheiraten" (¶67)

Versäumt es der Ehemann, nach Ablauf des genannten Zeitraums zurückzukehren oder seine Frau über den Verzug zu verständigen, so hat die Frau neun Monate zu warten; danach steht es ihr frei, sich wieder zu verheiraten, obgleich es besser für sie ist, wenn sie länger wartet (siehe Erläuterungen 147 zum Bahá'í-Kalender) Sollte, erklärt Bahá'u'lláh, unter solchen Umständen die Ehefrau die "Nachricht vom natürlichen oder gewaltsamen Tod ihres Ehemanns" erhalten, so hat sie ebenfalls neun Monate zu warten, ehe sie sich wieder verheiratet (Fragen und Antworten 27). Abdu'l-Bahá erläutert in einem Brief, daß die neunmonatige Wartezeit nach dem Eingang der Nachricht über den Tod des Ehemanns nur dann Anwendung findet, wenn der Ehemann zur Zeit des Todes abwesend war, nicht, wenn er zu Hause verstorben ist.

98. "sollte sie den Weg des Guten nehmen" (¶67)

Bahá'u'lláh erklärt, der "Weg des Guten" sei "Geduld zu üben" (Fragen und Antworten 4).

99. "zweier gerechter Zeugen" (¶67)

Das "Merkmal der Gerechtigkeit" bei Zeugen ist nach Baháu'lláh "ein guter Ruf". Die Zeugen müssen dabei nicht Bahá'í sein, da "das Zeugnis aller Diener Gottes, gleich welchen Glaubens oder Bekenntnisses ... vor Seinem Thron annehmbar" ist (Fragen und Antworten 79).

100. "Entsteht Entfremdung oder Widerwille zwischen Ehemann und Ehefrau, so darf er sich nicht von ihr scheiden. Er soll sich vielmehr ein volles Jahr in Geduld üben" (¶68)

Die Scheidung wird in der Bahá'í-Lehre scharf verurteilt. Entstehen jedoch Entfremdung oder Widerwille zwischen den Ehepartnern, so ist sie nach Ablauf eines vollen Jahres zulässig. Während dieses Jahres der Geduld muß der Ehemann für den Unterhalt seiner Frau und seiner Kinder aufkommen. Das Paar ist gehalten, sich zu bemühen, seinen Streit beizulegen. Shoghi Effendi bestätigt, daß Mann und Frau "das Recht haben, die Scheidung zu begehren", wenn einer der beiden "diese für unumgänglich hält".

In den `Fragen und Antworten` entwickelt Baháu'llah einige Details bezüglich des Jahres der Geduld: seine Einhaltung (Fragen und Antworten 12), die Festlegung seines Beginns (Fragen und Antworten 19 und Fragen und Antworten40), die Bedingungen einer Versöhnung (Fragen und Antworten 38), die Funktion der Zeugen und des örtlichen Hauses der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 73 und Fragen und Antworten 98). Das Universale Haus der Gerechtigkeit erklärt, daß die Aufgabe der Zeugen in Scheidungsverfahren heute den Geistigen Räten obliegt. Die einzelnen Bestimmungen des Bahá'í-Scheidungs-rechts sind in `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung` Abschnitt IV.C.2.a.- i. zusammengefaßt.

101. "hat der Herr ... die frühere Praxis verboten, wenn ihr eine Frau dreimal geschieden hattet" (¶68)

Dieser Vers bezieht sich auf ein im Quran verankertes Gesetz, wonach ein Mann unter gewissen Umständen seine geschiedene Frau nicht wieder heiraten konnte, ehe sie nicht einen anderen Mann geehelicht hatte und wieder von ihm geschieden war. Bahá'u'lláh bestätigt, daß es sich hierbei um das im Kitáb-i-Aqdas aufgehobene Gesetz handelt (Fragen und Antworten 31).

102. "Wer sich von seiner Ehefrau scheiden ließ, darf, wenn zwischen beiden Zuneigung und Einvernehmen besteht, nach Ablauf jedes Monats erneut die Ehe mit ihr eingehen, solange sie nicht wieder verheiratet ist ... sofern sich ihre Verhältnisse nicht eindeutig ändern" (¶68)

Wie Shoghi Effendi in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief bestätigt, ist mit der Wendung `nach Ablauf jedes Monats` keine zeitliche Begrenzung beabsichtigt; vielmehr kann ein Paar nach der Scheidung jederzeit wieder heiraten, wenn nicht ein Partner inzwischen wieder verheiratet ist.

103. "daß Samen nicht unrein ist" (¶74)

In einigen religiösen Traditionen und im Recht der schiitischen Muslime gilt Sperma als rituell unrein. Bahá'u'lláh hat dieses Konzept verworfen (siehe auch Erläuterungen 106).

104. "Ergreift das Seil der Feinheit" (¶74)

Abdu'l-Bahá spricht über den erhebenden Einfluß von "Reinheit und Heiligkeit, Sauberkeit und feinen Sitten", die die "Natur des Menschen" und die "Entwicklung seiner inneren Wirklichkeit" fördern. Er sagt: "Körperliche Sauberkeit hat einen großen Einfluß auf das geistige Leben." (siehe auch Erläuterungen 74)

105. "Waschet alles Verschmutzte mit Wasser, das in keiner der drei Hinsichten verändert ist" (¶74)

Die "drei Hinsichten" in diesem Vers sind Veränderungen des Wassers nach Farbe, Geschmack oder Geruch. Bahá'u'lláh gibt weitere Erläuterungen zur Frage des reinen Wassers und zur Frage, von wann an es als unbrauchbar zu gelten hat (Fragen und Antworten 91).

106. "Als Zeichen Seiner Gnade hat Gott das Konzept der `Unreinheit` abgeschafft, wonach verschiedene Sachen und Gruppen der Bevölkerung als unrein galten." (¶75)

Das Konzept der rituellen `Unreinheit`, wie es in manchen Stammesgesellschaften und in den religiösen Gemeinschaften bestimmter früherer Religionen verstanden und praktiziert wird, hat Bahá'u'lláh abgeschafft. Er erklärt, daß durch Seine Sendung "alles Erschaffene ... in das Meer der Reinigung getaucht" wurde (siehe auch Erläuterungen 12, Erläuterungen 20 und Erläuterungen 103).

107. "an jenem ersten Tag des Ridvan" (¶75)

Bahá'u'lláh bezieht sich hier auf Seine und Seiner Gefährten Ankunft im Najíbíyyih-Garten vor den Toren Baghdáds, der von den Bahá'í seither als "Garten Ridvan" bezeichnet wird. Dies geschah im April 1863, einunddreißig Tage nach Naw-Rúz und war der Beginn der Zeit, in der Bahá'u'lláh Seinen Gefährten Seine prophetische Sendung verkündete. In einer Tafel nennt Er Seine Verkündigung "den Tag höchsten Glücks". Er beschreibt den Garten Ridvan als den "Ort, wo Er den Glanz Seines Namens, der Allbarmherzige, über die ganze Schöpfung ergoß". Bahá'u'lláh verbrachte zwölf Tage in diesem Garten, bevor Er nach Istanbul, Seinem neuen Verbannungsort, aufbrach. Bahá'u'lláhs Verkündigung wird alljährlich durch das zwölftägige Ridvan-Fest gefeiert, das Shoghi Effendi als das "heiligste und bedeutsamste aller Bahá'í-Feste" bezeichnet (siehe Erläuterungen 138 und Erläuterungen 140).

108. "des Bayán" (¶77)

`Bayán` ist der Titel, den der Báb dem Mutterbuch der Bábí-Offenbarung, Seinem Buch der Gesetze, gegeben hat, doch bezeichnet dieser Begriff auch den gesamten Kanon Seiner Schriften. Der Persische Bayán ist das Hauptwerk für die Lehre und die Primärquelle der Gesetze des Báb. Der Arabische Bayán hat den gleichen Inhalt, ist aber von geringerem Umfang und Gewicht. Shoghi Effendi hat den Persischen Bayán in seinem Werk Gott geht vorüber beschrieben und ausgeführt, man solle in ihm "eher eine Lobpreisung des Verheißenen sehen, als einen Kanon von Gesetzen und Geboten zur ständigen Führung künftiger Geschlechter". Abdu'l-Bahá schreibt: "Der Bayán ist durch den Kitáb-i-Aqdas aufgehoben mit Ausnahme der Gesetze, die dort aufgeführt und bestätigt sind."

109. "Bücher zu vernichten" (¶77)

In der Tafel `Ishráqát` verweist Bahá'u'lláh darauf, daß der Báb die Gesetze des Bayán Seiner Zustimmung unterworfen hat. Dabei erklärt Er, Er habe einige Gesetze des Báb übernommen, indem Er sie "in anderer Formulierung dem Kitáb-i-Aqdas eingliederte", während Er andere aufhob. Zur Vernichtung von Büchern: Der Bayán hatte den Bábí geboten, alle Bücher zu vernichten, bis auf die, welche zur Verteidigung der Sache Gottes und Seiner Religion geschrieben worden waren. Bahá'u'lláh hebt dieses Gesetz des Bayán auf.

Zum Wesen und zur Härte der Gesetzgebung des Bayán gibt Shoghi Effendi in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief folgenden Hinweis: "Die strengen Gesetze und Anweisungen, die der Báb offenbarte, können nur richtig gewürdigt und verstanden werden, wenn man sie im Lichte Seiner Aussagen zu Wesen, Zweck und Charakter Seiner eigenen Sendung betrachtet. Aus diesen Aussagen ergibt sich klar, daß die Bábí-Sendung im wesentlichen eine religiöse und wahrhaft soziale Revolution war. Sie mußte deshalb von kurzer Dauer, aber voller tragischer Ereignisse und umfassender, drastischer Reformen sein. Diese drastischen Schritte des Báb und Seiner Gefährten sollten die Grundlagen der schiitischen Orthodoxie untergraben und so dem Kommen Bahá'u'lláhs den Weg bereiten. Der Báb mußte, um die Unabhängigkeit dieser neuen Offenbarung unter Beweis zu stellen und das Feld für die nahende Offenbarung Bahá'u'lláhs zu bestellen, strenge Gesetze erlassen, auch wenn die meisten von ihnen niemals in Kraft waren. Allein die Tatsache, daß Er sie offenbarte, war schon ein Beweis für die Unabhängigkeit Seiner Offenbarung, der ausreichte, um weit und breit Unruhe zu erzeugen und den Widerstand des Klerus so zu provozieren, daß dieser schließlich den Märtyrertod des Báb bewirkte."

110. "Wir erlauben euch, Wissenschaften zu studieren, die euch von Nutzen sind, doch keine, die in müßigem Wortstreit enden." (¶77)

Die Schrift gebietet, Wissen zu erlangen und Kunst und Wissenschaften zu studieren. Die Bahá'í werden ermahnt, Fachleute und Gelehrte zu achten, und vor Studien gewarnt, die nur zu müßigen Disputen führen.

In Seinen Tafeln rät Bahá'u'lláh den Gläubigen, "nützliche" , "Fortschritt und Entwicklung" der Gesellschaft fördernde Wissenschaften und Künste zu studieren, und warnt sie vor Wissenschaften, die mit Worten beginnen und mit Worten enden und deren Verfolg zu "eitlen Disputationen" führt. In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief bezeichnet Shoghi Effendi Wissenschaften, die mit Worten beginnen und mit Worten enden, als "unergiebige Ausflüge in metaphysische Haarspaltereien". In einem anderen Brief erklärt er, was Bahá'u'lláh in erster Linie mit solchen "Wissenschaften" gemeint habe, seien "solche theologischen Abhandlungen und Kommentare, die den Menschengeist eher belasten als ihm helfen, zur Wahrheit zu gelangen"

111. "Er, der mit Gott Zwiesprache hielt" (¶80)

Dies ist ein traditioneller jüdischer und islamischer Titel des Mose. Bahá'u'lláh erklärt, mit dem Advent Seiner Offenbarung sei "menschlichen Ohren das Vorrecht eingeräumt zu hören, was Er, der mit Gott Zwiesprache hielt, auf dem Sinai hörte".

112. "Sinai" (¶80)

Der Berg, auf dem Gott Mose das Gesetz offenbarte.

113. "des Geistes Gottes" (¶80)

Dies ist einer der Titel Jesu Christi in der islamischen Literatur und im offenbarten Bahá'í-Schrifttum.

114. "Karmel ... Zion" (¶80)

Karmel, der "Weinberg Gottes", ist der Berg im Heiligen Land, auf dem der Schrein des Báb und das administrative Weltzentrum des Glaubens gelegen sind. Zion ist ein Hügel in Jerusalem, der Tradition nach die Grabstätte König Davids und Sinnbild für Jerusalem als heilige Stadt.

115. "Rote Arche" (¶84)

Die `Rote Arche` weist auf die Sache Bahá'u'lláhs hin. Seine Anhänger werden als die "Gefährten der Roten Arche" bezeichnet und vom Báb im Qayyúmu'l-Asmá gepriesen.

116. "O Kaiser von Österreich! Er, der Tagesanbruch des Lichtes Gottes, lag im Gefängnis von Akká zu der Zeit, da du dich aufmachtest, die Aqsá-Moschee zu besuchen." (¶85)

Franz Josef (1830-1916), Kaiser von Österreich und König von Ungarn, machte 1869 eine Pilgerreise nach Jerusalem. Während er im Heiligen Land war, versäumte er, sich nach Bahá'u'lláh zu erkundigen, der damals in Akká gefangen lag. Die Aqsá-Moschee, wörtlich die "entfernteste" Moschee, ist im Quran erwähnt und steht für den Tempelberg in Jerusalem.

117. "O König von Berlin!" (¶86)

Kaiser Wilhelm 1. (Wilhelm Friedrich Ludwig, 1797-1888), der siebte König von Preußen, wurde im Januar 1871 in Versailles nach dem Sieg Deutschlands über

Frankreich zum ersten Deutschen Kaiser ausgerufen.

118. "Rufe dir den ins Gedächtnis, dessen Macht die deine überragte und dessen Rang den deinen übertraf" (¶86)

Dies ist ein Hinweis auf Napoleon III. (1808-1873), den Kaiser der Franzosen, der vielen Historikern als der herausragendste westliche Monarch seiner Zeit galt. Bahá'u'lláh schickte ihm zwei Sendbriefe. Im zweiten sagt Er klar voraus, Napoleons Reich werde "in Verwirrung gestürzt" , "seine Herrschaft werde ihm entgleiten" und sein Volk von "großem Aufruhr" heimgesucht. Innerhalb eines Jahres erfuhr Napoleon III. bei der Schlacht von Sedan 1870 eine vernichtende Niederlage durch Wilhelm 1. Danach ging er nach England ins Exil, wo er drei Jahre später starb.

119. "O Volk von Konstantinopel!" (¶89)

Das hier mit `Konstantinopel` übersetzte Wort ist im Original "ar-Rúm" oder "Rom", im Nahen Osten die Bezeichnung Konstantinopels und des Oströmischen Reiches, später der Stadt Byzanz und ihres Reiches und schließlich des Osmanischen Reiches.

120. "O Ort, an den Küsten der beiden Meere gelegen!" (¶89)

Ein Hinweis auf Konstantinopel, heute Istanbul. An der 31 km langen Meerenge des Bosporus gelegen, die das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet, ist Istanbul die größte Stadt und der größte Hafen der Türkei. Konstantinopel war von 1453 bis 1922 die Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Während Baháu'lláhs Aufenthalt dort hatte der tyrannische Sultan Abdu'l-Aziz den Thron inne. Die osmanischen Sultane waren als die Kalifen auch die Oberhäupter des sunnitischen Islam. Bahá'u'lláh sagte den Sturz des Kalifats voraus, das 1924 abgeschafft wurde.

121. "O Ufer des Rheins!" (¶90)

In einem Brief aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) erklärt Abdu'l-Bahá, Bahá'u'lláhs Aussage, Er habe die Ufer des Rheins "mit Blut bedeckt" gesehen, beziehe sich auf den Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871), und weitere Leiden stünden bevor. In seinem Werk Gott geht vorüber sagt Shoghi Effendi, der Deutschland nach seiner Niederlage im Ersten Weltkrieg auferlegte "bedrückend schwere Vertrag" habe "das `Wehklagen Berlins` bewirkt, das ein halbes Jahrhundert zuvor so schicksalsschwer vorhergesagt worden war".

122. "Land von Tá" (¶91)

Tá ist der Anfangsbuchstabe von Tihrán, der Hauptstadt Irans. Bahá'u'lláh hat oft Städtenamen durch ihre Anfangsbuchstaben bezeichnet. Nach der Abjad-Rechnung ist der Zahlenwert von Tá neun, was demjenigen des Namens Bahá entspricht.

123. "da in dir die Manifestation Seiner Herrlichkeit geboren ward" (¶92)

Dies ist ein Hinweis auf die Geburt Bahá'u'lláhs in Teheran am 12. November 1817.

124. "O Land von Khá!" (¶94)

Ein Hinweis auf die iranische Provinz Khurásán und die benachbarten Gebiete, wo auch die Stadt Ishqábád liegt.

125. "So jemand einhundert Mithqál Gold erwirbt, gehören neunzehn Mithqál davon Gott und sind Ihm ... zu geben." (¶97)

Dieser Vers begründet die Huqúqu'lláh, das Recht Gottes auf einen festen Anteil an den Vermögenswerten eines Gläubigen. Diese freiwillige Abgabe fiel zunächst an Baháu'lláh als die Manifestation Gottes, nach Seinem Hinscheiden an Abdu'l-Bahá als Mittelpunkt des Bundes. In Seinem Testament bestimmte Abdu'l-Bahá, daß die Huqúqu'lláh "über den Hüter der Sache Gottes" zu leisten seien. Da es keinen Hüter mehr gibt, ist es über das Universale Haus der Gerechtigkeit als Oberhaupt des Glaubens zu entrichten. Der Fonds wird für die Förderung des Gottesglaubens und seiner Interessen sowie für humanitäre Werke ausgegeben. Die Huqúqu'lláh-Zahlung ist eine geistige Pflicht, deren Erfüllung dem Gewissen eines jeden Bahá'í überlassen bleibt. Die Gemeinde wird zwar an die Bestimmungen des Huqúq-Gesetzes erinnert, doch darf der einzelne Gläubige auf die Zahlung nicht angesprochen werden.

Einige Details dieses Gesetzes sind in `Fragen und Antworten` näher ausgeführt. Die Huqúqu'lláh-Zahlung ist auf den Wert des persönlichen Vermögens zu berechnen. Wer Vermögen im Wert von wenigstens neunzehn Mithqál Gold besitzt (Fragen und Antworten 8), hat die geistige Pflicht, einmalig neunzehn Prozent des Gesamtwerts als Huqúqu'lláh abzuführen (Fragen und Antworten 89). Wenn danach Einkünfte nach Abzug aller Kosten den Vermögenswert abermals um neunzehn Mithqál Gold anwachsen lassen, hat man neunzehn Prozent des Zuwachses zu zahlen, und so fort für jeden weiteren Zuwachs (Fragen und Antworten 8 und Fragen und Antworten 90).

Gewisse Vermögensarten wie das Wohnhaus sind von der Huqúqu'llah-Zahlung ausgenommen (Fragen und Antworten 8, Fragen und Antworten42 und 95). Besondere Vorschriften gelten für den Fall finanzieller Verluste (Fragen und Antworten 44 und Fragen und Antworten 45), für ertraglose Anlagen (Fragen und Antworten 102) und für die Huqúqu'lláh-Zahlung im Todesfall (Fragen und Antworten 9, Fragen und Antworten 69 und Fragen und Antworten 80) , (zu letzterem Fall siehe Erläuterungen 47). Ausführliche Textstellen aus Tafeln, den `Fragen und Antworten` sowie anderen Schriften zur geistigen Bedeutung der Huqúqu'lláh und zu den Einzelheiten ihrer Anwendung sind in der Textzusammenstellung Huqúqu'lláh veröffentlicht.

126. "Zahlreiche Bittgesuche der Gläubigen um das Gesetz Gottes ... sind vor Unseren Thron gelangt. Darum haben Wir diese heilige Tafel offenbart und sie mit dem Mantel Seines Gesetzes geschmückt, auf daß das Volk die Befehle seines Herrn befolge." (¶98)

"Einige Jahre lang", erklärt Bahá'u'lláh in einer Tafel, "gelangten Bittgesuche aus verschiedenen Ländern in die Heiligste Gegenwart, die inständig um das Gesetz Gottes baten, doch Wir hielten die Feder zurück, bis die festgesetzte Zeit gekommen war." Erst zwanzig Jahre nach der Geburt Seiner prophetischen Mission im Síyáh-Chál von Teheran offenbarte Baháu'lláh den Kitáb-i-Aqdas, die Schatzkammer für die Gesetze Seiner göttlichen Sendung. Selbst dann hielt Er den Aqdas einige Zeit zurück, ehe er den Gläubigen in Persien gesandt wurde. Dieser gottgewollte Verzug in der Offenbarung des Gottesgesetzes für dieses Zeitalter und die spätere schrittweise Anwendung ihrer Bestimmungen sind ein Beispiel für das Prinzip der fortschreitenden Offenbarung, das sogar innerhalb der Amtszeit eines jeden Propheten wirksam ist.

127. "zu dem ... hochroten Ort" (¶100)

Ein Hinweis auf die Gefängnisstadt Akká. In der Schrift wird das Wort "hochrot" in mehrerlei allegorischem und symbolischem Sinn gebraucht (siehe auch Erläuterungen 115).

128. "der Sidratu'l-Muntahá" (¶100)

Wörtlich "der fernste Lotosbaum", von Shoghi Effendi als "der Baum, über den hinaus keiner gehen kann" übersetzt. Es handelt sich um ein islamisches Symbol, zum Beispiel im Bericht über Muhammads Nachtreise, für den Punkt im Himmel, über den hinaus weder Mensch noch Engel sich Gott nähern dürfen, und somit für die Grenzen des göttlichen Wissens, das der Menschheit offenbart wird. Daher wird der Begriff im offenbarten Bahá'í-Schrifttum oft benutzt, um die Manifestation Gottes selbst zu bezeichnen (siehe auch Erläuterungen 164).

129. "das Mutterbuch" (¶103)

Der Begriff "Mutterbuch" bezeichnet zumeist das zentrale Buch einer Religion. Im Quran und in den islamischen Hadíthen steht dieser Begriff für den Quran. Das Mutterbuch der Bábí-Sendung ist der Bayán, das der Sendung Bahá'u'lláhs der Kitáb-i-Aqdas. Allgemeiner, so der Hüter in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief, kann dieser Begriff auch als "Sammelbezeichnung für die von Bahá'u'lláh offenbarte Lehre" insgesamt verwendet werden. Daneben wird der Begriff auch für das "Himmlische Mutterbuch", die göttliche Quelle aller Offenbarung, gebraucht.

130. "Wer auslegt, was vom Himmel der Offenbarung herabgesandt ward, und dessen offenkundigen Sinn ändert" (¶105)

In verschiedenen Tafeln macht Bahá'u'lláh die Unterscheidung zwischen allegorischen Versen, die der Ausdeutung zugänglich sind, und Versen mit Bezug auf Gegenstände wie Gesetze und Gebote, Andacht und Ritus, deren Bedeutung klar ist und von den Gläubigen Gehorsam verlangt.

Wie in Erläuterungen 145 und Erläuterungen 184 ausgeführt, setzte Bahá'u'lláh Seinen ältesten Sohn Abdu'l-Bahá als Nachfolger und Interpreten Seiner Lehre ein. Abdu'l-Bahá Seinerseits bestimmte, daß Ihm Sein ältester Enkel Shoghi Effendi als Ausleger der Schrift und als Hüter der Sache Gottes folge. Die Interpretationen Abdu'l-Bahás und Shoghi Effendis gelten den Bahá'í als göttlich inspiriert und bindend.

Die Existenz einer autoritativen Interpretation hindert den einzelnen nicht daran, sich dem Studium der Lehre zu widmen und dabei zu einer persönlichen Auslegung, einem eigenen Verständnis zu gelangen. In der Schrift wird jedoch ein klarer Unterschied gemacht zwischen der autontativen Auslegung und dem Schriftverständnis des einzelnen, zu dem er beim Studium der Lehre gelangt ist. Die aus dem individuellen Verständnis der Lehre resultierende, persönliche Auslegung ist die Frucht seiner Verstandeskraft, die zu einer tieferen Erkenntnis des Glaubens führen kann. Ihr fehlt jedoch die Autorität. Wer seine Auffassungen vorträgt, darf die Autorität des offenbarten Wortes nicht aus den Augen verlieren und die autoritative Auslegung nicht bestreiten oder gegen sie ankämpfen. Er soll sich nicht auf Meinungsstreit einlassen, sondern seine Gedanken als einen Beitrag zur allseitigen Erkenntnis präsentieren und erkennen lassen, daß sie seine persönliche, unverbindliche Meinung zum Ausdruck bringen.

131. "Meidet die Gemeinschaftsbecken der persischen Bäder" (¶106)

Baháu'lláh verbietet den Gebrauch der Wasserbecken in den herkömmlichen öffentlichen Badehäusern Persiens. Dort war es üblich, daß alle sich im selben Becken wuschen und das Wasser selten gewechselt wurde. Demzufolge war es verschmutzt und unhygienisch, es entwickelte einen durchdringenden Gestank.

132. "Meidet auch die übelriechenden Wasserbecken in den Höfen der persischen Häuser" (¶106)

Die meisten persischen Häuser hatten ein Wasserbecken im Hof, das als Vorrat zum Putzen, zum Wäschewaschen und zu anderen häuslichen Zwecken diente. Da es sich um stehendes, oft wochenlang nicht gewechseltes Wasser handelte, entwickelte es leicht einen sehr unangenehmen Geruch.

133. "Es ist euch verboten, eine Ehefrau eures Vaters zu heiraten." (¶107)

Die Heirat der Stiefmutter ist hier ausdrücklich verboten. Das gilt auch für den Stiefvater. Wo Bahá'u'lláh in einem Gesetz Rechte und Pflichten des Mannes gegenüber der Frau statuiert, gilt dieses Gesetz mutatis mutandis auch für die Frau gegenüber dem Mann, soweit der Kontext dies nicht ausschließt. Abdu'l-Bahá und Shoghi Effendi weisen darauf hin, daß der Text nur die Stiefmutter erwähnt, was aber nicht bedeute, daß alle anderen Verbindungen innerhalb einer Familie zulässig sind. Nach Baháu'lláh obliegt die Gesetzgebung zu "den Ehehindernissen der Verwandtschaft" dem Universalen Haus der Gerechtigkeit (Fragen und Antworten 50). Abdu'l-Bahá schrieb, je weiter entfernt die Blutsbande zwischen einem Ehepaar sind, desto besser. Solche Ehen seien die Grundlage der leiblichen Wohlfahrt und stärkten die Freundschaftsbande unter den Menschen.

134. "das Thema der Knaben" (¶107)

Der im arabischen Original stehende Begriff hat die Bedeutung der Päderastie. Shoghi Effendi interpretiert diesen Hinweis als Verbot aller gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Die Sexualethik der Bahá'í zielt auf Ehe und Familie als dem Grundpfeiler der Gesellschaft; sie dient dem Schutz und der Stärkung dieser göttlichen Institution. Deshalb ist nach dem Bahá'í-Recht der Beischlaf nur zwischen Ehemann und Ehefrau erlaubt.

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erklärte Shoghi Effendi: "Ungeachtet dessen, wie ergeben und edel die Liebe zwischen Menschen des gleichen Geschlechts auch sei, sie in sexuellen Akten zu äußern, ist falsch. Zu sagen, daß diese Liebe vollkommen sei, ist keine Entschuldigung. Bahá'u'lláh hat alle Formen der Immoralität verboten, und eine homosexuelle Verbindung sieht Er als eine solche an, ganz abgesehen davon, daß sie wider die Natur ist. Hierunter zu leiden, ist für eine ihrer moralischen Pflichten bewußte Seele eine schwere Bürde; doch durch ärztlichen Rat und Beistand, durch willensstarke, entschiedene Anstrengungen und durch das Gebet kann sie diese Behinderung überwinden."

Baháu'lláh hat vorgesehen, daß das Universale Haus der Gerechtigkeit die Strafen für Ehebruch und gleichgeschlechtliche Unzucht je nach der Schwere der Tat bestimmt (Fragen und Antworten 49).

135. "Niemand soll vor aller Augen heilige Verse murmeln, während er durch die Straßen oder über den Markt geht" (¶108)

Dies ist ein Hinweis auf die Gepflogenheit mancher Geistlicher früherer Religionen, die in heuchlerischer Verstellung in der Öffentlichkeit Gebete murmeln, um ihre Frömmigkeit zur Schau zu stellen und das Lob ihrer Anhänger einzuheimsen. Baháu'llah verbietet ein solches Verhalten und betont die Wichtigkeit demütiger, echter Hingabe an Gott.

136. "Jedem ist geboten, ein Testament zu verfassen." (¶109)

Nach Bahá'u'lláhs Lehre hat jeder die Pflicht, ein Testament zu machen, wobei er frei ist, über sein Vermögen nach Gutdünken zu verfügen (siehe Erläuterungen 38). Bahá'u'lláh macht deutlich, daß "der Erblasser" bei der Abfassung seines Testaments "die volle Verfügungsgewalt über sein Vermögen" hat, da Gott ihm gestattet, "mit dem, was Er ihm verliehen hat, so zu verfahren, wie es ihm beliebt" (Fragen und Antworten 69). Die Vorschriften des Kitáb-i-Aqdas zur Aufteilung des Nachlasses gelten für den Fall, daß jemand ohne Testament verstorben ist (siehe Erläuterungen 38, Erläuterungen 39, Erläuterungen 40, Erläuterungen 41, Erläuterungen 42, Erläuterungen 43, Erläuterungen 44, Erläuterungen 45, Erläuterungen 46, Erläuterungen 47, Erläuterungen 48).

137. "der Größte Name" (¶109)

Wie in Erläuterungen 33 dargelegt, kann der "Größte Name Gottes" verschiedene Formen annehmen, die alle auf dem Wort "Bahá" fußen. In Anwendung dieser Vorschrift überschreiben die Bahá'í des Ostens ihr Testament mit Wendungen wie `O Du Herrlichkeit des Allherrlichen!`, `Im Namen Gottes, des Allherrlichen` oder `Er ist der Allherrliche`.

138. "Aller Feste Krönung sind die beiden Größten Feste und die beiden anderen Feste, die auf die Zwillingstage fallen." (¶110)

Dieser Absatz führt vier große Feste des Bahá'í-Jahres ein. Die von Bahá'u'lláh als die "beiden Größten Feste" bezeichneten sind erstens das Ridvan-Fest, das an Bahá'u'lláhs Verkündigung Seiner prophetischen Sendung im Garten Ridvan bei Baghdád während zwölf Tagen im April und Mai 1863 erinnert, von Ihm als "der König der Feste" bezeichnet, und zweitens die Verkündigung des Báb im Mai 1844 in Shiráz. Der erste, neunte und zwölfte Tag des Ridvan-Festes sind Feiertage (Fragen und Antworten 1), desgleichen der Tag der Verkündigung des Báb.

Die "beiden anderen Feste" sind die Geburtstage Bahá'u'lláhs und des Báb. Im islamischen Mondkalender fallen sie auf zwei aufeinanderfolgende Tage: Bahá'u'lláh wurde am zweiten Tag des Monats Muharram 1233 d.H. (12. November 1817) geboren, der Báb am ersten Tag desselben Monats 1235 d.H. (20. Oktober 1819). Sie werden deshalb als "die Zwillingsgeburtstage" bezeichnet. Bahá'u'lláh sagt, daß sie vor Gott als ein Tag gelten (Fragen und Antworten 2). Sollten sie auf die Fastenzeit fallen, so gilt nach Bahá'u'lláh das Fastengebot für diese Tage nicht (Fragen und Antworten 36). Da der Bahá'í-Kalender ein Sonnenkalender ist (siehe Erläuterungen 26 und Erläuterungen 147), obliegt dem Universalen Haus der Gerechtigkeit die Entscheidung, ob die beiden heiligen Geburtstage auf der Grundlage des Sonnen- oder des Mondkalenders zu feiern sind.

139. "den ersten Tag des Monats Bahá" (¶111)

Im Bahá'í-Kalender tragen der erste Monat des Jahres und der erste Tag jedes Monats den Namen "Bahá". Der Tag Bahá des Monats Bahá ist somit das Bahá'í-Neujahr, Naw-Rúz, vom Báb als Festtag bestimmt und von Bahá'u'lláh bestätigt (siehe Erläuterungen 26 und Erläuterungen 147).

Über die sieben Feiertage hinaus, die diese Abschnitte des Kitáb-i-Aqdas verordnen, wurde zu Lebzeiten Bahá'u'lláhs der Jahrestag des Märtyrertodes des Báb als Feiertag begangen. Entsprechend führte Abdu'l-Bahá das Gedenken an das Hinscheiden Bahá'u'lláhs ein, so daß es insgesamt neun Feiertage gibt. Zwei weitere Gedenktage sind der Tag des Bundes und der Jahrestag des Hinscheidens Abdu'l-Bahás. Sie werden festlich begangen, sind aber nicht arbeitsfrei (siehe den Abschnitt über den Bahá'í-Kalender in `The Bahá'í-World` Bd.20 Haifa 1998).

140. "Das Größte Fest ist fürwahr der König aller Feste." (¶112)

Dieser Vers bezieht sich auf das Ridvan-Fest (siehe Erläuterungen 107 und Erläuterungen 138).

141. "Gott hat vormals allen Gläubigen geboten, vor Unserem Thron einzigartige Gegenstände als Gabe aus ihrem Besitz darzubringen. Zum Zeichen Unserer gnädigen Gunst haben Wir sie von dieser Pflicht befreit." (¶114)

Dieser Absatz hebt eine Bestimmung des Bayán auf, wonach alle Gegenstände, die in ihrer Art unvergleichlich sind, dem, den Gott offenbaren wird, bei Seinem Erscheinen zu übergeben sind. Der Báb erläuterte, die Manifestation Gottes stehe über jedem Vergleich, und deshalb sollte alles, was in seiner Art unvergleichlich ist, Ihm zukommen, sofern Er nicht anders entscheidet.

142. "zur Stunde der Morgendämmerung" (¶115)

Zur Teilnahme an den Morgengebeten im Mashriqu'l-Adhkár, dem Bahá'í-Haus der Andacht, erläutert Bahá'u'lláh, daß zwar die im Buch Gottes angegebene Zeit die "Stunde der Morgendämmerung" ist, aber jede Zeit von der "frühesten Dämmerung" an, "zwischen Dämmerung und Sonnenaufgang oder sogar bis zwei Stunden nach Sonnenaufgang" annehmbar ist (Fragen und Antworten 15).

143. "Diese Tafeln sind geschmückt mit dem Siegel dessen, der den Morgen dämmern läßt, der Seine Stimme erhebt zwischen Himmel und Erde." (¶117)

Bahá'u'lláh hat mehrfach die absolute Unverfälschtheit Seiner Schrift als Wort Gottes bekräftigt. Manchen Seiner Tafeln ist eines Seiner Siegel aufgedrückt. The Bahá'í World, Bd.V p.4 zeigt eine Photographie einiger Siegel Bahá'u'lláhs.

144. "Dem Menschen ist Verstand gegeben. Darum nehme er nichts zu sich, was ihn dessen beraubt" (¶119)

In der Schrift gibt es zahlreiche Textstellen, die den Genuß von Wein und anderen berauschenden Getränken verbieten und die gesundheitsschädlichen Wirkungen solcher Rauschmittel auf den Menschen beschreiben. In einer Tafel erklärt Bahá'u'lláh: "Hütet euch, daß ihr den Wein Gottes nicht gegen euren Wein vertauscht, denn er wird euch den Verstand verzehren und eure Gesichter vom Antlitz Gottes, des Allherrlichen, des Unvergleichlichen, des Unerreichbaren, abwenden. Nahet ihm nicht, denn er ist euch durch den Befehl Gottes, des Erhabenen, des Allmächtigen, verboten."

Abdu'l-Bahá erläutert, daß der Aqdas "sowohl leichte wie starke Getränke" verbietet, und nennt als Grund für das Verbot alkoholischer Getränke, daß "Alkohol den Geist in die Irre führt und den Leib schwächt".

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief führt Shoghi Effendi aus, daß dieses Verbot nicht nur den Weingenuß umfaßt, sondern "alles, was den Verstand verwirrt". Er stellt klar, daß der Genuß von Alkohol nur erlaubt ist im Rahmen einer Heilbehandlung "nach dem Rat eines kompetenten, gewissenhaften Arztes, der ihn zur Heilung einer bestimmten Krankheit vielleicht verschreiben muß".

145. "wendet euer Angesicht Ihm zu, den Gott bestimmt hat, der aus dieser urewigen Wurzel entsproß" (¶121)

Hier verweist Bahá'u'lláh auf Abdu'l-Bahá als Seinen Nachfolger und ruft die Gläubigen auf, sich Ihm zuzuwenden. Im Kitáb-i-Ahd, dem Buch des Bundes, Seinem Testament, enthüllt Bahá'u'lláh den Sinn dieses Verses: "Mit diesem heiligen Vers ist kein anderer gemeint als der Mächtigste Zweig." `Der Mächtigste Zweig` ist einer der Titel, die Baháu'llah Abdu'l-Bahá verliehen hat (siehe auch Erläuterungen 66 und Erläuterungen 184).

146. "Im Bayán wurde euch verboten, Uns Fragen zu stellen." (¶126)

Der Báb untersagte Seinen Anhängern, `Dem, Den Gott offenbaren wird` (Bahá'u'lláh), Fragen zu stellen, es sei denn, diese Fragen würden schriftlich unterbreitet und bezögen sich auf Gegenstände, die Seiner erhabenen Stufe würdig sind. Bahá'u'lláh hebt dieses Verbot des Báb auf. Er lädt die Gläubigen ein, Fragen zu stellen, die ihnen "nötig erscheinen", warnt sie aber vor "müßigen Fragen", wie sie die Gedanken der "Menschen früherer Zeiten" beschäftigten.

147. "Die Zahl der Monate eines Jahres, festgelegt im Buche Gottes, ist neunzehn." (¶127)

Entsprechend dem Badí-Kalender besteht das Bahá'í-Jahr aus neunzehn Monaten zu je neunzehn Tagen; zur Anpassung an das Sonnenjahr kommen zwischen dem achtzehnten und dem neunzehnten Monat Schalttage (in normalen Jahren vier, in Schaltjahren fünf) hinzu. Der Báb benannte die Monate nach Eigenschaften Gottes. Naw-Rúz, das Bahá'í-Neujahr, ist astronomisch fixiert und fällt auf die Tagundnachtgleiche im März (siehe Erläuterungen 26). Die Namen der Monate und der Wochentage sowie weitere Einzelheiten finden sich in The Bahá'í World Bd.XX Haifa 1998.

148. "Der erste von ihnen ward geschmückt mit diesem Namen, der die Welt der Schöpfung beschirmt." (¶127)

Im Persischen Bayán verlieh der Báb dem ersten Monat des Jahres den Namen "Bahá" (siehe Erläuterungen 139)

150. "der Punkt des Bayán" (¶129)

Der "Punkt des Bayán" ist einer der Titel, mit dem der Báb sich selbst bezeichnete.

151. "daß der Verstorbene in fünf Tücher aus Seide oder Baumwolle gehüllt werde" (¶130)

Im Bayán bestimmte der Báb, daß der Leichnam in fünf Tücher aus Seide oder Baumwolle zu hüllen sei. Bahá'u'lláh bestätigt diese Bestimmung und fügt hinzu: "Wer über begrenzte Mittel verfügt, für den genügt ein einziges Tuch aus einem der beiden Stoffe." Auf die Frage, ob mit den "fünf Tüchern" `fünf Leichentücher von voller Länge` oder `fünf Tücher, wie sie seither gebräuchlich waren`, gemeint sind, antwortete Bahá'u'lláh, daß "die Verwendung von fünf Tüchern gemeint" ist (Fragen und Antworten 56). Zur Art und Weise, wie der Leichnam unter Verwendung von "fünf Tüchern" oder von nur "einem ... Tuch" eingehüllt werden soll, ist in der Schrift nichts enthalten. Gegenwärtig steht den Bahá'í frei, in dieser Sache nach ihrem Ermessen zu verfahren.

152. "Es ist euch verboten, den Leichnam mehr als eine Stunde Weges aus der Stadt zu bringen" (¶130)

Der Zweck dieses Verbots ist, die Zeitdauer des Leichentransports auf eine Stunde zu begrenzen, unabhängig vom Transportmittel für den Weg zur Begräbnisstätte. Bahá'u'lláh betont: "Je früher das Begräbnis stattfindet, desto angemessener und annehmbarer ist es." (Fragen und Antworten 16) Als Ort des Todes kann die gesamte Stadt oder Gemeinde, in der der Verstorbene verschied, aufgefaßt werden. Somit kann der einstündige Transport von der Stadtgrenze bis zur Begräbnisstätte gerechnet werden. Nach dem Geist des Gesetzes Bahá'u'lláhs soll der Verstorbene nahe dem Ort seines Todes begraben werden.

153. "Gott hebt die im Bayán verfügten Reisebeschränkungen auf" (¶131)

Der Báb verfügte für Reisen gewisse Beschränkungen, die bis zum Kommen des im Bayán Verheißenen gelten sollten. Nach dessen Erscheinen waren die Gläubigen gehalten, sich - nötigenfalls zu Fuß - aufzumachen, um Ihm zu begegnen, war es doch der Zweck und die Frucht ihres Daseins, in Seine Gegenwart zu gelangen.

154. "Erhöht und lobpreiset die beiden Häuser an den geheiligten Zwilhngsorten sowie die anderen Orte, an denen der Thron eures Herrn ... aufgestellt war" (¶133)

Bahá'u'lláh bestimmt als die "beiden Häuser" Sein Haus in Baghdád, das Er "das Größte Haus" nennt, und das Haus des Báb in Shíráz. Beide Häuser hat Er zu Pilgerstätten bestimmt (siehe Fragen und Antworten 29 und Fragen und Antworten 32 sowie Erläuterungen 54). Wie Shoghi Effendi darlegt, handelt es sich bei den "anderen Orten, an denen der Thron eures Herrn ... aufgestellt war", um Gebäude, in denen die Manifestation Gottes wohnte. Bahá'u'lláh sagt, daß "die Bewohner der dortigen Gegend" entscheiden mögen, "ob sie eines oder alle Häuser", in denen Er wohnte, "vor dem Verfall bewahren" wollen (Fragen und Antworten 32). Die Bahá'í-Institutionen haben zahlreiche Liegenschaften, die zu den beiden Manifestationen Gottes in Beziehung stehen, identifiziert, dokumentiert sowie nach Möglichkeit erworben und restauriert.

155. "Habt acht, daß nichts, was im Buch verzeichnet war, euch hindere, auf dieses Lebendige Buch zu hören" (¶134)

Das "Buch" ist die Aufzeichnung des offenbarten Wortes der Manifestation Gottes. Das "Lebendige Buch" bezieht sich auf die Person der Manifestation. Dies ist ein Hinweis auf eine Äußerung des Báb im Persischen Bayán. Er bezeichnet dort Ihn, den Gott offenbaren wird, als "das Lebendige Buch". In einer Tafel erklärt Bahá'u'lláh selbst: "Das Buch Gottes ist in der Gestalt dieses Jünglings herab gesandt."

Bahá'u'lláh bezeichnet sich im hier behandelten Vers und abermals in Vers 168 als das "Lebendige Buch". Er warnt die Gläubigen "aller Religionen" davor, "aus ihren heiligen Büchern Gründe zusammenzusuchen", um damit das Wort des "Lebendigen Buches" zu widerlegen. Desgleichen ermahnt Er das Volk, es solle sich nicht durch das, was im "Buch" verzeichnet ist, davon abhalten lassen, Seine Stufe zu erkennen und sich fest an das zu klammern, was in dieser neuen Offenbarung enthüllt wurde.

156. "... jene Worte ... die zum Preise dieser Offenbarung aus der Feder Meines Herolds strömten" (¶135)

Der Lobpreis, den Bahá'u'lláh hier anführt, stammt aus dem Arabischen Bayán.

157. "Die Qibla ist fürwahr Er, den Gott offenbaren wird. Wohin Er sich begibt, dahin folgt sie, bis Er Seine letzte Ruhe findet." (¶137)

Zur ausführlichen Behandlung dieses Verses siehe Erläuterungen 7 und Erläuterungen 8.

158. "Es ist nicht erlaubt, jemanden zu ehelichen, der nicht an den Bayán glaubt. Nimmt nur ein Ehepartner diesen Glauben an, so hat der andere keinen Anspruch auf dessen Habe ..." (¶139)

Die hier von Bahá'u'lláh angeführte Stelle des Bayán lenkt die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf das unmittelbar bevorstehende Kommen "dessen, den Gott offrnbaren wird". Das Verbot der Eheschließung mit einer Person, die nicht Bábí ist, samt der Vorschrift, daß das Eigentum eines gläubig gewordenen Ehepartners nicht rechtmäßig an den Nicht-Babí-Partner übergehen könne, hatte der Báb ausdrücklich in der Schwebe gehalten. Baháu'lláh hob diese Gesetze auf, ehe sie in Kraft waren, und weist, indem Er sie zitiert, auf die vom Báb eindeutig vorausgeschaute Möglichkeit hin, daß Seine Sache früher als die des Báb zu Ansehen gelangt.

Wie Shoghi Effendi in seinem Werk Gott geht vorüber ausführt, sollte der Bayán "eher als eine Lobpreisung des Verheißenen denn als Kanon von Gesetzen und Geboten zur ständigen Führung künftiger Geschlechter angesehen werden". "Betont streng in seinen Vorschriften und Statuten", so fährt er fort, "umwälzend in seinen Grundsätzen, die dazu bestimmt waren, die Geistlichkeit und das Volk aus einer jahrhundertelangen Erstarrung und Dumpfheit aufzurütteln und veralteten, korrupten Institutionen einen unerwarteten, vernichtenden Schlag zu versetzen, kündet es mit seinen drastischen Bestimmungen das Kommen des verheißenen Tages, da der `Rufer zu harter Arbeit rufen wird`, da Er `alles zerstören wird, was je vor Ihm war, wie der Gesandte Gottes die Sitten derer zerstörte, die vor Ihm waren`" (siehe auch Erläuterungen 109).

159. "der Punkt des Bayán" (¶140)
Ein Titel des Báb

160. "Wahrlich, es ist kein Gott außer Mir ..." (¶143)

In der Schrift finden sich viele Texte, welche das Wesen der Manifestation und ihre Beziehung zu Gott erläutern. Bahá'u'lláh betont das einzigartige, transzendente Wesen der Gottheit: "Da es kein Band unmittelbaren Verkehrs geben kann, das den einen, wahren Gott an Seine Schöpfung bindet", bestimmt Gott, "daß in jedem Zeitalter und in jeder Sendung eine reine, unbefleckte Seele in den Reichen von Erde und Himmel offenbar werde." Dieses "geheimnisvolle, himmlische Wesen", die Manifestation Gottes, hat eine menschliche Natur, die der "Welt des Stoffes" zugehört, und eine geistige Natur, die "aus Gottes eigener Substanz geboren ist". Er hat Ihm ferner eine "doppelte Stufe" verliehen: "Die erste Stufe, die sich auf Seine innerste Wirklichkeit bezieht, verkörpert Ihn als den, dessen Stimme die Stimme Gottes selbst ist ... Die zweite Stufe ist die menschliche Stufe, erläutert durch die Verse: `Ich bin nur ein Mensch wie ihr.`¹ `Sprich: Preis sei meinem Herrn! Bin ich mehr als ein Mensch, ein Apostel?`²"

¹ vgl. Quran 18/11
² vgl. Quran 17/94

Bahá'u'lláh versichert auch, daß im Reich des Geistes eine "wesenhafte Einheit" zwischen allen Manifestationen Gottes bestehe. Sie alle enthüllen "Gottes Schönheit", offenbaren Seine Namen und Attribute und verkünden Sein Wort: "Sollte eine der allumfassenden Manifestationen Gottes erklären: `Ich bin Gott!`, so spräche sie gewißlich die Wahrheit, und es gäbe daran keinen Zweifel. Denn wiederholt wurde dargetan, daß durch ihre Offenbarung, ihre Eigenschaften und Namen die Offenbarung Gottes, Seine Namen und Seine Attribute in der Welt offenkundig gemacht sind."

Wenn auch die Manifestationen die Namen und Attribute Gottes offenbaren und der Menschheit den Zugang zur Erkenntnis Gottes eröffnen, dürfen sie jedoch nach Shoghi Effendi "niemals ... mit jener unsichtbaren Wirklichkeit, mit dem Wesen der Gottheit selbst gleichgesetzt werden". Über Bahá'u'lláh schreibt der Hüter, daß der "zum Träger einer derart überwältigenden Offenbarung erkorene menschliche Tempel" niemals mit der "Wirklichkeit" Gottes gleichgesetzt werden darf.

Zur Einzigartigkeit der Stufe Bahá'u'lláhs und zur Größe Seiner Offenbarung versichert Shoghi Effendi, Bahá'u'lláhs Kommen habe die Prophezeiungen in den heiligen Schriften der früheren Religionen über den "Tag Gottes" erfüllt: "Für Israel war Er nicht weniger als die Verkörperung des `ewigen Vaters`, des `Herrn der Heerscharen`, herniedergekommen `mit zehntausend Heiligen`, für die Christenheit Christus, wiedergekommen `in der Herrlichkeit des Vaters`, für den schiitischen Islam die Wiederkehr des Imám Husayn, für den sunnitischen Islam die `Herabkunft des Geistes Gottes` (Jesus Christus), für die Anhänger Zarathustras der verheißene Sháh-Bahrám, für die Hindus die Verkörperung Krischnas, für die Buddhisten der fünfte Buddha."

Bahá'u'lláh beschreibt die Stufe der "Göttlichkeit", die Er mit allen Manifestationen Gottes teilt, als "... die Stufe, auf der das Selbst stirbt und man in Gott lebt. Wo immer ich von Göttlichkeit spreche, bedeutet dies meine gänzliche, vollständige Selbstauslöschung. Auf dieser Stufe habe ich keine Gewalt mehr über mein eigenes Wohl und Wehe, noch über mein Leben oder meine Auferstehung."

Und über Seine Beziehung zu Gott bezeugt Er: "Wenn ich, o Gott, über das Verhältnis nachsinne, das mich mit Dir verbindet ... so fühle ich mich bewogen, allen erschaffenen Dingen zu verkünden: `Wahrlich, Ich bin Gott!`; und wenn ich mein eigenes Selbst betrachte, siehe, so finde ich, daß es geringer ist als der Staub."

161. "die Zahlung der Zakát" (¶146)

Mit Zakát bezeichnet der Quran ein regelmäßiges, für Muslime verpflichtendes Almosen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich dieses Konzept zu einer Almosensteuer, die, ab einem bestimmten Betrag, zur Abgabe eines Anteils aus bestimmten Einkommensarten als Hilfe für die Armen, für wohltätige Zwecke und zur Unterstützung des Glaubens verpflichtete. Die Mindesterträge waren für verschiedene Vermögenswerte unterschiedlich, ebenso der auf die Bemessungsgrundlage anzuwendende Prozentsatz.

Wie Bahá'u'lláh erklärt, folgt das Bahá'í-Gesetz der Zakát "dem ... was im Quran offenbart ist" (Fragen und Antworten 107). Da Einzelheiten wie die Freigrenzen, die steuerpflichtigen Einkommensarten, die Zahlungstermine und die Prozenttabellen für die verschiedenen Arten von Zakát im Quran nicht geregelt sind, werden diese Fragen in der Zukunft vom Universalen Haus der Gerechtigkeit zu regeln sein. Shoghi Effendi erklärte, bis zu einer solchen Gesetzgebung sollten die Gläubigen nach ihren Mitteln und Möglichkeiten regelmäßige Beiträge zum Bahá'í-Fonds leisten.

162. "Betteln ist verboten, und es ist verboten, dem Bettler zu geben." (¶147)

In einem Brief erläutert Abdu'l-Bahá die Bedeutung dieses Verses: "Betteln ist verboten, und es ist ebenfalls verboten, denen Almosen zu geben, die das Betteln zu ihrem Beruf machen." Im selben Brief heißt es: "Das Ziel ist, die Bettelei völlig zu beseitigen. So jemand nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wenn er in Armut geraten oder hilflos ist, obliegt es den Reichen und den Bevollmächtigten, ihm monatliche Unterhaltsleistungen zu gewähren ... Mit `Bevollmächtigten` sind die Repräsentanten des Volkes gemeint, das heißt die Mitglieder des Hauses der Gerechtigkeit." Das Verbot, Bettlern Almosen zu geben, hindert den einzelnen und Geistige Räte nicht, Arme und Bedürftige finanziell zu unterstützen oder ihnen die Möglichkeit zu geben, sich Fertigkeiten zum selbständigen Erwerb ihres Lebensunterhalts anzueignen (siehe Erläuterungen 56).

163. "Eine Geldstrafe ... ward ehedem ... für den bestimmt, der einem anderen Kummer bereitet hat." (¶148)

Bahá'u'lláh hebt das Gesetz des Persischen Bayán auf, das zur Zahlung einer Geldstrafe verpflichtete, wenn man einem anderen Kummer bereitet hat.

164. "der geheiligte Lotosbaum" (¶148)

Der `geheiligte Lotosbaum` bezieht sich auf den Sidratu'l-Muntahá, den "Baum, über den hinaus keiner gehen kann" (siehe Erläuterungen 128). Hier wird er symbolisch auf Bahá'u'lláh bezogen.

165. "Sprecht die Verse Gottes jeden Morgen und jeden Abend." (¶149)

Bahá'u'lláh erklärt, das erste "Erfordernis" für die Rezitation der "Verse Gottes" sei "die liebevolle Hingabe" der Gläubigen, "das Wort Gottes zu lesen" (Fragen und Antworten 68). Zur Definition der `Verse Gottes` sagt Bahá'u'lláh, daß sich dies auf "alles bezieht, was aus dem Himmel göttlicher Rede herabgesandt ward". Shoghi Effendi stellt in einem Brief an die Gläubigen des Ostens klar, daß der Begriff `Verse Gottes` Abdu'l-Bahás Schriften nicht einschließt und daß dies auch für seine eigenen Schriften gilt.

166. "Es ward euch geboten, die Möbel eurer Wohnung alle neunzehn Jahre zu erneuern." (¶151)

Bahá'u'lláh bestätigt das Gebot des Arabischen Bayán zur Erneuerung der Wohnungseinrichtung alle neunzehn Jahre, sofern man dazu in der Lage ist. Nach Abdu'l-Bahá dient dieses Gebot der Förderung von Reinheit und Sauberkeit. Er sagt, der Sinn dieses Gesetzes sei, daß man Möbelstücke auswechselt, die alt geworden sind, ihren Glanz verloren haben und abstoßend wirken. Das Gesetz bezieht sich nicht auf Wertgegenstände, Antiquitäten oder Schmuck.

167. "Wascht euch die Füße" (¶152)

Die Gläubigen werden im Kitáb-i-Aqdas ermahnt, regelmäßig zu baden, saubere Kleidung zu tragen und ganz allgemein der Inbegriff der Sauberkeit und der Feinheit zu sein. Die `Inhaltsübersicht und systematische Darstellung`, Abschnitt W.D.3.y.1.- VII. faßt die einschlägigen Bestimmungen zusammen. Zum Waschen der Füße erklärt Bahá'u'lláh, warmes Wasser sei dafür vorzuziehen, Waschen in kaltem Wasser ist jedoch gleichfalls erlaubt (Fragen und Antworten 97)

168. "Der Gebrauch von Kanzeln ist euch verboten. Wer euch die Verse seines Herrn vortragen will, der sitze auf einem Stuhl auferhöhtem Platz" (¶154)

Diese Vorschrift findet sich schon im Persischen Bayán. Der Báb verbot den Gebrauch von Kanzeln für Ansprachen und für Lesungen des heiligen Textes. Statt dessen solle man für den Sprecher einen Stuhl auf ein Podium stellen, so daß alle das Wort Gottes deutlich vernehmen können.

In Kommentaren zu diesem Gesetz machten Abdu'l-Bahá und Shoghi Effendi klar, daß im Mashriqu'l-Adhkár (wo Predigten verboten sind und nur die Verse der heiligen Schriften gelesen werden) der Sprecher stehen oder sitzen kann und daß, so es zum besseren Verstehen erforderlich sein sollte, man eine niedrige bewegliche Plattform verwenden könne, daß aber eine Kanzel nicht erlaubt sei. Bei Versammlungen außerhalb des Mashriqu'l-Adhkár kann der Rezitierende oder Sprecher ebenfalls sitzen, stehen oder ein Podium benutzen. In einem Brief, in dem Er abermals auf das Kanzelverbot eingeht, betont Abdu'l-Bahá, die Bahá'í sollten Ansprachen im Geiste tiefster Demut und Selbstverleugnung halten.

169. "Glücksspiel" (¶155)

Was unter dieses Verbot fällt, ist im Schrifttum Bahá'u'lláhs nicht näher dargestellt. Sowohl Abdu'l-Bahá als auch Shoghi Effendi weisen darauf hin, daß es dem Universalen Haus der Gerechtigkeit obliegt, die Details zu diesem Verbot festzulegen. Auf Fragen, ob Lotterien, Pferdewetten, Fußballtoto sowie Bingo und dergleichen unter das Glücksspielverbot fallen, erklärte das Universale Haus der Gerechtigkeit, daß diese Einzelheiten erst in der Zukunft erwogen werden. Bis dahin wird den Räten und den Gläubigen empfohlen, von diesen Dingen kein Aufhebens zu machen und sie dem Gewissen des einzelnen zu überlassen. Das Haus der Gerechtigkeit hat bestimmt, daß Geldmittel für den Glauben nicht durch Lotterien, Tombolas und Glücksspiele aufgebracht werden dürfen.

170. "Opium ... Hütet euch vor allen Stoffen, die den Tempel des Menschen stumpf und träge machen" (¶155)

Dieses Verbot des Opiumkonsums wiederholt Bahá'u'lláh im letzten Vers des Kitáb-i-Aqdas. In diesem Zusammenhang sagte Shoghi Effendi, Voraussetzung für ein "reines, heiliges Leben" sei die "völlige Abstinenz ... von Opium und ähnlichen Drogen, die zur Abhängigkeit führen". Heroin, Haschisch und andere Hanfderivate wie Marihuana, aber auch halluzinogene Rauschmittel wie LSD, Peyote und ähnliche Stoffe fallen unter dieses Verbot. Abdu'l-Bahá schreibt:

"Was ... Opium betrifft: Es ist abscheulich und verflucht, und Gott möge uns vor Seiner Strafe für den, der es nimmt, beschützen! Der Text des Heiligsten Buches verbietet es ausdrücklich und verurteilt seinen Genuß in höchstem Maße. Die Vernunft sieht im Opiumrauchen eine Wahnsinnstat, und die Erfahrung zeigt, daß der Opiumraucher alles verliert, was die Stufe des Menschen ausmacht. Möge Gott alle vor einem so abscheulichen Tun beschützen, welches die Grundlage des Menschseins zerstört und den Süchtigen für Zeit und Ewigkeit zugrunde

richtet. Opium ergreift Besitz von der Seele des Menschen, so daß sein Gewissen stirbt, sein Verstand erlischt und seine Wahrnehmungskraft schwindet. Es tötet das Leben und löscht die natürliche Wärme. Schlimmeres Leid als das, was Opium anrichtet, kann man sich nicht vorstellen. Wohl denen, die nicht einmal das Wort über die Lippen bringen. Bedenkt somit, wie erbärmlich derjenige ist, der es zu sich nimmt!"

"O ihr, die ihr Gott liebt! Gewalt, Zwang, Repression und Unterdrückung sind in diesem Zeitalter Gottes, des Allmächtigen, allesamt verurteilt. Doch alle diese Mittel sind angebracht, um den Opiumkonsum zu verhindern und die Menschheit von dieser verheerenden Plage zu erlösen. Ansonsten gilt: Wehe und Elend einem jeden, der seine Pflicht vor seinem Herrn versäumt!"

In einem Brief schreibt Abdu'l Bahá zum Opium: "Die Konsumenten, die Käufer und die Verkäufer sind allesamt der Gnade und Güte Gottes beraubt", und in einem anderen Brief:

"Du hast darauf hingewiesen, daß manche Perser sich an den Genuß von Haschisch gewöhnt haben. Gnädiger Gott! Dies ist ein verheerendes Rauschmittel, und sein Verbot ist ausdrücklich offenbart. Sein Genuß führt zum Zerfall des Verstands und zur völligen Stumpfheit der Seele. Wie kann ein Mensch die Frucht des Höllenbaumes begehren und durch ihren Genuß so weit kommen, daß er die Eigenschaften eines Monstrums annimmt? Wie kann man nur diese verbotene Droge genießen und sich dadurch selbst der Segnungen des Allbarmherzigen berauben! Alkohol verzehrt den Verstand und läßt den Menschen sinnlose Taten begehen, doch Opium, diese faule Frucht des Höllenbaums, und das elende Haschisch lassen den Verstand verlöschen, den Geist erstarren, die Seele versteinern, den Leib verkümmern und den Menschen empfindungslos zuschanden werden."

Es sei angemerkt, daß das Verbot bestimmter Drogen ihre Anwendung dann nicht ausschließt, wenn ein kompetenter Arzt sie im Rahmen seiner Behandlung verordnet.

171. "das `Geheimnis der Großen Umkehr im Zeichen des Souveräns`" (¶157)

Nach der Prophezeiung von Shayk Ahmad-i-Ahsá'í (1753-1831), dem Begründer der Shaykhí-Schule, der ersten der "beiden Leuchten, die den Beginn des Bábí-Glaubens ankündigten", werden mit dem Kommen des Verheißenen alle Dinge umgekehrt: Die Letzten werden die Ersten und die Ersten die Letzten sein. Baháu'lláh behandelt in einer Tafel "das Sinnbild und den Hinweis" auf das "Geheimnis der Großen Umkehr im Zeichen des Souveräns". "Durch diese Umkehr", erklärt Er, "hat Er bewirkt, daß das Hohe erniedrigt und das Niedrige erhöht werde." Er erinnert daran, wie "in den Tagen Jesu jene, die für ihre Gelehrsamkeit berühmt waren, die Gebildeten und Schriftgelehrten, Ihn verleugneten, während einfache Fischer sich eilten, Einlaß in das Reich Gottes zu erlan-gen" (siehe auch Erläuterungen 172). Weitere Informationen über Shaykh Ahmad-i-Ahsá'í finden sich in Nabíls Bericht, Kapitel 1 und 10.

172. "die `Sechs ... die kraft dieses `aufrechten Alíf` erhoben ist" (¶157)

In seinen Schriften hob Shaykh Ahmad-i-Ahsá'í den arabischen Buchstaben "Váv" besonders hervor. Wie Nabíl in seinem Bericht darlegt, war dieser Buchstabe "dem Báb ein Sinnbild für den Eintritt in einen neuen Zyklus göttlicher Offenbarung." Bahá'u'lláh hat später im Kitáb-i-Aqdas mit den Wendungen `Geheimnis der Großen Umkehr` und `Zeichen des Souveräns` darauf verwiesen.

Der Name des Buchstabens "Váv" besteht seinerseits aus drei Buchstaben: Váv, Alif und Váv. Nach der Abjad-Rechnung ist der Zahlenwert dieser Buchstaben 6, 1 und 6. In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief an einen Gläubigen im Orient gibt Shoghi Effendi eine Erklärung zu diesem Aqdas-Vers. Danach bezieht sich das "aufrechte Alif" auf das Kommen des Báb. Der erste Buchstabe mit dem Wert sechs, der dem Alif voransteht, versinnbildlicht die dem Báb vorangegangenen Offenbarungen, während der dritte Buchstabe, gleichfalls mit dem Wert sechs, für Bahá'u'lláhs höchste Manifestation, offenbart nach dem Alif, steht.

173. "Es ist euch verboten, Waffen zu tragen, außer wenn dies nötig ist" (¶159)

Bahá'u'lláh bestätigt eine Bestimmung des Bayán, die das Tragen von Waffen verbietet, sofern dies nicht notwendig ist. Was die Umstände angeht, unter denen das Waffentragen für eine Einzelperson `nötig` ist, so gestattet Abdu'l-Bahá dies zum Selbstschutz in gefährlicher Umgebung. Auch Shoghi Effendi sagt in einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief, daß ein Bahá'í notfalls, wenn die Staatsgewalt nicht präsent ist, das Recht hat, sein Leben zu verteidigen. Es gibt auch andere Situationen, in denen Waffen vonnöten sind und eingesetzt werden dürfen, etwa in Gebieten, wo die Menschen für ihre Nahrung und Kleidung auf die Jagd gehen, oder bei Sportarten wie Bogenschießen, beim Schießsport und beim Fechten.

Im Bereich der Gesellschaft geht das Prinzip kollektiver Sicherheit, wie es Bahá'u'lláh verkündet (vgl. Ährenlese 117) und Shoghi Effendi ausgeführt hat (vgl. Die Weltordnung Bahá'u'lláhs), keineswegs davon aus, daß die Anwendung von Gewalt abgeschafft wird. Vielmehr führt dieses Prinzip zu einem "System, in dem die Gewalt zur Dienerin der Gerechtigkeit gemacht" und die Existenz einer internationalen Friedensstreitmacht vorgesehen ist, welche die "organische Einheit des ganzen Gemeinwesens sichert". In der Tafel "Bishárát" gibt Bahá'u'lláh der Hoffnung Ausdruck, "daß die Träger der Macht Gottes ... auf der ganzen Welt Kriegswaffen in Werkzeuge des Aufbaus verwandeln und Kampf und Streit aus der Menschen Mitte verbannen". In der gleichen Tafel betont Bahá'u'lláh die Bedeutung der Freundschaft mit den Gläubigen aller Religionen, wo Er erklärt, daß "das Gesetz des heiligen Krieges aus dem Buche getilgt ist".

174. "und es ist euch erlaubt, euch in Seide zu kleiden" (¶159)

Nach islamischem Recht ist es dem Mann generell verboten, Seide zu tragen, außer zur Zeit des heiligen Krieges. Dieses Verbot, das nicht auf dem Quran fußt, hat der Báb aufgehoben.

175. "hat euch der Herr von den Beschränkungen befreit, die vormals für Kleidung und den Schnitt des Bartes galten" (¶159)

Viele Regeln zur Kleidung hatten ihren Ursprung in den Gesetzen und den überlieferten Ordnungen und Bräuchen der Religionen. Zum Beispiel legte sich die schiitische Geistlichkeit eine besondere Art von Kopfbedeckung und Gewandung zu. Zeitweise verbot sie den Menschen, europäische Kleidung zu tragen. In dem Bestreben, der Gepflogenheit des Propheten zu folgen, führte die muslimische Praxis auch eine Reihe von Beschränkungen zum Schnitt und zur Länge des Bartes ein.

Bahá'u'lláh beseitigte diese Beschränkungen bei der Kleidung und der Barttracht. Er überläßt solche Dinge dem "Ermessen" des einzelnen und fordert die Gläubigen gleichzeitig auf, die Grenzen des Schicklichen nicht zu überschreiten und in allem, was die Kleidung betrifft, das rechte Maß zu halten.

176. "O Land von Káf und Rá!" (¶164)

Káf und Rá sind die beiden ersten Konsonanten von Kirmán, einer Stadt und Provinz in Iran.

177. "Wir ... nehmen wahr, was still und heimlich aus dir hervorgeht." (¶164)

Diese Stelle bezieht sich auf die Machenschaften einer Gruppe von Azalí, Anhängern Mirza Yahyas (siehe Erläuterungen 190), in der Stadt Kirmán. Zu ihnen gehörten Mulla Ja'far, sein Sohn Shaykh Ahmad-i-Ruhi und Mirza Aqa Khan-i-Kirmani (beides Schwiegersöhne Mirza Yahyas), ferner Mirza Ahmad-i-Kirmani. Sie suchten nicht nur den Glauben zu untergraben, sondern beteiligten sich auch an politischen Intrigen, die im Meuchelmord an Násiri'd-Dín Sháh gipfelten.

178. "Ruft euch den Shaykh in Erinnerung, Muhammad-Hasan" (¶166)

Shaykh Muhammad-Hasan, ein führender Vertreter des schiitischen Islam, verwarf den Báb. Er war der Verfasser umfangreicher Werke über das schiitische Recht und soll um 1850 gestorben sein.

Nabfís Bericht schildert die Begegnung in Najaf zwischen Mullá Alíy-i-Bastámí, einem der Buchstaben des Lebendigen, und Shaykh Muhammad-Hasan. Bei diesem Treffen verkündete Mullá Alí, daß der Báb sich offenbart hatte, und pries die Macht Seiner Offenbarung. Auf Initiative des Scheichs wurde Mullá Alí sofort zum Ketzer erklärt und aus der Versammlung ausgestoßen. Er wurde vor Gericht gestellt, zur Zwangsarbeit verurteilt und nach Istanbul überstellt.

179. "ein Weizensieber" (¶166)

Dies ist ein Hinweis auf Mullá Muhammad Ja'far Gan-dum-Pák-Kun, der in Isfahán als erster den Glauben des Báb annahm. Er wird im Persischen Bayán erwähnt und gepriesen als einer, der "das Gewand der Jüngerschaft anlegte". Nabíls Bericht schildert, wie der "Weizensieber" die Botschaft rückhaltlos annahm und voll Eifer für die neue Offenbarung eintrat. Er schloß sich den Verteidigern

der Festung Shaykh Tabarsí an und kam während der Belagerung ums Leben.

180. "Habt acht, daß das Wort `Prophet` euch nicht von dieser Größten Verkündigung abhalte" (¶167)

Bahá'u'lláh warnt die "Einsichtigen", sich durch ihre Schriftinterpretationen nicht von der Anerkennung der Manifestation Gottes abhalten zu lassen. In allen Religionen neigen die Gläubigen aus Treue gegenüber dem Stifter dazu, in Seiner Offenbarung das letztgültige Wort Gottes zu sehen und die Möglichkeit weiterer Propheten auszuschließen. Dies war so im Judentum, im Christentum und im Islam. Bahá'u'lláh verwirft dieses Konzept der Endgültigkeit der Offenbarung sowohl bei den Offenbarungsreligionen der Vergangenheit als auch bei Seiner eigenen. Über die Muslime schreibt Er im Kitáb-i-Iqán, daß "das Volk des Quran ... sich durch das Wort `Siegel der Propheten` die Augen verschleiern", "den Blick trüben ließ und sich dadurch der Gnade all Seiner mannigfachen Gaben beraubte". Er bestätigt, daß "diese Worte ... eine schMirzaiche Prüfung für die ganze Menschheit" sind, und beklagt das Schicksal jener, die "an diesen Worten kleben und nicht an Ihn glauben, der ihr wahrer Offenbarer ist". Der Báb äußert sich zum selben Thema, wenn Er warnt: "Laßt euch nicht durch Namen wie durch einen Schleier trennen von Ihm, dem Herrn aller Namen, nicht einmal durch den Namen Prophet, denn auch dieser ist nur ein Geschöpf Seines Wortes."

181. "oder der Begriff `Statthalterschaft` euch aussperre von der ... Souveränität dessen, der Gottes Statthalter ist" (¶167)

Das hier mit `Statthalterschaft` übersetzte Wort heißt im arabischen Ursprungstext "viláya". Der Begriff hat eine weitgespannte Bedeutung, unter anderem " Statthalterschaft", "Hütertum", " Schutzherrschaft" und "Nachfolge". Es wird für Gott selbst, Seine Manifestation oder die ernannten Nachfolger einer Manifestation Gottes verwendet. In dem Aqdas-Vers warnt Bahá'u'lláh davor, durch solche Begriffe gegenüber der "Souveränität" der neuen göttlichen Manifestation, des wahren "Statthalters Gottes", blind zu sein.

182. "Ruft euch Karim ins Gedächtnis" (¶170)

Haji Mirza Muhammad Karim Khan-i-Kirmani (1810 bis etwa 1873) war der selbsternannte Führer der Shaykhi-Gemeinde nach dem Tod von Siyyid Kázim, den Shaykh Ahmad-i-Ahsá'í (siehe Erläuterungen 171 und Erläuterungen 172) zu seinem Nachfolger ernannt hatte. Er widmete sich der Verbreitung der Lehre des Shaykh Ahmad, doch seine Ansichten führten zu Kontroversen sowohl unter seiner Anhängerschaft als auch unter seinen Gegnern.

Im Rufe stehend, einer der führenden Gelehrten und produktivsten Schriftsteller seiner Zeit zu sein, verfaßte er zahlreiche Bücher und Episteln zu verschiedenen damals gepflegten Wissenszweigen. Er bekämpfte aktiv den Báb und Bahá'u'lláh und griff in seinen Abhandlungen den Báb und dessen Lehre an. Im Kitáb-i-Iqán verurteilt Bahá'u'lláh Ton und Inhalt seiner Schriften. Dabei bezieht Er sich besonders auf ein Werk mit negativen Anspielungen auf den Báb. Shoghi Effendi nennt ihn "ungewöhnlich ehrgeizig und heuchlerisch" und beschreibt, wie er "auf ausdrückliches Ersuchen des Sháh den neuen Glauben und seine Lehre in einer Abhandlung bösartig angriff".

183. "O ihr Gelehrten in Bahá" (¶173)

Bahá'u'lláh preist die Gelehrten unter Seinen Gläubigen. In Seinem Buch des Bundes verkündet Er: "Selig sind die Herrschenden und die Gelehrten im Volke Bahás." Auf diese Aussage Bezug nehmend, schreibt Shoghi Effendi:

"In diesem heiligen Zyklus zählen zu den `Gelehrten` auf der einen Seite die Hände der Sache Gottes und auf der anderen die Lehrer und Verbreiter Seiner Lehre, die nicht zu den Händen zählen, jedoch eine herausragende Stellung in der Lehrverkündigung haben. Was die `Herrscher` betrifft, so sind dies die Mitglieder der örtlichen, nationalen und internationalen Häuser der Gerechtigkeit. Die Pflichten dieser Personengruppen werden in der Zukunft festgelegt werden."

Die "Hände der Sache Gottes" wurden von Bahá'u'lláh ernannt und mit verschiedenen Aufgaben, insbesondere mit dem Schutz und der Verbreitung des Glaubens, beauftragt. In Seinem Werk `Vorbilder der Treue` bezeichnet Abdu'l-Bahá andere herausragende Gläubige als "Hände der Sache Gottes". Sein Testament enthält eine Bestimmung, wonach der Hüter des Glaubens nach eigenem Ermessen "Hände der Sache Gottes" ernennen kann. Shoghi Effendi erhob zunächst eine Reihe von Gläubigen nach ihrem Tod in diesen Rang. In seinen letzten Lebensjahren ernannte er insgesamt 32 Gläubige aus allen Kontinenten. Zwischen dem Hinscheiden Shoghi Effendis 1957 und der Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit 1963 leiteten die "Hände der Sache Gottes" in ihrer Eigenschaft als "Hauptsachwalter" der keimenden Weltordnung Bahá'u'lláhs die Geschicke des Glaubens (siehe Erläuterungen 67). Im November 1964 entschied das Universale Haus der Gerechtigkeit, daß die weitere Ernennung von "Händen der Sache Gottes" auch nicht im Wege der Gesetzgebung ermöglicht werden könne. Darum hat es durch Beschluß vom Jahr 1968 die Aufgaben dieser Institution, den Schutz und die Verbreitung des Glaubens, den hierfür eigens geschaffenen Kontinentalen Beraterämtern und dem 1973 errichteten Internationalen Lehrzentrum mit Sitz im Heiligen Land übertragen.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit ernennt die Berater, die dem Internationalen Lehrzentrum angehören, sowie die kontinentalen Berater. Die Mitglieder des Hilfsamtes werden von den kontinentalen Beratern ernannt. Alle diese Personen fallen unter die Begriffsbestimmung "Gelehrte", wie sie Shoghi Effendi in der oben angeführten Erklärung gibt.

184. "legt alles, was ihr im Buche nicht versteht, Ihm vor, der diesem mächtigen Stamm entsproß" (¶174)

Bahá'u'lláh überträgt Abdu'l-Bahá das Recht der Interpretation Seiner Schrift (siehe auch Erläuterungen 145).

185. "Schule hocherhabener Einheit" (¶175)

In diesem Vers und dem unmittelbar folgenden tritt Bahá'u'lláh einem der Gründe entgegen, mit denen einige Bábí Seinen Anspruch zurückwiesen, der Verheißene des Bayán zu sein. Sie begründeten ihre Ablehnung mit einem Sendbrief, den der Báb an "Ihn, den Gott offenbaren wird", gerichtet hatte. Auf die Rückseite hatte der Báb geschrieben: "Möge der Blick dessen, den Gott offenbaren wird, diesen Sendbrief in der ersten Schule erleuchten." Dieser Sendbrief ist in `Der Báb. Eine Auswahl aus Seinen Schriften` veröffentlicht. Diese Bábí behaupteten, da Bahá'u'lláh zwei Jahre älter sei als der Báb, sei es Ihm unmöglich gewesen, den Sendbrief "in der ersten Schule" entgegenzunehmen. Bahá'u'lláh erklärt hier, der Hinweis gelte Ereignissen, die sich in den geistigen Welten jenseits unserer Seinsebene ereigneten.

186. "Wir nahmen die Verse Gottes ... entgegen, als Er sie Uns gab" (¶175)

In Seinem Sendbrief an "Ihn, den Gott offenbaren wird", bezeichnet der Báb den Bayán als Sein Geschenk an Bahá'u'lláh. Vgl. `Der Báb. Eine Auswahl aus Seinen Schriften.`

187. "O Volk des Bayán!" (¶176)
Dies bezieht sich auf die Anhänger des Báb.

189. "ehe die Buchstaben `Sei!` verbunden und verknüpft wurden" (¶181)

Die Befehlsform "Sei!" ist im arabischen Original das Wort "kun", das aus den beiden Buchstaben "káf" und "nún" besteht. Sie sind von Shoghi Effendi im Englischen mit "BE" übersetzt worden. Im Quran wird dieses Wort als Gottes Befehl verwendet, der die Schöpfung ins Dasein ruft.

In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief erläutert Shoghi Effendi die Bedeutung dieser Buchstaben. Sie bilden das Wort "Sei!", das "die schöpferische Macht Gottes ausdrückt, der durch Seinen Befehl alle Dinge ins Dasein ruft", sowie "die Macht der Manifestation Gottes, Seine große geistige Schöpferkraft".

190. "dieser neuen Weltordnung" (¶184)

Im Persischen Bayán erklärt der Báb: "Wohl dem, der seinen Blick auf die Ordnung Baháu'lláhs lenkt und seinem Herrn dankt! Denn Er wird sicherlich offenbar werden. Gott hat es wahrlich unwiderruflich im Bayán verfügt." Nach Shoghi Effendi ist diese "Ordnung" identisch mit dem System, das Bahá'u'lláh im Aqdas ins Auge faßt. Dort bezeugt Er den umwälzenden Einfluß dieses Systems auf das Leben der Menschheit und offenbart die Gesetze und Grundsätze, die dieses System steuern.

Die Wesenszüge der "neuen Weltordnung" sind im Schrifttum Bahá'u'lláhs und Abdu'l-Bahás sowie den Briefen Shoghi Effendis und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit beschrieben. Die Institutionen der heutigen Gemeindeordnung der Bahá'í bilden die "strukturelle Grundlage" der Weltordnung Bahá'u'lláhs. Sie werden heranreifen und sich zum Bahá'í-Weltgemeinwesen entwickeln. In dieser Hinsicht versichert Shoghi Effendi, wird die Gemeindeordnung, "sobald ihre Elemente, ihre organischen Institutionen, mit Kraft und Effizienz zu arbeiten beginnen, ihren Anspruch und ihre Eignung unter Beweis stellen, nicht nur der Keim, sondern das Modell der neuen Weltordnung zu sein, dazu bestimmt, zur festgesetzten Zeit die ganze Menschheit zu umfassen".

Zu weiteren Informationen über die Entwicklung dieser neuen Weltordnung siehe die in `Die Weltordnung Bahá'u'lláhs` veröffentlichten Briefe Shoghi Effendis.

191. "O du Quell der Verirrung!" (¶184)

Dies bezieht sich auf Mirza Yahya, genannt Subh-i-Azal (Morgen der Ewigkeit), einen jüngeren Halbbruder Bahá'u'lláhs, der sich gegen Ihn erhob und gegen Seine Sache opponierte. Mirza Yahya wurde vom Báb nominell als Führer der Bábí-Gemeinde bis zur kurz bevorstehenden Manifestation des Verheißenen bestellt. Auf Anstiftung des Sayyid Muhammad-i-Isfahani (siehe Erläuterungen 192) mißbrauchte Mirza Yahya das Vertrauen des Báb, behauptete, dessen Nachfolger zu sein, und schmiedete Ränke gegen Bahá'u'lláh, ja versuchte sogar, Ihn zu ermorden. Als Bahá'u'lláh in Adrianopel ihm gegenüber Seinen Anspruch in aller Form erhob, ging Mirza Yahya so weit, daß er selbst beanspruchte, Empfänger einer unabhängigen Offenbarung zu sein. Sein usurpatorischer Anspruch wurde schließlich von allen zurückgewiesen, einige wenige ausgenommen, die "Azali" genannt werden (siehe Erläuterungen 177). Mirza Yahya wird von Shoghi Effendi "Erzbrecher des Bundes des Báb" genannt (siehe Gott geht vorüber, Kapitel 10).

192. "erinnere dich, wie Wir dich bei Tag und bei Nacht für den Dienst an der Sache Gottes erzogen" (¶184)

In seinem Werk Gott geht vorüber verweist Shoghi Effendi auf die Tatsache, daß Bahá'u'lláh, der dreizehn Jahre älter war als Sein Halbbruder, Mirza Yahya in dessen Jugend beraten und geleitet hatte.

193. "Gott hat den ergriffen, der dich in die Irre geführt." (¶189)

Dies bezieht sich auf Sayyid Muhammad-i-Isfahani, den Shoghi Effendi als den "Antichrist der Bahá'í-Offenbarung" beschreibt, einen Mann von verderbtem Charakter und großem persönlichem Ehrgeiz. Er verführte Mirza Yahya dazu, sich gegen Bahá'u'lláh zu erheben und die Stufe der Prophetenschaft für sich selbst zu beanspruchen (siehe Erläuterungen 190). Obwohl Gefolgsmann des Mirza Yahya, wurde Sayyid Muhammad mit Bahá'u'lláh nach Akka verbannt, wo er fortfuhr, gegen Bahá'u'lláh zu hetzen und Ränke zu schmieden. Die Umstände seines Todes beschreibt Shoghi Effendi in seinem Werk Gott geht vorüber wie folgt:

"Eine neue Gefahr bedrohte nun offensichtlich Bahá'u'lláhs Leben. Er hatte Seinem Gefolge bei verschiedenen Gelegenheiten, schriftlich und mündlich, entschieden jede Vergeltung gegenüber seinen Peinigern untersagt. Einen verantwortungslosen arabischen Konvertiten hatte Er sogar nach Beirut zurückgeschickt, weil dieser daran gedacht hatte, das an seinem geliebten Führer verübte Unrecht zu rächen. Gleichwohl spürten sieben seiner Gefährten drei ihrer Verfolger auf und erschlugen sie, unter ihnen waren Sayyid Muhammad und Aqa Jan. Die Bestürzung der ohnehin schwer bedrängten Gemeinde war unbeschreiblich. Bahá'u'lláhs Empörung kannte keine Grenzen. In einer kurz nach dieser Tat offenbarten Tafel beschreibt Er Seine Gefühle wie folgt: `Wollten Wir davon sprechen, was über Uns gekommen ist, so müßten die Himmel zerbersten und die Berge einstürzen.` Und bei einer anderen Gelegenheit schreibt Er: `Meine Gefangenschaft bereitet Mir keine Pein, was Mich schMirza, ist das Verhalten derer, die Mich lieben, die den Anspruch erheben, Mir zuzugehören, und doch begehen, was Mein Herz und Meine Feder weinen läßt.`"

194. "Wählt eine einzige Sprache ... und führt ... eine gemeinsame Schrift ein." (¶189)

Bahá'u'lláh gebietet die Einführung einer Weltsprache und einer Weltschrift. Er sieht zwei Stufen dieses Prozesses vor: zuerst die Auswahl einer bestehenden oder künstlich geschaffenen Sprache, die dann an allen Schulen der Welt als Hilfssprache neben der Muttersprache zu lehren ist. Die Staaten der Welt sind aufgerufen, durch ihre Parlamente dieses bedeutsame Gesetz zu erlassen. Die zweite Stufe in fernerer Zukunft ist die Einführung einer einzigen Sprache und Schrift für alle Erdenbewohner.

195. "Zwei Zeichen haben Wir bestimmt für die Mündigkeit des Menschengeschlechts" (¶189)

Das erste Zeichen für die Mündigkeit der Menschheit ist im Schrifttum Baháu'lláhs das Entstehen einer Wissenschaft, die, als "göttliche Philosophie" bezeichnet, auch zur Entdeckung eines grundlegenden Zugangs zur Umwandlung der Elemente führen wird - ein Hinweis auf eine glanzvolle, verblüffende, künftige Erweiterung menschlicher Erkenntnis.

Zum "zweiten" Zeichen, von dem Bahá'u'lláh sagt, daß es im Kitáb-i-Aqdas offenbart sei, erklärt Shoghi Effendi, Bahá'u'lláh habe "in Seinem Heiligsten Buch die Auswahl einer einzigen Sprache und die Einführung einer gemeinsamen Schrift für alle, die auf Erden wohnen, verfügt - ein Befehl, dessen Ausführung, wie Er selbst in Seinem Buch versichert, ein Zeichen für die `Mündigkeit des Menschengeschlechts` ist".

Weitere Einsicht in den Prozeß des Mündigwerdens der Menschheit und der Weiterentwicklung zur Mündigkeit bietet die folgende Erklärung Baháu'lláhs:

"Eines der Reifezeichen der Welt ist, daß es niemand mehr auf sich nehmen will, die Last der Königswürde zu tragen. Das Königtum wird niemanden finden, der gewillt wäre, seine Last allein zu tragen. Jener Tag wird der Tag sein, an dem die Weisheit unter den Menschen offenbar sein wird."

Shoghi Effendi hat das Mündigwerden der Menschheit mit der Verwirklichung ihrer Einheit, der Errichtung eines Weltgemeinwesens verknüpft, die ein noch nie dagewesenes Stimulans sein wird für "das intellektuelle, moralische und geistige Leben des ganzen Menschengeschlechts".


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